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An Carl Friedrich von Reinhard

Ihren erfreulichen Brief, mein verehrter Freund, erhalte ich heute früh, und heute Abend läßt mir der Fürst Repnin gefällig sagen, daß er Ihnen noch etwas von mir gern überbrächte. Da sehe ich um mich her, was ich Ihnen schicken könnte, und wage es die Bogen des zweyten Theils der Farbenlehre, die zu jenem ersten gehören, den Sie schon besitzen, einzupacken und mitzugeben. Lassen Sie solche nur leicht heften, die folgenden sende ich nach. Nur bitte ich, dieses werdende Werk geheim zu halten. Mitwollende giebts wenig, Mißwollende viel. Wenn ich in diese Bogen hineinsehe, so kommt mir's manchmal vor, daß ich älter werde und daß ich radotire: denn radotiren heißt nicht, wies das gemeine Lexicon sagt, allein albernes Zeug reden, sondern auch, das Rechte zur unrechten [195] Zeit sagen; welches dem sogenannten Verstand immer albern vorkommt. Da Sie mir meine liebe Ottilie so ächt, gut und freundlich nehmen und auch dem Eduard Gerechtigkeit widerfahren lassen, der mir wenigstens ganz unschätzbar scheint, weil er unbedingt liebt; so gewinnen Sie gewiß diesem zweyten Theile des Farbenwesens so viel ab, daß er dem ersten, der Ihre Gunst erwerben konnte, die Wage hält. Wie viel anderes wirklich Erfreuendes und Erquickliches hätte ich nicht zu sagen, wenn wir einander gegenüber stünden; jetzt mag es ein Ende haben, weil ich einpacken und fortsenden muß, und mich nur noch Ihrem freundlichen Wollen empfehlen kann.

Weimar den 21. Februar 1810.

Goethe. [196]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Carl Friedrich von Reinhard. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9515-1