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An Johann Friedrich Cotta

[Stäfa] den 17. Oktober 1797.

Wir sind nach einer 11tätigen Fuß- und Wasserreise durch die kleinen Cantone glücklich wieder in Stäfe angelangt und werden in wenigen Tagen nach Zürch gehen. Dürfte ich Sie bitten alles was von nun an bey Ihnen anlangt bey sich liegen zu lassen, bis ich es entweder selbst abhole oder einen Ort, wohin es gesendet werden könnte, bezeichnen kann. Das Kriegsfeuer, das sich überall wieder zu entzünden scheint, setzt einen Reisenden in eine sehr zweifelhafte Lage. Ich habe indessen von der kurzen Zeit den möglichsten Gebrauch gemacht, von den Winterscenen des Gotthardts, die nur noch durch Mineralogie belebt werden können, durch die auf mancherley Weise fruchtbaren, genutzten, und in ihren Einwohnern emsigen Gegenden von Unterwalden, Zug und Zürch, wo uns nun besonders die Weinlese umgiebt, haben wir uns in ein Museum zurückgezogen, das durch die von Prof. Meyer aus Italien mitgebrachte eigne Arbeiten und sonstige Acquisitionen gebildet wird, und sind also von dem formlosesten zu dem geformtesten übergegangen. Besonders wichtig ist die Copie des antiken Gemähldes der sogenannten Aldobrandinischen Hochzeit, die im eigentlichsten Sinne mit Kritik gemacht ist, um darzustellen, was das Bild zu seiner Zeit gewesen [338] seyn kann und was an dem jetzigen, nach so mancherley Schicksalen, noch übrig ist. Er hat dazu noch einen so ausführlichen Commentar geschrieben, der alles enthält, was noch über die Vergleichung des alten und leider so oft restaurirten Bildes, seiner gegenwärtigen Copie und einer ältern Copie von Poussin, nach der die Kupferstiche gemacht sind, zu sagen ist. Das Bild selbst, von einem geschickten Meister zu Titus Zeiten mit Leichtigkeit und Leichtsinn auf die Wand gemahlt, nunmehr, so viel es möglich war, nachgebildet und wieder hergestellt vor sich zu sehen, sich daran erfreuen und sich über seine Tugenden und Mängel besprechen zu können, ist eine sehr reizende und belehrende Unterhaltung. Das Bild ist 8 Fuß lang, 3 1/2 Fuß hoch, und die Figuren sind nicht gar 2 Fuß Leipziger Maß; die Copie ist in allem, sowohl in der Größe als den Farben, den Tugenden und den Fehlern, dem Original möglichst gleich gehalten. Ich hoffe, daß Sie dereinst, wenn es bey mir aufgestellt seyn wird, das Vergnügen, es zu beschauen, mit uns theilen werden. Leben Sie recht wohl und gedenken mein.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-923A-5