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An Friedrich Albrecht Gotthelf von Ende

[Concept.]

[Jena, 29. April 1812.]

Ew. Hochwohlgeb.

erhalten hierbey zum zweytenmale die Acten, welche von dem Geschehenen Rechenschaft zu geben bereit sind. Ich lege zugleich zu leichterer Übersicht einen Auszug bey, wornach man das in gedachtem Fascikel Zerstreute geschwinder wird auffinden können. Ich wünschte daß [372] dieses alles zu höchster Zufriedenheit gereichen möge, so wie unser wohl empfundener Dank immer lebhafter werden muß, je mehr wir die Nothwendigkeit und Brauchbarkeit des Angeschafften einsehen.

Was mein Vergnügen über diesen glücklichen Entschluß vollkommen macht, ist die fürtreffliche Art, mit der sich Professor Döbereiner benimmt. Es ist unglaublich wie rasch er, sowohl in practischer Fertigkeit, als in theoretischer Einsicht, nicht weniger in litterarischer Kenntniß vorschreitet. Ich habe seit mehreren Jahren manchen vorzüglichen jungen Mann, namentlich Scherer, Ritter, Kastner, auf diesem Wege gesehen, aber keinen, der mich so sehr gefreut, der mir nach meiner innigsten Überzeugung soviel Hoffnung gegeben hätte.

Freylich ist die Zeit diesem Studium günstiger, als irgend eine war. Das früher, mit großer Anstrengung, geöffnete Feld ist nun gereinigt und zeigt eine Aussicht ins Unendliche. Wohl dem, der jetzt ohne Eigensinn, Handwerksgeist, Grille und Dünkel auf einem so herrlichen Schauplatz wirken kann.

Für mich ist es wirklich rathsam, daß ich mich bald von hier entferne, denn sonst würde mich dieses Geschäft ganz an sich reißen und für alles andere unempfindlich machen. Nehmen Sie daher meinen erkenntlichsten Dank und nochmaligen Abschied, welche dieses Blatt Ihnen bringt, gütig auf und fahren fort, zu Ihrem und unserem Vergnügen und Nutzen an der [373] Naturwissenschaft überhaupt und auch unserer besonderen Angelegenheit Theil zu nehmen. Ich wünsche, daß von dieser letzten, zu der Quelle, aus der unser Wohlbehagen fließt, auch einiges Erfreuliche zurückkehren möge.

Empfehlen Sie mich unseren gnädigsten jungen Herrschaften, nicht weniger den Damen des Hofes und erhalten mit Ihr Andenken und Ihre Gewogenheit.

Jena

den 23. April

1812.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Friedrich Albrecht Gotthelf von Ende. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-921D-7