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An Christiane Vulpius

Vor allen Dingen muß ich dich bitten, mein liebes Kind, daß du dich über meine weitere Reise nicht ängstigst und dir nicht die guten Tage verdirbst die du haben kannst. Du hast dich mit deinen eignen Augen überzeugt daß ich in meiner hiesigen Lage nicht würde arbeiten können, und was sollte ich sonst hier thun? da das allgemeine der Stadt bald beobachtet ist und ich kein besonderes Verhältniß weder habe noch haben mag. Die Jahreszeit ist so schön, daß man schon den täglich beneidet, den man zum Thor hinaus fahren sieht.

Du weißt überhaupt und hast auch auf der letzten Reise gesehen, daß ich bey solchen Unternehmungen sorgfältig und vorsichtig bin, du kannst leicht denken daß ich mich nicht von heiler Haut in Gefahr begeben werde, und ich kann dir wohl gewiß versichern, daß ich diesmal nicht nach Italien gehe. Behalte das für dich und laß die Menschen reden was sie wollen, du weißt ja die Art des ganzen Geschlechts, daß es lieber beunruhigt und hetzt, als tröstet und aufrichtet. Halte gut Haus und richte dich so ein, daß du mich entweder empfangen, oder auch vielleicht wieder zu mir kommen kannst. Du hast bey deiner kurzen Abwesenheit gesehen wie sich deine Leute betragen haben und was du allenfalls für Einrichtungen [252] machen müßtest, wenn du länger wegbleiben solltest. Sorge ja für das Kind und rede mit dem Doctor ab, was man allenfalls künftig auf der Reise thut, wenn das Übel wiederkommen sollte.

Ich bin recht wohl zufrieden daß du dir die goldnen Schnuren anschaffst und dich recht hübsch herausputzest, auch liegt ein Blättchen an Herrn Zapf bey, laß es von deinem Bruder ordentlich siegeln und überschreiben.

Auch für einen Eimer Markobrunner 81er für den Bauverwalter ist gesorgt, wovon du Nachricht geben kannst, es ist ein excellenter Wein, ich habe ihn gestern ausgesucht. Ich werde ihn unter meiner Addresse und, um mehrerer Sicherheit willen, unfrankirt schicken, du übergiebst dem Bauverwalter gleich den Wein und bezahlst die Fracht, Accis und Tranksteuer.

Hierbey liegt auch eine Anweisung auf Zweyhundert Thaler, die du bey Herrn Geheimde Rath Voigt auf Michael erheben kannst.

Ich lege dir auch die Preise von verschiednen Victualien bey, wie sie gegenwärtig hier bezahlt werden, du wirst dich freuen daß du in deiner Küche nicht so theure Waare brauchst.

Die gute Mama schickt dir eine sehr schöne Tasse und noch einiges Zuckerwerk für's Kind und dich, laß dagegen sogleich, durch deinen Bruder wenn du es selbst nicht finden kannst, Hufelands Buch über das lange Leben, in zwey Bänden, in meiner [253] Bibliothek suchen und schicke es ihr mit einem dankbaren, heitern Briefe. Laß auch den Kleinen schreiben, denn sie ist gar zu gut gegen euch gesinnt.

Mein Koffer ist nunmehr nach Stuttgard fort und ich erwarte nur daß das Wetter sich ein wenig bestätigt. Denn vor acht Tagen hatten wir ein Gewitter, das 15 Stunden dauerte, und seit der Zeit ist das Wetter kühl, trüb und veränderlich.

Lebe recht wohl behalte mich lieb grüße den Kleinen und gieb ihm beyliegendes Blättchen. Schreibe mir bald du sollst auch immer von mir hören.

Franckfurt d. 24ten Aug. 1797.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An Christiane Vulpius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-91FE-8