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An Franz Kirms

Ew. Wohlgeboren

haben mir durch Ihr Schreiben und die demselben beygefügte Sendung viel Vergnügen gemacht. Sehr angenehm ist mir zu hören, daß Sie sich so wohl befinden und Ihre gehäuften Geschäfte mit gewohnter Kraft und Munterkeit abthun. Mir ist es außer einigen unangenehmen Zwischenspielen auch ganz vortrefflich. Der Versuchung nach Prag und Wien zu gehen werde ich wohl diesmal widerstehen und meine Rückreise über Dresden zu Anfang des kommenden Monats antreten.

Sehr gern habe ich vernommen, daß der Lauchstädter Aufenthalt, ungeachtet mancher Hindernisse, doch nicht fruchtlos gewesen ist; daß man ihn etwas verlängert, scheint mir ganz billig. Was Deny und Strobe betrifft, würde man sich mündlich wohl besser besprechen können. Ich sehe nur ungern einen Schauspieler [373] abgehen, der sich einigermaßen gebildet hat und etwas leistet, den man gewohnt worden ist, denn eine jede Stelle, sie sey wie sie wolle, ist schwer wieder zu besetzen. Da sie hauptsächlich zum Opernfach gehören, so wäre wohl des Kapellmeisters Müller Urtheil zu vernehmen. Es freut mich, daß dieser brave Mann so wacker eingreift, und ich hoffe von seiner Mitwirkung das Beste.

Wenn Sie die ältliche Competentin zu der Stelle der Mad. Teller ablehnen und abweisen, so handeln Sie völlig auch in meinem Sinn. Haben Sie die Güte, aus unsern Tabellen einen Auszug machen zu lassen, was für Rollen sie seit zwey Jahren gespielt hat, und es wird daraus klar werden, daß wir sie schon bisher hätten entbehren können.

Das Herr von Luck, dem ich mich bestens empfehle, sich für die Mannheimer Bühne interessirt, so will ich nicht unfreundlich seyn. Wenn sie 20 Dukaten in natura schicken, so soll, sobald ich nach Hause komme, eine saubere und correcte Abschrift des Götz erfolgen.

Wenn ich bey meiner Wiederkunft neue Stücke vorfinde, soll es mir recht angenehm seyn, denn mir ist leider diesen Sommer nichts vorgekommen, das für uns brauchbar wäre. Überlegen Sie doch mit Herrn Genast, was man von älteren Stücken allenfalls vorsucht, und mit Herrn Müller, was man für Opern vornimmt. Können wir es dahin bringen, [374] daß auch das Einstudiren der Oper nicht wie bisher so viel Zeit aufzehrt und findet sich, daß... mit kleinen Balleten und pantomimischen Repräsentationen glücklich ist, so sind wir geboren. Mehrere Stücke, in welchen Mad. Wolff die Rollen der Mad. Teller übernimmt, werden dadurch ganz neu. Unser Repertorium ist überhaupt gut bestellt und ich hoffe das Beste.

Das hiesige Schauspiel ist über alle Begriffe schlecht. Man weiß nicht, worüber man sich mehr verwundern soll, daß die Schauspieler so ganz nichtig sind, oder daß das Publicum so geduldig ist. Leben Sie recht wohl.

Töplitz 20. August 1810.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Franz Kirms. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8C75-E