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An Johann Friedrich Heinrich Schlosser

Fast möchte ich wünschen, daß Sie, mein Theuerster, um wegen unseres Bergrath Voigt nähere Erkundigung einzuziehen sich an jemand anderes gewendet hätten; denn ich muß voraus bemerken daß mein Zeugniß über ihn nur parteiisch seyn kann. Als ich ihn vor mehreren Jahren kennen lernte mußte ich sowohl seinem Studiren, als seiner Lebensweise meinen Beyfall geben, und habe daher gern zu allem was ihn fördern konnte beytragen. Die Obsorge für unser Botanisches Institut in Jena, seine Reise nach Frankreich, eine neue Einrichtung für die Naturforschende Gesellschaft, deren beständiger Secretär er ist, und manches andere ist ihm nicht ohne meinen Einfluß ertheilt worden, und ich habe durchaus mit Vergnügen gesehen wie schön er diese Stellen und Gelegenheiten zu seinem und dem Vortheil anderer genutzt hat. Er ist niemals stille gestanden, und hat [15] seine Kenntnisse sowohl als Wirksamkeit immer thätig ausgebreitet. ja es wäre nicht zu viel gesagt, wenn man behauptete, daß er die Verdienste seines Vaters und Oheims, begünstigt durch sein eigen Naturell und durch die hohe Cultur des Jahrhunderts, in sich vereinige. Durchlaucht der Herzog schätzen ihn sehr und haben ihn motu proprio auf mancherley Weise begünstigt und ausgezeichnet. Was dieses alles außer den wissenschaftlichen auch noch für sittliche Eigenschaften voraussetze werden Sie selbst ermessen.

Sollte hierauf die beabsichtigte Verbindung zu Stande kommen, so würde blos der Wunsch übrig bleiben, daß das Glück das junge Paar begünstigen und Ihnen eine lange Dauer eines zufriedenen Zusammenseyns gewähren möge. Jena und Weimar sind so nahe beysammen daß wir uns wohl als Stadtnachbarn betrachten können, und so werde ich, mit den Meinigen, sehr gern beytragen, damit das Frauenzimmer sich nicht von den ihrigen entfernt, sondern fortwährend in dem Schoß ihrer Familie zu wohnen glaube. Mehr sage ich nicht und schließe mit den besten Wünschen und Empfehlungen.

Die Unbilden der Zeit haben uns diesen Herbst äußerlich so ziemlich verschont, freylich kann ich in solcher Lage das Gemüth schwer beruhigen.

Erlauben Sie noch folgendes zu erwähnen. Meine Frau hat Ihre Frau Mutter um ein Paar Stücke Lavantin gebeten und sie ersucht solche mit dem Postwagen [16] zu senden. Da sie nun nicht angekommen, auch mit dem Postwagen einige Unordnung vorgefallen; so war man einige Augenblicke in Sorge die Waren möchten verloren seyn; wahrscheinlicher Weise aber sind gedachte Seidenstücke nicht von Frankfurth abgegangen, und möchte nun auch wohl deren Absendung bis zu völlig sicherer Gelegenheit zu verspäten seyn.

Mich zu geneigtem Andenken und freundschaftlichem Wohlwollen aber und abermals empfehlend.

Weimar d. 15. Octobr. 1813.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1813. An Johann Friedrich Heinrich Schlosser. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8A6E-1