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An Christian Daniel Rauch

Ew. Wohlgeboren

nach Ihrer Rückkehr nach Berlin freundlichst begrüßend, verfehle nicht anzuzeigen, daß das von Leipzig aus an mich gesendete Trauerspiel von Herrn Beer bey mir glücklich angelangt sey, ich auch solches an Herrn v. Holtei, dem es angemeldet worden, abgegeben habe; wie er es denn wohl bey seinem hiesigen Aufenthalt nächstens zur Vorlesung befördern wird. Dieser gute Mann gewinnt hier allgemein erwünschten Beyfall, wie mir alle Freunde versichern die ihn hören und gehört haben.

Nun aber darf ich nicht versäumen, freundlichst für die angenehme Gabe zu danken die Sie mir so wohlwollend gönnen mögen. Das wohlgedachte Basrelief hat unsern Kunstfreunden heitern Beyfall abgelockt und wohlgesinnte Patrioten an die zwar gefahrvolle aber doch glücklich vorübergegangene Epoche tröstlich erinnert. Auch Herrn Tieck danken Sie schönstens für die Mittheilung seiner so wohl angelegten und künstlerisch ausgeführten Statue. Erst wenn die Jahreszeit meine Kunsträume zugänglicher macht, werden die Glieder unserer Gesellschaft sämmtlich daran theilnehmen und ich es als eine entschiedene Zierde meiner Sommerwohnung begrüßen können.

[20] Nunmehr aber hoff ich, Sie werden mir auch geneigte Nachricht geben von dem was Sie in München und Nürnberg veranstaltet und vorbereitet, wovon im deutschen Vaterlande das Stattlichste zu hoffen ist.

Indessen aber haben Sie sich durch vieljährigen treu-liebevollen Fleiß den schönsten Beyfall erworben, wie uns die neusten Briefe aus Berlin umständliche Nachricht geben. Das zweyte Bild der verewigten Königin ist mit der größten Theilnahme aufgenommen und das im manchen Sinn bedenkliche Unternehmen mit allgemeinem Beyfall gekrönt worden, wozu ich von Herzen Glück wünsche, denn das erste hatte sich so viele Neigung erworben, Erinnerungen so vieler Jahre waren daran geknüpft, daß es viel heißen will, wenn sich das Doppelgebild nur daneben halten, geschweige denn den Vorzug darüber gewinnen soll.

Und so ist denn auch in diesen Tagen meine Büste, von dem jungen Meyer nach Ew. Wohlgeboren Arbeit gebildet, zu mir gekommen; es ist bewundernswürdig und zeugt von dem entschiedenen Talente des jungen Mannes, daß er in kurzer Zeit soviel gewonnen, ja es würde unglaublich scheinen, wenn nicht Ihre Werkstatt schon selbst ein Element wäre, das den Schüler in die Höhe trägt und ihm zum Schwimmen behülflich ist, indessen der Geist des Meisters oben überschwebt, Muth und frische Kraft dem Strebenden zuzustrahlen.

In Hoffnung, Sie werden mir nun bald von den Begebenheiten und Erfolgnissen Ihrer Münchner Reise[21] einige Nachricht geben so wie auch die Skizze zu der v. Humboldt'schen Medaille geneigt mittheilen, schließe mit dem freundlichen Ersuchen um Fortsetzung einer lebhafteren Correspondenz.

In der Beylage versäume nicht, dem jungen Meyer einzuschärfen daß Technik und Handwerk dem höchsten Gedanken des Künstlers zuletzt erst die Wirklichkeit verleihen kann.

Gegenwärtiges in vielfältiger Beschäftigung und Zerstreuung ablassend, hoffe zunächst in besserer Fassung mich aussprechen zu können, in jeder Stimmung jedoch im Gefühl der aufrichtigsten Theilnahme, in welcher ich mich auch Ihrer lieben Tochter zum erheiterten Andenken empfehle.

treu ergeben

Weimar den 11. März 1828.

J. W. v. Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1828. An Christian Daniel Rauch. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8790-9