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An Carl Ludwig von Knebel

Mein theuerster Freund, ich muß dir nur mit wenigen endlich wieder einmal einen Gruß zusenden, und dir anzeigen, daß ich von dem schrecklichsten Katarrh, der mich schon seit vier Wochen, unter hundert Formen quält, mich endlich zu erholen anfange.

Ich habe leider die Zeit über, weder nach außen noch innen, etwas geleistet. Indessen sind alte Bemühungen zur Sprache gekommen. Epimenides ist am 30. März endlich in Berlin erwacht, gerade zu rechter Zeit, um dasselbige, was sich die Deutschen bisher so oft in dürrer Prosa vorgesagt, symbolisch zu wiederholen, daß sie nämlich viele Jahre das Unerträgliche geduldet, sich sodann aber auf eine herrliche Weise von diesem Leiden befreyt. Jedermann wird hinzufügen, daß neue Thatkraft nöthig ist, um das Errungene zu schützen und erhalten. Von der Aufführung selbst hab ich noch keine Nachricht, aller vorläufiger Bericht aber deutet auf den besten Willen und die zweckmäßigsten Anstalten. Mir scheint, unser Carl Brühl habe zeigen wollen, was man leisten [251] könne. Die Besetzung der Rollen ist ohne Tadel. Am übrigen arbeiten sie schon beynahe 11 Monate (vom 7. May vorigen Jahrs war Ifflands Brief datirt, in welchem er mir den Antrag thut) und in solcher Zeit, dächt ich, könnte man was vor sich bringen. Ich hoffe, sie werden mit Absendung von Exemplarien nicht allzulangsam und nicht allzukarg seyn. Ich hoffe dir bald eins zu senden. so muß uns denn doch zuletzt etwas ernstlich Gesäetes und Gepflanztes unvermuthet entgegen keimen. Melde mir doch auch, ob dir etwas Erfreuliches begegnet; ich wünschte nichts mehr als die erste Frühlingszeit in deiner Nähe zuzubringen. Lebe recht wohl und laß mich bald etwas Freundliches hören.

Weimar den 5. April 1815.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1815. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-8677-D