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An den Herzog Carl August

Florenz d. 6. May 88.

Da ich von dem Magnetenberge einmal loß bin, zeigt meine Nadel wieder nach Norden; ich bin hier, das heißt: schon wieder bey Ihnen. Ich habe fast alles gesehen, was Florenz an Kunstsachen enthält und man könnte wohl mit großem Nutzen einige Zeit hier verweilen; auch das Staatsgebäude naher zu betrachten würde zu manchen Gedancken Anlaß geben.

Die Medicäische Venus übertrifft alle Erwartung und übersteigt allen Glauben. Wie manche andre kostbare Antiken sind noch hier! An Gemälden treffliche Sachen. Besonders habe ich mich an die älteren Meister gehalten; ich kenne nun die Urväter recht genau und so lernt man ihre Schüler und Nachfolger erst kennen und schätzen. Der Wunsch der sich in mir immer wiederhohlt ist es mit Ihnen zu genießen oder Ihnen davon aufzupacken.

Raphaels Schädel kommt wahrscheinlich vor mir an; die untere Kinlade fehlt, sie wird in St. Luca nicht aufbewahrt. Der Guß ist sehr glücklich gerathen, es ist ein rechter Schatz. Die Form kommt nach.

Die Marck Antonios habe ich zuletzt noch per fas[371] et nefas erwischt. Ich konnte sie nicht zurück lassen und man machte mir Schwürigkeiten.

Am vorletzten Tage habe ich noch für ein geringes etwas für Sie gekauft das Ihnen auch gewiß Freude macht. Die Geschichte der Psyche nach Zeichnungen von Raphael 32 Blat. Aus diesen hat er hernach die Süjets zur Farnesina genommen und sind daher doppelt interessant. Die 32 Blat sind nicht gleich, sonst wären sie unbezahlbar, aber die Hälfte ist sehr gut und alte Abdrücke. Einige gar so schön daß man sich nicht genug drüber freuen kann.

An Musick bringen wir auch kostbare Sachen der alten Zeit mit. Kayser ist nun ganz in den alten Meistern. Ich hoffe die Umstände sollen sich fügen, daß er das, was wir bringen, genießbar machen kann.

Wir haben das schönste Wetter, ich wünsche Ihnen ein gleiches. Leben Sie recht wohl Behalten Sie mich lieb und empfehlen mich Ihrer Frau Gemahlinn auf das angelegentlichste.

Wahrscheinlich gehe ich d. 9ten von hier ab. Von Mayland schreibe ich wieder.

Ich freue mich sehr auf die Correges zu Parma und auf das Abendmal von Vinci in Mayland. Leben Sie recht wohl.

G. [372]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1788. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7876-F