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An Charlotte von Stein

Ich muss wohl aushalten, merck ich, es ist nicht anders. Heut Abend hofft ich bey Ihnen zu seyn, der Mond scheint recht schön und hatte mich gut bis in Ihre Berge gebracht, den Montag wollt ich zurück, das soll mir auch nicht werden. Denn der Herzog ist seit gestern weg, und kommt erst Morgen, und da sind Sachen wenn sie nicht Montags früh in Bewegung gehn, geschehn sie die ganze Woche nicht. Dem Fürsten wird eine Stunde nach der andern gestohlen, und dagegen ist er offt in der Noth uns ganze Tage zu rauben.

Diese Woche hat die Last die ich trage wieder stärcker gedrückt. An Orten wo die Weiber Vicktualien und andres in Körben auf dem Kopfe tragen, haben sie Kringen wie sies nennen von Tuch mit Pferdehaar ausgestopft dass der harte Korb nicht auf den Scheitel drückt, manchmal wird mirs als wenn [54] eins das Küssen wegnähme und manchmal wieder unterschöbe. Steinen seh ich wenig, er ist nie zu hause wenn ich nach ihm frage. Ihre Tauben wissen gar nicht wie ihnen geschieht dass das Fenster sich nicht öffnen will. Das Eichhörngen ist wohl. In mein Haus kommt nun gar kein Mensch, ausser dem schönen Misel, wir sind gar artig zusammen, denn wir sind in gleichem Falle, mir ist mein liebstes verreist, und ihr fürstlicher Freund hat andre Weege gefunden.

Sonst seh ich recht wie ich von allen Menschen, und alle Menschen von mir fallen. Knebeln besuch ich manchmal, von Herdern hör ich gar nichts. Indess ist ein neu Drama unterweegs, und Sie werden ia auch wieder kommen. Gute Nacht wenigstens schrifftlich. d. 21. Aug. Sonnab. 1779.

G.


d. 28. Nur mit Einem Wort kan ich für den Beutel und die Manschetten dancken. Es ist heute ein schöner Tag. Möge er Ihnen auch sehr hold seyn. Von Büchern was ich habe folgt hier! grüsen Sie alles.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1779. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-7106-0