44/195.

An Alfred Nicolovius

[Concept.]

[7. August 1828.]

Um meine Sendung vollständig zu machen, verschob ich das Abschicken, und nun haben mich für viele, besonders aber für mich, höchst wichtige Ereignisse von allen denen Gegenständen hinweggeführt, die eigentlich schon Ihnen gehören.

Nehmen Sie daher freundlichst einstweilen ein Exemplar von Kunst und Alterthum, wo Sie den besten Gebrauch Ihrer Mittheilungen finden werden.

Wie angenehm wäre mir jederzeit Ihre Andeutung auf den 28. August gewesen! sie ist so wohl gemeint und so klug ersonnen daß ich ihr meine Bewunderung nicht versagen kann. Wie es unter jetzigen Umständen werden kann, seh ich nicht voraus, wahrscheinlich bin ich in jener Zeit nicht in Weimar; denn ich muß mir[247] immer noch von hier aus eine weitere Reise vorspiegeln, um mich einigermaßen in meinen Zuständen zu beschwichtigen. Melden Sie mir bis dahin einiges Bezügliche.

Herrn Zahns erstes Heft ist höchst merkwürdig und gut gerathen; ich hoffe viel von diesem Werke und freue mich daß der wackere Mann in Berlin soviel artistische und technische Mittel findet, um seine so lobenswerthen Absichten zu erreichen, und wo er das glückliche Gesammelte, ihm und uns zu Nutzen und Freude, in einiger Zeit zu Gut machen kann.

Nehmen Sie Gelegenheit, dem Herrn Berg- und Hüttendirector Grafen Beust sich vorzustellen und mit meinen besten Empfehlungen zu vermelden: daß ich vor einigen Tagen die Saline bey Großheringen besucht und der glücklich niedergehenden Bohrarbeit beygewohnt, auch mich mit dem wackeren Salzschreiber [Bergmann] obgleich nur kurze Zeit unterhalten habe. Es interessirt mich diese Angelegenheit um so mehr, als Herr Glenck sowohl im Lande als in der Nachbarschaft zu operiren fortfährt und man doch einen Begriff von so bedeutenden Unternehmungen gewinnen möchte.


[Beilage.]

Mitten unter Weingeländern und -Stöcken wohnend, in einer Gegend wo man dieß Jahr gleichfalls eine reichliche Lese hoffen darf, ward ich veranlaßt, des Berliner Kecht merkwürdiges Büchlein, einen verbesserten [248] Weinbau vorschlagend, zu studiren. Ich habe mich mit demselben wohl bekannt gemacht und dessen aus der Erfahrung gezogene Lehren mit den anerkannten Grundsätzen der Pflanzenphysiologie verglichen und sie darauf zurückgeführt. Da ich sie nun auch hier probat finde, so interessirt mich die Sache höchlich. Nun ist aus den der vierten Auflage vorgedruckten Zeugnissen der Königlichen Regierung zu Coblenz und deren Beylagen ersichtlich, daß man auch höheren Orts dieser Angelegenheit Aufmerksamkeit geschenkt und auf dem rechten, wie auf dem linken Rheinufer die Vorschläge praktisch geprüft hat.

Wäre nun von den dortigen Vereinen oder Individuen neuerlich etwas im Druck ausgegangen, so wäre mir höchst angenehm Kenntniß davon zu erhalten. Übrigens wünsche, daß du dich bey der bevorstehenden Weinlese mit erfahrnen Männern hierüber besprechest, welches dir auch in deinem Fache ersprießlich seyn kann, da in den Evangelien des edlen Weinstocks und der damit bepflanzten schönen Berge öfters in allen Ehren Erwährung geschieht. Du weißt ja, wie der Exegese die Naturanschauung kräftig zu Hülfe kommt.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1828. An Alfred Nicolovius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6FC0-C