6/1678.

An Adam Friedrich Oeser

Mein Dank kommt spät lieber Herr Professor und ist noch immer so warm als beym Abschiede, da ich gewiß sehr ungerne Leipzig verließ. Sie haben mir meinen Aufenthalt so angenehm und nüzlich gemacht als möglich und ich bin wie immer bereichert von Ihnen weggegangen.

Zwar habe ich es gemacht wie das Volk Israël bey seinem Auszuge aus Egypten. Sie werden verschiedenes vermissen worunter besonders ein groser [123] Pinsel ist, welchen ich aber mir ohne Furcht und Reue zugeeignet habe. Wenn wir so glüklich sind Sie aufs Frühiahr hier zu sehen soll Ihnen alles vorgelegt werden was ich damit biß dahin zu Stande bringe. Die Farbe ist gekocht, die Kunststüke werden geübt, aber leyder ists noch immer das Rähmchen was mir an solchen Arbeiten am besten gelingt.

Die verlangte Büste für Herrn Breitkopf ist eingepakt und geht mit dem Schaurischen Wagen ab. Den Riß des Observatorii habe ich in eine Schachtel an Kosten beypaken laßen, und auch dieser wird hoffentlich zur rechten Zeit anlangen.

Nun aber muß ich auf das dringendste um den berühmten Brunnen bitten. Der Versuch ist gemacht worden, man hat ihn in die Höhe gestaucht, welches wohl angeht. Freylich läuft er da in einer starken Röhre und in einem schwachen Spiegel. Haben Sie die Güte mir die Zeichnung so bald als möglich zu schiken, denn es warten die Anlagen der Weege und die Pflanzungen darauf und ob gleich die Jahrszeit strenge ist so sind doch immer unsere gnädigsten Herrn in Arbeit.

Große Steine sind auch zu dem berühmten Felsen hinzugeschaft und warten nur auf Ihre schöpferische Befehle um sich zu einem schönen Ganzen zu bilden. Laßen Sie nun unsere Hofnungen nicht scheitern und kommen mit der ersten guten Jahreszeit.

Empfehlen Sie mich den werthen Ihrigen und [124] danken tausendmal für die viele gefällige Hülfe und freundliche Unterhaltung, womit sie bey meinem Aufenthalte gegen mich so freygebig gewesen sind.

Herrn Creuchauf recht viele Complimente.

Was macht mein Burscher? Werde ich bald ein Kunstwerk des neuen Hogarths sehen?

Ich habe auch gleich nach meiner Ankunft die seinen Pappen nachmachen laßen, sie sind aber zum erstenmale nicht ganz glüklich gerathen, es fehlt ihnen an dem nöthigen Leime, weswegen sich der Papiermacher mit der Witterung entschuldigt.

Wenn Sie zu uns kommen werden Sie Sich an den vortreflichen Eisenstufen ergözen die ich aus dem Trierischen erhalten habe. Sogar auch Ungarische sind mir zugekommen. Freylich nicht so schön wie die Ihrigen.

Geben Sie mir bald Gelegenheit, daß ich wenigstens einigermassen aus Ihrer Schuld komme in der ich so viel stehe.

Leben Sie nochmals auf das beste wohl.

Weimar 30. Jan. 1783.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1783. An Adam Friedrich Oeser. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-6CC9-3