Neugriechische
Liebe-Skolien

1

Diese Richtung ist gewiß,
Immer schreite, schreite!
Finsternis und Hindernis
Drängt mich nicht zur Seite.
Endlich leuchtest meinem Pfad,
Luna! klar und golden;
Immer fort und immer grad
Geht mein Weg zur Holden.
[630]
Nun der Fluß die Pfade bricht,
Ich zum Nachen schreite,
Leite, liebes Himmelslicht,
Mich zur andern Seite.
Seh ich doch das Lämpchen schon
Aus der Hütte schimmern,
Laß um deinen Wagenthron
Alle Sterne glimmern.

2

Immerhin und immerfort,
Allzuschön erscheinend,
Folgt sie mir von Ort zu Ort,
Und so hab ich weinend
Überall umsonst gefragt,
Feld und Flur durchmessen,
Auch hat Fels und Berg gesagt:
»Kannst sie nicht vergessen.«
Wiese sagte: »Geh nach Haus,
Laß dich dort bedauern;
Siehst mir gar zu traurig aus,
Möchte selber trauern
Endlich fasse dir ein Herz
Und begreif's geschwinder:
Lachen, Weinen, Lust und Schmerz
[631]

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Goethe, Johann Wolfgang von. Neugriechische Liebe-Skolien. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-606A-8