258. Der Gärtner auf Czeschhaus.

(Nach Ziehnert Bd. II. S. 98 etc. Poetisch behandelt bei Müller, Burgen Schlesiens S. 19 etc.)


Die Trümmer der alten Burg Czeschhaus, auch Zeiskenschloß von dem gegenüberliegenden Heis- oder Zeiskenberge genannt, besuchen heute noch viele Badegäste von Salzbrunn aus, weil man, nachdem das dieselben umgebende Gesträuch entfernt worden ist (1833), von der Höhe des Berges aus eine reizende Aussicht genießt.

Auf jener Burg lebte im Jahre 1549 ein Ritter, Namens Christian Tzessel von Schwanz, der ein roher und gegen seine Unterthanen geradezu barbarischer Mensch war. Ihnen viele und schwere Arbeiten aufzubürden und zum Lohn dafür nur Schläge und Scheltworte auszutheilen, war seine Gewohnheit. So hatte einst ein armer Gärtner etwas auf dem Felde versehen, da packte ihn der Ritter mit eigner Hand und befahl, des armen Mannes Flehen und Weinen nicht achtend, daß er an Händen und Füßen hart gebunden werde. Dann bestimmte er erst seine Strafe, nämlich einen 40 Ellen langen und 3 Ellen tiefen Graben vom Mittag bis zum Abend vom Schlamme zu reinigen, und wenn er die Arbeit nicht zu seiner Zufriedenheit vollbringe, solle er Andern zur Warnung todt gehauen werden. Jammernd und händeringend ging nun der Unglückliche, nachdem er dieses [279] harte Urtheil mit angehört, nach dem Schlammgraben, und starrte dieses ihm gänzlich unmögliche Tagewerk an, denn zehn Mann hätten damit in vielen Wochen nicht zu Stande kommen können. Wie er aber noch so heulte und jammerte, trat auf einmal von der Seite her ein fremder Mann auf ihn zu, der allerdings nicht eben ein Vertrauen erweckendes Ansehn hatte und fragte ihn, was ihm fehle, allein der Gärtner, der sein Herz doch Jemandem gegenüber ausschütten wollte, erzählte ihm was er für eine Aufgabe zu verrichten habe und daß er doch ganz außer Stande sei, dieselbe auszuführen, wenn er es aber nicht vermöge, sein Leben hergeben müsse. Da lachte der Fremde höhnisch und meinte, das gehe nicht so schnell, er wolle ihm helfen, müsse aber erst einmal trinken, denn er sei völlig verdurstet, er solle ihm also einen Krug Bier holen. Der Gärtner hatte freilich keinen Pfennig Geld in der Tasche, allein in seiner Noth dachte er doch, er müsse nach allem zugreifen, was ihm geboten werde, und er beschloß seinen schönen neuen Spaten, der ihm ja doch nichts mehr nützen könne, wenn er einmal sterben müsse, zu verkaufen, um seinem neuen Gehilfen wenigstens einen Trunk Bier zur Vergeltung anbieten zu können. Er eilte also in das Wirthshaus und versetzte den Spaten für eine Kanne Bier. Mit dieser eilte er zu rück um seinen Kameraden zu erquicken, erstaunte aber nicht wenig, als er den Graben in der kurzen Zeit geräumt fand. Das däuchte ihm denn doch nicht mit natürlichen Dingen zuzugehen und er fing an sich vor dem geheimnißvollen Gehilfen zu fürchten. Der aber that, als müsse das so sein, trank sein Bier aus und hieß ihn hierauf zu dem Ritter Tzessel gehen, ihm anzeigen, daß die Arbeit gethan sei, und auffordern sich dieselbe anzusehen, ob er damit zufrieden sei. Letzterer wollte es nicht glauben und sagte unter Fluchen und Schimpfen, er lasse sich nicht zum Besten haben, allein da der Gärtner bei seiner Behauptung beharrte, daß der Graben geräumt sei, schickte er seinen Vogt mit hinab um sich die Sache anzusehen. Letzterer, der auch nicht besser als sein Herr war, ging mit dem Gärtner hinab und fand allerdings, daß der Gärtner die Wahrheit gesprochen hatte, allein als er sich unheimlich in der Nähe des fremden Gehilfen fühlend wieder fortgehen wollte, fragte ihn dieser mit barschen Worten: »Wo bleibt denn Dein Herr, will er sich die Arbeit nicht auch einmal ansehen? Sage ihm, er solle herabkommen, ich will ein Wörtchen mit ihm sprechen!« Da merkte der bestürzte Vogt wohl, wen er vor sich habe, lief eilends hinauf ins Schloß und berichtete, was er gesehen und gehört, seinem Herrn. Der aber hütete sich wohl hinab zu gehen, er sank vielmehr auf die Kniee und faltete seine Hände und betete, was er lange nicht gethan, zu Gott, er möge ihm doch seine schwere Sünde vergeben und nicht mit ihm ins Gericht gehen, er wolle sich bessern. Dies that er auch, er siedelte sich später auf dem Hochgebirge an und gab den armen Gärtner nicht nur frei, sondern schenkte ihm auch Haus und Hof als Eigenthum.

Mit dieser Sage scheint die natürliche Umgebung der Burg in Verbindung zu stehen, denn zwei Dämme, jeder über acht Fuß hoch, umziehen dieselbe, der erste 300 und der andere 400 Schritte davon entfernt, und sperren so das 1000 Schritt breite Thal, wodurch eine künstliche Ueberschwemmung zum Besten der Burg bewirkt werden kann.

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TextGrid Repository (2012). Grässe, Johann Georg Theodor. Sagen. Sagenbuch des Preußischen Staats. Zweiter Band. Schlesien und die Niederlausitz. 258. Der Gärtner auf Czeschhaus. 258. Der Gärtner auf Czeschhaus. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-390C-A