9. An Friedrich Warnecke

9. An Friedrich Warnecke


Wiedensahl Sonntag d. 10 Nov. 1855.


Mein lieber Warnecke!

Anbei das Wappen. Mein Wunsch ist, daß es Ihnen so genügend sei. Ich war leider gerade nicht im Besitz von geeignetem Papier, welches die gehörige Feinheit und Weiße hatte, so daß das Ganze nicht so elegant geworden ist, wie es wohl sein sollte. Ihre beigeschickte Farbe habe ich nicht benutzt, weil ich selbst keine Deckfarben besaß und es für unpaßend hielt, Deckfarben und Aquarelle zusammen zu stellen. Sollten sie nun das Wappen noch brillanter wünschen, so ist ja noch Zeit genug dazu da.

Die Erklärung der Wappen auf den Leichensteinen war mir lieb. Bei II. No 4, welches Sie als das der von dem Busche angeben, sind Sie jedenfalls durch die Undeutlichkeit meiner skizzirten Zeichnung irre geleitet worden. Das Wappenbild stellt nämlich nicht drei Pflugschaaren, sondern drei Greifen= oder Adlerklauen vor, und zwei eben solche befinden sich auf dem Helme, aber mit den Fängen nach oben gekehrt. Eine genauere Zeichnung dieses Wappens, so wie der andern, welche Sie als Ihnen unbekannt angeführt haben, soll erfolgen, sobald ich wieder in Loccum gewesen bin. – Vorläufig einige Notizen aus der Loccumer Chronik, welche für Sie vielleicht nicht ohne Intereße sein werden:

1) Das Dorf Winzlar (od. Winkeßelare), eine Stunde von Loccum, hat die untergegangenen Dörfer Münchhausen und Smalenhagen in sich aufgenommen. Dieses Dorf Münchhausen ist der Stammort der bekannten Familie deßelben Namens.

2) Außer dem Grafen von Hoya haben sich besonder[s] die adligen Familien der von Holle, v. Landesberg, von Mandelslo, v. Klenke und v. Münchhausen durch Schenkungen um das Kloster verdient gemacht. Viele Ahnen aus diesen fünf Geschlechtern, welche Grabbrüder des Klosters waren, haben daher ihre Epitaphien in der Klosterkirche. Ebendaselbst ruhetJutta, Gräfin v. Hoya, (filia Löeviges de Ravennesberg,), Helena, Gräfin von Schaumburg, geborene Herzogin zu Sachsen. Auch ist hier Woldemar, ein dänischer Prinz und Sohn des Königs Kanut begraben worden i.J. 1217. Er war Bischof in Schleswig undBremen gewesen, resignirte und kam als Mönch in das Kloster Loc[c]um.

[8] 3) 1398 starb mit Otto III., Bischof v. Minden, der 8 kinderlose Brüder gehabt hatte, das einst so blühende Geschlecht der edlen Herrn vom Berge aus, (de Monte qui dicitur de Scalkesberg), welche den Beinamen v. Scalkesberg führten.

4) Adlige Äbte waren bis 1483, wo keine Adlige im Kloster mehr aufgenommen wurden:

Hermann I. de Holle; Jordanus de Molendino; Johannes I. de Nyenborch; Theod. de Brunswick; Bernhardus I. Holtgravius; Borchard. de Peyne; Harbordus de Mandelslo, Henricus de Revele; Godefr. de Rumeschotelen; de Bothmer; de Bordesloh; de Lunink; de Holthusen; de Lunge; Johann. de Witelage; Herm. d. Lemmegho; Joh. Fabri; de Rossinge; de Aspelkamp; de Indagine;

5) In der Chronik werden noch folgende adlige Familien erwähnt: Woldenberg; Golthorn; Lerbecke; Belderssen od. Beldershusen; Brinken; Lon; Rotdorp; Himmedesdore; Boltessen; Blickenstede; Asla; Stenberch; de A (wovon das bei Loccum liegende Afeld den Namen hat); Helsedehusen; Oym; Homborch; Kniggen; Blomerlaghe; Spiegelberg; Hachede.

Sollten Sie nun für irgend eine der genannten Familien Intereße haben oder schon Notizen darüber gesammelt haben und noch zu sammeln wünschen, so werde ich Ihnen die freilich nur ganz flücht[ig]en Stellen der Chronik mittheilen, wo jene Familien, als mit dem Kloster in Bezug gekommen, erwähnt werden.

Zum Schluß für heute möchte ich Sie noch bitten, sich doch wo möglich einmal die alte Hameln'sche Chronik zu verschaffen und mir das Intereßanteste daraus mitzutheilen; jedoch müßen Sie nicht glauben, daß ich Ihnen so besonders dankbar dafür sein werde; denn ich setze voraus, daß es für Sie selbst, der Sie die Ehre haben, in dieser altberühmten Stadt zu hausen und zu wandeln, von Intereße sein wird. Überhaupt muß ich Sie darauf aufmerksam machen, mit Ihren Augen zu erspähen und mit Ihren Krallen zu ergreifen alles was alt oder sonst merkwürdig ist: (alte Kupferstiche, Schnitzereien, Papiere etc.) und nur glühendes Eisen und Mühlsteine liegen zu laßen. Ich meinerseits werde daßelbe thun. Dabei sollen die Wappen, welche sich darunter finden, alle in Ihre werthen Hände kommen.

Bei Schäfers bitt' ich zu grüßen und auch meinen Gruß an Hoffmann nicht zu vergeßen.

In der Erwartung einer baldigen Antwort: ferner wie früher

der Ihrige Wilh. Busch.


9. An Friedrich Warnecke: Faksimile Seite 1
9. An Friedrich Warnecke: Faksimile Seite 2

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TextGrid Repository (2012). Busch, Wilhelm. 9. An Friedrich Warnecke. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-2272-0