569. An Friedrich August von Kaulbach

569. An Friedrich August von Kaulbach


Wiedensahl 17. April 1883.


Nur Geduld, lieber Fritz! Was scheren dich in einer Stadt voll lustiger Bilder die paar langweiligen Deutschen? und mit den Franzosen, wenn's partu sein muß, wirst du ja auch pöapö was zurecht schmusen lernen. Übrigens vertrau ich deiner Hartnäckigkeit, daß du dich nicht, sei's von Deutschen oder Franzosen, aus deiner erbeigenthümlichen Haut jagen läßt.

Mit Freund Gedon habe ich neulich in Detmold ein paar heitere Tage verlebt. Er war bei Hof, wie im Wirthshaus, ein vielgefeierter Mann; hat aber auch einen potzwunderfeinen Saal erbaut, der sich im Glühlicht frei geschwungener Lüster gar stattlich ausnahm. Der Glanzpunkt beim Saalweihfestball soll gewesen sein, als schöne Jungfrauen dem Künstler einen Lorbeerkranz übermittelten, wozu Ihro Durchlaucht die Fürstin höchstselbst das Gedicht verfertigt. Ich war aber nicht dabei; sah nur zu, wie Er sich vorher wusch und schließlich ein paar aus München mitgebrachte blitzfunkelneue Stiefeletten aus dem Koffer zog, welche sich bei thätlicher Prüfung als krumm nach derselben Richtung, daher unpaßend für zwei Füße deßelben Menschen, herausstellten. –

Von Detmold ging's nach Münster, wo in allen Schlupfwinkeln herum getandlert wurde. Abschied in Hamm. Er, mit einem gothischen Sabel und sämmtlichen Zeitungen bewaffnet, nach Worms, München – Rom? – ich nach hier. Der wunderliche Kerl ist mir womöglich noch lieber geworden, als bisher.

Ja, was weiter? Ich schustere eine neue Schose für den Druck zurecht. Von vorn gesehen, scheint's immerhin weitläufig, bis man sich da hindurch gewürmelt hat. – Sonst betrachte ich den Wiedensahler Frühling; wie sich all das Unkrautgesindel mit grünen Lanzetten und röthlichen Kolben an die erleuchtete Oberwelt durchschlägt. Auch die Staare flöten, schwatzen, klappern, tragen Halme ein; das Allerweltspläsir nimmt auch bei diesem hübschen Gethier seinen Fortgang.

Leb' wohl, lieber Fritz! Auf Eurem Rückwege nach München wird ja wohl irgend ein neutraler Platz liegen, wo man Euch lieben Leute mal wieder sieht. – Die herzlichsten Grüße an Euch alle zwei beide von Deinem alten

Wilh. Busch.

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TextGrid Repository (2012). Busch, Wilhelm. Briefe. 569. An Friedrich August von Kaulbach. 569. An Friedrich August von Kaulbach. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-12BC-B