[107] Karl Meisl
Der lustige Fritz
oder
Schlafe, Träume, stehe auf, kleide dich an und bessre dich!
Ein Märchen neuerer Zeit in zwei Aufzügen

[107]

Personen

Personen.

    • Herr Steigerl, ein gewesener Trödler.

    • Frau Steigerl.

    • Fritz, ihr Sohn.

    • Speck,
    • Schmalz, Freunde des Steigerlischen Hauses.

    • Poros, ein Magier.

    • Marie,
    • Malchen,
    • Lottchen, Fritzens Geliebte.

    • Jean, Fritzens Bedienter.

    • Ein Schneidermeister.

    • Ein Schuster.

    • Ein Kutscher.

    • Ein Salami-Mann.

    • Eine Öbstlerin.

    • Gläubiger, Fritzens Vettern, Godeln und Mahmen des Steigerlischen Hauses.

Allegorische Personen des Traumes im zweiten Akt.

    • Die Satire, Die Mode, Die Schande, Das Laster, Der Wahnsinn, Die Begierde, Der Luxus, Das Kompliment, Die Hoffnung, Die Kaprice, Die Armut, Die Koketterie.

    • Die Luftschlösser,
    • Die Schulden, personifiziert.

    • Genien, Masken.
    • [108]

1. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt
Ein großer Versammlungssaal, in dem lauter altväterisch gekleidete Herren und Frauen im Zirkel sitzen und Kaffee trinken. Herr Steigerl. Frau Steigerl. Speck und Schmalz.

Introduktion

SPECK.
Vielgeliebte, Hochgeborne,
Godeln, Mahmen, liebe Freund –
Unser Kopf ist ganz verrammelt,
Darum hat man Sie versammelt –
Jeder rate, wie er's meint!
CHOR.
Was ist denn geschehn?
Wir raten ja gern
Der Frau und dem Herrn!
Was ist denn geschehn?
SPECK.
Unseres Freundes liebes Söhnel,
Von Geburt aus leicht und schwach,
Lauft ein' jeden schönen Diendel,
Wie besessen – fleißig nach.
CHOR.
Das wird auch kein Unglück sein,
Madeln lauft er nach, nein, nein! –
SPECK.
Statt zu lernen und studieren,
Tut er nix als karessieren.
ALLE.
Karessieren.
SPECK.
Statt als Mensch von Geist zu handeln,
Tut er nix als immer brandeln!
ALLE.
Brandeln? Brandeln?
FRAU STEIGERL.
Darum bitt ich Sie zu raten,
Was mit ihm zu tuen sei?
CHOR.
Der ist aus der Art geraten!
Was zu machen? eh, ei, ei!

Alle sitzen nachdenkend, nach einer Pause.
STEIGERL.

Na, meine lieben Gevattern und Vettern, Godeln und Mahmen, geben Sie einen gescheiten Rat von sich; was ist mit unserm Fritzel anzufangen? –

FRAU STEIGERL.
Bedenken S' aber dabei, daß es ein schwaches Bürschel und daß er mein einziges Kind ist.
[109]
STEIGERL.
Ja, das einzige, denn es kommt nichts mehr nach.
SPECK.

Und was tut er denn im Grunde, was wir nit auch getan haben? Der Herr von Steigerl und ich sind in denen Jahren rechte Ramsamperl gewesen; jetzt spielen d' Studenten Billard – und wir, zu unserer Zeit, waren halt auf den »langen Puff« versessen.

STEIGERL.
Aber die Schulden, die er macht? –
SPECK.

Aber schauen S', wie kurios Sie sind! Sie haben ja immer hoch hinaus gewollt mit Ihrem Sohne; das ist ja ein klarer Beweis, daß was Höheres in ihm steckt! – Ein Mensch, der keine Schulden hat, macht gar kein Aufsehen in der großen Welt. Sie müssen ihn halt rangieren, vielleicht weiden S' selber reich dabei!

FRAU STEIGERL.

Ist nit ohne Grund geredet, etwas Nobels steckt auf jeden Fall in ihm; aber er hat noch andere Fehler; er macht alles lächerlich; er will alles besser wissen, und er schimpft über alles wie ein Rohrspatz.

SPECK.

Das ist ein Genie, sag ich Ihnen, wie 's noch kein's in unserer Familie gegeben hat. Danken S' den Göttern für so einen Sohn! – Soll er etwa modest und bescheiden sein? Soll er etwa das loben, was anderen Leuten recht ist? Soll er etwa nicht über alles das keck urteilen, was er auch nicht versteht? Da wär er ja eine Null in der heutigen Welt! – Wer den Schnabel bei dieser Zeit nit recht in den Tag hineinwetzt, der heißt ein Tuckmauser, ein Ignorant, ein Dalk; wer aber keck räsoniert, ist ein Genie! – Der Fritz wird Ihnen noch viele Freuden machen.

STEIGERL.

Der G'vatter hält ihm halt immer die Stange – was sagen denn die übrigen respektabeln Vettern und Godeln dazu?

SCHMALZ.

Ich halt ihn für einen verzogenen Buben, den nur die allerschärfste Zucht bessern kann; zum Beispiel ein Weib, das so handig ist wie die Frau Godel.

FRAU STEIGERL.
Mir wird übel, ich bekomme meine Krämpfe!

Alles gerät in Bewegung.
STEIGERL.

Jetzt haben Sie's gut gemacht – wenn nur das Weib in Fraisen aufgeht, so haben Sie's auf Ihrem Gewissen. Satzerl, ärgere dich nicht, das ist ja alles in Wind geredet, es gibt keine zweite, wie du bist!

SCHMALZ.

So behalten Sie ihn also, und füttern Sie einen [110] Taugenichts, der Ihnen und uns allen noch Schande machen wird.

FRAU STEIGERL.

Jetzt hab ich g'nug – wer mein Fleisch und Blut beschimpft, der greift mich an; mein Fritzel ist ein schwaches Kind, der zu viele Krankheiten in seiner Jugend ausgestanden hat, um schon ausgebildet zu sein: wann er einmal recht stark und alt ist, wird er schon brav werden, und was das Schandmachen betrifft, so muß ich Ihnen allerseits erklären, daß ein Mensch wie er, der auf allen Haustheatern die Bedienten spielt, der an alle seine Madeln Briefe aus'm ›Eipeldauer‹ herausschreibt, der im Billard einem jeden Markör sechzehn vorgibt, der auf jedem Ball in den Vorstadtsälen der beste Tänzer ist, der am längsten aushält – daß so ein Mensch einer uralten Familie keine Schand macht –, ich brauch keinen Rat, man laßt ihn halt austoben, und wer nit auf'n Kopf g'fallen ist, der hat's ohnehin leicht einsehen können, daß d' Mama bei diesem Konsilium lieber recht viel Gutes von ihrem Söhnel gehört hätte, wo es ihr dann auf ein paar Diners nit angekommen wäre.

STEIGERL.

Die Sitzung ist aufgehoben; wir sind zwar nit viel g'scheiter, als wir vorher waren, aber das tut nix, ich danke Ihnen doch für die Inkommodität. Alle brechen auf. Sie haben mit uns zu befehlen!

SCHMALZ.

Nur mich bitt ich künftig wegzulassen, denn wer keinen guten Rat hören will, der muß auch keinen fordern.


Chor aus der ›Europa‹

Wir wollen jetzt gehn,
Denn g'scheit ist halt schön.
Der Fritzerl ist brav
Und gut wie ein Schaf!
Scharmanteste Godel, scharmanteste Mahm,
O rufen S' uns bald wieder alle zusamm'!

Alle gehen ab bis auf Steigerl, seine Frau und Speck.
2. Auftritt
[111] Zweiter Auftritt
Steigerl. Seine Frau und Speck.

FRAU STEIGERL.
So einen Familienrat müßt ich mir bald wieder ausbitten, da kommt was G'scheides heraus.
STEIGERL.

Hörst du, und wann du noch so rabiat werden solltest, ich kann mir nit helfen, der Herr G'vatter Schmalz hat einige wahrhafte Brocken von sich gegeben.

FRAU STEIGERL.

So was muß man im Publiko absolut nit aufkommen lassen; obwohl ich just selber wünschte, daß er etwas solider wär.

STEIGERL.

Und daß er nit soviel Geld verschwendete, denn heutzutage ist das Geld rar, es gedeiht nit wie's Körndel, wann's noch so regnet.

SPECK.
Ich wüßt ein Mittel, ihn zu bessern.
FRAU STEIGERL.
Wann's ihm nur nit weh tut, denn weh tun laß ich ihm nit.
STEIGERL.
Geben Sie's von sich.
SPECK.

Haben Sie noch nie von dem Schwarzkünstler gehört, der den Leuten ihren künftigen Lebenslauf im Traume zeigt?

FRAU STEIGERL.

Ja, gehört hab ich schon davon, aber geglaubt hab ich's nit recht, denn man hört so viel, was nit wahr ist

SPECK.

Das ist reine Wahrheit; wie wär's, wenn wir ihn durch den Schwarzkünstler kurieren ließen? Es würde mancher kurios auf halbem Weg umkehren, wenn er vorher sehen könnt, was ihm bevorsteht – mancher Verschwender sähe sich im Schuldturm sitzen, mancher grobe Vielwisser würde sich mit einem blauen Buckel auf den Bauch hinausgeworfen sehen –, so ein Blick in die Zukunft könnte die schönsten Verwandlungen, trotz einem Metamorphosentheater, bewirken.

STEIGERL.

Mir ist's recht, wann's nur auch meiner Frau recht ist, ah, da bin ich ein eigener Mann, gegen den Willen meiner Frau tät ich nichts, und wann's wer weiß was wär.

FRAU STEIGERL.

Wann mir's der Schwarzkünstler schriftlich gibt, daß's ihm nit weh tut und daß ihm nix g'schicht, so willige ich ein.

SPECK.

So will ich gleich gehn und ihn fragen, ob er die [112] Kur auf sich nehmen will, in einer Stund bring ich Ihnen Antwort.

FRAU STEIGERL.

Sagen Sie ihm nur, wer wir sind, daß er's mit einer respektablen Familie zu tun hat. Wenn auch mein Mann nur ein reicher Tandler war, so war doch nach unseren Familiennachrichten mein Großvater ein Bassa von einer Menge Roßschweifen, der erst bei der Belagerung von Wien sich seßhaft gemacht hat. Alle drei ab.

3. Auftritt
Dritter Auftritt
Ein Gartensaal mit der Aussicht in den Garten. Malchen und Jean.

JEAN
für sich.

Das ist gewiß wieder eine Prätendentin. Laut. Mein Herr ist nicht zu Hause, er wird auch nicht so bald kommen.

MALCHEN.

Das tut nix – ich bleib halt derweil da sitzen und strick meinen Strumpf aus –, er ist oft genug in meinem Zimmer gesessen und hat nit gestrickt.

JEAN.
Mit wem habe ich denn eigentlich die Ehre?
MALCHEN.

Die Ehre ist auf meiner Seite; ich bin eine alte Bekannte von dem Herrn Fritz und möchte, weil er sich meiner nit erinnert, seinem Gedächtnisse zu Hülfe kommen.

JEAN.
So, ja, du lieber Himmel, der Herr ist seit kurzem so beschäftigt, daß er kaum Atem holen kann.
MALCHEN.
Das wär! Hat er denn eine Anstellung?
JEAN.
Ja, im Kaffeehaus.
MALCHEN.
Was?
JEAN.
Nun ja, dort beim Kaffeehaus, wo's Geld gewechselt wird.
MALCHEN.
So, das ist g'scheit! Wann er ein Brot hat, so kann er jetzt sein Wort halten.
JEAN.
Er wird vielleicht bis in die Nacht spät nicht nach Haus kommen.
MALCHEN.

Ich warte halt, nach Haus darf ich so nimmermehr, bis ich einen Mann hab. »Hast du dich mit ihm ins Gerede gebracht«, hat der Papa gesagt, »so mach, daß er dich heiratet!« Ihm wird's schon recht sein, da kenn ich ihn.

JEAN.
Wirklich, Sie glauben also –
MALCHEN.

Er nimmt mich auf der Stell; denn was der [113] Mensch betteln und schmeicheln und versprechen kann, das ist schon über die Maßen! Wenigstens drei Wochen lang ist er mir auf den Knien nachgerutscht, bis ich ihm's geglaubt habe, daß er mich gern hat – er hat mir schon damals 's Heiraten versprochen –, aber, von der Lieb frißt; man nix herab, hat der Papa g'sagt; wenn er eine Anstellung hat, da ist's was anders!

JEAN.

Das ist eine verdammte Geschichte. Ich weiß zwar nicht, was mein Herr denkt; aber in der Regel sind halt solche mündliche Versprechen der Männer keine Schuldbriefe.

MALCHEN.

Ei ja wohl, ich bin nicht so einfältig, ich hab's ja schriftlich. Sie zieht einen Buschen Briefe heraus. Wenigstens in hundert Briefen hat er mir's versprochen, wann ich ihm die vorlege, so kann er's ja nicht leugnen; oh, er ist froh, wenn er mich bekommt. Sie, ich bin keine von den Madeln, die da glauben, daß die Erdäpfeln auf den Bäumen wachsen, und die nit wissen, wieviel in einen Topf gehört – die entsetzlich schöne Perlenstickereien machen, aber keinen Strumpf stricken können; mit mir ist's nit gefehlt. Sie, ich kann zwar nit französisch parlieren, aber was ich einem auf gut deutsch sage, das versteht er gewiß!

JEAN.

O liebenswürdige Einfalt! Still, ich höre klopfen, machen Sie sich's bequem, ich will nur nachsehen, wer's ist – mein Herr mag sehen, wie er's loskriegt. Ab.

MALCHEN
allein.

Was das für ein schönes Zimmer ist, aber die Einrichtung will mir nit recht gefallen, sobald ich seine Frau bin, muß das alles anders rangiert werden, da müssen die Better stehen, da die Toilette, und dort das Sofa, ja, da werd ich ganz andere Einrichtungen treffen.

4. Auftritt
Vierter Auftritt
Vorige. Jean. Lottchen.

JEAN.

Spazieren Sie nur derweil da herein, bis mein Herr kommt. Für sich. Er mag schauen, wie er die Rivalinnen los wird; ich will von weitem der Bataille zusehen. Ab.

MALCHEN
strickt fort.

Wer muß denn die Mamsell sein? Das find ich recht keck von einer fremden Person, zu einem jungen Herrn aufs Zimmer zu kommen.

[114]
LOTTCHEN
setzt sich.

Die tut ja nit anders, als wenn sie zu Haus wär, wer die Person sein muß – ich bin nit die erste, die sie anredet.

MALCHEN.
Wissen möcht ich doch, wer's ist. Sie niest.
LOTTCHEN.
Zur Gesundheit!
MALCHEN.
Ich danke. Wenn sie sich nur in einen Diskurs einließe.
LOTTCHEN.

Ach was, ich frag sie geradezu, wer sie ist. Darf man fragen, in welcher Absicht Sie sich hier befinden?

MALCHEN.

Die Frag ist von Ihrer Seite etwas keck, ich befinde mich hier in der ernsthaftesten Absicht von der Welt; ich bin die Freundin des jungen Herrn.

LOTTCHEN.
Die Freundin? So? Ich bin etwas mehr.
MALCHEN.

Das wär, da müßt ich auch etwas wissen. Wann ich einmal seine Frau bin, so wird sich das Gegenteil von selber erklären.

LOTTCHEN.
Seine Frau? Lacht heftig. So schauen S' just aus!
MALCHEN.

Jetzt verlaßt mich mein ganzer Humor. Wer ist denn die Mamsell, daß es ihr nit recht ist, wenn ich seine Frau werde? Schau!

LOTTCHEN.

Wir sind nicht in der Türkei; hierzuland dürfen die Männer nur ein Weib heiraten, und die Fritz heiratet, bin ich, verstanden?

MALCHEN.
Jetzt muß ich lachen, hat Sie's schriftlich?
LOTTCHEN.
Das versteht sich, da steht's!
MALCHEN.

Die Sach fangt an, ernsthaft zu werden; wissen S' was, tauschen wir unsere schriftlichen Versicherungen gegeneinander zum Durchlesen aus: Ihnen hat er's gewiß nit so fest versprochen wie mir, da wollt ich halt doch darauf wetten.

LOTTCHEN.

Wann Sie einen Brief von denen lesen, die er mir geschrieben hat, so werden Sie gleich einsehen, daß Sie das Feld räumen müssen, hier ist einer aus'm Dutzend!

MALCHEN.
Da ist dafür einer von meinen. Sie werden 's klein geben!
LOTTCHEN
liest.

»Vielgeliebter, über alles preiswürdiger Engel! Erste Inhaberin meines Herzens und kommandierende Generalin in meiner liebenden Brust! Ritterin aller Orden der Liebe und geheime Rätin meiner verborgenen Seufzer und so weiter, und so weiter.«

MALCHEN
liest Wort für Wort nach.

Na, die Titulatur hat er [115] aus einem Schematismus abgeschrieben, die ist gleich; das tun alle die Leute so, die ihre Briefe aus einem Briefsteller abschreiben.

LOTTCHEN.
Jetzt fangt er in Versen an.
MALCHEN.
Bei mir auch, es hat sich immer reimen müssen! Sie liest, Lottchen liest immer nach.
»Unter tausend deinesgleichen –
Konnte keine mich erweichen –
Du allein hast mich berückt.
Du allein kannst mich beglücken,
Mich vergnügen, mich entzücken –
Was gewiß sonst keiner glückt.
Was ich auf der Stiege dir –
Unterm Haustor hab geschworen,
Gehet niemals dir verloren!
Darum, Holde, traue mir!«
LOTTCHEN.
Das ist zuviel, er hat Ihnen also auch unterm Haustor ein Eh'versprechen gemacht?
MALCHEN.
Jetzt geht mir eine Üblichkeit zu! Setzt sich.
LOTTCHEN.

Ich kann Ihnen nicht helfen, denn ich bekomme auch meine Krämpfe. Setzt sich auf die entgegengesetzte Seite.

MALCHEN
springt auf.
Sie haben's zwar auch schriftlich, aber man macht ja öfters sich einen Spaß mit gewissen Personen.
LOTTCHEN.

Mit mir darf man nicht spaßen – ich bin in gewissen Punkten entsetzlich ernsthaft und verstehe absolut keinen Spaß. Und wenn ich die Sache recht betrachte, so scheint mir die Mamsell viel eher als ich die G'foppte zu sein; denn Augen hat dieser Fritz – und wenn er noch so gottlos ist.

MALCHEN.

Na ja, in hundert Jahren könnt Sie so stolz tun – da wird eine blattermaserige eine Rarität sein – mit solchen Augen, wie ich habe, wird man nit g'foppt.

LOTTCHEN.

So sehen die unwiderstehlichen Eroberinnen just aus, das wird sich zeigen, meine liebe Mamsell, ich hab schon andere Bekanntschaften gemacht, die meinetwegen den Verstand verloren hätten, wann's einen gehabt hätten – der englische Reiter zum Beispiel, der hätte sich vorm Jahr richtig den Hals gebrochen, wenn ich noch öfters zu seine Produktionen gegangen wäre.

[116]
MALCHEN.

Und mein hübscher Komödiant, der die Liebhaberrollen dutzendweis verarbeitet, hat der nit immer, wenn er mich im Theater gewußt hat, wie ein Löwe gebrüllt und herumgefezt, daß dem Parterre völlig angst und bange geworden ist?

LOTTCHEN.
Das wird sich alles zeigen – mit mir hat er's gewiß ernsthaft gemeint.
5. Auftritt
Fünfter Auftritt
Vorige. Jean.

JEAN.

Der junge Herr kommt, wollen Sie sich nicht entfernen, er ist etwas erhitzt, und wann er seine cholerischen Erhitzungen hat, so muß ihm alles aus'm Weg gehen – sonst gibt's Mordsspektakeln!

MALCHEN.

Was könnt einem denn geschehen, ich bleib justament da, so weiß ich gleich, wem der Bauer den Schimmel schenkt.

LOTTCHEN.
Oh, ich fürcht mich auch nicht vor ihm!
JEAN.

Sie bringen mich um den Dienst, wenn er Sie hier antrifft, und wo bekomm ich wieder so einen Dienst! So gehen Sie doch, er ist schon auf'm Gang, ich beschwöre Sie fußfällig, gehen Sie wenigstens ins Kabinett, bis ich ihn vorbereitet habe.

MALCHEN.
Meinetwegen, wenn die Person auch mitgeht.
LOTTCHEN.
Miteinander, ja, bis es entschieden ist, welche von uns die Gefoppte war. Beide ins Kabinett ab.
JEAN.
Das ist schon entschieden, beide seid ihr gefoppt, jetzt mögen sie sehen, wie sie zurechtkommen. Ab.
6. Auftritt
Sechster Auftritt
Fritz kommt herein.

Arie

FRITZ.

Ich bin der schöne, lust'ge Fritzel,

Ja, mich kennt jedermann,

Drum will die Netterl, die Wetterl, die Mitzel

Und die Dorel mich zum Mann!

Jede will mich zum Mann!

Ich tue allen Mädchen schön,

[117] Doch keine wird mich haschen,

Zur rechten Zeit weiß ich zu gehn,

Zu nippen und zu naschen!

Das ist ein Kreuz, wenn man so liebenswürdig ist, wie ich bin, die Madeln haben Sinn und Geschmack genug, das einzusehen; aber die Schuldner haben leider keinen Sinn dafür: man mag noch so liebenswürdig sein, so wollen die rohen Bengeln ihr Geld haben; wo sind die Zeiten hingekommen, wo man sich damit retten konnte, wenn man so einen zudringlichen Mahner über d' Stiegen warf, jetzt soll so einer etwas probieren, er konnt die schönsten Schläg kriegen. Das sind die Folgen der Aufklärung, die alten Weiber haben recht. Und im Grund, ich bin ja nicht einmal so viel schuldig, als ich es sein könnte, wenn mir die Leute mehr geborgt hätten! Zwanzigtausend fl. – was ist das für eine Bagatell? Da kenn ich Leute, die sind dreimal soviel schuldig und machen zehnmal mehr Streich als ich, ich hab's noch nicht einmal bis zur Krida gebracht, das kann man sehen, denn ich hab keine Equipage; und doch ist das ein Lärm, als wenn ich schon den Gradus im Schuldenmachen getragen hätt. Der ganze Lärm kommt daher, weil die Schuldner 's Maul nicht halten können, ich bin schon verschwiegen und sage keinem Menschen, wieviel ich schuldig bin. – Wann ich's nur schon einmal bis zu einer Equipage gebracht habe: wie ein Schuldner mich auf der Gasse anpackt, wird er niederg'führt – wann einmal fünf oder sechs im Spital liegen, werden s' schon Ruhe geben. – Wer läutet denn schon wieder? Riechen's denn die Leute völlig, wenn ich zu Haus bin – es ist am besten, ich geh gar nimmermehr nacher Haus. – Herein!

7. Auftritt
Siebenter Auftritt
Fritz. Marie.

FRITZ.
Eine Prätendentin! Welch ein Glück, daß ein Sonnenstrahl sich in mein Zimmer verirrt. –
MARIE.

Bin's nur ich, mich führt eine dringende Angelegenheit zu Ihnen. Lottchen und Malchen werden unter der Tür sichtbar.

FRITZ.
Vermutlich die Liebe?
[118]
MARIE.

Sie wissen, welche Versprechungen Sie mir gemacht haben; man hätt alle Tag ein modernes Haus darauf bauen können.

FRITZ.

Ich erinnere mich wohl, aber es hat bis jetzt nur an einer Kleinigkeit gefehlt, daß ich bisher meine Versprechungen nicht erfüllen konnte; wir haben kein Geld, und wo nix ist, da hat der Kaiser das Recht verloren.

MARIE.

Richtig, deswegen bin ich da; die Umstände haben sich geändert; mein alter Vetter zu Hirschstätten ist gestorben und hat mich zur Erbin eingesetzt.

FRITZ.
Marie, hast du viel geerbt?
MARIE.

Einige tausend Gulden Geld, ein hübsches Haus, Äcker, Wiesen, drei Küh und einen Esel, der in d' Mühl geht, und einen Keller mit Eilfer, aus dem seit 1812 keine Maß erlöst worden ist.

FRITZ.

Marie! Meine Liebe ist heftiger als jemals, und wenn du mir gleich das bare Geld in die Hand gibst, damit ich unternehmen kann, was ich will, so sollst du deine blauen Wunder erleben. Komm an mein Herz, es ist auf einmal eine Revolution zu deinen Gunsten darin ausgebrochen.


Lottchen und Malchen aus dem Kabinett.
LOTTCHEN.
Da haben wir auch noch ein Wörtel dreinzureden. –
MALCHEN.
Nix für ungut, daß wir auch noch auf der Welt sind.
FRITZ.

Jetzt ist's recht, da gibt's eine Erinnerung an die vormalige Hetze. – Ich weiß nicht, was Sie wollen; wer sind Sie, meine Mamsellen oder Madamen?

LOTTCHEN.
Mich trifft der Schlag, er kennt mich nit.
MALCHEN.
Er weiß nit, ob ich eine Mamsell oder Madame bin! Das ist unerhört!
MARIE.
Das sind zudringliche Personen – Fritz, wenn's wahr wäre –!
FRITZ.

Wie kann meiner englischen Marie nur so ein Gedanken kommen? Es hat ja keine ein Haus und ein Geld, hast denn nie von heiratslustigen Weibsbildern gehört, die, so wie die Heuschrecken auf die Felder, herabfallen und uns arme Männer attackieren; aber ihre Bemühungen [119] sind alle fruchtlos: hier steht meine Braut, sie hat eine Küsten voll Wein und einen Keller voll Geld, und seit ihr Vetter in Hirschstätten gestorben ist, ist sie außerordentlich hübsch geworden.

LOTTCHEN.
Kennst du diesen Brief, Meineidiger?
MALCHEN.
Falscher! Kannst du deine Handschrift leugnen?
MARIE
reißt ihnen die Briefe aus der Hand.
Fritz, wenn's wahr wäre?
FRITZ.

's Papier ist geduldig, sonst könnten unmöglich so viele Dummheiten geschrieben werden, ohne daß dem Schreiber etwas an den Kopf fliegt.

MARIE.

Den nämlichen Brief hab ich auch! Gott weiß, wie viele Abschriften er ausgeteilt hat, wie die Billetten zum neuen Jahr!

LOTTCHEN.
Aber es gibt noch eine Gerechtigkeit im Lande –
MALCHEN.
Und Nägel an den Fingern, um so falsche Augen auszukratzen.
MARIE.
Und eine weibliche Resolution, die so einem flatterhaften Papillon ohne weiters den Besen gibt!
FRITZ.

So hören Sie mich doch; wer bei drei erbosten Weibern zur Rede kommt, muß ein Sonntagskind sein. – Lotte, liebes Lotterl, dich wird's reuen – meine Marie, die in Hirschstätten ein Haus hat, nur eine halbe Stunde Gehör – Malchen, heut abends bei der Hauptwacht –

MALCHEN.
Ich geh zu keinem Zapfenstreich.
FRITZ.
Um neun Uhr auf der Bastei –
LOTTCHEN.
Ich bin keine solche, die sich auf die Bastei bestellen läßt.
FRITZ.
Das ist eine Verstocktheit von den Weibsbildern; aber ihr sollt es bereuen.
MARIE.
Was könnt einem denn geschehen?
FRITZ.
Ich laß euch sitzen – das ist mein Fluch. Alle drei lachen.
LOTTCHEN.
Das ist ein Unglück, wenn einen so ein Taugenichts sitzenläßt.
MARIE.

Wir wollen zusammenhalten; ich hab ein alte Mahm, gegen die kommt kein Satan auf, zu der wollen wir uns begeben, die soll uns raten, wie wir an diesem abscheulichen Menschen eine ordentliche Rache nehmen können.

LOTTCHEN.
Ich bin dabei!
[120]
MALCHEN.
Rache sei unsere Losung!
LOTTCHEN.

Und kommt uns so ein Mannsbild in unserer Rage in die Nähe und schaut uns so gewiß keck unterm Strohhut – patsch, soll er eine haben, als wenn s' vom Himmel herabgeflogen wär.

MALCHEN.
Vorausgesetzt, daß er nit gar zu hübsch ist. Alle drei ab.
8. Auftritt
Achter Auftritt
Fritz allein.

FRITZ.

Jetzt gehen ihnen nur Fackeln mit Spiritus ab, so können s' einen Furientanz aufführen. Ich weiß nit, was sie für einen Lärm machen; die werden doch nit die einzigen Ungefoppten sein wollen – ich hab mir's sagen lassen, daß die meisten Madeln grad in die Mannsbilder, von denen sie gefoppt werden, am verliebtesten sind und daß s' gewöhnlich jene, die 's recht ernstlich mit ihnen meinen, am ersten selber foppen; selbst getan, selbst haben, ich räche mein Geschlecht. Da steht noch ein Champagner, der soll mir die Grillen vertreiben; wenn im ein großer Herr wär, ich ließ nix als Champagner wachsen.


Quodlibet (›Don Juan‹)
FRITZ.
Treibt der Champagner alles im Kreise,
Dann gibt's ein Leben herrlich und schön!
Artige Mädchen zupf ich dann leise,
Wer kann der Liebe widerstehn?

Der Menuett mit dem Paukenschlag fällt ein.
9. Auftritt
Neunter Auftritt
Fritz, Jean. Dann die Schuldner.

JEAN.
Die Schuldner sind draußen,
Und wollen herein.
Sonst schlagen s' am Ende die Türe noch ein.
CHOR DER SCHULDNER.
Ist das saubre Bürschel einmal z' Haus,
Diesmal kommt er uns gewiß nit aus!
Geh d' Frau Annamierl
Gleich zum hintern Türl,
Denn sonst fliegt der Vogel wieder aus!
[121]
FRITZ.
Daß dich, potztausend, was wollt's denn da?
Daß dich, potztausend, was soll's?
ÖBSTLERIN.
Sie kennen mich ja ohnehin,
Daß ich die Öbstler-Rösel bin!
SCHNEIDER.
Ich bin der Schneidermeister Schmiß,
Jetzt maître tailleur,
Den man solang schon ließ,
Jetzt heißt's: die Maxen her!
SCHUSTER.
Grüß Sie Gott, Herr von Fritz!
Meine Maxen will ich itzt!
KUTSCHER.
Euer Gnaden, ich bitt mir's Trinkgeld aus,
Sonst werd ich etwas grob!
SALAMI-MANN.
Ich bin der Salami-Mann!
Di tante pene,
Lei mich bezahlen
Für den Poiné!
FRITZ
›Don Juan‹.
Wollen Sie sich gefälligst setzen,
Denn ich weiß Sie hoch zu schätzen!
Hurtig, Jean, servier mit Wein,
Was noch draußen ist, laß ein!
CHOR.
Kriegen wir Geld oder nit?
Länger gibt's kein' Kredit! –
Jetzt ruck Er heraus,
Denn sonst geht's nit gut aus!
FRITZ.
Geld hab ich für dermalen nicht,
Verachtung des Geldes ist Pflicht!
Denn mit dem verteufelten Geld
Kommt manches Geschick in die Welt!
CHOR.
Was – was – gar kein Geld hat er?
Na, das ist ein sauberer Herr!
Da heißt's halt: Pfänd't's das Haus!
's Bürschel zieht aus! –

Aus ›Evakathel‹

Mir ein Möbel, mir ein Stückel,
Mir die Uhr mit Perpendikel,
Mir den Frack, mir's Souvenir,
Mir, mir, mir! –
10. Auftritt
[122] Zehnter Auftritt
Vorige. Steigerl. Frau Steigerl.

FRAU STEIGERL.
Lieber Fritz! Was geschieht dir denn? Warum läßt du dir den Rock herabziehen?
FRITZ.
Mir ist zu warm gewesen.
SCHNEIDER.
Ja, wir haben ihm eingeheizt – wir wollen ihn nur ein wenig pfänden.
STEIGERL.
Das verbiet ich mir – ich hab das erste Recht auf seine Kleider; denn die hab ich ihm geschafft.
FRAU STEIGERL.
Das ist ein impertinentes Volk.
ALLE.
Was, Volk?
SCHUSTER.

Wenn wir ein Volk sind, so seid ihr ein Völkl – sind wir impertinent, so seid ihr insolent! Idiot ist immer besser als bankrott – und unhöfliche Sachen sind immer gescheiter als Schuldenmachen.

JEAN.
Der Schuster ist ein Poet!
FRITZ.
Das ist nichts Ungewöhnliches; pappen tun die meisten unserer heutigen Poeten.
FRAU STEIGERL
zu ihrem Manne.
Jetzt bezahlst du gleich die Schulden, und hernach wirfst du das ganze Gesindel zum Haus hinaus.
STEIGERL.

Aber Frau! Alle die Leute da mögen ein schön's Geld zu fordern haben, und vom Hinauswerfen sei still – wenn die zusammengreifen, werfen s' uns aus unserm eigenen Haus hinaus!

FRITZ.

Der Papa will nit zahlen – ich bekomm die nämlichen Fraisen, die ich g'habt hab, wie mir die Stockzähn eing'schossen sind!

FRAU STEIGERL.

Fritzerl! Hirschhorngeist, Kamillentee – Barbar von einem Vater, ist dir das Geld lieber als dein einziger Sohn?

STEIGERL.

Ich zahle schon; kommt's mit mir, liebe Leute! Ich bin zum Bezahlen auf der Welt, meine Frau und mein einziger Sohn haben mich zu ihrem Zahlmeister gemacht.

SCHNEIDER.
A la bonheur! Jetzt sind wir stante pede höflich.
ALLE.
Euer Gnaden, es hat ja Zeit.
STEIGERL.

Seit die zauberischen Talismane aus der Welt verschwunden sind, ist das Geld an ihre Stelle getreten – das zaubert alle Augenblicke, als wenn wir in einem Feenreich lebten.


Steigerl mit den Schuldnern ab.
11. Auftritt
[123] Eilfter Auftritt
Frau Steigerl. Fritz.

FRAU STEIGERL.
Wie geht's dir, mein Herzenssöhnel?
FRITZ.
Sind s' fort? besser – und wenn ich Geld bekomme, um mich zu stärken, recht gut.
FRAU STEIGERL.
Aber Fritz, bedenk doch, du bringst uns an den Bettelstab!
FRITZ.
Die Fraisen steigen mir schon wieder in den Kopf, oh, ich hab Nerven wie die E-Saiten.
FRAU STEIGERL.

Ich sag ja kein Wort mehr, und daß du siehst, wie lieb ich dich habe, so fahrst du mit mir in ein Haus, wo du deine Braut kennenlernen sollst! – Für sich. Sonst bring ich ihn nicht hinaus!

FRITZ.
Ist sie schön, ist sie reich?
FRAU STEIGERL.
Was das für Fragen sind? Du fahrst also mit auf die Brautschau?
FRITZ.

Alle Tag, wann's sein muß – nur fragt sich's noch, ob sie eine noble Erziehung hat. Obs' französisch auf der Bastei spricht? Obs' im Theater durch Lorgnetten schaut? Obs' musikalische Finger hat? Obs' d' Leut ausrichten und kritisieren kann? Wenn sie die kleinste Arbeit in die Hände nimmt, so mag ichs' nicht, das sag ich gleich; ein Weib von Erziehung muß absolut die Händ in' Schoß legen und nix tun, als höchstens die Dienstboten sekkieren, das Modejournal lesen und mit dem Schoßhund spielen.

FRAU STEIGERL.

Das wird sich finden; ich werfe nur den Mantel über und lasse einspannen, adieu, Pipi! Hole mich bald ab, es ist halt doch ein lieber Schelm! Ab.

12. Auftritt
Zwölfter Auftritt
Fritz allein.

FRITZ.

Die Mama ist doch eine gute Frau; aber wie alle lieben Mütter drauf versessen, ihr Kind an den Ehestandswagen gespannt zu wissen; da hab ich etwas sehr Gescheites gesagt: Ehestandswagen! Jawohl, ein Wagen, aber selten ein Pirutsch, mit dem man im Trab leicht davonfahrt! Meistens ein mit Schmerzen beladener Güterwagen, den fünfzig Pferd nit vom Fleck bringen können; bald bleibt er im Kot stecken, bald wirft er um, und meistens muß heutzutag d' [124] Obrigkeit ausspannen. Und doch sind die Madeln so aufs Heiraten versessen; wenn man einer 's Heiraten verspricht, ist's ihr lieber als ein Kipfelkoch.


Arie

Ein lustiges Leben ist doch ein Akteur.
Er spielt Prinz und Fürsten und öfters noch mehr;
Er hat alle Wochen sein richtiges Geld,
Und wenn es auch manchmal an Maxen ihm fehlt,
So find't er bei Freunden ein williges Ohr,
Sie strecken auf fünfzig Prozenten ihm vor.

Bei hübschen Aktricen hat er freie Wahl,
Oft spielt er in Hütten, oft spielt er im Saal;
Bald endet ein Dolchstich den irdischen Lauf,
Doch stehet er morgen vom Tod wieder auf.
Ihm schmeichelt der Großen und Kleinen Applaus,
Und dankbar kommt er nach dem Tod noch heraus.

Zwar ist das Studieren ein kitzliche Sach,
Doch hilft der Souffleur ihm ja alleweil nach.
Da würd ich halt sagen: Mein lieber Souffleur,
Bleib ich vielleicht stecken, so hilf mir der Herr!
Und lohnte das Publikum mich mit Applaus,
So ging ich so stolz wie ein Pfau nacher Haus.

Ab.
13. Auftritt
Dreizehnter Auftritt
Zimmer des Magiers, düster und mit allerlei Talismanen geziert Magier und Speck.

SPECK.
Es geschieht einem ja doch nichts, wenn man auf den Boden tritt?
MAGIER.
Sein Sie unbesorgt, treten Sie frisch drauflos!
SPECK.
Da riecht's nach Hexen, es ist mir so kurios.
MAGIER.
Fassen Sie sich, Sie haben nichts zu befürchten!
SPECK.

Wenn ich ihn anrühr, so spritzt gewiß 's Feuer heraus. – Ich bin nur vorausgeloffen, um Ihnen zu sagen, daß der bewußte Patient gleich hier sein wird.

MAGIER.

Ich werde die mir zu Gebote stehenden Mittel versuchen; ich werde ihm einen magischen Schlaftrunk reichen, und er wird im Schlafe plaudern.

[125]
SPECK.

O jerum, da hätt ich in der Folg einmal auch eine Bitte; ich hab eine junge Frau, und die Nachbarinnen haben mir gesteckt, daß sie öfters Visiten von einem guten Freund in meiner Abwesenheit bekommt. Könnt ich meiner Frau nicht auch so einen Schlaftrunk beibringen?

MAGIER.
Warum nicht? Wenn Sie aber unangenehme Entdeckungen machten, wie dann?
SPECK.
Es kann nit schaden, wenn man seine Freunde bei Lebzeiten kennenlernt.
MAGIER.

Wenn Sie wollen, so können wir uns gleich überzeugen, was in diesem Augenblick Ihre junge Frau macht.

SPECK.
Wenn ich bitten dürfte, ich will gern erkenntlich sein.
MAGIER.

Treten Sie hieher, in diesem Zauberspiegel wird Ihnen das Los Ihres Eh'stands offenbar. Man erblickt im Spiegel eine junge Frau, der ein moderner Stutzer zärtlich zusetzt.

SPECK.

Das ist mein Weib, und das ist mein weitläufiger Vetter, von dem die Nachbarinnen mir den Steckbrief überliefert haben – wie er ihr schöntut, und sie, na, sie schlagt nit aus – sie ist gar nit cholerisch – jetzt setzen sie sich nieder, sie traktiert ihn mit spanische Wind, sie laßt sich die Hand küssen, o du zärtliche Mahm du, wart, du sollst mich kennenlernen. Er will auf den Spiegel los, die Erscheinung verschwindet.

MAGIER.
Sie haben sich durch Ihren Ungestüm selbst um den längeren Anblick gebracht.
SPECK.

So, es ist schon gut – also da heißt's wohl: »In der G'ham schleicht der Vetter zu der Mahm!« Der Hacken werden wir schon einen Stiel finden, nur Geduld – und wie sie sich verstellen kann, die Person, Kathi! Kathi! wenn ich dich da hätt, was tat i!

MAGIER.
Fassen Sie sich, das ganze Verhältnis ist höchst unschuldig, bloße Artigkeit!
SPECK.

Mit Artigkeit kommt man auch weit – ich weiß jetzt genug, sie soll mich kennenlernen, oh, ich bin ein guter Mensch, ich; aber es ist schon recht! Sagen Sie mir, teuerster Herr von Zauberer, wie stehen Ihnen alle die Sachen so zu Gebote?

MAGIER.

Auf eine kindleichte Weise! Die Leichtgläubigkeit will betrogen sein, alle Geister des Betruges habe ich mir zur Sklaverei gebannt!

[126]
SPECK.
Das muß ja ein ganzes Regiment von Geistern sein.
MAGIER.

In diesem Kasten sind sie eingesperrt! Wenn wir noch Zeit haben, will ich sie die Musterung passieren lassen.

SPECK.
Ich will mäusestill sein.
MAGIER
beschwört die Geister unter folgendem Melodram, indem er den Kasten öffnet.

Melodram

Ihr Geister des Betrugs, hervor aus eurer Gruft,
Wenn euch ans Tageslicht der Herr und Meister ruft.
Sie alle, die vereint das Menschenvolk betrügen,
Erscheinen sollen sie, die Kinder schwarzer Lügen!

Unter der Erklärung des Magiers erscheint ein Geist nach dem anderen und nimmt seine Stellung, bis das Ganze ein Tableau bildet.
MAGIER.

Der mit den zwei Gesichtern ist der Geist der Verstellung: Honig hat er auf den Lippen, doch Gift in der Brust – mit einem Gesichte weint er, während er mit dem anderen lacht, so täuscht er jeden, der ihm glaubt; er ist überall einheimisch, doch soll er in der uralten Vorzeit an einem Hofe geboren worden sein. – Dieser ist der Geist des groben Betruges, er schneidet Taschen aus, er verfälscht, was ihm unterkommt, und hat stets den Galgen im Auge. – Dieser Geist mit der schönen Außenseite ist der Geist der Verführung – weh dem Unbefangenen, der ihn küßt, er ist auf immer verloren! Dieses ist der Geist der Quacksalberei und der Ruhmredigkeit, er bietet Universalmittel an und erhebt seine finstere Kunst, die auf bloßem Betruge beruht; das ist der Geist der Schminke, der Runzeln verklebt und das Alter verjüngt! Er trägt falsche Waden, falsche Zähne und falsche Backen, auch falsche Taufscheine mit sich, bei alten Weibern ist er wohlgelitten. Jetzt ist das Tableau vollendet. Wem dieses Heer von Geistern zu Gebote steht, der kann leicht den Ruf eines Schwarzkünstlers erringen.

SPECK.
Das sind Sachen!
MAGIER.
Ich höre kommen, zurück in euern Aufenthalt, bis ich euch zu neuer Arbeit entbiete.

Die Geister in den Kasten zurück. – Man klopft.
14. Auftritt
[127] Vierzehnter Auftritt
Vorige. Steigerl. Frau Steigerl. Fritz.

SPECK.
Mir ist der Atem ausgegangen.
MAGIER.
Spazieren Sie nur herein, meine Wohnung steht jedem offen, der Hülfe bedarf.
STEIGERL.
Da schaut's kurios aus!
FRAU STEIGERL.
Wenn sich der Fritzel nur nicht schreckt, er hat gar schwache Nerven!
FRITZ.
Wo sind wir denn eigentlich?
MAGIER.
Bei Ihrem Freunde, bei dem Zauberer Poros, dem die Zukunft enthüllt ist.
FRITZ.

Sie machen also Künste? Das ist schön, das ist eine Lieblingsunterhaltung von mir. Können S' Flachs essen und Bandeln dafür herausziehen? Das muß einträglich sein, so eine Bandfabrik möcht ich haben.

FRAU STEIGERL.
Herr von Poros! Ihnen ist unser Anliegen bekannt?
MAGIER.

Ich weiß alles – wenn der Herr Sohn sich auf diesen Stuhl setzen und sich mir anvertrauen wollen, so soll er seine künftige Braut und sein künftiges Glück sehen.

FRAU STEIGERL.
Setz dich, Fritzel!
FRITZ.

Ich mag mich nicht setzen! Der Papa und die Mama haben mich angeführt, sonst wär ich gewiß nicht in das Teufelsschloß gegangen, riechen S' denn 'n Schwefel nicht? Sehen S' die Bockfüße und die Hörner; ich will fort!

FRAU STEIGERL.
Fritzerl, tu mir's zu Gefallen, deiner zärtlichen Mutter!
STEIGERL.
Es muß sein – und damit Punktum!
MAGIER.

Hier nützt kein Widerstand. Er klingelt, vier abenteuerlich gekleidete Diener erscheinen, die Fritz mit Gewalt zum Sitzen nötigen.

CHOR DER VIER DIENER.
Prenez place, Monsieur!
Prenez place –
Machen Sie sich's kommod,
Sitzen Sie, sapperlot!
Sonst gibt es schwere Not! –
Prenez place, Monsieur,
Prenez place!
[128]
FRITZ.

Das ist eine kuriose Höflichkeit; ich sitz, nein, ich will nicht sitzen, schau! na ja, ich sitz; aber wer sitzt, kann auch wieder aufstehen, das sag ich gleich, wenn mir was g'schieht, was mir nicht recht ist, so schrei ich Feuer!

FRAU STEIGERL.
Der arme Fritzel! Mir bricht das Mutterherz!
MAGIER.
Leeren Sie diesen Becher ohne Umstände!
FRITZ.

Man will mich vergiften! Nach dem Geruche zu urteilen, ist das ein Sechsunddreißiger, der mit allen Wässern gewaschen ist.

MAGIER.
Soll ich meine dienstbaren Geister rufen?
FRITZ.

So drück ich denn die Augen zu und mach die Gurgel auf, adieu, Papa, adieu, Mama! Über meine Geschichte wird man einmal das schönste Trauerspiel schreiben. Er trinkt, und es entfällt der Becher seiner Hand, er entschlummert unter komischen Gebärden.

MAGIER.

Er entschlummert bereits, denn augenblicklich wirkt dieser Trank, ich bitte Sie, sich allerseits stille zu verhalten, er wird gleich zu plaudern anfangen.

FRAU STEIGERL.
Aber wenn er schlaft –
STEIGERL.
Es schlafen nit alle Leut, die die Augen zumachen!
MAGIER.
Was fehlt Ihnen denn, mein Freund? Wo liegt denn Ihr Übel?
FRITZ.
In der goldenen Ader, das heißt, es fehlt mir an Geld.
MAGIER.
Gibt Ihnen denn Ihr Vater nicht genug?
FRITZ.
Das ist der wahre, der laßt nichts aus!
MAGIER.
Was tun Sie denn mit Ihrem Geld?
FRITZ.

Tardeln, Billardspielen, Reiten, Fahren, nichtsnutzige Kameraden unterstützen, und die Maderln, die Maderln kosten mich viel Geld!

MAGIER.
Da kann es freilich nicht auslangen; wie helfen Sie sich denn?
FRITZ.

Die Mama steckt mir's heimlich zu; o mit der Mama kann ich machen, was ich will; wenn ich gar nichts mehr richt, darf ich nur vom Sterben reden, da versetzt s' Federn und Schal.

STEIGERL.
Vaterfreuden und kein End!
FRAU STEIGERL.
Na, freu dich, wann du munter wirst!
MAGIER.
St! – Durch was sind Sie denn auf den rechten Weg zurückzubringen?
[129]
FRITZ.
Durch Elend und Not – wer in der Jugend verhätschelt worden ist, muß im Alter weich werden.
MAGIER
ernsthaft.

Du hast dir selbst dein Urteil gesprochen! Träume dich in diese Lage, damit du zur Erkenntnis erwachst! Eine Orgel ertönt. Dienstbare Geister, legt ihn auf das Ruhebett, damit er ungestört schlafen und träumen möge!


Sie tragen ihn auf ein im Hintergrunde sichtbar werdendes Ruhebette. Genien umgeben dasselbe und erheben sich mit ihm in einer ausgedehnten Gruppe. Die Anwesenden singen dabei den bekannten Chor ohne Musikbegleitung: ›Silentio faciasi‹ usw., der in das Wiegenlied ›Eja popaja‹ übergeht.
Ende des ersten Aufzuges.

2. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt
Voriges Zimmer.
Der Magier. Herr und Frau von Steigerl.
Unter ferner Musikbegleitung.

FRAU STEIGERL.
Wird er denn lange schlafen?
MAGIER.
Bis der Traum, der ihn heilen soll, ganz vollbracht ist.
STEIGERL.
Wer diesen Traum mit ansehen könnte, das wär der Müh wert.
MAGIER.

Das sollen Sie, Sie sollen unbemerkt seine Handlungen im Traume geradeso mitansehen, als wenn Sie im Theater vor der Bühne wären. Sie müssen jedoch bemerken, daß dieser Traum ihn zwanzig Jahre vorwärts schon im Eh'stand versetzt.

FRAU STEIGERL.

Ist's möglich? O du lieber blauer Himmel! Wenn man alle Träume so mitansehen könnte, da gäb's etwas zum Schauen, da sähe man manche Scheinheiligkeit in kuriosen Verhältnissen!

MAGIER.

Nun verhalten Sie sich ruhig, von oben herab sollen Sie den Schauplatz seines Traumes übersehen. Er winkt, es gestaltet sich die Sofa, auf der sie saßen, zum Wolkensitze, [130] auf dem sie sich langsam erheben, indem Herr Steigerl die Brillen auf die Nase setzt, Frau Steigerl aber mit Lorgnetten herabguckt.

2. Auftritt
Zweiter Auftritt
Die Bühne verwandelt sich in ein ärmliches Zimmer.

LOTTCHEN
tritt mit einem Licht aus dem Seitenzimmer.

Schon wieder Mitternacht vorüber, und der Lumpazius ist noch nicht zu Haus; da hab ich das Glück gemacht, daß ich diesen Sozius geheiratet habe, länger wart ich nimmermehr, seit vierundzwanzig Stunden hab ich nit gegessen, ich bin vor Hunger völlig schwach, jetzt dreh ich mir nur meine Schneckerln ein und lege mich schlafen; da mag er klopfen bis in der Früh. Sie setzt sich auf einen Sessel, dem ein Fuß fehlt, und dreht sich vor einem gebrochenen Spiegel die Locken ein. Wann ich zurückdenk, wie schön ich gewesen bin und wie ich jetzt ausschau vor lauter Misere! Mich könnt der Schlag treffen; wenn ein Frauenzimmer so arm wird, daß sie sich nicht einmal mehr eine Schminke kaufen kann, da wird die Schwärze doch den höchsten Grad erreicht haben. Man hört Schauer. Was ist das? Es wird doch niemand einsteigen, das wär eine vergebliche Müh, denn hier ist am hellen Tag nix mehr zu finden; oder ist's vielleicht gar ein Liebhaber? Das wär noch kein Unglück! Musik, eine Rauchwolke erhebt sich, die Göttin der Satire tritt heraus.

3. Auftritt
Dritter Auftritt
Lottchen. Satire.

LOTTCHEN.
Ein Weibsbild? Das ist eine ungelegene Visite!
SATIRE.

Erschrecke nicht, deine Freundin steht vor dir, komm mir nicht in die Nähe, ich bin ein Geist, ich habe weder Fleisch noch Bein.

LOTTCHEN.
Da werden sich die Männer um Sie nicht raufen. Wer sind Sie denn?
SATIRE.
Die Satire, die Göttin des Spottes! Ich kenne dein Schicksal, ich kenne deinen entarteten Mann.
LOTTCHEN.

Kennen S' den Lumpazius? Wissen Sie mein Schicksal, so ist's Ihnen auch bekannt, was ich für ein bildsauberes [131] Madel gewesen bin, ich bin nit einmal allein ausgegangen, und fünfundzwanzig Männer haben mich auf der Retour begleitet – schaun S' mich jetzt an: oh, ich könnt mich eine halbe Stunde selber mit Füßen treten, daß ich ordentlich gejubelt habe, als ich den guten Bissen meinen zahlreichen Nebenbuhlerinnen aus dem Mund gerissen habe! Vom Anfang ist's juchheißa, hopsasa gegangen – doch kaum haben seine Eltern die Augen zugeschlossen, so war's Vermögen in einem Jahrl verhaut – er hat freilich noch ein paar reiche Vettern zu beerben, aber was nutzt's: auch dieses Vermögen wird bald dem ersten nachgehen, denn solang ein Kreuzer da ist, ist keine Ruh! G'lernt hat er nix, 's Arbeiten hat ihm nie g'schmeckt, jetzt sind wir bettel tutti, heut hat er mir mein Umhängtuch versetzt, das war noch 's einzige, was reputierlich ausg'schaut hat!

SATIRE.

Ich wußte alles schon vorher; euch zu retten, wenn ihr nicht kleinlich genug über die Wahl der Mittel denkt, bin ich hier.

LOTTCHEN.

Sie sind gewiß nit anverwandt mit uns, sonst hätten Sie sich unmöglich um uns bekümmert. Wann's Ihnen ernst ist, und wann S' nit etwa Sponponaden machen, nach der heutigen Mode, so legen Sie sich bald drein – denn 's ist die höchste Zeit!

SATIRE.

In wenigen Stunden soll euer Los auf die günstigste Weise verwandelt sein, nur müßt ihr nicht blöde genug sein, über Kleinigkeiten, über die in der alten Welt die Menschen vielleicht anders gedacht haben, zu stutzen; wie so mancher stolziert in Reichtum und Überfluß, der nicht gern davon reden hört, wie er dazu gekommen ist.


Man hört klopfen und Fritzens Stimme.
FRITZ
von außen.
Mach auf, Weib! Du schon dasein, ein braves Weib soll am Tor stehn, wenn der Mann kommt.
LOTTCHEN.

O jerum, mein lüderlicher Mann! Entweder kommt er benebelt oder desperat nach Haus – in jedem Fall gewöhnlich Prügel, das sind jetzt die Bonbons.

SATIRE.

Öffne ihm das Tor, ich will mich indessen in der Kammer verbergen und zur rechten Zeit zu deiner Hülfe und zu eurer Rettung herbeieilen.

LOTTCHEN.
Wie er lärmt, ich krieg ein völliges Fieber, wenn der Krampus sich nähert. Ab.
4. Auftritt
[132] Vierter Auftritt
Satire allein, dann Fritz und Lottchen.

SATIRE.

Die Prüfung beginnt, die Täuschung soll ihm das Ziel seiner Begierden von Ferne erblicken lassen – unter lachenden Larven sollen die Verführungen ihn umgeben, bis er erkennt, daß das wahre Glück nur im Bewußtsein und in der Arbeitsamkeit zu finden sei! Ich will ihm zeigen, auf welchem Wege er zu diesem Elende herabgesunken ist und wohin er bei gleichem Benehmen, selbst wenn er seine Verwandten beerbt und wieder reich wird, unausbleiblich wieder kommen muß. Ab in die Kammertür.

FRITZ.

Weib! Weib! Ich könnt mich vergreifen, ein rechtschaffenes Weib erkennt den Gang des Mannes in der Jägerzeile, wenn er noch beim roten Turm ist.

LOTTCHEN.
Da muß es halt ein andrer Mann sein, als du bist!
FRITZ.

Lottel, tuschier meinen männlichen Stolz nicht, man hat mich nicht anders als den schönen Fritzel genannt.

LOTTCHEN.

Das war anno achtzehnhundertachtzehn, wie's gute Jahr war! Das ist gar nit mehr wahr! Ein braver Mann laßt sein Weib nit Hunger leiden!

FRITZ.
Ein rechtschaffenes Weib hat gar keinen Hunger, wann der Mann kein Geld hat.
LOTTCHEN.
Ein ordentlicher Mann laßt sein Weib nit in einem Klüftel dahergehen.
FRITZ.

Der Mensch hat nur einen Kopf, ein Herz und einen Magen – warum soll er mehr als ein Kleid haben? Zwei Köpfe, vierundzwanzig Herzen und sechsundvierzig Mägen wären für manchen wichtiger als eine ganze Garderobe.

LOTTCHEN.

Hast wieder die letzten Kreuzer durchgebracht, die du für mein verkauftes Umhängetuch eingenommen hast? Was soll ich umnehmen, wenn ich ausgehe?

FRITZ.

Den alten Teppich vom Tisch, er hat auch einmal eine Bordüre gehabt, und die Blumen in den Tüchern sind ja wieder modern.

LOTTCHEN.
O ich armes, geschlagenes Weib!
FRITZ.

Lüg nit – ich hab dich heut noch nit g'schlagen – wenn du aber nit bald andere Saiten aus e- Moll aufziehst, so komm ich ins E-Dur.

LOTTCHEN.

Wann ich auf alle die Partien denk, die ich hätt machen können, o ich könnt mir die Augen herausweinen!

[133]
FRITZ.

O ja, das war ein G'riß – aber um mich haben's die Madeln getrieben, daß es ein Spektakel war – an meinem unglücklichen Ehrentag haben alle Doctores alle Händ voll mit krampfhaften Personen zu tun gehabt.

LOTTCHEN.
Nur ich hab so unglücklich sein müssen, so einen lüderlichen Mann zu bekommen!
FRITZ.

Jetzt hab ich g'nug, es ist eine Kunst, lüderlich zu sein, wenn man kein Geld hat, geh mir aus den Augen – du Sakerdindon! Ich komm voller Zärtlichkeiten nach Haus und will meinen Gram über die Hartherzigkeit der Menschen, die mir kein Geld leihen wollen, in ihren Busen ausschütten, und sie ist grob wie ein Schlagbaum!

LOTTCHEN.

Nehmen Sie sich meiner an, jetzt haben S' selber gehört, was das für ein Schroll ist! Sie flüchtet gegen die Kammertür und versinkt, die Satire tritt Fritzen entgegen.

FRITZ.

Was ist das? Wo ist mein Weib hingekommen? Wer sind Sie? Wie kommen Sie daher? Was wollen Sie? Warum –

SATIRE.
Ich bin deine Freundin, die dich glücklich machen will.
FRITZ.

Ist's möglich! Für sich. Ein hübscher Kerl bin ich, sie hat sich in mich verliebt, das kann sich machen, ich kenn mehrere junge Herren, die recht prächtig auf Kosten ihrer Geliebten leben. – Darf ich fragen um das, was ich nicht weiß?

SATIRE.
Du wirst alles erfahren.
FRITZ.
Das ist ein liebes Geschöpf, das! Kennen Sie mich denn schon lange?
SATIRE.
Seit du existierst, hab ich dich genau beobachtet.
FRITZ.

Und im stillen geliebt, da widersteh ein eisernes Herz, aber kein so weicher Patzen, wie das meinige ist!

SATIRE.

So war es nicht gemeint, auf eine andere Art will ich dich auf den Weg zu deinem Glücke führen, wenn deine Brust nicht von alltäglichen Zweifeln beengt ist; hast du Mut, mir zu folgen?

FRITZ.
Wenn's zum Glück geht, wie der Alexander!
SATIRE.
So sei der Pfad dir eröffnet!

Sie winkt. Verwandlung. Eine prächtige Vorhalle. – Das Laster in spanischer Tracht mit schwarzen Federn auf dem Hute, die Begierde als Pilgrim, barfuß, mit weißem Barte, wandeln Arm in Arm. Der Wahnsinn in buntfärbigem Schleier, mit fliegenden Haaren, läuft hin und [134] her, und hinter ihm die Luftschlösser als Amoretten, mit transparenten Flügeln.
FRITZ.
Wo sind wir denn auf einmal?
SATIRE.
In dem Hause meines Verwandten, des Herrn von Luxus.
FRITZ.

Dem Namen nach habe ich die Ehre, ihn zu kennen, ich hab von ihm schon bei mancher Krida reden gehört. Wer ist denn der kohlschwarze Herr dort, der wie ein Hamlet ausschaut?

SATIRE.

Das ist das Laster, er ist Haushofmeister im Hause des Luxus; der Pilgrim ist die Begierde, ein intimer Freund des Lasters, die buntfärbige Gestalt ist der Wahnwitz der Leute deinesgleichen, deren Einbildungskraft keinen Ruhepunkt findet, und die Kleinen sind die Luftschlösser, die die Menschen sich bauen.

FRITZ.
Lauter neue Bekanntschaften, darf man denn nit ins Haus hinein?
SATIRE.
Du mußt das Laster darum fragen.
FRITZ.

Das Laster? Deswegen ist er schwarz! Wann auf der Welt die lasterhaften Menschen schwarz umgehen müßten, so wär's manchmal ganz finster auf der Gassen vor lauter Konduktansagern. Eure Gnaden, Herr von Laster! Ist's erlaubt, daß man den Palast anschaut?

LASTER.
Wer bist du, Sterblicher?
FRITZ.
Ein zugrund gegangener Mensch, aber übrigens ein ehrlicher Mann!
LASTER.
Ehrlichen Leuten ist hier der Eingang verboten.
FRITZ
für sich.

So? Nix desto weniger wird's doch an Leuten drinnen nit fehlen, es wird immer nur der kleinste Teil nit hineindürfen.

SATIRE.
Er hat ein hübsches, lebenslustiges Weib.
LASTER.

Das ist etwas anders. Er läutet. Portier! Die Torflügel auf! Spazieren Sie hinein, mein unvergleichlicher Freund!

DIE BEGIERDE.
Wir werden Bruderschaft trinken!
DIE AMORETTEN.
Unser Papa! Indem ihn alle umarmen und umgeben.
LASTER.
Spazieren Sie herein, Sie sind sehr willkommen!
FRITZ.
Was das für ein Glück ist, wenn man ein hübsches Weib hat Ab.
SATIRE.

Der Würfel ist geworfen, die Prüfung ist im Gange; [135] gelingen wird der Täuschung, was der Wirklichkeit versagt ward! Das Laster hat er sich zum Führer erwählt; es führt ihn zum Luxus und Verschwendung, indes sich die Begierde seiner Sinne bemeistert. Bereits haben die Luftschlösser in seinem Kopfe Platz gefaßt, die Kaprice und die Mode werden ihn auf seinem Wege begleiten. Die Koketterie wird ihre Netze nach ihm auswerfen; die Komplimente werden ihn mit Titeln füttern, während sein Vermögen schwindet. Plötzlich wird er sich der Armut überliefert fühlen, und die Schande wird ihn fest umklammern, die Schulden werden ihn zerfleischen, und endlich wird der Wahnsinn sein Opfer ergreifen. Sie hat gewunken, und alle allegorischen Personen umgeben sie, reichen sich die Hände und formen einen Kreis um sie, der sich endlich auflöst. Jetzt folgt ihm, ihr Verderber des Menschengeschlechts; diese sind es, die das Reich der Tugend entvölkern und der Hölle ihre Bewohner liefern. Folgt ihm, daß im Bilde erfüllet werde, was dem Leichtsinn im Leben selten entgeht. Auf, meine Freunde, auf zu seinem Verderben! Alle ab.

5. Auftritt
Fünfter Auftritt
Ein prächtiger Saal mit Säulen, die mit Perlen und Korallen geschmückt sind. Die Kapitäle sind mit Uhren verziert usw. Die Schafte bilden offene Gold-und Silberkästen, auf Tischen liegen prächtige Kleider usw. Fritz, begleitet von dem Laster und der Satire, tritt ein. Eine Orgel ertönt.

FRITZ.

Mich trifft der Schlag, das Haus gehört wenigstens einem Korn- und Weinhändler, da fragt man noch, wo's Gold und Silber hingekommen ist? Mir ist's jetzt klar, o du mein Gott, der Herr von dem Haus kann ja alle Tag einen Eilfer trinken; das muß ein glücklicher Herr sein!

LASTER.

Du wirst ihn kennenlernen, vorderhand ist er noch damit beschäftigt, deine Frau nach Würden zu empfangen.

FRITZ.
Mein Weib ist auch hier und mit dem Herrn vom Haus bekannt?
LASTER.
Er ist ganz entzückt von ihren Reizen.
FRITZ.

Das ist ein Glück! Wer hätt hinter dem Weib das gesucht, daß sie mich noch zu solchen Ehren bringen wird?

LASTER.

Dein Glück hängt von dir selbst ab, in der Hand deines Weibes liegt dein Schicksal: du mußt also blindlings [136] in ihren Willen dich fügen, und vor allem: alles sehen, aber standhaft schweigen, sonst bist du verloren!

FRITZ.
Das ist eine verdammte Klausel, das!
SATIRE.
Wenn du dich diesem Gebote nicht unterwirfst, verdirbst du dich selbst.
FRITZ.

Ich will nix sehen, hernach will ich schon schweigen; aber wenn ich etwas seh, da will ich reden. Das ging uns Männern just noch ab, daß wir sehen und schweigen sollen; es ist schon genug, daß wir zu dem schweigen müssen, was wir nicht sehen.

6. Auftritt
Sechster Auftritt
Die Kaprice in weißem Kleide, himmelblauem Unterkleide, roten Beinkleidern, einem weißen und einem schwarzen Strumpfe, die Hälfte des Haares nachlässig herabhängend, die andere Hälfte gepudert und frisiert. – Die Mode im kurzen Kleide, halb rot, halb blau, einem roten und einem blauen Strumpf; einer Sandale und einem Schuhe, einen Spiegel an der Seite hängend, auf dem Kopfe einen Regenbogen.
Vorige, die Kaprice tritt singend herein, indem sie Fritzen beinahe über den Haufen stößt.

KAPRICE.
Platz da, Landsmann, ich habe wichtige Geschäfte!
FRITZ.
Sehen und schweigen! –
KAPRICE.

Grobian! Auf die Seite sollst du gehen, ich bin der erste Kammerdiener des Hauses! Ich muß eilen, die schöne Frau, die heute hier angekommen ist, zu frisieren.

FRITZ.
Das wird, wann's erlaubt ist, mein Weib sein?
KAPRICE.
Dein Weib, o laß dich umarmen!
DIE MODE.
Komm an mein Herz!
FRITZ.
Wer sind wir denn?
KAPRICE.

Ich bin der Ratgeber und Agent in allen Häusern der Üppigkeit; ich bin die Kaprice, der vertrauteste Freund der Weiber!

DIE MODE.

Und ich bin die Mode, die Verwalterin aller Güter dieses Hauses, die Verschwenderin aller seiner Einkünfte, die Schwester der Kaprice; wir zwei sind die Hauptstützen des Herrn von Luxus.

KAPRICE.
Die Frau Gemahlin hat keinen übeln Gusto bei ihrer Wahl gehabt.
MODE
sich verneigend.
So ein plattes Gesicht taugt ganz zum Ehemann.
KAPRICE.
Man sieht ihm's an, daß er recht ein guter Mann ist. Beide lachen.
[137]
FRITZ.
Wie verstehen Sie das? Man pflegt zu sagen: wer in gewissen Sachen gut ist, ist ein Esel.
BEIDE.
Widersprechen wär eine Grobheit!
MODE.

Laß uns zur Toilette der schönen Frau eilen, und wenn du dich unserer Protektion würdig machst, so wollen wir uns auch deiner annehmen. Was das für ein scharmanter Ehemann ist! Adieu!

KAPRICE.
Adieu! Beide ab.
7. Auftritt
Siebenter Auftritt
Vorige, ohne der Kaprice und Mode.

FRITZ.
Was soll das Gelächter? In dem Hause da – sind die Bedienten ziemlich keck!
SATIRE.
Und doch muß man sich an diese halten, wenn man sich der Gunst der Herrschaft versichern will.
FRITZ.

Also muß man sich geduldig auslachen lassen – von dem Gesindel; in dem Haus des Herrn von Luxus kann man allerhand lernen. Was seh ich, kommt dort nicht mein Weib her? Wie s' ausschaut, geputzt wie ein Tortenengel! Voll Schmuck, als wann s' die Prinzessin Evakathel spielen wollt; ich muß ihr entgegen, so schön hat s' noch nie ausg'schaut!

SATIRE.
Wo willst du hin?
FRITZ.
Sie umarmen! ihr ein Bussel geben.
SATIRE.
Gemeine Seele! Das geht hier nicht an!
FRITZ.
Aber warum denn nit? Ah, das ist kurios!
SATIRE.
Sie wird dich schon rufen, wenn sie dich haben will.
FRITZ.

Du wirst es sehen, sie ruft mich auf der Stelle; ich kenne ihr edles Herz; wann kein anders Mannsbild da ist, diskuriert sie alleweil mit mir.

SATIRE.
Laß uns sie unbemerkt belauschen. Sie ziehen sich zurück.
8. Auftritt
Achter Auftritt
Vorige. Lottchen, reich geputzt.

Arie

LOTTCHEN.
Was tut man nicht, um schön zu sein?
Wie radelt man den Leib oft ein?
Wie preßt man nicht die armen Füß?
[138] Wie weh tut man sich oft gewiß?
Was tut man usw.

Wie fest dreht man das Lockenhaar,
Wie martert man sich oft wohl gar?
Weil nach dem alten, wahren Schluß
Die Hoffart immer leiden muß!
Was tut man usw.

Wie gerne hört man Schmeichelein

Von hübschen Männern jung und fein.

Verehren läßt von schönen Herrn

Sich jede Evastochter gern!

Was tut man usw.

Ich kenn mich selber nit mehr vor lauter Schönheit, da kann man's sehen, was der Putz macht! Gestern hätt mich in meiner Kleidung kein Mensch für so schön gehalten, und heut sind s' grad alle erschossen. Ja, wohl ist der Anzug die Hauptsache, wenn man manches Frauenzimmer vor der Toilette sähe, man glaubte es gar nicht, daß es die nämliche Person ist, die um zwölf Uhr auf der Bastei so ein Aufsehen macht!

9. Auftritt
Neunter Auftritt
Vorige. Der Luxus, prächtig gekleidet. Das Laster. Die Kaprice. Die Mode mit vielen Dienern.

LOTTCHEN.
Da kommt der Hausherr, der prächtige Herr von Luxus!
LUXUS.

Teures Lottchen! Du stehst in deinem Eigentume; ich weiß von diesen Reichtümern keinen bessern Gebrauch zu machen, als wenn ich sie dir zu Füßen lege.

LOTTCHEN.
Aber ich bin so konfus, ich weiß nit, was ich denken soll! Wie komm ich zu der Gnade?
LUXUS.

Ich bin zufrieden, wenn du mich für deinen Freund hältst und das Leben genießest, das so schön, aber so kurz ist. – Wo ist denn dein Gemahl?

LASTER.
Dort steht er im Winkel hinten.
LOTTCHEN.
Der ist just noch abgegangen!
LUXUS.

An meine Brust, Mann meiner Freundin! Warum hat man mir nicht gleich seine Ankunft gemeldet? Er muß wider seinen Willen glücklich werden! Er winkt, Fritz steht prächtig gekleidet da.

[139]
FRITZ.
Liebe Lottel, laß dich küssen!
LOTTCHEN
drückt ihn zurück.
Pfui, schäme dich, das schickt sich jetzt nicht mehr. –
LUXUS.
Da hast du Geld, alle deine Bedürfnisse zu befriedigen, euer Glück sei mein Werk!
LOTTCHEN
zum Luxus.
Nein, so einen Freund kann man auf der Welt nimmermehr finden!
LUXUS
küßt ihr zärtlich die Hand.
Wer ist wohl einer so liebenswürdigen Freundin würdig genug?
FRITZ.
Das Handküssen schickt sich aber auch nit, er will s' ja völlig essen.
SATIRE.
Sehen und schweigen!
FRITZ.

Du hast leicht reden; du bist gewiß nicht verheuratet! Ein verheurateter Mensch kann unmöglich so einen Befehl geben.

10. Auftritt
Zehnter Auftritt
Man hört Musik, ein Einzug des Kompliments mit mehreren Titeln. Das Kompliment hat eine rote Toga, die Titel sind modern französisch gekleidet. Kurzer Tanz.

LOTTCHEN.
Was ist denn das schon wieder Neues?
SATIRE.

Es naht sich eine jener Personagen, die in der Welt am besten gelitten sind, wenn sie gleich alle ihre Umgebungen nur mit Wind füttert; es ist das leibhaftige Kompliment, begleitet von nichtssagenden Titeln.

DAS KOMPLIMENT
nähert sich Lottchen in tanzenden Stellungen.

Unvergleichliche Frau! Das Verdienst, der Ruf, die Liebe, alle die Eigenschaften, die Sie zieren, haben meine Schritte zu Ihnen beflügelt. Erheben Sie Ihre strahlenden Augen und senden Sie mir einen gnädigen Blick hernieder, damit ich auch erquickt werde in der Nacht meiner Niedrigkeit. –

LOTTCHEN.
Das sind schöne Redensarten.
FRITZ.
Die einen Frosch bis zum Zerplatzen aufblähen könnten, und so einen Unsinn nennt sie schön!
SATIRE.

Schweigen sollst du, weißt du denn nicht, daß ein Ehemann gegen sein hübsches Weib immer unrecht hat?

FRITZ.
Ei, so wollt ich, daß ich einen rechten Rammel geheuratet hätte.
KOMPLIMENT.

Euer Gnaden müssen trachten, die obskure Vergangenheit, soviel nur immer möglich ist, vergessen zu [140] machen, es ist daher von der höchsten Wichtigkeit, daß Sie sich einen Titel beilegen. Herr Gemahl, bezahlen Sie einen Titel für die gnädige Frau! Aus diesem Topfe pflegen die Ehemänner Ihresgleichen die Befriedigung der Ambition ihrer Weiber herauszuziehen.

FRITZ.

Sie hat ja schon einen Titel, sie heißt Charlotte Steigerl, wer wird denn ein Geld für nichts ausgeben?

LOTTCHEN.

Wie, du könntest anstehen, mir eine Distinktion zu verschaffen? Wenn ein jedes Kräutlerweib an Sonntagen eine gnädige Frau ist, soll ich mit meiner Schönheit der Niemand sein?

LUXUS.
Du wirst dich dazu schon bequemen müssen!
SATIRE.
Wirf das Geld hin, das du bekommen hast, du kannst es nicht besser anwenden.
FRITZ.

Glauben S'? Ich wüßt's weit besser zu verwenden; doch was ist zu tun, wann die Frau Gemahlin so wichtige Protektionen hat; hier ist's Geld!

KOMPLIMENT.
Ziehen Sie jetzt einen Titel heraus!
FRITZ.
Wie aus dem Glückshafen? Es ist also alles eins, wer ihn kriegt? Da ist einer!
ALLE.
Sultanin!
FRITZ.
Sind wir denn in der Türkei?
SATIRE.

Oh, der Sultaninnen gibt es genug auch außer der Türkei. Es ist ein Titel, den die Weiber gar gerne haben. –

FRITZ.
Sind auch Güter damit verbunden?
SATIRE.
Die Güter liegen in einem unbekannten Weltteile!
KOMPLIMENT.
Meine gnädige Sultanin, ich huldige Ihren Reizen und bin ewig Ihr Sklave!

Mit den Titeln unter vielen Verbeugungen ab.
11. Auftritt
Eilfter Auftritt
Vorige, ohne Kompliment und Titeln.

LOTTCHEN.

Jetzt hab ich auf einmal alles, was meinem weiblichen Herzen noch gefehlt hat. Herr von Luxus! Wenn ich Ihnen auch eine Freud machen könnte –

SATIRE.

Ich muß wohl für dieses Ehepaar aus der Provinz den Sprecher machen. Sie und alle Ihre Angehörigen sind zu einem großen Feste eingeladen, das Ihnen Herr Steigerl [141] und seine Sultanin geben will. Sie erscheinen allerseits? Ich werde gleich alles besorgen. – Ab.

LUXUS.
Die Sultanin hat über mich zu gebieten.
LASTER.
Ich, das Laster, fehle bei solchen Gelegenheiten nie.
KAPRICE.
Da hat die Kaprice ein weites Feld.
MODE.
Und die Mode ihren Paradeplatz.

Luxus unter zärtlichem Abschiede von Lottchen, alle ab, bis auf Fritz und Lottchen.
12. Auftritt
Zwölfter Auftritt
Fritz und Lottchen

FRITZ.

Das ist eine kecke Person, die Frau von Satire, sie hat leicht einladen für mein Geld, ein großes Fest für so viele Personen! Heutzutag, wo eine ordentliche Hausmannskost schon einer Familie weh tut.

LOTTCHEN.
Sei froh, gemeiner Alltagsmensch, daß du solche vornehme Gäste bewirten kannst!
FRITZ.

Froh auch noch, wenn die Schmarotzer sich's Maul g'wischt haben, so gehen s' fort und richten den Bestgeber brav aus, das hab ich so viel und so oft erlebt, daß gerade die, die ein Haus jahrelang abg'fressen haben, bei einer ausgebrochenen Krida die ärgste Goschen über d' Verschwendung g'habt haben. – Und überhaupt weiß ich gar nit, wie du mir vorkommst, du bleibst ja in einer solchen Entfernung von mir, als wenn ich's gelbe Fieber hätte? Bewegt sich denn in deiner Brust gar kein Gefühl mehr für mich?

LOTTCHEN.
O ja, das Gefühl des Mitleids mit deiner Schwachköpfigkeit.
FRITZ.

Sultanin, ich sag dir's, sei nit maliziös! Wenn ich als ein Bube mit drei Jahren nit in ersten Stock hinaufgefallen wär, so wär mein Kopf nit so schwach geworden, und Mitleid, was Mitleid? Liebe soll ein Weib für ihren Mann haben.

LOTTCHEN.
In unserm jetzigen Stand und nach einer zehnjährigen Ehe will der Mann noch von Liebe reden!
FRITZ.

Die Sultanin hat recht, wenn die modernen Eh'leut schon acht Tage nach der Hochzeit sich oft nur noch beim Mittagessen und beim Souper sehen – so schickt sich für uns nach zehn Jahren die Zärtlichkeit auch nimmermehr; [142] aber wenn wir allein sind, so könnt'st du doch dergleichen tun, als wenn wir noch Mann und Frau wären! Du bist in diesem Anzuge recht hübsch, ich muß dich in meine Arme schließen.

LOTTCHEN.
Zerdruck mir das Kleid nit!
FRITZ.
Ma chère épouse – donnez-moi un baiser – que vous êtes jolie! –
LOTTCHEN
gähnt.
Wie fad einem das vorkommt, wenn einem so etwas ein Eh'mann sagt!
FRITZ.

Attrappée, du falsche Schlange! Wenn dir halt der Herr von Luxus das gesagt hätt, so wär's dir angenehmer gewesen als eine Variation von der Catalani, o wenn man mir mit der Schreibtruhe über d' Nasen fahrt, so weiß ich stante pede, woran ich bin; aber kraft meiner ehemännlichen Autorität untersag ich dir jede weitere Bekanntschaft mit dem Herrn von Luxus, er ist ohnehin ein Mensch, von dem man nit viel Gutes redet, seit er sogar unter die Dienstboten gekommen ist –

LOTTCHEN.
Schad, daß du dich gar nit in der großen Welt umgesehen hast.
FRITZ.
Umg'schaut hab ich mich wohl, aber nicht viel Gutes hab ich gesehn.
LOTTCHEN.

Wer wird denn eifersüchtig sein? Überhaupt sollst du mich Sie nennen und nie dorthin gehen, wo ich bin, und wenn wir ja zufällig zusammenkommen, so solltest du dich nach meinem Befinden erkundigen, als wenn wir weltfremd wären. Oh, ich kenn dein gutes Herz, du wirst dich g'wiß noch drein schicken, daß ich keine Schande mit dir aufhebe, nit wahr, Mannerl, du siehst's ein?

FRITZ.

Wann's schmeichelt, so hab ich den Pagat ultimo verloren. Gib'n Fried, wenn's sein muß, so will ich mich schon drein schicken.

LOTTCHEN.

Und gelt, du schaffst mir noch alles, was mir fehlt – einen Schal, schöne Federn, einen Florentinerhut und eine Lorgnette?

FRITZ.

Hör auf mit deinem Schmeicheln, ich schaff halt, solang's geht, wegen meiner, das ist der größte Beweis von Schwachheit, daß ich keinem schmeichelnden Frauenzimmer was abschlagen kann.

13. Auftritt
[143] Dreizehnter Auftritt
Vorige, Genien, deren mehrere Schals, mehrere Federn und zwei Florentinerhüte tragen, kommen tanzend und formieren Gruppen.

LOTTCHEN.
Jetzt kannst gleich dein Wort halten.
FRITZ.

Wenn so ein Weibsbild einen kapriziösen Wunsch hat, so führt sie ihn aus, und wenn die Erfüllung aus der Luft kommen soll! Das sind die Spinneweben, für die manches Familienglück bezahlt worden ist.

LOTTCHEN.
Du bezahlst also?
FRITZ.
Nu ja, sag ich: so werden wir desto eher fertig.
LOTTCHEN.

Jetzt werd ich mir diese schönen Sachen auf mein Zimmer tragen lassen. Bald siehst du mich wie eine Königin geputzt bei dem Feste erscheinen! Adieu! Fripon! Geht ab, begleitet von den Genien.

FRITZ.

Was hat s' gesagt? Fripon? Sie wird mich doch nicht für den Haushund ang'sehn haben. Da bin ich jetzt auf einmal in eine neue Welt versetzt – reicher, als ich jemals; war; ich fühle mich jetzt entsetzlich hoch, meine vorigen Bekannten kommen mir alle so klein wie die Marionetten vor: wann mir einer unterkommt, so heißt's: ich kenn dich nit. Ich habe mir manchmal g'wisse Verwandlungen der Menschen nit erklären können. Da haben wir einmal eine Köchin ins Haus bekommen, einen rechten Trampel an Leib und Seel; auf einmal steht s' aus, und acht Tage drauf begegne ich s' im seidenen Mantel, mit Federn auf'm Hut in der Hauptallee, wos' gnädig durch die Lorgnette mich anschaut! Ich hab nit begreifen können, wie sie sich so g'schwind dreing'funden hat. Jetzt merk ich's aber, so etwas mit den Kleidern kommt.

14. Auftritt
Vierzehnter Auftritt
Fritz. Die Armut.

ARMUT.
Gnädiger Herr!
FRITZ.

Welche Keckheit, in dieser indezenten, zerrissenen Gestalt vor mir zu erscheinen? Man riecht nach Armut! Apage!

ARMUT.

Unverschuldete Armut ist keine Schande, und [144] wohl hat sie das Recht, Hülfe bei den Reichen zu suchen. Sie sind so reich, teilen Sie auch mir ein Scherflein mit.

FRITZ.
Was geht das dem Bettelvolk an, wenn ich reich bin? Wenn ich reich bin, so bin ich's für mich.
ARMUT.
Des Himmels Lohn wird Ihnen dafür werden, wenn Sie mich nicht unerhört von sich stoßen.
FRITZ.

Die Wechsel auf die andere Welt werden hierorts nicht bezahlt, und was kann denn so eine miserable Person mir versprechen? Ich hätte große Lust, das zudringliche Bettelvolk hinauswerfen zu lassen. Von heut an wird beim Portier eine große Tafel mit der Aufschrift hinausgehängt: »Hier werden keine Almosen ausgeteilt.«

ARMUT.
Aber wo soll die Armut denn Hülfe suchen als bei den Reichen?
FRITZ.

Suchen kann S', aber ob S' was findet, das ist eine andere Frag; jetzt hab ich g'nug, meine Zeit ist kostbar. Allez!

ARMUT.
So soll ich denn verzweifeln?
FRITZ.

Ich will Ihr nix vorschreiben; aber fort soll Sie, und das gleich, und wenn ich Ihr einen guten Rat geben kann, so wende Sie sich nie in ihrer Not an Leute, die so leicht reich geworden sind wie ich, da wird S' immer am wenigsten kriegen.

ARMUT.

Wohl denn, so vernimm meinen Fluch: Bald wird die Strafe deiner Hartherzigkeit dich ereilen, du selbst wirst vergebens nach Hülfe flehen und verzweifeln. Verschwindet.

FRITZ.

So ist das Bettelvolk, wenn man ihm nix gibt, so schimpft's, ich hätt mich bald geärgert, und das hätt mir schaden können.

15. Auftritt
Fünfzehnter Auftritt
Fritz. Das Laster.

FRITZ.
Was ist denn schon wieder für eine Sekkatur da?
LASTER.
Dein Freund, das Laster.
FRITZ.
Jetzt steht die Tugend und das Laster beisammen!
LASTER.

Eile, den Domino umzuwerfen, das Fest hat begonnen; deine Gattin schwebt seelenfroh am Arme des Luxus dahin.

FRITZ.

Ist s' schon wieder bei ihm? O wenn das Weib einmal [145] jemand attachiert ist, so reißt's ein Postzug nimmermehr los; aber sie hätt doch auf mich warten können.

LASTER.

Sei froh, so bist du ja jedes lästigen Zwanges entbunden. Ein bildschönes weibliches Wesen ist von dir bezaubert, es wünscht an deiner Seite an dem glänzenden Feste teilzunehmen.

FRITZ.

Wirklich? Ah, da muß man's nit warten lassen, wenn's hübsch ist; ich bin halt ein schwacher Mensch gegen das schöne Geschlecht.

LASTER.
Eile, ich führe dich zu ihr. Ab.
FRITZ.

Ich geh schon, wann s' nur nit so falsch ist wie manche ihrer Schwestern! Nur eine von den vielen mir arrivierten Geschichten will ich zum besten geben.


Arie parlando

Eine liebenswürd'ge Blonde,
Ach, mit schönen blauen Augen,
Sagte mir, daß sie mich liebe,
Keinen Umgang hätt – als bloß mit mir.
Zu ihr ging ich eines Tages
Voll Vertrauen auf ihr Wort;
Als in der Nähe jemand nieste,
»Prosit!« sagt ich, doch niemand dankt.
»Es ist der Hund mit seinem Schnupfen«,
Erwiderte sogleich die schlaue Schöne!
»Sonst ist es nichts, mein Herzgeliebter!
Genesen wird er in kurzer Zeit!« –
Allein das Niesen nimmt gar kein Ende
Und viel dutzend-, viel dutzendmal geschah's.
Da erhob ich mich, das Licht ergreifend,
Von meinem Sitze nach dem Tische –
Als statt des Hundes ein Kornett
Unter dem Tisch verborgen war.
»Ist dies der Hund?« rief ich ganz zornig
Und wollt ihn spießen, wollt ihn töten;
Allein, was sah ich, vor Angst entflieht er
Zum offnen Fenster sogleich hinaus.
Von edlen, guten, braven Schönen
Ist hier gar nicht die Rede,
Ich spreche bloß von jenen Spröden,
Die mit Verschlagenheit uns Nasen drehn.

Ab.
16. Auftritt
[146] Sechzehnter Auftritt
Großer Saal mit verschiedenen Gruppen, wo teils gespielt, teils gezecht wird. In der Mitte wird ein Kontratanz ausgeführt. Endlich verliert sich die Menge, man sieht Lottchen am Arme des Herrn von Luxus wandeln. Fritz folgt ihnen.

FRITZ.

Gesehen hat sie mich wohl; aber sie will mich halt nit sehen, das kenn ich. Wie sie ihn anhört, wie s' lacht, wie s' das Köpfel wirft; das ist halt doch nicht schön, behaupt ich; ein Weib soll gar nit lachen, außer wenn der Mann etwas Spaßiges sagt; aber nur Geduld, meine Augen folgen dir überallhin! In diesem Augenblick kommt die Koketterie und läßt den Fächer fallen, Fritz hebt ihn auf und fährt, betroffen über ihre Schönheit, zurück. Das ist ein Gesicht!

KOKETTERIE.
Ich danke Ihnen! –
FRITZ.

Darf man nicht fragen – aber wo ist denn der Herr von Luxus mit meiner zärtlichen Gattin hingekommen? Dorthin zieht mich die Eifersucht, und hier spannt sich eine Neigung an mich an. Darf man nicht fragen, wer Sie sind?

KOKETTERIE.
Sie werden mich verkennen, ich bin von guter Herkunft, ich bin eine geborene Koketterie!
FRITZ.

Die Familie ist mir bekannt, ich hab schon mehrere Frauenzimmer aus dieser Familie gekannt, mit der überhaupt die meisten Weiber weitschichtig verwandt sind.

Fräulein Koketterie, sind Sie schon auf den nächsten Deutschen engagiert?

KOKETTERIE.
Ich bin schon halb und halb versagt.
FRITZ.

Sapperment! Das Madel ist schön, ihr Eindruck hat einen solchen Anblick auf mich gemacht, daß ich nicht Worte finden kann, um meine Empfindungen auszudrücken.

KOKETTERIE.
Ich bitte, Sie verkennen mich, wenn Sie mir noch einmal so kommen, so kommen Sie mir just recht.
FRITZ.

Bedenken Sie meinen Reichtum, und nehmen Sie auch nebenbei meine Neigung in Überlegung. Ich bin ein seelenguter Mensch gegen so liebe Narren, wie Sie sind. Was Sie wünschen, steht Ihnen zu Befehl, wenn Sie ein wenig freundlich gegen mich sind.

KOKETTERIE.

Oh, ich depreziere, ich bin keine solche, die von einem Mannsbild Präsente annimmt. Wenn ich gleich ein Waiserl bin, so hab ich doch sechs Brüder, acht Schwestern, [147] dreizehn Cousins und sieben Neffen, die in miserabeln Umständen sind – was denen widerfährt, ist soviel, als wenn es mir geschehen wäre.

FRITZ
für sich.

Das ist einmal ein uneigennütziges Geschöpf! Laut. Oh, Ihre Gesinnungen sind so edel, daß ich ganz tuchiert davon bin; Ihre zahlreiche Familie soll an mir ihren Souteneur finden; nur sehen Sie mich ein wenig freundlich an!

KOKETTERIE.
Das schickt sich ja nicht, ich hab noch kein Mannsbild auf der Welt freundlich ang'schaut.
FRITZ.

Das glaub der Teufel, das schreckt mich nit ab. Dieses Rotwerden sagt mir: »Ich bin den Mannsbildern nit feind.« Dieser Seufzer sagt: »Wenn s' nur was nutz wären!« Dieser Blick sagt: »Erraten!«, und dieses klopfende Herz spricht: daß es nit von Pfundleder ist; ein freundliches Madel ist noch einmal so hübsch als ein Trutzkolben; es kann sich fügen, daß wir beide noch ein Paar werden. –

KOKETTERIE.
Jetzt gehen S', Sie sind ja schon ein Ehekrüppel!
FRITZ.
Wer hat sich das zu behaupten unterstanden? Ich bin ein lediger Junggesell.
KOKETTERIE.
Wer wäre denn die schöne Frau, die mit dem Herrn von Luxus so ein Aufsehen macht?
FRITZ.

Das ist ein angenommenes Kind von mir, die ich väterlich gepflegt und mütterlich großgezogen habe; geh, lach mich an!

KOKETTERIE.
Ich darf halt einmal nit freundlich sein, es schickt sich nit! –
FRITZ.

Du warst gewiß nit in Wien; da sind die Madeln größtenteils die Freundlichkeit selbst; sie kommen alle lächelnd auf die Welt.

KOKETTERIE.

Das wäre alles schon recht; aber wenn man euch Mannsbildern einen Finger zeigt, so wollen sie gleich die ganze Hand.

FRITZ.

Das sind die gewissen Nimmersatts; aber ich, ich bin eine Ausnahme meines Geschlechts. Jetzt machen s' just einen Landler auf, komm, laß uns tanzen, damit wir bekannter miteinander werden.

KOKETTERIE.

Aber nur modest, denn mit der Modestie? macht manches Frauenzimmer die meisten Eroberungen. Fritz tanzt mit Koketterie, das Laster stürzt ihnen entgegen.

17. Auftritt
[148] Siebzehnter Auftritt
Vorige. Das Laster.

LASTER.
Halt ein!
FRITZ.
Warum denn?
LASTER.

Deine Herrlichkeit hat ein Ende, der Herr von Luxus hat sich in ein reizendes Geschöpf verliebt und will von deinem Weibe nichts mehr wissen.

FRITZ.

Das ist ein kurioser Mann, der Herr von Luxus, erst ist er voller Höflichkeiten und -kehr- um-die-Hand – laßt er uns sitzen.

LASTER.
Weil du schnell genug Fortschritte auf diesem Boden gemacht hast.
FRITZ.
Und mitten im Tanze mit dem hübschen Madel da, mich zu unterbrechen.
KOKETTERIE.

Bei so bewandten Umständen tanze ich nicht mehr mit dir, du bist arm geworden, wie es scheint. Adieu pour jamais! Schnell ab.

LASTER.

In das Haus des Luxus habe ich dich geführt, du hast dich ihm in die Arme geworfen; wohlan denn, so will ich dich auch an das Ziel der Leute deinesgleichen, in die Hütte der Armut, begleiten.


Donnerschläge. Der Saal verwandelt sich in eine
armselige Hütte; die Armut sitzt rechts auf einer Bank und nagt Beine ab, neben ihr steht eine ordinäre Urne mit der Aufschrift: ›Tränen‹. – Links sitzt die Schande, in einen schwarzen Schleier bis zu den Füßen gehüllt, neben ihr ein anderes Gefäß mit der Aufschrift: ›Seufzer‹. Fritz wird in die vorige armselige Gestalt verwandelt.
18. Auftritt
Achtzehnter Auftritt
Fritz, das Laster, die Armut und die Schande.

FRITZ.

O weh, das heißt wohl vom Pferd auf den Esel versetzt, das ist ein Unterschied, wie zwischen einem Badnerkipfel und einem Kommißbrot. Herr von Laster, was sollen das für Gespäße sein?

LASTER.
Es ist Ernst, lebe wohl!
FRITZ.
Ach, du willst mich verlassen?
LASTER.
In der Höhle des Elends verläßt selbst das Laster seine Geweihten. – Adieu! Ab.
FRITZ.

Verdammte Geschichte, ich bin fremd wie ein Bauer in der Residenz. Wenn nur die Frau von Satire noch da [149] wäre, aber auch die schaut sich nit mehr nach mir um – so ist's, wenn man sich mit Weibsbildern einlaßt, die man nit kennt; was das für Gesichter sind, die helle Schwärz schaut heraus, die eine hat mich heut schon angebettelt, die kenn ich, die wird sich jetzt nit schlecht revanchieren; ich muß sie halt doch anreden. Gute Freundin! Zur Armut.

ARMUT.
Da iß –
FRITZ.
Abgenagte Beine soll ich essen, ich bin ja kein Hund.
ARMUT.
Ich nähre mich damit.
FRITZ.
Wenn's nur gut anschlagt.
ARMUT.
So trink halt wenigstens!
FRITZ.
Was soll ich denn trinken?
ARMUT.
Tränen!
FRITZ.

Ich hab keinen Durst; ich will mich an die andere Person wenden. Die tragt einen Voile nach der Mode, die wird g'wiß redseliger sein. Sagen Sie mir, können Sie mir auch keine Auskunft geben?

SCHANDE.
O ja – Seufzer!
FRITZ.

Das ist zum Tollwerden! Tränen und Seufzer, jetzt werd ich's bald glauben, daß ich wieder auf der alten Welt bin, wo Seufzer und Tränen an der Tagesordnung sind.

19. Auftritt
Neunzehnter Auftritt
Vorige. Die Satire.

FRITZ.
Ah, meine teuerste Frau von Satire! Sie kommen wie ein Engel aus der Holzkammer.
SATIRE.

Nicht wahr, zu dem Guten klettert man langsam empor, doch im Galopp sinkt man zum Schlimmen herunter!

FRITZ.
Wo bin ich denn eigentlich?
SATIRE.
Im Hause der Armut, dort sitzt die Hausfrau.
FRITZ.
Das ist eine miserable Hausfrau das, die kann g'wiß ihre Parteien nit steigern.
SATIRE.

Spiegle dich an ihr, mit Fetzen bedeckt, nagt sie an fleischlosen Beinen, von Zurückweisungen hartherziger Menschen bekleidet sie sich, ihre Nahrung sind die weggeworfenen Bissen der Reichen, und ihre eigenen Tränen sind ihr Getränk.

FRITZ.
Und hat denn niemand mit ihr Mitleid?
SATIRE.

Sie verdient keines – es ist nicht jene beklagenswürdige [150] Armut, die von Unglücksfällen oder von der Ungerechtigkeit des Zeitalters herrührt, es ist die Armut der Müßiggänger, die im Nichtstun dahindarben und denen daher gerechterweise die Tore des Mitleids verschlossen sind. Jene dort ist die Schande, die leibliche Schwester der Armut, nicht jene Schande, die aus Gewissensreue über vergangene Irrtümer herkommt, sie ist die Tochter des Neides über fremdes Glück; doch bedarf es nur einen Strahl Glückes, und beide Schwestern übernehmen sich in Hochmut und Übermut, diesen beiden bist du, Unglückseliger, auf ewig überliefert.

20. Auftritt
Zwanzigster Auftritt
Vorige, Lottchen.

FRITZ.

Weib, liebes Weib, erbarme du dich meiner, verdient hab ich's zwar nit, aber es finden ja viele Menschen eine Protektion, die's nit verdienen, und wenn mich auch alles verläßt, so kannst doch du mir helfen, du bist hübsch, und ein hübsches Weib hat schon das Glück manches Mannes, der auch nit weit her war, gemacht.

LOTTCHEN.

Ich verachte dich! Auf mich mach dir keine Rechnung – du hast nit arbeiten wollen und hast mich ins Unglück gebracht; in das Haus des Herrn von Luxus hast du mich filoutiert, und weil ich ein rechtschaffenes Weib bin, so hat er bald die Larve abgezogen. Ich geh in Dienst, und du kannst dir ein Fleckel aussuchen, wo du verdirbst.

FRITZ.

Weib, sind das die Gesinnungen eines braven Weibes? Heiraten soll man, und bleiben soll man's lassen, ein rechtschaffenes Weib nährt sich von dem Hunger ihres Mannes, und sie verlaßt ihn nit, wenn er lawet g'worden ist; aber so sind diese Weibsbilder, wann der Mann nix mehr geben kann, so lassen s' ihn sitzen!

LOTTCHEN.

Selbst getan, selbst haben, mit diesem guten Gesichte und mit diesen fleißigen Händen werd ich schon ein' Ort finden, wo man mich aufnimmt; wir zwei sind geschiedene Leut, und überhaupt sind wir ja für ein modernes Ehepaar lang genug beisammen gewesen. Zehn Jahre sind wir verheiratet, und alle, die zur nämlichen Zeit geheiratet haben, sind schon lang g'schieden. Also aufs Nimmerwiedersehn; nur eine einzige Bitte hab ich noch an [151] dich; wann dich die Not hinwegrafft – na, wir müssen ja alle sterben –, so schick mir den Totenschein, damit ich wieder heiraten kann. Ab.

FRITZ.

Und die Erde tut sich nit auf und verschlingt so eine maliziöse Kreatur nit? Ich könnt mich selber zusammenkifeln; ich könnt weinen und lachen. O das bissel Verstand, das ich g'habt hab, hat mir eine Abschiedskarte geschickt. –


Die Schulden, harpyenähnliche Gestalten, halbnackt, mit Flügeln und Klauen an Händen und Füßen, deren eine eine Waage, eine eine Hacke, eine eine Sichel und eine einen Rechen trägt, wütend auf Fritzen los.
CHOR AUS ›ORPHEUS‹
aus den Kulissen.
Schlecka Bartl, schlecka Bartl!
's g'schieht ihm recht! –
's Geldverschwenden, 's Müßiggehn
Ist ja schlecht!
Und die Hascherln, unsre Götter,
Sind gerecht!
FRITZ.
Was wollen denn diese Flegeln? – Wer sind diese abscheulichen Wauwaus?
SATIRE.

Das sind die Schulden, die ihre Klauen in das Fleisch ihrer Opfer schlagen und sie zur Verzweiflung bringen!

FRITZ.
Nimmt sich denn niemand meiner an?
SATIRE.

So vollende denn, wie sich's geziemt. Der Wahnsinn und die Verzweiflung geben dir den Bruderkuß. Der Wahnsinn stürzt herein, faßt ihn in die Arme und küßt ihn. Die Armut und die Schande verschwinden.

FRITZ.

Jetzt ist mir auf einmal leicht, wo muß denn mein Kopf hingekommen sein? Der Kopf ist fort – oh, das ist nix Neues, es gibt mehr Leut, die ohne Kopf herumgehen; aber so gewiß konfus bin ich wie mancher Gelehrter! Er tanzt. Ich bin ja der Duport; was gräm ich mich denn? Da werd ich für mein bissel Springen ein schön's Geld verdienen. Richtig, ich bin die Catalani, ich kann die Variationen über nel cor piu non mi sento singen – ob's wer aushält, das ist ein andre Frag. O falsches Menschengeschlecht, ich hasse dich wie's Wienertrankel, weg von mir – weg, oder es gibt Scherben!

[152] Auch ich war in Arkadien geboren –

Auch mir hat die Natur

An meiner Wiege Freude zugeschworen. –

Und doch ist so ein Roß Gottes aus mir geworden.


Quodlibet

Wer lindert meinen Schmerz,
Wer teilet meine Klagen?
Mein Weib –
Stieglitz! Stieglitz! 's Zeiserl ist krank –
Drum weinet, Branntweinbrenner,
Weinet, Mandoletti-Krämer!
Laßt sie fließen, die Tränen der Wonne,
Sie gewähren unendliche Lust –
Laßt sie fließen! –
Murmle, Bach, dein Gliglaglu,
Dein Glagli, Gliglaglu,
Selbst ein Amor seufzt nicht zärtlicher als du!
Dort sitzt der Tod mit seinem Pfeil,
Gleich unterm Tor, hat Schwammerl feil,
Ja, ja, der Tod, mit seinem Pfeil!
O Schmerz! O Schmerz!
Der Taschenfeidl steckt im Herz,
O Schmerz, der Taschenfeidel
Steckt im Herz!
Aus Schmerz
Nimm ich gleich ein Madel
Und walz eins mit ihr,
Ich zahl ihr zwei Limoni
Und zwei Plutzer Bier. –
Doch mit Geistern, mit Geistern
Laß ich mich nicht ein –
Drum müßt ihr's nit übel aufnehma,
Wann ma eppa taten wida z' samma käma,
Müßt's nit in Übel nehma mir,
Daß ich so konfus heut diskurier –
Denn ich g'hör ja in Narrenturn,
In Narrenturn hinaus.
Oh, ich kann nimmer reden,
Ich bring nix heraus!
Schöne Minka, ich muß scheiden,
[153] Schau, es will mich nit mehr leiden,
Kümmern soll sich keins von beiden,
Minka, lebe ewig wohl!
Denn ich reis jetzt per Posto
Nach Welschland geschwind
Und dann nach Paris,
Wie ein flüchtiger Wind!
Dann reis ich nach –
Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?
Im dunkeln Laub die Goldorangen glühn? –
Dort auf'n Berg droben
Ist ein Wirtshäusl,
Ist ein Kellner droben,
Der hat Franzel g'heißen!
Deidum dum dei! –
Que je vous aime!
Das muß ich gestehn!
O mon très cher filou!
Sonst hab ich kein Ruh!
Das muß ich gestehn,
Denn wenn ich zu mein'm Diendl
Fensterln geh,
O dann hält sie mir die Leiter,
Und ich steig ins Herz hinein,
Und ich steig, und ich steig –
Madeln, hüt's eng, Madeln, hüt's eng!
Madeln, laßt euch nicht ein.
Die Buben sein pfiffig,
Sie machen's gar fein. –
Bewahret euch vor Weibertücken
Bewahret – – –
Denn wer Lust hat, ein Weib sich zu nehmen –
Der setzt sich, er sollte sich schämen,
Den Aufsatz sich selbst an Kopf,
Und fühlt an der Stirne
Ein mächtig Hirschgeweih,
Da hilft ihm kein Pfnoten,
Kein Lachen, kein Spotten.
Da treibt er den Teufel
Schon nimmermehr aus –
[154] Ich kann nimmer reden,
Ich bring nix heraus!

Sinkt erschöpft nieder.
SATIRE.
Er hat vollendet, nun steige die Hoffnung herab und reiche ihm ihre wohltätige Hand. Ab.

In einer lichten Glorie steigt die Hoffnung hernieder, sie trägt selbst einen Lilienstengel in der Hand; aus den Versenkungen links und rechts kommen auch Genien, pyramidenförmig gruppiert, mit Lilienstengeln.

Chor

Ihm leuchtet die Hoffnung,
Sie täuschet ihn nicht,
Sie wird ihn erwecken
Zum strahlenden Licht!

Melodram
DIE HOFFNUNG.
Wenn jeder Strahl des Tags verschwindet
Und Finsternis den Geist umflirrt;
Kein Laut mehr Rettung uns verkündet –
Verzweifelnd schon der arme Pilger irrt –
Da schwingt der Hoffnung lichter Engel
Den deutungsreichen Lilienstengel.

Fritz wird erhoben; unter Orgeltönen verwandelt sich die Bühne.
21. Auftritt
Einundzwanzigster Auftritt
Ein kurzes Zimmer.
Der Magier, Herr und Frau Steigerl und Speck schweben herab und steigen vom Sofa.

MAGIER.
Der Traum ist vorüber, Ihr Sohn ist auf immer geheilt.
SPECK.
Das war aber auch eine Roßkur! Es ist schade, daß Sie kein Tierarzt geworden sind.
FRAU STEIGERL.
Wenn er's aber nit aushält? Wann er draufgeht? So was könnt ja eine ganze Menagerie umbringen.
MAGIER.

Ich stehe dafür, daß er recht dick und fett auf die Kur werden soll. Es gibt kein sichereres Heilmittel für entartete Menschen, als der Spiegel der Zukunft ist. – Stünde er doch enthüllt vor jedem Auge! Leer würden die Gefängnisse und auf ewig verschwunden das Hochgericht sein!

[155]
FRAU STEIGERL.

Wo wird er denn erwachen? Denn mein mütterliches Herz sehnt sich nach ihm wie ein Weintrinker nach einem unverfälschten Tropfen.

MAGIER.

Ich habe es veranstaltet, daß er in meinem Garten, den ich erleuchten ließ, erwache. Ihre ganze Sippschaft hab ich dahin einladen lassen, damit seine Verwandlung gleich stadtkündig werde. Ihre gesprächigen Godeln und Mahmen werden in der größten Geschwindigkeit die Geschichte von der Hundsturmerlinie bis zum Tabor verbreiten, und viele Eltern werden Sie um das Glück beneiden, einen gebesserten Sohn erhalten zu haben.

SPECK.
Könnt ich nicht wieder sehen, wie meine Frau mit dem weitschichtigen Vetter steht?
MAGIER.
Sie ist auch in den Garten geladen, und wenn sie bei Ihnen ist –
SPECK.

Ah, das ist brav: Ich werd s' halt künftig an mich annähen, wenn ich ausgehe, wie in manchen Ländern die Bauern ihre Handschuhe annähen.

STEIGERL.

Apropos, noch auf ein Wort! Mein Sohn ist gebessert, wie schaut's aber mit dir aus? Frau, nein, nicht mehr Frau, Weib! Untertanin des Mannes!

FRAU STEIGERL.
Was ist das für eine Sprache?
STEIGERL.

Wann alles gebessert wird, so muß auch das Weib wieder in die Schranken des Gehorsams zurückkehren; ich soll der Herr sein, heißt es; ich war aber bis jetzt nicht einmal der Hausknecht. Euer Gnaden, Herr Zauberer: Sie können viel, das haben wir alle gesehen, aber etwas bringen Sie halt doch nicht zuwege; ich möchte mein Vermögen drauf verwetten. –

MAGIER.
Und das wäre? –
STEIGERL.
Ein übermütiges Weib, das seit Jahren den Pantoffel führt, wieder zur Ordnung zurückzuführen.
FRAU STEIGERL.
Meine Krämpfungen, meine Vapeurs!
STEIGERL.

Das sind Mattigkeiten; diese Ohnmachten kennen wir schon; sobald ich ihr recht gebe, so ist sie gleich wieder kreuzwohlauf!

MAGIER.

Diese Kur wollen wir auch vornehmen; doch vorderhand sei es mit der einen genug; das mütterliche Gefühl wird in der Besserung des Sohnes vielleicht Anlaß zur eigenen finden. Fritz möge erwachen zur besseren Erkenntnis! Wenn's beliebt, so sind wir im Garten.

22. Auftritt
[156] Zweiundzwanzigster Auftritt
Ein prächtiger Garten. – Die Statue der Satire im Hintergrunde. Die respektable Versammlung des ersten Aktes ist gegenwärtig. – Fritz schläft auf einer Rasenbank, Marie, Malchen, Lottchen, Vorige.

ALLE.
St, er schläft!
MAGIER.
Erwache und erkenne!
FRITZ
erwacht und springt auf.
Apage, Satanas! Ich will nicht mehr träumen, ich leg mich in meinem Leben in kein Bett mehr. –
FRAU STEIGERL.
Fritzl, Fritzl – kennst du denn deine zärtliche Mama nicht mehr?
FRITZ.

Richtig – ich wache – der verdammte Traum ist fort – das ist die Mama – dort schießt der Papa seine grimmigen Blicke auf mich los – das ist der magere Herr Speck – das sind die wenig sprechenden Godeln und Mahmen – und da – da ist die Lottel – Lotti, uns ist's gegangen!

LOTTCHEN.
Was? – Im bin bis jetzt gar nicht aus meinem Zimmer gekommen!
FRITZ.

Sei es, wie es wolle – ich will ans Karessieren gar nicht mehr denken, bis im mir so ein Kreuz, wie ein Weib ist, verdient habe. – Arbeiten will ich – Papa – geben Sie mir eine Arbeit – wann's sonst nix ist, so lassen Sie mich Holz hacken, damit der Geist eine Beschäftigung hat. –

STEIGERL.
Du bist also jetzt brav?
FRITZ.

Wie im jetzt brav bin, das ist ein Spektakel! – Arbeiten will ich und dann noch einmal so lustig sein und singen:


Lied mit Chor, dessen Refrain die alten Paare mit einem charakteristischen Tanze begleiten.
FRITZ.
Uns ist's alles eins, ob wir Geld haben oder keins. –
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, kann ins Theater gehn. –
Und wer keins hat – bleibt beim Tor drauß' stehn. –
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, kann auf der Börse stehn –
Und wer keins hat – muß ins Versatzamt gehn. –
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, fährt auf die Jagd hinaus –
Und wer keins hat – fangt sich Fliegen zu Haus.
[157]
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, kann die Catalani hören –
Und wer keins hat – muß sich selbst was plärr'n.
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, kann in d' Redout leicht gehn –
Und wer keins hat, denkt sich – 's ist ja so nit schön.
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, läßt sich mit Gas beleuchten –
Und wer keins hat – läßt den Mond sich leuchten.
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, kann in die Oper fahren,
Und wer keins hat – macht sich selbst einen Narren. –
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, der führt sein Weib aus,
Und hat er keins, so führt's ein anderer aus. –
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, darf schon dumm sein –
Und wer keins hat, der soll's nit sein.
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, darf kein Hut rucken –
Und wer keins hat, muß sich tiefer bucken.
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, muß auch sterben,
Und wer keins hat, muß ja so verderben.
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, kann sich Kleider kaufen,
Und wer keins hat, kann in Schlafrock laufen.
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, der lebt ohne Sorgen,
Und wer keins hat, der muß allweil borgen.
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, kann im Wirtshaus sitzen –
Und wer keins hat, laßt 'n Brunnen schwitzen.
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, dem wünsch ich wohl zu leben –
Und wer keins hat, dem kann ich auch keins geben. –
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
FRITZ.
Wer ein Geld hat, darf in jedes Haus –
Und wer keins hat, den werfen s' bald hinaus.
CHOR.
Uns ist's alles eins usw.
[158]
FRITZ.
Wenn Sie uns nur Beifall zollen,
Kann der Teufel 's Geld auch holen!
CHOR.
Uns ist's alles eins, ob wir ein Geld haben oder keins.

Unter diesem Chore tanzen die alten Paare – am Schlusse formieren sie ein Tableau.
Der Vorhang fällt schnell.
[159]

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TextGrid Repository (2012). Meisl, Karl. Dramen. Der lustige Fritz. Der lustige Fritz. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-3378-6