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[figure]

[]
CANDIDATUS
CHIRURGIÆ

Das iſt
Kurtze doch gruͤndliche
Eroͤrterung/
Aller und jeder faſt erdencklichen

Anatomiſchen und Chirurgi-
ſchen Fragen
Von allerhand euſerlichen und inner-
lichen Wunden/ Schaͤden und Gebre-
chen des gantzen Menſchlichen
Coͤrpers/
Allen angehendenChirurgishoch noͤthig.
Auß den beſten/ ſo wol alten als neuen
Chirurgiſchen Autoribus, wie auch eige-
ner Erfahrung mit Fleiß zuſammen
getragen



Hannover und Wolffenbuͤttel/:
Verlegts Gottlieb Heinrich Grentz.

Im Jahr 1692.

[][]

Freundlicher guthertziger
Leſer!


DAmit gleichwoll zur Wiſ-
ſenſchafft gebracht werde/ was
mich bewogen/ dieſes Wercklein ans
Tage-Liecht zu bringen/ und nicht et-
wa Einbildung gefaſſet werde/ daß
Ich an der Ehrſucht Buͤcher zu ſchrei-
ben/ kranck liege; So hat allereſt
hierzu Anlaß und Gelegenheit gege-
ben/ der Edle/ Woll-Ehrenve-
ſte/ Groß-Achtbahre und Hoch-
gelahrte Herꝛ Johann Georg
Volckammer/ weitberuͤhmten

Medicinæ Doctor, der faſt in
):( ijder
[]Vorrede.
der gantzen Welt gleichfals beruͤhm-
ten/ des H. Roͤmiſchen Reichs-Stad
Nuͤrnberg; Dann als derſelbe mich
auß Itaiien zuruͤck gefodert/ woſelb-
ſten Er mein hoher Patron und Be-
foderer geweſen/ hat Er ferner ſich
meiner Wollfarth hoͤchlich angenom-
men/ (wovor ich ihm unſterblichen
Danck ſage/) Mir nicht allein ſeine
anſehnliche Bibliothecam, ſondern
auch ſeine herꝛliche collectanea chi-
rurgica,
welche Er in den vortreffli-
chen Hoſpitaͤlen zu Neapoli, Rom/
Venedig und Padua auffgezeichnet/
unmaßgeblich communicieret/ unter
anderen auch/ hat Er mir an ſtatt ei-
nes Spiegels/ Herꝛn Ludwig von
Hornigks Politiam medicam recom-
men
dieret/ damit ich in derſelben ſe-
hen moͤchte/ was einem Chirurgo zu
wiſſen noͤtig/ bin auch durch ſeinen
guten
[]Vorrede.
guten Raht bewogen worden/ mich
in der Theoria zu uͤben/ die in der
Politia medica befindliche anatomi-
ſche und Chirurgiſche Fragen zu er-
oͤrtern/ worzu ich dann die angezo-
gene Autores reichlich erhalten/ und
ob ſchon das Gluͤck mir nicht gedie-
net/ ſelbiges Wercklein daſelbſt zu en-
de zu bringen/ ſo habe ich doch ſolches
zu Leipzig ein gut Theil proſeqviret/
in dem mir gleichfals von den Herꝛn
Medicis mit guten Autoribus Chirur-
gicis
iſt an die Hand gegangen wor-
den/ biß ich endlich allhie in mein Pa-
triam
gekommen/ woſelbſten ich dann
bey mehrerer Ruh ſelbiges Werck-
lein nicht allein zu ende gebracht/ ſon-
dern auch nach Leſung vieler newen
Aurorum revidiret/ und alſo zu mei-
nem eygenen Nutzen/ als ein Me-
morial
vieler Autorum gebrauchet/
):( iijin
[]Vorrede.
in welchen ich auch zu weilen ange-
bracht/ was mein Sehl. Vater in ſei-
ner zwantzigjaͤhrigen Praxi ſo woll in
hieſigem Churfl. groſſen Hoſpital/
als in hieſiger Stadt/ ohne Ruhm
zu melden/ mit groſſem Nutzen obſer-
vi
ret/ ſo habe ich auch nicht unterlaſ-
ſen/ was etwa in meiner wenigen
Praxi wahrgenommen worden. Es
hat ſich aber etzliche mahl zugetragen/
daß ich eintzigen Lehrbegierigen/ ſo
woll eigenen als frembden diſcipulis
zugefallen/ ſo woll kurtze collegia ana-
tomica
als chirurgica privata gehal-
ten/ zu deren Behuff ich dann dieſes
Tractaͤtlein/ als welches von erdenk-
lichen Fragen gar reich/ gebrauchet.
Weil dann ſolches Tractaͤtlein ihnen
zu Geſicht gekommen/ haben ſie/ we-
gen ſeiner Kuͤrtze und vielfaͤltigen
Fragen/ keinen geringen Luſt bekom-
men
[]Vorrede.
men und eiffrig angehalten/ ich moͤch-
te ſolches/ als ein hochnoͤtiges Werck
ihnen durch den Druck gemein ma-
chen; Ich habe aber ſolches etzlich
Jahr in Bedencken getragen/ ſinte-
mahln mir woll bewuſt/ daß das
kurtze effatum allzuwahr: A prælo
ad prælium.
Allein/ wann ich her-
gegen betrachtet/ die Liebe des Nech-
ſten und den ziemlichen Mangel
Deutſcher Chirurgiſcher manual Buͤ-
cher/ ſo hab ich mich dennoch erkuͤh-
net/ ihnen nicht allein zu gratificiren/
ſondern auch einen Verſuch zu thun/
ob ſie nicht etwa durch dieß kurtze
Hand-Buͤchlein zum fleißigern und
weiteren nachleſen vornehmer und
weitlaͤufftiger Autorum moͤchten ge-
bracht werden. Ob ich nun woll die
deutſche uͤbeliche Chirurgiſche termi-
nos
behalten/ ſo habe ich dennoch
):( iiijdann
[]Vorrede.
dann und wann die lateiniſch termi-
nos
auch die mediamenta mit ein-
gefuͤhret/ damit ein angehender Chi-
rurgus,
ob er ſchon der lateiniſchen
Sprache nicht maͤchtig/ dennoch
durch fleiſſiges leſen ihm die terminos
artis
lateiniſch bekant mache/ damit/
wann ein Medicus beym Patienten
etwas erinnert/ er ſeine Meinung
faſſen moͤge. Weil auch ein jeder
Chirurgus verbunden iſt/ ſeine disci-
pel
zu informiren/ manchem aber ſol-
ches nicht mitgegeben/ als habe ich
auch denen hiemit gratificiren wol-
len/ und wird nur uͤbrig ſeyn/ die
Handgriffe/ welche nicht allemahl
ſo net koͤnnen beſchrieben werden/ zu
zeigen. Deme aber dieſe Arbeit nicht
genug/ kan nach ſeinem belieben ſeine
diſcipel informiren/ wie er ſelber will/
und es verantworten kan; Dann
ich
[]Vorrede.
ich ohne das woll weiß/ wie die edel-
ſte opera und Wercke der allerfuͤr-
treflichſten Autoren immerhin ihre
Neider und Tadeler gefunden/ alſo
auch dieſes mein opuſculum auch ſei-
ne Auffziehlinge und ſpitzfuͤndige
Veraͤchter haben wird/ welche gleich
ſeyn den unverſchaͤmbten Fliegen/ ſo
auch die allerbeſte Gemaͤhlte und ver-
guldete Arbeit zu beſchmeiſſen nicht
verſchonen/ denn wie der Spinnen
Art iſt/ auch aus den ſchoͤnſten Blu-
men (aus welchen die Bienen den al-
lerſuͤſſeſten Honig ausziehen) den al-
leraͤrgſten Gifft zubereiten; als fin-
den ſich heutiges tages ins gemein
nach der Welt brauch/ die mit ihren
gifftigen Zungen/ gut-gemeinte Ar-
beit zu beſchimpffen ſich bemuͤhen/
welches ich aber wenig achten werde/
es bellen und geyfferen ſolche wie ſie
):( vim-
[]Vorrede.
immer wollen und koͤnnen/ mir ſoll
eintzig und allein die gute und woll-
meinendeintention, welche ich zu mei-
nem Neben-Chriſten trage/ conten-
ti
ren. Aber wolte GOtt/ es dau-
rete der Momorum Eyffer/ oder viel-
mehr wuͤthen/ nicht laͤnger als ein fie-
briſcher paroxiſmus, welcher/ ob er
ſich ſchon etzliche mahl einſtellet/ den-
nochletzlich verſchwindet. Ich wil mich
zwar ſo weiß nicht brennen/ als wann
ich keinen Fehler haͤtte/ und allerdings
vollkom̃en were/ ſondern es ſoll einem
jeden frey ſtehen/ dieſe meine wenige
Arbeit/ wann es ihm beliebet/ zu
verbeſſeren; Nur ſehe ſich ein ſolcher
vor/ daß es ihme nicht gehe/ wie etz-
lichen groſſen Hennen/ welche zwar
ein groß Geplaͤr machen und viel und
offt kackelen/ allein entweder ſelten
ein Ey zu Neſte bringen/ oder wann
ja
[]Vorrede.
ja etwas daraus wird/ nur Wind-
Eyer gebaͤhren/ und es mit ihnen
heiſſet:


Parturiunt montes naſcetur ridi-

culus mus.

Ich weiß zwar und erinnere mich
taͤglich/ daß ich in dem allgemeinen
Hoſpital der Unwiſſenheit lebe/ auch
nicht mehr oder weniger bin als an-
dere Leuthe aber dennoch auſſer der-
ſelben Claſſe welche/ wie man im
Sprichwort ſagt: Lilium à lolio, nicht
wiſſen zu unterſcheiden. Ich beken-
ne daß ich nicht allein irren koͤnne/
ſondern auch irren muß/ ſintemahl
in dieſer Welt ſchlechte perfection
zu hoffen nach des weiſen Catonis
Außſpruch:


Mundus regitur opinionibus.

In deſſen bin ich albereit gewohnt/
ge-
[]Vorrede.
gefeindet und geneidet zu werden/
welches zu verdauen ich meinem Hirn
anbefehle/ als welches nach vieler
Anatomicorum Meinung/ mit mehr
ventriculis von der Natur begabet
worden/ als der Magen.


Gehabe dich woll! und corrigi-
re die Fehler dieſes Werckleins mit
Sanfftmuth/ und ſiehe nicht auff die
euſerſte Schale/ ſondern vielmehr auff
den Kern vieler vortreflicher Auto-
rum,
welche die Zaͤhne auch ſtumpf
machen koͤnnen/ und gedencke daß
nichts vollkommenes in dieſer Welt
zu hoffen/ und derjenige kein Lehns-
Mann/ ſondern gar ein eigen Herꝛ des
Gluͤcks/ oder vielmehr der Weißheit
ſelbeſt iſt/ welcher keiner Verzeihung
bedarff. Werde ich in deſſen ſpuͤhren
daß dieſe meine Arbeit/ welche in
Warheit nicht ohne Muͤhe geweſen/
nur
[]Vorrede.
nur bey etzlichen wird angenehm ſeyn
(denn allen zu gefallen/ iſt nicht muͤg-
lich) ſo ſollen mit nechſten einige rahre
Chirurgiſche Obſervationes, welche
ſo woll mein Sehl. Vater als auch
ich ſelbſt wahrgenommen/ mitge-
theilet werden/ alles aber der Lehr-
begierigen Jugend zu liebe/ und maͤn-
niglichen zum Nutzen.


GOtt dem Ewigen/ dem
Unſterblichen/ und allein Wei-
ſen Drey-einigen ſey Lob und
Danck geſagt/ vor dieſe
und alle andere Wol-
thaten.


Frag[]
[[1]]

1.
Frag und Antwort
Von der
ANATOMIA.


1. Wie wird der Menſch in
Mutterleib formiret?


DIe Formirung geſchicht/ wann dieParæus
lib. 23.
cap.
3.

beyde Sahmen wie ein geſauerter
Teig in drey Blaͤßlein auffwallen/
denen Regen-Troͤpfflein gleich/
welche ins Waſſer fallen. Auß dem einen
entſtehet die Leber/ auß dem andern das
Hertz/ auß dem dritten das Hirn. Die
Recentiores ſagen nur von einem Blaͤßlein/
wie beym Diemerbrocio zu ſehen.


2. Wovon iſt der Menſch zu-
ſammen geſetzt?


Von Haut/ Fett/ Muſculen/ Adern/
Arterien/ Kroſpel/ Sehnen/ Nerven/ Liga-
ment
en und Knochen.


3. Wie viel ſind Beiner in des
Menſchen Leibe?


AIn
[2]Frag und Antwort

In der Zahl ſtimmen die Anatomici nicht
uͤberein. Paræus ſagt es ſeyn 251. ohne die
Oſſa ſeſamoidea. Leonhardus Fuchſius erzeh-
let 304. Archangelus Piccolhom: erzehlet/
ohne die ſeſemoideæ 249. Ich nach meiner
Rechnung zehle mit den Osſibus ſeſamoideis
Rolf.
pag.

242.
(derer 48.) 293. Aber in den Sceletis ſind
nur 237. teſte Rolfincio.


4. Haben auch alle Beine
Marck?


Wiewol Galenus in Proemio lib. de osſi-
bus
davor haͤlt/ daß die kleine Knochen kein
Marck haben/ ſo iſt doch ſolches von dem ei-
nen und erſten Marck zu verſtehen/ weil
dreyerley Marck in den Kochen gefunden
werden; als erſtlich/ ein rohtes Marck/ wel-
ches in den groſſen Hoͤlen/ und abſonderlich
in der Achſel gantz blutig gefunden wird/
weil in deſſen Mitte eine groſſe Ader gehet.
2. Ein weiſſes Marck/ und wird in den klei-
nen Hoͤlen gefunden. 3. Ein Marck einem
Safft gleich/ iſt auch roht/ und wird ge-
meiniglich in den unter Kinbacken/ in den
epiphyſibus und apophyſibus gefunden. D. An-
tonio Mollinetto Anatomicus Patavinus
hielt
in ſeinen Lectionibus davor/ daß alle dieſelbe
Knochen/ und apophyſes, welche nach der
Gebuhrt dem Menſchen wachſen/ ohne
Marck ſeyn.


5. Wie
[3]von der ANATOMIA.

5. Wie und woher waͤchſt das
Marck in den Beinen?


Es wird auß dem dicken und groben Ge-
bluͤht/ und wird durch die Adern in die Hoͤ-
len geleitet/ woſelbſten es gekochet wird/ dan-
nenhero in den Hoͤlen der Knochen derer
Thiere/ welche neulich gebohren ſind/ das
Marck noch bluhtig iſt.


6. Warum ſcheinet das Marck
in den Beinen empfindlich?


Solches geſchicht wegen des Haͤutleins/
damit das Marck umbgeben iſt.


7. Wie viel Beine hat die Hirn-
Schale?


Acht/ als ſechs eigene/ nemlich 1. Osfron-
tis,
das Stirn-Bein. 2. Duo oſſa ſyncipi-
tis,
zwey Beine des Vordertheils des
Haͤupts/ werden auch oſſa parietalia oder
bregmatis genandt. 3. Os occipitis, ein Bein
des Hintertheils des Haͤupts. 4. Oſſa pe-
troſa
,
zwey Schlaff-Beine/ werden auch
Lapidoſa oder Mendoſa genandt: und dann
zwey/ der Hirnſchal und oberen Kinback ge-
mein/ als das Os ſphoenoides vel Cuneiforme
die Grund-feſte der Hirnſchal/ und Os eth-
moides vel cribroſum:
Iſt das kleineſte/
und flieſt hiedurch der Rotz. Sonſten ſind
noch acht Beinlein des Gehoͤrs in der Hirn-
A ijſchal/
[4]Frag und Antwort
ſchal/ als an jeder ſeiten vier/ nemlich/ Incus,
Stapes, Malleus, Orbiculare
.


8. An welchem Ort iſt die Hirn-
ſchal am duͤnſtẽ und dickſten?


Die harteſten ſind die Oſſa petroſa, wie ihr
felſichter Nahme mit ſich bringet/ doch wer-
den ſie umb die mitlere Jegend etwas duͤnn/
das Os occipitis iſt auch ſehr dick/ doch wird
es auch an ſeinem unterſten Theil ſehr duͤñ.
Das Os ſyncipitis iſt duͤnner und ſchwaͤcher
als die anderen/ und ſonderlich der Wirbel.


9. Was hat die Naſe fuͤr Bein?


Die Naſe hat 2. Bein/ welche mit einer
Sutur von einander getheilet ſeyn/ inwen-
dig rauch und uneben/ damit ſie deſto beſſer
dem Knorpel der Naſen anhangen/ und
dann 1. nemlich innerlich die Schiedwand
der Naßloͤcher/ durch welche ſo wol die Lufft
und der Geruch hinein/ als der Rotz und
Pituita vom Gehirn außgehet.


10. Was hat der Mund fuͤr
Beiner?


Das Os ſphoenoides oder Unterſatz des
Hirns: wird auch das Gaumen-Bein ge-
nant: uͤber das hat der Ober-Kinbacken
eilff Beiner/ welche das gantze Geſicht for-
miren/ und ein Bein des untern Kinba-
ckens.


11. Was
[5]von der ANATOMIA.

11. Was hat der Halß fuͤr Beine?


Der Halß hat ſieben Gewerb oder Spon-
dylen
.


12. Was hat die Bruſt fuͤꝛ Beine?


Sie hat ein Bein/ welches Sternon ge-
nandt wird/ in den jungen Kindern unter
ſieben Jahr/ beſtehet es von acht Beinen/
welche hernach zuſammen wachſen/ daß
nicht mehr als drey oder vier bleiben/ in den
gar erwachſenen wird es in eins: hernach
hat ſie auch zwey Beine/ welche claviculæ
oder Gabel-Beine genandt werden.


13. Wie viel Gelenck oderSpon-
dylos
hat der Ruͤckgrad?


Der gantze Ruͤckgrad hat 30. auch mehr
Gelenck/ nach dem man das Os ſacrum
und Os Coccigis theilet/ ins gemein werden
gezehlet: ſieben des Halſes: zwoͤlff des
Ruͤckens: fuͤnff der Lenden: fuͤnff des hey-
ligen Beins: Eins das Os Coccigis welches
auch offt in drey oder vier Theile getheilet
wird.


14. Wie viel Rippen hat ein
Menſch?


Vier und zwantzig: nemlich zwoͤlff auff
einer Seiten/ als ſieben gantze/ und fuͤnff
halbe/ welche in einander mit dem Kroſpel
A iijgantz
[6]Frag und Antwort
gantz verſchrencket ſeyn/ außgenommen die
Letzte/ welche allein und die kleineſte iſt.


15. Was haben die Arme fuͤr
Beiner?


Zwey und Sechtzig. Nemlich 2. der
Schulterblaͤtter (Scapularum) 2. der O-
berarme (brachiorum) 4. der Unterarme/
(cubitorum \& radiorum) 16. der Hand-
Wurtzel/ (carporum) 8. der mitleren Hand
(metacarporum) 30. der zehen Finger: noch
ſind kleine Beinlein/ ſo wol in den Fuͤſſen
als Haͤnden/ neben den Gelencken/ und
werden Oſſa ſeſamoidea genant/ welche nicht
allezeit wol zu zehlen ſind.


16. Was haben die Schenckel
oder Fuͤſſe fuͤr Beine?


Sechszig. Nemlich 2. in den Ober-
Schenckeln/ 4. im Schien- und Waden-
beinen/ 2. der Knieſcheiben/ 14. der Fußwur-
tzel/ 10. des Mittel-Fuſſes und 28. in den
Zehen; weil der groſſe Zeh nur zwey Gelen-
cke hat.


17. Sind dann alle Beine un-
empfindlich?


Die Beine ſind alle unempfindlich/ (das
Perioſtium aber/ welches Haͤutlein alle Bei-
ne bekleidet/ iſt ſehr empfindlich) außgenom-
men die Zaͤhne.


18. War-
[7]von der ANATOMIA.

18. Warumb ſind die Zaͤhne al-
leine empfindlich?


Platerus in quæſtionibus Pathologicis mel-
det/ daß die Zaͤhne/ weil ſie weder Nerven
noch ein Perioſtium haben/ kein Fuͤhlen an
ſich haben/ ſondern es geſchehe ſolches we-
gen der umliegende membranen und perioſtii
des Kinbackens/ denn die Subſtantz welche
in dem Zahn ſich findet/ iſt nicht nervoſiſch/
ſondern beinicht: wiewol dieſer Subſtantz
von Bartholino das Fuͤhlen zugeſchrieben
wird.


19. Haben die Zaͤhne auch
Marck?


Nach Bartholini Meinung haben ſie
Marck/ und Nerven/ derowegen in Abneh-
mung eines gar zu langen Zahns/ convulſio,
epilepſia
und der Todt erfolget.


20. Wie viel Zaͤhne hat der
Menſch?


Etliche haben zwey und dreyſſig/ etzliche
acht und zwantzig/ als unten und oben acht
forder Zaͤhne/ inciſores genandt: vier Spitz-
Zaͤhne/ welche Canini genandt werden/ und
dann achtzehen oder 20. Back-Zaͤhne/ un-
ter welchen die letzten dentes ſapientiæ ge-
nandt werden/ weil ſie ſich erſtlich bey maͤnn-
lichen Jahren beweiſen.


A iiij21. Was
[8]Frag und Antwort

21. Was iſt jeglicher beſagter
Gebeine Zweck und Nutz?


Die Beine ins gemein ſind darzu/ daß
ſie eine rechte ſtatur und fundement des
Coͤrpers ſeyn/ auff welchen die muſculen,
Sehnen/ Adern und Nerven/ ihr Lager
und Stuͤtze haben. Das Haͤupt aber
haͤlt in ſich das Hirn/ die Bruſt enthaͤlt
das Hertz und Lung.


22. Wie iſt es umb die Loͤcheꝛ des
Haͤupts und Angeſichts
beſchaffen/ und was iſt ihre
Nutzbarkeit?


Das Os Frontis hat viel Loͤcher/ als wel-
che zur Naſen gehen/ und zwey/ durch
welche die Nervi optici gehen: das Os oc-
cipitis
hat ein groß Loch/ durch welches
das Marck des Ruͤckgrads gehet/ und an-
dere Loͤchlein/ durch welche die Arterien
und Adern hinein/ und die Nerven herauß
gehen/ die Osſa petroſa haben zwey merck-
liche Loͤcher/ durch welche das Gehoͤr ge-
ſchicht.


23. Was iſt ein Kroſpel?


Die Kroſpel ſind einer mittelmaͤſſigen
Subſtantz zwiſchen Bein und Ligamenten/
weicher denn Bein/ und haͤrter als Liga-
menten,
[9]von der ANATOMIA.
menten, ſind kalter und truckner Complexi-
on
,
ohne Marck und Hoͤlen.


24. Wie iſt es mit der Augen-
lieder Kroſpel bewand?


Dieſer Kroſpel iſt weich/ und einer ſtar-
cken Membranen gleich/ in welchem die
Haar oder Augen-Wimpern ſtecken/ wel-
che verhindern/ daß nicht allein die Haar
vom Haͤupt/ ſondern auch ſonſten was/
nicht in die Augen falle.


25. Wie iſt es mit dem Kroſpel
der Ohren beſchaffen?


Dieſer Kroſpel Subſtantz iſt dem Oſſipe-
troſo
angehefftet/ durch ein ſtarckes Band/
vom pericranio entſproſſen: Dieſer Kroſ-
pel iſt auſſer der Zierde auch nuͤtz zum Ge-
hoͤr/ denn in mangelung deſſen/ wird das
Gehoͤr geſchwaͤchet/ weil der ſonſt umb-
ſchweiffende Schall in den Kruͤmmen auff-
gehalten und geſamlet wird.


26. Wie iſt es mit dem Kroſpel
der Naſen bewand?


Es ſind fuͤnff an der Zahl: die zwey
Oberſten hangen den Knochen der Naſen
an/ ſind breit/ und je weiter ſie hinunten
gehen/ je duͤnner und weicher werden ſie.
Die dritte iſt die Schiedwand: neben der
A vſeiten
[10]Frag und Antwort
ſeiten werden zwey andere gefunden/ und
werden alle miteinander mit einem mem-
brano
ſiſchen Pergamenthaͤutlein vereinba-
ret. Sind geſchaffen daß ſie die Loͤcher der
Naſen offenhalten/ den Geruch zu befor-
dren/ und das Haͤupt durch ihre Gaͤnge
von der uͤberfluͤſſigen Feuchtigkeit zureini-
gen.


27. Wie iſt es mit der Kroſpel
des Unternkieffels?


Der Unterkieffel hat in der mitte am Kin
einen Kroſpel/ bey den Kindern nur zufin-
den: Im ſiebeden Jahr aber/ wird es
gantz hart zu einem Knochen.


28. Wie iſt es mit dem Kroſpel
der Lungenroͤhr?


Die Lufft- oder Lungenroͤhr iſt von vielen
Ringlein zuſammen geſetzet/ ſonſten beſte-
het ſie von fuͤnff Kroſpel/ als 1. heiſt carti-
lago ſcutiformis
oder der Adams Apffel.
2. Cartilago annularis. 3. und 4. heiſt gutta-
lis. 5. Epiglottis
iſt weicher Subſtantz/ und
von Figur eines Ephew Blats: bedecket
die Lufftroͤhr/ damit keine Speiß oder
Tranck in dieſelbe komme/ doch kan vom
Trincken etwas hinein kommen.


29. Wie iſt es mit dem Kroſpel
des Ruͤckgrads?


Die
[11]von der ANATONIA.

Die Gewerb des Ruͤckgrads ſind unten
und oben mit Kroſpel bekleidet/ damit ſich
der Ruͤckgrad deſto leichter bewegen koͤnne/
welche im Oſſe ſacro haͤrter und truckner
ſeyn/ wes wegen dann dieſes Bein unbe-
weglich.


30. Wie iſt es mit dem Kroſpel
der Rippen.


Die Kroſpel der Rippen fuͤgen ſich zu-
ſammen mit dem ſterno, und ſind dazu ge-
ſchaffen/ daß ſich die Bruſt deſto leichter
bewegen kan: Die Kroſpel der oberſten
Rippen/ welche ſich mit dem Sterno verein-
bahren/ ſind haͤrter; Die Unterſten ſind
weicher/ am Hintertheil hat ein jedere Rip-
pe einen Kroſpel/ welche den Gleichendes
Ruͤck-Grades eingeſchloſſen wird.


31. Wie iſts mit dem Schild-
formigen Kroſpel bewand?


Dieſer Kroſpel haͤngt zu letzt dem Sterno
an/ und wird Enſiformis, Schwerdt- oder
Schildformich genand/ iſt drey-eckicht und
laͤnglich am Ende/ bißweilen rund/ bißwei-
len breit/ iſt bißweilen von den Bruſt-Adern
durchbohret.


32. Wie iſts mit den Kroſpeln/
welche dem Schulterblat/

dem
[12]Frag und Antwort
dem Hufftbein/ und den En-
den des Schinbeins angeſe-
tzet/ des gleichen mit dem/ ſo
neben dem Carpo uñ Schaam-
bein darzwiſchen geſetzet/ be-
wandt?


Sie ſind deswegen da/ damit ſie eine
leichtere Bewegung machen/ und das
Bein in ihren Gewerbe bekleiden/ damit
ſie nicht durch das aneinander-reiben/ be-
ſchaͤdiget werden/ weßwegen ſie auch un-
empfindlich ſeyn.


33. Wie viel Gelenck hat ein
Menſch?


Acht und ſechtzig ungefehr/ ohne die Ge-
lencke des Ruͤckgrads.


34. Worvon entſpringen die
Naͤgel/ u. was iſt ihr Ampt.


Sie entſpringen nicht/ nach etlicher Mei-
nung/ auß dem Nahrungs-Safft/ ſon-
dern auß den Außwuͤrfflichen dicken Feuch-
tigkeiten/ nicht welche auß dem Hertzen und
Arterien/ ſondern/ welche auß/ oder von
den Knochen und Baͤndern entſpringen.
Ihr Ampt iſt die Haͤnde und Fuͤſſe zube-
ſchuͤtzen/ und daß wir mit den Haͤnden
feſter
[13]von der ANATOMIA.
feſter greiffen und viele Geſchaͤffte beſſer ver-
richten koͤnnen.


35. Was ſind Ligamenten und
Bandtadern/ und workom-
men ſie her?


Sie ſind einer ſtarcken Subſtantz haͤrter
wie die Nerven/ und weicher wie die Kroſ-
pel/ ohne Blut und Empfindlichkeit/ neh-
men ihren Urſprung auß den Knochen und
Glieder dieſelbe aneinander zu binden/ denn
ſie umbgeben das gantze Glied in die run-
den/ damit ſie nicht leicht verrencket werden.


36. Was iſt fuͤr ein Unterſcheid
zwiſchen einem Haarwachs
und Bandtader?


Ein Haarwachs oder Tendo iſt ein laͤng-
lich corpus, gehet von Anfang biß zu Ende
eines Muſculs, iſt kalt und trucken/ und
wird von Galeno davor gehalten/ daß der
Schwantz eines Muſculi ſey eine Zuſam-
menkunfft der Zaͤſerlein/ Baͤndern und klei-
nen Nerven; Wie wol dieſes letztere vom
Aquapendente und Riolano geſtritten wird/
welche dafuͤr halten/ daß die Nerven ehe ſie
in einen tendinem gelangen/ gantz zerſpreitet
werden/ und weil die Nerven weich/ koͤn-
nen ſolche einem ſo harten Theil als der tende
iſt/ nicht einverleibet werden.


37. Was
[14]Frag und Antwort

37. Was hat es umb das Zun-
genband fuͤr Beſchaffenheit?


Die Zunge hat in der Mitte ein ſtarckes
und breites Band/ dieſelbe [zubefeſtigen] und
die Muſculen ein zu verleiben.


38. Was hat es fuͤr eine Beſchaf-
fenheit mit den Bandtadern
des kleinen Handtbeins?


Dieſe ſind anders beſchaffen als andere/
und erwachſen von dem unterem Appendice
der kleinen und groſſen Elbogenroͤhre. Ihr
Ampt iſt/ daß ſie die Roͤhren an das forde-
re Handtbein an binden: Und weil die
acht Beine des carpi in zwo Ordnungen
getheilet ſind, ſo haben dieſe Sehnen zwi-
ſchen dieſelben eingehen ſollen/ damit ſie in
der Bewegung von ihrem Ort nicht abwei-
chen/ und auff dieſe Art iſt es auch beſchaf-
fen mit dem Schenckel und Schienbein.


39. Wie iſt es mit den Sehnen
zwiſchẽ den heyligen Bein uñ
Huf bein gelegen/ beſchaffen?


Erſtlich iſt eine Sehne oder vielmehr ein
Ligament zwiſchen dem heyligem-uñ Huͤfft-
bein/ welche nicht rund iſt/ ſie entſpringet
von dem euſerſten Theil des heyligen Beins/
und endet ſich uͤberzwerg in den ſpitzigen
Theil
[15]von der ANATOMIA.
Theil des Hufftbeins/ ſie bindet dieſe zwey
Beine/ und helt ſie bey einander: Es iſt
noch eine langlichte Sehne/ welche auß der
tieffen Hoͤlen des Hufftbeins ihren Urſprung
nimbt/ und wird mitten in das Haupt des
oberen Schenckelbeins ein gepflantzet/ wel-
che dieſes Glied zuſammen helt/ davon es
ein anhangend Glied wird/ und ſo ſolches
Ligament zerriſſen/ iſt kein bleibende Ein-
richtung/ ſondern es muß der Patient alle-
zeit hinckend bleiben.


40. Wie iſts mit der uͤberzwerg
Sehnen des fuſſes bewand?


Nebeſt dem Ligament ſo allen Einglei-
chungen gemein iſt/ erzeigen ſich auch ſechs
andere Sehnen. Dieſer Ampt iſt die
Haarwachs in ihrer richtigen Ordnung zu
halten.


41. Was hat es mit der Leber-
ſehnen fuͤr eine Beſchaffen-
heit?


Die Vena umbilicalis, (welche der Frucht
ſo lang ſie im Mutterleibe/ die Nahrung
gegeben) wird nach Abbindung des Nabels
zu einem Ligament, gehet in die Leber/ und
helt dieſelbe/ damit ſie nicht hinauff weichen
koͤnne.


42. Was
[16]Frag und Antwort.

42. Was ſind die Muſculi oder
Maͤußlein?


Ein Muſculus wird deßwegen ſo genandt
weil ſie einer abgezogenen Mauß aͤhnlich iſt/
iſt ein Iſtrument der willigen Bewegung/
beſtehend auß 1. Fleiſch 2. einem tendine. 3.
Adern/ 4. arterien, 6. Nerven/ 6. Mem-
branen
,
7. Feiſte/ durch welche ſie befeuch-
tet werden.


43. Wie viel ſind Maͤußlein
am gantzen Leibe?


Hierinnen ſind die Authores nicht einer
Meinung.


Avicenna haͤlt davor es ſeyn 531. Muſculen.


Ambroſius Paræus ſaget von 388.


David Hermannus erzehlet 399.


Archangelus Picolhomini zehlet 402. Mit
welchem ichs halte.


44. Wie viel Maͤußlein hat ein
jeder Theil?


  • Der Unter-Bauch hat ‒ ‒ ‒ 10
  • Der Hintere ‒ ‒ ‒ ‒ 3
  • Die Blaſe ‒ ‒ ‒ ‒ 1
  • Die Hoden ‒ ‒ ‒ ‒ 2
  • Die Manß Ruthe oder in den Wei-
    bern Clitoris ‒ ‒ ‒ 4
  • Die Bruſt ‒ ‒ ‒ ‒ 12

Zwi-
[17]von der ANATOMIA.
  • Zwiſchen den Rippen ſind ‒ ‒ 44
  • Die Droſſel ‒ ‒ ‒ ‒ 14
  • Das Zungenbein hat ‒ ‒ ‒ 10
  • Die Zunge ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 8
  • Das Zaͤpfflein ‒ ‒ ‒ ‒ 4
  • Das Genick ‒ ‒ ‒ ‒ 8
  • Die Schulter-Blaͤtter ‒ ‒ ‒ 8
  • Der Ruͤcken ‒ ‒ ‒ ‒ 14
  • Der Kopff ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 14
  • Die Stirne ‒ ‒ ‒ ‒ 2
  • Die Augenlieder ‒ ‒ ‒ ‒ 6
  • Die Naſe ‒ ‒ ‒ ‒ 8
  • Die Leffzen ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 12
  • Die Backen ‒ ‒ ‒ ‒ 4
  • Der Unter-Kinbacken ‒ ‒ ‒ 12
  • Die Augen ‒ ‒ ‒ ‒ 12
  • Die Ohren ‒ ‒ ‒ ‒ 8
  • Die Ober-Arme ‒ ‒ ‒ 14
  • Die Unter-Arme ‒ ‒ ‒ ‒ 8
  • Die Radii ‒ ‒ ‒ ‒ 8
  • Die Carpi ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 8
  • Palmares ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 2
  • Die Finger ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 46
  • Die Schenckel ‒ ‒ ‒ ‒ 22
  • Die Schienbeine ‒ ‒ ‒ ‒ 22
  • Die Tharſi ‒ ‒ ‒ ‒ 12
  • Die Zehe ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 40

Summa 402.


BBrevis-
[18]

Brevisſima Tabula
omnium Muſcu-
lorum.


Frontis, 2.

  • Palpebras ſurſum trahunt \& ad li-
    bitum etiam ſupercilia con-
    ſtringunt.

Palpebrarum. 8.

Nimirum in uno latere.


    • 1. Ciliaris.
    • 2. Orbicularis ſupe-
      rior.
    • 3. Orbicularis infe-
      rior.
    • 4. Levator ſeu rectus.
    Palpebras
    movent clau-
    dunt \& ape-
    riunt.

Oculorum. 12.

Nempe quatuor recti \& duo obliqui.


  • 1. Attollens ſive ſuperbus.
  • 2. Deprimens ſive humilis.
  • 3. Adducens ſive bibitorius.
  • 4. Abducens ſive indignatorius.

Duo obliqui, amotorii dicti: ut


  • 1. Major ſuperior ſive trochleator.
  • 2. Minor obliqvus inferior.

Naſi
[19]Brevisſima Tab. omnium Muſcul.
Naſi 7. vel 8.

Conjugati ſex \& unus Azygos.


  • 1. Communis. Deprimit naſum
    cum labium ſuperius deor-
    ſum trahitur.
  • 6. Proprii. Nempe quatuor ex-
    terni, ut. 2. qui oriuntur
    juxta foramen lachrymale
    \& ad alas veniunt. \& 2. quià
    maxilla ſuperiori orti in
    pinnas inſeruntur. 2. inter-
    ni qui ab osſis extremitate
    in alas internè inſeruntur.

Labiorum. 12.

  • Oriuntur à gingivis utriusque ma-
    xillæ. Principalis Muſculus
    eſt Circularis vel Oſculato-
    rius.

Maxille inferioris 12.

Nimirum in uno latere.


  • 1. Temporalis. Surſum movet.
    • 2. Latus dicitur etiam
      quadratus.
    • 3. Digaſtricus ſive bi-
      venter.
    Deorſum
    trahunt.

B 24. Maſ-
[20]Brevisſima Tabula
  • 4. Maſſeter ſive manſorius. Ad
    latera trahit.
  • 5. Pterigoideus internus. Ante
    pellit.
  • 6. Pterigoideus externus. Antror-
    ſum movet.

Aurium. 8.

Dehis valdè disſentiunt Autores.


Linguæ. 8.

Nimirum in uno latere.


    • 1. Geniogloſſus.
    • 2. Basſiogloſſus.
    • 3. Stylogloſſus.
    • 4. Milogloſſus.
    Parvis mo-
    tibus movet
    liguam.
    • Ante
      Retro.
      #Adla-
      tera.

Uvulæ 4.

  • 1. Par pterygoſtaphylinum exter-
    num. Antrorſum movet.
  • 2. Par pterygoſtaphilinum inter-
    num. Deorſum movet.

Osſis hyoidis 10.

In uno latere ſunt.


1. Ster-
[21]omnium Muſculorum.
    • 1. Sternohyoideus.
    • 2. Genoihyoideus.
    • 3. Mylohyoideus.
    • 4. Coracohyoi-
      deus.
    • 5. Styloceratohyo-
      ideus.
    Movet
    magnis
    motibus.
    • Antedũ
      tollit.
      Deorſum
      retrahit.
      Ad lato-
      ra deor-
      ſum. Sur-
      ſum tra-
      hendo.

Laryngis 14.

Nempe communes quatuor.


  • 1. Bronchius.
  • 2. Hyothyroideus.

Proprii decem.


    • 1. Cricothyroideus
      anticus.
    • 2. Cricothyroideus
      lateralis.
    • 3. Cricoarytænoi-
      deus.
    • 4. Thyroarytænoi-
      deus.
    • 5. Arytænoides or-
      bicularis.
    Ad vocis forma-
    tionem reſpirati-
    onem \& reſpira-
    tionis inhibitio-
    nem uſus eorum
    tendit.

B 3Ca-
[22]Brevisſima Tabulæ
Capitis 14.

Eorum duodecim parte poſtica, duo ve-
rò antica locantur.


  • 1. Maſtoideus qui flectit.
  • 6. Qui extendunt in uno latere, \&
    diſtinguntur in majores \&
    minores, \& hi iterum in re-
    ctos \& obliquos.

Cervicis 8.

    • 1. Longus.
    • 2. Scalenus ſive trian-
      gularis.
    Hi in quolibet
    latere flectunt.
    • 3. Transverſarius.
    • 4. Spinatus.
    Extendunt.

Diaphragma.

Muſculus unus.


Thoracis 12.

    • 1. Subclavius.
    • 2. Serratus major.
    • 3. Serratus poſticus ſuperior.
    • 4. Triangularis.
    Dila-
    tant.
    • 5. Sacro lumbus.
    • 6. Serratꝰ poſticus inferior.
    Contra-
    bunt.

Dor-
[23]omnium Muſculorum.
Dorſi \& Lumborum 8.

In uno latere ſunt.


  • 1. Quadratus. flectit lumborum
    vertebras.
  • 2. Semiſpinatus. Coſtas extendit.
  • 3. Sacer. Flectit Lumbos.
  • 4. Longisſimus. Lumbos, tho-
    racem extendit.

Intercoſtales 44.

  • Nempe 22. externi. Dilatant.
  • 22. interni Contrahunt.

Abdominis 10.

    • 2. Obliqui externi deſcen-
      dentes.
    • 2. Obliqui interni aſcen-
      dentes.
    • 2. Recti.
    • 2. Transverſi.
    • 2. Pyramidales.
    Ad ex-
    pellenda
    excre-
    menta,
    compri-
    mendo.

Penis 4.

  • 2. Acceleratores qui paraſtatas
    comprimunt.
  • 2. Erectores qui erigunt penem.

Ani. 3.

  • 2. Levatores, ne inteſtinum rectum
    prolabatur.

B 41. Sphin-
[24]Brevisſima Tabula
  • 1. Sphincter.

Veſicæ. 1.

Sphincter veſicæ, alii plures faciunt.


Teſtium 2.

  • 2. Cremaſteres.

Scapularum 8.

In uno latere ſunt ſequentes.


    • 1. Trapezius ſive cucullaris.
    • 2. Levator ſive mendicus.
    Ele-
    vant.
  • 3. Serratus minor ſive anticus ſu-
    perior. Movet antrorſum.
  • 4. Rhomboides ſeu quadratus.
    Mover retrorſum.

Brachiorum 18.

    • 1. Deltoides.
    • 2. Supraſpinatus.
    Surſum mo-
    vent.
    • 3. Latisſimus. Aniſcalptor.
    • 4. Rotundus major.
    Deorſum
    movent.
  • 5. Pectoralis. Movet antrorſum.
    • 6. Infra ſpinatus.
    • 7. Rotundus minor.
    • 8. Immerſus ſeu ſubſca-
      pularis.
    Retror-
    ſum mo-
    vent.
  • 9. Coracoideus Riolani, portio
    potius bicipitis eſt, \& brachium
    ad pectus adducit.

Cu-
[25]omnium Muſculorum.
Cubitorum 8.

  • 1. Biceps. Qui flectit.
      • 2. Longus.
      • 3. Brevis.
      Hi unum habent
      tendinem.
    • 4. Brachiæus externus.
    Exten-
    dunt.

Radiorum 8.

    • 1. Pronator ſuperior
      teres eſt.
    • 2. Pronator inferior
      qui quadratus.
    • 3. Longus.
    • 4. Brevis.
    Pronafit ma-
    nus horum a-
    ctione.

Carporum 8.

    • 1. Radiæus internus.
    • 2. Cubitæus internus.
    Flectunt.
    • 3. Radiæus externus ſeu
      bicornis.
    • 4. Cubitæus externus.
    Exten-
    dunt.

Palmares 2.

Reliquis Muſculis ſuperſternuntur \&
volam corrugant.


Digitorum manuum. 46.

    • 1. Perforans
    • 1. Perforatus
    • 4. Lũbricales
    Habent
    quatuor
    tendines
    \& flectũt.
    • Tertiũ interno-
      dium ſec. inter-
      nodiũ primum
      internodium.

B 44. Ex-
[26]Brevisſima Tabula
  • 4. Extenſores 4. digitorum.
  • 2. Extenſores pollicis.
  • 6. Interoſſei
    • 1. Abductor
    • 1. Adductor
    Pollicis.
  • 1. Indicator ſive indicis.
  • 1. Abductor minimi digiti.

Femorum 22.

    • 1. Pſoas.
    • 2. Iliacus internus.
    • 3. Triceps.
    • 4. Lividus.
    Flectunt.
    • 5. Glutæus medius.
    • 6. Glutæus major.
    • 7. Glutæus minor.
    Extendunt.
    • 8. Iliacus externus.
    • 9. Obturator externus.
    • 10. Obturator internus.
    • 11. Circumagens quartus.
    Circuma-
    gunt.

Tibiarum 22.

    • 1. Membranoſus.
    • 2. Rectus.
    • 3. Vaſtus externus.
    • 4. Vaſtus internus.
    • 5. Crureus.
    Extendunt.
  • 6. Suppopliteus obliquè movet.

7. Fa-
[27]omnium Muſculorum.
    • 7. Faſcialis ſive Sartorius
    • 8. Gracilis.
    • 9. Seminervoſus.
    • 10. Semimembranoſus.
    • 11. Biceps.
    Flectunt.

Tarſorum 12.

    • 1. Tibialis anticus.
    • 2. Peronæus ſecundus.
    Flectunt.
    • 3. Tibialis poꝰ; introrſum.
    • 4. Peronæus primus; extror-
      ſum.
    Mo-
    vent.
    • 5. Gaſterocnemius.
    • 6. Soleus.
    Extendunt.

Plantares. 2.

Digitorum pedum 20.

  • 1. Perforans.
  • 2. Perforatus.
  • 3. Lumbricalis.
  • 4. Pollicis flexor.
  • 5. Pollis abductor.
  • 6. Pollicis adductor major.
  • 7. Pollicis adductor minor.
  • 8. Abductor minimi digiti.
  • 9. Pollicis extenſor.
  • 10. Ex tenſor quatuor digitorum.

45. Wie
[28]Frag und Antwort.

45. Wie iſt es mit den Muſcu-
len der Stirn bewandt?


Derer ſind zwey/ welche die Augenlieder
in die Hoͤhe ziehen/ und nach belieben dieſel-
be zuſammen ziehen. Sie entſpringen bey
der Cronfugen (Sutura coronali,) und wer-
den bey den Schlaffmaͤußlein (muſculo
temporali
) angehefftet/ endigen ſich bey den
Augen-Liedern/ am Ende gehen ſie beyde
zuſammen als wann es nur ein muſculus
waͤre.


46. Wie viel ſind Muſculen
der Naſen?


Derer ſind acht/ wiewol ziemlich klein/
weil die Bewegung der Naſen/ ſchlecht iſt:
Vier ſind die Naſen-Loͤcher auffzuſperren/
und vier dieſelbe zuſammen zu ziehen.


47. Wie viel ſind Halß-Maͤuß-
lein/ und was iſt ihr Ampt?


Derer ſind acht/ an jeder Seiten viere/
als 1. Longus, 2. Scalenus oder Triangula-
ris
,
dieſe beugen auff die Seite 3. Transver-
ſarius.
4. Spinatus.
Dieſe zwey ſtrecken auß.


48. Wie viel ſind Maͤußlein
der Lefftzen und Baken?


Zwoͤlff/ haben ihren Urſprung von dem
Zahn-
[29]von der ANATOMIA.
Zahnfleiſch beyder Kinnbacken. Der Prin-
cipalſte iſt der Circularis. Dieſe bewegen die
Lefftzen.


49. Wie viel ſind Augenlieder
Muſculen?


Acht/ in jedem vier/ der 1. heiſt Ciliaris,
2. Orbicularis ſuperior, 3. Orbicularis infe-
rior
, 4. Levator ſeu rectus.
Dieſe vier in
jedem Augenliede bewegen daſſelbe/ machen
es auff und zu.


50. Wie viel ſind Maͤußlein
der Augen/ und was iſt ihr
Ampt?


Zwoͤlff/ nehmlich in jederm Auge vier
gerade/ welche eine gerade Bewegung ma-
chen/ und werden zu Latein Recti genandt/
und zwey/ welche eine ſchrege Bewegung
machen/ obliqui genandt. Die vier erſten
heiſſen 1. Attolens der Auffheber. 2. De-
primens
der Niederdruͤcker. 3. Adducens
der zur Naſen das Aug ziehet. 4. Abducens
der das Auge von der Naſen abziehet. Die
zwey/ welche das Aug rundtumb oder
ſchraͤg (obliquè) drehen/ werden genandt
1. der Oberſte groſſe Trochleator, welcher
gleichſahm durch eine Rolle (trochlea) ge-
het/ 2. der Unterſte kleine.


51. Wie viel ſind Maͤußlein der
Ohren?


Acht/
[30]Frag und Antwort.

Acht/ in jedem vier/ ins Creutz außge-
ſpannet/ ihre Verrichtung iſt ſchlecht/ nur
daß ſie das Ohr anhefften.


52. Wie viel ſind Maͤußlein
des Unterkieffels?


Zwoͤlff/ 1. Temporalis das Schlaff-
Maͤußlein/ welches den Kinbacken auffhe-
bet. 2. Latus, quadratus oder der Breite.
3. Digaſtricus ſive biventer der Zwey-Leibige.
Dieſe zwey ziehen ihn hinunter. 4. Masſeter
ſive manſorius
welcher vor ſich/ hinter ſich
und auff die Seiten ziehet. 5. Pterigoidæus
internus
,
treibet vor ſich. 6. Pteregoidæus
externus
,
welcher vor ſich ziehet/ und den
Kinbacken herauß ſtoſſet. Auff der ande-
ren Seiten ſind eben ſo viel.


53. Wie viel Muſculen ſind des
Schlundes?


Vierzehen: nemblich vier gemeine: als
1. Bronchius. 2. Hyothyroidæus auff einer
Seiten/ und zehn eigene/ als 1. Cricothyro-
idæus anticus.
2. Cricothyroideus lateralis.
3. Cricoarytænoideus. 4. Thyroarytænoideus.
5. Arytænoideus orbicularis.
Dienen zum
Athem holen und Formirung der Stimme.
Auff der andern Seiten ſind auch ſo viel.


54. Wie viel ſind Muſculen
des Zungenbeins?


Zehn/
[31]von der ANOTOMIA.

Zehn/ auff jeder Seiten fuͤnff/ als 1. Ster-
nohyoideus.
2. Geniohyoideus. 3. Mylohyoi-
deus.
4. Coracohyoideus 5. Stylocoratohyoi-
deus.
Bewegen die Zunge ſtarck auff aller-
hand Art und Weiſe.


55. Wie viel ſind Muſculen der
Zungen.


Acht/ auff jeder Seiten vier/ als 1. Genio-
gloſſus
2. Baſiogloſſus. 3 Stylogloſſus. 4. My-
logloſſus
,
bewegen die Zunge maͤhlich/ hin-
ter ſich/ vor ſich/ zu den Seiten und allen
Orten.


56. Wie viel ſind Schulter-
blaͤtter- und Achſel Maͤuß-
lein.


Acht/ an jeder Seiten vier/ als 1. Tra-
petius ſive cucullaris.
2. Levator ſive mendi-
cus.
Dieſe heben die Schulter auff. 3. Ser-
ratus minor
beweget ſie vor ſich. 4. Rhom-
boides
beweget ruͤckwerts.


57. Wie viel ſind Maͤußlein des
Haupts?


Vierzehen/ derer Ampt/ nemlich der
Sechs auff einer Seiten/ iſt/ das Haupt
auß dehnen/ biegen und herumb drehen.
Maſtoideus aber/ bieget das Haupt vor-
werts.
[32]Frag und Antwort.
werts. Und weil das Haupt ſchwer/ hat
die Natur zu beyden Seiten zwoͤlff Maͤuß-
lein hinter daſſelbe gewidmet/ damit es nicht
vor ſich falle/ und weil die Schwere der
Bewegung/ welche vor ſich geſchicht/ zu
Huͤlffe kommt; So ſind nur zwey forne/
welche maſtoidei genand werden.


58. Wie viel ſind Bruſtmaͤuß-
lein? was iſt ihr Ampt?


Derer ſind zwoͤlff/ ſo oben den Rippen
liegen; Als/ auff einer Seiten 1. Subcla-
vius
2. Serratus major. 3. Serratus poſticus
ſuperior
4. Triangularis. 5. Sacrolumbus. 6.
Serratus poſticus inferior.
Dieſe [erweiteren]
die Bruſt; Und die zwey letzten ziehen ſie zu-
ſammen.


Uber das ſind noch vier und viertzig/ wel-
che zwiſchen den Rippen liegen: Als 22.
auſſerhalb/ welche erweitern/ und 22. in-
nerhalb/ welche zuſammen ziehen. Zu
wiſſen iſt/ daß zwiſchen zweyen Rippen alle-
zeit zwey Muſculen liegen; Einer inwendig/
der ander außwendig: Ihre Fibræ und Zaͤ-
ſerlein ſind gleich einem X einander entge-
gen geſetzet.


59. Wie viel ſind Maͤußlein
des Ruͤckens?


Acht/ an jeder Seiten vier/ als 1. Qua-
dratus.
[33]von der ANATOMIA.
dratus. 2. Semiſpinatus. 3. Sacer. 4. Lon-
gisſimus dorſi.
Dieſe beugen die Gewerb
der Lenden/ ſtrecken die Rippen auß/ wie
auch die Bruſt. Hier iſt zu mercken/ daß
die Anatomici in den Muſculen der Bruſt
und Ruͤckens nicht eins ſeyn: Dann etzli-
che zehlen die Muſculen der Bruſt zu dem
Muſculen des Ruͤckens/ etzliche zehlen hin-
wiederumb die Muſculen des Ruͤckens un-
ter die Muſculen der Bruſt.


60. Wie iſt es umb das Zwerg-
Fell beſchaffen?


Das Zwerg-Fell Diaphragma genandt/
wird auch von etzlichen unter die Muſculen
gezehlet: Unterſcheidet den Unterbauch von
der Bruſt/ iſt Fleiſchicht/ in der Mitten
aber Nervoſiſch: Hat drey Loͤcher/ durch
welche die Spieß-Roͤhre/ die vena cava und
arteria magna durch gehet.


61. Wie viel ſind Muſculen des
Schmeerbauchs?


Deren ſind zehn/ als 2. obliqui deſcen-
dentes vel externi
die Schrege herabſteigen-
de. 2. obliqui aſcendentes vel interni die
ſchreg hinauffſteigende. 2. recti oder gerade
2. transverſi oder uͤber zwerge. 2. Pyrami-
dales
,
welche doch nicht allezeit gefunden
werden. Dienen den Unflat auß den Daͤr-
Cmen
[34]Frag und Antwort
men durch ihre vielfaͤltige Zuſammenſchnuͤ-
rung des Unterbauchs/ auß zu druͤcken.


62. Wie viel ſind der Manns-
ruhten Maͤußlein?


Vier/ als 2. acceleratores, welche die
paraſtatas drucken/ 2. erectores, welche die
Ruthe auffheben.


Die Hoden aber haben zwey/ welche Cre-
maſteres
genandt werden.


63. Wie viel ſind der Gebaͤr-
Mutter Maͤußlein?


Es ſind vier Muſculi Clitoridis, haben
faſt gleiche Verrichtungen/ als bey der
Manns-Ruhten gedacht worden.


64. Wie iſt es mit dem Blaſen-
Maͤußlein bewandt?


Hierin ſtimmen die Autores nicht uͤber-
ein/ in dem etzliche die zwiſchen den membra-
nen roͤthlichte Subſtantz fuͤr einen muſcu-
lum
halten; Andere hergegen ſagen/ es ſey
kein ander Muſculus mehr der Blaſen als
der Sphincter, welcher ſich nach belieben des
Menſchen auff und zu thut/ umb den Harn
auß zulaſſen/ und deſſen Gang zuverſchlieſ-
ſen/ damit natuͤrlicher Weiſe wider unſern
Willen nichts außgelaſſen werde.


65. Wie
[35]von der ANATOMIA.

65. Wie iſt es mit den Affter-
Maͤußlein bewand?


Der Afftern hat drey Muſculen/ 2. Le-
vatores
,
weche den Maſtdarm halten/ und
nach dem außdrengen in ſeinen Ort zuruͤck
ziehen. Und dann 1. Sphincterem oder
Thurhutter gleich wie die Blaſe.


66. Wie viel ſind Maͤußlein/ ſo
die Hufft oder Schenckel
bewegen?


Derer ſind in beyden zwey und zwantzig/
als auff einer Seiten 1. Pſoas. 2. Il acus in-
ternus.
3. Triceps. 4. Lividus,
dieſe beu-
gen. 5. Glutæus major. 6. Glutæus medius.
7. Glutæus minor,
dieſe ſtrecken auß. 8. I li
acus externus
9. Obturator externus. 10.
Obturator internus. 11. Circumagens quar-
tus
,
dieſe vier Letzte bewegen in die Runde.


67. Wie viel ſind Maͤußlein ſo
die Schienbein bewegen?


Zwey und zwantzig 1. Membranoſus. 2.
Rectus. 3. Vaſtus externus, 4. Vaſtus inter-
nus.
5. Crureus;
Diſe ſtrecken auß: 6. Sup-
popliteus
,
beweget ſchreg. 7. Faſcialis ſive
ſartorius.
8. Gracilis. 9. Seminervoſus. 10.
Semimembranoſus. 11. Biceps,
dieſe beugen
das Schienbein. Auff der andern Seiten
auch ſo viel.


C ij68. Wie
[36]Frag und Antwort

68. Wie viel ſind Maͤußlein ſo
den euſerſten Fuß bewegen?


Zwoͤlff ſind Muſculen der Tarſorum, als
auff einer Seiten 1. Tibialis anticus. 2. Pe-
ronæus ſecundus
,
dieſe beugen. 3. Tibialis
poſticus.
4. Peronæus primus
dieſe bewegen
außwerts und einwerts. 5. Gaſterochemius.
6. Soleus;
Dieſe ſtrecken auß.


69. Welche ſind die Muſculen
der Zehe?


Auſſer den Zweyen in beyden Fuͤſſen/
welche Palmares genennet werden/ ſind
noch zwantzig; Als auff einer Seiten 1.
Perforans. 2. Perforatus. 3. Lumbricalis;
Dieſe beugen die Zehe. 4. Pollicis flexor der
den groſſen Zeh beugt. 5. Pollicis abductor,
der den groſſen Zeh abwarts hinweg zeucht.
6. Pollicis adductur major, der den groſſen
Zeh hinzu zeucht. 7. Pollicis adductor minor,
der kleine Muſcul/ ſo den groſſen Zeh
hinzu zeucht. 8. Abductor minimi digiti, der
den kleinen Zeh abfuͤhret. 9. Pollicis exten-
ſor
der den groſſen Zeh außſtrecket. 10. Ex-
tenſor qisatuor digitorum
,
der die anderen
vier Zeh außſtreckt.


70. Wie viel ſind Maͤußlein
im Ober-Arm/ ſo den Ell-
bogen bewegen?


Deren
[37]von der ANATOMIA.

Deren ſind Achtzehen. Als auff einer
Seiten 1. Deltoides. 2. Supraſpinatus, die-
ſe heben den Arm in die Hoͤhe. 3. Dorſi La-
tisſimus ſive aniſcalptor.
4. Rotundus major.

Dieſe ziehen ihn unter ſich. 5. Pectoralis, zie-
het ihn vor ſich. 6. Infra ſpinatus. 7. Rotun-
dus minor.
8. Immerſus ſeu ſubſcapularis,

dieſe fuͤhren ihn ruͤckwerts. 9. Coracoideus,
ziehen ihn zur Bruſt.


71. Wie viel ſind Muſculen der
Ellbogen oder Cubitorum?


Acht/ als aud einer Seiten 1. Biceps,
welcher beuget. 2. Longus. 3. Brevis, dieſe
beyde haben einen tendinem. 4. Brachiæus
externus
,
dieſe drey Letzten ſtrecken auß.


72. Wie viel ſind Muſculen der
kleinen Roͤhren Radiorum?


Deren ſind auch Acht; Als an einem
Arm 1. Pronator ſuperior, iſt laͤnglicht. 2.
Pronator inferior, iſt viereckt/ dieſe beugen
die Hand vor ſich. 3. Longus. 4. Brevis, die-
ſe beugen die Hand ruͤckwerts.


73. Wie vie ſind Muſculen der
beyden Hand-Wurtzel
Carporum?


Acht/ als an einer 1. Radiæus internus.
2. Cubitæus internus,
dieſe beugen. 3. Ra-
C iijdiæus
[38]Frag und Antwort
diæus externus. 4. Cubitæus externus, dieſe
ſtrecken auß.


74. Wie viel Maͤußlein haben
die Finger?


Auſſer den Zweyen/ ſo Palmares genandt
werden/ ſind zwey und zwantzig; Als an
einer Hand 1. Perforans. 2. Perforatus. 3.
Lumbricales
viere; Dieſe beugen die Fin-
ger. 4. vier Extenſores, der vier Finger. 5.
Zwey Extenſores pollicis, oder Außſtrecker
des Daumens 6. Sechs Interoſſei. 7. Ab-
ductor pollicis.
8. Adductor pollicis. 9. Indica-
tor
oder der Zeiger. 10. abductor minimi di-
giti
oder Ableiter des kleineſten Fingers.


75. Was hat die Bruſt in ſich?


Das Hertz und die Lunge.


76. Iſt auch ein Fell darum?


Uber das Mediaſtinum oder die Scheid-
Wand der Lungen/ iſt die gantz Bruſt mit
einem Haͤutlein pleura genandt/ umb und
umb begeben.


77. Was iſt die Leber/ wo liegt
ſie/ wie iſt ſie gebildet/ und
was iſt ihre Nutzbarkeit?


Die Leber iſt ein Urſprung aller Adern/
liegt ſtracks unter den Zwergfell/ an der
rechten
[39]von der ANATOMIA.
rechten Seiten/ einem geronnenen Gebluͤt
nicht ungleich: Ihre Verrichtung und
Ampt iſt Blut machen.


78. Wie vielerley Adern ſind
am Menſchen?


Fuͤrnemlich zweyerley: Als die Vena
porta
und Vena cava, welche in der Leber per
anaſtomoſin
zuſammen gefuͤget ſind.


79. Wie nehmen die Blut-A-
dern in der Leber ihren Ur-
ſprung?


Die Zweige der Pfort-Adern nehmen
allgemach gegen dem Untertheil der Leber an
der Zahl ab/ und werden groͤſſer/ biß ſie in
einen Stamm ſich endigen: Alſo gehen auch
oben in den Vordertheil die Aeſte der venæ
cavæ
in eins: Darnach theilet ſie ſich in
zwey Theil/ in die auffſteigende und abſtei-
geigende Holl-Ader/ wird alſo da fuͤr gehal-
ten/ daß die Port-Ader von dem unterm
Theil; Die Hol-Ader aber auß dem obe-
ren und erhobenen Theil entſpringe.


80. Wie werden die Blut-A-
dern durch den gantzen
Leib außgetheilet? Wie
viel ſind ihrer? Und was
nutzenſie?


C iiijAlle
[40]Frag und Antwort

Alle Adern des gantzen Leibes werden
unter dieſe zwey Principahle gezehlet/ als
die Pfort-Ader und Holl-Ader. Die
Pfort-Ader (vena porta) iſt nicht ſo groß/
als die Holl-Ader (vena cava). Die vena
porta
wird in viel Aeſte außgetheilet/ und
ſpreitet ſich alſo auß/ daß alle innerliche
Glieder von derſelben verſehen werden/ als
da iſt/ Magen/ Miltz/ Daͤrme/ Gekroͤß
und Netz/ auch entſpringen daher die inner-
liche Hæmorrhoides oder guͤldene Ader. Die
vena cava aber/ die durch die Leber in die
Hoͤhe gehet/ bleibet ungetheilet biß zu dem
Halß/ daſelbſt wird ſie in vier Aeſte/ als
die 1. iſt Vena Diaphragmatica. Die 2. Vena
coronaria
.
Die 3. Vena azygos. Und die 4.
Intercoſtalis ſuperior, außgeſpreitet. Bey
dem Halßbein aber (Clavicula) theilet ſie ſich
in zwey Theil/ incephalicam \& baſilicam,
dieſe beyde machen die Dritte medianam ge-
nandt. Wie woll nichts daran gelegen/
welche Ader man unter dieſen laſſe/ ſinte-
mal der Aſt venæ cavæ eben ſo wol außge-
leert wird/ denn ſie haben einen Urſprung/
und ſoll man dieſelbe/ welche am ſcheinbar-
ſten iſt/ laſſen. Vena cava deſcendens, der
abſteigende Stamm/ welcher mit der arte-
riâ magnâ
begleitet wird/ gehet ungetheilet
biß zu dem vierdten Gewerb der Lenden/
und theilet inwendig viel Aeſte auß/ als die
Adi-
[41]von der ANATOMIA.
Adipoſas zu den Nieren die Venas emulgen-
tes
oder außſaugende Adern/ die Spermati-
cam
und Lenden Adern/ auch dem perioſteo,
Muſculen des Unterbauchs (Epigaſtry) der
Schaam und der Hufft. Endlich theilet
ſie ſich auff jeder Seite in ſechs Theile/ als da
ſind 1. Saphena 2. Iſchias minor. 3. Muſ-
cula
. 4. Poplitea. 5. Suralis. 6. Iſchias ma-
jor
,
dieſe Letzte theilet ſich wieder in zehn
Theile/ und giebet einem jeden Zeh zwey
Aeſtlein; iſt derowegen in Laſſung dieſer A-
dern ſo groß nicht zuwehlen. Sie fuͤgen
ſich offt per anaſtamoſin mit den arteriis zu-
ſammen. Ihr Nutz iſt das Blut den Glie-
dern gleichſahm durch Rinnen zu zufuͤhren.


81. Was iſt das Hertz/ wo liegt
es/ wie iſt es gebildet/ und
was iſt ſeine Nutzbarkeit?


Das Hertz iſt das principahlſte Glied des
Menſchen/ liegt in der Mitten der Bruſt/
doch lencket es ſich mit der Spitzen ein wenig
zur Lincken Seiten/ hat eine pyramidaliſche
Figur/ wird mit dem Mediaſtino und Dia-
phragmate
durch das pericardium angeheff-
tet/ anderen Theilen aber durch die Vaſa;
Es iſt ſtarck und dick von Fleiſch/ mit einer
duͤnnen Haut bekleidet/ zu beyden Seiten
hat es Ohr Laͤplein/ wie auch valvulas, wel-
che das Blut auß und einlaſſen. Des Her-
C vtzens
[42]Frag und Antwort
tzens Nutzbarkeit iſt/ daß es ſey ein Brun-
nen der natuͤrlichen Waͤrmbde/ und iſt
nicht allein wie etzliche wollen/ das Blut zu
machen/ ſondern vielmehr das Blut zu ver-
beſſeꝛen/ daher es auch purgatoriu mſangvinis
genandt wird. Die rechte Hertz-Kammer
haͤlt in ſich das Blut/ zur Nahrung der
Lungen: die Lincke aber/ welche das auß
der Lungen zuruͤck gelauffene/ und mit Lufft
in der Lungen angefuͤllete Blut vollkom-
men machet/ ſchicket dem gantzen Leibe ſol-
ches zu.


82. Wie entſpringen die Arterien
und Lufft-Adern darein?


Das Hertz hat vier fuͤrnehme Gefaͤſſe/
als nehmlich in dem rechten ventriculo wer-
den zwey Blut-Adern gefunden/ als Vena
cava
und Vena arterioſa; auff der lincken
Seiten/ zwey Puls-Adern: Als Arteria
venoſa
und Arteria magna.


83. Was iſt ihre Nutzbarkeit
und Ampt/ und wie wer-
den ſie durch den gantzen
Leib außgetheilet?


Die Vena cava fuͤhret das Blut von der Le-
ber zu dem Hertzẽ/ wie auch dem gantzẽ Leibe/
durch den abſteigenden uñ auffſteigendẽ Aſt.
Die
[43]von der ANATOMIA.
Die vena arterialis, welche deßwegen arte-
rioſa
genandt wird/ weil ſie das Blut auß deꝛ
rechten Seiten des Hertzens/ der Lungen/
wegen der Nahrung zufuͤhret. Arteria ve-
noſa
welche auß der lincken Seiten entſprin-
get/ und deßwegen arteria genandt wird/
weil ſie pulſiret/ wird aber venoſa genandt/
ihrer Subſtantz wegen/ weil ſie beſtehet von
einer einfachen Haut. Ihr Ampt iſt/ in
dem ſich das Hertz außbreitet/ den Lufft auß
der Lungen zugleich mit dem zuruͤck flieſſen-
dem Gebluͤht zu empfangen/ damit die Le-
bens-Geiſter zu formiren/ und die Lebens-
Waͤrmbde gleichſam zu nehren und abzu-
kuͤhlen. Arteri magna wird in zwey Aeſte
abgetheilet/ nemlich in den Auffſteigenden
und abſteigenden/ wird faſt allezeit mit der
vena cava begleitet/ und theilet eben wie die
vena cava allen Gliedern die Lebens-Geiſter
mit/ dem arterioſiſchen Nahrungs-Ge-
bluͤth/ ſo wol zur Nahrung/ als zum Leben;
Damit aber ſolches nicht moͤge zuruͤck ge-
hen/ ſind drey valvulæ oder Thuͤrlein dabey
geſetzet.


84. Wie hat der Pulß ſeinen Ur-
ſprung?


Der Pulß iſt die Bewegung des Her-
tzens/ welche durch das einflieſſende Ge-
bluͤhte und pulſirende Macht verurſachet
wird/
[44]Frag und Antwort
wird/ welche im Hertzen iſt; Dieſelbe Be-
wegung/ wann ſich das Hertz zuſammen
zeucht/ wird Syſtole genandt/ durch welche
das Blut auß dem rechten ventriculo durch
die Venam arterialem in die Lunge gefuͤhret
wird/ und auß der lincken Hertz-Kammer/
durch die aortam in den gantzen Leib: die
Außdehnung aber des Hertzens wird Dia-
ſtole
genandt/ geſchicht deswegen/ damit
das Blut durch die venam cavam in
die rechte Hertz-Kammer/ und durch die
arteriam venoſam in die lincke Kammer ge-
zogen werde. Wie nun der Pulß im Her-
tzen/ alſo wird auch der an der Hand ge-
ſpuͤhret und gefuͤhlet. Zwiſchen der Dia-
ſtole
und Syſtole iſt eine kleine Ruhe/ Periſy-
ſtole
genandt.


85. Was iſt das Hirn/ wo liegt
es/ und was iſt deſſen
Nutzbarkeit und Zweck?


Das Hirn hat eine ſonderliche Sub-
ſtantz/ dergleichen am gantzen Menſchen
nicht gefunden wird/ iſt weich und feucht/
damit die Einbildungen leichtlich koͤnnen
eingedruckt werden/ ſeine Figur iſt etwas
rund/ gleich wie die Hirnſchal/ hat viel
krumme und eingebogene Theile/ damit die
vielfaͤltige Adern und Arterien beſſer und
ſicherer koͤnnen oder moͤgen gefuͤhret wer-
den.
[45]von der ANATOMIA.
den. Des Hirns Nutzbarkeit iſt/ die ſinn-
liche Verrichtungen hervor zu geben. Un-
ter dieſem liegt das Cerebellum, iſt an Sub-
ſtantz Farb und Weſen dem Hirn gleich/
nur daß es keine Kruͤmmen hat; Sonſten
hat das Hirn vier Hoͤlen/ welche ventriculi
genant werden: Doch haͤlt Bartholinus
davor/ daß nur ein ventriculus ſey. Es ſind
noch andere Theile/ als Glandula pituita-
ria, Infundibulum, Corpus calloſum, For-
nix, Anus, Nates, Teſtes, Plexus choroi-
des, Septum pellucidum, Glandula pinealis
,

von welcher Nahmen und Nuͤtzen die Ana-
tomici
viel ſchreiben.


86. Wo ruͤhren die Nerven her/
und wie entſpringen ſie?


Auß dem Marck des Ruͤckgrads/ doch
alſo/ daß das innere Theil des Marcks/
welches in der Hirnſchal/ die innerliche/
das euſſerliche Theil aber/ welches im Ruͤck-
grad/ die euſſerlichen Nerven der Glied-
maſſen herfuͤr geben. Insgemein wird der
Urſprung der Nerven dem Hirn zugeſchrie-
ben.


87. Was iſt ein Nerv/ was iſt
ihr Ampt und Thun?


Ein Nerv iſt ein gemeines Werckzeug/
durch welches die ſinnliche Krafft in die an-
dere Theile des Leibes gefuͤhret wird.


88. Hat
[46]Frag und Antwort

88. Hat ein Nerv auch Blut?


Sie haben kein Blut alſo wie die Adern
und Arterien/ ſind auch nicht holl/ als nur
allein die Nervi optici, ſondern fuͤhren nur
allein den Spiritum in die Theile des Leibes:
Wiewoll Gvaltherus Charleton in Tractatu
de Oeconomia animali
mit vielen Gruͤnden
beweiſet/ daß zugleich auch der Nahrungs-
Safft durch die Nerven den Gliedern zuge-
fuͤhret werde; Wie ſolches in den Schlag-
getroffenen zu ſehen/ da dann das Glied/
welches vom Schlag getroffen/ gantz von
Kraͤfften kommt/ ob ſchon es am Blut kei-
nen Mangel hat. Wie ſolches weitlaͤuffti-
ger daſelbſt pag. mihi 186. kan nachgeleſen
werden; Es iſt auch ſelbige Meinung refu-
ti
ret/ von D. Antonio Deuſingio.


89. Wie werden die Nerven hin
und wieder außgetheilet?


In Erzehlung der Nerven ſind die Auto-
res
nicht einig/ in dem etzliche/ wie wol die
meiſten ſieben Paar zehlen nach dem Vers:


Optica prima, oculos movet altera, ter-

tia guſtat.

Quartaꝙ́, quinta audit, vaga ſexta eſt,

ſeptima linguæ.

Das par olfactorium zum riechen/ wird auß-
gelaſſen/ weil es nicht von der medulla her-
kommt/
[47]von der ANATOMIA.
kommt/ und werden proceſſus mammillares
genandt. Bartholinus erzehlet zehn Paar
innerhalb dem Cranio. Marchettus zehlet
acht Paar/ ohne die/ welche zum Geruch
dienen.


90. Was iſt zwiſchen den Lufft-
Adern/ Blut-Adern/ Ner-
ven und Span-Adern vor
ein Unterſcheid?


Die Lufft-Adern fuͤhren das Spirituoſi-
ſche Gebluͤth/ und ſind zweyfach von Haut/
haben ihren Urſprung vom Hertzen: Die
Blut-Adern fuͤhren das Gebluͤt von der Le-
ber/ und ſind einfach von Haut: Die Ner-
ven aber haben ihren Urſprung vom Hirn/
oder vielmehr von der Medulla oblongata,
fuͤhren die Spiritus zu den Gliedern/ und
ſind nicht holl.


91. Wie iſts mit den Nerven
des Ruͤckgrads/ oder des
weiſſen Flachs-Geaͤders
beſchaffen?


Derſelben ſind dreyſſig Paar/ auff jeder
Seiten dreyſſig. Nemlich zum Genick ſie-
ben Paar/ gehen durch die Muſculen des
Halſes/ des Kopffs/ der Schulterbletter/
theils auch zum Zwerg-Blat/ Armen und
Haͤnden.


Der
[48]Frag und Antwort

Der Ruͤck- und die Bruſt hat zwoͤlff
Paar/ derer ein Theil/ und zwar die obe-
ren ſich in die Arme begeben/ die anderen
Aeſte aber ſpreiten ſich/ ſo wol in die Muſculẽ/
als Haͤutlein der Bruſt/ ſo wol hinterwerts
als vorwerts. Die Lenden haben fuͤnff
Paar/ welche ſo wol durch die Muſculen
als Haͤutlein der Lenden gepflantzet ſeyn.


Das Heylige Bein hat ſechs Paar/ de-
ren die zwey erſten in der Naͤhe außgetheilet
werden/ die andern vier erſtrecken ſich biß
in die Fuͤße. Endlich hat der Ruͤckgrad-
Marck einen Forſatz/ welcher ohne Paar
(Nervus ſine pari) genandt wird/ kan in
viel Theile als eine Buͤrſte oder Pferd-
Schwantz von einander getheilet werden.


92. Was ſind dieGlandulæ,
Kuͤßlein oder Druͤßlein?


Es ſind Schwammigte Stuͤcklein
Fleiſch/ welche an unterſchiedlichen Orten
des Leibes gefunden werden/ als nemblich;
hinter den Ohren/ und dieſes ſind und wer-
den Emunctoria cerebri genand: unter der
Achſel werden gefunden/ weche Glandulæ
axillares
genennet werden/ und ſind emun-
ctoria cordis
: neben der Schaam werden
auch welche gefunden/ und ſind Emunctoria
hepatis
,
alſo/ daß ein jedes principales Theil
ſeine eigene Außwurff-behalter (recepta-
cula)
[49]von der ANATOMIA.
cula) hat. Soſten ſind auch noch zwey
an der Zungen/ und werden Tonſillæ ge-
nandt/ halten in ſich eine Feuchtigkeit/ die
Zunge und Mund zubefeuchten; In den
Augen-Winckeln ſind auch welche: auch
werden im meſenterio viele gefunden/ un-
ter welchen eine groſſe/ glandula centralis
genandt wird. Im Hirn eine glandula
pituitaria
.
In den Bruͤſten glandulæ mam-
mariæ
.
Am Halſe wird die glandula, Thy-
mus
genand.


93. Wie vielerley Fleiſch iſt am
Menſchen?


Viererley: Als zum erſten Caro muſcu-
loſa
,
das Muſculoſiſche Fleiſch/ welches
weich/ roth und eigendlich ein Fleiſch ge-
nennet wird. Zum andern/ Caro viſcero-
ſa
,
das Fleiſch der Eingeweide/ und wird
ſonſt genandt Parenchyma, ein zuſammen
gelauffenes Gebluͤth. Zum Dritten/ Caro
membranoſa
.
eine jede ſpanadrichte Sub-
ſtantz eines Theils oder Gliedes/ als Ma-
gen/ Gedarm/ Blaſe und Gebaͤrmutter.
Zum vierten Caro glanduloſa, das ſchwam-
michte druͤßichte Fleiſch; Als der Druͤſen
hinter den Ohren/ unter den Achſeln/ an
der Schaam/ und dergleichen.


94. Worvon wird das Haupt
zuſammen geſetzt?


DVon
[50]Frag und Antwort

Von Knochen/ Muſculen und Haut/
welch dicker iſt/ als an einem andern Ohrt/
weil in ſolcher die Haar ſtecken.


95. Worvon werden die Ohren
zuſammen geſetzt?


Sie beſtehen von Kroſpel und Haut/
und wird ein jedes Ohr durch Huͤlff vier
Muſculen angehefftet.


96. Was ſind die Augen vor
Glieder/ und worvon beſte-
hen ſie?


Die Augen ſind zuſammen geſetzt von
drey Haͤutlein/ nemlich/ wann die weiſſe
Haut Adnata, welche den Augapffel formi-
ret/ weg gehoben/ erſcheinet das erſte Augen-
Haͤutlein Sclirotica, das Vorder Theil die-
ſes Haͤutleins wird Cornea genandt/ weil
es einen polierten Horn ehnlich iſt/ dieſem
folget das ander/ Choroides, und wird in
dem Vordertheil Uvea genandt/ auß die-
ſem erſcheinet der Zirckel oder Regenbogen.
Das dritte Haͤutlein wird genandt Retina,
iſt weich und rotzicht/ und umbgiebt gleich
wie ein Netzlein die glaͤſerne Feuchtigkeit.
In dieſen Haͤutlein ſind drey humores als
1. Humor aqueus, die waͤßerichte Feuchtigkeit.
2. Humor vitreus die glaͤſerne Feuchtigkeit.
3. Humor Cryſtallinus, die Criſtalliſche
Feuch-
[51]von der ANATOMIA.
Feuchtigkeit. Sonſten beſtehen ſie noch
von Muſculen und Nerven/ von welchen
ſchon gemeldet worden.


97. Worvon iſt die Naas zu-
ſammen geſetzt?


Die Naas iſt zuſammen geſetzt/ von
Haut/ Muſculen/ Knochen/ Kroſpeln/
Adern/ Arterien/ Nerven und Haͤutlein.


98. Worvon iſt der Halß zu-
ſammen geſetzt?


Von ſieben Gewerben oder Gleychen des
Ruͤckgrads/ wie auch von acht Muſculen/
Haut und Gefaͤßen.


99. Wie viel Eingaͤng hat der
Halß?


Zweene. Der eine wird die Lufftroͤhr
genandt/ beſtehet anß vielen zuſammen ge-
ſetzten Kroſpeln/ welche den Ringlein gleich
ſeyn/ jedoch nicht gantz kroſplicht/ ſondern
hinterwerts/ da die Speißroͤhr an liegt/ iſt
ſie Hauticht/ damit im ſchlicken die Lufft-
roͤhr nachgeben koͤnne. Der ander Ein-
gang iſt die Speißroͤhr/ iſt Fleiſchicht/ und
einen Darm gleich/ und gleich wie die Lufft-
roͤhr zur Lungen gehet/ alſo gehet die Speiß-
roͤhr/ jedoch durch das Diaphragma zum
Magen.


D ij100.
[52]Frag und Antwort

100. Wie iſt es umb das Zaͤpf-
lein bewandt?


Das Zaͤpflein/ Uvula, hanget herab von
dem Gaumen/ uͤber die Ritze der Lufftroͤhr/
neben den Lufft-Loͤchern der Naaſen/ zwi-
ſchen den beyden Mandeln/ iſt roth/ einer
luckeren und ſchwammichten Subſtantz/
mit vier Muſculen angehefftet. Sein Ampt
iſt zu werhuͤten/ damit die Lufft nicht haͤuffig
koͤnne zur Lungen dringen/ wie auch den
Gang zur Naaſen zu verſtopfen/ damit nicht
der Tranck auß derſelben/ wie auch die Lufft
im reden herauß gehe.


101. Wie iſt es umb die jenigen
Haͤutlein bewandt/ welche
den Gaumen/ Magen-
Schlund/ den Magen/ die
Gedaͤrm und Lufft-Roͤhr
bekleiden?


Es wird der Gaumen bekleidet mit einer
dicken Haut/ welche vor der duramater ent-
ſpringet/ und bekleidet den gantzen Mund/
die Kehle/ Magenmund und Magen/ und
andere Theile/ weswegen ſie dann eine ſolche
Verwandſafft (conſenſum) mit einander
haben.


102. Was hat das Zahnfleiſch
vor eine Subſtantz?


Es
[53]von der ANATOMIA.

Es iſt ein hartes Fleiſch/ und umbgiebt
die Zaͤhne gleiſam mit einem Wall/ wel-
ches/ wann es verzehret oder verſchwindet/
werden die Zaͤhne wanckel. In denen/
welche keine Zaͤhne haben/ dienet das Fleiſch
an ſtat der Zaͤhne.


103. Was iſt die Zunge/ und
worvon beſtehet ſie?


Sie hat eine ſondere Subſtantz/ des glei-
chen am gantzen Leibe nicht iſt/ ſie iſt nicht
muſculoſiſch/ dann ſie hat keine Fibras
oder Zaͤſerlein/ ſondern ſie iſt luck und
ſchwammicht/ damit ſie deſto beſſer den Ge-
ſchmack faſſen koͤnne/ hat zwo Adern/ und
ſo viel Arterien: hat acht Muſculen/ von
welchen ſie regieret wird. Ihr Nutzen iſt
viererley. 1. daß ſie ein Inſtrument des Ge-
ſchmacks ſey. 2. zur Sprach helffe. 3. die
Kaͤuung befodere/ in dem ſie die Speiſe her-
umb wirfft 4. Iſt ſie zum Lecken dienlich.


104. Wozu dienet die Lunge/
und was iſt ihr Ampt?


Die Lunge liegt zu beyden Seiten/ und
umbgiebt das Hrrtz/ iſt von Subſtantz
weich/ luck und ſchwammicht/ uñ mit Adern
und Arterien begabet/ hat wenig Nerven/
damit ſie nicht gar zu empfindlich ſey/ in dem
ſie ſich ſtets beweget. Ihr Ampt iſt/ die
D iijLufft
[54]Frag und Antwort
Lufft und Athem ein zu holen/ und außzu-
laſſen/ durch Huͤlff des Zwergfells.


105. Wie iſt es umb diePleuram
undMediaſtinum?


Die Pleura oder Rippen-Haut/ iſt eine
harte und weiſſe Haut/ welche die Bruſt
inwendig bekleidet/ ſie iſt gedoppelt/ zwi-
ſchen welchen die vaſa gehen/ und ſich offter-
mahls die Materie des Seitenſtechens
verhaͤlt; dieſem ohngeachtet/ haben doch
die Rippen ihr perioſtium, die Haut auch
ſeine Adern/ Arterien und Nerven. Ihr
Nutz iſt/ die Bruſt glatt zu machen/ damit
durch die ſtetige Bewegung die Lunge nicht
verſehret werde/ und dann auch die Bruſt
und deſſen Theile zu bekleiden/ und das
Mediaſtinum zu machen/ welches die Lunge
zertheilet; Deſſen Ampt iſt das Hertz mit
dem pericardio anzuhefften/ und die Lunge
zu zertheilen/ damit/ wann ſie auff einer Sei-
ten verwundet wird/ das andere Theil ihr
Ampt verrichte.


106. Wie iſt es mit dem Magen
und ſeinem Schlund be-
ſchaffen?


Der Magen liegt ſtracks unter dem
Zwerchfell/ hat zwey Mund-Loͤcher/ das
lincke und oberſte wird der Magen-Mund
genandt/
[55]von der ANATOMIA.
genandt/ das rechte aber und unterſte/ wird
pylorus oder zuſchlieſſer genandt/ iſt enger
als das andere/ damit die Speiſen nicht
eher/ biß ſie verdauet ſeyn/ koͤnnen herauß
kommen. Iſt dreyfach von Haut/ hat
auch dreyerley Fibras und Zaſern/ damit er
deſto ſtaͤrcker ſey/ und ſich beſſer koͤnne auß-
dehnen. Sein Ampt iſt/ die Speiß und
Tranck anzunehmen/ und den Nahrungs-
Safft zu bereiten. Von Figur iſt er lang-
licht rund/ wie eine Sackpfeiffe/ hat viel
Adern/ Arterien und Nerven/ weßwegen
er dann ſehr empfindlich/ und deswegen
wenn er leidet/ Hertz und Hirn per conſen-
ſum
mit leiden koͤnnen.


107. Was hat es um die Daͤrme
vor eine Beſchaffenheit?


Die Daͤrme fangen von dem Magen an/
und endigen ſich im Afftern/ ſind mit dem
Magen einerley Subſtantz/ werden abge-
theilet in drey duͤnne/ und werden genandt
1. Duodenum, welcher zwoͤlff quer Finger
lang iſt/ der 2. Jejunum, weil er ins gemein
leer iſt. Der 3. Ileon weil er in den Ileis und
Hufftbeinen lieget/ oder auch/ weil er ſich viel
mahl umwendet; Dieſer iſt der allerlaͤngſte.
Nach dieſen ſind drey dicke/ als 1. Cœcum
der blinde Darm. 2. Colon deßwegen alſo
genandt/ weil in ſelbigen die Colica entſte-
het. 3. Rectum, weil er gerade gehet/ wird
D iiijauch
[56]Frag und Antwort
auch der Maſtdarme genandt. Die duͤnne
hangen dem Meſenterio an/ die dicken aber
dem Meſocolo, außgenommen das Cœcum,
welches dem peritonæo anhanget. Der
Maſt-Darm hat zwey Muſculen/ welche
ihn auffheben/ damit er nicht außweichen
koͤnne/ und einen Shincterem oder Zuſchlieſ-
ſer. Der duͤnnen Daͤrme Ampt iſt/ den
Chylum beſſer zu kochen/ und weiter außzu-
theilen: der Dicken aber/ die Excrementa
zu behalten/ wie auch die Winde und Galle/
welche von der Leber kompt/ einzuſchlieſ-
ſen/ biß ſie bequemlich moͤgen außgefuͤhret
werden.


108. Wie iſt es um das Gekroͤß
und Netz gethan?


Das Gekroͤß Meſenterium genandt/ iſt
von membranen und Haͤutlein doppelt/ wel-
che von dem peritonæo ihren Urſprung ha-
ben/ und werden durch ſelbiges/ die Ge-
daͤrme unter einander vereinbahret: Es iſt
mit ſehr vielen Druͤßlein begabet/ unter die-
ſen iſt eine ziemlich groß/ und wird glandula
centralis
genandt; die Druͤſen ſind deßwe-
gen/ damit durch ſie/ die vielfaͤltige Adern
und Arterien beſchuͤtzet/ und die Eingeweide
werden. Des Kroͤßes Nutzbarkeit iſt/ die
Gedaͤrme anzuhefften/ durch die doppelte
Haͤutlein aber/ die vaſa zu beſchuͤtzen/ da-
mit ſie deſto ſicherer zu den Daͤrmen gelan-
gen moͤgen.


Das
[57]von der ANATOMIA.

Das Netz iſt gleichſahm eine Decke der
Gedaͤrme/ hanget an dem Bodem des Ma-
gens/ wie auch an der Leber und Miltz/ und
erſtrecket ſich nicht weiter/ als biß an den
Nabel/ iſt fett und haͤuticht/ mit vielen A-
dern und Arterien/ wie auch kleinen Nerven
verſehen/ erwaͤrmet den Magen-Grund
und die Daͤrme/ wegen ſeiner Fettigkeit;
wiewoll ſolches mehr den Adern und Arte-
rien zuzuſchreiben/ weßwegen es warm und
feucht iſt.


109. Was iſt die Miltz vor ein
Glied/ wo liegt ſie/ und
was iſt ihr Ampt und Nu-
tzen?


Die Miltz liegt in der lincken Seiten/ ge-
gen der Leber uͤber/ (iſt gleichſam die andere
Leber) unter dem Zwerchfell/ iſt viel kleiner
als die Leber/ einer langlichten Figur/ etwas
ſchwartzlicht/ wird durch duͤnne Haͤutlein/
welche vom peritonæo herkommen/ dem Netz
und lincken Nieren angehefftet: Ihr Fleiſch
iſt gleichſam ein gerunnenes Gebluͤht/ hat
viel Adern und Arterien/ auch kleine Ner-
ven/ welche vielmehr in die Haͤutlein/ als in
die Subſtantz außgetheilet ſind. Ihr Ampt
iſt/ daß ſie/ gleichwie die Gallen-Blaß al-
lein die Gallmaͤßige Matery/ alſo auch die
Miltz das ſaure Weſen an ſich ziehe und
D vnehme/
[58]Frag und Antwort
nehme/ von welchem die Miltz ſchwartzlicht
ſcheinet.


110. Wozu iſt die Gallenblaſe
geſchaffen?


Die Gallen-Blaſe liegt in dem holen Theil
der Leber/ in Geſtalt einer Birne/ hat viel klei-
ne Zweyglein/ welche zwiſchen den Aeſten
der venæ cavæ und portæ hinſtreichen/ endi-
gen ſich hernachmals in einen Gang/ und
fuͤhren die reine Galle zu der Gallen Blaſe.
Der Gallen-Blaſen Ampt iſt/ die gelbe
Galle in ſich zu behalten/ und hernachmahls
zu gewiſſer Zeit von ſich zu laſſen. Von
Nutzbarkeit aber der Gallen ſelbſt/ haben die
Gelahrten viel angemercket/ daß ſie ſey der
Leber und gantzen Gebluͤhts Balſam/ daß ſie
auch die umbliegende Theile vor der Faͤu-
lung bewahre und erhalte. Viele eigenen
der Gallen zu/ daß ſie durch ihre Schaͤrffe
den Stulgang befodere. Das andere Ge-
faͤß der Gallen wird genandt Canalis ſeu po-
rus bilarius
,
gehet den geraden Weg/ nicht
in die Gallen-Blaſe/ ſondern in das inteſti-
num duodenum
,
gleich wie der meatus der
Gallen-Blas: dieſer haͤlt in ſich bilem
craſſam
.


111. Was ſind die Nieren/ wo
liegen ſie/ und was iſt ihr
Ampt?


Es
[59]von der ANATOMIA.

Es ſind zwo Nieren/ und liegen/ eine
unter der Leber/ welche deßwegen niedriger/
und eine unter der Miltz: Ihr Fleiſch iſt
hart/ werden mit einer membrana welche
vom peritonæo herkompt/ an dem Zwergfell
und Lenden angehefftet/ durch die venas ar-
terias emulgentes
aber/ an die venam cavam
und arteriam magnam. Der Nieren Nutz-
barkeit iſt/ durch die Venas emulgentes oder
ausſaugende Adern/ das waſſerichte von
dem Blut an ſich zu ziehen/ und alſo das
Blut davon zu reinigen.


112. Was hat es umb die
Harn-Blaſe vor eine Be-
ſchaffenheit?


Die Harn-Blaſe liegt in der Hoͤlen des
heyligen Beins/ iſt theils Spanadericht/
theils Fleiſchicht/ der Boden wird dem peri-
tonæo
,
wie auch durch den Urachum dem
Nabel angehefftet/ zu dem von den zweyen
Nabel-Arterien/ welche in den erwachſenen
in Ligamenta verwandelt werden. Sie hat
drey Loͤcher/ als durch zwey gehet der Urin
durch die Harn-Gaͤnge in die Blaſe/ in wel-
chen zweyen Harn-Gaͤnge/ eine membra-
nula
iſt/ damit der Urin nicht wieder zuruͤck
in die Nieren gehen koͤnne: Das dritte
Loch iſt groß/ und durch ſolches wird der
Urin ausgelaſſen. Die Blaſe wird durch
einen
[60]Frag und Antwort
einen Muſculum Sphincterem genandt/ ver-
ſchloſſen/ damit der Urin ohne unſeren Wil-
len nicht kan ausgehen/ ſie hat auch kleine
Nerven/ welche ſie vom Magen uͤberkom-
men/ dannenhero kompt denen das Er-
brechen an/ welche am Stein leiden.


113. Was iſt dasPeritonæum,
und worzu nuͤtzet es?


Das Peritonæum iſt die ſtarcke Haut/
welche unter den Muſculen des Unter-
bauchs lieget/ und denſelben gantz bekleidet/
die Gefaͤße bedecket/ die innerliche Waͤrmbde
bewahret/ damit ſie nicht verfliegen kan.
In den Maͤnnern ſind zwey Fortſaͤtze des
peritonæi (proceſſus peritonæi) welche ſich biß
in das Scrotum erſtrecken/ wann dieſe Haut
ſich ausdehnet oder zerreiſt/ wird dadurch
ein Bruch veruhrſachet.


114. Was iſtEpigaſtriumoder
Schmeerbauch?


Der Schmeer-Bauch faͤnget an bey den
Rippen und Sterno, und endet ſich bey der
Schaam/ wird zuſammen geſetzt von Haͤut-
lein/ Haut/ Fett und panniculo carnoſo oder
Fleiſchichten Haut/ hat zehn Muſculen/
von welchen unter den Muſculen geſagt
worden.


115. Was
[61]von der ANATOMIA.

115. Was hat es um die Saa-
men-Gefaͤße vor eine Ge-
legenheit?


Die Saamen-Gefaͤße haben ihren Ur-
ſprung und Anfang von der vena cava und
arteria magna, und endigen ſich bey den Ho-
den/ durch welche die Matery des Saa-
mens gefuͤhret wird/ und bekommen unter-
ſchiedliche Nahmen/ als vaſa deferentia,
welche den Saamen hin leiten/ vaſa præpa-
rantia
,
welche den Saamen bereiten/ und
vaſa ejaculantia welche den Saamen aus-
ſtoſſen: die venæ und arteriæ ſind in etwas
oberhalb von einander unterſchieden/ aber
nachmahls ſind ſie in einander ſo verwickelt/
als wann es ein vas waͤre/ daß man auch ei-
nes vor das ander nicht erkennen kan. Dieſer
Gefaͤße Ampt iſt/ das Blut und die Geiſter
zu den Hoden hin zu fuͤhren/ damit es da-
ſelbſt in den vielen Kruͤmmen erhalten/ und
mitlerweil in Saamen verwandelt werde.


116. Wie iſt es umb das Maͤn-
liche Glied beſchaffen?


Deſſen Subſtantz iſt einer ſonderlichen
Arth/ beſtehet aus einer Cuticula, gemeinen
Haut und panniculo carnoſo, hat aber kein
Fett/ damit es deſto empfindlicher im Bey-
ſchlaffſey/ wird in vier Theile getheilet/ als
nehm-
[62]Frag und Antwort
nehmlich in die Eichel/ Haarn-Gang und
zwo Nervoſiſche Corpora. Der Gang oder
die Roͤhre iſt Spanadericht/ bey welchem
Anfang eine Valvula oder Pergament
Haͤutlein/ damit ſich der Saame mit dem
Urin nicht vermiſchen koͤnne. Dieſes Gan-
ges Thun iſt/ ſo woll des Saamens als
des Urins/ zugleich auch der oͤhlichten Feuch-
tigkeit allgemeiner Gang zu ſeyn. Das
vorderſte Theil wird die Cichel oder Glans
genandt/ iſt in etwas rund/ hat ein dickli-
cher und empfindlicher Fleiſch/ als die an-
deren Theile des Leibes/ iſt mit einem ſehr
duͤnnen Haͤutlein bedecket/ wird uͤber das
mit dem præputio oder Vorhaut bedecket.
Die zwey nervoſiſche corpora, auff jeder
Seiten eine/ machen den uͤbrigen und groͤſ-
ſeſten Theil des Gliedes/ iſt gleich einer
dicken Arterie/ ſchwammicht/ und gleich-
ſam mit Fleiſch angefuͤllet; Dieſes Glied
hat auch ſeine Adern/ Arterien und Nerven/
wie auch ſeine Muſculen/ von welchen dro-
ben geſagt worden.


117. Was ſind die Hoden/ und
was iſt ihr Ampt?


Die Hoden ſind dem maͤnlichen Glied
zugeſellet/ und hangen zwey derſelben un-
ter der Manns-Ruthen oder Glied/ ſind
einer Druͤſichten Subſtantz/ weich/ luck/
weiß
[63]von der ANATOMIA.
weiß und ſchwammicht/ wegen der vielen
Vaſa, ſo daſelbſt ausgeſpreitet werden/ dann
ſie haben Adern/ Arterien und Nerven/
ſind einer langlich-runden Figur/ in der
Groͤſſe eines kleinen Huͤner Eyes/ ſind in-
wendig nicht holl/ ſondern haben eine jede an
der Seiten ein kleineres corpus, welche Epi-
didymi
genennet werden/ in welchem der
Saame behalten wird. Sie werden be-
decket mit zwo gemeinen Haͤuten/ 1. heiſſet
Scrotum, iſt dick und runtzlicht/ die 2. heiſt
Dartos, iſt Fleiſchicht und rohtlich. Uber
das haben ſie drey eigene Haͤutlein/ derer
1. Elytroides, hat ihren Urſprung aus dem
proc eſſu peritonæi. 2. Erythroides, iſt roth/
hat ihren Urſprung von dem muſculo cre-
maſtere
. 3. Albuginea,
iſt weiß/ hat ihren
Urſprung von den Saamen-Gefaͤſſen: Die
Hoden haben auch zwey Muſculen/ auff
jeder Seiten eine/ welche Cremaſteres ge-
nandt werden/ weil ſie dieſelbe auffhengen.


118. Was hat es umb die Ge-
baͤhr-Mutter fuͤr eine Be-
ſchaffenheit?


Die Gebaͤhr-Mutter Uterus oder Ma-
trix
genandt/ liegt zwiſchen dem Oſſe ſacro
und Ileo, ihre Figur und Groͤſſe iſt nicht alle-
mahl gleich/ ihre Subſtantz iſt membrano-
ſiſch/ damit ſie nach Nothurfft koͤnne aus-
gedeh-
[64]Frag uñ Ant. von der ANAT.
gedehnet und eingezogen werden/ inwendig
iſt ſie runtzlich/ hat zwey Haͤutlein/ zwiſchen
welche eine zaͤſerliche fleiſchichte Subſtantz;
Sie hat zu beyden Seiten runde und breite
Ligamenta: Sie hat Adern/ Arterien und
Nerven. Ihr Ampt und Thun iſt den
Weiblichen ſo woll als den Maͤnnlichen
Saamen an ſich zu ziehen und zu behalten/
die Hoͤle iſt klein/ daß man kaum eine Fe-
derkiel hinein ſtecken kan/ jedoch rauch
und uneben/ den Saamen
deſto beſſer darin zu
behalten.



Ana-
[65]

Anatomiſcher Anhang.


FReundlicher lieber Leſer/
dieſes waͤre nun eine kurtze Anato-
miſche Antwort/ nach Anleitung de-
rer Fragen/ welche von Doct. Ludwig von
Horning/ in ſeiner Politia medica denen
Candidatis chirurgiæ auffgegeben worden.
Dieſes aber habe ich erinneren wollen/ daß
in denen Fragen/ welche von der Leber/ Her-
tzen und Blut-machung handelen/ der al-
ten opinion nachgegangen: Damit es dir
aber an der neuen opinion nicht fehlen moͤch-
te/ welche von den Umlauff des Gebluͤhts
(Circulatio ſangvinis) handelt/ als habe ich
die Meinung Pauli Barbette, eines vor-
trefflichen Doctoris zu Amſterdam hieran
fuͤgen wollen/ und wiewol die Autores hier-
innen nicht uͤber einſtimmen/ ſo iſt doch die-
ſes Autoris Meinung nicht die geringſte/
und verhaͤlt ſich alſo/ und gehet die Blut-
machung alſo zu.


Nach dem die harte Speiſe mit den Zaͤh-
nen zermalmet/ und mit dem Speichel an-
gefeuchtet worden/ wird ſie etzlichermaßen
einen Nahrungs-Safft zu machen/ berei-
Etet/
[66]Anatomiſcher
tet/ und durch die Speißroͤhr mit Huͤlffe
derer eigenen Maͤußlein in den Magen ge-
bracht. Der Magen/ damit er die Speiſe
deſto beſſer an ſich halte/ ziehet ſich alſobald
feſt zu/ doch/ daß er den Magen-Mund
gar feſt/ den Außgang aber nur in etwas
zuſchlieſſe/ damit der Nahrungs Safft/
wann er nur ein wenig gedrenget wird/ ſei-
nen Außgang finde.


So bald nun der Magen die Speiſe an-
genommen/ und dieſelbe mit Speichel/
Tranck und eineger Feuchtigkeit allenthal-
ben befeuchtet worden/ faͤnget er alſo bald
durch ſeine eingepflantzte Waͤrmbde an zu
dauen.


Es wird aber die Ordnung nicht eben ſo
in acht genommen/ als wie die Speiſe ge-
noſſen/ im Anfang zwar/ koͤnnen ſolche in
derſelben Ordnung gefunden werden/ als
das auffgeſchnitte Thier dieſelbe zuvor einge-
ſchlungen/ aber nachmahls ſendet der ohne
unterlaß dauende Magen die Speiſen/ ſo
am leichteſten zu verdauen ſind/ zu erſt zu
den Daͤrmen/ und laͤſt ſich von denen noch
unverdaueten keines weges auffhalten/ wie
ſolches ſo wol der Stuhlgang/ als das Er-
brechen augenſcheinlich darthun/ ſo fern
man nur dieſelbe zu beſchauen Luſt hat.


Die verdauete Speiſe wird weiß/ als ein
Milchrahm oder Schmandt/ und wird ein
Milch-
[67]Anhang.
Milch- und Nahrungs-Safft (chylus) ge-
nandt/ welcher durch den Ausgang des
Magens (pylorum) in die Gedaͤrme gehet/
auß welchen die Milch-Adern (venæ lacteæ)
das gute/ ſo zur Nahrung der Theile dienlich
iſt/ außſaugen/ das unnuͤtze aber wird durch
den Stuhlgang ausgeworffen.


Die Milch-Adern beſtehen auß einer gar
duͤnnen Haut/ und ſind mit vielfaͤltigen
Vorfaͤllen (valvulis) begabet/ welche von
der Leber gegen die Druͤßlein ausgeſpannet
ſeyn/ und werden durch das gantze Gekroͤß
(meſenterium) außgetheilet/ biß ſie in die
kleine Daͤrme/ mehrentheils aber in das
Jejunum geleitet werden.


Es ermangeln aber die dicken Daͤrme
derſelben nicht gaͤntzlich/ damit nichts vom
Nahrungsſafft umbkomme.


Weswegen auch der beruͤhmte Anato-Obſervatio
Marchetti.

micus zu Padua Petrus de Marchettis
Anno
1661. im demonſtriren dieſer Milch-
Adern im Meſocolo zu erzehlen pflag/ daß
er durch Huͤlffe dieſer Milch-Adern ſeine
Patienten/ welche Angina laborirten/ mit
nehrenden Clyſtieren erhalten habe/ biß ſie
ſelbſt haben etwas hinunter ſchlincken koͤn-
nen/ er habe aber vorher ein außfuͤhrendes
Clyſtier gebrauchet/ nachmahls aber das
nehrende von Fleiſchbruͤh/ Graupenſchleim/
Eyerdotter und dergleichen.


E ijVon
[68]Anatomiſcher

Von den Daͤrmen gehen ſo woll dieſe
Milch-Adern/ und der eꝛhaltene Nahrungs-
Safft/ nach den drey Druͤſen/ die groͤßeſte
ſitzet in der Mitten des Gekroͤſes/ und wird
Pancreas Aſellii genandt/ die andern zwey
kleine/ werden glandulæ Lumbares genandt/
weil ſie neben der lincken Nieren liegen. Eine
jedere dieſer Druͤſen laͤſt einen Aſt auß/ wel-
che oberhalb den lincken Nieren ſich zuſam-
men fuͤgen/ und einen Stamm/ einer groſ-
ſen Federkiel gleich machen/ wird die groſſe
Milch-Ader (vena lactea magna) genandt.


Dieſe groſſe Milch-Ader/ welche zwiſchen
der Arteria Aorta uñ den Gewerben der Len-
den/ mit feiſte verborgen lieget/ giebt ſich hin-
auf zu dem Hertzen/ uñ laͤhnet ſich faſt an der
Speißrohr/ eylet biß zu der Vena ſubclavia
der lincken Seiten/ woſelbſten ſie mit einem
einfachen/ duppelten/ zu weilen auch dreyfa-
chẽ Aſt ſich endiget. Allhie iſt ein Vorfalchen
(valvula) welches ſehr ſubtil/ ſtehet mit ſeiner
Spitzen vor/ damit der Chylus nicht wieder
zuruͤck/ auch nicht weiter zum Arm kommen
koͤnne. Aus dieſer vena ſubclavia gehet der
Chylus durch den auffſteigendẽ Stamm der
Holl-Ader (vena cava) in die rechte Kam̃er
(in dextrum ventriculum) des Her-
tzens/ damit in demſelben der Chylus
durch Huͤlffe der Waͤrmbde und einge-
pflantzten Krafft/ zu Blut gemachet werde.
So
[69]Anhang.
So bald ſolches geſchehen/ gehet das Blut
durch die Arteriam pulmonariam zu der
Lungen/ welche zum Theil davon erhalten
wird/ das uͤbrige aber gehet durch die Ve-
nam pulmonariam
zu der lincken Hertz-
Kammer/ damit es deſto beſſer außgearbei-
tet/ und durch die groſſe Puls-Ader allen
Theilen des gantzen Leibes/ zur Nahrung uñ
Erhaltung des Lebens/ mitgetheilet werde.
Ein Theil des Bluts/ das nicht gantz un-
nuͤtze/ aber gleichwol zur Nahrung nicht
dienlich genug iſt/ wird durch die Hohl- und
Pfort-Adern welche durch die Mundloͤch-
lein (anaſtomoſes,) uͤberall mit den Puls-
Adern vereiniget ſind/ zuruͤcke nach der Le-
ber und dem Hertzen gefuͤhret/ daß es alda
verbeſſert/ und wieder gekochet werde.


Es ſaget der Herꝛ Barbette, daß nicht
allein das Blut durch die vena cava wieder
zum Hertzen geleitet werde/ ſondern es ge-
ſchehe auch ſolches durch die venam portæ
in die Leber/ welches Er mit fuͤnff herꝛlichen
rationibus und gruͤnden ausfuͤhrlich bewei-
ſet/ und endlich ſchlieſſet daß das zuruͤcklauf-
fende Blut durch die venam portæ, der Leber
zugebracht/ in derſelben gereiniget/ und etzli-
cher maſſen gekocht werde/ damit das Hertz
in ſeinem Ampt/ nemblich das Blut zu per-
fectioni
ren/ und vollkommener zu machen/
in etwas erleuchtert werde/ mehrentheils
E ijjumb
[70]Anatomiſcher Anhang.
umb deßwillen/ weil das Blut wegen des
nohtwendigen Pulſes im Hertzen nicht lang
verbleiben koͤnne/ und umb der Urſachen
willen/ haͤlt Er davor/ daß das gantze Ge-
bluͤht ſich durch die Circulation bewegen
muͤſſe.


Dieſer Umbgang des Bluts wird Euch
befehlen/ daß ihr alle gifftige und maligne
oder boͤßartige Feuchtigkeiten/ welche die
Natur entweder ſelbſt außwirfft/ oder die
derſelben von auſſen zugebracht worden/
ohngeſaͤumt/ mit den beſten an ſich ziehen-
den Artzeney-Mitteln/ ſo woll auß den
Druͤßlein/ als der Haut außziehet/ damit
nicht in kurtzer Zeit das gantze Gebluͤht ver-
unreiniget/ und alſo das Hertz uͤberwaͤltiget
werde. Hieraus iſt ohne Anfuͤhrung meh-
rer Weitlaͤufftigkeit zu lernen/ wie gefaͤhrlich
das Aderlaſſen und Purgieren in einer Pe-
ſtilentzialiſchen oder Frantzoͤſiſchen Beulen/
und in allen vergiffteten Wunden ſey; Wie
auch/ wie nothwendig das Schwitzen und
die ausziehende Artzeneyen ſeyn. Und ſchließ-
lich/ daß die Erkaͤntnuͤß des Umlauffs des
Bluts einen groſſen Nutzen und Ge-
brauch in der Artzeney-Kunſt
habe.


Erſter
[[71]]

Erſter Theil
der
Mund-Artzeney.
von Geſchwuͤlſten.


[[72]][73]

1. Was iſt ein Chirurgus oder
Wund-Artzt?


CHirurgus iſt ein Griechiſch Wort/
und ſo viel als einer/ welcher ein
kuͤnſtlich Geſchaͤfft mit der HandAriſtotel.
lib. de arti-
bus mecha-
nicis.

am Menſchlichen Leibe verrichtet/
demſelben von euſerlichen Gebrechen abzu-
helffen/ dieweil die Chirurgia nicht allein in
der Wiſſenſchafft der Gebrechlichkeiten
Menſchliches Leibes beſtehet/ ſondern auch
zugleich in Handgriffen. Es wird auch
ſonſten der Chirurgus ein Diener der Natur
genennet.


2. Was iſt die Wund-Artze-
ney?


Sie iſt eine Kunſt/ welche weiſet uñ anzeigetGvido.
die rechte Form zu aꝛbeiten am Menſchlichen
Leibe/ fuͤrnehmlich im Schneiden und Zu-
ſammenhefftungen der entgaͤntzten Dingen.
Sie wird getheilet in zwo Theil. 1. in eineZwo Theil
der Chirur-
gy an und fuͤr
ſich ſelbſt.

Kunſt/ welche man erlanget durch fleiſſiges
Leſen und Lernen der guten Authoren/ welche
von ſolcher Kunſt geſchrieben haben. 2 in eine
Kunſt/ welche daſſelbige vollbringet/ was
E vman
[74]Erſter Theil
man durch die Erfahrung erlanget hat/ und
gute Meiſter hat aꝛbeiten ſehen und behalten.


3. Was gebuͤhret einen Wund-
Artzt zu wiſſen?


Gvilhelm.
Fabrit. de
præſtant.
anatom.

Erſtlich und vor allen Dingen ſoll Er in
der Anatomia oder kuͤnſtlichen Zerlegung
des Menſchlichen Leibes/ woll geuͤbet ſeyn/
weil ſolche das Fundament der Chirurgiæ,
ohne welcher Wiſſenſchafft Er am Menſch-
lichen Coͤrper nichts recht arbeiten kan.
Dann wie kan einer in einer Sachen arbei-
ten/ deſſen Weſen er nicht vollkoͤmmlich
verſtehet. Wie wird ein Chirurgus die Me-
dicamenta
in den Zufaͤllen recht appliciren
koͤnnen/ wann er nicht weiß/ an welchem
Orth ein jedes liege/ wie die Glieder mit ein-
ander verbunden/ und wie eins mit dem an-
dern verwandt iſt. Darff man derohalben
woll kecklich ſagen/ ſo viel einer ein Anato-
micus
iſt/ ſo viel iſt er ein Artzt! Zum an-
dern ſoll er die Schaͤden des Menſchlichen
Leibes kuͤnſtlich/ und ſo viel muͤglich/ ohne
Schmertzen heilen. Citò, tutò jucundè Son-
ſten iſt unter einem Stuͤmpler und Wund-
Artzt kein Unterſcheid.


4. Wie viel Stuͤck hat die Chi-
rugia?


Sie
[75]von Geſchwuͤlſten.

Sie wird in fuͤnff Theile getheilet/ undFuͤnff Stuͤck
der Chirur-
gy/ der Ge-
brechen nach.

beſtehet in Heilung/ 1. der Geſchwuͤlſte/ 2.
der friſchen Wunden 3. der Geſchwaͤr/ 4.
der Bruͤche/ 5. der Verruckungen/ und wer-
den in folgenden Vers begrieffen.


Ulcera, fracturæ, vulnus, luxata, tu-
mores.


Welche er alle auß dem Grunde verſtehen
muß. Den Zufaͤllen muß er gleichfals wiſ-
ſen zu begegenen/ welches das kuͤnſtlichſte
iſt/ als da ſind/ Kaͤlte/ Hitze/ Feuchte/
Trockne/ Geſchwulſt/ Krampff/ Fieber/
Schlag/ ꝛc. wie bey den Wunden ſoll ge-
ſagt werden.


5. Was iſt eine Geſchwulſt?


Die Geſchwulſt iſt nichts anders/ als ei-Galenus.
ne Kranckheit/ in welcher die Theile unſers
Leibes wider die Natur groͤſſer werden.


6. Was iſt die Urſach ſolcher
Geſchwulſt?


Die Urſach iſt die Zuflieſſung und Ver-
ſamlung der Feuchtigkeiten/ durch welche
der Ohrt/ wo ſie hingeſchicket worden/ er-
hoben und außgedehnet wird. Auff welche
man im curiren eigendlich acht haben muß/
damit man nach ſelbigen die medecamenta
richte.


7. Wo-
[76]Erſter Theil

7. Woher kan man der Ge-
ſchwuͤlſte Unterſcheid er-
kennen?


Aquapen-
dens.

Solcher Unterſcheid wird auß zweyen er-
kandt. 1. auß den einflieſſenden Feuchtigkei-
ten/ 2. von oder auß dem Glied/ worin ſie
gefloſſen; dann auß dieſen zweyen muß man
abnehmen/ auff was Weiſe ſie zu curieren
ſeyn.


8. Wie ſind die Geſchwuͤlſt zu
unterſcheiden?


Aquapen-
dens.

Nach den vier Humoribus, als da ſind 1.
die Blutige/ 2. Waſſrichte/ 3. Gallmaͤßi-
Btutige Ge-
ſchwulſt.
ge/ 4. die Melancholiſche Feuchtigkeit/
und dann die auffblehende. Dann auß
dem guten Gebluͤth
kompt die rohte
und blutige Geſchwulſt Phlegmone oder In-
flammatio
genandt/ welche/ nach dem ſie in
ein Theil des Menſchlichen Leibes kompt/
unterſchiedlich benahmet wird/ dann wann
die Hirnhaͤutlein (meninges) inflammiret
ſeyn/ wird ſie Phrenitis genandt/ wann die
Inflammatio in den Augen iſt/ wird ſie Op-
thalmia
genandt/ wann ſie im Halſe und
Zaͤpfflein/ Columella, wann ſie in der Gur-
gel/ Angina, wann ſie in den Rippenhaͤut-
lein/ (Pleura,) wird ſie pleuritis oder Sei-
tenſtechen genandt/ wann ſie in der Lungen/
peri-
[77]von Geſchwuͤlſten.
peripneumonia, wann ſie in den Druͤſen und
glandulis, wird dieſe Inflammatio oder bluti-
ge Geſchwulſt Bubo genennet. Auß derGallichte
Geſchwulſt.

Gall/ welche nicht gar beiſſend iſt/ kompt
das Rothlauff (Eryſipelas,) der Wolff
(Herpes miliaris.) Auß dem Waß-Waſſerichte
Geſchwulſt.

richtenhumore kompt eine Geſchwulſt
œdcma, die Waſſerſucht zwiſchen Fell und
Fleiſch (Anaſarca) \&c. Auß der (melan-
cholico humore,
) Melancholiſchen/
kompt Scirrhus, welcher humor auch unter-
ſchiedliche Nahmen nach Beſchaffenheit des
leidenden Theils bekompt; dann iſt ſolcherMelancho-
liſche Ge-
ſchwulſt.

in den glandulis und Druͤßlein/ wird er
Struma genandt/ iſt er im Scroto, wird Er
Ramex genandt/ faͤllt er in die Beine/ und
dehnet die Adern auß/ wird er varix ge-
nandt ꝛc. Die auffblehende humores ma-
chen emphyſemata, (auffblehende Geſchwuͤl-Aufblaͤhende
Geſchwuͤlſt.

ſte) wann ſie aber die duͤnne Seiten (Hypo-
chondria
) auffblehen/ wird ſie eine Art
Waſſerſucht (Tympanites.) Aber die Ge-
ſchwuͤlſte kommen nicht allezeit von den ſau-
beren und reinen humoribus, von welchen jetzo
geſagt worden/ ſondern auch und gemeinig-
lich von vermiſchten/ uñ bekommen darnachvermiſchte
Geſchwulſt.
Paræus.

auch Zunahmen; als zum Exempel:
Wann in Vermiſchung der Waßerichten
Feuchtigkeit und des Gebluͤths/ das Blut
die
[78]Erſter Theil
die Feuchte uͤbertrifft/ wird das Apoſtema
ſo darauß entſtehet, Phlegmone œdematodes,
das iſt/ die Waſſerichte rothe Geſchwulſt
genennet/ alſo auch im Gegentheil/ œdema
phlegmonodes,
und ſo verhaͤlt ſichs auch mit
den andern.


9. Was iſt Phlegmone, oder
rohte und blutige Ge-
ſchwulſt?


Sie kompt auß uͤberfluͤſſiger Zuflieſſung
des Gebluͤths/ und wann ſolches auß rei-
Vigierius.nem Gebluͤth entſtehet/ wird ſie genandt
phlegmone exquiſita, wann aber das Ge-
bluͤth mit Gallen vermiſchet iſt/ wird ſie phleg-
Sennertus.mone non exquiſita genandt/ wie auch phleg-
mone eryſipelatodes.
Wann nun das Ge-
bluͤth mit groſſer Menge ſich etwan in ein
Glied des Leibes begiebt/ werden die groſſe
Blut- und Puls-Adern/ hernach auch die
mittelmaͤßige/ biß zu den aller kleineſten er-
fuͤllet/ alsdann dringet das Blut gleich wie
ein Tau hindurch/ und erfuͤllet die Hoͤlen
und Spatia der Muſculen ſelbſt; nach dieſem
die Nerven/ endlich auch die Span-Adern.
Kennzeichen.Der Kennzeigen ſind ſechs. 1. die groſ-
ſe Hitze/ 2. die Roͤthe/ 3. der Schmertz/
4. die Außdehnung/ 5. das Glaͤntzen/ 6.
Urſach.die Bewegung der Pulß-Adern. Die Ur-
ſach dieſer Geſchwulſt/ iſt die Zuflieſſung
des
[79]von Geſchwuͤlſten.
des Gebluͤths/ welche entweder euſerlich
herruͤhret von Stoſſen/ Fallen/ [Brennen] ꝛc.
oder welche auß einer pletora und UberflußVigierius.
Cur.

des Gebluͤths her kompt. Die Cur wird
in 4 Stuͤcken verrichtet. 1. in der Diæt 2.
in dem man die einflieſſende Feuchtigkeiten
hemmet 3. in dem man das eingefloſſene
außfuͤhret. 4. in dem man die Zufaͤlle ver-
beſſert: Und wird dieſe Cur nach Beſchaf-
fenheit der Zeiten verrichtet/ derer vier ſeyn/
1. der Anfang iſt/ wann das Gebluͤth nochAquapen-
dens.

zufleuſt/ 2. das Zunehmen/ in dem das
Gebluͤth/ welches zugefloſſen/ noch hitziger
wird/ und durch die Faͤulung/ weil das Blut
auß ihren Gefaͤſſen/ ſich veraͤndert. 3. Der
Stillſtand/ wann das Blut in Matery
und Eyter verwandelt wird/ und die groͤſten
Schmertzen ſeyn/ 4. das Abnehmen/ wann
die gekochte und in Eyter-verwandelte Ma-
terie zertheilet oder außgefuͤhret wird/ und
die Geſchwulſt an ihr kleiner wird.


Derohalben ſoll man/ nach dem manParæus.
gute Anordnung im Gebrauch der ſieben
nicht natuͤrlichen Dingen angeſtellet/ auch
zugleich den Zufluß des Gebluͤths/ durch
purgieren und Aderlaßen abgeleitet/ auff
euſerliche Mittel bedacht ſeyn/ und zwar im
Anfang
gebraucht man ſolche Mittel/ wel-In principio
che den Gang der einflieſſenden Feuchtigkeit
verſperren/ als da ſind: Oxicratum, Safft
oder
[80]Erſter Theil
oder gebrand Waſſer von Hauswurtz/
Wegereich/ Roſen/ Bilſen-Saamen/ Bol.
armen. Terra ſigillata,
Roſen-Oehl/ von
welchen man entweder Pflaſter/ Cata-
plasmata
oder Waſſer zurichtet. Im
In augmen-
to.
Zunehmen muß man nicht allein auff die
jetzt einflieſſende Feuchtigkeit/ ſondern auch
auff die ſchon eingefloſſene achtung geben/
und deshalben den Artzeneyen ſo den Fluß
ab- und zuruͤck treiben/ auch reſolvirende
und zertheilende mit einmiſchen/ doch/ daß
die zuruͤcktreibende ſtaͤrcker und mehr ſeyn:
Als zum Cataplasmate, Pappel/ Wermuht/
Wegerich in halb Eßig und Waſſer geſot-
ten/ hinzu gethan. Farin. Fabar. hordij,
pulv. roſar, ol. roſar, chamomillæ,
Im
In Statu.hoͤchſten Grad aber/ als imStatu, ſo ver-
miſcht die repellentia und digerentia im glei-
chen Gewicht/ mit hinzuthun etzlicher
Schmertzen-ſtillenden Sachen/ als Rad.
altheæ, malvæ, parietariæ, Farin. fabar, pulv.
chamomill, melilot, ol. chamomill, roſar,
pingv. gallinar.
oder den Schmertzen zu ſtil-
len/ Weitzen-Broſahmen in warm Waſ-
ſer geweicht/ pulv. roſar. ruhr, Abſinthij, ol.
anethi
und Honig vermiſcht. Wann aber
In declina-
tione.
ſolche Geſchwulſt in declinatione und ab-
nehmen iſt/ ſollen die zertheilende und reſolvi-
rende alle andere medicamenta uͤbertreffen/
auch gar allein/ ohne Zuthun anderer/ ge-
braucht
[81]von Geſchwuͤlſten.
braucht werden/ als Papelen/ Ibiſch/ Ger-
ſtenmehl mit Honig und ol. chamom. ver-
miſcht/ oder Empl. de mucilaginibus, Empl.
d. melilot, ol. chamom, anethin. \&c.
Die-
ſes iſt die Cur ohne Oeffnung.


10. Wie wird aber eine Phleg-
mone
durch eine Vereyte-
rung curiret?


Solches geſchicht/ wann man keines we-
ges die zuflieſſende Materie zertheilen kan/
welches aus der groſſen Hitze und Ge-
ſchwulſt/ aus der Schaͤrffe des ſtechenden
Schmertzens/ und gegenwaͤrtigen Fieber
abgenommen wird; Alsdann muß man alle
Hoffnung der Reſolution oder Zertheilung
hindan ſetzẽ/ uñ allein zur Vereyterung greif-
fen. Als Lilien Wurtz/ Ibiſch Wurtz/ Pap-
pelblaͤtter/ Tag und Nacht/ in Honig-Waſ-
ſer geſotten/ Leinſaamen-Mehl/ Schwein-
Schmaltz uñ Oehl von weiſſẽ Lilien uͤbeꝛlegẽ.


Doch haͤlt Hieronymus Fabritius ab
Aquapendente
davor/ daß die Pflaſter/ wel-
che mit ihrem ankleben die Schweiß-Loͤcher
der Haut verſtopffen/ beſſer vereyteren/ als
die cataplasmata, welche nicht ſo ſehr kleben.
Man ſoll aber die Oeffnung/ ſo bald man
eine gekochte Materie verſpuͤhret/ vor die
Hand nehmen/ und nicht warten/ biß es
von ihm ſelbſt ſich eroͤffne/ damit nicht die
Fbehal-
[82]Erſter Theil
behaltene Materie die inwendigen Theile
mit ihrer Schaͤrffe benage/ und alſo eine
Fiſtel oder hohles Geſchwaͤr verurſache. In
Oeffnung der Apoſtemen hat man inſon-
derheit zu betrachten/ daß man ſie am wei-
cheſten/ und wo es ſeyn kan/ am niedrigſten
Theil des Geſchwulſtes oͤffne/ und dazu an
einem ſicheren Ort/ da keine Blut-Lufft- und
Span-Adern ſeyn/ auch ſoll die Oeffnung
nach laͤnge der Haut und der darunter lie-
genden Muſculen geſchehen/ die Materie
muß man nicht auff einmahl auslaſſen/ ſon-
dern allgemach/ und nach dieſem reinigen
und heilen.


11. Was iſt der Rohtlauff oder
die Roſe?


Paræus.

Es iſt eine Geſchwulſt Eryſipelas genand/
wird allein aus dem ſcharffen/ ſubtilen/ duͤn-
nen und Gallmaͤßigen Gebluͤht oder Chole-
Avicenna.ra verurſachet/ kompt faſt in alle Gliedmaſ-
ſen des Leibes/ allermeiſt aber ins Angeſicht/
wegen duͤñe der Haut uñ ſubtilen Gebluͤhts/
Keñzeichen.hat faſt eben die Keñzeichen/ als die Phlegmone
nur daß die Roſe nicht ſo erhoben iſt/ auch
iſt die Hitze viel hefftiger/ daß ſie auch die
Haut verbrennet/ auch hat der Rohtlauff
Aquapen-
dens.
keinen ſo groſſen Schmertzen/ als die Phleg-
mone,
iſt aber ſtechender: Im Rothlauff
weichet ſo woll die Roͤhte/ als die Ge-
ſchwulſt/
[83]von Geſchwuͤlſten.
ſchwulſt/ wann ſie mit den Fingern druͤcket/
in der Phlegmone aber geſchicht es nicht; Zu
dem ſo bleibt auch der Rohtlauff nicht an ei-
nem Ort beſtaͤndig/ ſondern weicht und
kreucht immer weiter/ welches die phlegmo-
ne
nicht thut. Die Cur belangend/ iſt die-Cur.
ſelbe fleißig in acht zu nehmen/ damit nicht
die ſchaͤdliche Feuchtigkeit wieder in die in-
wendigen Theile getrieben werde/ dann
wann ſolches geſchicht/ wann die Roſe im
Angeſicht/ kan eine Braͤune und Entzuͤn-
dung der Hirnhaͤutlein daraus erfolgen/
wann die Roſe am Arm und Schenckel/
kan der heiſſe Brand (Gangræna) durch dieFabritius
Hildanus
Cent. 1. ob-
ſerv.
82.
Im Geſicht

zuruͤcktreibende medicamenta veruhrſachet
werden. Soll man derohalben/ wan ſol-
che im Geſicht iſt/ kecklich zur Ader laſſen/
damit nicht die Braͤune verurſachet werde/
in anderen Theilen aber des Leibes/ ſoll man
keine Ader oͤffnen/ ſondern purgantia gebrau-
chen. Im Geſicht ſoll man wie geſagt/
keine euſerliche kalte Sachen gebrauchen/
damit nicht die materia peccans zuruͤck ge-
trieben werde/ noch warme Sachen/ damit
nicht mehr hinzu gezogen werde. DemAquapen-
dens.

Krancken aber und den Beyweſenden zu
mehrerm Troſt/ das Pulver vom Schwal-
benneſt/ mit Honig vermiſcht uͤberſtreichen/
oder mit ſuͤß Mandel-Oehl beſchmieren.
Sonſt wann der Rothlauff im SchenckelIm Schen-
ckel oder
Arm.

F ijoder
[84]Erſter Theil
oder Arm/ mag man im Anfang/ und
wann der Schmertz am groͤßeſten/ kuͤhlen-
de Sachen/ welche zugleich feucht ſeyn/ ge-
brauchen/ mit nichten aber zuſammen zie-
hende/ oder welche mit einer Druckenheit
kuͤhlen/ ſondern Lactuca, Polygonum, por-
tulaca, pſyllium, ſemper vivum, umbilicus
veneris, ſolanum, mandragora,
und alle/
welche einer Waͤßerichten Natur und Art
ſeyn: Wie auch Eßig und Waſſer gemiſcht/
und uͤbergeleget/ daß infrigidans Galeni iſt
auch gut. Wann aber der groͤßte Schmertz
hinweg/ ſoll man von den kuͤhlenden ablaſ-
ſen/ und zertheilende gebrauchen/ als ein
cataplasma von Gerſtenmehl/ Bohnen- und
Feigbohnen-Mehl mit Honig angemacht:
Man ſoll auch das Glied mit warmen
Waſſer/ oder Saltz- und See-Waſſer
behen/ damit die zuſammengetragene Feuch-
Johann. Pe-
trus Faber
in Chirur-
gia Spagy-
rica.
tigkeit koͤnne außgefuͤhret werden. Auch
iſt im Anfang gut zu gebrauchen das ungu-
ent.
aus dem Eßig/ welcher auff dem Ly-
targirio
geſtanden/ mit Viol-Oehl gemacht/
oder den obgedachten Eßig mit dem Ol. Tart.
ſtarck vermiſcht/ daß eine Milch daraus
wird.


12. Was iſt ein Oedema oder
Waſſerſuͤchtige Geſchwulſt.


Es iſt eine weiche und unſchmertzhaffte
Ge-
[85]von Geſchwuͤlſten.
Geſchwulſt/ wenn man ſie mit einem Fin-
ger drucket/ weichet ſie/ und laͤſt eine GrubeKeñzeichen.
nach ſich/ ſie entſtehet gemeiniglich an Haͤn-
den und Fuͤſſen/ weil dieſe Theile etwas
weit von dem Urſprung der Waͤrme/ nem-
lich dem Hertzen liegen. Sie entſtehet eben
wie andere Geſchwulſte/ dann/ wann dieUrſach.
Natur/ mit gar zu groſſer Maͤnge des Ge-
waͤſſers beladen/ wird ſolches von der Na-
tur außgetrieben/ von den groſſen Gefaͤſſen
zu den Kleineren/ ſolche pituita aber iſt na-
tuͤrlich in der Leber generiret/ iſt weiß/ kalt und
feucht/ hat keinen Geſchmack/ oder iſt et-
was ſuͤßlich/ wann ſie aber von ihrer Natur
abweichet/ durch einmiſchung des Gebluͤts/
wird ſie œdema phlegmonodes genennet/ wird
etwas Gall eingemiſchet/ nennet man ſie
œdema eryſipelatodes, wird etwas von me-
lancholiſcher Feuchte mit eingemiſcht/ nennt
man ſie/ œdema ſcirrhoſum. Das œdemaCur.
von welchem oben geſagt/ zu curieren/ muß
man vor allen dingen der Urſach wehren/
aus welcher ſie gekommen/ als/ kompt ſie
aus dem Magen/ wegen uͤberfluͤßiger Kaͤlte/
muß ſolche corrigiret werden/ deßgleichen/
wann die Urſach aus anderen Theilen her-
kompt/ welche ein vernuͤnfftiger Medicus
erforſchen muß. Nach dieſem/ ſoll man
die albereit entſtandene Feuchtigkeiten auß-
fuͤhren/ durch Phlegmagoga: als mit dem
F iijmelle
[86]Erſter Theil
melle roſato ſolutivo, rad. Turbith, Aaga-
rico: Diaphœnic. Pill. Cochijs. Rad. gialap
\&c.
Der Zufluß ſoll durch defenſiva auff-
Galenus.gehalten werden. Der ſchon eingefloſſenen
Feuchtigkeit ſoll man mit euſſerlichen Mit-
teln alſo begegnen; im Anfang einen
Schwam in halb Eßig und Waſſer genetzt
uͤbergeſchlagen/ oder aber/ die Schwaͤm-
me eingetunckt/ in Aqua ex calce, item in
Laugen aus Weinreben/ auch kan man
etwas Alaun dazu thun. In ſtatu \& de-
clinatione
ſoll man außtruckende und reſol-
vi
rende Mittel gebrauchen: alß/ Cypreſ-
ſennuͤß/ Granatoͤpffel-Schalen/ Salbey/
Wollgemuht/ Iſop/ Meliß/ Wermuht/
Wegerich/ Alaun/ Weinſtein/ Saltz/
warm uͤbergelegt; auch koͤnnen zertheilen-
de Pflaſter gebraucht werden/ doch ſoll alle-
zeit vor Gebrauch der Medicamenten das
Glied woll gerieben/ oder mit Salbey/ La-
vendeln/ Roßmarin/ rothe Roſen/ woll ge-
behet werden/ ſonſten koͤnnen ſie wenig wir-
cken/ weil das Glied allezeit kalt. Wann
dieſe Geſchwulſt zur Vereyterung kompt/
welches doch ſelten geſchicht/ ſollman ſie ver-
eyteren und heilen/ wie anderre abſceſſus.


13. Was iſt eine blaͤſtige oder
windige und duͤnwaſſe-

richte
[87]von Geſchwuͤlſten.
richte Geſchwulſt/ wie
wird ſie verurſachet?


Die blaͤſtige Geſchwulſt hat in etwasAquapen-
dens.

Verwandſchafft mit der œdema/ wird ge-
nand (Emphyſema) eine Auffblehung; die
Urſach ſolcher Geſchwulſt iſt/ die zaͤhe undUrſach.
dicke pituita und die mittelmaͤßige Waͤrmb-
de/ dann wann eine dicke und zaͤhe Matery
in unſerm Leibe iſt/ die Waͤrmbde aber
ſchwach/ ſo wird keine Blaͤhung daraus
entſtehen/ weil ſolche ſchwache Hitze die Ma-
terie nicht kan in Blaͤſte veraͤndern/ herge-
gen/ wann die maͤchtig/ die Matery aber
duͤnn/ wird keine Blaͤhung verurſachet/
ſondern ſie wird durch die ſtarcke Hitze gantz
zertheilet und verſpreitet. Dieſe Geſchwulſt
wird erkand/ wann man mit den FingernKeñzeichen.
drucket/ laͤſt es keine Grube hinter ſich/ als
wie das œdema, iſt auch heller und klaͤhrer/
auch kein ſtetswehrender Schmertz dabey.
Im curiren muß man auff den gantzen LeibCur
ſehen/ und muß eine gute Diaͤt/ von Spei-
ſen die da waͤrmen/ angeſtellet werden/ her-
gegen welche Wind und Blaͤhung machen/
verbieten. Man ſoll auch ſolche boͤſe Feuch-
tigkeit mit purgieren und Aderlaſſen/ aus
dem gantzen Leibe ausfuͤhren/ als/ mit Pill.
de agarico, de hermodactylis
auch mit denen/
welche die Humores duͤnne machen und præ-
F iiijpari-
[88]Erſter Theil
pariren, als Syr. d. hyſopo, oxymele ſcillitico
pulegio
;
Nachdem ſolches geſchehen/ ſoll
man zu dem beſchaͤdigten Theil ſich wenden/
ehe man aber medicamenta auffleget/ ſoll
man das Glied behen/ mit der Bruͤhe vom
decocto rutæ, pulegij, calaminth, betonicæ,
mit Schwaͤmmen uͤberlegen eine Laugen/
welche Aquapendens ſehr lobet. Die Zer-
theilende und Duͤnnmachende ſind/ Pech/
Hartz/ Terpentin/ Ochſen-Schmaltz und
dergleichen. Vigierius ruͤhmet ſehr das
Empl. de baccis lauri, item Empl. de ranis
cum \& ſine ☿rio Vigonis,
und befiehlet alle
Medicamina warm uber zulegen.


14. Was iſt Atheroma fuͤr eine
Geſchwuſt?


Aquapen-
dens.

Atheron iſt ein grichiſch Wort/ und heiſt
ſo viel als ein Brey/ weil dieſe nicht ſchmertz-
haffte Geſchwulſt in einer duͤnnen membro-
no
ſiſchen Haut einen humorem dem Brey
gleich/ verſchloſſen hat/ wann man ſie mit
Keñzeichen.dem Finger ſtarck drucket/ kompt ſie nicht
geſchwind wieder empor. Sie koͤmpt aus
Urſach.einer kaltſchleimigen materie, welche allge-
mach in eine hohe Geſchwulſt waͤchſt/ und
ſo woll von innerlichen als aͤuſſerlichen Zu-
faͤllen verurſachet wird. Weil dieſe Ge-
ſchwulſt eine gar zaͤhe und dicke materie hat/
kan ſie nicht durch zertheilende Medicamen-
ta
[89]von Geſchwuͤlſten.
ta geheilet werden/ ſondern durch aͤtzendeCur
durch zerthel-
lende Artze-
neyen.

oder durchs ſchneiden: Doch koͤnnen die
weichen atheromata welche nicht lang ge-
dauret reſolviret werden. Die aͤtzende (me-
dicamenta ſeptica
) ſind/ ærugo, ſquama æris,durchaͤtzende.
chalcitis, auripigmentum, arſenicum, ealx
viva, atramentum ſutorium
;
Solche muͤſ-
ſen aber mit Unterſcheid gebrauchet werden/
als die ſtarcke in den erwachſenen/ die ſchwa-
chen aber/ bey den Jungen und zarten/ dann
arſenicum und lebendiger Kalck iſt in den
ſtarcken Leibern woll ein aͤtzendes (ſepticum)
aber in den Zarten woll ein Cauſticum und
brennende Artzeney: deßgleichen iſt der Kalck
ein ſopticum bey den Kindern/ aber in den
Erwachſenen nur ein Epuloticum, oderdurchſchnei-
den.

Haut-ſchlieſſende Artzeney. Was das
ſchneiden anlanget/ welches fuͤr das aͤtzen
zu erwehlen/ ſo ſol man den Ort ſo lang das
Geſchwaͤr iſt/ mit Dinten zeichnen/ ſo lang
der Schnit ſeyn ſoll/ (in den groſſen muß
man ein Creutz-ſchnit thun/) in dem ſchnei-
den ſoll man zuſehen/ daß man das Baͤlg-
lein/ worinnen das apoſtema verſchloſſen/
nicht zerſchneide/ ſondern mit einem In-
ſtrumentlein von der Haut abledige/ das
Blut welches die operation gern zu verhin-
deren pflegt/ muß man unterdeſſen/ ſo viel
muͤglich/ fleißig abwiſchen und ſtillen: auff
dem grunde muß man die Ader/ welche
F vdem
[90]Erſter Theil
dem Baͤlglein zu gehet/ und von welcher
das atheroma ſeinen Wachsthum hat/
uͤber zwerg abſchneiden/ doch alſo/ damit
nichts von Baͤlglein darinnen bleibe/ und
alſo wiederwachſe; Dieſe Ader iſt eintzelich
und ohne arteria, daher kompts/ daß ſel-
biges kein Nahrungs-Gebluͤt iſt: Nach
dieſem ſoll man die Lefftzen wieder zuſam-
men fuͤgen/ doch allezeit zu ſehen/ ob auch
in der Heilung ein Blut ſich verhalte.
Wann aber das Baͤlglein entweder vorher/
oder von dem Chirurgo zerriſſen/ muß man
das Baͤlglein entweder herauß ſchneiden/
oder mit aͤtzenden ſachen herauß bringen.
Sennertus.Sennertus befielet/ wann ein ſolches Baͤlg-
lein dem pericranio oder Cranio ſelbſten ange-
wachſen waͤre/ ſoll man das pericranium
mit dem Cranio radieren und abſchaben/ da-
mit nichts uͤberbleibe: Doch verbeut ſolches
Aquapendens, wegen allerley Ungelegenheit.


15. Was iſt Meliceris fuͤr ein Ge-
ſchwulſt?


Aetius.

Meliceris iſt eine Geſchwulſt/ welche in
einem Baͤlglein eine materie dem Honig
gleich/ in ſich hat/ iſt gantz nicht ſchmertz-
Keñzeichenhafft/ wann man ſie mit einem Finger dru-
cket/ weicht ſie leicht/ und kompt leicht wie-
der/ iſt ein vermiſchter humor, wider die Na-
tur. Wird auff dreyerley arth curiret/ ent-
weder
[91]von Geſchwuͤlſten.
weder durch zertheilende/ oder durch auß-Cur
durch zerthei-
lende Artze-
ney

fuͤhrende Artzeneyen/ oder durchs Schnei-
den. Weil aber von den aͤrtzenden Mitteln/
wie auch vom Schneiden/ bey dem Athe-
romate
geſagt/ iſt noch uͤbrig/ etwas von
dem außſpreitenden und digerirenden Mit-
teln zu melden/ welche die Materie durch
einen Dampff außfuͤhren/ ſolche muͤſſen
aber ſtaͤrcker ſeyn/ als wann ein Geſchwaͤr
ohne Baͤlglein were. Mittelmaͤßige Artze-
neyen ſind: Terebintina, galbænum, opopa-
nax
;
ſtaͤrckere ſind: Aq: ex calce zweymahl
infundiret/ auch die Bruͤh von decoct: allij,
oder Laugen mit Schwaͤmmen eingetunckt/
uͤber gelegt.


16. Was iſt Steatoma fuͤr ein
Geſchwulſt?


Es iſt eine runde Geſchwulſt des Haͤupts/
banget ſtarck dem cranio und pericranio an/Keñzeichen.
hat eine Materye dem gerunnenẽ Talck oder
Inſchilt gleich/ iſt zwiſchen zweyen Haͤutlein
eingeſchloſſen/ wann aber ſolcher abceſſus in
anderen Theilen des Leibes iſt/ hat die Ma-
terie viel mehr eine Gleichheit eines Fettes/
als Talges/ es pflegt auch ein Baͤlglein und
keine Haͤutlein zu haben. Es wird aber ſol-
che Materie auß Unrechtmaͤßigkeit (ex in-Urſach
temperie) des Orthes eingefloſſen/ durch
das boͤſe Gebluͤth. Was die Cur anlan-Cur
get/
[92]Erſter Theil
get/ iſt ſolcher abſcesſus wegen Haͤrte der
Materie/ Außbreitung/ Vielheit des Tal-
ges/ nicht anders als durch das ſchneiden zu
Actius lib.
15.
curiren/ in dem man das Sevum oder Talg
von dem pericranio woll ablediget/ damit
nichts dahinten bleibe/ (ſonſten kompt es
auffs neue wieder/) das Cranium radiret/
und letzlichen heilet.


17. Was iſt Herpes oder der
Wolff fuͤr eine Geſchwulſt?


Aquapen-
dens.

Es iſt eine Geſchwulſt auß einer ſubtilen
und ſcharffen gallmaͤßigen Feuchtigkeit her-
kommend/ wann nemlich dieſelbe durch
Mittel ihrer Subtilitaͤt biß zu der oberſten
Haut epidermis genandt/ gelanget/ und ſich
in dieſelbe hin uud wieder weit außbreitet.
von Galeno werden dreyerley erzehlet. als
Herpes
iſt dreyerley.
1. Herpes ſimplex, wann die Materie einer
mittelmaͤßigen und nicht allzu dicken Sub-
ſtantz iſt/ und alsdann naget ſie nur die
Haut.


2. Herpes miliaris, welche nebſt dieſer
Gallmaͤßigen Feuchtigkeit die Waßerichte
mit bey ſich hat.


3. Herpes exedens, wann bey beſagter Ma-
terie auch eine melancholiſche Feuchtigkeit
verhanden iſt. Der Herpes miliaris hat
viel Blaͤterlein/ dem Hirſe gleich/ in der
oberſten Haut/ und wann die Blaͤtterlein
ſchon
[93]von Geſchwuͤlſten.
ſchon heilen/ kommen doch andere wieder/
und kriechen weiter. Der Rothlauff kompt
auß der natuͤrlichen/ dieſer aber auß der wie-
dernatuͤrlichen Galle. Es wird auch dieſerCelſus.
Herpes, Ignisſacer genandt/ und wiewoll
ſolcher keine Gefahr mit ſich bringet/ ſo iſt er
doch unter allen denen Kranckheiten/ welche
umb ſich freſſen und kriechen/ ſchwer zu cu-
riren/ denn es iſt offt eine Unrechtmaͤßigkeit
der Leber darbey/ welche verurſachet/ daß
ſie ſo ſchwer zu curiren iſt. Es muß aber in
der Cur auff den gantzen Leib geſehen wer-Cur
den/ und weil dieſer Herpes dem Rothlauff
faſt gleich/ kan man mit ihm auch alſo ver-
fahren/ auſſer dem/ daß die uͤberfluͤſſige
Feuchtigkeit eine Außfuͤhrung ſo woll der
Gallen/ als der pituita erfodert/ dannen-
hero gelobet wird/ das Elect. diaphœn. oder
die pill. cochiæ; wann eine plethora verhan-Vigierius.
den/ ſoll man zur Aderlaſſen/ ſonſten hat
das Aderlaſſen keine ſtatt/ weil dieſer affect
von der uͤbelen Dauung ſeinen Urſprug hat;
Hergegen iſt das purgieren mit dem Scam-
monio
in Ziegenmilch nuͤtzlich. Was den
beſchaͤdigten theil anlanget/ ſoll man zu ruͤck
treibende Artzeneyen brauchen/ zwar nicht
kalte und feuchte/ wie im Rothlauff/ ſon-
dern kalte und truckene/ als/ Wegerich/
Granat-Schalen/ Gerſten- und Linſen-
Mehl in Waſſer geſotten/ Roſen/ Wer-
muht
[94]Erſter Theil
muth und Honig dazu gethan/ und zum
cataplasmate gemacht; Oder welches ſtaͤr-
cker/ Galloͤpffel/ Granat-Schalen/ Bol.
armen.
alles mit Roſen-Waſſer und wenig
Aquapen-
dens.
Eßig vermiſcht/ damit es nicht beiſſe. Aqua-
pendens
gebraucht das Meer- oder Saltz-
Waſſer/ in welchen Schwefel und Alaun
geworffen/ hierinnen ſoll das Glied gehal-
ten werden/ wann die Blaͤtterlein auffge-
hen/ ſoll man abtrucknende und abwiſchende
medicamenta gebrauchen. Herpes exedens
der kreucht fort/ und friſt umb ſich/ aber
nur die Haut/ zum Unterſcheid Phagedenæ,
welche auch das Fleiſch naget und friſt/ die
Urſach iſt einerley mit dem miliari, nur das
keine pituita da iſt: wird curirt durch Gall-
purgierende Mittel/ euſerlich uͤbergelegt/
daß ceratum de ſucco tabaci, innerlich die Zie-
genmolcken oder decoct. ſarſæparill nach dem
die Zeit und Leber beſchaffen.


18. Was iſt Ganglion oder Uber-
bein fuͤr eine Geſchwulſt?


Paræus.

Es iſt eine Geſchwulſt/ welche bißweilen
hart/ bißweilen weich iſt/ entſtehet gemei-
Keñzeichen.niglich in den harten und ſpanadrichten Or-
ten des Leibes/ auß Unvermoͤgligkeit der
Nerven oder Haarwachſes/ welche ihnen
auß den Biegungen/ Außſtreckung/ erlit-
tenen Stichen/ harter Arbeit und derglei-
chen
[95]von Geſchwuͤlſten.
chen verurſachet werden/ und dieweil derUrſach.
Narungs-Safft der Glieder/ welche zu ih-
nen gebracht worden/ weder verdauet/ noch
in ihre Subſtantz kan verwandelt werden/
ſo wird er zu einer ſolchen dicken und kalten
Feuchtigkeit. Die Cur anlangend ſo ſol-Cur
len die Geſchwuͤlſt/ welche Haarwachs und
Gelencke eingenommen haben/ nicht mit
Inſtrumenten weggebracht werden/ ſondern
mit Medicamenten, welche eine erweichen-
de/ fließigmachende und zertheilende Krafft
in ſich haben/ als nemlich: gum. ammoniac,
ſegapen. in aq. vitæ
zerlaſſen/ oder mit dem
Empl. de ranis cum duplici ☿rio Vigonis
auch mit dem Empl. de ammoniac: cum ſuc-
co cicutæ.
Wann aber ſolche Geſchwuͤlſt
an andern Theilẽ des Leibes in einem Baͤlglein
oder beſonderen Haͤutlein wohnen/ ſol man
ſolche/ wann ſie noch neu/ mit dem Fingern
ſtarck reiben/ damit das Haͤutlein zerreiſſe/
oder ein Bleyern Blech mit ☿ vivo beſtri-
chen/ uͤberlegen/ auch knoͤnnen dieſe durchs
Schneiden weggenommen werden/ wie bey
der Geſchwulſt atheroma geſagt worden.


19. Was ſind Scropulæ, ſtru-
oder Kroͤpff fuͤr Ge-
ſchwuͤlſte?


Es ſind waſſerichte Geſchwuͤlſte mit ein-Celſus.
gemiſchter Melancholiſcher Feuchtigkeit/
entſte-
[96]Erſter Theil
enſtehen in den glandulis und druͤſichten Or-
Urſach.ten/ als/ neben dem Gemaͤchte/ unter den
Armen/ und ſonderlich an den Druͤſen des
Halſes/ ſelten an den Bruͤſten und Hoden.
Riolanus.Riolanus vermeinet/ daß der wahre Ur-
ſprung dieſer Geſchwuͤlſte/ das druͤſichte
meſenterium ſey/ und daß niemand einen
Kropff habe/ es ſeyn dann das meſenterium
mit der gleichen Geſchwuͤlſten angefuͤllet/
welches doch Thomas Bartholinus in ſua ana-
tomia reformata. p.
77. wieder ſpricht. Sie
ſind von andern Geſchwuͤlſten hierin unter-
Unterſcheid.ſchieden/ daß ihrer viel nahe beyſammen
und aneinander ſeyn/ tieffer einwurtzeln/
und dann und wann ſchmertzhafft ſeyn: Es
bekommen die Leuthe am meiſten/ welche
viel freſſen und ſauffen/ und dem Muͤßig-
gang und Faulheit ergeben ſeyn: In der
Steyermarck ſind die am Halſe ſehr gemein.
CurWas die Cur und heilung betrifft/ muß
man auff den gantzen Leib ſehen/ denſelben
in guter Ordnung halten/ und wie mit den
Paulus Æ-
gineta.
Scirrhis verfahren. Zertheilende Sachen
ſoll man brauchen/ als: Rad: altheæ mit
ping v: gallinarum, oder farina lupinorum
Aquapen-
deus.
mit oximel gekocht/ oder Ol: vetus, acet:
acerim,
und ein Thiel Lytargir: darunter
gekocht/ biß es ein ceratum wird. Wann
aber ein ander humor/ als Blut oder Gall
mit eingemiſchet iſt/ laſſen ſie ſich nicht reſol-
vi-
[97]von Geſchwuͤlſten.
viren/ als dann muß man ſie zur vereyterungdurch Verey/
terung.

bringen/ mit Empl. Diachyl: oder ein cata-
plaſma
gemacht/ von Rad: altheæ, liliorum
alb, pingv: anſeris \& gallinæ \&c.
Es iſt aber
allhie in acht zunehmen/ daß man die Ge-
ſchwuͤlſte nicht ehe oͤffne/ es ſey dann alle
Materie in Eyter verwandelt/ dann/ es
kan ſoſten die andere Materie nicht ſo leicht
zur vereyterung gebracht werden/ weil ſie
in den fruͤhzeitigen offnen die Waͤrmbde ver-
lohren hat. Bißweilen ſind ſie ſo wider-
ſpenſtig/ daß ſie auff dieſe weiſe nicht koͤnnen
curiret werden/ als dann muß man die glan-Galenus.
dulam zugleich mit außnehmen/ ſolches kan
wol in dem Halß/ unter den Achſeln und
Schaam aber nicht leichtlich in den BruͤſtenCur durchs
ſchneiden.

und Hoden zugelaſſen werden/ man muß
auch ſonderlich behutſam damit umbgehen/
damit kein Blutfluß entſtehe/ auch nicht von
dem Druͤßlein darin gelaſſen werde/ damit
nicht das Ubel wiederkomme/ auch iſt vor-
ſichtiglich mit umbzugehen/ damit nicht im
ſchneiden/ wann die ſcropulæ am Halſe/ die
Blut- und Lufftadern jugulares \& carotides
wie dann auch die nevirecurrentes beſchaͤdi-
get werden/ dann Vigierius bezeuget daßVigierius.
auch nur durch entbloͤſſung dieſer Nerven/
die Sprach verlohren worden.


G20. Was
[98]Erſter Theil

20. Was iſt Scirrhus vor eine
Geſchwulſt?


Aquapen-
dens.

Es iſt eine harte Geſchwulſt kompt her
von einem dicken/ zaͤhen/ kalten und leimich-
ten humore, als da iſt/ die ſchwartze Galle/
und die uͤber die maaß außgetrucknete Pitui-
ta,
die melancholiſche Feuchtigkeit aber/
worauß der Scirrhus entſtehet/ iſt die Natuͤr-
liche/ welche in der Leber generiret iſt/ und
gleichſam der Hefen des Gebluͤths iſt/ ſon-
ſten dick und kalt/ aber dennoch dem Leibe
nuͤtzlich/ denn es naͤhret die harten und dicken
theile des Leibes/ und machet das Gebluͤht
dick und ſtarck; die Geſchwulſt hat keinen
Schmertzen/ und bleibet an einem Ort/ iſt
unbeweglich. Der Scirrhus welcher auß
Keñzeichen.der pituita koͤmpt/ hat eine gleiche Farbe mit
dem andern/ welcher auß der Melancholey
kompt/ iſt bley-farbig/ ſie entſtehet auch offt
in der Leber und Miltz/ aͤuſſerlich aber ge-
meniglich in den Haͤuptern der Muſculen/
werden auch offt verurſachet/ wann man
gar zu kalte Sachen/ oder gar zu ſtarcke zer-
theilende Medicamenta in den inflammati-
onibus
gebraucht/ daß alſo entweder der hu-
mor
verhartet/ oder durch zertheilung der
duͤnnen Materie die uͤbrige Dicke ertrucknet/
Curund gleichſam zu Stein wird. Die Cur
belangend/ muß man auff die innerlichen
Ur-
[99]von Geſchwuͤlſten.
Urſachen ſehen/ dann kompt ſolche melan-
choliſche Feuchtigkeit auß uͤbeler Beſchaffen-
heit des Miltzes/ oder der Leber/ muß ſol-
ches verbeſſert werden/ kompt ſie auß ver-
haltung der monatlichen Blum oder guͤlde-
nen Ader/ muͤſſen ſolche geoͤfnet werden;
Wann nun der Leib gereiniget/ ſoll man zun
aͤuſſerlichen Mittelen ſchreiten/ und auff ſei-
nen Urſprung ſehen: denn kompt er auß der
pituita/ muß man erweichende und zerthei-
lende Sachen gebrauchen/ kompt er auß
melancholiſcher Feuchtigkeit/ ſoll man be-
hutſahm mit ihm umbgehen/ dann braucht
man zertheilende Artzeneyen mehr als ſichs
gehoͤret/ wird ſolcher gar zum Stein/ thut
man ihm in erweichen zu viel/ muß man in
furcht ſtehen/ es werde gar ein Krebs dar-
auß/ und ſonderlich/ wann er auß einer
melancholiſchen Feuchtigkeit herkommen/
iſt alſo das beſte/ man brauche eins umbs an-
der/ oder miſche die erweichende mit den zer-
theilenden zuſammen/ alſo kan das Erweich-
te zertheilet werden: uͤber alle andere Mitel
iſt das Empl. d. ranis cum duplo ☿ rio Vigo-
nis
: kompt er aber nach dem Rothlauff oder
inflammation, ſoll man wiſſen/ das ſolcher
Scirrhus aus erkalteten Artzeneyen entſtan-
den/ derohalben ſollen erweichende/ erwaͤr-
mende und ausfuͤhrende Mittel gebrauchet
werden/ als ein cataplasma gemacht von
G ijgum.
[100]Erſter Theil
ad Alman-
ſor lib.
7.
gum. bdellij, ammoniac. galban. in Lilien-
Oehl zerlaſſen/ und mucilag. ſem. Lini. fœn:
græc. \&c
.
darzu gethan.


21. Was iſt der Krebs/ wie
vielerley iſt er/ und wie iſt
er zu curiren?


Paræus.
Sennertus.

Der Krebs iſt eine runde Geſchwulſt/
blau/ rauh/ uneben/ unbeweglich/ hat im
Umbkreiß/ umb ſich herumb auffgelauffene
und baͤrſtende Adern/ den Krebs-Fuͤßen
Urſach.gleich/ daher er auch den Nahmen hat.
Kompt von der ſchwartzen Galle/ welche
Aquapen-
dens,
auff vielerley Weiſe generirt wird. Biß-
weilen kompt der Krebs auß uͤbermaͤßiger
Hitze der Leber/ welche durch ihr Brennen
die ſchwartze Galle bereitet/ auch geſchiehet
ſolches bißweilen/ wann durch Schwach-
heit des Miltzes/ die melancholiſche Feuch-
tigkeit von ihr nicht kan angezogen werden/
ſondern im Leibe behalten und gebrathen
wird: Bißweilen kompt er auß Verſtopf-
der guͤlden Ader/ und Verhaltung der Mo-
natlichen Blum/ item/ auß vielen und ſtaͤ-
tem Gebrauch/ dicker und hitziger Speiſen/
als Knoblauch/ Zwiefel/ und allerley Huͤl-
ſen-Fruͤchte/ Haſen- und Eſel-Fleiſch und
Celſus.dergleichen. Es kan zwar der Krebs in al-
len Theilen des Leibes entſtehen/ allermeiſt
aber
[101]von Geſchwuͤlſten.
aber in den Theilen des Geſichts/ als Leff-Paulus Æ-
gineta lib.

4.

tzen/ Naas/ Ohren/ wie auch in den Wei-
ber Bruͤſten/ welche nicht allein luck ſeyn/
den Melancholiſchen humorem an ſich zu
nehmen/ ſondern ſie haben auch Verwand-
ſchafft mit der Gebaͤr-Mutter/ durch die
Adern/ durch welche ſie gereiniget werden
ſoll/ wann nun in Verſtopffung derſelben
ſolches nicht kan auß gefuͤhret werden/ ſtei-
get es uͤber ſich/ und kan leicht zu den Bruͤ-
ſten gelangen. Laͤſt ſich im Anfang ſchwerKrebs iſt
ſchwer im
Anfang zu
erkennen.

erkennen/ in dem er gar klein/ wann er aber
groͤßer worden/ machet er durch die ſcharffe
Hitze groſſes Stechen und unleidlichen
Schmertzen: Doch iſt dieſer einer etwas
guͤttigern/ und nicht ſo boͤſen Arth/ als
welcher eine Schaͤrffe beyſich hat/ und offen
iſt/ welcher Cancer exulceratus genandt
wird/ dann dieſer iſt ein Geſchwaͤr eines uͤbe-
len Geruchs/ dicker auffgeworffener Lefftzen/
außgefreſſen/ und geborſten. Die Cur
anlangend/ ſo iſt der Krebs faſt unheilbahr/Hippocrat.
Aphor. 82.
ſect.
6.

er ſey wie er wolle/ dann/ in welchen die Cur
vorgenommen wird/ ſterben bald. Doch
kan man den anfangenden heimlich und
noch nicht offenen Krebs/ offtermahls vor-
kommen und begegnen/ und zwar den Klei-Cur
nen/ mit medicamenten, den Groſſen aber/ mit
Hand-Cur und Inſtrumenten. Muß dero-
wegen innerlich die melancholiſche Feuchtig-
G iiikeit
[102]Erſter Theil
keit außgefuͤhret werden/ mit Confect: Ha-
mech
, Epithim: Hicra \&c.
und durch fleißi-
ges diæt gewaͤhret werden/ daß keine ſolche
Feuchtigkeit gemehret und gehaͤuffet werde/
zu dem/ kalter und feuchter Speiſen ſich ge-
brauchen/ hergegen ſich aller ſcharffen und
geſaltzenen enthalten. Euſerlich ſoll man
ſich der zuruͤcktreibenden und zertheilenden
Avicennas.Sachen gebrauchen/ als/ conſolida, ſucc.
ſolan, acetoſæ, plantag, item tutia in ol: ro-

Sennertus.ſarum, ceruſa, lytargir, plumb: uſt. Sen-
nertus
ruͤhmet das Oehl/ welches von gruͤ-
nen Froͤſchen diſtilliret wird/ auch koͤnnen
ſie Pulver weiß/ wie auch die Schnecken
gebraucht werden: Alle ungventa zu dieſen
Gebrechen/ koͤnnen fuͤglich und mit Nutz/ in
einen bleyern Moͤrſer gemacht werden. Hil-
Cent. 1. Ob-
ſer.
1.
danus lobet das Waſſer/ es ſey der Krebs
wo er wolle/ gemacht von Nachtſchatten/
Braunwurtz/ Bethonien/ Waſſer-Froͤ-
ſchen ꝛc. Paræus das Diapalma in Nacht-
ſchatt-Safft und Roſen-Oehl zerriben.
Wann aber der Krebs ziemlich groß/ muß
ſolcher durchs ſchneiden weg gebracht wer-
den/ wiewoll ſolches an etzlichen Orten ſehr
gefaͤhrlich/ wegen Verblutung/ ſo woll der
Adern/ als Arterien. Im ſchneiden ſoll
man zugleich die abgeſchnittenen Adern bren-
nen/ welches eben woll gefaͤhrlich/ dann
wann ſolches in den Bruͤſten geſchicht/ iſt
ſol-
[103]von Geſchwuͤlſten.
ſolches zu beſorgen/ daß die Hitze zum Her-
tzen ſteige. Mit Medicamenten aber ſoll
man Ihn nach Galeni Meinung unangeta-
ſtet laßen/ weil er durch dieſelbe noch mehr
erzuͤrnet wird.


22. Was iſtAneurismafuͤr eine
Geſchwulſt?


Es iſt eine Geſchwulſt (wie woll eigent-Sennertus.
Keñzeichen.

lich zu reden/ ſie nicht unter die Geſchwuͤlſt
gehoͤret) welche ſich mit den Fingern faſt
hinein trucken laͤſt/ und iſt ſehr weich/ ent-
ſtehet in den Arterien/ dann weil auß der
Anatomia bekandt/ daß ſolche zwo Haͤutlein
haben/ als die innere hart und dick/ die eu-
ſerliche aber welche weich und zart iſt/ ſo ge-Urſach.
ſchicht ſolche Geſchwulſt/ wann die innere
Haut verietzet wird/ und weil ſolche mem-
branoſiſche innere Haut nicht zuſammen hei-
len kan/ die obere aber/ welche weich und
dem Fleiſche nahe/ gar leicht zuheilet/ weil ſie
aber ſchwach/ wird ſie durch die Bewegung
des Pulſes außgedehnet/ uñ eine Geſchwulſt
verurſachet. Zu zeiten iſt auch ein Rauſchen
und Ziſchen darin/ welches die leblichen
Geiſter verurſachen/ ſo ſich mit groſſem Ge-
walt und Ungeſtuͤmm/ durch dieſe enge
Wege machen/ und alſo ein Geraͤuſche ma-
chen. Sie erzeigen ſich in allen und jeden
Gliedern des Leibes/ durch ſtarckes Schrey-
G iiijen/
[104]Erſter Theil
en/ Blaſen/ Gebaͤhren und dergleichen/
insgemein aber/ wann durch unerfahrne im
Aderlaſſen eine Arterie verletzet wird. All-
hie wird die Meinung Fernelij, Fallopij, Ve-
ſalij
und Paræi widerſprochen/ welche da-
fuͤr halten/ daß ein aneurisma allein eine
Auffſpnannung und Nachlaſſung der
Haͤutlein ſey/ auß welchen die Puls-Ader
gemacht worden. Auch wider Sylvaticum
Fabritius
Hildanus
Cent. 3. obſ.
44. pag.

297.
lehret D. Doͤring/ daß das aneurisma nicht
geſchehe/ wann das Blut der Puls-Ader
unter die Haut ergoſſen wird/ dann wann
das Gebluͤht auſſer die Gefaͤße kompt/ fau-
let es bald/ welches im aneurismate nicht
Curgeſchicht. Die Heilung anlangend/ iſt ſol-
che ſchwer/ doch welche noch neu/ und nicht
ſehr groß/ moͤgen/ wie Hildanus lehret/
alſo zurecht gebracht werden. Innerlich
ſoll man Julep eingeben von Agrimonia,
Fumaria, Polypod, Veronica
mit Syr: Fu-
mar:
und Aq: Cinamom: gemacht. Den
Leib ſoll man reinigen/ mit Confect: Hamech,
oder Spec: Diaturb. c. Rhabarb. Euſerlich
das Empl. de Cicuta uͤberlegen/ oder das
Empl: Diachalciteos mit Maſtix/ rothen
Roſen und Heydelbeer/ Wallwurtz und
Roſenoͤhl vermiſcht. Es koͤnnen auch zu-
ſammenziehende und zuruͤcktreibende Sa-
chen gebraucht werden/ wie auch ein Bleyern
Blech/ welches zuruͤck treibet/ zuſammen
zie-
[105]von Geſchwuͤlſten.
ziehet/ und die Arterien dick machet. Und
wiewoll Paræus auch durch das Abbinden/
und zwiſchen zweyen Faͤden abzuſchneiden/
die aneurismata zu heilen lehret/ iſt doch ſol-
ches wegen groſſer Gefahr nicht vor die
Hand zunehmen/ denn in den groſſen Ge-
faͤſſen/ durch ſolche Abſcheidung der Arterien
eine ſolche Zerrinnung der Geiſter verurſa-
chet werden kan/ daß der Tod darauff er-
folget. Die innerliche aneurismata ſind gar
nicht zu curieren.


23. Was iſtHydrocephalus’
oder Waſſerkopff?


Es iſt eine waͤſſerichte Geſchwulſt desGalenus.
Paulus.

Haͤupts/ fuͤrnemblich viererley art. 1. Wann
zwiſchen dem Hirn und deren Haͤutlein die
Feuchtigkeit ſich verhaͤlt. 2. Zwiſchen den
Haͤutlein und Knochen. 3. Zwiſchen demAetius.
Knochen und pericranio. 4. Wann zwi-
ſchen dem Cranio und der Schwarten ſich
ſolches verhaͤlt. Die Urſachen dieſer Ge-Urſach
ſchwulſt ſind/ wann in den new gebornen
Kindern das Haͤupt nicht recht zuſammen
gedruckt wird. Zum andern wird ſie ver-
urſachet/ von ſtoſſen oder fallen/ in dem die
Blut- und Lufft- Adern zerriſſen werden.
Zum dritten/ durch die umbſtehende kalte
Lufft/ in welcher das Haͤupt des Kindes ge-
weſen. Zum vierten durch uͤberfluͤſſigenHydroce-
phalus

G vtranck
[106]Erſter Theil
tranck des Waſſers/ der ſchwangeren Wei-
iſt zweyerley.ber oder der Saugenden. Es iſt zweyerley
Art dieſer Geſchwulſt/ nemlich/ wann nur
bloß Waſſer oder Molcken in der Geſchwulſt
iſt/ welches geſchiehet auß einer innerlichen
Urſach/ als auß uͤberfluͤſſiger ſamlung
des Gewaͤſſers im Leibe/ die andere Art/ hat
nicht allein bloß Molcken in ſich/ ſondern
auch ein dickes und hefenmaͤßiges Gebluͤth/
welches auß einer zerriſſenen Ader/ oder euſ-
Curferlichen Urſach geſchicht. Was die Cur
anlangent/ ſo ſind dieſelben Waſſerkoͤpffe
toͤdlich/ wann ein ſolcher humor zwiſchen
dem Hirn und deſſen Haͤutlein ſich verhelt/
in den andern/ und zwar Kleinen/ hat es
keine Gefahr/ und ſoll man das Waſſer
auff eine allgemeine Weiſe verſuchen abzu-
fuͤhren/ mit pill. Cochijs oder pill, aloephang:
entweder dem Kinde ſelbſt/ oder der Saͤug-
ammen ſolche beybringen; Nachdem/ ſoll
man Medicamenta auflegen/ welch warm
und trucken ſind/ einer duͤnnen Subſtantz/
und die ein wenig aſtringiren: Als: decoct:
Salis, Sulphur: \& Alum
: in Schwaͤmmen
eingetunckt/ in Erwachſenen/ kan man woll
aq: ex calce gebrauchen. Wann aber ſol-
ches nicht wolte weg gehen/ ſoll man zum
Schnit greiffen/ und alſo die waſſerichte
oder blutige Molcken außlaſſen/ doch nicht
auff einmahl/ ſondern behutſahmlich/ denn
es
[107]von Geſchwuͤlſter.
es iſt eben/ gleich wie in der Waſſerſucht/
Gefahr dabey.


24. Was iſtParotisfuͤr ein
Geſchwulſt?


Es iſt ein unnatuͤrliche Geſchwulſt ſo ſich
in und umb die Druͤßlein hinter den OhrenParæus.
verhaͤlt/ durch welche das Hirn ſeinen Un-
rath außleſt/ wird von einer dicken/ zaͤhen uñ
ſchleimichten/ wie auch von Gall-maͤßigerUrſach.
und melancholiſcher Feuchtigkeit verurſa-
chet; Unterweilens werden auch gifftige und
peſtilentziſche humores mit eingemiſchet. InCur
heilung dieſer Geſchwulſt ſoll man ſich der
zuruͤcktreibenden Mitteln gaͤntzlich enthal-
ten/ es ſey die Materie guͤttig oder boͤß/
damit nicht die Natur von neuen damit be-
laͤſtiget werde/ was ſie einmahl ſchon von
ſich geſtoſſen/ ſondern man ſoll viel mehr
herzuziehende und lindrende Mittel gebrau-
chen/ ol. chamomill, irinum, de melilot,
oder Rad: Liliorum, Vitell: Ovorum, Pin-
gved: porci:
Nach ſolcher Erweichung ſoll
man nicht warten/ biß ſie ſelber auffbrechen/
ſondern/ ſo bald es ſeyn kan/ zur Oeffnung
ſchreiten/ damit keine Symtomate dazu ſchla-
gen.


25. Was iſt die Feige fuͤr eine
Geſchwulſt?


Es iſt eine runde/ und etwas harte Ge-Aquapen.
dens.

ſchwulſt/
[108]Erſter Theil
ſchwulſt/ aus welcher eine Materie den Koͤr-
nern in den Feigen gleich/ ausgehet/ wor-
von ſie auch den Nahmen hat/ iſt in allen
Theilen des Leibes/ allermeiſt aber in dem
Urſach.Haupt der Kinder. Kompt von vermiſch-
ten Feuchtigkeiten/ als dickem Gebluͤht/
Waſſer und Molcken. Im curiren muß
man der Vereyterung wehren/ ſonſten wird
eine andere Kranckheit darauß/ welche aͤr-
Curger iſt. Man kan aber der Vereyterung
wehren/ wann der gantze Leib gereiniget
wird/ mit pill: cochiæ, und durch den
Schweiß mit dem decoct: Sarſaparill: Eu-
ſerlich muß man erweichen/ damit ſie koͤnne
zertheilet werden/ nemblich Schaffgarben
mit Saltz uͤber gelegt/ oder aq: ſulphur: \&
ſalis
mit Schwaͤmmen uͤbergelegt/ wann
er aber zur Vereyterung kompt/ ſoll man
das Ceratum Citrinum Aquapendentis uͤber-
legen/ und zur Reinigung/ Honig mit
Feigen vermiſcht/ gebrauchen.


26. Was iſtTeſtudo, Talpa
oder Maulwurff fuͤr Ge-
ſchwulſt?


Dieſe Geſchwulſt wird alſo genennet/
dieweil ſie/ gleich wie der Maulwurff die
Erde durchkreucht/ ſich mit ihrer Geſchwulſt
zwiſchen der Haut und pericranio auffhaͤlt/
und unter der Haut auch das cranium an-
greifft/
[109]von Geſchwuͤlſten.
greifft/ iſt in einem beſonderen Baͤlglein be-
griffen/ welches offt dem Cranio alſo an-
hanget/ daß es offtmahls auch daſſelbe an-
greifft. Entſtehet gleich wie die meliceris,Urſach.
Cur und
Heilung.

auß vermiſchten humoribus. Was die Cur
anlanget/ ſoll der gantze Leib mit den pillu-
lis cochijs, aureis, velde tribus vel aggrega-
tivis
gereiniget werden/ abſonderlich ſoll
man auff das Haupt ſehen/ aus deſſen An-
fuͤllung dieſe Geſchwulſt geſchicht: Wann
die Cur wiederſpenſtig/ ſoll man das deco-
cium ſarſaparillæ
gebrauchen. Euſerlich
ſoll man/ und zwar im Anfang digerentia
und emollientia gebrauchen/ als; ceratum
d. betonica
,
oder Rad: Liliorum alb. mit
Honig vermiſcht; Wann ſolche ſich nicht
wil zertheilen laſſen/ iſt ein Zeichen/ daß ſie
zur Vereyterung gelangen wil/ welches
vielmehr befodert/ als verhindert werden
ſoll/ mit Diachyl: c. Gummis, Empl: tria-
pharmaco \&c
.
hernach ſoll es geoͤffnet wer-
den/ damit nicht das unterliegende Haͤut-
lein pericranium, wie auch/ wann die Ge-
ſchwulſt auff einer ſutur, nicht die dura ma-
ter
angegriffen werde/ ſoll nachmahls ge-
reiniget werden/ mit farina lupinorum in
Honig gemiſcht/ nach dieſem Fleiſch zielen/
mit dem Ungv. Iſidis, mit truckenen Sachen/
als/ Tut. ppt., balauſt, bol: armen: oder
Hirſchhorn vermiſchen.


27. Was
[110]Erſter Theil

27. Was iſt einPolypusoder
die Naſen-Geſchwulſt?


Es iſt eine Geſchwulſt/ welche dem Fuß
und Fleiſch des Meerfiſches Polypi ſich ver-
gleichet/ hanget dem Oſſe Cribroſo oder ſieb-
formigen Bein an/ verſtopffet die Naßloͤ-
cher/ daß man nicht woll reden/ außſchneu-
tzen noch athemen kan/ zu weilen waͤchſt er
auch in den Hals/ daß die Patienten faſt er-
ſticken. Es iſt aber dieſe Geſchwulſt ein weiſes
Celſus.uñ weiches Fleiſch/ von vielen ſtuͤcklein gleich-
ſahm zuſammen geſetzt/ und ſchwammicht/
Urſprung.entweder am Knochen oder Kroſpel anhan-
gend/ daher ſie gemeiniglich aus einer waſ-
ſerichten Matery kompt/ hat etzliche Adern
von welchẽ es genehret wird/ dahero nach Al-
bucaſi
Meinung faſt glaͤublicher ſcheinet/ ſie
komme von einem gar zu waͤſſerichten Ge-
bluͤht/ welches in dem Hirn uͤberfluͤßig zur
Unterſcheid.Naſen fleuſt. Dieſe Geſchwulſt iſt unter-
ſchiedlich/ denn bißweilen iſt der polypus hart/
bißweilen blau/ ſchmertzhafft/ und kuͤrtz-
lich zu reden/ Krebsmaͤßig/ welchen man
mit Inſtrumenten keines weges curiren ſoll/
ſondern mit ihm umbgehen/ wie beym
Vigierius.
Fuͤnfferley
Art.
Krebs geſaget worden. Vigierius ſetzet
fuͤnfferley Arten des Polypi, die 1. iſt eine
weiche/ lange und duͤnne Membrana, mit
einer waſſerichten und leimichten Materie
ange-
[111]von Geſchwuͤlſten.
angefuͤllet. 2. Iſt ein Fleiſch/ aus dem
melancholiſchen Gebluͤth entſproſſen. 3. Iſt
ein Fleiſch/ welches von dem Kroſpel herab
hanget/ iſt laͤnglich und weich/ entſpringet
aus dem waſſerichten Gebluͤht. 4. Iſt eine
harte Geſchwulſt/ dem Fleiſch gleich welches
wann es beruͤhret wird/ einen Thon als ein
Stein von ſich giebet/ entſtehet aus dem
ausgetrucknetem Gebluͤht. 5. Beſtehet aus
vielen Krebsmaͤßigen geſchwaͤrlein. Son-
ſten iſt der Polypus welcher durch Handgriff
curiret werden ſoll/ weiß/ weich/ und ohneHand Cur
Schmertzen/ und ſolches geſchicht/ entwe-
der durch ein ſchneidendes und von Fabritio
ab Aquapendente
erfundenes Inſtrument/
oder durch ein Brenn-Eyſen/ in dem der
Polypus durch ein dazu gemachtes Roͤhrlein
beruͤhret wird. Euſerlich ſoll man in ſolchen
operationibus, den Schmertzen zu ſtillen/
oder der Inflammation zu wehren/ das Ungv.
de Bolo. Item Ungv
: nutritum
oder Eyer-
klar mit Roſen-Oehl vermengt/ uͤberſchla-
gen/ und weil in Wegnehmung des Polypi,
insgemein etwas dahinten bleibt/ ſo ſoll
man mit Einblaſung eines etz- und trucken
Pulvers/ das hinterſtellige hinweg nehmen.


28. Was iſt zu thun/ wann ei-
nem durch einen hitzigen
und ſcharffen Fluß die Naa-

ſe
[112]Erſter Theil
ſe geſwollen waͤre/ und der
Kroſpel mit anlieffe?


Hildanus
Cent 2. ob-
ſerv.
22.

Nach angeſtellter guter Ordnung im Eſ-
ſen und Trincken/ ſoll man den Patienten
purgieren und Aderlaſſen/ damit der Zu-
fluß abgewendet werde/ in die Naaſen kan
man ſpruͤtzen/ oder mit Faͤßlein einlegen/
ein medicament, gemacht/ von Quitten-
Kern/ Roſen-Waſſer/ Froſch- und Weg-
breit-Waſſer/ und zum Schleim gemacht/
in welchem Roſen-Honig/ Corallen-Pul-
ver/ Galmey/ Thutien/ gebrandt Hirſch-
horn/ alles praͤpariret/ gethan: von auſſen
die Feuchtigkeit zuruͤck treiben/ und das lei-
dende Theil zu ſtaͤrcken/ ſoll man mit einge-
netzten Tuͤchern uͤberlegen: Bethonien/
Roßmarien/ rothe Roſen/ Wegbreit/
Weiden-Blaͤtter/ in rothen Wein geſotten.
Zu mehrer Ableitung ein Setaceum oder
Haar-Seil ſetzen; Zu dem Geſchwaͤr ſoll
man ein Saͤlblein brauchen/ von Angelica/
rund Holtzwurtz/ Veyel-Wurtz/ Bendic-
ten-Wurtz/ Frantzoſen Holtz/ alles gepul-
vert mit Roſen-Honig zum Saͤlblein ma-
chen. Auch wird mit groſſen Nutzen der
Holtztrañck zutrincken gegeben.


29. Was iſtEpulisfuͤr ein Ge-
ſchwulſt?


Paræus.

Sie iſt eine unnatuͤrliche Zunehmung
und
[113]von Geſchwuͤlſten.
und heraußwachſung des Fleiſches/ zwi-
ſchen den Zaͤhnen/ giebet einen Speichel-
maͤßigen und ſtinckenden Wund-SchweißKeñzeichen.
von ſich/ endert ſich zuweilen in den Krebs/
welches auß ſeiner Farb/ Schmertzen und
Zufaͤll abzunehmen/ und ſolchen ſoll man
mit der Hand- Cur unangefochten laſſen.
Die andern aber/ ſoll man mit einem Faden
abbinden/ denſelben taͤglich je laͤnger je haͤr-
ter zu ziehen/ biß ſie endlich ſelbſt herab fallen/
den Ort mit einem gluͤhenden Draht/ oder
mit aq: fort: oder Vitriol-oͤhl/ doch mit Be-
ſcheidenheit beruͤhren/ und wo ſolches be-
ruͤhren nicht geſchicht/ iſt kein Beſtand zu
hoffen. Man ſoll auch mit der Cur nicht
verzuͤglich ſeyn/ ſondern/ ſo bald immer
muͤglich/ dieſelbe angreiffen/ damit nicht
die Geſchwulſt groß/ und zu einem Kroſpel
werde.


30. Was iſt dieRanulaoder
Froſch unter der Zungen?


Es iſt eine Geſchwulſt/ ſo entſtehet auß
einer kalten/ dicken/ feuchten/ zaͤhen undUrſprung.
ſchleimichten Materie/ welche in der Farb
und dicke einem Eyerklar/ auch Citronen-
Farb ſich vergleichet/ und aus dem Hirn
auff die Zunge herab faͤllt. Damit nun die
Cur beſtaͤndig/ ſo beruͤhre/ doch nur alleinCur
den Ort/ mit einem gluͤenden Eiſen/ durch
Hein
[114]Erſter Theil
ein eiſernes Blech/ damit du die geſunden
oͤrter nicht verletzeſt/ nach verrichter oͤffnung
ſoll man dem Krancken den Mund außwa-
ſchen/ mit Gerſten-Waſſer und Roſen
Honig. Auch vergehet die Ranula, wann
man ſie offters mit dem Spir: Sulph: per cam-
panam
beſtreicht.


31. Was iſt die Geſchwulſt der
Mandelen?


Paræus.

Es iſt eine Entzuͤndung der Druͤßlein im
Halſe/ welche dazu ſehr geneigt ſeyn/ weil
ſie an ſo einen warmen und zugleich feuchten
UrſachOrth eingeſchloſſen ſeyn/ entſtehet offtmahls
auß groſſer Maͤnge Waſſerichter und zaͤher
Feuchtigkeit und Gebluͤth/ auch von uͤber
ſich daͤmpfeten Wein und anderen Speiſen.
Dieſer kan fuͤglich begegnet werden/ mit
Cur.Purgation/ Aderlaſſen/ Schroͤpffen/ wie
auch durch ein zuſammenziehend Gur-
gel-Waſſer/ wann aber ſolche ſich zur Ver-
eyterung ſchicken wolte/ muß ſolche mit ei-
nem Laßeiſen geoͤffnet werden. Wiewol
Aquapen-
dens.
Celſus und Paulus lehren/ die Mandeln in
der inflammation und derſelben Verhaͤr-
tung/ wenn ſie dem Athemen zu wider ſeyn/
herauß zu ſchneiden/ iſt doch ſolches nicht oh-
ne Gefahr.


32. Was
[115]von Geſchwuͤlſten.

32. Was iſt die Entzuͤndung
des Zaͤpfleins/ oder wann
es gefallen/ wie iſt ihm zu
helffen?


Wann es entzuͤndet iſt/ ſoll man nebſt
dem Purgiren und Aderlaſſen/ SchroͤpffenCur und
Heilung.

und der gleichen/ mit kuͤhlenden und zuſam-
menziehenden Mitteln zu Huͤlffe kommen/
als: Geſten-Waſſer mit Schlehen oder
unzeitigen Trauben-Safft; Kompt es aber/
daß es auß uͤberfluͤßiger Feuchte nachgelaſ-
ſen wird/ und herunter faͤllt/ ſoll man ſtar-
cke zuſammenziehende Mittel gebrauchen/
entweder decocta oder Pulver/ gemacht/
von Granat-Schelffen/ Tormentill-
Wurtz/ Pfeffer und dergleichen. Auch
ſoll man zertheilende Mittel brauchen/ als/
Bethonien/ Scabioſen/ Roſen-Blaͤtter/
Roßmarin/ Chamillen-Blumen/ und
fleißig gurgelen. Wann aber das Zaͤpff-
lein zulang herunterhanget/ kan man mit
der Scheer/ oder mit Hildani dazu erfun-Cent. 2. obſ.
21.

denen Inſtrument/ oder viel mehr mit des
Bartholini in den anatomiſchen Obſervati-
onibus
,
ſo viel deſſelben zu viel iſt/ abſchnei-
den/ doch ſoll man zuſehen/ daß ſolches
Zaͤpfflein nicht Krebs-maͤßig und boͤſer Art/
welches zuſehen/ wann es hart/ Bley-Farb
oder Schwartz/ ſo ſoll man keines weges
H ijdieſe
[116]Erſter Theil
dieſe Cur vornehmen. Wann es faulen
wolte/ ſind die Cauteria, welche durch ein
gemachtes Rohr hinein geſchoben werden/
die beſte Mittel: oder da ſolches gefuͤrch-
tet/ das Ungv: Ægypt: Hildani brauchen.


33. Woher kommen die War-
tzen auff der Zungen?


Die Wartzen kommen gemeniglich auß
Urſach.dem boͤſen Narungs-Safft und herabfal-
lenden Fluͤſſen. Man ſoll ſie/ wo muͤglich/
Heilung.mit einem Faden binden/ biß ſie herab fallen/
hernach reinigende Mittel gebrauchen/ als
Roſen-Honig/ Diamorum, Ungv. Ægyptiac.
Doch ſoll man zuſehen, daß ſie keiner boͤ-
ſen und gifftigen Art ſeyn/ dann dadurch
kan man einen Krebs verurſachen.


34. Was iſtBronchoceleoder
ein Hals-Kropff?


Celſus. lib.
7. cap.
13.

Es iſt eine Geſchwulſt/ welche ſich zwi-
ſchen der Haut und Lufftroͤhr auffhaͤlt/ wird
in ſeinem eigenen Baͤlglein eingeſchloſſen/ hat
bald ein unempfindliches Fleiſch in ſich/ offt
auch eine Waſſeꝛichte/ oft eine Honigmaͤßige
Vigierius.Feuchtigkeit/ welche algemach in das Leiden-
de Theil gefuͤhret wird/ in dem ſich die ex cre-
menta
der dritten Dauung haͤuffen/ und we-
gen Schwachheit der außtreibendẽ Gewalt/
ſich die Natur derſelben nicht hat erledigen
koͤn-
[117]von Geſchwuͤlſten.
koͤnnen: Etzliche ſind erblich/ etzliche nicht/Unterſchied.
etzliche ſind mit Adern und Arterien verwi-
ckelt/ und ſind wie die aneurismata auch
wegen des Blutfluſſes unheilbar. Sie
werden auff zwey Wege curiret/ 1. durchsHand. Cur.
brennen/ 2. durchs ſchneiden/ welches beſ-
ſer iſt/ indem nur die obere Haut der Laͤnge
nach/ zerſchnitten wird/ der Hals-Adern
und Nerven verſchonet/ nachmals loͤſet
man die Haut/ und nimpt den Kropff mit
ſeiner gantzen Haut/ herauß/ in dem man
die Ader/ von welcher er ſeinen Urſprung
gehabt/ uͤberzwerg entzwey ſchneidet/ dann
mit Saltz/ Salpeter und Eßig außgewa-
ſchen und geheilet.


35. Wie iſt mit derPleuritide
und Seitenſtechen/ ſo ſich zur
Vereyterung ſchicket/ zu ver-
fahren/ und wie ſind die Sei-
ten zu oͤffnen/ die Rippen zu
durchbohren/ und das Ge-
ſchwaͤr zu reinigen und zu
heilen.


Weil dieſes gefaͤhrliche SeitenſtechenParæus.
eine Entzuͤndung des inwendigen Haͤutleins
pleuræ iſt/ und auß den duͤnnen Gallmaͤßi-
gen/ und mit einer ungeſtuͤmen Gewalt/
H iijauß
[118]Erſter Theil
auß der groſſen Blut-Ader in die venam
Woher ſie
komme.
azygos, und von dannen in die kleinere/
zwiſchen den Rippen hinauffſteigenden/
und in die leere Orter deſſelben Haͤutleins
außgegoſſenem Gebluͤth entſtehet/ kan
ſolches offmahl nicht wieder zuruͤck getrie-
ben werden/ ſondern wird zuweilen daſelbſt
alſo verſperret/ daß es vereytert und groſſe
Zufaͤll verurſachet. Solche Matery wird
ausgefuͤhret/ entweder durch das Huſten/
oder durch den Harn/ durch Huͤlff der A-
Heilung.der ſine pari welche gleiches weges hinunter
zu die emulgentes oder in die venam cavam
ſelbſt gehet/ oder durch den Stuhlgang/
welcher Weg doch nicht ſo bekandt/ doch
wegen der Schweißloͤcher woll geſchehen
Aquapand.
part. 1. cap.

46.
kan. Wann aber die Natur zu ſchwach/
und die Materie auff gehoͤrte Weiſe nicht
ausgefuͤhret werden kan/ muß man zur
Hand. Cur.Chirurgia greiffen/ und die Bruſt oͤffnen/
welches fuͤglich geſchehen kan/ zwiſchen der
fuͤnfften und ſechſten Ripp/ in dem der Pa-
tient den Lufft auslaͤſt/ damit die Lung nicht
getroffen werde/ und zwar mehr vorwerts/
ungefehr vier Finger breit vom Sterno, denn
daſelbſt nur ein Muſculus, nehmlich/ wel-
cher den Arm zur Bruſt fuͤhret/ in Sum-
ma/ man ſoll an der ſechſten Rippen nahe
an oͤffnen/ doch damit nicht die Ripp ent-
bloͤſſet werde/ an dem Ort/ da das dritte
Theil
[119]von Geſchwuͤlſten.
Theil der Rippen ſich endet/ alſo wird man
ſo woll von Verletzung der innerlichen/ als
euſerlichen Theilen ſicher ſeyn: das Meſſer-
lein aber ſoll krum und ſpitzig ſeyn/ nach
Form der Bruſt/ der Schnitt ſoll nach
Hippocratis Meinung auff der lincken Sei-
ten geſchehen/ weil auff der rechten Seiten
die Leber mit ihrem oberem Huͤgel das Dia-
phragma
in die Hoͤhe hebt/ und alſo gefaͤhr-
licher/ es ſoll auch der Schnitt nach der
Schrege und Fibren der euſeren Rippen-
Muſculen geſchehen; Doch haͤlt VigieriusVigierius.
das Widerſpiel/ in dem er vermeinet/ es
ſey beſſer/ daß die inneren Rippen-Muſcu-
len nach ihren Fibren ſollen geſchnitten wer-
den/ damit ſie deſto leichter koͤnnen geheilet
werden/ auch ſoll man zu erſt die Haut/ wel-
che etwas hart/ oͤffnen/ hernach das Meſ-
ſerlein auff einmahl hinein drucken/ das
Loch ſo groß machen/ nachdem die Materie/
dann in der Waſſerſucht der Bruſt/ darff
das Loch kleiner ſeyn/ als wann ein Eyter
verhanden; den Eyter ſoll man nicht auff
einmahl heraus laſſen/ damit nicht zugleich
auch die Geiſter heraus kommen/ und eine
Ohnmacht verurſachen/ ſondern wann un-
gefehr ein halb Pfund heraus gelauffen/
ein bleyern oder ſilbern Roͤhrlein mit Fluͤ-
geln/ oder an einen ſtarcken Fadem ange-
bunden/ hinein ſchieben/ damit nicht daſſel-
H iiijbige
[120]Erſter Theil
bige von der Lung in den Leib gezogen werde.
Das Roͤhrlein ſoll nicht zu lang ſeyn/ auch
unterwerts gegen das Diaphragma, krumb
gebogen/ wann aber beyde Theile der Bruſt
ſolten angefuͤllet ſeyn/ muß man die andere
Seite auch oͤffnen. Wiewoll auch etzliche
wollen/ daß man denen/ welche ſtarcke und
breite Rippen haben/ auch dieſelbe durch-
bohren ſoll/ ſo ſcheinet doch/ als wolle
ſolches Hippocrates nur allein in der Waſ-
ſerſucht der Bruſt haben/ dann Er allezeit
nicht von Eyter/ ſondern vom Waſſer re-
det/ damit daſſelbe deſto beſſer koͤnne ver-
ſtopffet werden/ es kan aber ſolches alles
eben woll fuͤglich geſchehen/ in Oeffnung
zwiſchen den Rippen/ dann man eben ſolche
Roͤhrlein/ welche mit dem Meſſerlein uͤber-
ein ſtimmen/ bey der hand haben/ daß auch
kein Tropff heraus flieſſen kan. Es mel-
den auch die Autores von einem Inſtrument
Pyulcus
genandt/ mit welchem Sie die
Materie heraußziehen wollen/ allein es giebt
nicht viel Nutzen. Letzlich ſoll man den
uͤbrigen Unrath abwaſchen/ durch Einſpruͤ-
tzung/ als zum Exempel/ Gerſten-Waſſer
mit Roſen-Honig ꝛc.


36. Was iſt die Waſſerſucht/
und wie vielerley iſt ſie?


Die Waſſerſucht iſt ein uͤber natuͤrliches
in
[121]von Geſchwuͤlſten.
in unſerem Leibe geſamletes Waſſer/ aus
unmaͤßiger Kaͤlteder Leber/ und ſchwaͤchung
der Blutmachenden Krafft herkommend.
Riolanus will/ das ſehr offt ohne der LeberRiolanus.
einige Schuld nur aus ſchwachheit der Nie-
ren/ welche die Waͤſſerigkeit nicht gebuͤhr-
lich an ſich ziehen/ eine Waſſerſucht entſtehe.
Es ſind aber dreyerley arten der Waſſer-Dreyer Art
Waſſer-
ſucht.

ſucht/ die 1. wird genandt Aſcites, wann der
Raum zwiſchen den Daͤrmen uñ dem Peri-
tonæo
mit Waſſer und blaͤſte angefuͤllet iſt.
Die 2. Art wird genandt Tympanites iſt
trucken/ und iſt der Leib mit Wind und
Blaͤſte erfuͤllet/ alſo/ dann wann man mit
einem Finger drauff ſchlaͤgt/ einen Thon
oder Schall gleich wie eine Drummel von
ſich giebet/ daher ſie auch die Drummel-
ſucht genand wird. Die 3. Art genandt
Anaſarca, wann die waͤſſerichte Feuchtig-
keit im gantzen Leibe außgetheilet iſt/ und die
Fuͤſſe ſchwellen und voll Waſſers werden.


37. Warum endigen ſich etzli-
che Kranckheiten endlich
in eine Waſſerſucht?


Solches geſchicht offtmahls/ als/ wann
durch den langwierigen Durchlauff die leb-
liche Geiſter und angebohrne Waͤrmbde
zerſtreuet werden/ oder durch hefftiges blu-
H vten
[122]Erſter Theil
ten/ oder nach lang außgeſtandenen Fie-
bern/ auch geſchichts denen/ welche an der
Gelben-Sucht/ Gicht und Glieder-Kranck-
heit lang gelegen; auch koͤmpts vom uͤber-
fluͤſſigen Waſſer-Trincken/ und groſſer
Arbeit.


38. Mag man wol einePara-
centeſin
anſtellen/ und wel-
cher geſtalt/ und an welchem
Ort ſoll ſolche oͤffnung ge-
ſchehen?


Aquapen-
dens par. 1.
cap.
54.

Solches mag man wol anſtellen/ erſt-
lich in der erſten Art Aſcites genandt; zum
andern/ nicht in einer jeden und kleinen
Waßerſucht/ ſondern wann ſolche gar zu
groß/ und uͤberhand genommen/ und keine
andere Huͤlffe mehr uͤbrig: Drittens/ ſoll
ſolches vorgenommen werden/ bey noch
ſtarcken und nicht gar alten Perſonen/ und
die noch auffrecht ſitzen koͤnnen. Die oͤff-
nung aber ſoll geſchehen/ nach Celſi Mei-
nung/ im Nabel/ und zwar nicht im flei-
ſchichten/ ſondern membroſiſchen Theil/
damit nicht die Muſculi recti, oder venæ
mammillares
getroffen werde. Weil aber
ſolche ſollen geſchonet werden/ haben die
Alten recht gelehret/ man ſoll die oͤffnung
drey oder vier Finger breit unter dem Nabel
anſtel-
[123]von Geſchwuͤlſten.
anſtellen/ und zwar auff der rechten Sei-
ten/ wann das Miltz erhoben und auffge-
ſchwollen; Auff der lincken Seiten/ wann
die Leber erhoben; in der Mitten/ wann
beyde zugleich auffgeſchwollen/ oder die
Duͤrme noht leiden. Dieſes ſoll geſchehen
mit einem einſchneidigen/ und in etwas
krummen Meſſerlein/ daß im ſchneiden die
Spitze dem Nabel zuſtehe; Nach dem ſol-
ches geſchehen/ ſoll man ein bleyernes oder
kupffernes Roͤhrlein/ welches recht in das
Loch paſſet/ hinein ſchieben/ damit ohn un-
ſern Willen/ kein Tropff vorbey gehe/
das Roͤhrlein ſoll nicht zu lang ſeyn/ damit
es inwendig nicht etwas drucke. Das
Waſſer ſoll man nicht auff einmahl herauß
laſſen/ (dann die Patienten ſterben ſonſt
insgemein/) ſondern allgemach/ und nach
dem der Patient ſtarck iſt. Es ſoll auch
das Roͤhrlein ſo lang darinnen bleiben/
und allemahl dicht verſtopffet werden/ daß
kein Tropffen heraus gehe/ biß alles Waſſer
außgefuͤhret iſt.


39. Worvon entſtehet die Ge-
ſchwulſt
Exomphalos,Nach-
laß oder Vorſchieſſung des
Nabels/ und ob jeder mit der
Hand-Cur benommen wer-
den moͤge?


Die
[124]Erſter Theil
Aquapen-
dens.

Die Urſach ſolches Nachlaſſes iſt/ ent-
weder eine Außdehung des Nabels/ welche
geſchicht auß innerlichen Urſachen/ nehm-
lich von Blaͤſte oder von dem Waſſer/ oder
Urſach.es iſt eine Zerreiſſung des Peritonæi/ welche
geſchicht/ auß euſſerlichen Zufaͤllen/ als
Stoſſen/ Schreyen/ Springen ꝛc. Auch
geſchicht ſolches bey den ſchwangeren Wei-
bern. Es wird auch ſolcher Außgang des
Nabels offt verurſachet/ auß Menge des
Gebluͤths/ wie in dem Aneurismate, wie
auch von geſundem Fleiſch/ oder einem ſol-
chen Fleiſch/ welches einem Carcinomate
aͤhnlich iſt. Die Urſachen dieſer Nachlaſ-
ſung/ muͤſſen fleiſſig erforſchet werden/
nach welchen die Cur auch zu richten iſt:
Paræus.Derohalben/ ſo die Geſchwulſt von dem
Gedaͤrm/ oder Netze/ oder Blaͤſte/ oder
einer duͤnnwaſſerichten Feuchtigkeit ent-
Curſtanden/ kan ſie durch die Hand-Cur ver-
richtet werden/ die aber vom Fleiſch und
Gebluͤth/ mit nichten. Hieronymus Fa-
britius
erinnert/ daß man nicht gleich zur
Hand-Cur greiffen ſoll/ es ſey dann ſonſten
nichts mit Medicamenten außzurichten/
oder es ſey die Außdehung ſehr groß. Son-
ſten ſoll man mit dem Band helffen/ und
ein adſtringiren des Ceratum von Bolo arme-
ni, ſang: draconis, maſtici, ſarcocolla, te-
gulis, reſina
gemacht/ daruͤber legen.


40. Wie
[125]von Geſchwuͤlſten.

40. Wie vielerley ſind dieHer-
niæ
oder Bruͤche?


Wie woll nur zweyerley Art der BruͤcheParæus.
Unterſcheid.

ſeyn/ nehmlich der Darmbruch und der
Netzbruch/ ſo bekommen ſie doch nach ihrer
Gelegenheit/ andere Nahmen. Und ſind
wieder zweyerley/ als 1. Hernia incompleta
oder Bubonocele genand/ wann das NetzAquapen-
dens.

oder Gedaͤrm nicht weiter/ als neben dem
Gemaͤcht liegt. 2. Hernia completa, oder
Oſchocele, wann ſie in das Scrotum fallen/
und dieſe Oſchocele hat ſechs Species, Als
1. wann die Gedaͤrm hineinfallen/ wird ſieVigierius.
Enterocele genandt. 2. Wann das Netz
hineingefallen/ wird ſie Epiplocele genandt/
wann aber beyde zugleich hinein gefallen/
Enteroepiplocele. 3. Wann ſie auß Winde
oder Blaͤſte/ Pneumatocele, oder ein Wind-
bruch genandt/ 4. wann ſie auß einer duͤn-
waͤßerichten Feuchtigkeit/ Hydrocele, oder
Waſſerbruch genandt/ wann ſie auß beyden
zuſam̃en/ Hydrophiſocele, 5. Wañ ein Fleiſch
um die Hoden/ und deſſelben Subſtantz/ Sar-
cocele
genandt/ oder Fleiſchbruch. 6. Wann
die Blut-Adern untereinander verwi-
ckelt/ und die Hoden und Hoden-Sack
auffblehen/ Cirſocele genandt/ oder Ader-
Bruch. Die erſte Art Bubonocele, geſchicht
allein mit Reiſſung des peritonæi, aber die
ande-
[126]Erſter Theil
andere zwo Arten/ der Oſchocele, welche
Enterocele und Epiplocele genandt werden/
kommen nicht allein von Reiſſung des peri-
tonæi
,
ſondern auch von Nachlaſſung der
Fortſaͤtze oder Anhaͤnge (proceſſus peritonæi,)
welche biß in das ſcrotum hinein gehen. Avi-
cennas
ſetzet noch hinzu den Nabel-Bruch
Exomphalos.


41. Wie ſind die Bruͤche alle zu
erkennen?


Aquapen-
dens.

Das allgemeine Zeichen der Bruͤche iſt/
die Geſchwulſt in den Hoden/ oder neben
dem Gemaͤcht/ abſonderlich aber wird 1. der
Kennzeichen
der Bruͤche.
Darm-Bruch erkandt/ auß dem/ weil er
bald zunimpt/ bald abnimpt/ entweder von
Wind und Blaͤſte/ oder vom Unflat; So
iſt er auch ohne Schmertzen/ und wann
man ihn trucket/ ſo weicht er leicht/ weil er
rund und ſchluͤpricht iſt. 2. Der Netz-
Bruch
iſt wegen der Geſchwulſt allezeit
gleicher Groͤſſe/ im angreiffen uneben/ weich
und ſchlupricht/ wegen ſeines Fetts. 3. Der
Waſſer-Bruch
iſt klein von Geſchwulſt/
wann der Hunger vorhergegangen/ die A-
dern im ſcroto werden auffgeblaſen/ iſt hell
und klar/ wann man ein Liecht dagegen
haͤlt/ hat nicht leichtlich einen Schmertzen/
ſondern zufaͤllig. 4. Der Wind-Bruch
wird erkandt bey den auffblaſenden Adern/
iſt
[127]von Geſchwuͤlſten.
iſt heller/ als der Waſſerbruch/ und entſte-
het geſchwind. 5. Der Fleiſch-Bruch/
hat eine Scirroſiſche Haͤrte/ veraͤndert die
Farbe der Hoden nicht/ iſt allezeit im glei-
chen Stande. 6. Die verwickelte Blut-
Adern/
koͤnnen im angreiffen geſpuͤret wer-
den/ auch haͤnget die eine Hode mehr her-
unter als die andere/ wegen der ſchweren
und dicken Feuchtigkeit.


42. Was iſt die Urſach dieſer
Bruͤche.


Die Urſach ſolcher Bruͤche/ iſt die Aus-
dehnung/ oder Zerreiſſung des Peritonæi,
welche geſchicht/ entweder aus innerlichen
Urſachen/ und zwar von den humoribus,
welche ſich im Leibe verhalten/ oder von eu-
ſerlichen/ als durchs Stoſſen/ Schreyen/
Springen/ Anhaltung des Athems/ ſchwe-
rem Heben/ auch von ſtarcker Arbeit im
Beyſchlaff/ und abſonderlich/ wann der
Leib entweder mit Blaͤſte oder Unrath an-
gefuͤllet iſt/ ſtarckem Rennen auff einem
Pferde/ Werffen und dergleichen. Wie
hiervon mit mehrem/ auch wegen der Cur
kan geleſen werden/ in dem gar geſchickten
Buͤchlein KelegraphiaMalachiæGei-
gers.


43. Warumb weicht ein Darm
eher
[128]Erſter Theil
eher und leichter wieder-
umb zuruͤck an ſeinen Ort/
als das Netz?


Paræus.

Solches geſchicht/ weil die Gedaͤrm ei-
nerley Subſtantz ſeyn/ und an einander
hangen/ ſo folgen ſie nicht allein einander
nach/ ſondern ſo bald einer aus ihnen etwan
gedruckt wird/ zeucht er nach der Ordnung
den andern Darm auch nach/ dieſes aber
thut das Netz nicht/ als welches ein un-
empfindlich/ ſchweres und unbeweglich
Glied iſt.


44. Woran iſt abzunehmen
daß das
Peritonæumge-
riſſen?


Solches wird aus dem ſcharffen und
reiſſenden Schmertzen/ und auß dem ſchnel-
len und gehlingen Zunehmen der Geſchwulſt
erkandt/ dann wann das Peritonæum nur
nachlaͤſt/ und ſich außdehnet/ ſo waͤchſt die
Geſchwulſt fein langſam/ und faſt ohne/
oder mit wenigem Schmertzen.


45. Warumb koͤnnen die Ge-
daͤrm und Netz bißwei-
len nicht wiederumb zu-
ruͤck an ſeinen Ort ge-
bracht werden?


Sol-
[129]von Geſchwuͤlſten.

Solches geſchicht entweder/ aus der
zaͤhen Matery/ ſo ſich bißweilen zwi-
ſchen ihnen ſamblet/ oder aber auß der
Verletzung/ in dem man gar zu grob das
Gedaͤrm oder Netz mit Gewalt hinter ſich
zuruͤck ſtoſſet/ oder/ wann ſolche gar zu
lange in dem Hoden-Sack gelegen/ da dañ
in den Daͤrmen ſich die Excrementa ſetzen.


46. Welche Bruͤche ſind unheil-
bahr?


Die/ welche nunmehro vollkommen und
veraltet ſeyn/ und auß Reiſſung des Perito-
næi
enſtanden/ ſonderlich bey den alten und
betagten Leuten/ und wann der Bruch oder
Riß des Peritonæi faſt groß iſt.


47. Welche Bruͤche ſind heil-
bahr/ und wie ſind ſie zu
curiren?


Unter den Gedaͤrmen faͤllt allein das Ile-Aquapen.
dens.

on in das Scrotum, und auff der lincken
Seiten das Cœcum. Werden curiret/
wann das Peritonæum nur nachgelaſſen/
in dem man die Daͤrme an ſeinen Ort brin-
get/ welches leichtlich geſchiehet; Wann
aber ſolche von Unflat oder Blaͤſte angefuͤl-
let/ ſoll man den Ort behen/ mit rad: al-
theæ farin: ſem: lini,
in Oehl und Waſſer
gekocht/ wann ſolches nicht angehet/ ſoll
Jman
[130]Erſter Theil
man den Krancken/ ruͤcklich den Kopff le-
Innerliche
Cur
gen/ damit die Daͤrme uͤber ſich fallen koͤn-
nen; Nach dieſem ſoll man ihm Feuchte
und Blaͤhung-machende Speiſe verbie-
then/ innerlich die zuflieſſende Feuchtigkeit
außfuͤhren/ mit agarico, manna, melle ro-
ſato ſo lutivo,
oder die molckigte humores,
mit ſyr: d. calamintha, d. hyſopo, de beto-
nica \&c.
nachmahls zu den zuſammenzie-
henden/ trucknenden und zuſammenbin-
denden Mitteln greiffen; Als da ſind:her-
niaria, betonica, roſa rubra, balauſtia,
plantago, nuces cupresſi, figill: ſalamonis,
maſtix, bolus armeni, mumia, ſang v: dra-
conis,
auß welchen allerhand Traͤncklein/
Lattwerge und Pulver koͤnnen gemacht
werden. Euſerlich ſoll man uͤberlegen/
trucknende und zuſammenziehende Sa-
Euſſerliche
Cur
chen. Avicennas macht ein Mittel von
nuc. cupresſi, \& ejusdem foliis und ſabina
oder ein Pflaſter von acacia, gallis imma-
tur, ſarcocolla, tragacant: gum
: arabico

und laͤſt ein Bruch-Band daruͤber tragen;
Wann aber das peritonæum gebrochen/ ſoll
man gleichfals die Gedaͤrm an ihren Ort
bringen/ und ein Pflaſter uͤberlegen/ von
[t]erebintina, cera, thure, myrrha, ichtio-
colla, carne cochlearum
;
Wann es auff ſol-
che Weiſe nicht helffen will/ ſoll man nach A-
vicennæ
Meinung den Ort breñen/ doch ſoll
man
[131]von Geſchwuͤlſten.
man woll zuſehen/ damit nicht die Gedaͤrm
das Feur empfinden/ welches leichtlich ge-
ſchicht/ wann die Gedaͤrm oder das Netz/
ſo herab gewichen/ dem nachgelaſſenen peri-
tonæo
ſtarck anhangen: Es wird die CurCur durch
den Schnitt

auch verrichtet durch den Schnitt/ und ſol-
cher iſt zweyerley: Eine Art der Chirurgo-
rum,
welche geſchicht/ ohne Ausnehmung
des Hodens/ die andere Art der Verſuch-
Aertzte/ mit Ausſchneidung des Hodens.
Die erſte Art der Cur/ ſoll alſo verrichtet
werden; Es ſoll der Krancke/ ſtehend den
Athem an ſich halten/ damit man ſehen
koͤnne/ wie groß der Bruch ſey/ darnach
ſoll mit Tinten der Bruch/ ſo groß als er iſt/
in die Runde gezeichnet werden. Nach-
mahls bindet man den Patienten auff ein
Bret/ der Diener druckt den Unterbauch
nieder/ der Chirurgus faſſet mit der lincken
Hand die gezeichnete Haut/ ſo viel muͤglich/
und ſchneidet mit dem Meſſerlein ſo woll
die Haut/ als die Membranen/ gleich
durch den Zirckel/ biß auff das entweder
außgedehnete oder zerriſſene Peritonæum,
(doch/ daß die Saamen-Gefaͤße nicht ver-
letzet werden/) welches wieder gehefftet und
geheilet wird. Paræus ſetzet eine andere Art/
mit den guͤldenen Puncten/ wie ers nennet.


Der Netz-Bruch geſchicht nich leicht/
durch Zerreiſſung des Peritonæi/ dann vom
J ijNetz
[132]Erſter Theil
Cur des
Netzbruches
Netz kein groß Theil herunter hangen kan/
weil es dem Grund des Magens/ dem Ge-
daͤrm Colo, und dem Ruͤckgrad angehefftet/
iſt auch nicht ſo gefaͤhrlich/ hat auch nicht ſo
viel ſorgliche Zufaͤlle/ jedoch einerley Cur
und Heilung.


Cur des
Waſſer-
bruchs

Die Heilung der Hydrocele geſchicht/ in
dem man die Leber und Miltz in einem rech-
ten Standt bringet/ und das Gewaͤſſer
außfuͤhret/ (worzu ſonderlich das decoct.
ſalſæparill
dienet/) und dann den Leib reini-
get: Euſerlich ſoll man reſolvirende/ zer-
theilende und außtrucknende Mittel vor die
Hand nehmen/ als: Ceruſa, Spum: Ar-
genti, Sal fosſile, Atrament: Sutor, Aq:
ex calce \&c.
Wann aber die Geſchwulſt
wegen uͤberfluͤßigem Waſſer/ durch dieſe
Mittel nicht weichen wolte/ ſo muß man
zur Hand-Cur ſchreiten/ und den Hoden-
Sack/ mit ſampt dem Haͤutlein/ in wel-
chem ſich das Gewaͤſſer verhaͤlt/ mit einer
dicken Nadel/ darinnen etzliche ſeidene Faͤ-
dem/ durch ſtechen/ doch ohne Verletzung
der Hoden/ und alſo den Fadem darinnen
hangen laſſen/ damit das Waſſer außge-
fuͤhret werde. Etzliche oͤffnen den Hoden-
Sack mit einem Scheer-Meſſer/ faſt eines
halben Fingers lang/ biß zu dem Waſſer/
und halten die Wunden mit leinen Meiſſe-
len ſo lang offen/ biß das Waſſer außge-
ronnen.
[133]von Geſchwuͤlſten.
ronnen. Es iſt zu mercken/ daß man die
Oeffnung bey Zeiten anſtellen ſoll/ damit
nicht durch das lange Verhalten des Ge-
waͤſſers im Hoden-Sack die Hoden verder-
bet werden/ und eine Gangræna oder gar
Sphacelus verurſachet werde.


Der Windbruch wird weder mit ſchnei-Paræus.
den noch mit brennen curiret/ ſondern
durch eine bequeme Diaͤt/ wie auch durch
das aufflegen der reſolvirenden und verzeh-Cur des
Windbruchs

renden Mitteln/ als Fenchel-Saamen/
Anies/ fœn: græc, Bey-Fuß/ Rauten/
Wollgemuth und dergleichen/ das Empl:
Joh
: de Vigo c. ☿ rio
wie auch das Diapalma
in Malvaſir und Lorberoͤhl/ zerrieben.


Der Fleiſch-Bruch wird nicht durchParæus.
Cur des
Fleiſchsbru-
ches.

Medicamenta geheilet/ doch erzehlet Mat-
thiolus,
daß einer etzliche Monat lang/ die
gepulverte Radicem Ononidis gebraucht/
und dadurch ſey curiret worden: Wann
aber ſolches nicht helffen wolte/ muß man
zum Schnitt greiffen: Man erforſchet
fleißig/ ob das Fleiſch an dem Haͤutlein/
oder an den Hoden anhanget/ als dann
ſchneidet man an der Seiten das ſcrotum
auff/ biß auff das harte zuſammen gewach-
ſene Fleiſch/ und wann es nicht gar ſtarck
angewachſen/ loͤſet man es von den Haͤut-
lein oder Hoden ſaͤuberlich ab/ wann aber
ſolches ſtarck angewachſen/ muß man den
J iijHoden
[134]Erſter Theil
Hoden mit auß nehmen/ die Saamen-Ge-
faͤße abbinden/ und mit ſampt den Hoden
abſchneiden/ dann wann man ein Theil von
dem Fleiſch dahinten ließ/ wuͤchſe hernach-
mals ein Schwamm/ welches noch aͤr-
ger iſt.


Aquapen-
dens.

Die Hydroſarcocele aber/ das iſt/ der
Waſſer- und Fleiſchbruch zuſammen/ hat
Cur des
Waſſer- und
Fleiſchbru-
ches.
eine ſonderliche Art/ den man ſchneidet an
der Seiten des Scroti ein nicht gar zu groß
Loch/ und nach dem das Waſſer außgelaſ-
ſen/ ſo ſtecke einen ziemlichen langen Meiſſel
mit digeſtiv beſtrichen hinein/ und lege dar-
uͤber diachil: c gummis: den Eyter aber ſoll
man nicht herauß laſſen/ ſondern ſo viel
muͤglich/ darinnen behalten/ damit da-
durch das Fleiſch verfaule: Man ſoll auch
von den Medicamenten nicht ablaſſen/ biß
alles Fleiſch in Eyter verwandelt iſt/ wel-
ches/ wie woll es langſam geſchicht/ ſo iſt
es doch das ſicherſte und beſte Mittel/ wel-
ches auch in den groͤſten Bruͤchen angehet.


Paræus.
Cur des A-
derbuchs.

Die Cirſocele oder Geſchwulſt der Auff-
geblaſenen und Verwickelten/ auß dickem
melancholiſchen Gebluͤth uͤberfuͤllete Adern/
vertreibet man/ in dem man den Hoden-
Sack/ biß auff bemeldete Adern/ zwey Fin-
ger breit durchſchneidet/ eine Nadel mit
zweyfachen Faden unter der Ader/ ſo hoch
man immer kan/ durch ſtoſſet/ die Wurtzel
mit
[135]von Geſchwuͤlſten.
mit dem Faden fein hart zuſammen bindet/
wiederumb mit der Nadel und Fadem zu
unterſt unter der Ader/ durchſticht/ und
bindet wie vor/ laß als dann zwiſchen zwey-
en Banden/ etwann eines Fingers groß/
Platz und Raum/ ehe man aber den unter-
ſten Faden zuziehet/ ſo oͤffne zuvor zwiſchen
den beyden Banden die geſchwollene Blut-
Ader/ wie man in der Aderlaß thut/ damit
alſo das dicke Gebluͤth/ auß welchem die
Geſchwulſt entſtanden/ auß gefuͤhret wer-
de. Die Wunde belangent/ mag man
dieſelbe/ wie andere tractieren/ die Faͤdem/
welche doch ohne daß von ſich ſelbſt herab
fallen/ haͤngen laſſen/ und endlich eine
Schwuͤle/ und abſonderlich/ da die Blut-
Ader gebunden iſt/ verſchaffen Doch ſollAquapend.
man/ ehe man zur Hand-Cur ſchreitet/
adſtringirende/ trucknende und kalte Sa-
chen brauchen/ dann mit dergleichen kan
man des Schneidens manchmahl uͤberho-
ben ſeyn: Als da iſt/ ſuccus hypociſti, ba-
lauſt: gluten piſcium, bolus armen, ſangv
:
dracon, cum album: ovorum.


48. Aus was Urſachen ſchieſt
der Maſtdarm biß weilen
hervor?


Dieſe Vorſchieſſung geſchicht/ wann derParæus.
Sphincter ani oder Thorhuͤtter-Maͤußlein
J iiijdes
[136]Erſter Theil
des Afftern/ von wegen der uͤbrigen/ und
allzu groſſen Feuchtigkeit/ mit ſeiner unge-
woͤhnlichen Laſt/ alſo beſchweret und erwei-
tert wird/ und die zwo Muſculi Ani Leva-
tores
denſelben laͤnger nicht halten koͤnnen.
Dieſem Gebrechen/ geben Urſach/ die rothe
Ruhr/ das harte Drucken/ in dem man
ſeine Nothurfft verrichtet/ die groſſe Kaͤlte/
die guͤldene Ader/ die ſchwere Laſt eines
Steins/ in der Harn-Blaſen/ und ſo fort
Curan. Dieſen Mangel zu verbeſſern/ ſoll man
ihnen allen Gebrauch des uͤbermaͤßigen
Trinckens/ vieler Suppen/ unzeitigen und
unverdaulichen Obſtes verbiethen. Euſer-
liche Mittel ſind: Granathſchelffen/ Gall-
oͤpffel/ Heydelbeer/ Wegtritt/ Cupreſſen-
Nuß/ Alaun/ Saltz/ ꝛc. in Schmieds
Leſch-Waſſer/ oder rothen ſauren Wein
geſotten/ und damit gebehet und gewaſchen/
alsdann den Darm mit Roſen- und Hey-
delbeer-Oehl geſchmieret und hinein ge-
druckt/ das ſchmutzige Oehl/ ſo viel muͤg-
lich abgewiſcht/ und den Patienten ſeine
Nothurfft ſtehend/ oder durch ein enges Loch
verrichten laſſen. Aetius lib: 14. cap. 8.
meldet/ daß man das orificum brennen ſoll/
daferne die Medicamenta nicht fruchten
wollen.


49. Was
[137]von Geſchwuͤlſten.

49. Was iſt Paronichia vor ei-
ne Geſchwulſt?


Es iſt eine Geſchwulſt/ welche unter dieSennertus.
Inflammation zu rechnen/ kompt fuͤrnehm-
lich in das euſerſte der Finger/ entſtehet aus
einem hitzigen/ verbrenten Gebluͤht undUrſprung.
ſchwartzer Gall/ und erreget/ wegen beylie-
genden Nerven und Haarwachs/ viel Zu-
faͤll/ als: pulſirenden/ unleidlichen Schmer-
tzen/ Fieber/ Abkraͤffte/ Ohnmaͤchte/ Aber-
willen/ und dergleichen: Es kan auch durch
eine Zerſtoſſung dieſes verurſachet werden/
und fuͤrnehmlich/ wann das Blut unter
dem Nagel bleibet. Es iſt zweyerley Art/Vigierius.
die eine/ welche zu euſerſt der Haut ſich er-
zeiget und iſt mit einem leidlichen Schmer-
tzen/ die andere Art/ welche Tieff/ und
zwar unter dem perioſtio an dem Bein ſich
findet/ iſt mit einem gar hefftigen Schmer-
tzen. Man ſoll die eine Art/ worauff Fa-
britius Hildanus cent.
1. obſerv.
97. ſein Ab-
ſehen hat/ gleich im Anfang/ die insgemein
dicke Haut von oben/ mit einem Scheer-Cur
Meſſer ein wenig abſchneiden/ ſo erzeigen
ſich unter der Haut etzliche rothe Flecken/
welche man oͤffnet/ und das rothlechte
Waſſer heraus laͤſt/ nachmahls ſoll ein
Tuͤchlein in Brandtwein eingenetzt/ darin
ein wenig Theriack zerrieben/ uͤbergelegt
J vwer-
[138]Erſter Theil
werden/ uͤber die gantze Hand aber/ ein
duppeltes Tuch/ in halb Eßig und Waſſer
getunckt/ und ſolches ſoll alſobald im An-
fang geſchehen/ ſonſten iſt dieſe Oeffnung
weinig nuͤtz/ es ſey dann die Materie gezei-
tiget: Die andere Art aber/ iſt ſehr wider-
ſpenſtig zu zeitigen/ und ſoll auch die Oeff-
nuͤng vor der Zeitigung geſchehen/ und zwar
nach der Laͤnge neben an/ damit nicht in der
Vigierius.Mitten der Nervus oder der Tendo getroſ-
fen werde/ der Schnitt aber/ ſoll biß auffs
Bein gehen/ und dafern in der Heilung ein
geiles Fleiſch heraus wuͤchſe/ muß ſolches
nicht mit ſtarcken reinigenden/ ſondern mit
linden Mitteln vertrieben werden/ damit
nicht der Schade erzuͤrnet werd/ es wird
ſich ſolches ſchon ſetzen/ wann die Materie
wird ausgefuͤhret ſeyn. Der Mercurius
præcipitatus,
wann er nach Hildani Mei-
nung praͤpariret/ hat ſo woll in dieſem affect,
als in dem Glied-Waſſer/ groſſen Nutzen/
dann er ziehet/ Pulver-weiſe eingeſtreuet/
die klebrichte und viſcoſe Materie/ welche
die Heilung verhindert/ maͤchtig heraus.


50. Wie iſt der Geſchwulſt der
Knie zu begegnen?


Paræus.

Nach langwierigen und ſchweren
Kranckheiten/ geſchicht es vielmahls/ daß
ſich eine Geſchwulſt in den Knien ſamblet/
wie
[139]von Geſchwuͤlſten.
wie auch den jenigen/ nach großer Arbeit
und Leibes-Ubung/ ſo mit vielen boͤſen und
urartigen Feuchtigkeit beladen ſind. Die
Cur anlangend/ muß auff die vorhergehen-Cur
de Urſach geſehen werden.


51. Was ſind die Mitteſſer/
wie ſind ſie zu vertreiben?


Es haben die Alten viel da von geſchrie-
ben/ ſtimmen aber gantz nicht uͤber ein/
wann aber die Kinder unruhig ſind/ und
ſich bald hin/ bald her werffen/ heißen die
Frantzoſen ſolche Cridones oder Mitteſſer/
ſolche aber entſpringen von kleinen Haͤrlein/
welche kaum einer Nadelſpitz/ doch etwas
dicker ſeyn/ werdẽ mit einen mehr als laulich-
tẽ warmẽ Waſſer gebehet/ gleich darauff mit
einem Teich von Honig und Roggenmehl
geſchmiert/ vertrieben/ dann alſo werden
die Haͤrlein/ ſo noch unter der Haut ſind/
herauß gelocket/ und nachmahls mit einem
Scheer-Meſſer abgeſchoren: welches Ge-Fabritius
Hildanus
cent 5. poſt
obſerv. 50.
in epiſtola
ad Hild.
Horſtius.

orgius Horſtius an ſeinen Kindern erfahren/
und meldet/ daß die damit behaffte Kinder/
gleichſam Schwindſuͤchtig und mager wer-
den/ weil ſolche zaͤhe Materie/ welche wie-
der die Natur in den Schweißloͤchern der
Haut auffgehalten wird/ verhindert/ daß
die eingepflantzte Wuͤrmbde keine taugliche
Verlufftung haben kan/ ſo bald aber die
Schweiß-
[140]Erſter Theil
Schweißloͤcher von beſagter Materie be-
freyet/ fangen die Glieder an zuzulegen.


52. Was iſt der heiſſe Brand/
und wie iſt ihm zu ſteuren?


Beſchrei-
bung des
heiſſen
Brandes.

Der heiſſe Brand iſt eine anfangende
Erſterbung/ welcher gemeiniglich auff groſ-
ſe entzuͤndungen folget/ und verdirbt die wei-
che Oerter des Leibes/ als Haut/ Muſcu-
len/ Adern und Sehnen. Kompt auß
Fabr. Hild.
de gangræ-
na.
fuͤnfferley Urſachen/ als 1. auß unmaͤßi-
ger Hitze/ 2. auß ſcharffen und gifftigen
Urſachen des
beiſſen Bran-
des.
Feuchtigkeiten/ 3. auß Auffenthaltung der
Geiſter/ 4. auß unmaͤßiger Kaͤlte/ 5. auß
Mangel der Nahrung und einflieſſenden
Waͤrmbde/ kurtz zu ſagen/ ſo koͤnnen die
Glieder erſterben/ aus dieſen dreyen Urſa-
chen/ als: 1. ex vehementi alteratione qua-
litatis manifeſtæ,
auß einer geſchwinden of-
fenbahren Veraͤnderung/ 2. ex oc culta
qualitate,
auß einer verborgenen Eigen-
ſchafft. 3. ex interceptione ſpirituum, auß
Auffenthaltung der Geiſter/ wornach auch
die Cur muß angeſtellet werden/ dann kompt
ſolcher auß einer intemperie, das iſt/ alzu
groſſer Hitze/ Kaͤlte/ Feuchte oder Trockne/
muß ſolche verbeſſert werden; als wann er
auß Hitze kompt/ muß man kuͤhlen/ wann
er auß Kaͤlte/ muß man erwaͤrmen/ und
ſo fort an. Es wird auch der heiſſe Brand
offter-
[141]von Geſchwuͤlſten.
offtermahls verurſachet/ durch Ungeſchick-
ligkeit des Chirurgi, in dem er in der Phleg-
mone
und Eryſipelate gar zu kuͤhlende Sa-
chen brauchet/ wie auch die defenſiva unor-
dentlich/ item wann man die zerquetſchten
Bein-Bruͤche im Anfang gar zu ſtarck bin-
det/ wann man die aͤtzende Sachen an war-
me und feuchte Oerter/ als im Mund/ am
Halß/ unter der Achſel/ an der Schaam/ oh-
ne Beſcheidenheit gebrauchet/ oder/ wann ein
Glied nicht wieder in ſeine Stelle gebracht
wird/ als in Verrenckung der Achſel und
Hufft/ dañ dadurch werden die Vaſa, uñ zwar
in ihren Anfaͤngen gedruckt und verſchloſſen/
daß das Glied abnehmen und ſchwinden
muß/ ein ſolches thun auch die harte Scir-Fallopius
d. tumor:
cap:
26.

rhoſiſche tumores, wann ſie neben ſolchen Vaſis
liegen/ oder aber/ wann ſolche Vaſa an ihren
principiis uͤber zwerg entzwey geſchnitten
ſind. Es kompt auch der heiſſe Brand an
die Verſen/ wann wegen eines Beinbruchs/
der Fuß lange Zeit/ und ohne Unterlaß auf-
richtig auff der Verſen liegen muß/ und
werden dadurch die Vaſa, welche die Wa-
den ablauffen/ zugetruckt/ daß die Geiſter
und das Blut nicht frey abflieſſen koͤnnen.


Die Zeichen des heiſſen Brandes ſindKeñzeichen
des [heiſſen]
Brandes
Aus Ent-
zuͤndung.

unterſchiedlich/ dann kompt er auß Entzuͤn-
dung/ ſo leſt der klopffende und ſtechende
Schmertz/ wie auch die Roͤthe nach/ und
wird
[142]Erſter Theil
wird bleich und Aſchenfaͤrbig/ wie auch
Schwartzgrau/ und erheben ſich Blattern
Aus Froſt.voll Fleiſch-Waſſers. Kompt er auß Froſt/
ſo verurſachet er ſtechenden und brennenden
Schmertzen/ iſt im Anfang roht/ weil die
Schweißloͤcher von auſſen verſtopffet ſind/
aber bald darnach wird der Ort bleich/ aſch-
farbich und kalt/ auch kan der Patient an-
zeigen/ ob er im Waſſer/ Schnee oder Kaͤl-
Aus unmaͤ-
ſiger Feuch-
te.
te geweſen. Kompt er auß unmaͤßiger Feuch-
te/ ſo iſt der Ort zuvor mit groſſer Ge-
ſchwulſt/ voller Waſſer und duͤnner Feuch-
tigkeit geweſen/ der Patient iſt ſchwach/
Aus unmaͤſ-
ſiger Trocken-
heit.
außgezehrt und Waſſerſuͤchtig. Kompt
er auß unermaͤßiger Trockenheit/ das iſt/
auß Mangel der Foͤdung/ ſo iſt im Anfang
kein Schmertz/ Entzuͤndung noch Uberfluß
des Gebluͤths oder anderer Feuchtigkeiten/
die ſich entzuͤnden koͤnnen; Solchen Leuten
aber kompt er/ welche mager/ ſchwach und
außgezehrt ſeyn/ und fuͤrnehmlich an die euſ-
ſerſten Spitzen des Leibes/ welche gleichſam
entſchlaffen/ und empfindet der Krancke
faſt nichts/ aber nach dem die Blattern auf-
gefahren und auffgeſchnitten ſind/ in wel-
chem Grund es ſchwartzgrau iſt/ ſtellen ſich
die Schmertzen/ Fieber und andere Zufaͤll
gemeiniglich mit ein: Kompt er aber auß ei-
ner verborgenen und gifftigen Eigenſchafft/
welche in unſerem Leibe geworden/ und die
Natur
[143]von Geſchwuͤlſten.
Natur ſelbige von ſich ſtoſſen wil/ zu den euſ-
ſerlichen Gliedern/ ſo gehen die Zufaͤll vor/
als Fieber/ Ohnmacht des Hertzens/ Er-
brechung des Magens/ und darnach wird
der Ort bleich/ aſchfarbig und ſchwartzgrau:
Kompt er von Stich oder gifftiger ThiereAus giffti-
gen Thiere
Beß.

Biß/ folgen eben dergleichen Zufaͤlle nach:
Kompt er endlich auß Auffenthaltung derAus Auff-
enthaltung
der Geiſter.

Geiſter/ ſo kompt Entzuͤndung und
Schmertz/ welches von feſten binden oder
gar zu vielem Gebrauch der defenſiven auch
geſagt ſey. Was nun die Heilung des heiſ-Cur des heiſ-
ſen Brandes.

ſen Brandes/ und zwar welcher ex intem-
perie
entſtanden/ betrifft/ ſo ſoll man nach
angeſtelter Lebens-Ordnung/ Aderlaſſen
auch ſchroͤpffen. Wann der heiſſe Brand
auß Entzuͤndung kompt/ ſoll man erſtlichErſtes
Stuͤck.

dem noch einflieſſendem Gebluͤth den Weg
verſperren/ zumahl/ wann der Schmertz/
Entzuͤndung und Geſchwulſt groß iſt/ wo-
zu ſonderlich nuͤtzlich ſeyn/ die Defenſiva, ſo
nicht oͤhlicht/ damit ſie die Schweißloͤcher
nicht verſtopffen/ als Gerſtenmehl/ Cupreſ-
ſennuͤß/ Bolus, Granatſchelffen/ Galloͤpffel
und Campfer mit Oximel zu einem Uber-
ſchlag gemacht/ und damit verfahren/ ſo
lang die Faͤulung in augmento oder Zuneh-
men iſt/ in ſtatu aber wann die Faͤulung ſte-
het/ und nicht weiter gehet/ kan man ſie
nachlaſſen/ damit die Geiſter und das Ge-
bluͤth
[144]Erſter Theil
bluͤth ihren freyen Gang haben. Das an-
Ander Stuͤckdere Stuͤck der Heiligung iſt/ daß man das
einflieſſende Gebluͤht und Feuchtigkeiten
von dem breßhafften Ort abziehe/ und an
andere lencke/ ſolches muß/ je ehe je lieber
mit Purgiren/ Aderlaſſen und Schroͤpffen
Drittes
Stuͤck.
geſchehen. Das dritte Stuͤck der Heilung
iſt/ daß man die eingefloſſene Feuchtigkeit
herauß ziehe/ in dem man den beſchaͤdigten
Ort mit einer Lantzetten/ ſo viel und tieff/
als es noͤthig ſcarificiret/ der Adern und
Nerven ſoll man woll/ aber in ſtarcker Faͤu-
lung auch nicht ſchonen. Ein decoctum von
ſcordio, Wermuth/ Feigbohnen/ Rau-
ten/ aloes, myrrh: \&c. machen/ den Scha-
den/ damit ſo offt man verbindet/ abwaſchẽ/
den gantzẽ Ort mit dem ung v. ægyptiaco ma-
giſtrali Hildani
beſtreichen/ und einlegen/
wann eine Eſchara ſich wird erzeigen/ fleißig
weg thun/ das Glied warm halten/ und wañ
der Brand ſtehet/ und nicht weiter gehet/ ſoll
man den Schaden reinigen/ mit Saͤlblein
von Honig/ Erven-mehl/ Viol-Wurtz und
Holl-Wurtz gemacht. Kompt er aber auß
Froſt/ ſo ſoll man nicht alſobald dem Feur zu
eylẽ/ ſondern den Froſt außzuziehẽ/ das Glied
in ein gantz kaltes Waſſer ſetzen/ oder mit
Schnee reiben. Nach dieſem ihm ein guten
Theriack in firne Wein mit Confectio Al-
kermes
eingeben/ damit die Waͤrme und
Geiſter
[145]von Geſchwuͤlſten.
Geiſter des Hertzens/ zu den außwendigen
Gliedern getrieben werden/ das Glied mit
warmer Milch und Decoct: von Lorber-
beer-Blaͤtter/ Roßmarin/ Rauten/ Wer-
muth und dergleichen/ behen/ darnach mit
ol: de lateribus, d. terebintina, d. cera, item,
cum ſem: urticæ, naſturtij
beſtreichen. Die-
weil in den heiſſen Branden/ auß unmaͤßi-
ger Feuchte und Kaͤlte/ der Grund des
Affects, vornehmlich in der Miltz und LeberInnerliches
Abſeheu im
heiſſen
Brand.

gelegen iſt/ muß man das Purgieren und
Aderlaſſen/ und dergleichen darauff rich-
ten: Euſerlich ein Defenſiv uͤberlegen/ von
Sachen/ welche mittelmaͤßiger Waͤrmb-
de/ und nicht kalt und trocken ſeyn/ ſon-
dern auß Roſen-Blaͤtter/ Wermuth/ Ma-
joran/ Roßmarin/ Feigbohnen/ Alaun/
Saltz in halb Laugen und Wein geſotten/
nachmahls die Feuchtigkeit verzehren/ das
Ægyptiacum uͤberlegen/ die dadurch verur-
ſachte Eſcharam mit der Lantzett wegneh-
men/ und nicht nachlaſſen/ biß der Brand
ſtehe. Franciſcus Peccettus lehret/ manFranc. Pec-
cettus.

ſoll/ wann die Faͤulung groß das aq: fort:
gebrauchen/ dann es macht keine Schmer-
tzen/ weil deſſen Schaͤrffe von der Naͤſſe
und Faͤulung des Geſchwaͤrs benommen
wird. Kompt er auß Trockenheit/ ſoll
man das Glied behen/ mehlig reiben/ das
Gebluͤth und Nahrung herzuziehen/ mit
KCata-
[146]Erſter Theil
Cataplasmatibus, welche zu gleich der Faͤu-
lung wehren/ als Feig-Bohnen-Mehl/
Wermuht/ beyderley lachen Knoblauch/
Rautenblaͤtter/ Schwalben-Wurtz/ An-
gelica/ flieſſend Pech: Und dieſer Art
Brand iſt ins gemein todtlich; Die Schutz-
Pflaſter oder Defenſiva haben allhie keine
Statt/ es ſey dann/ daß es ſchon zum kal-
ten Brand gehe/ alsdann ſind ſie zu gebrau-
chen/ damit die boͤſen Daͤmpffe nicht zum
Hertzen/ in den Leib ſteigen koͤnnen.


Dieweil aber nicht allein auß jetztge meld-
ten offenbahren Urſachen/ ſondern auch auß
verborgenen und gifftigen Eigenſchafften/
der heiſſe Brand entſtehet/ ſo muß man
auch ihm mit ſolchen Sachen begegnen/
welche ebenmaͤßig (per occultas qualitates)
durch heimliche Eigenſchafften wircken/ als
da ſind: Theriack/ Methridath/ Diptamus
Creticus,
Bezoar/ Scordium Rad: Vince-
toxici, Angelic, Succ: Citron,
und weil ſol-
che Braͤnde/ wegen ihrer Geſchwindigkeit/
toͤdtlich/ muß man geſchwind mit erſtbeſag-
ten Medicamenten/ den Schweiß treiben/
Purgieren und Aderlaſſen: Das Schlaf-
fen iſt hier ſchaͤdlich/ denn dadurch wird das
Gifft zu den inneren und edlen Gliedern ge-
zogen. Außwendig ſoll man die Haut fein
tieff ſcarificiren/ woll außbluten laſſen/ und
mit dem decocto, wie vor geſagt/ abwaſchen/
und
[147]von Geſchwuͤlſten.
und des Hildani Ægyptiacum daruͤber le-
gen/ die Eſcharam wegthun/ und wieder
ſcarificiren/ und den Schaden lang offen
halten. Kompt er auß gifftiger Thiere Biß/Heilung
des heiſſen
Brands/
aus gifftiger
Thiere Biß.

ſoll man alles wegſchneiden/ was vom Biß
oder Stich moͤchte beſchaͤdiget ſeyn/ wann
der Schad etwas außgebluthet/ ein gluͤend
Eiſen darauff ſetzen/ mit vorbeſagten decocto
abwaſchen/ und das Ægyptiac Hild: mit
Faſen einlegen/ mit einem guten Defenſiv
verhindern/ damit die gifftigen Daͤmpffe
nicht hinauff ſteigen. Kompt aber der
Brand/ auß einer gifftigen Feuchtigkeit/
welche im Leibe generiret worden/ ſoll man
keine Defenſiva gebrauchen; Wann derFabrit: Hil-
dan:

Brandt geſtillet/ ſoll man das mundicati-
vum de ſucco apii
zu reinigen gebrauchen/
und hernach cicatriſiren und heilen. Kompt
der Brand auß Auffenthaltung oder Ver-
hinderung der Geiſter/ ſo ſoll man nach an-
geſtellter guten Diaͤt/ die Urſach erforſchen/
und wann ſolches durch hartes und ſteiffes
Binden geſchehen/ alſobald auffloͤſen und
daruͤber legen/ was die Feuchtigkeit/ wel-
ches das Band verurſachet/ zertheilet und
außtrocknet. In den anderen Urſachen/
verfaͤhret man nach geſtalten Sachen.


53. Was iſt der kalte Brand/
und wie iſt ihm zuſteuren?


Der kalte Brand Sphacelus, iſt eine voll-
K ijkom-
[148]Erſter Theil
Keñzeichen
des kalten
Brandes.
kommene und gaͤntzliche Erſterbung/ nicht
allein der vorgemeldten/ ſondern auch aller
anderen Gliedern/ in welchem alles erſtor-
ben und verfaulet iſt/ das gantze Glied iſt
eyskalt und todt/ und bekompt an Statt
der roͤthlichen und ſchoͤnen Farbe/ eine
ſchwartz-graue/ ſtincket gar uͤbel/ und an
Statt/ daß das Glied weich und ſchluprig
anzugreiffen/ wird es duͤrr und trocken;
Man ſoll ſich aber die Bewegung nicht ver-
fuͤhren laſſen/ daß man ſchlieſſe/ wann eine
Anmer-
ckung.
Bewegung geſchicht/ es ſey der kalte Brand
noch nicht verhanden/ dann wann das ca-
put muſculi
beweget wird/ als in welchem
der kalte Brand noch nicht gekommen/ ſo
beweget ſich der tendo gleich woll/ ob ſchon
Cur durch
Handgriff.
er vom kalten Brande ergriffen. Dieſen
Brand zu curieren/ muß man von der vo-
rigen Weiß ablaſſen/ weil (nach der Re-
gel A privatione ad habitum non datur re-
greſſus
) nicht muͤglich/ etwas wieder leben-
dig zu machen/ was ſchon einmahl erſtor-
ben/ muß derohalben alles/ was verfaulet/
weggeſchnitten werden. Es ſoll aber ein
Schenckel bequemlich eine Hand breit/ un-
term Knie abgeſchnitten werden/ waͤre aber
das Knie mit angegriffen/ ſo ſoll/ ſo viel
muͤglich/ das geſunde Fleiſch geſchonet
werden/ denn je hoͤher das Abſchneiden/
im dicken geſchicht/ je gefaͤhrlicher die Ver-
rich-
[149]von Geſchwuͤlſten.
richtung. Eben daſſelb iſt auch bey Ab-
ſchneidung Hand zu befuͤrchten/ welche am
allerbeſten kan im Carpo oder in der Hand-
Wurtzel abgenommen werden. Ob nun
wol viel gelehrte Aertzte der Meynung ſeyn/
man ſolle das Glied/ im erfaulten abſchnei-
den/ den Schmertzen und Verblutung zu
vermeiden/ ſo ſoll man doch ſolches/ we-
gen vielen Urſachen/ im geſunden verrich-
ten/ und zwar auff folgende Weiſe: Es
ſoll der Patient vorher von boͤſer Feuchtig-
keit gereiniget ſeyn/ Ihm eine gute Ord-Præparato-
ria
zum Ab-
ſchneiden des
Gliedes.

nung im Eſſen und Trincken vorſchreiben/
das Hertz ſtaͤrcken: An demſelben Tag/
wann das Werck ſoll vorgenommen wer-
den/ ſoll man Ihm ein Suͤplein/ wie auch
ein friſches geſottenes Ey/ und ein Truͤnck-
lein Wein bey bringen/ ein Hertz-Uberſchlag
gebrauchen/ und alsdann den Schnitt im
Nahmen GOttes vor die Hand nehmen.
Man ſoll aber den Patienten auff eine
Banck ſetzen/ und alſobald/ nach dem die
Haut und Fleiſch/ ſo viel muͤglich in dieBindung des
Gliedes.

Hoͤhe gezogen/ eine ſchmale ſtarcke Schnur/
ein wenig zu oberſt/ da er den Schnitt thun
wil/ nehmlich im geſunden/ woll feſt umb-
legen und zuziehen/ denn dadurch wird
nicht allein das Blut gehemmet und ver-
hindert/ ſondern es koͤnnen auch nicht die
Spiritus animales, das iſt/ die Sinnliche
K iijGei-
[150]Erſter Theil
Geiſter/ durch die Nerven kommen/ wes-
wegen dann auch der Schnitt weniger
Schmertzhafft. Man kan auch nach Gvi-
donis
Meinung ein ander Band zu unterſt
binden/ und zwiſchen ſolchen beyden/ den
Schnitt thun/ welches mehrentheils umb
der Umſtehenden willen geſchicht/ damit
nicht das Blut/ welches auß dem Stumpff
flieſſet/ deſto groͤſſern Abſcheu des verblu-
Befaͤſtigung
des Gliedes.
tens mache. Das Knie ſoll man an die
Banck feſt anbinden/ und ſoll die Banck
forne zugeſpitzet ſeyn: Wann ſolches ge-
ſchehen/ ſoll man eine dazu gemachte Hoſe/
von Fabritio Hildano beſchrieben/ anlegen/
oder an das obere Band des Schenckels/
gleichſam zwey Handheben machen/ damit
der Diener/ welcher das Knie haͤlt/ mit
dem Mittel-Finger nach dem Schnitt/ ver-
mittelſt der Handheben/ das Fleiſch/ ſo
viel muͤglich in die Hoͤhe hebe und ziehe/ daß
die Saͤge nicht an das Fleiſch ſtreiffe: Als-
dann muß man eine ander Banck/ gleicher
Hoͤhe unter den Fuß ſtellen/ an welche er
den Fuß gleichfals binden ſoll/ unangeſehen
deſſen/ ſoll man dem Krancken hinter den
Ruͤcken einen behertzten Mann ſtellen/ des-
gleichen einen/ der den Schemel und
Schenckel halte/ damit es alles unbeweg-
lich ſey: Wann nun der Schenckel alſo
gebunden/ ſoll der Wund-Artzt mit einem
krum-
[151]von Geſchwuͤlſten.
krummen ſcharffen Meſſer/ das Fleiſch bißFleiſchſchult.
auff den Knochen/ und das perioſtium, ſo
ſo viel muͤglich/ durchſchneiden/ ſonderlich
wann zwey Roͤhren verhanden/ das Fleiſch
darzwiſchen; Er ſoll aber zu oberſt/ und
an der Seiten des Schenckels anfahen/
die Waden aber durch welche die groͤſte
Blut- und Hertz-Adern lauffen/ zum aller-
letzten durchſchneiden/ und alsdann das
Bein mit der Saͤgen/ ſo hoch ihm muͤglich/Schnitt mit
der Saͤge.

geſchwind abſaͤgen/ das Blut/ nach des
Patienten Beſchaffenheit lauffen laſſen/
die groſſen Adern/ auch das Bein ſelbſtCauteria.
brennen/ damit es ſich deſto eher reinige/
und die Schieffer abſtoſſe/ wann ſolches
geſchehen/ ſoll man das Band geſchwind
auffloͤſen/ ein Blutſtillung-Pulver/ mit
Eyerweiß auff Hanff-Buͤſchlein ange-
macht/ daruͤber legen/ den Stumpff mit
einer Ochſen-Blas umbwickeln/ oberhalb
den Stumpff ein Defenſiv, welches kuͤhletDefenſiva.
und die Einfluͤſſe zuruͤck treibet/ uͤberlegen/
es ſol aber die Blaſe/ oben wo ſie offen iſt/ tro-
cken ſeyn/ damit ſie nicht zuſam̃en falle/ unten
aber angefeuchtet/ daß ſie ſich nicht glatt an-
lege/ mit Binden/ in halb Eßig und Waſſer
getunckt/ umwicklen/ und vor den andern
Tag im Sommer/ im Winter aber/ vor den
dritten Tag/ nicht auffbinden/ es verhin-
dere es dann der Schmertz. Im Auffbin-Heilung.
K iiijden/
[152]Erſter Theil
den/ ſoll man wieder friſche Paͤuſchlein/
mit Blutſtillung bey der Hand haben/ und
mit ſelbigen ſo lange/ wie auch mit den De-
fenſivis
verfahren/ als der Blutfluß zu
fuͤrchten/ die Beiner ſoll man mit trucknen
Faſen belegen/ und das uͤbrige mit einem
guten Digeſtiv verbinden: Wann die Wun-
de gnugſam vereytert/ das mundificativ d.
ſucco apij,
(welches von Hildano pag. 1124.
beſchrieben ſtehet/) aufflegen/ oder wo es zu
ſtarck mit dem Digeſtiv temperiren/ und die
Lefftzen mit klebenden Pflaſtern oder Salb-
hefften herunter ziehen: Nach dem vierze-
henden Tag/ iſt die Natur ſchon geſchaͤfftig/
die bloſſen Beiner mit einem lucken Fleiſch
zu bedecken/ die Schuppen aber gehen vor
dem dreyſigſten oder viertzigſten Tag nicht
weg/ doch muß man den Stumpff allge-
mach heilen/ mit dem diapalma, cerat: dia-
pompholig. de tutia, de lapide calaminari,

und dergleichen. Wann aber die Nerven
zuruͤck gezogen/ und das Knie krum iſt/
daß der Krancke ſolches nicht ausſtrecken
kan/ ſo muß man den Patienten auff die
Erde ſetzen/ den Schenckel aber in die Hoͤhe
heben/ und an der Banck feſt machen.


54 Was iſt der Gliedſchwam/
und wie iſt er zu vertrei-
ben?


Der
[153]von Geſchwuͤlſten.

Der Gliedſchwam iſt eine Geſchwulſt/Platerus in
medicina
practica.

fuͤrnehmlich der Glieder/ in welchen viel
Nerven und Sehnen zuſammen kommen/
und geſchicht ſolche Geſchwulſt fuͤrnemlich
im Knie/ wann nehmlich durch eine ſtarcke
Bewegung und Außdehnung/ die NervenUrſach.
und Sehnen verzogen werden/ durch wel-
che den Gliedern mehr Nahrung und Feuch-
tigkeit zugezogen wird/ als ſie von noͤhten
gehabt/ auß welchem Safft dann eine
ſchwam̃ichte Subſtantz waͤchſet/ welche offtKeñzeichen.
das gantze Glied umbfaſſet/ daß der Patient
weder recht gehen/ noch das Knie beugen
kan. Es hat ſonſten dieſe Geſchwulſt keinen
ſonderlichen Schmertzen/ iſt an Farb der
andern Haut gleich/ und weder Hitze noch
Kaͤlte dabey. Die Cur anlangend/ iſt ſol-Cur.
che ziemlich ſchwer/ und weil ſie an den Ner-
voſiſchen Theilen/ koͤnnen ſie wie andere
Gewaͤchſe/ durch den Schnitt nicht geheilet
werden/ ſondern/ ſie ſind zu zertheilen und
zu erweichen: Doch erinnert Hildanus, daß
man ſich vor allen Dingen huͤte/ damit ſie
zu keiner Erſchwaͤrung gebracht werden/
und alſo daſelbſt ein unheilbar Geſchwaͤr
verurſachet werde. Es iſt ſonſten unter an-
dern gut/ das Alumen crud: mit Sale com:
calcini
ret/ von dieſem Pulver genommen/
und in aq: vitæ zerlaſſen/ das Glied woll da-
mit gerieben/ und das Empl: de ſapone, wel-
K vches
[154]Erſter Theil
ches Frartz Renner in ſeinem Tractat von
den Frantzoſen ſchreibet/ daruͤber gelegt.
Platerus ruͤhmet in ſeinen obſervationibus
lib.
3. folgendes: Man ſoll das Glied mit
Schwaͤmmen behen/ in folgendem Waſſer:
als Lixivii, Urinæ Vini, jedes gleiche viel/
und zu einer Maaß dieſes Liquoris hinzu
thun Aq: vitæ eine Untze Aq: vel Spiritus Ju-
niperi
ein Drachma/ hernach ein Pflaſter
uͤberlegen/ gemacht/ von rad: bryon, irid,
bulborum lilior: recent:
in ſcharffen Eßig ge-
kocht und zerſtoſſen/ und mit gum: ammo-
niac,
und ol: liliorum, zum Pflaſter ge-
macht.


55. Wie iſt der Schmertz der
guͤldene Ader zu ſtillen/
und was iſt zu thun/ wañ
ſie geſchwollen und baͤr-
ſten wollen?


Es hat die guͤldene Ader in vielen Kranck-
heiten groſſen Nutzen/ und kompt offter-
mahls/ das ſie ſich nicht oͤffnen wollen/ und
nur ein ſcharffes ſerum herauß flieſſet/ wel-
ches dann groſſen Schmeꝛtzen und beſchwer-
liches Brennen verurſachet/ ſoll man als-
Franœ Pec-
cettus.
dann/ entweder mit Aufflegung der Medi-
camen
ten/ oder mit den Saug-Iglen die
Oeffnung befodern/ doch ſoll der Leib zuvor
gerei-
[155]von Geſchwuͤlſten.
gereiniget ſeyn/ damit nicht mehr hinzu ge-
zogen werde. Auff den ſchmertzhafften Ort
kan man plantag: parietarg. \& malvam in
Milch ſieden/ und mit ol: roſaceo ein cata-
plasma
machen und uͤberlegen. Oder einParæus.
Saͤlblein von Silber-Schaum/ Bleyweiß/
Roſenoͤhl/ Wachs und ein wenig Opii:
Wann man aber mehr trucknen ſoll/ farin:
hordij, milij \& hordij
dazu thun. Auch iſtSennertus.
ſehr nuͤtzlich/ ein Saͤlblein gemacht von
ungv. popoleo: ol: papaveris, ſucc: ſolan,
ſacch: ♄rni, opio, vitell: ovorum \&c. Item
Balſamus Sulphuris Rulandi.


56. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner Feigwartzen im Hin-
dern hat?


Die Feigwartzen/ ſind auß einer Entzuͤn-Paræus.
dung entſtandene/ rauhe/ harte Huͤgelein/
gleichſam kleine herfuͤr geſchoſſene Stuͤck-
lein Fleiſch/ ſo mehrentheils in den runtzlich-
ten Raͤnden des Hintern/ und der Gebaͤhr-
Mutter/ zu eꝛwachſen pflegen/ eꝛfodern eꝛkal-
tende und nachlaſſende Artzeneyen/ als Eyer-
oͤhl uñ Leinſaamenoͤhl/ jedes gleich viel/ in ei-
nem bleyern Moͤrſer lange geſtempelt uñ ge-
ruhret; Wann eine Entzuͤndung dabey/ thut
man etwas Campfer dazu. Celſus ſagt/ manCelſus lib.
6. cap.
18.
Cur

ſoll den Patienten in ein Waſſer ſetzen/ da
Eyſenkraut darinnen gekocht/ alsdann
Waſ-
[156]Erſter Theil
Waſſer-Linſen-Mehl/ mit ein wenig Honig
vermiſcht/ uͤberlegen. Wann aber ſolche
alt und erhaͤrtet/ muß man ſie/ wann die
Wurtzel klein/ mit einem Fadem abbinden
oder abſchneiden/ oder mit aͤtzenden Artze-
neyen/ Gruͤnſpan/ Myrrha/ Weyrauch/
Schlehen ꝛc. vertreiben.


57. Wann einer Feigwartzen
an der Mans-Ruthen haͤt-
te/ und die Vorhaut wegen
der Geſchwulſt nicht zuruͤck
gieng/ auch inwendig Feig-
wartzen waͤrẽ/ da kein Wund-
Artzt dazu koͤnte kommen?


Fabritius
Hildanus
cent: 5. ob-
ſerv.
57.

Solches geſchicht gemeiniglich auß un-
reinem Beyſchlaff/ denn weil das Maͤnn-
liche Glied luͤcker/ und in ſolchen Werck er-
hitzet wird/ kan es leicht einen boͤſen Dampff
Innerliche
Cur.
an ſich ziehen. Man muß derowegen den
Leib reinigen/ hernach eine Ader oͤffnen/
nach dieſem etzliche Tag nacheinander den
Schweiß treiben/ mit Theriack/ gebran-
ten Hirſchhorn/ in Cardobenedicten-Waſ-
Euſerliche
Cur.
ſer und dergleichen. Auff den leidenden
Theil ſoll man mit nichten kuͤhlende Sa-
chen gebrauchen/ ob ſchon eine Entzuͤndung
dagegen/ damit nicht die gifftige Materie
zuruͤck getrieben/ und hernach boßhafftige
und
[157]von Geſchwuͤlſten.
und gifftige Geſchwaͤr verurſachet werden/
ſondern/ weil der Schmertz am meiſten be-
ſchwerlich/ ſoll man einen Uberſchlag auff-
legen/ gemacht von Bohnen- und Gerſten-
Mehl/ fœn: grœc: rothe Roſen-Blaͤtter/
ein wenig Saffran/ mit Kuh-Milch und
Eyer-dotter/ zu einem cataplasmate ge-
macht/ und warm uͤbergelegt. Die Pur-
gation muß auch wiederholet werden:
Wann alſo der Schmertz geſtillet/ und die
Geſchwulſt um die Eichel und der Vorhaut
nicht weichen wil/ und alſo die Vorhaut/
weder hinter ſich noch vor ſich koͤnne gezogen
werden/ ſoll man einen Uberſchlag von
Linſen- und Bohnen-Mehl/ rothe Roſen/
Chamillen/ Wermuth/ Hollunder und
Eyerdotter machen/ warm aufflegen/ und
damit verfahren/ biß die Haut hinter ſich
und vor ſich gehen kan. Wann ſolche
nicht kan hinter ſich gebracht werden/ muß
man ſo lang zwiſchen die Vorhaut/ vier-
mahl des Tages einſpruͤtzen/ ein decoct. von
Frantzoſen-Holtz/ Erdrauch/ Wermuth/
rothe Roſen/ Angelica/ oder Roſen-Ho-
nig/ mit gedachten Waſſern vermiſchet;
Nach geſtiltem Schmertzen und gnugſamer
Zeitigung/ das præciptat Pulver/ welches
rectificirt entweder allein/ oder mit Roſen-
Salb vermiſcht/ darein legen; Wann
dieſe Mittel nicht helffen ſolten/ muͤſte eine
Fran-
[158]Erſter Theil
Frantzoſen-Cur vor die Hand genommen
werden.


58. Wann einer den kalten
Brand an der Mannsru-
then bekaͤhme/ wie waͤre
ihm zu helffen?


Heilung.

Der Leib muß gereiniget werden/ des
Fabrit: Hildani ægyptiacum magiſtrale, oder
das ſchwartze kuͤhl-Waſſer uͤberlegen/ da-
mit der Faͤulung gewehret/ und das faule
von dem geſunden geſchieden werde/ und
ferner verfahren/ wie im kalten Brande ge-
lehret worden.


59. Was iſt fuͤr ein Geſchwulſt
welche Phyma genand wird?


Sennertus.
lib: 5. prax:

Es iſt eine Geſchwulſt der Druͤſen/ wel-
che geſchwind zunimpt/ und zur Zeitigung
eilet/ die Urſach iſt das waſſerichte Gebluͤth
entſtehet offters an den Kindern/ gar ſelten
Keñzeichen
und Cur.
in den Erwachſenen/ wird erkand auß ſeiner
runden und erhabenen Figur/ iſt ein wenig
roth/ und faſt ohne Schmertzen/ wird ge-
heilet wie die Inflammatio.


60. Was iſt Phygetlon vor eine
Geſchwulſt?


Die Lateiner nennen ſie Panus oder Pa-
nis,
[159]von Geſchwuͤlſten.
nis, und iſt gleichfals in den druͤſichten or-
tern des Leibes/ hat ſeinen Urſprung vonUrſprung.
dem gallmaͤſſigen Gebluͤth/ iſt derhalben
dem Rohtlauff ehnlich/ und kompt gemei-
niglich nach außgeſtandenem Fieber/ oder
erlittenen Schmertzen eines Gliedes. Die
Zeichen ſind folgende: als die Haͤrte/ Hitze/Keñzeichen.
Spannung und ein groͤſſerer Schmertz als
die Geſchwulſt an ihr ſelber iſt. Was den
leidenden Theil betrifft/ ſo ſoll man nachCur.
angeſtelter Ordnung im Eſſen und Trin-
cken/ Aderlaſſen und purgieren/ und ſich
bemuͤhen/ die Geſchwulſt mehr zuverthei-
len/ als zur Vereyterung zu bringen/ weil
er gallmaͤßig iſt/ derohalben lobet Galenus
die Alſinem, an ſtat eines Cataplasmatis uͤber
zulegen/ item die Atriplicem \& malvam
hortenſem.


61. Was ſind frantzoͤſiſche
Schlier/ oder Beulen?


Der frantzoͤſiſche Gifft/ welcher auch bißParæus.
zur Leber gebracht wird/ und nachmahls
von derſelben/ wann nehmlich ihre außtrei-
bende Krafft noch ſtarck iſt/ in die Seiten
neben dem Gemaͤchte/ als ihre eigene Auß-
gaͤnge (Emunctoria) genand/ verwieſen/
verurſachet ſolche Knollen/ welche man Bu-
bones
nennet. Dieſe knollichte Matery/ iſt
mehrentheils die Menge der kalten/ zaͤhen
und
[160]Erſter Theil
und ſchleimichten Feuchtigkeiten/ wie auß
derſelben Haͤrte/ weiſſen Farbe/ boͤſen
Schmertzen und Widerfpaͤnſtigkeit der
Aquapend.
Cur.
Cur/ leichtlich abzunehmen. In heilung
ſolcher Beulen/ haben die zuruͤcktreibende
und zertheilende Artzeneyen keinen Platz/
man purgieret nicht/ auch laͤſſet man nicht
zur Ader/ ſondern man befodert mit allem
fleiß die Zeitigung/ und wird hernach an
dem erhabenſten Ort/ und zwar uͤber zwerg
geoͤffnet/ mit einem Meiſſel lange Zeit offen
gehalten: doch ſoll man in oͤffnung das Ei-
ſen nicht zu tieff hinein drucken/ damit keine
groſſe Ader verletzet werde. Wann es nun
offen/ und eine Zeitlang gefloſſen/ ſo mag
man alsdann purgieren und Aderlaſſen;
Nach 30 oder mehr Tagen/ mag man die
Geſchwulſt/ nach dem ſie mit dem ☿ rio
præcipitato
gereiniget/ mit Fleiſch erfuͤllen
und heilen. Iſt er aber ſeiner Art nach/
hartnaͤckig und boͤß-artig/ ſo gebraucht man
nebenſt den anziehenden Mitteln/ die Ven-
toſen/ mit ſcarificieren; wil es ſich noch
nicht beſſern/ ſo begint gemeiniglich das
gantze Gebluͤth angeſteckt zu werden/ und
alsdann muß man zu einer allgemeinen
Frantzoſen Cur ſchreiten.


62. Was ſind Peſtilentziſche
Schlier und Beulen?


Es
[161]von Geſchwuͤlſten.

Es iſt eine Geſchwulſt von Anfang lang-Paræus.
lecht/ und hin und her beweglich/ nach-
mals aber/ hoch und unbeweglich/ in den
Truͤſen eingewurtzelt/ als in denen hinter
den Ohren/ wann ſich das Hirn von der
gifftigen und Peſtilentziſchen Matery entle-
diget: Unter den Armen/ wann ſie auß
dem Hertzen getrieben; und zum dritten/
neben dem Gemaͤchte/ wann es auß der Le-
ber kompt. Sie haben eine dicke und zaͤhe
Matery/ anfaͤnglich wann ſie noch im zu-
nehmen ſind/ haben ſie eine ſtechenden
Schmertz bey ſich/ da ſich dann die MateryKeñzeichen.
bald/ hernach zuſammen ziehet/ ſich allge-
mach erhebet und entzuͤndet/ welches dann
ein gutt Zeichen iſt: wann ſie aber bleich/
und bleyfaͤrbig/ ſind ſie boͤß und toͤdlich/
wie auch dieſelben/ welche mit groſſem Un-
geſtuͤm groß werden/ und in der eil zuneh-
men. Dieſen nun zubegegnen/ muß manCur.
ſo bald ſie ſich erzeigen/ eine Ventoſe mit
groſſer Flammen auffſetzen/ ſelbige eine
Viertelſtunde ſtehen laſſen/ in drey ſtunden
ſolches wiederholen/ und ein Cataplasma
von gebratenen Zwifeln/ in welchen The-
riack und Rau tenblaͤtter gefuͤllt geweſen/
mit Sawerteich und Schweinen-ſchmaltz
zerſtoſſen/ warm uͤberlegen/ oder eine Ca-
taplaſma
von Ibiſchwurtz/ Lilgen/ Fœn:
Grac.
Leinſaamen/ Senff/ Feigen und
LSchwei-
[162]Erſter Theil
Mit der oͤff-
nung muß
man eylen.
Schweinen-Schmaltz. Man darff mit
der oͤffnung biß zu volliger vereyterung nicht
warten/ ſondern ehe ſie noch zeitig/ oͤffnen/
aber gleichwol mit den Zeitigungs-Mitteln
fortfahren/ ſie auch lang offen halten/ biß
alle boͤſe und gifftige Materie herauß.
Wann die Beulen ſcheinen/ als wolten ſie
wieder in den Leib gehen/ ſoll man dieſelben
hin und wieder mit Laßeiſen/ auch woll ziem-
lich tieff oͤffnen/ Ventoſen darauff ſetzen/
und mit an ſich ziehenden Mitteln/ wieder
herauß bringen/ auch woll gar ein Breney-
ſen auffſetzen/ und unterdeſſen ein veſicato-
rium
unterhalb der Beulen ſetzen/ damit
das Gifft ſeinen Außgang habe/ biß die
Ruffen von brennen herab faͤllt. Wann
aber vermercket wird/ als ſolte durch ſtar-
cken Zufluß boͤſer Feuchtigkeiten dem Glied
eine Erſterbung zufallen/ ſoll man umb die
Beule herumb zuruͤcktreibende Sachen/ als
Saͤffte von Haußwurtz/ Sawerampff/
und Nachtſchatten gebrauchen.


63. Was iſt der Unterſcheid
zwiſchen einem Schlier
und Apoſtem?


Ein Schlier haͤlt ſich nur in den druͤſich-
ten oͤrtern/ ein Apoſtem aber in andern
fleiſchichten Theilen auff: Es iſt auch in
den Schlieren vorher ein ſtechender
Schmertz/
[163]von Geſchwuͤlſten.
Schmertz/ gleich als in den verhaͤrteten und
ſpannenden Nerven/ welches in den Apo-
ſtemen nicht iſt/ ſo ſind ſie auch rund und
hart/ und liegen tieff in der Haut/ welches
gleichfals in den Apoſtemen ſich nicht findet.


64. Was iſt eine Kohl oder
Carfunckel?


Es iſt eine brennende Geſchwulſt/ mitGalenus. de
different:
morb: cap.
1. lib. 2.

Urſprung.

einer ſchwartzen Ruffen/ iſt eine vermiſchte
Kranckheit/ welche auß einem Geſchwaͤr
oder Apoſtem entſtehet/ hat ihren Urſprung
auß einem hitzigen Gebluͤth/ in dem das ſub-
tileſte in die gelbe Gall/ das dicke aber in die
ſchwartze (gleich wie in den Kohlen/ car-
bonibus,
geſchiehet) verwandelt wird. Es
wird aber das Gebluͤth entweder vor ſich al-
lein/ oder mit andern eingemiſchten Feuch-
tigkeiten verbraͤnd/ dannenhero die Car-
bunckel unterſchieden/ in dem etzliche eine
ſchwartz und aſchenfarbige coleur/ und ei-
nen Ruffen auffſich haben/ etzliche haben
viel Blaͤtterlein/ als wann ſie vom Feuer
verbrand weren/ unter den Blaͤßlein aber/
verhaͤlt ſich ein Geſchwaͤr. Es ſind aberAquapen-
dens

Unterſchtib.

zweyerley Carfunckel/ einerley hat keine ma-
ligni
taͤt bey ſich/ die ander Art iſt/ Peſtilen-
tziſch. Die nicht Peſtilentziſche/ wird erkant/
wann es ein ruffenmaͤſſiges Geſchwaͤr iſt/
welches zu zeiten Aſchenfarbig/ zu zeiten
L ijſchwartz
[164]Erſter Theil
ſchwartz iſt/ wann wegen der Hitze ein Fie-
ber dabey/ wann ein ſtarcker Schmertz/
Schlaff und Schauder verhanden/ und
wann die Carfunckel heraußbricht/ ein jucken
Cur des
nicht Peſti-
lentziſchen
Carfunckels.
folget und im kratzen außblaͤttert. Die
nicht Peſtilentziſch ſey/ ſoll man auff ſolche
weiſe curiren/ man ſoll/ wo ſonſten nichts
hinderlich/ eine ſtarcke Aderlaß biß zur Ohn-
macht thun/ wo nicht/ mag man purgie-
rende Mittel geben/ zugleich auch mit kuͤh-
lenden Syrupen zu huͤlffe kommen. Was
aͤuſſerlich anlanget/ ſoll man nicht leicht zu-
ruͤcktreibende Sachen gebrauchen/ ſondern
vielmehr relaxirende und nachlaſſende/ als
welche die Brunſt maͤßigen/ dann die an
ſich ziehende hie keine ſtatt finden/ ſondern
ein cataplaſma brauchen von Wegbreit/
Brodt und Milch/ oder von Leinſaamen/
Lilienwurtz/ Feigen und S. Johannis Oel/
hernach das Geſchwaͤr ſcarificiren und
ſchneiden/ wo es der Patient nicht fuͤrchtet/
ein gluͤend Eiſen auffſetzen/ die Eſcharam
oder Ruffen abloͤſen/ und nach Anleitung
Cur der Pe-
ſtilentziſchen
Kohl.
der Kunſt/ reinigen und heilen. In den Peſti-
lentziſchen aber/ ſoll man nicht leicht Ader
laſſen/ ſondern Antidota mit aq. ſcordij und
ſyr. citri eingeben/ den Ort mit trochiſc. d.
viper. theriac, mithridat
verbinden/ welche
dem Gifft widerſtehen; Paræus ruͤhmet den
Rettig/ ſcheuffelein weiß geſchnitten und
uͤber-
[165]von Geſchwuͤlſten.
uͤberlegt. Siehe hievon ein mehres im Drit-
ten Theil/ in der 77. Frage.


65. Was iſt ein Vorgang oder
Außfall der Mutter Proci-
dentia Uteri,
und wie iſt ſol-
chem zu begegnen?


In Eroͤrterung dieſer Frage/ ſolte einer/
ſo zu ſagen/ in ein labirinth gerathen/ wo-
fern man dem Faden Ariadnæ des itzigen
ſecult nicht ergreiffen ſolte. Denen hoch-
begabten Maͤnnern aber/ zu widerſprechen/
ſcheinet faſt unverantwortlich zu ſeyn. Dañ
Actius lib. 16. de re medica cap. 78. meldet/
daß die Gebaͤhr-Mutter in groͤſſe eines
Strauß Eyes außfallen kan. Felix Plate-
rus
haͤlt gleichfals davor/ daß die Gebaͤhr-
Mutter nicht allein außfallen koͤnne/ ſon-
dern ſetzet auch die Urſach dazu/ daß ſolches
geſchehe/ von ſtarckem ruffen/ Stulgang/
von fallen/ vom unmanierlichem Beyſchlaff/
ja von Kinder gebaͤhren.


Aquapendens in operationibus chirurgicis
cap:
86. iſt gleicher Meinung daß die Ge-
baͤhr-Mutter außfallen koͤnne.


Paulus Ægineta de art: med: lib: 3. cap:
72. bringt zum Vorſchein/ daß eine Frau wol
lebenkan/ ob Ihr ſchon die Gebaͤhr-Mut-
ter außgeſchnitten worden.


Du. Laureus, Theophraſtus Paracelſus
L iijJacob:
[166]Erſter Theil
Jacob: Berengar: Carpus, nebenſt Ihm Lan-
gius, Mercurialis
und Ludovic: Durerus,
haben ohne eintzige Furcht/ und den Frauen
dadurch das Leben zu friſten/ die Gebaͤhr-
Mutter weggenommen.


Der Koͤnigliche Fernelius darff verzeh-
len/ daß Er geſehen/ daß einer ſchwangeren
Frauen/ die Gebaͤhr-Mutter/ mit ſampt der
Frucht/ ohne eintzige Gefahr des Lebens/
ſey abgeſchnitten worden/ da doch dieſer vor-
treffliche Mann/ in ſeiner Anatomia cap: 7.
ſelbſt bekennet/ wie ſo faͤſt die Gebaͤhr-Mut-
ter der Blaaſen/ dem Schaambein/ dem
Maſtdarm und dem Peritonæo anhangen.


Avenzoar, Anton: Beniv: [Vierus], Zac:
Luſitanus, Felix Platerus
und andere mehr/
melden/ daß ſie nicht allein die verfaulte
Gebaͤhr-Mutter abgeſchnitten/ ſondern die
Frauen ſind lang geſund geblieben/ und ha-
ben auch Kinder gezeuget.


Paræus, Franciſcus Rouſet: in tract: de
partu Cæſareo,
wie auch Hildanus cent: 4. ob-
ſerv:
60. 61. ſind eben der Meinung/ daß
die Gebaͤhr-Mutter außfallen koͤnne/ wie
auch Thomas Bartholin: in anatom: reform:
pag:
164 wie wol derſelbe in ſeinen obſerva-
tionibus anatom: Cent:
2. cap.
91. und cent:
1. Hiſt.
97. erzehlet/ daß zugleich mit der
Nachgeburth die Gebaͤhr-Mutter durch ei-
ne Hebamme unvorſichtig zwar ſey herauß
gezo-
[167]von Geſchwuͤlſten.
gezogen/ aber der Gebaͤhrenden den Todt
verurſachet.


Dem allen ungeachtet/ ſo gieb nicht al-
lein die fleißige Betrachtung in der Anato-
mia
an den Tag/ daß ſolche Außfaͤlle der
Gebaͤhr-Mutter/ und noch vielmehr die
Außſchneidung derſelben/ ohn gefahr/ un-
muͤglich ſey/ ſondern es giebt auch die Au-
topſia
eines vortrefflichen Hollaͤndiſchen
Chirurgi, Jacobi van Meeckren, mit unter-
ſchiedlichen Exempeln an den Tag/ daß die
Gebaͤhr-Mutter nicht außfallen koͤnne/
ſondern daſſelbige/ was dafuͤr gehalten
werden wil/ nur eine Außweichung und
dilatatio vaginæ ſeyn; wie auß bald nach-
folgender Cur zuſehen ſeyn wird. Dann
was erſtlich die Anatomiam der Gebaͤhr-
Mutter betrifft/ ſo iſt bekandt/ daß dieſelbe
mit vielen Baͤndern begabet/ nemblich/ mit
Arterien/ Adern/ Ligamenten, Hautlein/
Saamen-Gefaͤſſen/ und dergleichen/ und
durch ſelbige der Blaas/ dem Maſtdarm/
dem Peritonæo, dem oſſe ſacro faͤſt anhanget/
auch alſo/ daß man ſolche vaſa mit einem
ſcharff ſchneidenden Meſſer kaum entzwey
ſchneiden kan/ zu geſchweigen/ was ſie
durch die Adern/ Arterien und Nerven/
fuͤr Verwandſchafft mit dem Hirn/ Hertz
und Leber haben/ wie die Kranckheiten der
Mutter gnugſam bezeugen. Es bezeuget
L iiijThom:
[168]Erſter Theil
Thom: Bartholinus Cent: 2. cap. 58. in ob-
ſerv. anat:
daß eine Frau zu Padua zehn
Jahr an einer ſolchen vermeindten Außwei-
chung der Gebaͤhr-Mutter ſey geplagt ge-
weſen/ wie auch der damahlige Hoſpithal-
Chirurgus ſolches ſtarck davor gehalten/ al-
lein D. Marchettus hielte das Widerſpiel;
Wie dann auch der Außgang ſolches geleh-
ret/ in dem man nach ihren Tode den Coͤr-
per geoͤffnet/ und die Gebaͤhr-Mutter an
ihrem ordentlichen Ort/ wohlgeſtalt gefun-
den/ und einen Außwachs oder Außdeh-
nung oder Bruch der vaginæuteri welches
alſo außgehangen/ vermuthlich auß ſchwe-
rer Arbeit; Wie hiervon beym obgedach-
ten beruͤmbten Ambſterdammiſchen Chi-
rurgo
unterſchiedliche Beweißthuͤmer und
Exempel verhanden/ in ſeinen obſervatio-
nibus
an der Zahl die 51. in Hollaͤndiſcher
Sprach neulich auß gegangen/ zu finden.


Cur durch
Artzeneyen.

Die Cur anlangend/ ſo hat Fabrit: Hil-
dan: cent:
4. obſerv:
60. 61. 62. dieſelbe un-
terſchiedlich verrichtet. Als da eine Pati-
entin nach der Geburt einen ſolchen Zufall
bekommen/ und zwey Monath lang damit
geplaget worden/ auch die Kraͤffte ſehr ab-
genommen/ hat Er dieſelbe mit Confect: Al-
kermes
und Zimmet-Waſſer erquicket/ und
mit Roſen-Oel die Hufft und Lenden/ den
Unterbauch und umbliegende Oerter geſal-
bet/
[169]von Geſchwuͤlſten.
bet/ nachmahls eine linde Purgation bey-
gebracht/ welche ſo woll als die Hertzſtaͤr-
ckung offtermahls wiederholet worden/
endlich dem leidenden Theil/ ſo woll mit
Schmertzen-ſtillenden/ als an ſich ziehen-
den Mitteln zu huͤlffe gekommen/ wodurch
die Patientin geneſen. Selbiger Autor
hat auch eine andere Art/ in dem er einer
Patientin/ welche in etzlichen Jahren nicht
hat koͤnnen zu recht gebracht werden/ hat
Kuͤgelein von Pantoffel-Holtz machen laſ-
ſen/ in der groͤſſe eines groſſen Huͤner-Eyes/
auch dergleichen Circkelrund/ und dieſelbe
in ein geſchmoltzen Wachs Pflaſter ſo lange
eingetunckt/ biß alle Loͤchlein im Pantoffel-
Holtz damit angefuͤllet ſeyn/ das Pflaſter
aber wird gemacht/ von Wachs/ Colophon,
Gum: elemi, terbint,
rothe Roſen/ Heydel-
beer/ Granat-Bluͤht/ Wallwurtz/ Ma-
ſtix und Weyrauch; Es muͤſſen aber die
Kuͤglein nach Proportion des Gliedes ge-
macht ſeyn/ dann ſonſten kan die Außwei-
chung/ wann die Kugel zu klein/ nicht dar-
in behalten werden: Es muß auch die Ku-
gel einen ſtarcken Fadem haben/ damit man
im Fall der Noth dieſelbe herauß ziehen koͤn-
ne. Die dritte Art ſolcher Heilung hat
Hildanus verrichtet/ in dem er einer Frauen
eine linde Purgation geordnet/ und des
Tages 3. oder 4. mahl ein Saͤcklein warm
L vauff-
[170]Erſter Theil
auff legen/ und bey ſich tragen laſſen/ ge-
macht/ von Wegbreit/ Weidenblaͤtter/
Meſpelen/ Eychen-Laub/ Schlehen rothen
Roſen/ Tormentil-Wurtz/ Wallwurtz/
Granathbluͤth/ Cupreſſen-Nuͤß und
Anieß/ alles groͤblich zerſtoſſen und zer-
ſchnitten. Und wie wol unterſchiedliche
damit ſind curiret worden/ ſo geſtehet Er
doch gerne/ daß obgedachte/ auch noch viel
koͤſtlichere Artzeney-Mittel vergebens ge-
braucht worden. Weswegen dann/ ſo
fern die Patientin einſtimmig/ die Cur
durch den Schnitt kan vorgenommen wer-
den/ und ſonderlich/ wann das außhan-
gende kroͤßliche Fleiſch etwan angekommen/
ſtinckend oder ſchwer/ wie offt geſchicht/ ſo
ſoll man die Cur nach Anleitung Jacobi van
Meeckren
alſo anſtellen.


Man ſoll die Patientin mit einem brei-
ten Bande den Unterbauch faͤſt binden/ die-
ſelbe auf ein Tafel legen/ uñ mit einem ſchma-
len Baͤndchen/ den Hals des anhangenden
Weſens/ ſo hoch und faͤſt man kan/ zu-
ſchnuͤren/ wann ſolches geſchehen/ ſo ziehe
mit der lincken Hand/ das Außhaͤngende
zu dir/ und ſchneide mit der rechten Hand/
durch ein krummes Meſſerlein/ unterhalb
dem Bande/ den Hals des außhangenden
Weſens ab/ lege auff die Wunde ein Blut-
ſtillungs-Pulver/ mit Eyerweiß/ auff
Hanff-
[171]von Geſchwuͤlſten.
Hanffheide geſtrichen/ und ſchiebe auff daſ-
ſelbe in den Leib ein duppeltes Tuch/ gegen
das Baͤndchen/ welches lang herauß hen-
gend bleiben ſoll/ biß es ſelbſt abfaulet. Des
anderen Tages/ ſoll man ein Spruͤtz-Waſ-
ſer beybringen/ gemacht von fol: malv, ver-
baſci, alchimil, plantag, roſar, ſem: lini,
maſtic, oliban,
in Waſſer gekocht/ uñ mel ro-
ſarum
darzu gethan. Und nach dem man ei-
ne linde Reinigung etzliche Tage gebrauchet/
ſoll man umb mehr zu reinigen und zu truck-
nen brauchen: rad: conſolid, rut, ſcord, hy-
ſop, arthemis, abſint: roſa,
in Frantzwein/ zu
einem Spruͤtzwaſſer gekocht und hinzu thun
liqvor: ægypt, mell: roſar: und ungv. d: ſucc:
apij.
Hiermit ſoll man eintzige Tage ver-
fahren/ und ſo bald man mercket/ daß der
Eyter weiß und ſich mindert/ ſoll man zu
der letzteren Einſpruͤtzung hinzu thun: tut:
ppt. lap: calaminar, ſief: alb: Rhaſis,
bals: ſulph:
wodurch die Hei-
lung bald folgen
wird.


ENDE des Erſten Theils
von Geſchwuͤlſten.



An-
[[172]][[173]]

Ander Theil
der
Mund-Artzeney.
von den Wunden.


[[174]][175]

1. Was iſt eine Wunde?


DIe Wunde iſt eine friſche und bluti-
ge Zertrennung deſſen/ ſo natuͤrlicher
Weiſe an einander gehoͤret/ welches
durch einen Stich/ Streich/ Fall/ oder Biß
verurſachet worden.


2. Wie vielerley Art und Unter-
ſcheid ſind die Wunden?


Der Unterſcheid der Wunden wird außAquapen-
dens.

vier Beſchaffenheiten genommen/ als 1. auß
dem beſchaͤdigten Theil/ als da ſind die
Wunden der Nerven/ die Fleiſch-Wun-
den/ die Wunden der Adern/ Ligamenten/
die Wunden der Bruſt/ des Haupts/ Hertz/
Leber/ Lunge und dergleichen. 2. Auß der
Natur und Eigenſchafft der Wunden; als
der Figur nach/ werden etzliche genennet/
lange/ uͤberzwerge/ ſchlims und dergleichen;
Der groͤſſe nach/ als kleine/ groſſe/ lange/
kurtze Wunden; oder der Gleiche oder Un-
gleichheit nach/ als: ebene und unebene/
gantz offene und halb offene/ theils unter der
Haut verborgene. 3. Auß den unnatuͤrli-
chen Dingen/ als da ſind/ die Zufaͤll/ der
heiſſe
[176]Ander Theil
heiſſe und kalte Brand/ die Inflammation,
wie auch die Kugel/ Pfeil und ſpitzige Sa-
chen/ die in den Wunden verbleiben/ wie
auch eine ſchmertzhafft oder nicht ſchmertz-
haffte Wunde. 4. Von der Zeit/ denn
man nennet es eine friſche Wunde oder al-
ten Schaden.


3. Was ſeyn die Urſachen der
Wunden ins gemein?


Die Urſachen der Wunden/ ſind alle die
jenigen Werckzeuge/ welche geſchickt ſeyn/
das gantze zu entgaͤntzen/ und geſchicht ſol-
ches durch ſtechen/ hauen/ ſchneiden/ reiſſen/
zerſtoſſen/ und außfreſſen/ Item, durch Biß
und Stich der Thiere.


4. Wie viel ſind Zufaͤll der
Wunden ins gemein?


Deren ſind unterſchiedlich; als Kaͤlte/
Froſt/ Hitze/ Geſchwulſt/ Krampf/ Fieber/
Gichtbruch/ Schlag/ Schwindel/ Ohn-
macht ꝛc.


5. Welche Wunden ſind groß
zu achten?


1. Die Wunden des Hertzens/ des Hirns/
und der groſſen Gefaͤß/ wegen ihrer Wuͤrd
und dignitaͤt. Zum 2. die Wunden von
welcher die Subſtantz des verletztens Glie-
des/ in die Tieffe/ Laͤnge/ und Breite etwas
weg-
[177]von den Wunden.
wegkommen und verlohren. Zum 3. die/
ſo einer boͤſen art und malignitaͤt ſind/ als
die Wunden der Gelencke und Gewerbe/
welche gemeiniglich boͤſer art ſeyn.


6. Welche Wunden ſind ge-
faͤhrlich zu halten?


Die ſind ins gemein gefaͤhrlich/ in wel-
chen etwa ein groß und vornehmes Gefaͤß
oder Nerve verletzet wird/ denn von wegen
der Nerven/ hat man den Krampff/ auß
den Adern und dero Verblutung den Ab-
gang der Kraͤffte zu beſorgen; Es werden
auch gefaͤhrlich gehalten/ die Wunden un-
ten und ober der Achſel/ neben der Schaam
und Huͤffte/ Gewerb und Gelenck/ zwiſchen
den Fingern gleichfals/ weil an ſelbigen Or-
ten die Gefaͤße liegen.


7. Welche Wunden ſind nicht
gefaͤhrlich?


Dieſelbe/ welche einen Fleiſchichten Ort
angetroffen/ und welche nach der laͤnge der
Muſculen gehen.


8. Welche Wunden ſind aller-
dinges toͤdlich?


Die Wunden der Harnblaſen/ des
Hirns/ des Hertzens/ der Leber/ der Lungen/
des Magens/ Miltzes und duͤnnen Darms/
Mund
[178]Ander Theil
und ſonderlich/ wann ſie recht mitten durch/
und ihre groſſe Gefaͤß verlaͤtzet worden.
Sonſten hat man viel Exempel/ daß ſolche
Verwundete auch geneſen: Hievon hat
D. Gottfried Welſch/ ein vortrefliches
Tractaͤtlein/ Rationale jndicium de Letha-
litate vulnerum
geſchrieben; Item D. Nico-
laus Pfitzerus,
welche einem Chirurgo hoch-
noͤtig zu leſen.


9. Warumb ſterben etzliche an
kleinen Wunden/ etzliche
aber hergegen geneſen/ aus
groſſen und gefaͤhrlichen?


Solches geſchicht/ offtmahls wegen Un-
terſcheid der Naturen/ wie auch wegen einer
verborgenen Malignitaͤt und boͤſen zuſtand/
entweder der ſelbſt verletzten/ oder aber der
nechſt herumb liegenden Glieder.


10. Warumb ſind die geſtoſſe-
nen Wunden ſchwaͤrer zu
heilen?


Weil vor der Heilung eine Erſchwaͤrung
und Vereyterung vorher gehen muß/ und
je groͤſſer nun die Zerſtoſſung/ je laͤnger Zeit
muß man haben zur Vereyterung und Rei-
nigung/ und weil durch die Zerſtoſſung et-
was von der Subſtantz verlohren wird/
muß
[179]von den Wunden.
muß ſolches durch das Fleiſch-zielen erſetzet
werden.


11. Warumb ſind die runden
Wunden ſchwaͤrlich zu
heilen?


Die Zuſammenheilung der Wunden
geſchicht am allerbeſten durch Zuſammen-
fuͤgung der Winckel und Ecken/ nun man-
geln die runden Wunden derſelben; auch
werden die Wunden allezeit fuͤr groͤſſer ge-
halten/ je weiter ihre Lefftzen und Ende von
einander ſind/ welches dann in den runden
ſich begiebet.


12. Warumb ſind die Wunden
der Schwindſuͤchtigen und
fluͤßichten Leuthen ſchwaͤ-
rer zu heilen?


Weil vorhin die leblichen Geiſter und
angebohrne Waͤrmbde viel ſchwaͤcher als
in den geſunden/ und alſo der natuͤrliche
Balſam/ welcher in Heilung der Wun-
den noͤthig/ mangelt.


13. Warumb ſind die Wunden
an den alten Leuthen ſchwaͤr-
licher zu heilen/ als an den
Jungen?


M ijWeil
[180]Ander Theil

Weil eben/ wie vor geſagt/ in ihnen der
natuͤrliche Balſam ſchwaͤcher/ hergegen in
den jungen das Fett und Gebluͤth/ ſtaͤrcker/
haͤuffiger und kraͤftiger iſt.


14. Werden die Wunden der
Nerven/ Blut- und Lufft-
Adern/ wie auch der Kno-
chen durch eine ſchlechte
Zuſam̃en-wachſung oder
Vereinbarung ihrer ſelbſt
eignen Subſtantz geheilet?


Nein: denn ob ſie ſchon bißweilen gehei-
let werden/ geſchiehet ſolches nicht auß ihrer
ſelbſt eigenen Subſtantz/ wie in den Flei-
ſchichten Gliedern/ ſondern durch Mittel
einer andern faſt gleichformigen: Denn in
denen Theilen/ des Leibes/ welche auß
dem Saamen/ und nicht auß dem Gebluͤth
entſtehen/ ſtellet die ſorgfaͤltige Natur an
deſſen Statt was verlohren worden/ ein an-
ders dergleichen/ dann daſſelbige/ was an
Statt des gebrochnen Beins waͤchſt/ iſt
kein Bein ſondern eine harte Schwuͤlle
oder Callus, und alſo auch in den anderen
Theilen.


15. Wie iſt mit einer einfachen
Wunde zu verfahren?


Es
[181]von den Wunden.

Es kan zwaꝛ eine einfache Wunde odeꝛ dasAquapen-
dens.

Fleiſch nicht verwundet werden/ es ſey dann
daß auch zugleich Adern/ Nerven/ auch
woll Arterien mit getroffen werden/ doch
nennet man dieſes eine einfache Wunde/
welche keine groſſe Verblutung/ noch groſ-
ſen Schmertzen bey ſich hat; Nach demHeilung ein-
facher Wun-
den.

das Blut geſtillet/ muß man die Wunde
etzliche Tag mit einem degeſtiv digeriren und
zur Erſchwaͤrung bringen/ nachmahls mit
einer Renigung mundificieren/ wann ſol-
ches geſchehen/ ſoll man Fleiſchziehlende/
und endlich Hautſchliſſende Mittel ge-
brauchen.


16. Wie iſt eine Tieffe Wun-
de/ da gleichwol keine Sub-
ſtantz verlohren iſt/ zu curie-
ren?


In ſolchen iſt nicht gnugſam/ daß man
die Lefftzen aneinander fuͤge/ ſondern man
muß/ nach dem ſie zuſammen gefuͤget ſeyn/
am niedrigſten Ort/ die Wunde mit einem
Meiſſel offen halten/ damit die Materie
auß dem Grunde herauß flieſſe/ zu dem muß
man auch mit den Meißlen erſtlich die ver-
eyterende/ hernach die reinigende/ und end-
lich die Fleiſchmachende Artzeneyen bey brin-
gen/ und alſo heilen.


M iij17. Wie
[182]Ander Theil

17. Wie iſt eine hole Wunde/
da Verluſt der Subſtantz
iſt/ zu curieren?


Aquapen-
dens.

In dergleichen Wunden/ ſoll man auff
den gantzen Leib ſehen/ und alſo bald das
Blut ſtillen; Damit aber keine Inflamma-
tion
dazu komm/ ſoll man den Patienten
eine gute Diaͤt fuͤrſchreiben/ kuͤhlende Spei-
ſen ordnen/ den Wein verbiethen/ und ſich
vom Zorn und Beyſchlaff enthalten/ die
Lufft ſoll kuͤhl ſeyn/ den Leib ſoll man offen
halten/ mit linden Purgationen/ die Hu-
mores,
welche in dem Leib auffruͤhrig ge-
macht worden/ ſoll man durch Revulſoria
wehren/ damit ſie nicht zum beſchaͤdigten
Theil flieſſen/ welches geſchehenkan/ durch
Purgieren/ Aderlaß/ Ventoſen/ reiben/
binden und dergleichen/ ſo dann auch durch
repellentia helffen/ welche dann kalt und
trucken ſind/ als die Defenſiva, welche ober-
halb dem Schaden geleget werden/ von
welchen bey der Phlegmone iſt gedacht wor-
den; Wann ſolches geſchehen/ ſo ſoll man
die Wunde mit einem digeſtiv, gemacht
von terebint, vitell: ovorum, thure und
im Winter ein wenig Crocus darin gethan/
verbinden/ nachmahls reinigen/ mit melle
roſarum, farin: fabar, \& hordij,
gemacht/
oder mit dem ungv: de ſucco apij Hildani,
als-
[183]von den Wunden.
alsdann Fleiſchmachende Sachen gebrau-
chen/ von tutia ppt., aloes, thure, rad: ire-
os, ungv: Iſidis, Apoſtolorum, Baſilicon: \&c.

uͤber den Schaden anfaͤnglich das Empl:
Baſilicon:
letzlichen/ das Diapalma uͤber-
legen.


18. Wie viel Stuͤck find zu der
Zuſammenfuͤgung oder Hei-
lung ver Wunden vonnoͤ-
then?


Fuͤnff. Daß man zum 1. alles das Je-Paræus.
nige/ ſo beydes umb und in den Wunden/
wider die Natur gefunden wird/ herauß
nehme und abſchaffe. 2. Die Lefftzen der
Wunden zuſammen fuͤge. 3. Die zuſam-
men gefuͤgte Lefftzen bey einander behalte.
4. Die Complexion des verletzten Gliedes
erhalte. 5. Die Zufaͤlle/ ſo etzliche entſtan-
den/ verbeſſere.


19. In welchen Wunden ſoll
man nicht alſobald das Je-
nige hinweg nehmen/ was
ſich wider die Natur da-
rinnen finden laͤſt?


Solches ſoll geſchehen/ wann man ſich
etwan auß der geſchwinden Außreutung/
dieſer vorgeſagten Dinge einen groſſen
M iiijSchmer-
[184]Ander Theil
Schmertzen und Verblutung zu beſorgen
hat/ und iſt alsdann viel beſſer/ daß man
ſolches der Natur befehle; Wo fern aber
auß Unterlaſſung der Dinge/ eine groſſe
Gefahr zu beſorgen/ ſoll der Wund-Artzt
Nohthalben eylen/ doch ſo ſanfft und ſicher
es immer ſeyn kan/ verfahren.


20. Warumb ſoll man die lang-
ſahme Verblutung in den
Wunden mehr befoderen?


Solches geſchicht in den blutreichen/ da-
mit das Glied des uͤbrigen Gebluͤths entle-
diget/ und von der Sorge der Entzuͤndung
befreyet werde.


21. Auff wie vielerley Weiſe
mag das Blut geſtillet
werden?


Blutſtillung
mancherley.

Auff fuͤnfferley Weiſe. 1. durch ein- und
zuſammenziehende Artzeneyen/ welche ge-
macht werden/ von Terra ſigillata, bolo ar-
meni, maſtici, myrrha, olibano, aloe. farin:
volatili,
mit Eyerweiß angemacht/ und
mit Hanff-Puͤſchlein uͤbergelegt. 2. durch
Zuſammenhaltung der Wunden/ wann
man alles das jenige/ was auff der Wun-
den liegt/ hinweg thut/ und mit dem Dau-
men ſo lang zuhaͤlt/ biß das Blut geſtehet/
und
[185]von den Wunden.
und dick wird. 3. durch zubinden der Ge-
faͤſſe/ wann man mit einer Nadel die Ader
oder Arterie unterſticht ein Stuͤcklein Fleiſch
mit faſſet/ und alſo zuſtricket. 4. durch
brennende Artzeneyen/ oder gluͤende Eiſen/
5. durch Abſchneidung der Gefaͤſſe/ damit
die abgeſchnittene Ende ins Fleiſch weichen/
und dieſes iſt das letzte Mittel.


22. In wie viel Wege gehet
das Gebluͤth?


In zweyerley/ als Erſtlich auß den Pulß-
Adern/ welches ſubtiler und gleichſam dan-
tzend herauß ſpringt; Zum andern/ auß
den Blut-Adern/ welches/ ſchwartzer/ und
im Außrinnen langſamer iſt.


23. Soll man Einem/ der ge-
hauen worden/ laͤnger blu-
ten laſſen/ oder ihm das
Blut alſobald ſtillen?


Solches muß mit Unterſcheid geſchehen/
dann iſt der Menſch Blutreich und zornig/
ſo iſts beſſer/ daß man im Anfang das Ge-
bluͤth ein wenig lauffen laſſe/ und darff man
alsdann keine Aderlaſſen; Iſt aber der
Menſch vorhin ſchwach/ ſoll man Ihm
das Blut alſobald ſtillen/ ſintemahl das
Gebluͤth ein Schatz der Natur.


M v24. Wel-
[186]Ander Theil

24. Welche Wunden werden
allein durch das Gebaͤnd
geheilet?


Die ſchlechte und geringe Wunden/ wel-
che nicht biß auff eine Merckliche Nerve oder
Sehnen gehen/ haben mit den ſchlechten
und einigen Baͤnden genug/ fuͤrnehmlich/
wann ſie in die Arme und Schenckel ge-
rathen.


25. Welche Wunden haben
nechſt dem Gebaͤnd auch der
Hefftung von noͤthen?


Alle groſſe Wunden/ fuͤrnehmlich aber
die jenigen Glieder/ in welchen man wegen
ihrer Figur und Orts keine Gebaͤnde haben
noch gebrauchen kan/ als da ſind: die Oh-
ren/ Naſe/ Augenlieder/ Lefftzen/ Kehle/
Bauch/ ꝛc. Zu dem haben auch der Heff-
tung noͤthig/ die nach der Schlimme zer-
hauene Muſculen; Wie auch/ wañ ein ſtuͤck
Fleiſch an der Wunden gantz und gar her-
ab hanget/ muß ſolches gleichfals gehefftet
werden/ damit die Lefftzen/ welche von ein-
ander waren/ wiederumb zuſammen ver-
einbahret und zuſammen gezogen werden.


26. Sind dann nicht in allen
Wun-
[187]von den Wunden.
Wunden Heffte zugebrau-
chen?


Nein: Dann wann die Wunden laͤngſt
den Schienbeinen oder Armen/ koͤnnen ſie
woll des Hefftens entrathen/ wann ſie aber
nach der Schlimme und uͤberzwerg (dann
die Fibren ziehen ſich/ wann ſie uͤberzwerg
geſchnitten/ zuruͤck) kan man ihnen woll
mit den Hefften zu huͤlffe kommen.


27. In welchen Wunden iſt
das Aderlaß noͤthig?


In allen groſſen Wunden/ in welchen
etwa ein Zufluß/ Schmertz/ Aberwitz und
Unruhe zu beſorgen iſt/ allermeiſt in den vol-
ligen Patienten. Item, in den Wunden
der Gleiche/ Haarwachs oder Nerven/ iſt
ſie ſehr noͤthig.


28. In welchen Wund en iſt das
Purgieren noͤthig?


Wie woll Gvido das Purgieren in den
Verwundungen gantz verwirfft/ dann er
ſagt/ ſie ſind ins gemein hitzig/ erregen ei-
nen Zufluß/ und machen die Wunden zu
Apoſtemen und Geſchwaͤren/ ſo kan man
dennoch in denen unreinen/ der Purgan-
tien nicht entbaͤhren, ſollen aber lind und
kuͤhlend ſeyn/ als da ſind welche Cholagoga
genennet werden.


29. Wie
[188]Ander Theil

29. Wie vielerley Hefften ſind
uͤblich?


Fuͤnfferley
Hefften.

Fuͤnfferley. Die erſte iſt Interpunctus,
leſt allwege eines Fingers breit Raum und
Platz/ zwiſchen einer jeden Heffte/ geſchicht
mit einer Nadel und Fadem und Huͤlffe ei-
nes Roͤhrleins/ welches den Lefftzen entge-
gen geſetzet wird/ in dem ſie mit der Nadel
durchſtochen/ und der Fadem zuſammen ge-
bunden werden: Die andere Art iſt/ wann
die Lefftzen der Wunden mit einer Kuͤrſchner
Naat zuſammen gehefftet werden: Die
dritte Art/ wird durch eine oder mehr Na-
del verrichtet/ und leſt man die/ durch bey-
de Lefftzen hindurch geſchobene Nadel/ dar-
innen ſtecken/ und wickelt hernach den Fa-
dem uͤmb die Nadel/ auf die weiſe als wenn
man eine Nadel im Kleid verwahret/ wird
in den Haaſenſcharten gebrauchet. Vierd-
tens iſt Gaſtrozaphia in den groſſen Muſcu-
len des Unterbauchs und Peritonæi. Fuͤnff-
tens die Saͤlbhaͤffte genant/ im Angeſicht
zu gebrauchen.


30. Wie iſt die erſte Heffte zu-
thun?


Der erſte Punct oder Hefft ſoll in der
Mitten der Wunden geſchehen/ und da-
fern die Wunde lang/ ſoll die ander Heffte
in
[189]von den Wunden.
in gleicher weite von der Mittelſten/ und ſo
fort an/ geleget werden. Man ſoll auch
die Lefftzen der Wunden nicht allzuhart zu-
ſammen ziehen/ ſondern zwiſchen den Pun-
cten etwas offen laſſen/ nicht allein den Eyter
außzufuͤhren/ ſondern auch die Entzuͤndung
und Schmertzen zu verhuͤten.


31. Wie tieff ſoll man die Leff-
tzen in dem Hefften faſſen?


Wie wol man nicht leicht dieſe blutigeAquapen-
dens.

Hefftung vor die Hand nehmen ſoll/ nach
Anleitung Hieronymi Fabritii ab Aquapen-
dente,
ſondern vielmehr die/ welche durch
den Leim (glutinum) oder Saͤlbheffte ge-
nandt/ geſchiehet/ ſintemahl dieſelbe viel
ſicherer/ weniger ſchmertzhafft und grau-
ſam iſt/ ſo ſoll man/ wann man die Heff-
tung mit der Nadel brauchen muß/ ſich woll
vorſehen/ damit man weder zuviel noch zu
wenig faſſe/ ſintemahl das wenige nicht
halten kan/ daß zu viel gefaſte aber/ erwecket
nicht allein einen Schmertzen und Entzuͤn-
dung/ ſondern es wird auch die Wunde ſel-
ten/ ohne Hinterlaſſung einer unflaͤtigen
Narben/ zuſammen geheilet. Wo eine
ſtarcke Hefftung noͤthig/ als im Unterbauch/
ſoll man nebſt der Hefftung mit der Nadel/
auch die Salb-Heffte gebrauchen.


32. Iſt
[190]Ander Theil

32. Iſt es auch gut/ daß man
eine Wunde zuviel heffte
und drucke?


Solches iſt nicht allein nicht gut/ ſon-
dern hoch ſchaͤdlich/ und ſoll nach Celſi
Meinung eine Heffte von der anderen eines
Fingers breit von einander ſeyn/ es ſey dann
daß ein Nerv oder Haarwachs ſolches ver-
hindere/ alsdann muß man ſie weiter
ſetzen.


33. Auff wie vielerley weiſe lei-
det das Haͤupt von Ver-
wund- und Zerſtoſſungen?


Das Haͤupt wird an und fuͤr ſich ſelbſt
verwundet/ durch vielerley Zufaͤll/ als:
ſtoſſen/ ſchlagen/ ſtechen und dergleichen:
So wird auch ſelbiges verwundet/ entwe-
der nur durch die Haut/ oder auch zugleich
durch das Pericranium, bißweilen wird es
verwundet mit Zerſtoſſungen/ bißweilen
ohne dieſelbe/ bißweilen wird auch das un-
terliegende Cranium gebrochen/ und ſolches
entweder mit verletzung der dura mater,
und des Hirns/ oder aber/ ohne derſelben.
Der art Bruͤche des Cranij werden von
Hippocrate fuͤnff gezehlet: die erſte Art nen-
net er Fiſſuram, ſeu Fractur am einen Spalt.
Die 2. Contuſionem oder Colliſionem eine Zer-
ſtoſ-
[191]von den Wunden.
ſtoſſung. Die 3. Effracturam oder Auff-
brechung. Die 4te Sedem, einen Sitz oder
Hineinweichung/ die 5te/ Contraſiſſuram
oder Reſonitum, eine Widerſpaltung oder
Wiederſchall.


34 Was iſt zu thun/ wann ein
enger Spalt oder Riß in
der Hirnſchal iſt?


Wann die Haut noch gantz/ und einZeichen des
gebrochenen
Cranij.

Argwohn waͤre/ als moͤchte die Hirnſchal
darunter geſpalten ſeyn/ ſind folgende Zei-
chen vorhergegangen/ als nehmlich/ es
faͤllt der Patient nach empfangnem
Streich zu bodem/ Er liegt eine Weile
Sprachloß/ kan weder ſehen noch hoͤren/
das Blut laufft zur Naſen/ Mund/ Augen
und Ohren herauß/ uͤbergiebt ſich/ faͤllt in
eine Schlaffſucht und der gleichen; Als-
dann ſoll man den Ort abſcheeren/ mit ei-
nem Scheer-Meſſer/ die Haut oͤffnen/
doch ſo viel muͤglich huͤten/ damit man die
Schlaͤffe und Suturen nicht treffe/ die Haut
ſoll man mit dem pericranio abſcheelen/ und
den Riß erforſchen/ wie weit er gehe/ ſol-
ches geſchicht/ wann man ein wenig Din-
ten mit Roſenoͤhl auff das Cranium ſchuͤttet/
es wieder fein ſauber abtrucknet/ alsdann
bleibet die Schwaͤrtze in dem Bruch/ wel-
ches man fleißig/ und ſo lang als die
Schwar-
[192]Ander Theil
Schwaͤrtze waͤhret/ mit den Schrot-Meiſ-
Ob beyde
Tafeln ge-
brochen.
ſeln radieren und ſchaben muß: Zu erfor-
ſchen/ ob beyde Tafeln gebrochen ſeyn/ laß
den Patienten mit Gewalt den Athem auß-
ſtoſſen/ halte Ihm Mund und Naſen zu/
ſo blaͤhet ſich eine ſchaumichte Materie auß
den Haupt/ und magſt alsdann radieren/
Hand-Cur.biß auff die duram meningem, das Radieren
darff nicht der Laͤnge nach/ ſo tieff geſchehen/
ſondern nur ſo viel/ als zu Außflieſſung der
Materie gnug iſt/ die Lefftzen der Wunden/
ſoll man im Anfang mit Blutſtillung/ dar-
nach mit digeſtiv beſtreichen und zuruͤck hal-
ten/ auff die Hirnſchal/ und ſonderlich am
radierten Ort/ ein Haupt- und trucken
Heilung.Pulver von myrrh: aloes, maſtic, oliban,
ſang: draconis,
und rad: ariſtolog: rotund:
gemacht/ ſtreuen/ die Wunde offen halten/
biß das Fleiſch vom Bein herauß waͤchſt/
hernach mundificiren/ mit mel roſarum, te-
rebint,
und ſucco apij, zuſammen vermiſcht;
Wann dieſes geſchehen/ ſoll man in car-
nieren und ein ſarcoticum als ungv: aurum
mit ſarcocollæ vermiſcht/ uͤberlegen; Nach
dem die Wunde mit Fleiſch erfuͤllet/ ſo be-
ſchlieſſe ſie mit trucknenden und zuſammen-
ziehenden Artzeneyen: Als empl: de minio,
alb: coct, diapompholyg, diapalma
und der-
gleichen/ uͤber den gantzen Kopff ſoll man
brauchen/ entweder das Bethonien-Pfla-
ſter/
[193]von den Wunden.
ſter/ diadiptam: Galeni, oder eine Behung/
den Schmertzen und Geſchwulſt zu ſtillen/
gemacht von herb: betonicæ, malvæ, origan,
majoran, verbaſci, flor: chamomil: roſarum,
melilot. ſem: lini
und mirrh: davon zwey
Saͤcklein gemacht/ in weiſſen Wein geſot-
ten/ außgedruckt/ und nach dem ein reines
Tuͤglein uͤber den Beſchaͤdigten Ort gelegt/
die Saͤcklein/ ſo warm mans leiden kan/
zwey oder dreymahl vor dem verbinden/
Morgends und Abends gebraucht/ auch
kan man die umliegende Oerter mit Roſen-
Oehl defendieren.


35. Was iſt die Contuſion oder
Zerſtoſſung der Hirn-
ſchal?


Sie geſchicht mehrentheils/ wann durchBeſchrel-
bung.

ſtumpffe und ſchwere Gewehr oder derglei-
chen/ die Hirnſchal hinein gebogen wird/
und ſolches gemeiniglich bey den jungen
Kindern/ Weibern und Maͤnnern/ wel-
che einer weichen und feuchten Complexion
und mit Waſſerichten Feuchtigkeiten bela-
den ſind/ welche Einbiegung der Hirnſchal/
ſo bald es immer muͤglich/ ſoll zurecht ge-
bracht werden/ dann wann ſolche lang ein-
gedruckt verbleibet/ erreget es viel boͤſe zufaͤll.
Es ſoll aber die Hirnſchal und zwar der
jungen Kinder/ nach dem das Haar abge-
Nſchoren/
[194]Erſter Theil
Auff behung
des Cranij
ſchoren/ auffgehoben werden/ entweder
mit einer Ventoſen/ in dem Mundt/ Naas
und Ohren zugehalten werden/ oder aber mit
Durch Pfla-
ſter
einem wollklebenden Pflaſter/ an welchem
zu vor ſtarcke Baͤndlein angemacht/ wann
es nun woll angeklebet/ ſoll man das Pfla-
ſter bey den Baͤndlein in die hoͤhe ziehen/
und ſolches wo es nicht mit einem mahl an-
gehet/ ferner continuiren. Bey erwachſe-
nen Perſonen aber/ ſoll man mit einem
Durch In-
ſtrumentæ
Bohrer und darzugemachten Inſtrument
von Hildano Cent: 2. obſerv. 4. beſchrieben/
die Hirnſchal aufheben/ nemlich einen Kreutz-
ſchnit thun/ zuvor mit einem dreyſchneidich-
ten Bohrer ein Loch machen/ hernach die
dazu gemachte Schraube allgemach ein
ſchrauben/ doch nur durch die eine Tafel des
Cranij; wann nun ſolche auffgehoben/ kan
man die Lefftzen wieder ſo viel muͤglich zu-
ſammen ziehen und heilen/ wie vor geſagt.


36. Was iſt zuthun wann die
Hirnſchal gantz hinein ge-
wichen?


Hand-Cur.

Wann ſolche gantz hinein gewichen/ und
zugleich in viel ſtuͤcke und ſchiefer zertheilet
were/ kan man des Bohrers woll entra-
then/ und ſoll man die ſtuͤcklein mit krum-
men Inſtrumentlein oder zaͤnglein gemach
heraußnehmen/ damit man nicht mit den
zerbro-
[195]von den Wunden.
zerbrochenen Spreißlein die darunter lie-
gende Haut verletze/ und ſoll man ſich vor
allen dingen befleiſſigen/ daß alles geſchwind
und ohne Gefahr verrichtet werde: Im
uͤbrigen mit behungen/ defendiren, mundi-
ficiren, incarnie
ren/ und dergleichen ver-
fahren/ wie im Anfang der Hauptwunden
gedacht worden.


37. Wann ein ſolcher geſchrau-
bet worden were/ auch etz-
liche Beiner der Hirnſchal/
ſchwartz oder angelauffen
weren/ wie iſt ihm die
Hirnſchal mit Fleiſch zu-
bedecken?


Wann die Beiner von der Lufft/ Ma-Cur des an-
gelauffenen
Cranij.

terie oder ſchmutzigen Artzeneyen (vor wel-
chen man ſich huͤten ſoll) ſchwartz und an-
gelauffen/ ſoll man ſie fein ſitſahm mit dem
rectificirten Spirit. Vitrioli uͤberfahren/ die
Suturen und das pericranium nicht beruͤh-
ren nachmahls fein ſauber wieder abwiſchen/
ein Pulver von rad bryoniæ, ariſtolog: long,
gum: euphorbij, maſtic.
darauff ſtreuen/ da-
mit ſich die Schuppen vom Knochen able-
digen/ welches gemeiniglich in fuͤnff oder
ſechs Wochen geſchicht/ hernach wann ſol-
che Schuppen hinweg/ ein Fleiſch-zielendes
N ijPulver
[196]Ander Theil
Pulver darauff ſtraͤuen/ welches gemacht
iſt von Rad. ireos, aloes, olibano, myrrhæ,
maſtic, ſarcocoll, ariſtolog,
und dergleichen:
Wann nun das Fleiſch vom grunde und
deſſen Wunden im Muſculoſiſchen Theil
auch etwas genauer zuſammen gehet/ ſo un-
terleſt man die ungventa und fette Sachen/
und gebraucht ſich der truckenden Tuͤchlein
wie auch in Schlieſſung der Wunden des
Cerat: d. minio, Diachalcitid: und Dia-
pompholyg:


39. Was iſt die Gegenſpaltung
der Hirnſchal oder Reſo-
nitus?


Wiewoll dieſe art Bruͤche der Hirnſchal
mit vielen Veweißthuͤmen von etzlichen Au-
toribus
geleugnet wird/ ſo haltẽ doch die mei-
ſten dafuͤr/ daß ein Wiedeꝛſchall oder Gegen-
ſpaltung ſeyn kan/ wann zum Exempel ein
Schlag auff die rechte Seiten des Haͤupts
geſchiehet/ die Lincke aber/ den Riß oder
Bruch empfindet/ welches gemeiniglich bey
Fleiſſige Un-
terſuchung.
denen Leuthen geſchiehet/ welche entweder
enge oder gar keine Suturen, oder Fugen ha-
ben: Iſt gar ſchwar zu erkennen/ daher
achten ſie denſelben auch toͤdtlich/ ſoll man
derohalben fleiſſig in acht nehmen/ ob der
Patient eben ſo wol an demſelben/ wo der
Streich geſchehen/ als am andern Ort ge-
gen
[197]von den Wunden.
gen uͤber/ ſchmertzen empfindet/ auch offter-
mahls mit den Haͤnden darnach greifft: Es
geſchicht auch offt/ daß die untere Taffel ge-
brochen/ die Obere aber gantz bleibet/ wel-
ches auch ein verfuͤhriſcher Zufall iſt. Wañ
man nun ſeiner Sachen gewiß iſt/ ſoll man
den Ort/ da der Schmertz am groͤſſeſten iſt/Cur durchs
trepanie-
ren.

trepaniren/ und ſehen/ was unter demſel-
ben Widerwertiges verborgen iſt/ und ſo
alda nichts were/ und die Zufaͤll gleichwoll
nicht nachlieſſen/ ſo muß der affect noth-
wendig gegenuͤber ſeyn/ und ſo man den
Patienten beym Leben erhalten will/ muß
an dem Orth auch Lufft gemacht werden/
ob ſchon ſolches abſcheulich iſt/ dennoch beſ-
ſer ein zweiffelhafftes Mittel vor die Hand
genommen/ als den Patienten huͤlffloß ge-
laſſen/ der doch ohne das ſterben muß/ und
woll mit groͤſſerem Schmertzen: Und weil
bey dieſem Schaden ſonderlich eine Schlaf-
ſucht (Lethargus) ſich einfindet/ als ſoll
man das Haͤupt defendiren, mit ol: ruthæ,
anethi, maſthic, aniſi, ol: de gummi elemi

und cheiri, eine Benung gebrauchen/ von
Herb. betonic. ruthæ, ſalviæ, majoranæ,
ſtœchad arab: origan, myrrhæ, laudan:
und
ſtorac. in wein geſotten.


39. Worvon kompt die gewalt-
ſame Bewegung und un-

N iijnatuͤr-
[198]Ander Theil
natuͤrliche Erſchuͤtterung
des Hirns/ und wie iſt Ihr
zu helffen?


Paræus.

Solche geſchicht ebenmaͤßig von euſſerli-
chen Urſachen/ als durch fallen/ ſtoſſen wie
auch Krachen der Vuͤchſen/ und Donners/
Urſach.welches dann verurſachet/ daß die Vlut-
und Puls-Aderlein zerreiſſen/ und zwar nicht
allein die durch die Fugen gelangen/ ſondern
auch/ ſo ſich zwiſchen die beyde Tafeln zu der
ſchaumichten Subſtantz ihre Nahrung zu-
fuͤgen/ daher dann ſolche Erſchuͤtterung auß
dem groſſen Schmertzen/ verfinſterung der
Augen/ und erbrechendes Magens/ weil
ſolcher mit dem Hirn durch das ſechſte Paar
Cur.verbunden/ erkandt wird. Was die Cur
anlanget/ ſoll man das gantze Haͤupt ab-
ſcheeren/ mit Roſen-Oel beſchmieren/ und
Hildanus
Cent. 5. ob-
ſerv: 8. in
Epiſtola 2.
ad Petrum
Blandinum.
ein uͤberſchlag mit Gerſtenmeel/ geſtoſſenen
Bethonien/ Roſen und Chamillen in Be-
thonienwaſſer gekocht/ uͤberlegen/ den Leib
mit Stuhlzaͤpfflein oder linden Clyſtieren
offen halten/ eine Ader auff dem Arm laſſen/
nach dreyen tagen ein Saͤcklein brauchen/
gemacht von Chamomillen/ Steinklee/
Hollunderbluͤth/ Schluͤſſelblumen/ Be-
thonien/ Doſten/ Salbey/ wild Cypreß in
Anies und Fenchel-Waſſer gekocht/ wel-
ches man des Tages zweymahl/ allemahl
eine
[199]von den Wunden.
eine viertel Stunde lang warm uͤberlegen
muß/ in dem zwey Saͤcklein ſeyn muͤſſen/
daß man eins umbs ander waͤrmen und
uͤberlegen kan.


40. Warumb geſchichts/ daß in
den Wunden des Haupts/
auß Verletzung des einen
Theils des Hirns/ der an-
der gegẽ uͤber vom Krampf
uͤberfallen wird/ der ver-
wundete Ort aber Para-
lyſi?


Solches geſchicht daher/ weil die umb-Vigierius.
liegende Theil der Wunde ſchwaͤcher ſeyn/
deßwegen laſſen die Nerven nach/ und ma-
chen eine Unempfindlichkeit/ gegen uͤber koͤn-
nen ſie ſich zuſammen ziehen: Oder/ weil
zu dem verletzten Theil mehr und ſubtilere
Feuchtigkeiten zuflieſſen/ ſich auch dieſelbe
erſtlich zu dem verletzten/ hernach zu dem ge-
ſunden Theil verfuͤgen/ weßwegen dann
die Nerven in dem verletzten Theil erweichen
und nachgelaſſen werden/ das dicke zuge-
floſſene aber/ verurſachet auff der anderen
Seiten den Krampff.


41. Welches ſind gute und heil-
ſame Zeichen in Haupt-
Wunden?


N iiijDie-
[200]Ander Theil
Heilſahme
Zeichen.

Dieſes ſind gute Zeichen/ wann eine Ge-
ſchwulſt ſich zwar erzeigt/ aber nach dem
Purgieren und Aderlaſſen bald wieder ver-
ſchwindet/ wann die Lefftzen der Wunden fein
roth/ gleich/ und ein gutes Eyter von ſich ge-
ben/ wann ein Fieber verhanden/ und ſel-
biges vor dem ſiebenden Tag ſich verleuret.


42. Welches ſind toͤdtliche Zei-
chen in den Haupt-Wun-
den?


Toͤdliche Zei-
chen.

Wann die Wunden duͤrr/ trucken/ bley-
farbig oder gar ſchwartz/ und durch aus kei-
nen Eyter von ſich geben/ wann nach em-
pfangener Wunde der Patient Sprachloß
und unbeweglich liegen bleibet/ wann dem
gegen uͤber befindlichem Gliede ein Krampff
zufaͤlt/ dieſe und dergleichen ſterben insge-
mein.


43. Wañ einer von einem Fall
oder Schlag geronnen
Blut zwiſchen der Hirn-
ſchal und dura mater haͤtte/
die Hirnſchal aber noch
gantz waͤre/ wie iſt ſolches
zueꝛkennen und zu heilen?


Die-
[201]von den Wunden.

Dieſes iſt im Anfang faſt ſchwer zuerken-Vier betrieg-
liche Haupt-
Wunden.

nen dann nach Vigierij Meinung ſind vier
unter den Haͤupt-wunden welche einen Chi-
rurgum
betriegen 1. Wann das Cranium
alſo eingetrucket wird daß es wieder an ſei-
nen Ort ſpringet 2. Wann eine fiſſura ca-
pillaris
das iſt eine Haarſpalt iſt 3. Wann
die unterſte Tafel bricht/ die obere aber
gantz bleibet 4. Wann ein reſonitus oder
Wiederſchall verhanden/ wie vor gemeldet.
Ob nun zwar die Zeichen dieſes Schadens
offt gering/ ſo ſind ſie auch zuweilen ſo groß/
daß ſie den Schaden viel groͤſſer machen/
gemeiniglich aber iſt das nechſte und gewiſ-
ſeſte Zeichen im Anfang/ das Drucken
und die Schwere unter der Hirnſchal und
ſonderlich der Augen. Die Cur anlan-Cur und
Heilung.

gend ſoll man das Haar gantz hinweg ſchee-
ren/ eine behung gebrauchen/ welche da
außtrucknet und durch die poros verzehret/
was zur faulung am meiſten geneigt iſt/
als: Herb: abſinthij, myrtill:, nuc: cupreſſ:,
flor: roſar, calom: aromat:, carvi, coriand:
lixivij, vini rubri,
jedes nach der Kunſt und
proportion, den drittentheil einſieden laſſen/
und den Ort mit eingetunckten Schwaͤm-
men gebehet/ das/ was ſonſten ſchaͤdliches
verhanden/ ſoll man mit Clyſtiren/ Ader-durch Artz-
neyen.

laß/ und veſicatorijs hinter die Ohren ab-
fuͤhren; Durch dieſe und der gleichen Mit-
N vtel
[202]Ander Theil
tel kan man offt dem Patienten ohne oͤff-
nung der Hirnſchal helffen/ daß die Natur
den unrath auß dem Kopff/ als Eyter und
Blut durch die Naſen/ wie auch auff die
glandulas fallen leſt und außtreibet. Da
fern aber die euſerliche Artzeneyen nichts ver-
fangen wollen/ ſondern der Schmertz Fie-
ber und dergleichen faſt zunehmen/ muß
Durch
Handgriff.
man ohne verzug die Hiꝛnſchal durchbohren/
und zwar am niedrigſten Theil des beſchaͤ-
digten Ortes/ doch wann ſolches im Hin-
tertheil des Hauptes/ mit kleinen modiolis;
und wiewol faſt alle Autores verbieten die
Suturen zutrepaniren/ ja vielmehr warnen
daß man ihnen nicht zu nahe kommen ſoll/
In libro au-
reo de vul-
neribus ca-
pitis.
ſo befielet doch ſolches Berengarius, wann
nemblich der Schade die Suturen getroffen;
dann es iſt gewiß/ daß man keinen vor den
dritten Tag Trepanieren ſoll/ es habe ſich
dann die dura mater durch das Vereyteren
vom Cranio abgegeben/ welches in den drit-
ten Tag in gemein geſchiehet/ hat ſich nun
die dura mater durch ſolch apoſtemiren vom
Cranio abgegeben/ warumb ſoll man nicht
auch die Suturen trepanieren/ und ſonderlich
wann es der Schade erfodert. Wann
nun die erſte Tafel durchbohret iſt/ welches
das hervorbrechende Blut anzeigen wird/
muß man den Dorn oder die Spitze des
medioli herauß nchmen/ und ferner bohren/
biß
[203]von den Wunden.
biß das Stuͤcklein kan herauß genommen
werden/ nachmahls das Eyter oder Blut
mit zuhaltung des Mundes und der Naſen
herauß treiben/ ein decoct: von betonica,
majoran, rosmarin, centaur, flor: roſar,
myrrh aloes, \&c.
hineinlaſſen welches der
Faͤulung widerſtehet/ das Lavament mit
ſampt der Materie wieder herauß bringen/
die gebohrte Hirnſchal fein radieren und ebe-
nen/ mit trucknen Tuͤchlein und Faͤslein/
Haupt- und trucken Pulver wie auch deven-
ſiven
woll verſehen. Es iſt auch in acht zu-
nehmen daß im trepaniren nicht allezeit BlutAnatomia
reformata
pag:
480.

folget/ dann wie Bartholinus erinnert/ ſo
iſt an etzlichen Orten das Cranium einfach/
duͤnn und durchſcheinend/ und ohne
Marck/ weswegen man leicht kan betrogen
werden/ wie obgedachter Autor meldet.


44. Wann einer mit einem Prie-
gel oder Stein geworffen
were/ aber keine Wunde haͤt-
te/ wie iſt zuerkennen ob die
Hirnſchal entzwey oder
nicht?


Dieſes zuerkennen muß man erforſchenZeichen der
gebrochenen
Hirnſchal.

ob der Patient nach dem Schlag erſtum-
met/ ob er ſich uͤbergeben/ ob ihm Blut auß
der Naſen/ Ohren/ Mundt und derglei-
chen
[204]Ander Theil
chen gefloſſen/ ob ihm ein Schwindel uͤber-
fallen; wo nicht/ ſo ſoll man erforſchen/
ob der Schlag mit einem Eiſen/ Holtz oder
Stein geſchehen/ ob ſelbiges ſchwer oder
leicht geweſen/ ob er vor dieſem einen geſun-
den ſtarcken oder ſchwachen Kopff gehabt;
etzliche legen ein Pflaſter uͤber von cera, thu-
re, laudano, reſina, farina fabarum \&c,

und laſſen es biß auff den anderen Tag lie-
gen/ welcher Ort nun am meiſten außge-
trucknet iſt/ da ſoll der Bruch ſeyn; Andere
geben dem Patienten einen Faden mit den
Zehnen zu halten/ ſchlagen darauff mit ei-
nem Stecklein/ wann der Patiente einen
Schmertzen darvon empfindet/ ſo iſt der
Bruch am ſelbigen Ort: Oder geben dem
Patienten eine Haſelnuͤß oder ein Korn zu
zerbeiſſen/ und am welchem Ort der Pa-
tient den Schmertzen empfindet an ſelbigem
Oberwehnte
Zeichen
werden
examiniret.
Ort iſt auch der Bruch/ welche Zeichen von
obgemeldten trefflichen Italieniſchen Chi-
rurgo Jacobo Berengario
in Zweifel gezogen
werden/ in dem viel Leuthe gefunden wer-
den/ welche in geſunden Tagen/ das obge-
dachte Fadem knirren/ nicht vertragen koͤn-
nen/ was das Kornbeißen anlanget/ kan auch
nicht in allen Bruͤchen der Hirnſchal pasſie-
ren/ theils auß itztgedachten Urſachen/
theils daß nur die Bruͤche moͤchten dadurch
erkand werden/ welche nahe an dem muſcu-
lo
[205]von den Wunden.
lo temporali geſchehen/ in dem derſelbe mit
dem muſculo maſſetere eine Verwandſchafft
hat/ und alſo durch das ruͤhren des muſculi
maſſeteris/
auch der muſculus temporalis
geruͤhret/ und alſo ein Schmertz umb den-
ſelben geſpuͤret werde.


45. Wann aber der Patient die
Probier-Mittel als Fadem
und Kornbeiſſen duldete/ un-
terdeſſen doch der Thaͤter ge-
fangen were/ und der Wund-
Artzt deꝛ Obꝛigkeit ſeine Mei-
nung zu eroffnen beſchickt
wurde/ was fuͤr Bericht hat-
te er zuthun?


Weil dieſe Zeichen/ wie vor geſagt/ was
zweiffelhafftig/ ſoll man die Antwort oder
Auſſag die erſten Tage etwas auffſchieben/
weil vor dem neundten Tag von der quali-
taͤt und gelegenheit der Wunden nichts ge-
wiſſes zu urtheilen/ dann zwiſchen dieſen
Tagen finden ſich ins gemein die Zufaͤll/ ſie
ſeyn entweder ſchwer/ oder gering. Wann
aber der Patient nach empfangenem
Streich zur Erden gefallen/ ſprachloß wor-Sorgliche
Zeichen.

den/ mit Schwindel uͤberfallen worden/
Blut zur Naſen und Ohren gefloſſen/ eine
Galle
[206]Ander Theil
Galle durchs erbrechen von ſich gegeben/
und den Sthulgang und Harn unwiſſend
gehen leſt/ iſt die Wunde ſorglich; wann
aber uͤber daß der Menſch mit einem behar-
Toͤdliche
Zeichen.
lichen Fieber uͤberfallen wird/ die Zung
und Lefftzen duͤrr/ die Wunde auch duͤrr
und keinen Wundtſchweis giebet/ der Pa-
tient mit Krampf/ Schlag/ Hirnwuͤten
oder Unſinnigkeit behafftet/ den Harn und
Stuhlgang entweder wider ſeinen Willen
gehen leſt/ oder gar nicht von ſich geben kan/
ſo wiſſe daß der Todt aller nechſt vor der
Thuͤr iſt.


46. Wañ der Patient das Korn
nicht zerbiße/ und die Hirn-
Schal Ihm geriſſen waͤre/
wie iſt zu helffen?


Cur durchs
radieren.

Man ſoll alsdann den Kopff mit dem
decocto von Bethonien-Bruͤh einnetzen/
das Haar ſauber abſcheeren/ die Haut biß
durchs pericranium mit einem Creutz-
Schnitt oder Driangel oͤffnen/ und von
Cranio abloͤſen/ (welches aber von Marco
Intract: de
efficaci me-
dioina.
Aurelio Severino ſehr getadelt wird/ in dem
ſolches Abſcheelen und Zuruͤckſchieben/ oh-
ne groſſen Schmertzen nicht geſchehen kan/
und leicht eine Inflammation verurſachet
wird/ rathet derohalben ſo viel vom Peri-
cranio
[207]von den Wunden.
cranio auß zuſchneiden/ als von noͤthen iſt/
welches viel ſicherer und ertraͤglicher/ wann
ſolches geſchehen/ den Riß radiren/ wann
Blut oder Materie unter der Hirnſchal/
mit dem radiren anhalten/ biß die Materie
Lufft bekompt/ alsdann dieſelbe außlaſſen/
das Haupt defendieren/ behen/ die Leftzen
der Wunden digerieren/ mundificieren/
das Bein mit Haupt-Pulver trucken hal-
ten/ truckne Faͤßlein daruͤber legen/ und
alsdann/ wann das Fleiſch von unten her-
vor waͤchſt/ mit den Leftzen der Wunden/
(welche/ wo ſie Haut geſchloſſen/ in etwas
zu ſcarificieren) zuſammen fuͤgen/ wie bey
anderen Haupt-Wunden gedacht worden.


47. Wañ einer mit einem Latt-
Hammer gehauen/ oder mit
einem Dolche durch die Hirn-
ſchal geſtochen waͤre/ und
ein Schiefer auf der dura ma-
ter
laͤge/ welcher groͤſſer waͤ-
re/ als das Loch ſelbſten/
alſo/ das Er auch zu fanta-
ſieren anfieng/ wie ſoll man
mit ihm verfahren?


Man ſoll die Wunde ein weinig erweite-Cur durch
oͤffnung der
Schwarten.

ren/ den Schiefer/ wann er nicht groß/
fein
[208]Ander Theil
fein gemach herauß nehmen/ wann er aber
groß/ ſoll man denſelben nur auffheben/
und alſo dem Hirn ſeine natuͤrliche Decke
nicht leicht nehmen/ und wann ſonſten
durch die Ritze die darin verſchloſſene Ma-
terie ihren Außgang nicht hat/ kan man
woll ſo viel mit einer kleinen/ dazugemach-
ten halbrunden Saͤgen oͤffnen/ im anderen
verfahren/ wie mehrmahls bey anderen
Haupt-Wunden gedacht worden; Und
weil auß dem Stechen und Drucken der
Hirn-Haͤutlein/ leicht eine Entzuͤndung
derſelben entſtehet/ kompt gemeiniglich eine
Phreneſis oder Hirn-Wuͤtten dazu/ und
wann ſolchem durch Abſchaffung der Prin-
cipahl-Urſachen/ nicht geholffen wird/ laͤſt
ſie nicht nach/ biß es den Menſchen gar umb
bringet. Solches zu verhuͤten/ ſoll man
den Schmertzen ſtillen/ den Leib oͤffnen/
und die Artzeneyen dem temper ament gleich
richten.


48. Woran erkennt man/ daß
einer Hirn-wund iſt/ und
wie iſt Ihm zu helffen?


Cur durch
Stem-
Meiſſel.

Die Zeichen dieſer Verwundung ſind
theils vor Augen/ theils werden ſie genom-
men/ wann der Patient zu Bodem faͤllt/
ſich erbricht/ in Ohnmacht liegt/ Blut zur
Naſen und Ohren aus gehet/ und groſſe
Schmer-
[209]von den Wunden.
Schmertzen des Haupts verhanden: Fol-
gende aber/ ſind Zeichen des bald nahenden
Todes/ als/ wann die Vernunfft auſſen
bleibet/ Gedaͤchtniß und Gehoͤr verlohren/
beharlich Fieber/ Duͤrre und Truckenheit
der Zungen/ zittrender Pulß/ Convulſion
in den Nerven/ Einſchrumpffung der Leff-
tzen an den Wunden/ ſchwerer ſeufftzender
Athem/ Verhaltung des Harns und
Stuhlgangs/ und dergleichen. Die CurPræpara-
toria

anlangend/ ſoll man den Patienten an ein
finſter und ſtill Ort legen/ die ſechs res nonZur Hei-
lung.

naturales
in acht nehmen/ ihn vom Blut
ſaubern/ den Ort und Bruch der Hirnſchal
mit einem Finger oder Inſtrumenten woll
erkuͤndigen/ die ledigen Beiner hinweg thun/
die Wunde mit linden Tuͤchlein offen hal-
ten/ doch daß der motus Diaſtoles und Syſto-
les
nicht verhindert werde. Im anderen
Gebaͤnd ſoll man fleißig mit einem Wachs-
Licht zuſehen/ wo man nicht kan/ ſoll man
das pericranium fuͤrſichtiglich ſeparieren
und unterlegen/ (oder wie vorgeſagt/ ein
Stuͤcklein deſſelben weg ſchneiden) das
Bein mit dem Stem-Meiſſel an den ſpitzi-
gen Ecken ebenen/ und alſo erweitern/ die
Beinlein und geronnen Blut hinweg thun/
eine Behung gebrauchen/ die da zugleich zer-
theile/ die hinzu gefloſſene und noch hinzu-
flieſſende Materie digerire und bereite/ vom
OLiquo-
[210]Ander Theil
Liquore Johan Andreæ a Cruce laulecht etzli-
che Tropffen in das verwundete Hirn fallen
laſſen/ ein lindes Tuͤchlein eingetunckt dar-
Lib. 2. cap.
20.
ein legen/ oder des Aquapendentis beruͤhm-
tes Oehl gebrauchen/ oben darauff zwiſchen
das Cranium und Meninges ein ungv: cepha-
licum
warm einlegen/ unter dem verbinden
die Wunde allezeit mit einem warmen
Kraͤuter-Saͤcklein behen/ damit die rohe
Lufft nicht hindere/ auff das bloſſe Bein
truckne Tuͤchlein legen/ die Lefftzen der Wun-
den/ mit einem guten digeſtiv verſehen/ uͤber
die Wunde ein Haupt-Pflaſter gebrau-
chen/ das gantze Haupt/ Genick und Ruͤck-
grad mit Oel und Salben defendiren/ nach-
Innerliche
Cur.
dem der Menſch complexioniret. Sonſten
ſoll man nach Anleitung der Medicorum,
in Mangelung deſſen/ den Leib oͤffnen/ das
Haupt und Magen ſtaͤrcken/ und ſo ein
Fieber dazu kompt die faulen humores ab-
ſchaffen.


49. Wann einem eine Sub-
ſtantz zwiſchen der Hirn-
ſchal heraus gienge/ wie iſt
es zuerkennen/ ob ſie vom
Hirn waͤre oder nicht?


Schaumich-
ter Jaͤſt dem
Hirn gleich.

Es pfleget in den Wunden des Haupts/
zwiſchen der Hirnſchal etwas hervor zu
kom-
[211]von den Wunden.
kommen/ welches dem Hirn nicht ungleich
iſt/ dieſes zu erkennen/ ob es ein warhafftes
Hirn ſey oder nicht/ muß man andere Zei-
chen und Zufaͤll/ welche bey Verwundung
des Hirns/ ſich zu eraͤugen pflegen/ zu
Huͤlffe nehmen/ dann wann die Hirn-Haͤut-
lein nicht entzwey/ ſo iſt es vielmehr ein
Schaum und Außwurff/ als die rechte
Subſtantz des Hirns/ ja es iſt auch etwas
luckerer und ſchaumichter/ wie auch Aſchen-
farbichter/ als das Hirn ſelbſt.


50. Was iſt zu thun/ wann ei-
nem ein Stuͤck ſampt der
Hirnſchal hinweg gehauen
waͤre/ und das Hirn bloß
lege?


Dieſem ſoll man/ wie offt gedacht/ dasParæus.
Haar wegſcheeren/ alles was unnatuͤrlich/
auß der Wunden wegnehmen/ das Blut
verſtellen/ die dur a mater mit linden Tuͤch-
lein belegen/ dem Haupt im anderem Ge-
baͤnd eine gute Behung gebrauchen/ und
wann der Schlamp noch ein wenig/ ent-
weder an der Mauſechten Haut/ oder am
pericranio hieng/ ſoll man mit nichten den
Schlampen wegſchneiden/ noch das peri-
cranium
und mauſechte Haut von der Hirn-
ſchal abſchoͤlen/ ſondern nach dem das
O ijBlut
[212]Ander Theil
Natürliche
Decke ſoll
man nicht
leicht neh-
men.
Blut abgetrucknet/ und die duramater ge-
ſaubert/ ſoll man das Bein wieder an ſei-
nen Ort verhelffen/ es anhefften/ die Lefftzen
mit linden Tuͤchlein erfuͤllen/ damit die Ma-
terie Lufft habe/ wann es aber die hohe Noht
erfodert/ kan mans von der Haut ab ſepa-
ri
ren/ und mit der Wunden verfahren/
wie bey anderen Haupt-Wunden gedacht
worden.


51. Was iſt zuthun wann einer
auff den Kopf gefallen/ und
lang nicht verbunden wor-
den were/ auch keine Wunde
haͤtte/ und doch gantz unter-
koͤtig were worden?


Cur durch
oͤffnung der
Schwarten.

Man ſoll demſelben das Haar wegſchee-
ren/ an einem oder zwey Orten die Haut
oͤffnen/ die Materie herauß laſſen/ alsdann
erforſchen ob die Hirnſchal entzwey oder
nicht/ und ob etwa eine Materie oder Blut
unter der Hirnſchal verdaͤchtig/ alsdann
nach Beſchaffenheit der Sachen die Hirn-
ſchal durchbohren/ den Leib mit ordentlicher
Diaͤt und anderen dingen verſehen/ das
Haupt behen/ defendiren/ digerieren/ mun-
difici
ren/ in carnieren und conſolidiren wie
ſchon offters Meldung geſchehen.


52. Was
[213]von den Wunden.

52. Was iſt zuthun wann einer
mit einer Kugel/ an den
Kopf gebrandt worden/
alſo daß ihm das Fleiſch
biß an die Hirnſchal hin-
weg were/ die Hirnſchal
Schaden gelitten hatte/
und Er fantaſierte?


Solchen ſchaden zu heilen/ ſoll man fuͤrs
erſte/ weil es eine ſtarcke contuſio iſt/ pur-
gieren und Aderlaſſen/ den Zufluß gleich im
Anfang ſtillen/ mit uͤberlegung eines Saͤlb-
leins von Bol. armen: Eyerklahr/ Roſen-
und Myrtenoͤhl/ Rothroſen Pulver mit
Alaun und Maſtix vermiſcht. Fuͤrs an-
der die Digeſtion der Wunden befoderen/
den Bruch der Hirnſchal belangend/ wann
er nach der laͤngſt iſt/ radieren und Lufft
machen/ damit daſſelbige/ was unter der
Hirnſchal ſich verhalten/ herauß flieſſen koͤn-
ne: Wegen des fantaſierens ihm kuͤhlen-
de Speiſen und Julapia gebrauchen/ und
gleich wie andere Haupt-Wunden/ an ei-
nem ſtillen Ort den Patienten halten.


53. Was iſt zu thun/ wann
durch die Wunde der Hirn-
ſchal eine Materie/ einem

O iijFleiſch
[214]Ander Theil
Fleiſch gleich heꝛaus wuͤch-
ſe?


Hild. Cent.
1. obſerv.
15.

Solches geſchicht offt/ und ſonderlich/
wann das Hirn entbloͤſſet/ ſo ſchaffet die
ſorgfaͤltige Natur ein ſolches Schwam-Ge-
waͤchs/ dann weil die Kaͤlte dem Hirn/ wie
auch allen Nervoſiſchen Gliedern ſehr ſchaͤd-
lich iſt/ ſo befleißiget ſich die Natur/ wann
ſie anderſt ſtarck genug iſt/ ſich mit einer ſol-
chen Decke zu bewahren/ wie ſolches in den
Glied-Wunden gleichfals zugeſchehen pfle-
get. Weil nun ſolcher Schwam aus einer
Feuchtigkeit des Hirns/ und Menge der
zuflieſſenden Materie herkompt/ muß man
dieſelbe mit linden purgieren und Aderlaſſen
abſchaffen/ auff den Schwam ein Pulver
ſtreuen/ gemacht von Sevenbaum und
Zeitloſen/ item ein Pulver von gebrandten
Alaun/ und bolo armen: oder von Bene-
dicten-Wurtz/ Angelica/ runde Holtzwurtz/
Veyl-wurtz/ Frantzoſen Holtz/ Majoran/
Roßmarin/ und ein trucknendes Haupt-
Pflaſter daruͤber legen/ ſo wird er ſich alge-
mach etwa in vierzehen Tagen niederſetzen.


54. Wie viel Heffte ſind noͤ-
thig/ wann einer in den
Kopff gehauen?


Aquapen-
dens.

Wann die Muſculoſiche Haut nur allein
ent-
[215]von den Wunden.
entzwey/ kan man die Wunde wol hefften/
wiewoll ſolches auch mit dem binden kan
verrichtet werden/ damit die Lefftzen der
Wunden an einander gelangen/ wie auch
mit ſtarck-klebenden Pflaſtern; Wann aberHauptwun-
den ſind nicht
leicht zu heff-
ten.

das Pericranium und der Knochen mit ge-
troffen/ welcher ohne daß in Verwundung
des Pericranij nicht woll unberuͤhret bleibet/
ſoll man mit nichten weder hefften/ noch die
Lefftzen ſo nahe an einander ziehen/ ſondern
das Bein ſchaben und radieren/ und alſo
die Wunde durchs Fleiſch-Zielen/ von un-
ten auff heilen.


55. Welche Haupt-Wunden
ſind gefaͤhrlich/ aber nicht
toͤdlich?


Wie woll auch an den kleineſten Haupt-
Wunden offt welche ſterben/ ſo ſind doch
die Wunden des Hintertheils nicht ſo ge-
faͤhrlich/ als die im Vordertheil/ weil die-
ſes viel ſubtiler und alſo leichter kan gebro-
chen/ und die dur a mater verletzet werden/
die Wunden der Schlaff-Maͤußlein ſind
nicht allein gefaͤhrlich/ ſondern/ wann ſolche
groß/ auch gar toͤdlich/ weil ſie nicht allein
viel Pulß-Adern in ſich haben/ ſondern auch
wegen der Nerven/ welche ſie vom Hirn
haben/ ſehr empfindlich/ auch viel Zufaͤll/
als Krampf/ und Gichtbruch gemeiniglich
O iiijdazu
[216]Ander Theil
dazu kommen; Die Wunden der Sutu-
ren
ſind auch gefaͤhrlich/ weil die dur a mater
ihnen einverleibet: die Wunden aber piæ
matris
und weil ohne daß auch das Hirn
ſelbſt in dieſer Verwundung mit getroffen
wird/ ſind auch mehrentheils toͤdlich.


56. Aus was Urſachen kompt
bißweilen ein toͤdlicher Zu-
fall/ wann ſchon die Wun-
de nicht toͤdlich iſt?


Nicht toͤdtli-
che Wunden
werden toͤdt-
lich.

Solches geſchicht gemeiniglich/ wann
der Patient vorhin einer boͤſen beſchaffenheit
des Leibes iſt/ wie auch/ wann Er nicht
fleißig nach den rebus nonnatur alibus gehal-
ten wird/ den ſolchen nicht allein die uͤbele
Diaͤt/ ſondern auch die euſerliche Lufft/ die
heitere oder Helligkeit des Loſaments/ das
ſtete Wachen/ das Gepolter und Getuͤm-
mel und Beyſchlaff hoch ſchaͤdlich/ und ob
ſchon der Patient woll ſtehet/ koͤnnen doch
oberwehnte/ groſſen Schaden und Nach-
theil bringen.


57. Wie vielerley Zufaͤllen iſt
ein verwundetes Haupt
unterworffen?


Sechszehn
principal Zu-
faͤll.

Anderer Zufaͤll zugeſchweigen/ ſo finden
ſich in den zerbrochenen Hirnſchalenſechs-
zehn/
[217]von den Wunden.
zehn/ welches die fuͤrnehmſten ſind. Als 1.
Das Niederfallen zur Erden/ nach empfan-
genem Streich oder Stoß. 2. das Erbre-
chen der Gallen. 3. Vertigo der Schwindel.
4. Verluſt des Geſichts. 5. Vergieſſung
des Gebluͤhtes aus den Augen/ Ohren und
Naſen. 6. die Sprachloſigkeit. 7. gefaͤhr-
licher Krampff. 8. Erſtaunung. 9. Aber-
witz. 10. Paralyſis der Halbſchlag. 11. Apople-
xia
der gantze Schlag. 12. Epilepſia die ſchwe-
re Noth. 13. Rigor Erſchuͤttelung oder Fie-
ber. 14. Lethargus die Schlaffſucht 15.
Spasmus der Krampff. 16. die Truckenheit
der Wunden/ welche ſich mehrentheils bey
angehender Entzuͤndung erzeiget.


58. Wie ſind ſolche Zufuͤll zu
erkennen/ und wie iſt ihnen
zu begegnen?


Was das Umbfallen belanget/ iſt ſol-Umbfallen
woher.

ches Augenſcheinlich/ und geſchicht daher/
weil die bewegliche Krafft mit ſampt den be-
ſtimbten Inſtrumenten die zur Bewegung
gewidmet ſind/ beſchaͤdiget worden/ daß
alſo der Menſch wider ſeinen Willen nieder
faͤllet.


59. Vom Erbrechen der Gall.


Die Erbrechung der Gall in den Ver-Erbrechung
der Gall wo-
her.

wundungen des Hanpts geſchicht per con-
O vſenſum,
[218]Ander Theil
ſenſum, denn weil der Magen mit dem Hirn
durch die Nerven des ſechſten Pahres ver-
bunden iſt/ zeucht er ſich/ ſo bald er der Be-
leidigung des Hirns theilhafftig worden/
zuſammen/ und ſtoſſet daſſelbige/ was er in
ſich gefaſſet/ von ſich/ und weil die Gall ei-
ner feurigen und auffſteigenden Art iſt/
wird ſolches Brechen deſto leichter erreget.


60. Vom Schwindel.


Urſach des
Schwindeis.

Der Schwindel als eine Zerruͤttung
des Geſichtes ſo auß Verletzung des Ge-
hirns geſchicht/ kompt daher/ weil die Nervi
optici
durch ſolche Verletzung leichtlich ent-
weder verſtopffet/ eingezogen/ oder ſonſt
verderbet werden/ und alſo die Kraͤffte und
Geiſter zu dem Chryſtall nicht hinkommen
koͤnnen.


61. Von Vergieſſung des Bluts
aus Ohren/ Augen und
Naaſen.


Wie die
Vaſa im
Hirn reiſ-
ſen.

Solches geſchicht aus der gewaltigen
Zerruͤttung und Verwundung des Ge-
hirns/ in dem die Adern deſſelben zerriſſen
werden; Iſt unter den Zufaͤllen nicht der
geringſte/ und iſt ſo zu reden auch ein gutes
Zeichen/ wann die Natur zu ſtarck iſt/ ſol-
ches durch die meatus auszutreiben. Wird
durch Oeffnung der Hirnſchal geholffen.


62. Von
[219]von den Wunden.

62. Von der Sprachloſigkeit.


Die entſtehet daher/ weil auff eine groſſe
Zerſchuͤttelung des Hirns oder deſſen Ver-
letzung/ ſich die virtus animalis oder Kraͤffte
der Sinnen zuruͤck zeucht/ und den Men-
ſchen ſtumm und unbeweglich verlaͤſt.
Wird faſt wie der Schlag curieret.


63. Vom Spaſmo oder Krampff.


Der Krampff iſt eine gezwungene Be-Krampfs Ur-
ſprung/ und
wie vielerley.

wegung/ und ziehen ſich die Muſculi und
Nervi zu ihrem Urſprung zuruͤcke/ entſte-
het aus dreyerley Urſachen/ als nemblich
1. aus einer uͤberfuͤllung allerhand boͤſer
Feuchtigkeiten/ und wird ſolcher durch Ab-
ſchaffung derſelbigen/ mit purgieren und
Aderlaſſen curiret. Die 2. Art geſchicht aus
der Außleerung/ als nemblich unmaͤßigem
Erbrechen/ Durchlauff/ Verblutung und
dergleichen. Die Cur wird verrichtet mit
gutem Diaͤt und naͤhrenden Speiſen. Die
3te Art kompt aus Mitleiden/ ſo auff den
Schmertz folget/ wann nemlich die Ner-
ven entweder verletzet/ oder gar zu ſehr er-
kaltet ſeynd/ welchen man nach geſtalten
Sachen zu Huͤlffe kompt; als wenn er von
eines gifftigen Thieres-Biß verurſachet
wird/ muß man die Haut oͤffnen und erwei-
tern/ etwas von Theriack und aq: vitæ hin-
ein
[220]Ander Theil
ein laſſen: Wann er vom Schmertz ent-
ſtanden/ mit dem ol: therebint. Euphorbio,
mit aq: vitæ vermiſcht/ wann aber aus groſ-
ſer Kaͤlte/ mit erwaͤrmenden Oehlen/ und
Salben von ol: d. lateribus, laurin, tere-
Franciſcus
Peccettus
pag.
676.
rebint, ſuccini zu huͤlffe kommen. Es ent-
ſtehe aber der Krampff aus einer Urſach wie
ſie wolle/ ſo muß man das Haͤupt/ abſon-
derlich das Hintertheil deſſelben/ mit gebuͤh-
renden Oehlen ſtaͤrcken/ wie auch den
Nacken/ Halß/ Ruͤckgrad und neben der
Scham.


64. Von der Erſtarrung.


Erſtarrung
woher.

Die Erſtarrung/ iſt nichts anders/ als
eine unvolkommene Paralyſis oder unvol-
komne Reſolutio der Nerven/ entſtehet aus
Beſchaͤdigung des principii nervorum, Sti-
che oder trucken des Gehirns oder ſeiner
Haͤutlein/ kompt bißweilen auch auß groſ-
ſer Erkaltung/ oder gewalſahmer Ver-
ſtopffung.


65. Vom Aberwitz.


Aberwitz/
wobey zu er-
tennen/ daß
er kommen
wird.

Der Aberwitz iſt ein unfehlbahres Zei-
chen daß das Principium Nervorum oder der
Anfang der beweglichen Krafft verletzet ſey/
und iſt daneben auch das Gefaͤhrlichſte/
wann andere boͤſe Zufaͤll daneben/ dann in
ſelbigen ſich der alſobald nahende Todt ein-
findet.


66. Von
[221]von den Wunden.

66. Von der Paralyſi oder
Gichtbruch.


Die Paralyſis iſt eine Laͤhmung eines Glie-Paralyſis
was ſie ſey.

des aus einer uͤbermaͤßigen erweichung und
nachlaſſung der Nerven/ welche das behaf-
te Glied ſeiner Bewegung beraubet; Dieſen
Zufall zu curiren ſoll man ſich nicht unterſte-Cur und Hei-
lung.

hen/ es ſey dann eine gute Diaͤt/ purgieren
und Aderlaſſen vorher gegangen/ nachmals
das Glied mit erwaͤrmenden oͤhlen/ wie
auch den Ruͤckgrad woll gerieben und ge-
ſchmieret/ und mit dem decocto ligni ſchwi-
tzen laſſen. Welcher Paralyſis aber durch
Zerſchneidung oder hefftige Zerſtoſſung ei-
ner Nerven erfolget/ die iſt allerdings un-
heilſahm; denn dadurch wird den Sinnli-
chen Geiſtern ihr Weg und Lauff zu den
Gliedern gantz und gar verſperret/ Item,
alten Leuthen iſt ſie ſelten/ oder gar nicht zu
heilen: Wann aber ein Fieber bey demFieber iſt der
Paralyſi
nuͤtzlich.

Gichtbruch erreget wird/ iſt es gut/ denn
dadurch koͤnnen die Feuchtigkeiten verzehret
werden.


67. Von der Apoplexia oder
dem Schlag.


Apoplexia iſt eine allgemeine ReſolutioApoplexia
iſt ein ſonder-
bares Zeichen
des verletzten
Hirns.

oder Nachlaſſung der Nerven/ ein eignes
und ſonderbahres Zeichen des verletzten
Hirns/
[222]Ander Theil
Hirns/ und entſtehet aus verletzung des
Principii Nervorum, auch wenn die Ven-
Wie ſie ent-
ſtehet.
triculi des Hirns mit kalten Feuchtigkeiten
uͤberfallen/ oder das Principium Nervorum
verſtopfft/ oder das Marck im Ruͤckgrad
an einem theil oder gantz belaͤſtiget wird.
Cur.Die Cur anlangend/ ſoll man dem Pati-
enten/ entweder wo Hitze verhanden/ zum
Schlag-Waſſer nur riechen laſſen/ oder
gar eingeben/ auch iſt ein Pulver zutraͤglich
von præparirten Hirſch-Horn und Elffen-
bein in Peonien-Waſſer/ Linden-Bluͤht
und Schluͤſſelblumen-Waſſer eingegeben/
alles hitzige Getraͤnck und Speiſen ſoll er
meiden/ das Genick und Ruͤckgrad mit
ſtarcken und durchdringenden Oliteten fein
warm ſchmieren und einreiben/ hernach das
Empl: nervinum uͤberlegen/ und ein gut
Mund-Waſſer von Salbey/ Roßmarin/
Lavendel und dergleichen gebrauchen; Auch
iſt gut ein Extractum gemacht von weiſſen
Senff und Spirit: Vini.


68. Von der Epilepſia oder
ſchwaͤren Noth.


Gvalterus
Rieff,

Dieſe Kranckheit wird fuͤr ein allgemei-
ner Krampff des gantzen Leibes gehalten/
und ſind die Urſachen derſelben mancherley/
denn es entſtehet die Kranckheit/ entweder
wann das Hirn verletzet iſt/ oder auch wann
durch
[223]von den Wunden.
durch zaͤhe grobe und ſchleimichte Feuchtig-
keiten/ die Gaͤnge der leblichen Geiſter in
den Ventriculis und Zellen des Hirns ver-
ſtopffet werden: So entſtehet dieſe Kranck-
heit auch aus dem Magen/ wann das Hirn
die auffſteigende Daͤmpffe außzutreiben ſich
bemuͤhet.


69. Vom Rigore Erſchuͤtlen
oder Fiebern.


Der Rigor iſt eine Erſchuͤtlung des Leibes/Rigor
was/ und
woher er ſey.

und wird offt durch die außtreibende Krafft
erreget/ und ſonderlich bey den Haͤupt-
Wunden/ da allezeit in dieſem fall zu vermu-
thẽ/ es ſey etwas unter der Hirnſchal verbor-
gen/ welches die Haͤutlein angreifft und ver-
letzet/ dahero die Natur einen Streit erregt/
ſich der Materie ſo ihr zu wider iſt/ zu ent-
ledigen/ da dann die natuͤrliche Waͤrmbde
zu ruͤcke gehet/ ſolchem Streit bey zuſtehen/
deſſen die aͤuſſerlichen Glieder ermanglen
muͤſſen/ und alſo eine Erſchuͤtlung erreget
wird. Dieſe Wund-Fieber ſind unter-Unterſchtid
der Wund-
Fieber.

ſchiedlich/ dann wañ Haͤupt-weh/ Schwin-
del und Delirium dabey/ ſo iſt zubeſorgen/
daß etwas Widerwertiges unter der Hirn-
ſchal verhanden/ und ſo es offt koͤmpt/ und
ſtarcke Hitze mit ſich fuͤhret/ ſo iſt es ein ge-
wiſſes Zeichen des bald folgenden Spasmi.
Die Cur anlangend/ ſo vergehet es von ſich
ſelbſt/
[224]Ander Theil
ſelbſt/ wann nemlich die Urſachen gehoben/
und durch Trepaniren abgeſchaffet werden/
wann es aber aus einer Kranckheit aus dem
Leibe/ ſeine Urſach hat/ muß man durchs
ſchwitzen helffen/ kompt es aber aus einer
Faͤulung unter der Hirnſchal/ ſo iſt das
ſchwitzen nichts nuͤtze/ es moͤchten dann an-
dere Evacuationes vorher gegangen ſeyn/
dann ſonſten wuͤrde das ſchwitzen die Suppu-
ration
nur mehr befodern.


70. Vom Lethargo oder uͤber-
maͤßigem Schlaff.


Lethargus
woher.

Solches koͤmpt aus erkaͤltung des Hirns/
und wann ſolche ſtarck und hefftig/ und mit
einer frembden unnatuͤrlichen Feuchte ver-
miſchet iſt/ erreget ſie daſelbſt ein Apoſtem/
ſo Lethargus oder Schlaff-ſucht genennet
wird/ und wird ſolches mit hinwegſchaffung
der Urſachen/ ſo vom Schaden kommen/
Cur.curiret: Koͤmpt er aber aus dem Leibe/ ſo
ſoll man eine gute waͤrmende und ſtaͤrcken-
de Behung gebrauchen/ mit Oehl und Pfla-
ſtern defendiren/ als ol: ruthæ, anethini,
maſtic, cheirin:
neben andern evacuationi-
bus
die veſicatoria und naſalia, doch die
nicht nieſen machen/ gebrauchen/ auch iſt
in dieſem fall ein guter Schlag-Balſam/ in
welchem viel vom ol: ſuccini in iſt/ ſehr dien-
lich. Innerlich kan man brauchen/ einen
corri-
[225]von den Wunden.
corrigierten Spir. Sal. in aq: peoniæ, und aq:
apoplectic.


71. Von Truckenheit der
Wunden.


Wann die Wunden die gantz trucken/Truckenheit
der Wunden
toͤdlich.

oder wenig Eyter geben/ daneben braun
und aſchen farbig werden/ iſt ein gewiſſes
Zeichen des nahen Todes/ und ſonderlich
wann es etzliche Tage anhelt und andere Zu-
faͤll dabey ſind/ ſolches aber kompt aus
unvermoͤglichkeit der Daͤwung und der
Kraͤffte.


72. Iſt das Fieber/ oder der
Krampff in Haͤupt-Wun-
den ſorglicher?


Dieſe Frage kan ohne Limitation nichtGemiſcht[e]
Frag.

fuͤglich beantwortet werden/ dann beyde ſo
ſtarck den Patienten angreiffen koͤnnen/
das ſie ihn woll gar wuͤrgen und toͤdten/
nach dem ſie eine Complexion antreffen/ man
kan auch auß vorhergehenden Fragen/ von
beyden Zufaͤllen pro \& contra diſputiren:
Doch ſcheinet das Fieber ertraͤglicher zu
ſeyn.


73. Was iſt zu thun/ wenn man
einen bekaͤhm/ dem ein Stuͤck
ſampt dem Ohr vom Haͤupt

Pabge-
[226]Ander Theil
abgehawen wehre/ daß es
noch ein wenig anhinge?


Ich wolte ihn vom Blut und Haar ſau-
beren/ den Schlampen wie auch das Ohr
anhefften/ doch daß man den Kroſpel mit
der Nadel nicht beruͤhre/ denn es macht
Entzuͤndung und Faͤulung; oder ohne
Hefften/ das Ohr mit einem klebenden me-
dicament
von weiß vom Ey/ Maſtix/
Hartz/ Terpentin/ Roſenoͤhl und wenig
Wachs gemacht/ anhefften/ ein trucknen-
des Pulver von rothen Roſen/ bol: armen
und flor: balauſt: darauff geſtreuet/ und das
Empl: barbarum oder Diapalma daruͤber ge-
legt/ und woll zuſehen/ damit weder Mate-
rie noch ein Fleiſch in dem meatum audito-
rium
kaͤhme.


74. Wie ſind die Knochen in
der Cur weiß zu halten?


Dreyertey
wodurch die
Knochẽ weiß
zu halten.

Wann man ſo viel muͤglich die euſerliche
Lufft nicht ankommen laͤſt: Zum andern/
wann man ſie fleißig mit trucken Pulver
und Faͤßlein beleget/ daß das Eyter/ oder
der ſcharffe Wundſchweiß nicht dazu kompt.
Drittens/ wann man nichts ſchmutziges
oͤhlichtes oder fettes gebrauchet/ und alſo
ſelbſt kein Anlaß zur Faͤulung und Verder-
bung giebt.


75. Wie
[227]von den Wunden.

75. Wie iſt einem zu helffen/
welcher ins Ohr geſtochen
worden/ und ſehr blutete/
das Ihm kein Schad am
Gehoͤr bringe?


Fabritius Hildanus Cent: 1. obſerv: 6.
hat einem Toͤchterlein/ welche die Ohren
mit einer Nadel reinigen wollen/ und ihr
die Nadel entfallen und ſtecken bleiben/ daß
das Ohr voller Blut worden/ ein decoctum
mit einem Schwam uͤbergelegt/ welches
gemacht war von Eibiſch-Wurtzel/ fœn:
græc:
Chamillen-Blumen/ Stein Klee und
braun Bethonien/ und ſolches alle Tag
drey oder vier mahl gebrauchet/ wor von
ſich nicht allein das Blut geſtillet/ und auß
der Hoͤle des Ohrs das Blut durch den
Schwam an ſich gezogen/ und in ſich ge-
ſchlucket/ ſondern auch im kurtzen nach Auß-
ziehung der Nadel/ zurecht kommen.


76. Was iſt zu thun/ wann ei-
nem die Ohren erfrohren?


Man ſoll ein Stuͤck Eys oder Schnee
ehe man in die Waͤrmbde kompt/ daran
halten/ ſo ziehet ſich der Froſt herauß/ her-
nach mit ſtarckem Brandwein und Pfeffer
reiben.


P ij77. Was
[228]Ander Theil

77. Was iſt zu thun/ wann ei-
nem ein Floh oder Kaͤfer
ins Ohr gekommen?


Aquapen-
dens.

Wie woll ſolche offt herauß zu bringen/
wann man ein Puͤſchlein Haar in das Ohr
hinein ſchiebet/ auff welches ſie hecken blei-
ben/ und alſo mit dem Haar koͤnnen herauß
gezogen werden/ ſo kan man doch/ wann
es auff ſolche Weiſe nicht angehen wolte/
ein warmes ſuͤſſes Mandel-Oehl ins Ohr
gieſſen/ und wieder herauß flieſſen laſſen;
man kan auch an ein Inſtrument ein
Schwaͤmlein anbinden/ ſelbiges in etwas
klebriges eintuncken/ und damit mehlig in
das Ohr fahren; Oder Nieß-Pulver ge-
ben/ und im Nieſen Naas und Maul zu-
halten.


78. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner lange Zeit nicht gehoͤ-
ret haͤtte?


Von der Chirurgia zu reden/ ſoll man
das Ohr von dem Unflat mit einem Ohr-
loͤffel woll reinigen. Wann aber ſolches
etwa mit einem Fell oder Haut verwachſen/
gebiethet zwar Celſus und Paulus, die Haut
zu oͤffnen/ und den meatum auditorium mit
einem Roͤhrlein offen zu halten/ biß die
Wunde geheilet: Allein Aquapendens haͤlt
davor/
[229]von den Wunden.
davor/ daß im Schneidẽ das Tympanum leicht
koͤnne verletzet werden/ gebeut derohalben/
man ſoll vielmehr mit Einflieſſung eines
Meerzwieflen Eßig/ Zwifel-Safft/ oder
aqua vitæ das Fell duͤnne machen/ hernach
gar durch freſſen/ mit ol: ſulph: oder ol: vi-
triol
mit Roſen-Waſſer vermiſcht/ herge-
gen aber ſich huͤten/ daß das Tympanum
nicht verzehret werde/ welches gemercket
wird/ wann der Patient etwas beſſer hoͤret/
und man als dann weniger von den ſcharf-
fen Sachen nehmen und brauchen muß.
Wann aber der Schade auß Fluͤſſen kaͤh-
me/ muͤſſen ſolche durch innerliche Artzeneyen
gehoben werden.


79. Was iſt zu thun/ wann
einer uͤber zwerg uͤber ein
Aug gehauen/ und das Au-
gen-Bein mit ſampt dem
Augen-Lied und Stern
entzwey waͤre?


Nach dem man Ihn vom Blut geſau-Hand-Cur.
bert/ ſoll man zuſehen/ ob ledige Knochen
verhanden/ und ſelbige herauß thun/ im
anderen Gebaͤnd den Bruch der Hirnſchal
recht erforſchen/ ob er durch beyde Tafeln
oder nicht/ die ſpitzige Ecken mit einem Ra-
ſorio
oder Meiſſel ſittſam wegnehmen/ ein
P iijtrucken-
[230]Ander Theil
trucken-Pulver mit trucknen Faͤßlein zwi-
ſchen die zwo Taffelen bringen/ die Hoͤlen/
wie auch den Knochen mit Carpey woll
außfuͤllen/ die Lefftzen der Wunden mit ei-
nem ungv: digeſtivo verſehen/ mit Oehl und
Pflaſter defendiren/ und dem Haupt eine
ſtaͤrckende Behung gebrauchen/ wegen des
verwundeten Auges/ ſoll man Schmer-
tzen-ſtillende Sachen gebrauchen/ als
Frauen-Milch/ Tauben-Blut das unter
den Fluͤgeln iſt/ oder ein Cataplasma von
gebrahtenen Aepffeln mit Gerſtenmehl/
Schleim von Ibiſch-Wurtz und Floͤh-
kraut-Saamen/ das geſunde Aug ſoll
man gleichfals zubinden/ damit das Ver-
letzte nicht beweget werde/ nachmahls ein
gut Collyrium gebrauchen. Wo aber das
Auge ſelbſt nicht Noth gelitten/ muß man
die Wunde nicht alſo bald zu heilen/ ſon-
Noͤthige An-
merckung.
dern ſehen/ ob der Menſch auch das Aug
auffmachen/ und das Augenlied auffbehal-
ten kan/ wo nicht/ ſo ſoll man verſuchen/
wie viel es zuviel/ daſſelbige alsdann uͤber-
zwerg von der Muſculoſiſchen Haut weg-
ſchneiden/ die Lefftzen mit einem Schnitt
erneuren/ und alſo an einander fuͤgen/ an
zweyen Orten hefften/ und in der Mitten/
als wie in den Haaſen-Scharten/ die Na-
del ſtecken laſſen/ die Wunde fein trucken
halten/ mit Binden und Polſter verſehen/
daß
[231]von den Wunden.
daß kein Apoſtema verurſachet werde/ her-
nach die Narbe mit ol: camphoræ, ovorum,
myrrhæ
oder Talci oder Waſſer von geſotte-
nen Eyern in balneo deſtillirt/ vertreiben.


80. Wie iſt zu rathen/ wenn ei-
nem der Augapffel an das
Augenlied gewachſẽ were?
Wie iſt ſolches Fleiſch weg
zu bringen?


Solche Zuſammen-wachſung geſchicht/Urſach.
wann die Geſchwaͤr oder Wunden der Au-
gen nachlaͤſſig geheilet werden/ wann
nehmlich zwiſchen dem verwundetem Aug-
apffel und Augenlied/ entweder nichts dar-
zwiſchen geleget wird/ oder faͤſt zugebun-
den werden. Wiewol nun Celſus lib: 7.
cap.
7, und Hieronymus Fabritius ab aqua-
pendente in cap. de ancyloblepharo
lehren/
ſolches durch den Schnitt zu curiren/ ſo hat
doch Hildanus cent. 6. Obſerv: 7. eine an-
dere Weiſe ohne Schnit zu helffen: nem-Cur ohne
Schnitt.

lich/ Er bindet einen ſeidenen Fadem an
das Ende eines krummen ſubtielen Su-
chers/ und faͤhret von einem Augen-Win-
ckel biß zum andern durch/ und bindet die
zwey Ende der Seiden aneinander/ haͤnget
des Tages ein Gewichtlein Bley eines
Qvintl: ſchwaͤr daran/ in das Aug ſtreicht
P iiijer
[232]Ander Theil
er mit einer Huͤner Feder ein Saͤlblein ein/
gemacht von Roſen-Wegereich- und Au-
gentroſt-Waſſer preparirte tutien, Bley-
weiß/ gebrand Hirſchhorn mit dicken Qvit-
ten-Schleim zum Salblein gemacht/ wird
alſo innerhalb zehen oder mehr Tagen alles
des jenige was angewachſen/ durch beſag-
ten Fadem abgeſchnitten/ die Stirn und
Augenlied ſchmieret man mit Regenwuͤrm-
oͤhl/ und legt ein Saͤcklein daruͤber von Be-
thonien/ Augentroſt/ Chamillen/ Schluͤſ-
ſelblumen/ Roſen und Roßmarin/ in
Waſſer geſotten.


81. Wie iſt zu helffen/ wann ei-
nem durch Fallen oder ſtoſ-
ſen das Hintertheil am
Augapffel herfur gekehret
were?


Platerus in
lib: Praxeos
\& obſerv:
lib: 1: pag:

103.

Dieſes iſt ein ſorglicher Handel/ denn
ſchlechte Artzeneyen verachtet es/ wann
man aber ſtarcke/ als zuſammenziehende
Mittel brauchet/ machet man durch die
Einſchrumpffung und einruntzelung das
Sehen ſchwach; doch kan man das rothe
Roſen-Waſſer/ in welchem die Flores Ba-
lauſtiæ
gekocht/ ſo woll uͤberlegen/ als ein-
troͤpflen. Item, Granatſchelffen in Roſen-
waſſer geſotten. Man muß auch zu gleich
den
[233]von den Wunden.
den Leib nach gebuͤhr bereiten/ auch
Schroͤpff-Koͤpffe und Setaceum in den Na-
cken ſetzen.


82. Was iſt zu thun wenn ei-
nem mit einem heiſſen Ei-
ſen ins Auge geſtochen
worden were?


Dieſer Zuſtand hat zwey intentiones,Fabrit: Hild:
vom brennen.

erſtlich/ daß man das brennen und deſſen
Schmertzen ſtille/ darnach/ daß man die
Wunde heile. Wegen des Brandes/ ſoll
man defenſiva oder Schutz-Mittel umb die
Stirn und Schlaͤfe ſchlagen/ in die Augen
ſoll man ſtets eintroͤpflen lawlechte Weiber-Cur und Hei-
lung.

Milch und Roſen-Waſſer/ darin ein we-
nig gantzer Saffran eingebeitzt geweſen/ es
ſoll auch ein gedoppeltes Tuͤchlein in ſolcher
Milch genetzt/ umb die Augenlieder geſchla-
gen werden/ und ſolches/ ſo offt es trucken/
wiederholen/ wann der Schmertz groß/
kan man zwey oder drey Gran Opij unter
das Augen-Waſſer miſchen. Wann die
Ruffen hinweg/ muß man das Geſchwaͤr
wie ſonſten zu heilen/ und etwas vom gum-
mi Elemj
darunter miſchen/ denn es treflich
gut zu den Wunden ſolcher Glieder. Man
muß auch zuſehen/ das die AugenliederAnmerckung
nicht erhaͤrtet/ noch zu ruͤck gezogen werden/
P vwes-
[234]Ander Theil
weswegen dann der ſchmertzhaffte Ort mit
einem erweichenden Saͤlblein/ gemacht von
Gum: Elemj, weiß Lielien-Oehl/ Baͤhren-
Schmaltz und Sleim von Fœn. græco ge-
ſchmieret werden muß/ doch daß das Saͤlb-
lein dicke ſey/ damit es nicht in die Au-
gen lauffe/ denn die feiſte Sachen/ wann
ſie in die Augen kommen/ machen ſie
ſchmertzen.


83. Wie iſt der Glantz und das
Sehen zu behalten/ wann
die Kinder Durchſchlecht
oder Pocken bekommen?


Paræus.

Wann man ein Argwohn ſolcher
Kranckheit hat/ ſoll man die Augen wie
auch die Lieder beſtreichen mit Roſen-Waſ-
ſer/ unzeitigem Trauben-Safft/ mit ein
wenig Kampffer vermiſcht: oder Granat-
ſchelffen/ Aloes in Waſſer geſotten/ und
ein wenig Saffran dazu gethan/ auch iſt
ſehr dienlich/ die Augenlieder rund umb
mit dem Rauten-Safft/ in welchem ein we-
nig Saffran/ beſtrichen.


84. Wie iſt denen von Hitz und
Fluͤſſen rothen Augen zu
helffen?


Innerklche
Cur.

Erſtlich muß man auß Raht und ange-
ben
[235]von den Wunden.
ben des Medici ein gutes Diaͤt anſtellen/
die vorhergehende Urſach außfegen durch
Purgationes/ Aderlaſſen/ Schroͤpff-Koͤpf-
fe auff den Schultern/ und Reiben. Zu
den Mit-anhangenden und gegenwertigen
Urſachen/ braucht man unterſchiedliche euſ-Euſſerliche
Cur.

ſerliche Mittel/ nach gelegenheit der vier un-
terſchiedlichen Zeiten der Entzuͤndung/ als
im Anfang/ wann ſich die ſcharffe Matery
mit groſſem Ungeſtuͤm hervor thut/ braucht
man die jenige/ ſo da hefftig zu ruͤcke treiben/
nachmahls in dem Auffſteigen und Zuneh-
men die zu ruͤcktreibende/ mit den Zerthei-
lenden vermiſchet/ als Roſen-Waſſer/
Wegbreit-Waſſer/ Schleim von Gum.
tragam,
mit Eyerklahr vermiſcht/ und
warm in die Augen getriefft/ auch außwen-
dig uͤbergelegt; Wann der Schmertz groß/
ſoll man uͤber das ein Cataplasma von Pſil-
lien
und Quitten-ſchleim/ Weißbrohſah-
men in Milch eingeweicht/ und Roſenwaſ-
ſer vermiſcht/ uͤberlegen. In die Augen/
Tauben und Huͤner Blut unter den Fluͤ-
geln/ eintroͤpflen.


85. Woher wachſen die Felle
uͤber die Augen/ und wie
ſind ſie zu vertreiben?


Dieſe entſpringen entweder von auſſenUrſprung.
her/ als von einem Stich/ Stoß/ Fall
und
[236]Ander Theil
und dergleichen/ oder innerlich/ von den
jenigen Feuchtigkeiten/ ſo zu den Augen rin-
nen; die Fell/ die nunmehr alt/ und dem
euſerſten Haͤutlein des Auges faͤſt und hart
anhangen/ koͤnnen ſchwerlich abgeſchnitten
werden/ und ſoll ſich auch kein Wund-Artzt
nicht leicht unterſtehen/ und ſonderlich/ ſo
ſie das gantze Aug bedecken/ denn ob man
ſie ſchon ſchneidet/ ſo verhindert doch nach-
mahls die hinterbliebene dicke Narbe das
Hand-Cur.Sehen. Die aber/ ſo nicht faͤſt anhangen/
ſondern da man mit einem Inſtrument da-
zwiſchen kommen kan/ ſoll man weg ſchnei-
den/ und zwar nach Paræi und Georg Bart-
ſchen Meinung/ das Fell mit einem Haͤck-
lein auffheben/ und alsdann mit einem klei-
nen krummen Meſſerlein daſſelbe abloͤſen.
Doch iſt ſicherer/ das Fell mit einer Nadel
mit Seiden durch ſtechen/ etwas anziehen/
und mit einem kleinen Zwick-Scheerlein
das Fell abſchneiden/ nach dieſem ein Pul-
ver hinein ſtreuen/ von tutia ppt, ſach: ♄ni,
vitriol: alb. ſachar cand, magiſt: alum.
ge-
macht/ man muß aber woll zuſehen/ damit
man den Augen-Winckel nicht mit aus
ſchneide oder verletze/ denn dadurch wuͤrde
ein unauffhoͤrliches Augentrieffen erfolgen.


86. Was iſt zu thun/ wann
einem eine Mußquet oder

Rohr
[237]von den Wunden.
Rohr zerſprungen/ alſo
daß Ihm das Pulver die
Augen und das Angeſicht
verbrandt haͤtte?


Wann das Angeſicht mit Schieß-Pul-Cur und Hei-
lung.

ver verbrandt/ und Pulver-Koͤrnlein in der
Haut ſtecken blieben/ ſo muͤſſen die Koͤrnlein
alſobald heraus gezogen werden/ mit einem
ſcharffen Inſtrumentlein/ und wann Blaͤt-
terlein auffahren/ geſchicht ſolches mit gerin-
ger Muͤhe/ wann aber die Haut ſchon zuge-
heilet/ und ſchwartze Flecken hinterblieben/
muß man die Haut mit einem veſicatorio
oͤffnen/ und die Blaͤßlein auffſchneiden/
nachmahls mit einer Salben von ungeſal-
tzener Butter/ ungv: baſilicon: weis Lilien-
und Eyeroͤhl gemacht/ verbinden/ und alle-
zeit zuſehen/ daß man das Schwartze in
wehrendem Verbinden abledige; Wann
aber die Haut allein von der Flamme des
Pulvers verbrandt/ ſoll man das Saͤlb-
lein von Seiffen/ Suͤß-Mandel-Oehl/
Eyeroͤhl und Quitten-Schleim beym Hil-
dano
beſchrieben/ gebrauchen. Ins Aug
kan man eintroͤpflen Quitten-Schleim mit
Wegbreit- und Roſen-Waſſer gemacht/
ein wenig Weiber-Milch dazugethan/ ſon-
derlich aber iſt Fleiß anzuwenden/ daß der
Zufluß der Feuchtigkeiten verhindert/ uñ der
Schmertz
[238]Ander Theil
Schmertz geſtillet werde/ welches geſchicht
durch Purgieren/ Aderlaſſen/ und defenſi-
va
oder Schutz-Mitteln.


87. Was iſt zu thun/ wann
einem die Naaſe alſo abge-
hauen/ daß ſie noch ein we-
nig anhieng?


Solche ſoll man wieder an ihren ordent-
lichen Ort helffen/ und mit etzlichen Hefften/
ſo viel als noͤthig/ oder welches beſſer/ mit
Saͤlb-Hefften/ ein oder zwey Roͤhrlein in
die Naasloͤcher ſchieben/ theils die Beiner ſo
etwañ entzwey/ an ihren Ort zubehaltẽ/ theils
dem Athemen und Außgang der Materie
einen freyen Gang zu laſſen/ nicht mit ſehr
vereyterenden Mitteln/ ſondern vielmehr
truckenen/ verbinden/ mit guten Binden
und Polſtern verſehen/ damit die Naas
nicht gedrucket/ und alſo ein Ungeſchick dar-
aus wuͤrde/ und mit ihr verfahren/ wie bey
den Fleiſch-Wunden gedacht worden.


88. Was iſt bey einem groſſen
Naaſenbluthen zu thun/
und woher kompt es?


Gveltherus
maele.

Das groſſe Naaſenbluten kompt daher/
wann etwa durch einen Stoß oder Schlag
eine Ader entzwey geriſſen/ oder aber das
Blut
[239]von den Wunden.
Blut ohne das ſo haͤuffig/ daß es ſeinen Auß-
gang nothwendig ſuchen muß/ oder ſonſten
durch eine bey ſich habende Schaͤrffe die
Mund-Loͤchlein der Adern oͤffnet; Es ge-
ſchicht insgemein in dem dritten ſinu oderThom: Bar-
tholin: a-
nat: refor-
mat:

Kammer des Hirns/ welcher gantz weit hin-
unter/ biß in die Naas hinein gehet. Sol-
chem nun zu begegnen/ ſoll man eine Ader
auff derſelbigen Seiten oͤffnen/ den Zufluß
des Gebluͤhts abzuwenden/ umb die Stirn/
Halß und Schlaͤff kan man ein UmbſchlagCur.
brauchen von bolo armeni, terra ſigillata mit
Eyerweiß und Roſen-Esſig angemacht.
Auff die Leber und Achſeln kan man groſſe
Ventoſen ſetzen: In die Naaſe kan man
Meiſſel machen/ mit Weyrauch/ aloe, bolo
armen, rad: tormentil.
oder von laudan: opi-
ato
mit Zindel uͤberzogen. Hildanus ruͤhmetCent: 2. ob-
ſerv.
15. 16.
17.

das Moß vom Todten Kopff/ mit einem
Meiſſel in die Naaſen geſteckt. Innerlich
ein Tranck von Wegerich-Erdbeer- und
Wegwarten-Waſſer mit ſyr: citri und gra-
nator. terra ſigillata
und bolo armeni zuge-
richt. In der euſerſten Gefahr ſetzet man
den Patienten in eine Wanne voll kaltes
Waſſers/ da dann das Gebluͤht erkaltet
und dick wird.


89. Wann aber die Naas zu
bluten auffhoͤrete/ das Blut

aber
[240]Ander Theil
aber dagegen in den Leib
lieffe?


In dieſem Zuſtand ſoll man die vorigen
obgedachte Mittel eben woll gebrauchen/
zugleich aber ein Mund-Waſſer verordnen/
von kuͤhlenden gebrandten Waſſern/ mit
etzlichen zuſammenziehenden Dingen/ als
ſucco acatiæ, extract: tormentil: und derglei-
chen/ zu dem auch dem Patienten mehr vor
ſich den Kopff halten laſſen/ und vor das
ſchon in den Leib eingelauffene Blut
eingeben/ ein decoctum ſem: Apij, Bdellium
cum acoro
und dergleichen.


90. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner zum Mund in den
Halß geſtochen waͤre/ und
ſehr blutete?


Cur durch
innerliche
Artzeneyen.

Wiewoll die Wunden des Halſes an
ihm ſelbſt gar nicht gefaͤhrlich/ ſo ſind ſie doch
faſt toͤdtlich/ wann die Speiß- oder Lufft-
Roͤhr/ oder die inneren Hals-Adern/ oder
die Nervi recurrentes entzwey geſtochen
ſeyn: In ſolchen bluthen aber und Ver-
letzung der inneren Hals-Adern oder arte-
terien
ſtehet der Patient in hoͤchſter Gefahr/
als welche man durch medicamenta, nicht
anders/ als durch kuͤhlende und zuſammen-
ziehen-
[241]von den Wunden.
ziehende Mittel ſtillen kan/ mit der Hand-Hand-Cur.
Cur aber nicht dazu kommen kan. Wann
aber die euſerſten verwundet ſeyn/ muß man
geſchwind die beyde Ende der Ader oder ar-
terie
mit einem Fadem zubinden/ und zwi-
ſchen beyden Faͤdem das vas entzwey ſchnei-
den.


91. Was iſt zu thun/ wann
ſchwammecht Fleiſch im
Halſe waͤchſt?


Allhie kan man nicht wie anderen Ge-
ſchwaͤren etwan aͤtzende Pulver uñ ungven-
ten
gebrauchen/ ſondern man muß mit
kuͤhlenden Mund-Waſſern helffen/ das
ſchwammichte Fleiſch mit dem ol: ſulphuris
oder vitrioli betupffen und wegbringen.


92. Was iſt zu thun wann ei-
ner zum Mund unter der
Zungen hinein geſchoſſen
waͤre/ und worvon ſind in
dieſem affect die Gurgel-
Waſſer zu machen?


Wiewoll dieſes ein ſehr gefaͤhrlicher Zu-
ſtand/ und ein gar empfindlicher Ort/ ſo
ſoll man nichts deſto weniger dem Patien-
ten ein Mund-Waſſer machen von Oder-
mening/ Tauſendguͤldenkraut/ Pimpinell/
OWer-
[242]Ander Theil
Wermuth/ Wegerich/ runde Holtzwurtz/ in
Gerſten-Waſſer geſotten/ und hinzuthun
Aloe und Roſen-Honig/ mit demſelben etz-
liche Tag anhalten/ auch kan man/ wo es
vonnoͤthen/ von dem ungv: ægyptiaco hinzu-
thun.


93. Wie viel Kranckheiten iſt
der Mund unterworffen?


Deren ſind unterſchiedlich/ als die Mund-
faͤule/ der Schorbuck/ die Schwemme
der jungen Kinder Aptha genandt/ die
Froſch oder Ranula unter der Zungen/ die
Geſchwaͤr des Zahnfleiſches/ Zungen und
Zaͤpfleins/ die Braͤune im Halſe ꝛc.


94. Wie iſt die Mund-Faͤule
zu erkennen/ wo ruͤhret ſie
her/ und wie iſt ihr zu helfen?


Joh: Andre-
as â Cruce

Die Mund-Faͤule kan man mit Augen
ſehen und mit den Haͤnden fuͤhlen/ und
kompt/ die rothe auß dem uͤberfluß des
Blutes/ die gelbe auß der Gallen/ die weiſ-
ſe auß der Phlegma, und die ſchwartze/ wel-
che die alleraͤrgſte/ auß der Melancholey/
faͤnget offtmahls an dem Zahnfleiſch an/
und erſtrecket ſich durch den Rachen/ Zaͤpf-
lein und gantzen Mund. Galenus unter-
ſcheidet ſie in zweyerley Art/ als nehmlich
in die eine/ welche den Kindern durch die
ſcharf-
[243]von den Wunden.
ſcharffe Milch der Saͤug-Ammen verurſa-
chet worden/ welche geheilet wird/ wenn
man der Saug-Ammen erkaltende Speiſe
giebet/ die Bruͤſte mit warmen Waſſer
behet/ und alſo die Milch temperiret. Die
andere Arth/ die auß einer hinzuflieſſenden
Matery und gifftigen boͤſen Feuchtigkeiten
entſtehet/ iſt ſehr muͤhſam und ſchwer zu hei-
len/ und ſoll man dieſelbe mit dem gruͤnen
aq: fort: welches die Goldſchmiede ſchon ge-
brauchet/ beruͤhren/ oder mit dem Ol: Vi-
triol,
oder Sulphuris, Nochmahls ein Mund-
Waſſer gebrauchen/ von Odermenig/
Wegbreit/ Miltzkraut/ mit Roſen- und
Maulbeer-Safft vermiſchet: Wann
Schmertzen da ſind/ pflegt man ſie mit
Kuͤh- und Geißmilch/ oder mit rothen herben
Wein abzuwaſchen/ das rob nucum, dia-
morum
und Syr. Granatorum iſt auch gut.
Bey einem erwachſenen Menſchen ſoll man
nebſt ſchmaͤlerung der Diaͤt/ ein gut Theil
Blut laſſen/ den Leib woll reinigen/ und die
Leibes uͤbung verbiethen.


95. Wie iſt der Schorbuck zu-
erkennen/ wie wird er ver-
urſachet/ und wie iſt er zu
heilen?


Der Schorbuck nimbt ſeinen Urſprung/Hild: cent [...]
5. odſerv:

Q ijent-
[244]Ander Theil
5. in Epiſt:
ad Ludovic:
Schmit
entweder auß des umbgehenden Luffts und
des Orthes Natur und Beſchaffenheit/
oder auß boͤſer Ordnung im Eſſen und
Trincken/ oder aber/ auß einer ſonderbah-
Urſach.ren Leibes Beſchaffenheit/ welche alle dero-
geſtalt muͤſſen geartet ſeyn/ daß dannen-
hero eine dicke/ rohe/ kalte/ unreine/ es ſey
gleich Melancholiſche oder mit der Pituito-
ſiſchen vermiſchten Feuchtigkeiten umb die
Glieder der Nahrung gezielet und bereitet/
und von dannen in alle Glieder des Leibes/
durch die Adern koͤnnen mit getheilet wer-
den/ daß alſo auch das Zahnfleiſch ange-
ſtecket wird/ wiewoll der Schorbuck ſich
auch an den Fuͤſſen ſehen leſſet/ auch eine
Sennertus
lib. 5. pra-
xeos.
gangrænam ſcorbuticam verurſachen kan/ ſo
iſt doch nur allein von der ſchorbuckiſchen
Mund-Faͤul die Frage/ welche auffſchwilt/
Blut von ſich giebt/ verfaulet und verdir-
bet/ daß auch die Wurtzel der Zaͤhne bloß
ſtehen/ worzu auch Anlaß giebet/ der haͤuf-
fig angeſetzte Schleim an den Zaͤhnen/ und
der darauß coagulierte Tartarus, welcher
Cur.ebenmaͤßig das Zahnfleiſch verdirbet/ der
erſtlich muß abgeſchabet werden/ nachmahls
braucht man das Ungv: ægyptiac, mit dem
Succo citri vermiſchet. Item. mel roſarum,
mit pul: mirrhæ, ſalviæ, alum: uſti, ſp. vitri-
ol.
vermiſcht/ Item, ein Mund-Waſſer
von Herb. baccabung: plantag, aqvileg, cort:
auran-
[245]von den Wunden.
aurantiar: in Nachtſchatten-Waſſer/ oder
rothen Wein gekocht/ mit hin zuthun
Alum: uſti, mel roſarum, diamorum und
Syirit: Vitrioli.


96. Wie iſt dem zu helffen/
welchem ein Bein oder
Fiſch-Graͤd in dem Halſe
beſtecken bleibet?


Wann etwas Widriges in die Speiß-Hild: Centi
1. obſ.
36.

Roͤhr kommen/ ſoll ſolches/ ſo bald es
muͤglich/ herauß gezogen werden/ und ver-
ſucht man ſolches ins werck zuſtellen/ erſt-
lich/ wann man den Patienten zum Er-
brechen noͤtiget/ da dann offtmahls/ auff
ſolche weiſe daſſelbe herauß gebracht wird/
oder nach dem man Ihm den Mund mit
Nieder-druckung der Zungen auffgemacht/
ſiehet man zu/ ob ſolches mit einem Raben-
Schnabel zu faſſen ſey/ wo nicht/ ſo gießt
man den Patienten erſtlich Suͤß-Mandel-
Oehl in den Halß/ fahret alsdann mit des
Hildani dazu gemachten Inſtrument fein
ſanfft in die Speißroͤhr/ und iſt woll acht zu
haben/ daß man mit dem Schwaͤmlein/
welches am Inſtrument iſt/ und mit Man-
del-Ohl geſchmieret/ hart an die Gewerb
des Halſes niederfahre/ damit man das epi-
glottis
niederdrucke/ und alſo die Lufftroͤhr
Q iijvor-
[246]Ander Theil
vorbey gehe/ und wann du auff das Bein-
lein oder Graͤd kommeſt/ ſo drehe es fein ge-
mach umb/ und ziehe alsdann das Inſtru-
ment in die Hoͤhe/ ſo wird entweder die
Graͤd oder Knoͤchlein in des Inſtruments
Loͤchlein beſtecken bleiben/ oder an dem
Schwamlein hangen/ oder es wird daſſel-
bige in den Magen hinunter geſtoſſen.


97. Was iſt zu thun/ wann einer
hinten am Halß eine Wunde
haͤtte/ und die Wunde ſich
gern uͤberſchlupffte?


Wann ſonſten keine Blut- und Pulß-
Ader/ zu dem auch kein Nerv verwundet/
ſollman mit digeriren, hefften/ mundificierẽ/
defendiren uñ conſolidieren verfahrẽ/ wie bey
anderen Fleiſch-Wunden gedacht worden/
allein dieſes iſt woll in acht zu nehmen/ daß
man zugleich Artzeney brauche/ das Haupt
zu ſterckẽ/ deñ leicht eine convulſion dazu kom-
men kan/ dieweil die Nerven an ſolchem
Ort leicht koͤnnen lædiret werden: Im uͤbri-
gen muß man wegen der Uberſtulpung Fleiß
anwenden/ daß die Haut ſo viel muͤglich/
erweichet/ und die Lefftzen im Anfang an
einander gebracht/ und das uͤbrige mit
Fleiſch angefuͤllet werde.


98. Was
[247]von den Wunden.

98. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner einen Streich uͤber zwerg
in den Halß bekommen haͤt-
te/ daß die muſculi und Ner-
ven/ ſo vom Hirn gehen/
gleichfals entzwey waͤren/
und Ihm der Kopff vor ſich
hienge?


Dieſes iſt eine gefaͤhrliche und toͤdtliche
Wunde/ denn ſo die Muſculi, welche das
Haupt auffrichten/ zertrennet ſeyn/ verlieh-
ren ſie ihre Bewegung/ ſind die nervirecur-
rentes
an einer Seiten entzwey/ erfolget eine
Heißrigkeit/ ſind ſie auff beyden Seiten ent-
zwey/ erfolget eine Stumheit/ iſt das
Marck im Ruͤckgrad verletzt/ ſo verliehret
ſich alle Bewegung der Glieder; Doch/
wenn man dazu beruffen/ ſoll man ſolches
den Umbſtehenden anmelden/ und wann et-
was von den Knochen loß/ ſolche heraus
nehmen/ das Blut ſtillen/ den Ruͤckgrad
biß zum Haupt hinauff mit warmen Oeh-
len/ wie offt gemeldet/ defendieren/ und wie
mit einer Nerven-Wunden verfahren.


99. Wann einem die groſſe Pulß-
Ader am Halß entzwey
waͤre/ und ſehr blutete?


Q iiijDie-
[248]Ander Theil
Aquapeu-
dens.

Dieſes iſt gleichfals eine toͤdtliche Wun-
de/ in dem ſich der Menſch gar leicht ver-
bluthen kan/ ehe der Wund-Artzt darzu
kompt/ wann aber die Wunde nicht groß/
kan man erſtlich mit einem Blutſtillungs-
Pulver die Wunde verbinden/ dieſelbe zu-
ſammen hefften/ kuͤhlende und zuruͤcktrei-
bende Artzeneyen brauchen/ das Blut/ wo
die Kraͤffte da ſeyn/ durch eine Aderlaß ge-
gen uͤber abfuͤhren/ wo nicht/ mit Schraͤpff-
Koͤpffen verrichten; Wann aber ſolches
mit Mendicamenten ſich nicht wil ſtillen laſ-
ſen/ muß man/ wie ſchon geſagt/ beyde ver-
wundete Ende der Pulß-Ader zubinden/ und
in der Mitten abſchneiden und verheilen/
und muß man Fleiß anwenden/ daß man
in den Wunden der Arterien/ durch die
Fleiſch-ziehlende Pulver ein hartes Fleiſch
generiere/ damit nicht ein ancurisma verur-
ſachet werde.


100. Wie lang ſoll ein ſolcher
Patient verbunden bleiben?


Nach dem man das Blut mit einer
Blut-Stillung geſtillet/ ſoll mans vor den
dritten Tag nicht auffbinden/ und wann
alsdann das medicament feſt anklebet/ ſoll
man ſolches nicht wegthun/ ſondern ein an-
ders daruͤber legen/ waͤre aber das medica-
ment
loß/ ſoll mans ſanfft abnehmen/ und
mit
[249]von den Wunden.
mit der lincken Hand die Ader oder Arterie
drucken/ und wieder eine Blutſtillung in
die Wunden thun/ biß man ſich nicht mehr
des Blutens zu befuͤrchten hat.


101. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner mit einem Zwerg-Beil
durch das Schulter-Blat
gehauen waͤre?


Wann die Wunde klein/ auch nicht ſehr
tieff/ hat es mit dieſem keine Gefahr/ und
ſollen/ wie andere Fleiſch-Wunden/ mit
digerieren/ munuificieren ꝛc. geheilet wer-
den/ wann ſie aber groß/ ſollen ſie woll in
acht genommen/ und wie die Wunden der
Nerven geheilet werden/ wie im kurtzen ſoll
geſaget werden.


102. Wann einer uͤberzwerch
einen Strich in die Achſel
im Glied hatte/ wie iſt ihm
zu thun/ und was kommen
fuͤr Zufaͤlldazu?


Dieſer Schaden iſt faſt ſorglich/ in demGeorg: Gel.
man.

die Glieder wegen der unterliegenden Ner-
ven fuͤr anderen Theilen ſehr empfindlich/
auch durch allerhand Zufaͤll toͤdtlich. Der
Muſculus Deltoides, welcher die Achſel uͤber
ſich hebet/ wird allhie verwundet/ wird
Q vauch
[250]Ander Theil
auch leicht Beinſchroͤtig/ in dem der proces-
ſus coracoides,
welcher vom Schulterblat
herfuͤr gehet/ nahe dabey iſt. Der Zufall/
welcher ſich bey dieſen Schaden ins gemein
Anmerckung.einfindet/ wenn man nicht recht fleiſſig mit
ihm umbgehet/ iſt die Apoſtemierung des
Arms/ und iſt nicht leicht ohn ein mercklich
Fieber/ und erzeiget ſich ſolch apoſtem, wann
ſich ein Schmertz hinabwerts des Ellbogens
zwiſchen den Muſculen mercken laͤſt/ und
iſt ſolcher Schmertz ſtechend/ und wird mit
Hitz und Durſt begleitet/ ſo aber die zuflieſ-
ſende Materie in den Nerven fortgehet/
werffen ſich an etzlichen Orten Hoͤlen und
Cur und Hei-
lung.
Beulen auff. Dieſen Schaden recht zu
handeln/ muß man das Blut abſeuberen/
die ledige Beiner herauß nehmen/ die Achſel
in die Hoͤhe heben/ in der Mitten einen ſtar-
cken Hefft thun/ doch nicht genau zuſam-
men ziehen/ damit die Artzeneyen unverhin-
dert in den Grund der Wunden koͤnnen
gebracht werden/ hernach das Blut ſtillen/
unter die Achſel ein Kugel-Polſter binden/
wie auch den Schaden ſelbſt faſſen. Im
anderen Gebaͤnd ein warm digeſtiv, ſo mit
gum: elemi gemacht/ hinein floͤßen/ ein lin-
des Tuͤchlein oben darauff legen/ uͤber dieſes
ein Celtlein Stich-Pflaſter; den gantzen
Arm ſoll man mit Roſen- und Chamomil-
lenoͤhl ſchmieren/ und mit den Binden und
Pol-
[251]von den Wunden.
Polſtern verfahren/ ſo lang es noͤthig iſt/
wann nun durch das digerieren die Wunde
ein gutes Eyter giebt/ muß man ein mun-
dificativ
gebrauchen/ oder einen gutten
Wund-Balſam/ doch ſoll man mit dem
Zuheilen nicht eilen/ dieweil die Nerven ei-
ne laͤngere Erſchwaͤrung beduͤrffen/ als die
Muſculen/ ſondern den Ort wol ertruck-
nen laſſen/ und wann nichts widerwaͤrti-
ges mehr zu fuͤrchten/ mit dem diapalma
beſchlieſſen. Das Apoſtem kan man ver-Apoſtem
zu verhuͤtten

huͤtten/ ſo man dem Zufluß wehret/ mit
Clyſtieren/ Purgieren/ Aderlaſſen und
ſchmalen Diaͤt/ auch auff die Schulter und
gegen die Bruſt defenſiva gebrauchet/ die
kuͤhlen/ zuſammen ziehen und zuruͤck treiben/
als da ſind: das diapalma, diapompholygos
mit dem empl: de ſperm: ranarum, ol: roſa-
rum
und myrtill. So aber die Materie
ſchon eingefloßen/ muß man mit dem dia-
chyl. c. gummis
zeitigen/ den Ort/ wo es
beqvemlich/ oͤffnen/ mundificieren und heilen.


103. Wobey iſt zu erkennen/
daß ein Nerv/ Blut-Ader/
oder Arteria entzwey iſt?


Daß ein Nerv verwundet oder entzweyZeichen des
verwundeten
Nerven.

ſey/ iſt erſtlich zuerkennen/ wann die Wun-
de an einem ſolchem Ort/ da viel und groſſe
Nerven durchgehen/ und muß man allhie
Wiſ-
[252]Ander Theil
Wiſſenſchafft der Anatomi haben: doch
kan man auch muthmaſſen/ daß ein Nerv
entzwey/ und getroffen/ wann die Wunde
in oder nahe am Glied/ oder/ wann die
Wunde an einem Beinichten- und nicht
Fleiſchichten Ort iſt/ als/ an Haͤnden und
Fuͤſſen; das andere Zeichen der Verwun-
deten/ aber nicht gar abgeſchnittenen Ner-
ven iſt/ der Schmertz/ welchem eine Ent-
zuͤndung/ Krampff und Aberwitz folget:
Wann aber ein Nerv gantz entzwey und
uͤber zwerg abgeſchnitten/ iſt keines der vori-
gen dabey/ auch kein Schmertz/ ſondern
es erzeiget ſich eine Traͤgheit/ und verlieret
das Glied die Empfindlichkeit/ und die
Zeichen der
verwundeten
Blut- und
Lufft-Ader.
Avicennas
quarta
quarti
tract: 2. c.

16.
Bewegung. Ob aber das Blut auß einer
arterie oder Blut-Ader kommen/ iſt zuwiſ-
ſen/ daß das Gebluͤth ſo auß einer arterie
kompt/ mit gewalt und mit huͤpffen herauß
ſpringet/ das aber ſo auß einer Blut-Ader
gar gleich/ und auff eine weiſe; ſo iſt auch
das Blut der Arterien viel ſubtiler und geiſt-
reicher/ das Blut der Ader aber/ dicker/
ſchwartzer/ auch nicht ſo hitzig.


304. Wie ſind die verwundete
Nerven zu curiren?


Joh: And:
[à] Cruce.

Wie woll auch in den kleineſten Fleiſch-
Wunden die kleinen Zaͤſerlein der Nerven
verwundet werden/ wird doch allhie von
der-
[253]von den Wunden.
derſelben Verwundung nicht geredet/ ſon-
dern von den groſſen und principahl Ner-
ven/ unter welche auch zugleich die tendines
und Haarwaͤchſe verſtanden werden/ wie
woll dieſe viel ſtaͤrcker und weiſſer/ auch
ſtaͤrckere Artzeneyen vertragen koͤnnen.


Es werden aber die Nerven auff unter-
ſchiedliche art ver wundet/ als nemlich durch
Schnit/ Stich und Zerſtoſſung. Die
Zufaͤll/ welche ſie wegen der VerwandſchaftZufaͤll.
mit dem Hirn haben/ ſind groſſer Schmertz/
Krampff/ Aberwitz/ Wachen/ duͤrre der
Zungen/ ſtarckes Fieber/ welches Avicen-
nas
vor das Leidlichſte haͤlt. Gleich wie nun
die Nerven auff dreyerley Art verwundet
werden/ als werden ſie auch auff drey un-
terſchiedliche weiſe geheilet. Als erſtlich dieCur der Ner-
ven- Wun-
den/ nach der
Laͤnge.

nach der laͤngſt gehauene Wunden der Ner-
ven/ oder des Haarwachſes (als welche am
wenigſten gefaͤhꝛlich) wañ man die Wunden
oder Lefftzen in dem Fleiſch/ mit einem Hefft/
glutine oder Gebaͤnd fein wieder vereinbah-
ret/ den niedrigſten Ort offen laͤſt/ hernach-
mahls einen warmen Venediſchen Terpen-
tin/ welcher in dieſen Wunden ſehr geruͤh-
met wird/ einfloͤſſet/ oder einen ungeloͤſch-
ten Kalck/ welcher in Sommers-Zeiten
woll gewaſchen/ mit Viol-Oehl vermiſchet/
und damit biß in den ſiebenden Tag verfaͤh-
ret und wann ſolche Zeit verfloſſe/ das Ung:
baſili-
[254]Ander Theil
baſiliconis, empl: diapalma, oder ung: de lum-
bricis
gebrauchet/ und allen Schweſel/ eu-
phorbium, opopanax,
und andere dergleichen
hineindringende Sachen vermeidet/ es ſey
dann daß die Wunde viel Feuchtigkeit zieh-
le/ und eine Faͤulung bekaͤhme; das Glied
ſoll man/ ſo woll im verbinden als auch
ſonſtẽ/ mit waꝛmen Roſen-Maſtix- und Lein-
ſahmen-Oehl/ offt und warm ſchmieren/ ein
defenſiv umb und oberhalb/ von ſangv: dra-
con, bol: armen, ol roſarum, maſtici \& myr.
rha
gebrauchen/ ein ſchmales Diaͤt anſtel-
len/ den Wein verbieten/ den Leib mit Cly-
ſtiren und purgiren reinigen/ gleich in den
erſten Tagen/ eine Ader gegen uͤber/ als/
wenn die Wunden in der rechten Hand am
rechten Fuß/ und è contra oͤffnen/ das Ge-
mach ſoll fein laulecht und temperirt ſeyn/
ſtill und guten Luffts/ das verletzte Glied
muß mit dem gantzen Leib woll geleget wer-
Cur der Ner-
ven/ ſo uͤber
zwerg ge-
ſchnitten.
den daß es ruhe. Denen uͤber zwerg ge-
ſchnittenen Wunden der Nerven/ weil ſie
nicht geringe Gefahr den Menſchen bringen/
befiehlet Galenus eine Aderlaß/ und das
Blut woll lauffen zu laſſen/ eine ſchmalt
Diaͤt anzuſtellen/ den Ort und Ruͤckgrad
fein warm ſchmieren/ mit ol: roſarum, cha-
momill, liliorum albor, amygd: dulcium,
maſtic. lini.
und pingved: gallinarum: und
je mehr die Nerven ihrer Uberdeck beraubet
ſind
[255]von den Wunden.
ſind/ je weniger koͤnnen ſie die ſtarcke Sa-
chen erleiden/ und ſoll man noch uͤber das/
mit erwehnten Sachen zugleich ſolche Pfla-
ſter brauchen/ die da nicht allein vertrucke-
nen und ſtaͤrcken/ ſondern zu gleich auch die
Faͤulung ohne alles ein- und zuſammen zie-
hen verhuͤten/ dergleichen bey Joh. Andræ
a Cruce pag.
261. zu finden.


Die aͤrgſten und gefaͤhrligſten WundenCur und Hei-
lung deꝛ Ner-
ven ſo geſto-
chen.

ſind die Stiche/ ſintemahl die Nerven/
auch an den geringſten Stichen/ groſſe
Schmertzen verurſachen/ nach Galeni
Meinung iſt dieſes das erſte und fuͤrnehmſte
geſchaͤfft/ daß man die Wunde in der Haut
und Fleiſch oͤffne und erweitere/ ſintemahl
ſich viel Feuchtigkeiten darin ſamlen und
verhalten; zu dem muß man zuſehen/ ob
nicht etwas ſpitziges von Holtz/ Eiſen/
Dorn ꝛc. darin geblieben; Nach dem die
Wunde erweitert/ ſoll man warme und
truckne Artzeneyen gebrauchẽ/ uñ ſonderlich
den Venediſchen Terpentin/ uͤber welchem
in dieſem accidens kein Mittel iſt/ und ſon-
derlich in zarten Leibern/ in ſtarcken und
groben kan man ein wenig Schwefel oder
euphorbium hinzuthun/ daß der Terpentin
die Dicke eines Honigs bekomme/ aber
man lege es nur bloß in die Wunde/ und
defendire den Ort mit Maſtix-Oehl oder
diapalma.


Es
[256]Ander Theil
Cur der Ner-
ven/ ſo ge-
qvetzſcht.

Es geſchicht auch/ als die dritte art der
Wunden der Nerven/ daß die Haut/ zu
ſampt dem darunter liegendem Fleiſch/ ent-
weder zerriſſen/ und augenſcheinlich ver-
wundet/ oder auſſerhalb gantz und unver-
letzt gelaſſen/ oder es erhebet ſich allein eine
Geſchwulſt/ welche dem Menſchen wehe
thut/ und den Ort etwas ſchwartz machet.
Und dieſe Zerſtoſſung/ iſt nicht weniger boͤß
als die Stiche/ in dem ſich dieſe nicht ſo
leicht heilen laͤſſet als die zerſtoſſung des
Fleiſches/ dann ſolche nicht ſo bald/ ſon-
dern mit groſſen Schmertzen vereytert
werden.


Iſt demnach die erſte intention, daß man
den Leib/ wie oben gemeld/ reinige/ eine ge-
naue Diaͤt anſtelle/ und eine Ader oͤffnt/
wofern man anders den zuflieſſenden Feuch-
tigkeiten/ zu ſampt den Schmertzen weh-
ren wolle. Den kleinen und geringen Zer-
ſtoſſungen/ ſoll man mit dem Oehl von
Roſen und Chamamillen/ oder mit der
Salben von dialtheæ oder de alabaſtride,
in vorigen oͤhlen zerlaſſen/ fein warm ſchmit-
ren; Es iſt auch gut/ wenn man den Ort
mit reſolviren den und zertheilenden Mit-
teln/ als das Oehl von Chamillen/ Dille/
Schwertel/ Hollunder und Weinrauten/
fein warm behet. Wann ſich aber eine
Wunde im Fleiſch erzeiget/ muß man ſol-
che
[257]von den Wunden.
che Sachen gebrauchen/ die da hefftig auß-
trucknen/ darneben das zertheilete Fleiſch
wiederumb zuſammen heilen/ und die
Schmertzen vertreiben: als Terpentin mit
Johannes Oehl vermiſcht/ warm in die
Wunde gelegt/ uͤber das ein cataplasma
von Bohnen- und Linſen-Mehl mit Oximel
vermiſcht/ inſonderheit thut das Pflaſter
von braun Bethonien in Maſtix- und Ro-
ſen-Oehl zerlaſſen/ ſehr woll; ſo ſich etwa
eine Cruditaͤt in der Wunden erzeiget/
muß man den Terpentin mit Eyerdotter
vermiſchen.


105. Darff man auch die ent-
zwey gehauene Nerven
hefften?


Wiewoll das Hefften in dieſen Fall vonOb die Ner-
ven zu heff-
ten.

vielen Chirurgis, auch von Hippocrate ſelbſt
widerſprochen wird/ daß auch die einmahl
entzwey-gehauene Nerven nicht koͤnnen wie-
derumb zuſammen geheilet/ viel weniger
nutz/ daß ſie zuſam̃en gehefftet werden/ ſo hal-
ten doch viele davor/ als Marcus Aurelius
Severinus de efficaci medicina, Paræus lib.
22. cap. 10. Fabius Pacius, Gabriel Ferra-
rius, in ſylva chirurgiæ obſerv.
17. wie auch
Aqvapendens de ſutura ligamentorum, daß
ſolches fuͤglich mit groſſem Nutzen auff dieſe
Art geſchehen koͤnne; Man ſolle mit einem
Elffenbeinern Zaͤnglein die Ende der Ner-
Rven
[258]Ander Theil
ven faſſen/ und die euſerſte Haut der Nerven
oder Ligamenten viermahl durchſtechen/ an
ſtatt der Seiden/ feine Seiten gebrauchen/
welche in rohten Wein eingeweichet gewe-
ſen/ und alſo hefften/ damit die Nerve in
ihrem gewoͤhnlichen Lager bleibe/ und ihre
fibren durchauß nicht verdrehet werden.


106. Welche Verwundung der
Nerven iſt am ſorglich-
ſten?


Wiewoll alle Verwundung der Ner-
ven/ und ſonderlich/ wann man mit deſſen
Cur nicht recht umbgehet/ gefaͤhrlich/ ſo iſt
doch die Verwundung der Nerven/ wel-
che durch einen Stich geſchehen/ am ſorg-
lichſten/ da doch die/ ſo durch die Zerſtoſ-
ſung geſchehen/ nicht aller dings ohne Sorg
und Gefahr iſt/ wegen der Faͤulung/ wel-
che dem Hirn/ als dem Urſprung der Ner-
ven leichtlich kan mitgetheilet werden.


107. Auff wie vielerley Weiſe
werden die Nerven ver-
wundet?


Auff unterſchiedliche/ entweder nach der
Laͤngſt oder uͤberzwerg/ und daß entweder
halb oder gantz entzwey/ oder aber durch ei-
nen Stich oder durch die Zerſtoſſung.


108.
[259]von den Wunden.

108. Koͤnnen auch die entzwey
gehauene Nerven wieder
geheilet werden?


Wann ſie auff vorgeſagte Art kuͤnſtlich
zuſammen gehefftet werden/ muß auch de-
nen vorgeſagten Autoribus Glauben gege-
ben werden/ daß ſie geheilet werden koͤn-
nen/ ſintemahl Sie ſolches ſelbſt practiciret
und wahr befunden/ daß aber ſolche opera-
tion
ſchwer zu verrichten/ iſt kein Zweiffel.


109. Iſt es dem Menſchen hoch-
ſchaͤdlich/ wann Ihm die
Pulß-Adern entzwey ge-
hauen ſeynd?


Solche Verwundung iſt nicht alleinWunden der
Pulß-Adern
toͤdtlich und
ſchaͤdlich.

hochſchaͤdlich/ in dem der jaͤhe Todt erfol-
gen kan/ ehe und wann etwas dazu gethan
wird/ ſondern es entſtehen auch in der Hei-
lung groſſe und gefaͤhrliche Zufaͤll/ als:
Krampff/ Schlucken und Ohnmacht;
Nach der Heilung bringet es dem Glied
auch Schaden/ in dem das Blut durch die
abgeſchnittene/ und nun mehro verheilete
Arterie zu dem Glied nicht kan geleitet/ und
die Geiſter hingebracht werden.


110. Koͤnnen auch die verhau-
ene Ligamenta wieder-

R ijumb
[260]Ander Theil
umb zuſammen geheilet
werden?


Mit denſelben hat es gleiche Beſchaf-
fenheit/ als mit den Nerven/ und haben ih-
re Wunden keine ſonderliche Gefahr und
groſſe Zufaͤll/ ſind aber dennoch ſchwaͤrlich
zu heilen/ und erfoderen trucknende Mittel.


111. Koͤnnen auch die verwun-
dete Maͤußlein wieder
geheilet werden?


Gar woll/ und ſonderlich/ wann ſie nach
der Laͤnge verwundet worden/ koͤnnen ſie
auch ohne Hefft geheilet werden/ dieweil ſie
gar fleiſchicht/ und wegen des Gebluͤths und
gleichſam natuͤrlichen Balſam ſich bald zur
Heilung bringen laſſen.


112. Koͤnnen auch andere Faͤll
im Leibe geheilet wer-
den?


Nicht alle/ ſondern nur dieſelbige/ welche
fleiſchicht/ und in dem fleiſchichten Theil ver-
wundet werden/ die aber/ ſo in dem Span-
Adrigen Theil/ nehmen keine Heilung an.


113. Kan auch das euſerſte Fell
am Haupt/ wann es ver-

letzt/
[261]von den Wunden.
letzt/ wiederumb zuſam-
men geheilet werden?


Wiewoll etzliche darwider ſtreiten/ ſoSchwart auf
dem Kopff/
ob ſie zu hei-
len.

haͤlt doch Fabritius ab Aquapendente davor/
daß ſolches geſchehen kan/ und ſonderlich ſoll
man die Lefftzen zuſammen fuͤgen/ wann
das pericranium nicht entzwey/ wann aber
daſſelbe auch lædieret worden/ ſoll man
die Wunde von unten aus dem Grunde
heilen.


114. Kan man auch/ wann das
Fleiſch weggenommen/
anders an die Stelle brin-
gen?


Solches kan fuͤglich geſchehen/ mit Huͤlff
der Fleiſch-ziehlenden Artzeneyen/ als da
ſind maſtix. oliban, myrrha mumia, fari-
na hordii, terra ſigillata, ſarcocolla, ung:
fuſcum \&c.


115. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner in eine Mauß am Arm
oder an der Hand/ oder am
Waden geſtochen/ und die
Pulß-Ader daneben ent-
zwey waͤre?


R iijDie-
[262]Ander Theil
Wunde der
Pulß-Adern
im fleiſchich-
ten Theil.

Dieſes iſt ein ſorglicher Zuſtand/ in dem
man das Blut zu ſtillen/ zu der verletzten
Arterie nicht allerdings gelangen kan/ wel-
ches man mit Meiſſeln verrichten muß/ und
allerdings zuſehen/ daß keine Inflammation
dazu komme/ weswegen man kuͤhlende ſy-
rupos,
welche ein wenig aſtringieren und den
Urin befoderen/ beybringen muß/ daneben
revulſoria gebrauchen/ die Wunde defen-
die
ren/ digerieren/ mundificieren/ incar-
nie
ren/ und endlich cicatriſieren.


116. Woher kompts/ daß in ſo
geſtalten Sachen/ doch
das Blut bißweilen ſich
nicht will ſtillen laſſen/
auch der Arm oder der
Schenckel aufflaͤufft und
erſchwaͤrtzet?


Solches geſchicht/ in dem man zu der
Verwundeten Arterie nicht kommen kan/
das Blut aber zwiſchen die Muſculen laͤufft/
und im kurtzen verdirbet/ wann es nun je
mehr und mehr ſich erhitzet hat/ erfaͤulet es
endlich/ ſtincket heßlich/ und wird zu Zeiten
ein kalter Brandt daraus.


117. Wie
[263]von den Wunden.

117. Wie iſt dann ſolchem Scha-
den zu helffen?


Solches muß geſchehen/ mit Anſtellung
einer guten Diaͤt/ Purgieren und Aderlaß/
damit man dem Zufluß wehret/ dem
geronnenen/ und zwiſchen den Muſculen
liegenden Blut/ muß man mit Uberſchlaͤgen/
auch mit dienlichen reinigenden Einſpruͤtzun-
gen in die Wunde zuvorkommen/ daß ſol-
ches verzehret werde/ und nicht zur Faͤulung
gelange/ wie beym heiſſen Brandt gemeldet
worden/ dafern ſich aber das Glied apoſte-
mie
ret/ muß man eine Oeffnung machen.


118. Wie iſt zu erkennen/ wann
einer eine Wunde am Arm
haͤtte/ und eine Roͤthedazu
kaͤhme/ ob ſolche Roͤthe ein
Rohtlauff oder ſonſten ei-
ne Hitze ſey?


Solches wird erkandt/ in dem beym
Rothlauff/ ehe er hervor bricht/ ein Fieber
vorgehet/ ſo iſt auch der Rothlauff viel hitzi-
ger/ als ſonſten eine Inflammation, im
Rothlauff weichet ſo woll die Roͤthe/ als
die Geſchwulſt/ wann man ſie mit Fingern
drucket die phlegmone aber nicht.


119. Wie iſt zu erkennen/ wann
R iiijbey
[264]Ander Theil
bey einer Glied-Wunden
ein Zufall verhanden/ ob es
ein gemeiner Fluß/ oder
das Glied-Waſſer ſey?


Bey dem Glied-Waſſer/ oder vielmehr
Glied-Waſſer-Sucht empfindet der Kran-
cke eine fliegende Hitze/ die auß dem verletz-
ten Theil uͤber ſich ſteiget/ es iſt auch ein
hefftiger Schmertz dabey/ dann die ſcharffe
ungekochte Matery/ in dem ſie ſcharff ge-
worden/ ſticht die Nerven/ es waͤchſt auch
ein ſchwammecht/ bleich-blaues Fleiſch in
der Wunden/ auch iſt ein ſtetswehrendes
Fieber dabey/ auß welchem viel andere Zu-
faͤll entſtehen koͤnnen/ welches alles bey ei-
nem gemeinem Fluß nicht ſo haͤuffig ge-
ſchiehet.


120. Was iſt zu thun/ wann
die Wunden an einem Arm/
ſo lang verwundet gewe-
ſen/ hohe Lefftzen und Kan-
ten haͤtten?


Wunden
mit Raͤnder.

Dieſe Lefftzen muß man beguͤtigen und
erweichen mit einem gutem digeſtiv, und
wann ſolche Lefftzen hart/ mit dem empl:
diachyl: c. gummis
oder de ranis ſine mercu-
rio
verbinden/ oder ein uͤberſchlag von den
Radi-
[265]von den Wunden.
Radicibus altheæ, lilior: alborum, flor, cha-
momill, pul.ſem: lini, mælvæ \&c.
in Geiß-
oder Ziegen-Milch abgeſotten und uͤber-
ſchlagen/ welches die Wunde zu einer Er-
ſchwaͤrung und gutem Eyter befodert/ und
die harte Lefftzen erweichen und niedrig ma-
chen wird.


121. Wie iſt zu helffen/ wann
einer einen Stich mitten im
Arm haͤtte/ der einen guten
Finger lang hinauff biß zur
Mauß gienge/ und das Blut
were geſtillet/ aber ſo es faſt
heil/ fienge das Blut erſtlich
widrumb an/ geſtalt es ſich
dann offt zutraͤgt/ daß ſolch
bluten etzliche Wochen lang
wehret?


Wiewoll die Wunden pflegen wiederum
anfangen zu bluthen/ wann etwa ein Schie-
fer darinnen/ ſo geſchiehet auch woll/ daß ſie
anfangen zu bluthen/ wann keiner verhan-
den/ ſondern wann ſich die Ruffen der ver-
wundeten Ader oder Arterie abſtoſt/ und
mit den gar zu langen Meißlen geſtochen
wird/ alsdann muß man auffs new den
Ort mit Blut ſtillung von croco martis \&c.
R vwoll
[266]Ander Theil
woll verſehen/ dem Patienten auch in-
nerliche Kuͤhl-traͤncke gebrauchen/ kuͤhlend
verbinden/ und mit ſolchen Artzeneyen/ die
da zu gleich die Kraͤffte ſtaͤrcken/ begegnen/
und ſo der Patient ſtarck iſt/ eine Ader auff
der andern ſeiten laſſen.


122. Was iſt zu thun/ wann
einem eine Hand gar abge-
hawen?


Hildanus
pag.
1065.

Man ſoll alſobald das Blut ſtillen/ mit
einem Blut-ſtillungs Pulver mit Eyerweiß
angemacht/ und mit nichten die Wunden
Creutzweiſe hefften/ wie etzliche wollen/
dann wann das Fleiſch geſchwillet/ ſo ver-
mehret ſolches hefften den Schmertzen/ und
durch ſchlitzet die Haut/ daß die Heffte
nachlaſſen: Wann das Bluth geſtillet/
ſoll man den Band vor dem dritten Tag
nicht auffbinden/ es verhindere es dann der
Schmertz: Unterdeſſen muß man alle
Tage den Arm mit Roſen- und Heidel-
beeren-Oehl ſchmieren/ und ein gutes
Schutz-Pflaſter/ oberhalb des Schadens
gebrauchen/ die Beiner mit truckenen Fa-
ſen belegen/ und ein degeſtiv auff die Wun-
de von Terpentin/ Roſenoͤhl/ ſuͤß-Man-
deloͤhl/ gummi elemi und Saffran gemacht/
legen/ die Lefftzen der Wunden mit einem
ſtarckklebenden Pflaſter herzu ziehen/ die
Wun-
[267]von den Wunden.
Wunde mundificiren mit dem mundicativo
de ſucco apii Hildani,
und endlich be-
ſchlieſſen.


123. Welches ſind die vier in-
nerliche Glieder des Leibes/
welche/ wañ ſie verwundet
werden/ kein Blut geben?


Wiewoll nicht leicht ein innerlich GliedInnerliche
Glieder wel-
che nicht blu-
ten/ wenn ſie
verwundet.

im Leibe verwundet wird/ welches nicht
bluten ſolte/ ſo ſind doch die folgende/ wel-
che am wenigſten Bluth geben. Als erſt-
lich/ die duͤnne Daͤrm/ 2. der Magen/ 3.
das Diaphragma in ſeiner Spanadriſchen
Subſtantz/ 4. die Blaſe/ welche doch zu
zeiten auch blutet/ fuͤrnehmlich wann ſie an
deſſen halſe verwundet iſt.


124. Welches ſind die jenige
vornehmſte Glieder in des
Menſchẽ Leibe/ welche/ wañ
ſie verwundet worden/ auch
unheilbahr und toͤdlich ſeyn?


Solche ſind folgende: Als das HirnWunden
der innerli-
chen Glieder
ſo toͤdtlich.

wann es biß in die Sinus verletzet iſt/ das
Hertz/ die Leber/ in dem die Vena porta ab-
geſtochen/ die Lunge/ wann ſie in der Mit-
ten verwundet/ die duͤnnen Gedaͤrm/ der
Magen/ die Nieren/ Harngaͤnge und
Bla-
[268]Ander Theil
Blaſe/ Gebaͤhrmutter und Gallen-blaß/
wie auch die verwundung der groſſen Arte-
ri
en und Adern.


125. Welches ſind Zeichen des
Todes/ an einem verwun-
deten Menſchen?


Toͤdtliche
Zufaͤll.

Wann ein unauffhoͤrliches Fieber/ con-
vulſion
oder anderer Zufall/ auff darzu ge-
brauchte Artzeneyen nicht nachlaſſen wol-
len/ wann die Wunde trucken/ die Lefftzen
derſelben auffgeworffen/ hart/ blau und
Aſchenfaͤrbig ſeyn/ und keinen rechten Eyter
geben wollen/ wann entweder der Patient
ſeine Nothturfft nicht verrichten kan/ oder
aber ſolches wider ſeinen Willen von ihm
gehet/ wann ein kalter Schweiß den Pa-
tienten uͤberfaͤllt ꝛc.


126. Wie iſt an einem Scha-
den zu erkennen/ ob der Ey-
ter gut oder nicht?


Zeichen ob
der Eyter gut
oder boͤſe.

Wann die Wunde ein dickes/ wollge-
kochtes/ gelbes und mit etwas Bluth ver-
mengtes Eyter giebet/ iſt es ein gutes Zei-
chen; wann es aber ein Waͤſſerichtes mol-
ckiges und zum theil ſtinckendes Waſſer
giebt/ iſt es ein boͤſes Zeichen.


127. Was
[269]von den Wunden.

127. Was verhindert die Hei-
lung eines Schadens?


Die gegenwaͤrtige zufaͤll/ der gebrochne
und angegriffne Knochen in den Wunden/
und das gar zu hohe Fleiſch.


128. Iſt denn alles Fleiſch der
Wunden weg zunehmen?


Nein: ſondern man muß ihr ſo viel laſ-
ſen/ daß die Narbe der andern Haut/ und
nach geſtalten Sachen/ der natuͤrlichen
gleich ſey.


129. Wie iſt mit den Wunden
des Angeſichts zu verfahren?


In dieſen Wunden ſoll man ſich desAquapen-
dens.

hefftens mit der Nadel/ ſo viel muͤglich/
enthalten/ an deſſen ſtat einen glutinum
oder Saͤlbheffte gebrauchen/ nicht groſſe
anlaß zu einer langwierigen Erſchwaͤrung
geben/ auß welcher nur abſcheuliche Nar-
ben werden/ ſondern mit truckenen Sachen
verbinden/ und ſo viel muͤglich/ eine kleine
Narbe heilen.


130. Was iſt bey den Wunden
der Ohren zu thun?


Die verwundete Ohren/ wann ſie zer-
ſpalten/ kan man mit einer krummen Na-
del
[270]Ander Theil
del fuͤglich hefften/ doch/ daß man die Kroſ-
pel nicht beruͤhre/ ſondern nur das wenige
von der Haut und Fleiſch faſſe/ ſonſten
verurſachet man eine gangrænam und Faͤu-
lung/ im uͤbrigen ſoll man der Entzuͤndung
wehren/ und truckne Mittel gebrauchen.


131. Sollen die Augen-Artze-
neyen kalt oder warm ge-
brauchet werden.


Paræus.

Damit ſie deſto beſſer durchdringen/
und zu ihrer Wuͤrckung kommen moͤgen/
ſollen ſie warm uͤbergelegt und eingetroͤffelt
werden/ ſintemahl alle kalte Dinge die
ſichtliche Geiſter dick machen/ und deswe-
gen den Augen hefftig zu wider ſeyn. Aqua-
pendens
hat ein nuͤtzliches Inſtrument er-
dacht/ die Augen-Waſſer dem Augen lang
zu behalten/ welches auch bey Sculteto in ſei-
nem Armamentario Chirurgico zu finden.


132. Was inſonderheit bey den
Augen-Pulvern zu mer-
cken?


Hild: Cent:
6. obſ.
28.

Solche ſollen mit allem Fleiß auff einem
reinen Marmor woll klein gerieben werden/
damit ſie die Augen nicht verletzen/ darauß
ein groſſer Schmertz erfolget.


133. Wie iſt dem unnatuͤrli-
chen
[271]von den Wunden.
chen Fleiſch/ welches an
das Haͤutlein Adnata ge-
wachſen/ zu ſteuren?


Solches kan man vertreiben/ mit einem
Pulver/ gemacht von den Beinen der
Meerſpinnen oder Blackfiſch/ und calcinir-
te Eyer-Schalen/ jedes gleich viel: Oder
calcienierten vitriol und gebrandten Alaun/
doch mit Beſcheidenheit/ damit nicht durch
das Beiſſen/ und dem Schmertz/ die Fluͤß
und Feuchtigkeit herzugezogen werden/ ſon-
dern umb das Aug ſolche Mittel legen/
welche die Fluͤſſe und Materie hinter ſich
treiben.


134. Wie iſt mit den Wunden
der Backen zu verfahren?


Eben wie mit den Wunden des Ange-Heilung der
Backen.

ſichts gemeldet worden/ mit truckener Hefft
verbinden/ welche gemacht von Staub-
Mehl/ Maſtix/ Drachen-Blut/ Wey-Aquapend.
rauch/ geſtoſſen Dragant/ Gips und der-
gleichen/ mit Eyerklahr angemacht/ auff
Tuͤchlein geſtrichen/ an welche kleine Baͤnd-
lein gemacht/ nachmahls auffgelegt/ doch
alſo/ daß ſie ein wenig von der Lefftzen
der Wunden ſeyn/ und wann ſie er-
trucknet/ und der Haut ſtarck anhangen/
welches in wenig Stunden geſchicht/ die
Lefftzen
[272]Ander Theil
Lefftzen alsdann mit gemeldten Baͤndlein
an einander fuͤgen/ mit Binden und Pol-
ſtern uͤber das verſehen/ und wie bey den
Wunden des Angeſichts verfahren.


135. Was ſind vor Mittel am
beſten/ vor die alten Au-
genfluͤſſe?


Vor allen anderen das Setaceum oder
der Schnur im Genick/ mit einem gluͤen-
den Eiſen/ oder mit einer Nadel durchſtoſ-
ſen/ welches nicht allein von Paræo und an-
Cent: 1. ob-
ſerv.
40.
dern hoch geruͤhmet/ ſondern auch von Fa-
britio Hildano
mit vielen Exempeln bewie-
ſen wird.


136. Was iſt in den Wunden
der Naaſen zu thun?


Dieſes iſt in der 87ſten Frag eroͤrtert/
doch iſt zu melden/ daß in den Bruͤchen der
Naaſen eine Artzeney von maſtic, bol: ar-
men ſangv: dracon, alum: uſt.
mit Eyerklar
kan uͤbergeſchlagen werden.


137. Auff wie vielerley Weiſe
wird die Zung verwun-
det?


Die Zung wird entweder gar wegge-
ſchnitten oder aber zerſtuͤmmelt und ver-
kuͤrtzt/
[273]von den Wunden.
kuͤrtzt/ oder in die Laͤng auffgeſpalten oder
uͤberzwerch: Wann die Zunge geſpalten
iſt/ oder ein Stuͤcklein noch daran haͤnget/
ſoll man dieſelbe mit einem Tuͤchlein herauß
ziehen und hefften/ doch ſo viel muͤglich/
nicht viel Fleiſch faſſen/ damit keine Entzuͤn-
dung dazu ſchlage/ wie Celſus ermahnet.Lib. 5. cap.
26.

Nachdem ſolches geſchehen/ ſoll man/ weil
keine unguenta und Pflaſter an dieſem Ort
ſtatt haben/ fluͤſſige Artzeneyen brauchen/
welche die uͤberfluͤſſige Feuchtigkeit theils
trucknen/ theils zuſammen ziehen/ als da
ſind/ Granathen-Wein/ mit Alaun-Waſ-Aquapen-
dens.

ſer/ oder Wegbreit-Waſſer/ mit Johanns-
Beerlein Syrup/ dem Patienten auch eine
gute und kuͤhlende Diaͤt halten laſſen/ gute
Suppen/ Eyerdotter in Fleiſch-Suppen/
Gerſten-Schleim und dergleichen geben/
ihm allezeit Quitten-Syrup und Roſen-
Zucker im Mund halten laſſen/ worvon
dann nicht allein der Krancke genehret/ ſon-
auch die Wunde geheilet wird.


138. Wie vielerley ſeyn die Wun-
den des Genickes?


Die Wunden des Genicks und Unter-
Halſes/ ſind entweder einfach/ als wann
nur die Muſculi verletzet werden/ oder
aber vermiſcht/ als wann zugleich mit den
Muſculen die Beiner/ und groſſe innerliche
Sund
[274]Ander Theil
und euſſerliche Blut- und Lufft-Adern des
Halſes/ verwundet werden. Alſo werden
auch die Lufft- und Speißroͤhr/ entweder al-
lein verwundet/ oder gar durchweg entzwey
geſchnitten.


139. Warumb ſind die Wunden
der Lufftroͤhr ſchwerlich
zu heilen?


Dieweil ſich ſolche ſtets beweget/ durch
das Haͤutlein/ mit welchem die Lufft- und
Speißroͤhr an einander verdunden ſind/ zu
dem/ weil ſie mehrentheils Kroſpicht und
ohne Blut iſt.


140. Welches ſind die Kennzei-
chen der verwundeten
Lufft-Roͤhr?


Solche Verwundung weiſet der Augen-
ſchein/ zu dem kompt das Blut durch einen
ſteten Huſten zum Mund/ die Daͤmpff und
Geiſter aber/ zu der Wunden heraus.


141. Was iſt in dieſem Fall zu
thun?


Wiewoll dieſes allerdings eine toͤdliche
Wunde iſt/ ſo ſoll man doch nichts deſto
weniger den Patienten Huͤlffloß laſſen und
verzagen/ ſondern allen muͤglichen Fleiß an-
wenden/
[275]von den Wunden.
wenden/ dann jemahls die Natur gar wun-
derbahrlich wuͤrcket/ wann man ihr zu Huͤlf-
fe kompt: Weßwegen man alsdann die
Wunde hefften/ und euſſerlich nicht gar zuCur.
fluͤßige Sachen brauchen ſoll/ ein Mund-
Waſſer machen von Gerſten Waſſer/ ſuͤß
Holtz/ Roſen/ Roſinlein/ Bruſtbeerlein/
Roſen-Honig und Roſen-Julep/ dem
Krancken damit fein warm den Rachen
außſchwencken/ welches die Rauhe vertrei-
bet/ den Schmertzen lindert/ und die Wun-
de reiniget und heilet.


142. Warumb ſind die Wunden
der Gewaͤrb gemeiniglich
boͤß und gefaͤhrlich.


Dieweil bey denſelben insgemein vielGewaͤrb-
Wunden ge-
faͤhrlich.

Nerven und Sehnen/ welche/ wann ſie ge-
troffen oder von Schiefern gedruckt wer-
den/ viel ſchwere Zufaͤll erregen/ wann die
Gewaͤrb oder Gelenck im Ruͤckgrad ver-
wundet werden/ iſt ſolches wegen des
Marcks noch gefaͤhrlicher.


143. Wie ſind die Wunden der
Sehn-Adern und Nerven
zu tractiren/ wobey iſt die
Verletzung zu erkennen/
und warumb ſind ſie toͤdt-

S ijlich/
[276]Ander Theil
lich/ und wie iſt mit ihren
Zufaͤllen zu verfahren?


Dieſes iſt zur Gnuͤge in der 105ten biß zur
109ten Frage gehandelt worden/ nur dieſes
iſt noch zu melden/ daß die Toͤdligkeit her-
komme/ weil die Nerven ihren Urſprung
vom Hirn haben/ und alſo durch den mit-
leidenden Schmertzen viel Zufaͤll verur-
ſachen.


144. Wie vielerley ſind die Wun-
den der Bruſt?


Etzliche ſind vorwerts/ etzliche hinter-
ruͤcks/ und wiedrumb/ etzliche ſind faſt tieff/
etzliche nicht/ und etzliche gelangen auch
durch die inwendige Theil der Bruſt und
verletzten/ Hertz/ mediaſtinum und Lung/
etzliche ſind endlich toͤdtlich/ etzliche koͤnnen
wieder geheilet werden.


145. Wie iſt die Verwundung
des Hertzens zu erkennen?


Joh: An-
dreas â Cru-
ce pag.
284.

Wann das Hertz verwundet wird/ ſo
laͤufft das Blut ſpringweiſe herauß/ und
wann die Wunde in der rechten ſeiten/ iſt
das Blut faſt hitziger/ ſchwaͤrtzer und ſehr
dick/ in der Lincken/ roͤhtlicht und hell/ und
wann die Cammern des Hertzens getroffen/
lauffen zugleich mit dem Bluth die Geiſter
aus/
[277]von den Wunden.
aus/ daß der Menſch gleich ſterben muß;
wann aber nur die harte Subſtantz derſel-
ben verletzet iſt/ kan der Menſch woll einen
Tag beym Leben bleiben/ denn es kan keine
entgaͤntzung dulden/ ſondern beweget alle
andere Glieder zum Mitleiden. Celſus ſagt/
es erbleiche der Menſch/ und gebe einen kal-
ten ſtinckenden Schweiß von ſich.


146. Wie iſt die Cur zu ver-
richten?


Das Hertz[ ]nimpt keine Cur und Heilung
an/ kan derowegen weder Wunden noch
Apoſtem erleiden/ und dieweil es ohne des
pericardij oder Hertzhaͤußleins verletzung
nicht beſchaͤdiget werden kan/ daſſelbe aber
ſehr empfindlich/ kan leicht ein gefaͤhrlicher
Krampff erfolgen/ weßwegen dann die Chi-
rurgi
bey denſelben durchauß keiner Cur
gedencken/ und ob ſchon etzliche Autores
Exempel anziehen/ daß auch die Wunden
des Hertzens und anderer edlen Theilen/
ſind geheilet worden/ ſo ſind ſolche mehr un-
ter die miracula zu zehlen.


147. Wobey iſt die Verwun-
dung der Lung zuerkennen/
und wie iſt die Cur derſel-
ben anzuſtellen?


S iijSol-
[278]Ander Theil
Keñzeichen.

Solche werden erkand/ wann die Wun-
de erſtlich biß in die Hoͤle der Bruſt gehet/
der Menſch ſchwaͤrlich athemet/ einen tru-
ckenen Huſten bekommet/ Bluth auß-
ſpeyet/ und mit einem beharlichen Fieber
befallen wird/ zu welchem bald eine Ent-
zuͤndung kompt/ und ins gemein der Tod:
Wann aber die Wunde gar klein/ auch
am Ende und unterſten Spitzen iſt/ kan ſie
woll geheilet werden: Zu welcher Heilung
Paræus.dann/ damit das Geſchwaͤr gereiniget
werde/ eine beqveme Diaͤt muß angeſtellet
werden/ innerlich eingeben Kuͤh-Milch/
Ziegen-Milch/ oder Weiber-Milch/ wel-
che viel beſſer/ mit ein wenig Honich ver-
Cur.miſcht. Avicennas ruͤhmet den Roſen-
zucker/ welcher nicht allein reiniget/ ſondern
auch zuſammenziehet: Nach dem das Ge-
ſchwaͤr gereiniget/ kan man Zuſammen-
ziehende Artzeneyen beybringen/ als Safft
von Schlehen/ Granat-aͤpffel/ Wegbreit/
terra ſigillata, bolus armen: \&c. Euſſer-
lich ein Spruͤtz-waſſer eingieſſen/ gemacht
von maſtic, oliban, bolo, ſangv: draconis,
entweder wann es ſtarck blutet/ mit rothen
herben Wein/ oder mit Wegbreit-Waſſer
angemacht/ aber man muß zuſehen/ daß ſo
viel wieder herauß kompt/ als man einge-
ſpruͤtzet hat/ ſonſten verurſachet es nicht
ſchlechten Schaden; Nach dieſem ſchiebe/
ein
[279]von den Wunden.
ein von Bley gemachtes Roͤhrlein hinein/
und binde es an/ uͤber ſelbiges lege einen
groſſen Schwamm/ in warmen Wein
und aq: vitæ genetzt/ und wieder außge-
truckt/ laß den Patienten/ ſo viel muͤglich/
auff der verletzten Seiten liegen/ und mit
verſchloſſenem Mund und Naaſen auß
athemen/ damit alſo der Eyter mit Gewaldt
herauß getrieben werde/ umb und uͤber die
Wunde/ kan man das diapalma ge-
brauchen.


148. Worbey iſt die Verwun-
dung des Diaphragmatis,
oder Qveerfell zu erkennen/
und wie iſt die Heilung an-
zu ſtellen?


Wann die Wunde in die Hole der BruſtKeñzeichen.
und hinabwerts gehet/ dazu an den Enden
der Rippen/ iſt zubeſorgen/ das diaphragma
ſey verwundet/ zu dem kan der Menſch
ſchwaͤr athemen/ empfindet groſſe Schmer-
tzen in dem Ruͤckgrad/ die Jegend des Her-
tzens zeucht ſie ein/ und wegen der Entzuͤn-
dung/ erfolgt ein gewaltiges Hirnwuͤten
und Aberwitz. Die Cur und Heilung iſtCur.
ſehr ſchwer/ und in dem Span-adrichten
Ort toͤdlich/ im Fleiſchichten Theil/ wo eine
Entzuͤndung zu gegen/ iſt ſelten eine Beſſe-
S iiijrung
[280]Ander Theil
rung zu hoffen. Sonſten kan man die Hei-
lung anſtellen/ als wie von den Wunden
der Bruſt geſagt worden.


149. Worbey iſt zu erkennen/
das Blut aus den Adern in
die Hoͤle der Bruſt außge-
lauffen?


Solches kan abgenommen werden/ aus
dem von Tag zu Tag wachſenden Fieber/
ſchweren Athem/ Geſtanck des Athems/
Blut-ſpeyen und andern Zufaͤllen; Es kan
der Patient nicht anders als auff dem Ruͤ-
cken liegen/ befindet ein auffſteigen des Ma-
gens/ und Begierde ſich zu erbrechen/ be-
gehret offt auffzuſtehen/ und faͤllt in ſtaͤtige
Ohmacht.


150. Jſt mit Zuheilung der
Bruſt-Wunden/ zu eylen
oder nicht?


Hierinnen ſind die Autores nicht einerley
Meinung/ etzliche antworten mit ja/ etzliche
mit nein; Doch ſoll man wiſſen/ daß in den
Wunden der Bruſt/ in welchen kein oder
ſehr wenig geronnen Blut/ in die Hoͤle der
Bruſt kommen/ mit der Heilung zu eylen/
damit der rauhen Lufft/ welcher zum Her-
tzen dringet/ gewehret werde/ wo aber viel
Blut
[281]von den Wunden.
Blut zu gegen/ ſoll man ſich der Meiſelen ſo
lange gebrauchen als noͤthig iſt.


151. Sind auch bittere Sachen
der Bruſt beqvemlich?


Nein/ ſondern es ſteiget ſolcher bitterer
Geſchmack zu dem Mund hinauff/ und er-
reget groſſen Widerwillen/ alſo daß dem
Patienten mehr Verdruß und Beſchwerde/
als Nutzen geſchaffet wird.


152. Soll man in Bruſt-Wun-
den kleine oder groſſe Meiſ-
ſel brauchen?


Wann ſie klein ſeyn/ ſollen ſie mit ſtar-
cken Fadem angehefftet werden/ damit ſie
nicht im athemen hinein in die hole Bruſt ge-
zogen werden/ woraus dem Patienten groſſe
Gefahr verurſachet wird; Wann man aber
durch viele Anzeigungen vermercket/ daß
viel Blut in der Bruſt/ welches geronnen
liege/ ſo behalte den Eingang der Wunden
mit etwas dickeren Meiſſeln fein offen/ biß
alles Blut/ welches ſich nunmehr in Eyter
verwandelt hat/ heraus ſey/ dann das ver-
ſtockte Gebluͤth iſt gifftig.


153. Warumb ziehen die Wun-
den der Bruſt ſo viel Eyter?


Solches geſchicht darum/ dieweil ſie dem
S vHer-
[282]Ander Theil
Hertzen/ als dem Brunqvell des Gebluͤhts
faſt nahe ſind/ die Natur auch dem beleidig-
ten Theil Huͤlff und Mittel/ als Blut und
Geiſter ohn unterlaß zuſchicket/ ja es ziehet
auch der Schmertz/ Entzuͤndung und ſtaͤte
Bewegung der Lungen ſehr viel Blut an
ſich/ alſo/ daß das zuflieſſende/ von boͤſer
Art und Eigenſchafft des Geſchwaͤrs ver-
derbet wird/ und daher eine Menge des Ey-
ters verurſachet wird/ dann die ſtarcken Re-
pellentia
haben allhie keinen ſtatt/ damit
nicht durch dieſelbe der Zufluß auff die in-
wendigen Theile getrieben werde.


154. Warum werden die Bꝛuſt-
Wunden leichtlich zu Fi-
ſtelen?


Solches geſchicht aus dreyen Urſachen/
1. Dieweil derſelben Muſculen in einer im-
merwehrenden Unruh und Bewegung ſind.
2. Dieweil ſie gleich wie die Rippen an ihrem
inwendigen Theil/ allein mit dem Haͤutlein
pleura, welches ohne Blut iſt/ uͤberzogen
ſind. 3. Dieweil es keine Gelegenheit giebt/
die Wunden zuſammen zudrucken/ zu naͤhen
oder zu binden.


155. Wie iſt die Verwundung
der Leber zu erkennen/ und
wie iſt ſie zu curieren?


Sol-
[283]von den Wunden.

Solches iſt zuerkennen/ wann die rechteAnd:à Cru-
te pag. 310.
\& 322.

Seite unter den kurtzen Rippen verwundet
iſt/ eine groſſe Menge dickes und Pech-
ſchwartzes Blut heraus laͤufft. VigieriusKeñzeichen.
ſchreibet daß auch ein Blut-Speyen verhan-
den/ in dem das Blut in den Magen ſtei-
get/ durch die Aeſte der venæ portæ, welche
in die Haͤutlein des Magens einverleibet
werden/ bißweilen iſt auch ein Erbrechen der
Gallen/ und anderer ſtinckenden Materie
dabey/ auch liegt der Patient gern auff dem
Bauch/ giebt blutigen Harn von ſich/ em-
pfindet groſſen ſtechenden Schmertzen/ biß
an den Hals hinauff/ und bekompt ein ſtar-
ckes Fieber. Wiewoll nun ſolches aller-
dings eine toͤdtliche Wunde iſt/ ſoll man
doch den Patienten nicht gar verlaſſen/ ſon-
dern wann keine groſſe Verblutung/ IhmCur.
eine beqveme Diaͤt vorſchreiben/ kein Fleiſch/
Wein oder andere naͤhrende Speiſen geben/
ſondern welches das beſte/ ein Panadel,
Reis/ Gerſten und dergleichen/ in einer
Suppen von Kaͤlber-Fuͤſſen; da es Noth
thut/ eine Aderlaß am lincken Arm zu unter-
ſchiedlichen mahlen doch nur allemahl ein
wenig ordnen/ den Ort mit einem warmen
Terpentin verbinden/ wann der ſiebende
Tag voruͤber/ denſelben mit Maſtix/ Tra-
ganth und Huͤttenrauch vermiſchen/ den
Ort herum mit complet Roſen-Oehl und
Maſtix-
[284]Ander Theil
Maſtix-Oehl defendieren/ in die Wunde
ein Medicament, entweder ein ungvent oder
Spruͤtz-Waſſer machen/ von Fuͤnffinger-
kraut/ Maus-Oehrlein/ Wegbreit/ oliban,
rhabarbar,
Tauſendguͤldenkraut/ mumia,
bol: armen, tutia,
und das Empl: Barbarum
oder Gratia Dei daruͤber legen. Inwen-
dig kan man eingeben/ was die Leber ſtaͤr-
cket und heilet/ als: Latwerge/ gemacht
von gebrandt Elffenbein/ thabarb, gum:
arabic, tragacanth, terra ſigillata, bolo ar-
meni
mit Roſen-Zucker angemacht.


156. Wie iſt die Wunde der
Gallen-blaſe zu erkennen?


Dieſe iſt gleichfals eine toͤdtliche Wunde/
und weil ſie gantz ſpanadricht nimpt ſie keine
Heilung an/ wird auch ſelten verwundet/
es ſey dann die Leber mit verwundet/ hat
derowegen mit derſelben gleiche Zeichen und
Zufaͤll.


157. Wie iſt die Verwundung
des Magens zu erkennen?


Keñzeichen.

Dieſe Verwundung wird eꝛkand/ in dem deꝛ
Menſch die Gall erbricht/ uñ die Speiſe/ wel-
che er neulich zu ſich genom̃en/ vonſichgiebt/
einẽ gelindẽ Schweiß hat/ uñ ein Schlucken
dazu kompt; Wañ nun die Wunden biß in
die Hoͤle/ oder in den Magen-Mund gehen/
ſeyn
[285]von den Wunden.
ſeyn ſie allerdings toͤdtlich wegen der groſſen
Empfindligkeit/ welche er durch die Ner-
ven des ſechſten pahres hat: Wann aber die
Wunde nur die euſerſte Haut getroffen/Cur.
oder im Bodem des Magens iſt/ ſoll man
den Patienten nicht verlaſſen/ ſondern we-
nig zu eſſen geben/ von amylo, terra ſigillata,
geſotten Milch und dergleichen/ wenn kein
Fieber dabey/ einen rothen herben und
ſchlechten Wein zu trincken geben/ auch iſt
der Quitten-Wein ſehr dienlich/ den Leib
mit Clyſtier und Zaͤpflein offen halten/ etzli-
che mahl des Tages ein wenig Quitten-Latt-
werg/ ohne Gewuͤrtz oder Roſen-Zucker/
geben/ euſſerlich den Ort verbinden/ und
defendiren/ wie bey Verwundung der Le-
ber geſagt worden/ und das uͤbrige der Na-
tur befehlen.


158. Wie iſt abzunehmen daß
die Miltz verwundet ſey?


Solches geſchicht, wann die WundeKeñzeichen.
unter den kurtzen Rippen der lincken Seiten
iſt/ es laufft ein haͤfenmaͤßiges Gebluͤht her-
aus/ die gantze Seite wird hart/ bringt
groſſen Durſt und Schmertzen. Wann
die Wunde nicht tieff und keine ſonderliche
Blut- und Lufft-Ader getroffen/ darff man
ſich der Heilung getroſt annehmen/ und
haben mit der Leber einerley Cur/ nur daßCur.
man
[286]Ander Theil
man ſich in beyden gemelten Gliedern/ im
Gebrauch der hitzigen und zuſammen-zie-
henden euſſerlichen Artzeneyen woll vorſie-
het/ dann die Leber ſo woll als die Miltz zu
den Verhaͤrtungen ſehr geneigt ſeyn.


159. Wie iſt die Verwundung
der Nieren zu erkeñen/ und
wie ſind ſie zu curieren?


Keñzeichen.

Auff die Verletzung der Nieren/ kompt ein
Harn mit Blut vermiſcht/ oder Blut allein
oder es wird der Harn verſchloſſen/ und ver-
ſchwilt der Ort/ daß der Menſch ſterbẽ muß.
Weñ aber nur der Fleiſchichte Theil getroffẽ/
kan man etwas/ wiewoll muͤhſam uñ ſchweꝛ
Cur und Hei-
lung.
helffen/ alsdann ſoll man die Wunde von
auſſen mit dem Terpentin-Oehl und Empl.
barbaro
verbinden/ wann ſie aber tieff/ er-
foderen ſie eine bequeme und genaue Diaͤt/
dann man dem Patienten wenig zu eſſen ge-
ben muß/ und zwar von Krafftmehl Tra-
ganth ꝛc. Daneben Bruͤhlein/ welche ſo
woll dem Harn/ als uͤbrigen Feuchtigkei-
ten ihre Schaͤrffe nehmen/ wie auch ſolche
Speiſen/ welche einer guten Subſtantz
ſind/ und wenig Unraht geben/ als/ weich
geſottne Eyer/ Reiß/ Panadel in Fleiſch-
Bruͤh/ und jungen Huͤnern/ und derglei-
chen/ alles was den Harn befodert/ verbie-
ten/ wie auch ſawre/ ſuͤſſe/ geſaltzene/ ſcharffe/
eroͤff-
[287]von den Wunden.
eroͤffnende Sachen/ wie auch daß viele trin-
cken/ welches dann anders nichts/ als
Waſſer ſeyn ſoll. Wann ſich eine Verblu-
tung erzeiget/ muß man gegen uͤber die Sa-
phenam
laſſen/ und ſolche Artzeneyen zum
Blut-ſtillen hinein ſpruͤtzen/ die da glutinie-
ren und zuſammen ziehen/ zu welchem ende
dann/ der rothe Wein/ in welchem Wall-
wurtz/ Wegbreit und Tragant eingeweicht
geweſen/ ſehr woll dienen: Den Ort der
Wunden auſſerhalb/ mit einem Diapalma,
den Safft von Acacia, und einem ein- und
zuſammenziehenden rothen Wein verſehen/
wann aber das hinabgeſenckte in der Harn-
Blaſen den Urin verſchloſſen/ kan man mit
bitter Mandel-Oehl/ Scorpion-Oehl/
Schwertel- und Capper-Oehl ſchmieren/
oder eine Behung machen/ von Miltz-Kraut/
Steinbrech/ Obermening/ Haaſen-Paͤppel
und der gleichen. Inwendig kan man in
Manglung eines Medici der beſten terra
ſigillata
ein Qvintlein/ mit einem Loth Ve-
nediſchen Terpentin/ wie auch weiſſen Wein
gebrauchen.


160. Wie iſt die Verwundung
der Blaſen zu erkennen/ und
wie iſt ſie zu curiren?


Es bleibet der Harn entweder verſchloſ-Keñzeichen.
ſen/ oder es giebt der Menſch an ſtat deſſen/
nichts
[288]Ander Theil
nichts als Blut von ſich/ oder es laufft der
Harn von ſich ſelbſt durch die Wunden her-
aus/ erbricht die Gall/ faͤngt an zu ſchlu-
cken/ empfindet unten in dem Leibe groſſe
Schmertzen/ die Gegend umb das Ge-
maͤcht wird faſt hoch/ bekompt groſſe Kaͤl-
te/ gefaͤhrlichen Krampff und endlich den
Todt. Wann aber nur deſſen Halß wel-
cher Fleiſchicht/ verwundet worden/ iſt noch
Cur.gute Hoffnung/ und iſt mit der Cur zu ver-
fahren/ wie bey den Nieren geſagt worden/
nur daß man ſo viel muͤglich/ und wo es
ſeyn kan/ ohne Meiſſel die Wunde geſchwind
heile/ damit keine Fiſtel und Harnlauffen
verurſachet werde; umb die Wunde ſoll
man mit maͤßig-erwaͤrmenden und reſolvi-
renden Oehlen/ als Maſtix-Schwertel-
Narden- und weiß Lilien-Oehl ſchmieren/
wo man durch den Harngang einſpruͤtzen
muß/ muß man das Waſſer machen von
Gerſten/ Roſen und klein Tauſendguͤlden-
kraut/ in rothen Wein geſotten/ Roſen-
Honig dazu thun/ und laulecht hinein ſpruͤ-
tzen.


161. Wie iſt zu erkennen/ obei-
ner/ der in den Bauch ge-
ſtochen worden/ tieff ver-
wundet ſey/ oder nicht?


Solches kan man erforſchen/ wann die
Wun-
[289]von den Wunden.
Wunde groß/ mit den Fingern/ oder wann
ſie enge mit einem Wund-Eyſen oder
Wachslicht/ und ſoll man den Patienten ſo
es muͤglich in ſolcher ſtellung ſtehen laſſen/
in welcher derſelbe verwundet worden/ ſo
wird mans leicht erfahren koͤnnen.


162. Mag man auch das Haͤut.
lein welches die Daͤrm be-
decket hefften?


Man kan es binden und hefften/ wie es
die Noht erfordert/ und wann ſie bey ſeiner
natuͤrlichen Farbe bleibet/ wiederumb hin-
einthun/ und den Fadem nicht abſchnei-
den/ ſondern auß der Wunden herauß han-
gen laſſen.


163. Wie iſt zuhelffen wañ ſolch
ein Darm- oder Schmeerfel
herauß hienge und lang her-
außen geweſen were?


Man ſoll ſolches ſo bald es muͤglich wie-Paræus.
der hinein thun/ ſintemahl ſolches gar ge-
ſchwind vom euſſerlichen Lufft verderbet
wird/ wann nun ſolches erkaltet/ ſchwartz
und Bleyfaͤrbig worden/ muß man es
nicht alſobald hinein thun/ ſondern daß/
was angelauffen/ erſtlich mit einem Fadem
ſtarck binden/ denſelben daran laſſen/
Tdas
[290]Ander Theil
das boͤſe wegſchneiden/ und alsdann fein
gemach an ſeinen Ort bringen.


164. Wie iſt zu helffen/ wann
die Daͤrm herauß hiengen/
und dick verſchwollen we-
ren/ dazu das Loch enge were?


Ehe man ſie hinein bringet/ muß man
ſie mit einer Bruͤhe von Chamomillen/
Steinklee/ Anieß/ Fenchel/ geſotten/ mit
einem Schwamm erwaͤrmen und behen/
oder lebendige junge Hanen oder Huͤndlein
von einander reiſſen und uͤberlegen/ damit
ſie alſo erwaͤrmet und die Blaͤſte zertheilet
werden/ hernachmahls den Patienten auff
die andere geſunde Seite/ oder aber/ da die
Wunde tieff unten/ den Kopff niedrich/
den Hindern aber hoch legen/ und alſo fein
gemach hinein bringen; Wann ſich aber die
Blaͤſte nicht woltẽ zeꝛtheilen laſſẽ/ muß man
die Wunde erweitern/ und alſo den Darm
Sondertiche
Invention.
wieder hinein helffen. Petrus Pigræus, ein
vortreflicher Chirurgus, meldet/ daß man
die duͤnnen Daͤrme/ wann ſie voll Blaͤſte/
und nicht koͤnnen hinein gebracht werden/
mit einer ſpitzigen ſubtilen Nadel/ etzliche
mahl durchſtechen ſoll/ daß der Wind her-
auß gehe/ wie Franciſcus Peccettus und Vi-
gierius
Beyfall geben/ und ſonderlich Mar-
cus
[291]von den Wunden.
cus Aurelius Severinus erhebet dieſe inven-
tion
ſehr hoch/ in tractatu de efficaci medi-
cina:
Die Wunde des Unterbauches/ ſoll
man fleiſſig hefften/ doch alſo/ daß man
auff einer Seiten das peritonæum allein
faſſe/ auff der andern ſeiten das Fleiſch al-
lein/ und alſo allezeit umbgewechſelt/ faſt
biß zu ende der Wunden verfahre/ und
dem Eyter lufft laſſen. Aquapendens er-
mahnet/ man ſoll nebenſt dem Hefften/
umb der Sicherheit willen/ auch den gluten
gebrauchen/ dann den hefften/ wegen der
Bewegung/ allein nicht zu trawen.


165. Wie iſt ein Darm der den
langen Weg verwundet
worden/ zu curieren?


Wiewol kein Wund-Artzt/ ſo geſchickt
daß er die verletzten Daͤrme heilen koͤnne/
die Dicken zwar/ laſſen ſich bißweilen noch
woll hefften/ jedoch nicht allezeit heilen/
und allewege iſt mehr Furcht als Hoffnung
zu gegen. Das hefften iſt bey vielen unter-
ſchiedlich/ die gemeineſte iſt/ daß man den
Darm mit ſolchen ſtichen zunehet/ als die
Kuͤrſchner die Peltze/ oder wann man einen
Sack nehet; Etzliche nehmen Seiden/
etzliche geſchnittene Pergament-haͤutlein/
in Wein genetzt/ etzliche/ welches faſt das
beſte/ einen ungebleichten gewaͤchſten flaͤch-
T ijſenen
[292]Ander Theil
ſenen Faden. Gabriel Ferrara obſerv: Chi-
rurg:
18. wil/ man ſoll feine Lauten-Seiten
nehmen/ welche in Wein ſollen geweichet
werden/ der zuvor mit Roßmarin und
Rothen Roſen gekocht ſey. Nach dem die
Hefftung geſchehen/ waͤſchet man die
Daͤrme mit einem wolrichenden weiſſen
Wein fein ab/ und beſtrewet ſie mit pul:
aloes, maſtic, ſang: dracon:
und Mumia,
und thut ſie an ihren Orth/ doch daß der
Fadem vom hefften herauß hange/ damit
man ihn nach dem er abgefaulet/ koͤnne her-
auß ziehen.


166. Wann einer mit einem
Meſſer in das Lincke Duͤtt-
lein geſtochen were/ und
ſehr bluthete/ was man ge-
troffen zu ſeyn vermeine?


Es iſt erſtlich getroffen/ der muſculus
pectoralis,
und wegen vielen bluten/ vermu-
thet man/ daß eine Ader von den intercoſta-
libus
getroffen ſey/ als dann ſoll man nicht
viel in der Wunden gruͤblen/ ſondern ein
Meiſſel mit einem Bluth-ſtillungs Pulver
hinein ſchieben/ eine Ader auff der andern
Seiten laſſen/ den Orth mit Chamomil-
len-Roſen-Regenwuͤrm- und Mandel-
Oehl defendiren/ ein gut defenſiv-Pflaſter
uͤber-
[293]von den Wunden.
uͤberlegen/ nachmahls die Wunde mit ei-
nem guten digeſtiv etzliche Tag uͤber/ ver-
binden/ nachmahls mit dem mundicativo
de ſuccoapij Hildani,
und ein Stich-Pfla-
ſter Celtenweis daruͤber legen/ wann es in
die Hoͤle der Bruſt gienge/ ein lavament
hinein ſpruͤtzen/ gemacht von Herb: veronic,
centaur, pulmonar, hyſop, flor: roſarum, oli-
ban
in Waſſer geſotten/ und mel: roſar: da-
zu gethan.


167. Wann ein Weib eine hitzi-
ge geſchwollene Bruſt hatt/
worvon kompt es/ und wie
iſt ſie zu curiren?


Die Urſach dieſer hitzigen Geſchwulſt iſt/Urſach.
die uͤberfuͤllung des Leibes/ und zufluß der
Milch/ in dem dieſelbe durch die vertruck-
nende Hitze erhaͤrtet wird. Derowegen/
ſo bald das Blut zu einer Bruſt beginnet
hinzuflieſſen/ muß man die baſilicam auff
der andern geſunden Seiten eroͤffnen/ undCur durch
reſolventia.

alſo von dannen wieder hinweg ziehen/ oder
da das Weib Blutreich/ die Saphenam
auff der Seiten der geſchwollenen Bruſt/
und daſſelbe umb ſo viel mehr/ wann ſie
mangel an ihrer Monatlichen Blum hat:
Auff die Bruſt ſoll man reſolvirende Sa-
chen gebrauchen/ doch auch zu gleich Er-
weichende mit untermiſchen/ damit die ſub-
T iijtile
[294]Ander Theil
tile Feuchtigkeit nicht verzehret/ die grobe
aber darin bleibe/ muß derohalben zu den
reſolvirenden/ als da ſind: Chamomilla,
melilot, rad: altheæ, rad: lilior: alborum,
ungv: dialtheæ, farin lupinor: adeps anſeri-
nus, \&c.
auch erweichende und humectantia
untergemiſcht werden/ als da ſind: mal-
va, ſem: lini, fœn: græc, bdellium, ammo-
niacum, galban, ficus, diachyl. ſimplex,
und
dergleichen; Man ſol ſich auch fleiſſig vor
das behen huͤten/ dann ſie ziehen noch
mehr hin/ zu dem leidenden Theil/ auch ſoll
man die zuruͤcktreibende nicht gebrauchen/
ſie ſeind dann im erſten Grad/ als das Ro-
ſen-Oehl ꝛc. Es pfleget ſich aber ſolches
nicht allezeit zuverziehen/ ſondern ſich zur
Cnr durch
Vereyte-
rung.
Vereyterung zu ſchicken/ in dem der Orth
eine Roͤthe bekompt/ und dem Patienten ſehr
wehe thut/ alsdann muß man zu den verey-
terenden Mitteln ſchreiten/ als Fol. malv,
rad: altheæ, farin tritici, ficus, uvæ paſſæ,
pingved: porci, vitel: ovorum, crocus \&c.

Auß welchen nach belieben/ entweder ein
Pflaſter oder ein cataplaſma in Milch geſot-
ten/ gemacht werden kan; Wann der
abceſſus zur Zeitigung kommen/ kan man
ihn entweder mit einem corroſiv oder Lan-
tzette oͤffnen und heilen/ daneben der Pur-
gantz und Lenitiven nicht vergeſſen.


168. Wie
[295]von den Wunden.

168. Wie iſt dem zu helffen/ der
durch und durch geſtochen?


Daß einer koͤnne ohne verletzung der
Lungen durchſtochen werden/ bezeuget Hil-
danus
mit einem Exempel/ in dem der
Stoß eben dann geſchiehet/ wann der
Menſch expirieret/ da ſich dann die Lunge
einzeugt und kleiner wird. Ob nun ſchon
die innerliche Glieder unverletzt ſeyn/ gehets
doch ſo leer nicht ab/ und kommen offt ſehr
beſchwaͤrliche Zufaͤll/ als da ſind/ Ohn-
macht/ Huſten/ ſchwerer Athem/ Schmer-
tzen im Rucken/ oder Seiten/ mit Ste-
chen/ Entzuͤndung der Lungen/ welche ent-
weder ſeine Urſachen auß Verwundung der
Lungen ſelbſt/ oder auß dem eingefloſſenen
Blut bekommen. Den Schaden anlan-Cur.
gend/ ſoll man mit einem Meißel von
Stichpflaſter gemacht/ von beyden Seiten
verbinden/ an einem Fadem faͤſt machen/
und mit einem ſtarck klebenden Pflaſter an
der Seiten anmachen/ damit er nicht in die
Hoͤle der Bruſt gezogen werde/ und ferner
mit defendieren/ digerieren/ mundificieren/
incarnieren und cicatriſiren verfahren/ wie
bey einer Bruſt-Wunden.


169. Sind die Wunden des
Bauchs/ ſo nicht durch ge-
hen/ ſchaͤdlich?


T iiijDie
[296]Ander Theil
Aquapen-
dens.

Die Wunden des Unterbauchs/ welche
nicht in den holen Leib gehen/ ſind nicht ge-
faͤhrlich/ ſie ſeyn dann gar groß/ doch ſind
dieſelbe mehr gefaͤhrlich/ welche in der Mit-
ten des Unterbauchs/ als welcher mehr
ſpanadriger und uͤbeler zu hefften/ als die/
ſo an der Seiten ſeyn; Doch ſoll man in Er-
An merckungforſchung der Wunden Fleiß anwenden/
dann mannichmahl iſt die Wunde inwen-
dig enge/ oder es verhindert etwas/ daß
man mit dem Sucher nicht hinein kan/ und
gehet doch die Wunde in die Hoͤle/ hergegen
ſchiebet man bißweilen den Sucher nach der
Seiten weithinein/ zwiſchen die Muſculen/
und gehet der Stich doch nicht in den holen
Leib/ weßwegen man dann fleißig zuſehen
muß.


170. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner mit einer Kugel durch
und durch geſchoſſen/ und
der Blaaſen-Zipffel ver-
wundet waͤre?


Dieſe Wunden ſind wegen der Contu-
ſion
viel gefaͤhrlicher/ als die andere friſche
Wunden. So bald man aber zu einer ge-
ſchoſſenen Wunden beruffen wird/ muß
man vor allen dingen den verletzten Ort und
deſſen Natur beobachten/ fleisſig ſehen und
fuͤhlen/
[297]von den Wunden.
fuͤhlen/ ob man die Kugel oder Schrott/
Stein/ oder ſonſten was unnatuͤrliches in
der Wunde ſpuͤhret/ daſſelbige alſobald her-
auß thun/ oder da es ſonſten der groſſe
Schmertz nicht zuleſt/ biß zum anderen ge-
band bleiben laſſen/ nachmahls wann es ſehr
blutet/ ein Meiſſel mit einer Blutſtillung
hinein ſchieben; Den Schmertzen zu ſtillen/
brauchet man euſſerlich/ des Meſue Roſen-Cur.
ſalb oder den extrahirten Quitten-Schleim/
die Wunde ſelbſt verbindet man mit war-
men Terpentin oder gemeinen digeſtiv oder
ol: hypericon: mit Faſen eingelegt. Paræus
ruͤhmet das ol: von jungen Hunden pag.
469. Wann etwa boͤſe Feuchtigkeiten zum
Schaden zuflieſſen/ muß man ſolches mit
purgieren und aderlaſſen wehren/ eine be-
queme diæt wie bey verwundung der Harn-
Blaaſen in der 161. Frag geſagt worden/
anſtellen. Nach dieſem muß man die
Wunde zur Vereyterung bringen/ damit
das gequetzte Fleiſch in Materie verwandelt
werde/ worzu dann die ungventa von maſtic,
oliban, terebint, ol: hyperic, ol: roſarum \&
croco
gemacht/ dienlich: wann die Wun-
de zu einer guten digeſtion gebracht/ und kein
boͤſer Zufall/ als Krampff und Schmertzen
dazu kompt/ ſoll man in der Heilung fort-
ſchreiten/ und die Wunde fein ſaͤnfftig rei-
nigen/ welches fuͤglich geſchehen kan/ ent-
T vweder
[298]Ander Theil
weder allein mit dem ung v: ægyptiaco oder
mit ol: hypericonis temperiret/ nach dem die
Wunde viel Unraht in ſich hat: Wann
etwa die Kugel ein Bein angetroffen/ und
daſſelbe zerſchmettert iſt/ muß man ſolche
fein gemach herauß thun/ damit nicht die
Adern oder Nerven damit verletzet werden/
das Glied fein gerade legen/ die Beiner wel-
che groß/ und nicht herauß genommen wer-
den koͤnnen/ auff einander richten/ doch vor
den ſiebenden oder neundten Tag keine
Schienen gebrauchen/ wo der Ort Schie-
nen erfordert/ und wie ein Beinbruch heilen/
und in dem der Callus waͤchſt/ dem Patien-
ten in den Speiſen etwas reichlicher halten/
welche eine zaͤhe Nahrung geben. Wann
ein Nerv getroffen/ muß man den Zufaͤllen
mit Purgieren/ Aderlaſſen und guter Diaͤt
zuvor kommen/ dann zu den Spanadrigen
Orten leicht ein gefaͤhrlicher Krampff/ dazu
kommen kan/ welcher alsdann den Todt
drauet.


171. Was iſt zuthun/ wann in-
wendig eine Faͤulung dazu
kaͤme/ ohneracht an Fleiß
nichts unterlaſſen wor-
den?


Zu ſolcher Faͤulung geben vors erſte an-
laß/
[299]von den Wunden.
laß/ die boͤſen Feuchtigkeiten/ mit welchen
der Leib angefuͤllet geweſen. Zum andern/
die Unart und Ungelegenheit des Luffts und
Gewitters/ wie auch die Verderbung derer
Dinge/ ſo man zu Auffenthaltung des Lei-
bes nicht entrathen kan.


172. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner mit einem Pfeil geſchoſ-
ſen waͤre/ der einen Wieder-
hacken haͤtte?


Es iſt nichtes ſchwerers/ als dieſe Pfeil
herauß zu ziehen/ weswegen dann woll in
acht zu nehmen/ wann ſolche in ein vorneh-
mes Glied geſchoſſen/ daß man die gewalt-
ſahme Außziehung bleiben laſſe/ es ſey dann/
daß der Patient oder die Umbſtehende auff
ihre Gefahr es begehrten. Wann aber der
Pfeil an einem fleiſchichten Ort/ und faſt
auff der anderen Seiten durch/ ſoll man
viel lieber den Pfeil gar durchſtoſſen als zu-
ruͤck ziehen/ wann ſolches keine Ader oder
Haarwachs verhindert/ oder da ſolches
nicht thunlich/ die Wunden erweiteren; ſo
er im Knochen ſteckt/ hin und her gemach be-
wegen/ oder mit dem Eiſen abledigen.


173. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner mit einer vergifften

Ku-
[300]Ander Theil
Kugel oder Pfeil geſchoſ-
ſen worden?


Wiewoll Paræus und andere mehr/ nicht
zugeben wollen/ daß die Kugeln koͤnnen ver-
gifftet werden/ ſondern die boͤſen Zufaͤll nur
allein von der contuſion verurſachet werden/
ſo geſtehet doch ſolches Sennertus, daß ſolche
koͤnnen/ wo nicht mit einem vegetabile,
doch mit einem minerale vergifftet werden.
Wann nun etwa ein Muthmaſſen des
Koñzeichen.Giffts verhanden/ weiſet ſolches alſobald
der faſt groſſe und ohnunterlaß/ als mit
Nadeln-ſtechender Schmertz/ zu dem/ ſo
iſt auch das verwundete Fleiſch bleich und
bleyfarbig/ und laͤſt ſich anſehen/ als wenn
es gar erſterben wolte/ ſo erzeigen ſich auch
bey ſolchen Wunden/ ſehr viel und boͤſe Zu-
faͤll/ uͤber die Natur der anderen und ſchlech-
Cur und Hei-
lung.
ten Schaͤden. Derowegen/ ſo wird erfo-
dert/ daß man/ ſo bald der Pfeil oder an-
ders vergifftes herauß gezogen/ das verdor-
bene Fleiſch/ entweder hinweg ſchneide/ oder
aber ſcarificiere/ und eine Ventoſe darauff
ſetze/ rund herumb mit terra ſigillata oder
bolo armeni oder einem Theriack in Roſen-
Oehl zerlaſſen/ defendire. Die Artzeneyen
aber/ ſo alle boͤſe Materien zu den euſſerſten
Orten herauß ziehen/ ſind/ der Sauerteig/
Rohrwurtzel/ ammoniac, ſerapinum, ari-
ſtolog.
[301]von den Wunden.
ſtolog. diptamus, viſcus quercinus Honig
und dergleichen. Wann der Ort von Ner-
ven und Adern frey/ ſoll man die Wunde
etzliche mahl mit einem gluͤenden Eiſen be-
ruͤhren/ und woll zuſehen/ damit der heiſſe
und kalte Brandt nicht dazu ſchlage/ welcher
dann das Glied nicht allein verzehret/ ſon-
dern auch die Kraͤffte weg nimpt/ ein Fieber
erregt und den Menſchen gar erwuͤrget.


174. Auff wie vielerley Weis
und Weg wird der Ruͤck-
grad verwundet?


Entweder durch Hauen/ Stechen/ mit
Streit-Hammer/ Pfeilen/ Kugel und an-
deren Geſchoß/ und ſolches entweder mit
Verletzung oder ohne Verletzung des
Marcks.


175. Wie iſt zu erkennen/ wann
einer in den Ruͤckgrad ge-
ſtochen/ ob das Marck veꝛ-
wundet/ und wie iſt er zu
verbinden?


Solches wird theils geſehen/ und aus
der Anatomia gemuthmaſſet/ theils kan
mans aus den Zufaͤllen erkennen/ denn es
iſt erſtlich ein groſſer Schmertz dabey/ En-Keñzeichen.
tzuͤndung und endlich Geſchwulſt/ und
wann
[302]Ander Theil
wann man nicht recht fleiß anwendet/ ſo
kompt dazu ſtupor, ſpasmus und paralyſis,
dann wann das Marck gantz uͤber zwerg
abgeſchnitten/ ſo verliehret der Leib alſobald
ſowol die Bewegung/ als das Fuͤhlen/ und
folget bald der Todt darauff; Wann es
Zufaͤll.aber nur halb abgeſchnitten/ ſo folget noth-
wendig eine convulſion, und offt auch der
Todt/ weil aber zuweilen etzliche davon kom-
men und geheilet werden/ ſoll man das/
was man loß von Beinern findet/ gemach
herab nehmen/ das Blut ſtillen/ die Schmer-
tzen linderen/ der convulſion wehren/ und
Cur.den Eyter ohne beiſſen außfuͤhren/ weßwe-
gen man dann die Wunde/ und zwar das
Marck/ mit einem ungv: Cephalico belegen
muß/ weil dieſes mit der dura und pia mater
umb geben/ oder das ol: hyperic: mit ein we-
nig Theriac eintroͤpflen/ dann es erfodert
eben die Artzeneyen/ nemlich trucknende
und linderende/ als die Wunden des
Hirns/ zu dem ſind auch die oͤhlichte in die-
ſer Cur die aller nuͤtzlichſten/ auff das Bein
aber lege truckene Tuͤchlein/ oder ein Haͤupt-
Pulver/ die Lefftzen der Wunden verſehe
mit einem guten digeſtiv fein warm/ ein gu-
tes Haͤupt-Pflaſter daruͤber/ den gantzen
Ruͤckgrad ſalbe mit dem ungv. nervino, ol:
vulpino, maſt ichino, chamomill.
und lumbri-
cato \&c.
und verbinde/ wie bey den Nerven
geſagt.


176. Was
[303]von den Wunden.

176. Was iſt bey den innerli-
chen Wunden der Hufft und
Schenckel zu thun/ und war-
umb ſind ſie toͤdlich?


Dieſe Wunden ſind deswegen toͤdlich
und gefaͤhrlich/ weil in den inwendigen
Theilen der Huͤfft groſſe Arterien undHuft-Wun-
den warumb
toͤdtlich.

Bluth-Adern/ wie auch ſtarcke Nerven
liegen/ welche/ wann ſie verwundet und
tieff hinein gehen/ eine groſſe Verblutung
verurſachen/ welche den Menſchen umbs
leben bringen. Wann man in der Zeit da-
zu beruffen wird/ und die Wunde nicht gar
tieff und groß/ ſoll man/ wie offt geſagt/
das Bluth ſtillen/ die Wunde hefften/ amCur.
nidrigſten Ort offen behalten/ ihm eine kuͤh-
lende und beqveme Diaͤt vorſchreiben/ die
Wunde vereyteren/ reinigen/ den gantzen
Schenckel defendiren/ und endlich beſchlieſ-
ſen und heilen.


177. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner mit einer Kugel durch
den Knoͤchel geſchoſſen were?


Dieſes iſt ein ſorglicher Handel/ in dem
der Ort gar beinicht und ſehr empfindlich/
alſo daß offt viel daran ſterben: Man ſoll
ihm die Kugel/ wo ſie noch darein/ zu ſampt
den
[304]Ander Theil
den ledigen Beinern ſanfft herauß nehmen/
den Ort umb und umb mit vorbeſagten
Mitteln defendiren/ und mit umbgehen/
als mit einer Beinſchroͤtigen Wunden.


178. Wie viel Kranckheiten er-
ſcheinen am Afftern?


Deren ſind unterſchiedlich/ als:


  • 1. die Außweichung des Maſtdarms.
  • 2. die Feigwartzen und condylomata.
  • 3. die Fiſtel und Geſchwaͤr.
  • 4. die Gulden Adern oder Hæmorrhoides.

179. Wie entſpringet eine jede
Kranckheit/ und wie ſind
ſie zuerkennen?


Die Vorſchieſſung des Maſtdarms an-
langend ſo iſt dieſelbe albereit im erſten Theil
dieſer Chirurgiæ in der 48. Frag eroͤrtert
Feigwartzen.worden. Die Feigwartzen aber ſind kleine
rauhe huͤgelein/ gleichſam harte herfuͤrge-
ſchoſſene ſtuͤcklein Fleiſch/ ſo mehrentheils
im runtzlichten Ort und randen des Afftern/
wie auch in der Gebaͤhrmutter erwachſen
pflegen/ und ſich mit ihrer groſſen Brunſt
und Runtzelen/ nicht allein ſehen/ ſondern
auch mit ihrer rauhe und Haͤrte fuͤhlen laſ-
Cur.ſen: Sie erforderen erkaltende/ erweichen-
de und nachlaſſende Artzeneyen/ als Lein-
ſamen-
[305]von den Wunden.
ſamen- und Eyeroͤhl/ im bleyernen Moͤſer
eine Weile geruͤhret/ wo eine Entzuͤndung
zugegen thut man Campfer hinzu/ oder
man faſſet ſie mit einem Zaͤnglein an/ und
ſchneidet ſie weg/ oder/ ſo ſie eine kleine
Wurtzel haben/ bindet man ſie mit einem
ſeidenen Faden ab. Beſiehe die 56te Frag
des erſten Theils. Die Fiſtel des AfftersFiſtel des
Affters.

anlangend/ ſo entſtehen dieſelbe auß eben
den Urſachen/ als andere Fiſtelen/ nemlich
auß den Wunden oder Apoſtemen/ ſo et-
wa uͤbel und unrecht geheilet worden/ und
ſolche gehen entweder durch den Maſt-
Darm/ oder nur umb denſelben und ins
Fleiſch. Die in dem Afftern verborgen
ſind/ werden auß dem daſelbſt herauß trief-
fenden Wundſchweis und eyterichtenKeñzeichen.
Feuchtigkeiten/ wie auch auß dem Schmer-
tzen der nechſt herumbliegenden Ortern
leichtlich erkand. In Heilung derſelben/
ſoll man den Finger/ nach dem der Nagel
woll abgeſchnitten/ in den Afftern ſchieben/
ein von Bley gemachtes Inſtrumentlein
mit einem ſeidenen Fadem daran/ in dieCur durch
Handgriff.

Fiſtel ſchieben/ wenn es nun an den Finger
kompt/ die Spitze des Inſtruments krumb
biegen/ mit dem in den Afftern geſchobenen
Finger/ zum Afftern herauß ziehen/ die
beyden Ende des Fadems alle Tag faͤſter zu-
binden/ biß endlich die Fiſtel gar durch-
Uſchnit-
[306]Ander Theil
ſchnitten/ nach dieſem/ ſoll man verweh-
ren/ damit die Lefftzen der Fiſtel nicht gleich
aneinander heilen/ ſonſten wird man nicht
zum Zweck gelangen; welche aber nicht tieff
ſind/ beduͤrffen des bindens nicht/ ſondern
werden mit einem krummen Meſſerlein her-
auß geſchnitten.


Es iſt aber im ſchneiden dieſes in acht zu-
nehmen/ daß man nicht den Sphincterem
Ani
oder Zuſchlieſſer des Hintern gantz
durch ſchneide/ ſondern etwas von ſeinem
Circkel laſſe/ ſonſten wuͤrde ein unauffhoͤr-
lich außlauffen der excrementen wider des
Patienten Willen verurſachet werden.
Nach dem die Schwule oder callus abge-
ſchaffet/ wird ſie wiederumb geheilet. Die
Hæmorrhoides und derſelben Geſchwulſt/
Schmertzen/ und Blutfluß/ ſind ſchon in
der 55. Frag im erſten Theil beantwortet
worden.


180. Wo ruͤhret die Faͤulung
im Afftern her?


Die/ ſo innerlich/ kompt her von einem
Geſchwaͤr des Maſtdarms/ und weil die
Materie beiſſend und ſcharff/ auch zugleich
an ſo einem feuchten Ort/ durch welchen al-
ler Unflat herauß muß/ iſt er deswegen der
Faulung deſtomehr unterworffen Es
werden auch deswegen die Fiſteln des Aff-
tern
[307]von den Wunden.
tern deſto weniger durch Artzeneyen ge-
heilet.


181. Was iſt zu thun wann ei-
ner mit einem ſpitzigen Meſ-
ſer und der gleichen in den
Afftern geſtochen were und
ſehr bluthete?


Das bluten ſoll man ſtillen mit einem
Blutſtillungs-Pulver/ dann ohne Zweiffel
alda die Vena hæmorrhoid alis verletzet wird.
Die Heilung ſoll man anſtellen/ mit ein-Cur.
ſpruͤtzung der Clyſtier und einſteckung der
Stuhl zaͤpflein von Roſenhonig und der-
gleichen/ dieſe Wunden ſind zuweilen
Schmertzhafft/ zuweilen auch gar toͤdlich
wie beym Aquapendente zu ſehen.


182. Was iſt zu thun/ wann ein
wilder Ochs einer Frawen
mit den Hoͤrnern zwiſchen
die Beine kaͤhme/ und ihr
das Gemaͤcht mit einem
Horn von einander riſſe?


Dieſes iſt ein gefaͤrlicher Handel/ in dem
nicht allein die Verwundung mehr eine
Zerſtoſſung und Zerreiſſung der Glieder iſt/
ſondern das Blut laufft zum Gemaͤcht her-Zufaͤll[e]
U ijauß/
[308]Ander Theil
auß/ empfindet groſſe Schmertzen/ uͤmb die
Druͤſen/ Huͤfften und umb das Gemaͤcht:
Wann die Gebaͤr-Mutter mit getroffen
und verwundet/ kompt ein Fieber und Er-
brechen der Gallen dazu/ etzliche kom̃en umb
ihre Sprach/ etzliche umb den Verſtand/ und
welche daran ſterben/ die haben gleiche Zu-
faͤll/ mit dem verwudeten Hertzen. Sol-
Cur und Hei-
lung.
che Wunden zu curieren/ wird ein groſſer
Abbruch im Eſſen und Trincken erfodert/
und muß man die Ader am Arm oͤffnen/
die Feuchtigkeiten ſtill und unbewegt erhal-
ten/ die Entzuͤndung durch abkuͤhlen ver-
huͤten/ die Wunde in den erſten Tagen mit
der Mixtur von Terpentin/ Eyerdotter und
Saffran verſehen den Ort herumb mit Ro-
ſen-Oehl/ Leinſaamen-Oehl und Mutter-
Kraut ſtaͤrcken/ hernach die erſte Artzeney
mit ein wenig olibano, maſtic, und Aloe mit
Wachs vermiſchen/ das verlohrne Fleiſch
wieder erſtatten/ und den Patienten alſo
legen/ daß das Gedaͤrm die Gebaͤhrmutter
nicht beſchwaͤre/ wann ſich aber die Hei-
lung verweilete/ und eine hefftigere Truck-
nung erfodert wuͤrde/ nimpt man die tuti-
am, aloen
mit ſampt den bolo armeni, Saff-
ran und dergleichen/ mit dem Safft von
Pimpinel oder Wallwurtz/ zu einem flieſ-
ſenden Spruͤtz-Waſſer gemacht: Da es
einer Reinigung bedarff/ ſo verrichte es mit
rothem
[309]von den Wunden.
rothem Wein und Honig mit einander ver-
miſchet/ und befehle das uͤbrige der Natur.


183. Woher kompt das Blut-
harnen/ und wie iſt ihm zu
ſteuren?


Solches kompt entweder wann die Nie-Urſach.
ren verwundet/ oder die Jegend derſelben
zerſtoſſen worden/ dergleichen geſchicht auch/
wann die Blaaſe verwundet: Es geſchicht
auch/ daß ſolche von dem Stein beſchweret
und wund gemachet wird/ in dem er ſich
zum Außgang ſchicket. Wann ſolches
von dem Stein verurſachet worden/ weh-
ret es nicht lang/ ſondern wann der Stein
wieder ruhet/ hoͤret es auch bald wieder
auff/ wann aber ſonſten/ aus verwundungCur.
der Nieren/ ſolches geſchicht/ giebet man
dem Patienten ein/ trochiſc: de ſuccino, al-
kekengi, gordonis \&c.
mit aq: plantag, burſæ
paſtoris \&c.


184. Was iſt zu thun/ wann
ein Stein in der Roͤhren
ſteckt der weder hinter ſich
noch vor ſich wolte?


Dafern der Stein nicht weit hervorAquapend.
in lib. de o-
perat. chi-
rurgic.

Hand-Cur.

ſoll man einen Verſuch thun/ denſelben
mit dem Cathetere welcher zuvor mit Roſen-
U iijOehl
[310]Ander Theil
Oehl beſchmieret/ zu ruͤck in die Blaſen zu-
treiben/ man muß aber behutſahm und ge-
mach damit verfahren/ daß man nicht mit
dem cathetere die membr anulam oder val-
vulam.
welche zu den Saamen-gefaͤß gehet/
verletze/ ſonſten eine Gonorrhoea erwecket
wuͤrde/ welches bald zu mercken/ indem
das Inſtrument gar ſchwer hinein gehet/ zu-
dem auch ein grauſamer Schmertz ſich er-
zeiget/ und das Bluth darnach kompt/
weswegen man dann ein wenig zuruͤcke zie-
hen muß/ daß man die membranulam vor-
bey gehe: Were aber der Stein ſchon forn
in der Roͤhren/ muß man hinter dem
Stein mit dem Fingern drucken/ daß er nicht
wieder zu ruͤck weichen kan/ alsdann ſich
bemuͤhen/ daß man mit einem Inſtrument
einem Ohrloͤffel gleich/ den Stein vorbey
komme/ mit der Hoͤle ergreiffe und alſo her-
auß ziehe; Solte aber der Stein ſich ge-
wendet haben/ und in der Breite mit ſeiner
Laͤnge forne ſtecken blieben/ ſo muß man
nach Pauli Lehre lib. 6. cap. 60. den mea-
tum urinarium
mit einem Meſſerlein oͤffnen.
Es ſollen aber die corpora nervoſa geſchonet
werden/ damit keine Fiſtel verurſachet wer-
de/ wie Joh: van Horne in mi crotehne er-
mahnet/ pag. 156.


185. Wie
[311]von den Wunden.

185. Wie iſt der zuverbinden
und zu heilen/ der uͤber-
zwerg uͤber eine Hand
oder Fuß gehauen iſt/ daß
die Nerven entzwey?


Wann ſolche gantz entzwey/ entſtehetUnterſcheid.
kein Krampff/ und wird leicht geheilet/ in
dem ſich beyde Theile zuꝛuͤck ziehen und leicht-
lich mit Fleiſch bedecket werden/ wann aber
ſolche nur halb entzwey/ geſchicht insgemein
ein groſſer Schmertz/ Entzuͤndung und
Krampff. Weßwegen man dann eine
ſtarcke Aderlaß thun muß/ den Ort fein weitCur.
herumb defendieren/ digerieren/ ziemlich
lang offen behalten/ die Nerven mit trucken-
den Sachen verbinden/ welche nicht beiſſen/
als lebendigen Kalck/ pompholix woll ge-
waſchen/ ungv: Iſidis in ol: roſarum zer-
laſſen.


186. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner in einen Arm oder
Schenckel geſtochen we-
re/ und lange unverbun-
den gelegen/ unterkoͤtig
und ſtinckicht worden
waͤre?


Solchem ſoll man alſobald mit einer
U iiijOeff-
[312]Ander Theil
Oeffnung zu Huͤlffe kommen/ die boͤſe und
ſtinckende Materie heraus laſſen/ ein
Spruͤtz-Waſſer in die ſinus ſpruͤtzen/ welche
der Faͤulung wiederſtehen/ gemacht von
Wermuth/ Scordio, Ehren-Preiß/ Oder-
mening und dergleichen/ oder das ungv:
ægyptiac: magiſtrale Hildani
entweder hin-
ein ſpruͤtzen/ oder vor ſich ſelbſt warm hin-
einfloͤſſen/ umb das angeloffene und faule
Fleiſch/ wie auch die Nerven zu mundificie-
ren: Wann etwa die Beiner angegriffen/
dieſelbe radieren/ wann es noͤthig/ eine Ader
oͤffnen/ purgationes und beqveme Diaͤt vor-
ſchreiben und heilen.


187. Was iſt zu thun/ wann
einer in ein Knie geſchoſſen
worden waͤre/ und die Ku-
gel noch darin ſtecke?


Hildan. pag
2125.
Cur

Man ſoll/ wie vor dieſem ſchon gemeldet/
die Kugel/ wo es muͤglich/ alſobald heraus
thun/ wie auch die ledige Beiner/ und nach
dem das Blut geſtillet/ ſoll man ein Saͤlb-
lein von Terpentin/ Wachs/ Geigenhartz/
Lilien-Oehl/ Suͤß-Mandel-Oehl/ Eyer-
dotter/ Saffran und gebrand-Hirſch-horn
gemacht/ hauffig in die Wunden thun/
das Empl: baſilicum daruͤber legen/ die er-
ſten fuͤnff oder ſechs Tage ein Schmertzen-
ſtil-
[313]von den Wunden.
ſtillend Uberſchlag gebrauchen/ gemacht/
von Gerſten-Mehl/ roth Roſen/ Heydel-
Beer/ fœn: græcum und Quitten-Kern/ in
halb Waſſer und Eßig zum dicken Uber-
ſchlag gekocht/ und zwey Eyer hinzugethan:
Wann es das Anſehen hat/ als wolt der
heiſſe Brand darzu ſchlagen/ ſoll man das
ægyptiac: Hildani gebrauchen; Wann der
Schmertz geſtillet/ die Wunde gezeitiget/
und das Glied fleißig deſendiret/ ſoll man
an ſtatt des baſilicum, das diapalma brau-
chen/ und weil in den groſſen Zerſtoſſungen
boͤſe Daͤmpffe gegen dem Hertzen ſteigen/
und daſelbſten Ohnmaͤchten verurſachen/
ſo muß der Wund-Artzt die Vereyterung
auffs beſte befoderen/ auch dem faulen
Fleiſch/ mit Hinwegſchneidung/ doch oh-
ne Schmertz helffen/ unter die ungventa, ſo
man in die Wunde braucht ſoll man immer-
zu etwas von Hertz-ſtaͤrckenden Sachen/
als Theriac/ Hirſchhorn/ Bezoar und der-
gleichen brauchen/ auch innerlich das Hertz
ſtaͤrcken. Daß allernoͤthigſte iſt/ daß manAnmerckung
gleich im Anfang ſich den Schmertzen zu
ſtillen bemuͤhe/ dann ſonſten Glied-Waſſer-
Sucht und Brand nicht auſſen bleiben.


188. Was iſt zu thun/ wann ei-
nem ein Stuͤck von der
Roͤhren am Arm oder

U vSchien-
[314]Ander Theil
Schienbein abgehauen
waͤre/ daß das Marck bloß
lege?


Cur.

Man ſoll die ledigen Beiner weg thun/
und welche noch faͤſt anhangen/ wieder an
ihren Ort richten/ das Blut ſtillen/ im an-
deren Gebaͤnd das Bein wie auch das
Marck mit trucknen Faſen uͤberlegen/ in die
Wunde ein gutes digeſtiv fein warm flieſ-
ſen laſſen/ das Glied defendieren/ wann
die Wunde gezeitiget/ mundificieren/ und
wann kein Schiefer nicht mehr zu befahren/
und das Fleiſch von unten heraus [waͤchſt]/
incarnieren und beſchlieſſen.


189. Was iſt zu thun/ wann
einer in eine Knieſcheibe
gehawen were/ und ihm
das Knie mit ſampt der
Scheiben herab hienge?


Georg:
Gelman
pag:
432.

Dieſes iſt der ſorglichen Schaden einer/
in dem gewiß etzliche fuͤrnehme tendines ent-
zwey/ welche das Glied bewegen/ wie auch
die Ligamenta, welche das Glied zuſammen
Vorher Ver-
kuͤndigung.
halten ſollen. Zu dem ſo koͤnnen allerhand
Zufaͤll/ auch bey guten angewandten Fleiß
dazukommen/ und ſonderlich der Spasmus,
welcher bey dieſem Schaden der naͤheſte iſt/
auch
[315]von den Wunden.
auch iſt nach der Heilung die Laͤhmung
zubefuͤrchten/ oder/ ſo die Knie-Scheibe gar
hinweg/ die ſtete Außeinander-weichung
und wancken des Gliedes. Die Cur anlan-Cur und Hei-
lung.

gend/ ſoll man die Wunde vom Blut ſaͤu-
bern/ und wann ledige Beine verhanden/
ſelbige heraus nehmen/ und wiewol man
ſonſten nicht leicht eine beinſchroͤtige Wun-
de hefften ſoll/ ſo iſt doch allhier von noͤhten/
daß man die Scheibe wieder an ihren Ort
richte/ von beyden ſeiten/ doch nicht gar zu ge-
nau heffte/ ein warm digeſtiv etzliche mahl in
die Wunden lege/ und mit eingelegten Faſen
oder Meiſeln dieſelbe offen halte/ bald dar-
nach etwas von durchdringenden Balſam
oder Oehlen/ als: ol: ceræ, oder Indiani-
ſchen Balſam gebrauchen: Den unter- und
ober-Schenckel ſoll man defendieren/ mit
ungv. nervino, den Patienten in rechter Le-
bens Ordnung/ ſtill/ ruhig und warm
halten; Wann aber ein hitziger Zuflus dazu
kaͤhme/ ſoll man den gantzen Schenckel mit
dem ungv: d. lytargir? mit Campfer und
ſacchar ſaturni vermiſcht/ beſchmieren/ die
gantze Hufft und Ruͤckgrad mit Roſen-oͤhl
ſalben/ und den unter-Schenckel mit dem
diapalma einfaſſen/ auch kan man vor die
Hitze ein lae virginis, doch nicht zu naß/ uͤber-
ſchlagen/ die Wunde mit einem Stich-
Pflaſter Celtenweiß bedecken; Wann nun
alſo
[316]Ander Theil
alſo den Zufaͤllen gewehret/ kan man mit
dem Schaden verfahren/ wie offt gemeldet
worden.


190. Was iſt zu thun/ wann
einem die Mans-Ruthe
gar abgehawen were?


Solches iſt ein gefaͤhrlicher Schaden/
in dem nicht allein die vielfaͤltige Nerven/
ſondern auch zugleich die Bluth- und Lufft-
Adern verwundet werden/ durch welche
ſich ein Menſch leicht zu tode bluten kan/ wie
beym Hildano Cent. 3. obſerv. 89. in zweyen
Cur und Hei-
lung.
Exempeln zuſehen. Wann man aber in
der geſchwindigkeit dazu kompt/ oder der
Chirurgus ſelbſt das Maͤnnliche Glied weg
ſchneiden muß/ ſoll man ein Bluth-ſtil-
lungs Pulver mit Eyerweiß angemacht/
mit Hanff-hede uͤberlegen/ die beyden ſeiten
der Schaam und das ſcrotum mit gedop-
pelten Tuͤchern in halb Waſſer und Eſſig
eingetaucht/ einwickeln/ und mit Binden
verſehen/ hernachmahls Diener anſtellen/
welche einer umb den andern die Haͤnd in
halb Eſſig und Waſſer gefeuchtet/ die
Bluth-ſtillung faͤſt anhalten/ damit das
Bluth nicht hervor ſchieſſe; Nach dem
nun das Bluth geſtillet/ die Wunde dige-
ri
eret/ der Unterbauch mit Roſen- und Hey-
del-
[317]von den Wunden.
delbeer-Oehl defendieret/ kan man endlich
zur Heilung ſchreiten.


191. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner in den Hodenſack geſto-
chen/ und derſelbe mit Blut
unterlauffen/ auch die Hode
zu gleich mit getꝛoffen weꝛe?


Das Bluth im Hodenſack zuverzehren/Zweyfache
Cur.

und vor Faͤulung zubewahren/ kan man
einen Umbſchlag brauchen/ von ſcord, ab-
ſinth, arthemis, vitriol roman, gallas
in Eſſig
oder Wein gekocht/ und zu den Hoden/
weil es ein empfindlicher Ort iſt/ groſſen
Fleiß anwenden/ als den Leib purgieren/
und ſelbigen in einer beqvemen Diaͤt erhal-
ten/ und wann die Wunde groß/ ſoll man
ſie hefften/ am niedrigſten Ort ein wenig
offen laſſen/ den erſten Tag einen gewach-
ſenen Terpentin mit ol: hypericon: vermiſcht/
mit zarten Meiſſelein hinein ſchieben/ den
gantzen Ort der jegend mit der Roſen-Salb
Meſuæ oder Roſen-Oehl mit Maſtix-Oehl
defendiren/ mit Roſen-Honig abſtergieren
und reinigen/ mit dem ungvento baſiliconis
das Fleiſch ergaͤntzen/ und endlich mit dem
cerato d. minio oder diapalma ſchlieſſen/ die
Zufaͤll/ ſo etwa zugegen/ beſtes Fleiſſes ab-
ſchaffen und vertreiben.


192. Was
[318]Ander Theil

192. Was iſt zu thun/ wann
einer in die Mans-Ruthe
geſtochen waͤre?


Dieſe Verwundung iſt faſt ſorglich/
von wegen der vielen Adern/ Arterien und
Nerven/ und muß man aller dings/ mit
Cur.denſelben/ als wie mit den Nerven-Wun-
den verfahren/ mit guten defenſivis verſor-
gen/ den Schmertzen ſtillen/ und vor Zufaͤll
bewahren/ und gaͤntzlich ſich des Purgie-
rens enthalten.


193. Was iſt vor ein Unter-
ſcheid zwiſchẽ den Wunden/
ſo durch die Kugel verurſa-
cher/ und denen/ ſo mit den
Pfeilen geſchoſſen?


Unrerſcheid.

Es ſey eine Wunde wie ſie immer wolle/
ſo iſt ſie doch nicht ohne Zerſtoſſung/ noch
dennoch werden die Wunden der Kugel
und der Pfeile/ wegen der Zerſtoſſung un-
terſchieden.


194. Wobey iſt zu erkennen/
ob das Geſchoß vergifft
geweſen?


Daß ſo woll die Kugel/ als Pfeile mit
Gifft angemacht werden koͤnnen/ dadurch
der
[319]von den Wunden.
der Menſch kan angeſteckt werden/ auch
an einer kleinen Wunde/ welche nur mit
der Kugel angeſtreifft worden/ ſterben koͤn-
ne/ bezeuget neben anderen auch Hildanus
pag:
1229. und iſt die Art des Gifftes nicht
allein eines groben und corporaliſchen We-
ſens/ welches ſich uͤber etzliche Tage in ſei-
ner Wirckung ſehen laͤſt/ ſondern mehren-
theils ein geiſtlicher und ſubtiler Dampff/
in dem es gleich im Anfang ſeine Gewalt an
den edlen Gliedern des Leibes/ als dem
Hertzen/ Hirn und Leber beweiſet/ in dem
es allerhand boͤſe und ungewoͤhnliche Zufaͤll
erreget/ wie mit mehren in der 174. ſten
Frag zu ſehen.


195. Was iſt zu thun wann ei-
ne Wunde umb ſich friſt?


Es muß durch eine beqveme diæt der Pa-Innerliche
Cur.

tient gebeſſert/ und die Materie mit Pur-
gationen und Aderlaͤß abgefuͤhret werden/
damit das Glied von den Feuchtigkeiten
welche durch laͤnge der Zeit gewohnt hinzu-
zuflieſſen/ befreyet werde. Euſerlich iſtEuſertiche
Cur.

das Waſſer gut/ gemacht von Roſen-
Waſſer/ Maur-Kraut-Waſſer/ rothen
Vitriol und roth Kupfer-Waſſer und
Alaun zuſammen geſotten und den Ort da-
mit beſtrichen. Item aqua ex calce cum
☿ rio dulci.


196. Was
[320]Ander Theil

196. Was iſt bey einer Wun-
den zu thun/ ſo von einem
vergifften Thiere gebiſſen
oder geſtochen worden?


Unterſchied-
liche Mei-
nungen wer-
den taxiret.

Wiewoll Celſus und andere alte Scri-
benten dafuͤr halten/ daß kein Thier-Biß
ohne Gifft ſey/ ſo haͤlt doch Fabritius Hilda-
nus Cent: 2. obſerv:
76. das Widerſpiel/ in
dem er zwar zugiebt/ daß die Biß oder
Stich der Attern/ Vieperen/ Hecken-
Schlangen/ Kroten/ wuͤtende Hunde/
Scorpionen/ Spinnen/ Immen/ Waͤſ-
pen und dergleichen/ ſehr gifftig/ die Biß
aber der Pferde/ Baͤhren/ Hunde/ Katzen
und dergleichen/ woll wegen der Zerquetz-
ſchung einer boͤſen Art ſind/ aber mit nich-
ten gifftig/ dann ſonſten muͤſten die kleine
Wunden gemeldeter Thiere auch boͤß und
Paræus.arg ſeyn. Die Cur anlangend muß man
vor allen dingen und zum erſten ſehen/ das
Cur und
Heilung.
Gifft zu zertheilen und heraußzuziehen/ dann
wann es in die innerliche Glieder geſchlichen/
alle Muͤh und Arbeit umſonſt iſt. Wes-
Euſerlich.wegen man dann von den euſerlichen Mit-
teln den Anfang machen muß/ nemblich die
Wunde mit Harn oder Saltz-Waſſer/
aq: vitæ, Wein oder Eßig/ in welchem et-
was von dem aͤlteſten Theriack oder Senff-
mehl zerlaſſen iſt/ abwaſchen/ ſo warm und
hart
[321]von den Wunden.
hart/ als es der Menſch erleiden koͤnne/
nach dieſem ein Brenn-Eiſen auffſetzen/ die
Ruffen oder Eſcharam ſo bald immer muͤg-
lich/ herab helffen/ den Ort biß auff das Le-
bendige ſcarificieren/ das Geſchwaͤr eine
Zeit lang offen halten/ uͤber und umb die
Wunde ein an ſich ziehend Pflaſter von gal-
bano,
Terpentin/ ſchwartz Pech und ande-
ren dergleichen uͤberlegen: Nachdem die
Ruffen hinweg genommen/ das ungv: ba-
ſilic:
mit dem Pulver vom ☿ rio vivo ver-
miſcht/ uͤbergelegt/ denn es den gifftigen
Eyter aus der Tieffen der Wunden heraus
ziehet. Innerlich ſoll man nichts den The-Innerlich.
riack und Mithridat gebrauchen/ auch vor
den dritten Tag weder Purgieren noch
Aderlaſſen/ weder Clyſtier noch Baͤder/
oder den Schweiß befoderen/ alle Leibes-
Bewegung und Arbeit/ wie auch den Bey-
ſchlaff meiden/ dann damit wird das Gifft
deſto mehr zum Hertzen gezogen.


197. Wie iſt zu erkennen/ ob ein
Menſch von einem wuͤten-
den Hund ſey gebiſſen wor-
den?


Dieſes iſt ſchwer zu erkennen/ dieweil im
Anfang dieſelbe mehr nicht/ als eine andere
gemeine Wunde verurſachet/ die Maligni-
Xtaͤt
[322]Ander Theil
taͤt aber laͤſt ſich nicht eher ſehen biß daß ſie
allerdings in den Leib hinein gelanget und
die vornehmſten Glieder eingenommen hat;
Keñzeichen.Jedoch kan mans auff ſolche Weiſe erkun-
digen/ wann man nemblich ein klein ſtuͤck-
lein Brodt in das Eyter tauchet/ und daſ-
ſelbe nachmahls einem Hunde vorwirfft/
und wann er ſolches ob er gleich hungrig/
nicht allein nicht freſſen/ ſondren auch nicht
im geringſten anriechen will/ ſo haͤlt man
davor das die Wunde gifftig ſey. Wann
aber ſolches Gifft ſchon in die innerliche und
fuͤrnehmſte Glieder gekommen/ iſt der
Menſch faſt ſtill und traurig/ alle Gedaͤcht-
niß und Verſtand iſt auffgehoben/ er leidet
groſſen Durſt/ und begehret ihn doch nicht
zuloͤſchen/ ſchewet das Waſſer/ die Spiegel
und das Licht/ bellet/ beiſſet und kratzet wie ein
Hund/ und wann man ſolchem nicht bey
Zeiten zu Huͤlffe kompt/ bringet es den
Menſchen umb.


198. Iſt den Jenigen ſo von ei-
nem wuͤtenden Hund ge-
biſſen worden uñ albereit
das Waſſer foͤrchtet noch
zu helffen?


Cur und
Heilung.

Welchen die Sinnlichen Kraͤffte dieſes
Gifft noch nicht eingenommen/ denen muß
man
[323]von den Wunden.
man mit ſtarcken Purgationen zu huͤlffe kom-
men/ und wird hieriñen das vitrum antimo-
nij
ſehr geruͤhmet/ weil es nicht allein den
Schweiß treibet/ ſondern auch den Stuhl-
gang und Erbrechen befodert/ die faſt hitzi-
ge und geſaltzene Speiſen als Zwiefeln/
Knoblauch/ wie auch Gewuͤrtz und ſtar-
cker Wein/ verhindern nicht allein den
Gifft/ daß er ſich nicht außbreiten kan/
ſondern ſtaͤrcken auch die innerliche
Glieder.


199. Sind die kleinen oder groſ-
ſen von den wuͤtenden Hun-
den gebiſſene Wunden ge-
faͤhrlicher?


Die kleine ſind allezeit gefaͤrlicher/ und
muͤſſen ſelbige entweder durchs cauteriſiren
oder ſcarificieren/ gleich wie die groſſen ge-
oͤffnet werden/ welche aber ohne daß groß/
koͤnnen/ wann ſie cauteriſiret/ auch beßer
offen behalten werden.


200. Wie ſind die von wuͤten-
den Hunden gebiſſene Wun-
den in ſpecie zu curiren?


Solche zu curiren/ muß man gleich imHildan:
Cent. 2.
Obſ:
98:

Anfang die Wunde ſcarificieren/ auch wol
eine Ventos darauff ſetzen/ den gantzen
X ijOrt
[324]Ander Theil
Ort herumb mit ſcharffen Eßig/ Saltz und
Teriack vermiſcht/ abwaſchen/ dann es
kan der Speichel/ wann er nicht abgewa-
ſchen/ auch eine Wuͤte verurſachen. Nach
dem man die Wunde mit einem gluͤenden
Eiſen woll tieff gebrand/ ſoll man eine
Cur.Baum-Wolle oder Faſen in Brandwein/
darinnen Theriack zerrieben/ eingetunckt
uͤberlegen/ und mit einem Pflaſter das
Glied einwicklen/ gemacht von Zwifeln in
der Aſchen gebraten/ Senffmehl/ Saltz/
Sawerteig/ Rauten-Blaͤtter/ Waſſer-
Knoblauch/ Theriack und Honig; den
folgenden Tag muß man die Ruffen oder
Eſcharam mit einem kleinen Meſſerlein
wegſchneiden/ aber auff die Wunde/ die
Eſcaram abzuledigen/ keine faͤſte Sachen/
wie ſonſten gebraͤuchlich/ legen/ auch ſich
umb den Schmertzen zu linderen nicht viel
bekuͤmmeren/ dann wann ein Schmertz
verhanden/ ſo iſt auch ein Zufluß dabey/
und kan alsdann das Gifft nicht zu den
principahl Gliedern hin dringen: Man
kan auch die Cur alſo anſtellen/ daß man
in das Geſchwaͤr ein ſiedheiſſes Oehl mit ei-
nem kleinen dazu gemachten Loͤfflein gieſſet/
welches nicht allein in dieſem affect keinen
Schmertzen machet/ ſondern den Krancken
vielmehr erfriſchet und erqvicket/ daß mans
nicht heis genug hinein gieſſen kan; es muß
aber
[325]von den Wunden.
aber in dem Loͤfflein nicht mehr ſeyn/ als
das Geſchwaͤrlein faſſen kan/ damit nicht
das uͤberlauffene/ die Haut brenne. Letz-
lichen iſt hoch noͤthig/ ſolches geſchwaͤr
lang offen zu halten/ und wann es zuheilen
will/ etwas von einer aͤtzung hinein legen/
oder es mit einer Erbiß oder Schwaͤmlein/
wie eine Fontanel/ in die drey Monath of-
fen behalten/ und endlich mit einſtrewung
des Pulvers von Angelica und Bezoar ge-
mehlig zu heilen.


201. Was iſt zu thun wann ei-
ner von einer Vipern/ Eyde-
ren/ Salamander/ Attern/
Waſſer-Schlang/ Kroten/
Scorpion/ Immen/ Spin-
nen/ Muͤcken und Saug-
Eiglen vergifftet worden?


Wie woll die Mittel ſo in vorhergehen-
den Fragen gemeldet worden/ auch in al-
len anderen gifftigen Stichen und Biſſen
koͤnnen und ſollen in acht genommen und
gebrauchet werden/ ſo hat doch neben dem-
ſelben ein jedes Gifft auch ſeine eigene und
ſonderbahre Cur: Als die Cur der giffti-Cur der
Viper Bill

gen Vipern Biß/ welche ihren Gifft zwi-
ſchen den Zaͤhnen in Blaͤßlein verſchloſſen
haben/ und ſolchen Gifft dem Ort mitthei-
X iijlen/
[326]Ander Theil
len/ ſoll man anſtellen mit uͤberlegen der
Mixtur von altem Theriack und aq: vitæ,
oder anſtatt des Theriacks einen Mithridat
oder in Mangel derer/ Meerzwiflen/ Knob-
lauch/ oder Lauch zerſtoſſen und uͤberlegen.
Etliche thun weiters nichts/ als daß ſie den
Ort waſchen und behen mit Eßig/ Saltz
und Honig. Sam: Haffenreffer de cut: af-
fect: pag:
466. meldet auß Erfahrenheit/
daß die excrementa auß dem Ohr als ein
ungvent auff die Viper Biß auffgelegt/
kraͤftig helffen. Item Menſchen-Zaͤhne ge-
pulvert/ wie auch Menſchen-Urin offters
eingegeben.


Cur der
Kupffer-
Eydexen.

Die Cur der Kupffer-Eydexen welche
Sepes genennet werden/ erfodert eben die
Mittel/ wie bey den Vipern: Die Zei-
chen ſind der brennende unaußſprechliche
Schmertz/ welcher das Haar außfallen
macht/ die Wunde giebt erſtlich Blut/
hernach ein ſtinckend Eyter/ die albereit ver-
faulete Oerter werden weiß/ und der gantze
Leib voller unflaͤtiger Flecken.


Cur der Sa-
lamand er.

Die Cur der Molchen und Salaman-
der/ welche nicht allein den Menſchen und
Vieh mit ihrem anbeiſſen beſchaͤdigen/ ſon-
dern vergifften auch durch den Speichel
und dicken Feuchtigkeiten/ ſo ihnen auß dem
Leibe herauß dringet/ alle Kraͤuter/ Fruͤch-
te und Waſſer. Man pflegt ein Erbre-
chen
[327]von den Wunden.
chen zuerregen/ den Leib mit Clyſtiren rei-
nigen/ und Theriack/ Mithridat/ Ter-
pentin/ Storax und Cypreſſen-Blaͤtter
eingeben.


Die Cur der Attern-Biß muß mit obge-Cur der At-
ter-Biß.

dachten Mitteln verrichtet werden/ kein
beſſere Huͤlff noch Raht iſt/ als daß man
das Glied als Zehe oder Finger gar hinweg
ſchneide.


Die Cur der Bienen/ Hummel/ Roß-Cur der Ble-
nen-Stich.

Kaͤfer und dergleichen anlangend/ ſoll man
ſehen/ daß man den Angel herauß bringe/
und wo ſolches nicht zu thun/ den Stich
erweiteren: Die Brunkreß zerſtoſſen und
uͤbergelegt/ ſtillet den Schmertzen/ etzliche
zerſtoſſen das Thierlein/ und reiben oder be-
legen den Ort damit/ auch iſt gut dazu:
Eßig/ Honig und Saltz/ ſo warm als
mans leiden kan/ uͤbergeſchlagen/ wie auch
die Milch aus den unzeitigen Feigen. La-
zarus Riverius cent:
2. obſerv:
14, ruͤhmet
das Empl: veſicatorium, in welche eine ziem-
liche Menge der Spanniſchen Fliegen ſey/
und laͤſt ſolches nur eine viertel Stunde lie-
gen/ ziehet in der kurtzen Zeit keine Blaaſe/
ſondern nimpt den Schmertzen gantz hin-
weg.


Die Cur der Spinnen-Stich/ ſoll manCur der
Spinnen-
Stich.

verrichten/ mit Eßig/ ſo heiß es der Menſch
erleiden mag/ den Ort abwaſchen/ nach-
X iiijmahls
[328]Ander Theil
mahls geſtoſſene Zwiefel und Knoblauch
uͤberlegen/ und einen Schweiß mit Waſſer
und Schweiß-Bad erregen/ unter allen
Mitteln aber hat der Theriack und Mythri-
dath den Vorzug. Sam: Haffenreffer de
cutis affectibus
lehret auff die Stich der
Spinnen/ eine gequetztſchte Fliege zu le-
gen.


Cur der ein-
genommenen
Spaniſchen
Fuͤegen.

Die Cur der eingenommenen Spani-
ſchen Fliegen/ ſoll man im Anfang von den
Erbrechungs-Mitteln anfangen/ und die-
weil das Brennen des Harns/ der Harn-
Blaaſen und Maͤnlichen Gliedes verurſa-
chet wird/ muß ſolche gemiltert werden/ auch
wegen der rothen Ruhr/ welche verurſachet
wird/ ſoll man Kuh-Milch zu trincken ge-
ben/ oder in einem Clyſtier beybringen/ und
die Verſehrung des Magens/ mit Suͤß-
Mandel-Oehl heilen.


Cur der giff-
tigen Saug-
Egelen Biß.

Die Saug-Egelen/ weil unter ihnen
auch gifftige geſunden werden/ ſoll man/
und ſonderlich/ dieſelben/ welche ſich in
moraſtigen Waſſer auffgehalten/ in fri-
ſchem Waſſer eine ziemliche Zeit unterhal-
ten/ damit ſie von ihrer boͤſen Arth moͤgen
gereiniget werden/ wann man ſie brauchet/
ſoll man ſie nicht mit Gewalt abreiſſen/ da-
mit nicht etwa der Angel darin bleibe/ wel-
ches dan aller hand boͤſe und unheilſame Ge-
ſchwaͤr erwecket/ ſondern nach dem ſaugen
Roſen-
[329]von den Wunden.
Roſen-Zucker mit bolo und terra ſigillata
uͤberlegen.


202. Wie kompts/ daß der
Menſch durch ſolches
Stechen oder Beiſſen in-
wendig vergifftet wird?


Solches Gifft wird durch die NervenUrſach der
Zufall.

dem Hirn/ durch die Blut-Adern der Le-
ber und durch die Lufft-Adern dem Hertzen
zugefuͤhret/ durch welches ſo viel und man-
nigfalte Zufaͤll erreget werden.


203. Was iſt zu thun/ wann ei-
ne Entzuͤndung in das
Glied kaͤhme?


Umb den Schmertzen und Entzuͤndung/Hild: Cent:
1. obſerv:

87.

wann ſie nemlich leidentlich/ und nicht zu
hefftig/ ſoll man ſich nicht groß-bekuͤmme-
ren/ denn ich halte/ bey ſolchen Geſchwaͤren
nicht nuͤtzlich zu ſeyn/ feiſte Sachen zu ge-
brauchen/ viel weniger aber kuͤhlende und
zuruͤcktreibende Artzeneyen: Dann jene ver-
hinderen/ daß das Gifft nicht wieder kan
ausdaͤmpffen und zertheilet werden/ dieſe
aber treiben das Gebluͤth/ und mit demſel-
ben das Gifft gegen den edelſten Gliedern.


X v204. Wie
[330]Ander Theil von den Wunden.

204. Wie ſind die Haaſenſchar-
ten zu curieren?


Man muß mit einem wollſchneidenden
Zwick-Scherlein die bewachſene Lefftzen und
Raͤnder woll beſchneiden/ nach dieſem zwey
oder drey Hefft-Nadeln durch die getheilte
Lefftzen durchſtechen/ und im Fleiſch ſtecken
laſſen/ und einen Fadem umb dieſelbe win-
den/ wie man zu thun pflegt/ wann man
eine Neh-Nadel im Kleide verwahret/ und
beym Paræo in einer Figur zu ſehen/ cap:
26. lib:
20. Man muß auch kleine Polſter-
lein neben den Lefftzen legen/ damit die zu-
ſammengezogene Lefftzen deſto beſſer anein-
ander bleiben moͤgen; Man muß auch zuſe-
hen/ damit der Rotz auß der Naaſen nicht
allein den Fadem faulend mache/ ſondern
auch daß das junge Fleiſch nicht zu naß wer-
de welches man verhuͤten kan/ wann man
mit unterlegen eines Leders oder bleyernen
Blechs dem Unrath einen Gang machet/
und ein Pflaſter als ein Daͤchlein uͤberleget/
uͤber welches die Feuchtigkeit rinnen kan/ zu
ſchneller Heilung dienet das ol: carvi,
ovorum, juniperi,
mit Maſtix
und Weyrauch ver-
miſcht.



[[331]]

Dritter Theil
der
Mund-Artzeney.
von Geſchwaͤren.


[[332]][333]

1. Was iſt ein Geſchwaͤr?


ES ſind die Geſchwaͤr an-Beſchrei-
bung der
Geſchwaͤr.

ders nichts/ als veraltete
Schaden der fleiſchichten und wei-
chen Oerter/ welche etwas von dem Fleiſch
wegnehmen/ und allewege eine oder mehr
Ungelegenheiten umb ſich haben/ welche die
Heilung verhinderen/ und einen Eyter oder
anderen faulen Unrath von ſich geben.


2. Was iſt fuͤr ein Unterſcheid
zwiſchen einem Geſchwaͤr
und einer Wunden?


Sie ſind 1, in dem unterſchieden/ daßUnterſcheid
unter einer
Wunden
und Ge-
ſchwaͤr.

die Wunden nur einfache Kranckheiten ſeyn
koͤnnen/ die Geſchwaͤr aber haben der Un-
gelegenheiten mehr. 2. So kommen die
Wunden aus einer euſerlichen Urſachen/ die
Geſchwaͤr aber aus einer innerlichen. 3tens
ſind die Wunden blutecht und friſch/ die Ge-
ſchwaͤr aber mehrentheils Eytericht und alte
Schaden. 4tens ſind ſie auch unterſchie-
den in der Cur/ indem die Wunden offt-
mahls ohne Eyter/ und bißweilen durch ihre
eigene
[334]Dritter Theil
eigene Feuchtigkeit wiederum vereinbahret
werden/ die Geſchwaͤr aber haben vielerley
indicationes.


3. Was iſt fuͤr ein Unterſcheid
unter den Geſchwaͤren?


Unterſcheid
unter den
Geſchwaͤren
ſelbſt.

Sie ſind in vielen Dingen unterſchieden/
als erſtlich wegen des Ortes/ in welchem
ſie ſind/ dann die/ ſo bey den Adern und
Arterien/ erfodern ſtaͤrckere trucknende Ar-
tzeneyen als die anderen. 2. Sind ſie un-
terſchieden der Form nach/ in dem etzliche
rund/ etzliche lang/ etzliche tieff und breit
ſeyn. Vigierius erzehlet 22 Arten der Ge-
Zwey und
zwantzig
Arten der
Geſchwaͤre.
ſchwere als 1. Ein Geſchwaͤr mit einer hitzi-
gen unrechtmaͤſſigkeit. 2. mit einer kalten
Unrechtmaͤßigkeit. 3. mit einer trucknen Un-
rechmaͤßigkeit. 4. mit einer feuchten Unrecht-
maͤßigkeit. 5. mit einem Schmertzen. 6. mit
einer Geſchwulſt. 7. mit einer Zerqvetzung.
8. mit einem uͤbermaͤſſigen Fleiſch. 9. mit
einer runden Figur. 10. mit Wurmen be-
hafftet. 11. mit Krampff-Adern. 12. mit
Verderbung der Knochen. 13. mit einer har-
ten Schwulle oder callo. 14. mit einer Fi-
ſtel. 15. mit ſtarckem Rinnen und Flieſſen.
16. mit ſtarckem und dicken Unflat. 17. mit
einem Geſtanck und Außfreſſung. 18. mit
einem faſt weiſſem und waſſerichten Unflat.
19. einer uͤbelen Art und widerſpenſtigen
Natur.
[335]von Geſchwaͤren.
Natur. 20. einer Krebsmaͤſſigen Art. 21.
mit einem Kropfmaͤſſigen Weſen. 22. Ein
tieff holes Geſchwuͤr/ welches viel Sinus oder
Hoͤlen hat.


4. Was iſt die Urſach der Ge-
ſchwaͤr?


Die Urſachen ſind theils innerlich/ alsUrſach der
Geſchwaͤr.

welche auß einer boͤſen Feuchtigkeit/ deren
der Leib voll iſt/ herkommen/ theils euſer-
lich/ wann nemlich eine Wunde veraltet/
und nicht baldt zuheilet/ einen Eyter be-
kompt/ und zum Geſchwaͤr wird; auch
koͤnnen ſolche verurſachet werden mit dem
Brande/ wie auch brennenden und giffti-
gen Artzeneyen.


5. Wie ſind alle und jede Ge-
ſchwaͤr zuerkennen?


Die Kenzeichen werden zum Theil außKeñzeichen
der Geſchwaͤ-
re.

derſelben Simplicitaͤt und einfache/ mehren-
theils aber auß ihrer Vermiſchung/ als ſon-
derlich von der Eßentz und Natur genom-
men: Dann die einfache ſind mehr nicht
als eine bloſſe Zertrennung des gantzen/ und
werden auch von den geringſten Zufaͤllen
und Kranckheiten gar nicht begleitet/ wel-
che aber noch eine andere Kranckheit/ als
etwan eine Entzuͤndung oder Verderbung
der
[336]Dritter Theil
der Beine/ oder boͤſe Zufaͤll/ als Schmer-
tzen/ Unrechtmaͤßigkeiten und dergleichen/
bey ſich haben/ dieſelbe werden alleſampt
fuͤr vermiſchte gehalten. Endlich hat auch
ein jedes Geſchwaͤr fuͤr ſich ſelbſt ſeine beſon-
dere Zeichen wie bey einem jeden inſonderheit
ſoll gemeldet werden.


6. Welche Geſchwaͤr ſind leicht-
lich zu curiren?


Ein fache Ge-
ſchwaͤr ſind
leicht zu cu-
riren.

Die jenige welche einfach genennet wer-
den/ und anders nichts als einen einfachen
Ort einnehmen/ einen weiſſen/ gleich-for-
migen und glatten Eyter ohne Geſtanck zieh-
len/ deren Guͤtigkeit fuͤrnehmſte Urſach iſt/
die gute conſtitution oder gelegenheit des
gantzen Leibes/ die ſtaͤrcke der Natur/ recht-
maͤſſigkeit des verletzten Orts/ zu ſampt der
guten Nahrung.


7. Welche Geſchwaͤr ſind
ſchwaͤr zu curiren?


vermiſchte
Geſchwaͤr
ſind ſchwer
zu curiren.

Die vermiſchte/ und welche lange Zeit
offen geweſen/ dadurch die Beiner ange-
griffen worden; Auch ſind die ſtinckende
und aus einem gar unreinen Leibe herſprin-
gende/ ſchwerlich zu heilen.


8. Welche Geſchwaͤr ſind ge-
faͤhrlich?


Die/
[337]von Geſchwaͤren.

Die/ ſo an einem principahlen Ort ſind/Gefaͤhrliche
Geſchwaͤr.

zu dem auch dieſelbige/ welche ſehr groß und
tieff/ dann in ſolchen wird nicht allein das
Glied geſchwaͤchet/ ſondern es werden auch
die Adern/ Nerven und Arterien zerfreſſen;
Es ſind auch die gefaͤhrlich/ welche in den
Ruͤcken/ Arm/ Elbogen und Schienbein
ſind/ auch ſind nach Galeni Ausſpruch/ die
jenige gefaͤhrlich/ welche auß einer hitzigen
unrechmaͤßigkeit der Leber und boͤſen Miltzes
entſtehen.


9. Welche Geſchwaͤr ſind gantz
toͤdtlich?


Die/ ſo in oder vor einer Kranckheit er-Toͤdliche Ge-
ſchwer.

wachſen/ ſich ſchnell und gaͤhlichen entfaͤr-
ben/ ſchwartz/ blau oder bleyfarbig/ bleich/
trucken und duͤrr werden/ welches anzeiget/
daß die natuͤrliche Waͤrmbde erloſchen/
und die Natur dem Glied ſeine gewoͤhnliche
Nahrung nicht mehr zuſchicken kan.


10. Wie ſind die Geſchwaͤr
ins gemein zu heilen?


In Heilung der Geſchwaͤr/ muß manGemeine
Cur der Ge-
ſchwar.

auff des Patienten Temperament/ Alter/
Geſchlecht/ gewoͤhnlich Diaͤt und derglei-
chen acht haben: Die euſerliche Mittel an-
langend/ iſt dieſes das fuͤrnehmbſte/ daß
Yman
[338]Dritter Theil
man die feuchte Geſchwaͤr vertruckne/ die
unflaͤtige der Gebuͤhr nach reinige/ die Hoͤle
mit Fleiſch wieder erfuͤlle/ die erfuͤllte fol-
gends ſchlieſſe und heile/ alle Zufaͤll abſchaf-
fe und vertreibe/ und da etwan eine boͤſe Un-
rechtmaͤßigkeit zugegen/ dieſelbe mit ihrem
contrario oder Gegentheil verbeſſere/ die
Schmertzen beſtens Vermoͤgens ſtille/ die
natuͤrliche Waͤrmbde vermehre und ſtaͤrckt/
die Urſach des Schmertzens verzehre/ oder
dem Glied ſeine Empfindligkeit benehme/
die vorſtehende Entzuͤndung verhuͤte/ oder
die allbereit gegenwaͤrtige vertreibe.


11. Was iſt fuͤr ein Unterſcheid
unter einer Aetzung und
Reinigung?


Aetzung
was ſie ſey.

Die Aetzungen werden mit ſolchen Artze-
neyen verrichtet/ welche mit ihrer Schaͤrffe
den Ort erfaulen uñ unempfindlich machen/
und ſo woll das geſunde als das faule Fleiſch
Reinigung
was ſie ſey.
angreiffen: Die Renigung aber geſchicht
durch ſolche Mittel/ welche nur allein das
faule und ungeſunde von dem geſunden ab-
ledige.


12. Was iſt fuͤr ein Unterſcheid
zwiſchen der Zeitigung und
Weichung?


Die
[339]von Geſchwaͤren.

Die Zeitigungs-Mittel ſind die/ welcheZeitigung
was ſie ſey.

das allbereit erweichte zu einer Materie und
Eyter kochen/ und ſoll der Zeitigung alle-
zeit eine Weichung vorher gehen/ damit die
Zeitigung deſto beſſer fortgehe.


13. Wie iſt der Schmertz in den
Geſchwaͤren zu ſtillen?


Den Schmertzen zu ſtillen/ muß manSchmertzen-
ſtillende Ar-
tzeaeyen.

ſolche Mittel aufflegen/ welche wider deſſel-
ben Urſach ſtreiten/ als wann er auß einer
veralteten Entzuͤndung/ oder einer gewalt-
ſamen Ausdehnung geſchehen/ ſo muß man
die Materie durch eine beqveme Purgation
außfuͤhren/ und alſo die Geſchwulſt vertrei-
ben/ den Ort zuvor mit warmen Waſſer
behen/ denn alſo wird die Haut erweichet/
und von ihrer Ausdehnung entlediget/ nach-
mahls muß man den Ort oͤffnen/ Schroͤpff-
Kopff oder Saug-Eglen darauff ſetzen/
damit alſo die ſchaͤdliche Materie ausgefuͤh-
ret werde.


14. Was gehoͤret zur Wieder-
ſtattung des in dem Ge-
ſchwaͤr verlohrnen Flei-
ſches?


Hierzu gehoͤren zwey Stuͤck/ nemlich 1.Fleiſchzieh-
lende Mittel

die wuͤrckliche Urſach/ welche eine beqveme
Y ijRecht-
[340]Dritter Theil
Rechtmaͤßigkeit und complexion des gantzen
Leibes und verletzten Gliedes/ denn wo die-
ſelbe ſtarck und vermoͤglich iſt/ leſt ſich
auch der gute Safft leichtlich hinzuziehen/
verdauen und in Fleiſch verwandelen. Daß
andere Stuͤck iſt die zum Fleiſch ziehlen
taͤugliche Materie an ihr ſelbſt/ und ſelbige
iſt ein ſolches Gebluͤth/ ſo weder an ſeiner
Menge/ noch an der Qvalitaͤt und Eigen-
ſchafft einigen Mangel hat; weswegen
man dann daſſelbige zuerlangen/ dem Un-
flath und Wundſchweiß (als welche die-
ſem intent ſehr zu wider) begegnet und ab-
ſchaffet/ und durch trucknende Mittel im
erſten Grad ſo das Geſchwaͤr reinigen/ ver-
beſſert.


15. Was iſt ein Wundtmahl
oder Narbe?


Narbe was
ſie ſey.

Die Narbe iſt nichts anders/ als eine
hingeziehlete Schwule und erhaͤrtetes
Fleiſch/ an ſtat der wahren und natuͤrlichen
Haut/ doch haͤlt Sennertus davor daß die
Haut auch wiederwachſen und zunehmen
koͤnne.


16. Wie iſt den Narben zube-
gegnen.


Wie eine
Narbe zu
machen.

Nachdem das Geſchwaͤr mit Fleiſch er-
fuͤllet/ ſoll man die Narben zu befoderen ein
Pul-
[341]von Geſchwaͤren.
Pulver von gebrandt Alaun/ und gebran-
ten Vitriol daruͤber ſtreuen/ als die da
hefftig trucknen und faſt ohne/ oder geringer
Scharfe ſeyn/ alſo iſt auch die Oſterlucey-
Wurtzel/ Aloes/ gebrand Bley/ gebrandte
Rinden von Granatſchelfen/ Silber-
ſchaum/ Nichts ꝛc. und welches faſt in die-
ſem fall das beſte iſt dann alle andere Mit-
tel/ nemlich ein Bley-Blech mit ☿ vivo
beſtrichen und uͤber den Schaden gelegt und
ziemlich gebunden. Man muß aber mit
den Narbenſchlieſſenden Mitteln nicht ſo
lang warten/ biß das Fleiſch aus dem Ge-
ſchwaͤr dem anderen Fleiſch gleich gewachſẽ/
ſondern eine weile zuvor/ ehe es ſo weit kom-
men/ und wenn noch etwan eine kleine tieffe
zugegen iſt/ denn indem wir uns/ ſagt
Avicennas, befleiſſigen eine Narbe zuver-
ſchaffen/ gebehret die Natur unterdeſſen
Fleiſch.


17. Wie iſt ein Schwaͤr mit
einer Truͤckne zu erken-
nen und zu curiren?


Solches wird durch den AugenſcheinKeñzeichen.
gnugſahm erkand/ als/ das Schwaͤr iſt
voller runtzeln/ und giebt keine oder wenig
Feuchtigkeit von ſich/ iſt rauch und hart.Vigierius.
Cue deꝛ tꝛuck-
nen Geſchwaͤ-
ren die muͤh-
ſahmſte.

Die Cur iſt unter allen anderen Geſchwaͤ-
ren die muͤhſamſte/ dann in den anderen
Y iijGe-
[342]Dritter Theil
Geſchwaͤren kan ich denen Unrechtmaͤſſig-
keiten eben wol zu huͤlffe kommen/ das Ge-
ſchwaͤr aber nichts deſto weniger verſaͤu-
men/ und der Gebuͤhr nach außtrucknen/
aber in dieſem Fall laufft eines wider das
andere/ und muß alsdann das Schwaͤr
verabſaͤumen und nur der Unrechtmaͤßig-
keit zu Huͤlffe kommen/ weßwegen man
dann den Ort wie Galenus lehret/ entweder
mit warmen Waſſer/ oder Oehl und Waſ-
ſer zuſammen/ behet/ ſo lang biß das her-
umbliegende Fleiſch roht/ weich und feucht
wird/ nach der Behung legt man ein Saͤlb-
lein uͤber/ von Schleim auß Gerſten/ Paͤp-
pel-Blaͤtter in Waſſer geſotten/ Schwein-
ſchmaltz und Honig/ zuſammen in einen
Moͤrſel zerſtoſſen.


18. Wie iſt ein Geſchwaͤr mit
einer Feuchtigkeit zu erken-
nen und zu heilen?


Keñzeichen.

Dieſes wird erkandt auß der Menge des
Unrahts und der Schwammechten weiche/
des herumbliegenden und uͤberwachſenden
Fleiſches: dieſes nun zu verbeſſeren muß
man trucknende Mittel/ doch nach Gele-
Cur.genheit der Menge des Unraths vor die
Hand nehmen/ als das Alaun-Waſſer/
welches uͤber die Maſſen trucknet/ ſaubert
und
[343]von Geſchwaͤren.
und den Ort ſtaͤrcket/ die Behung iſt auch
nuͤtzlich/ welche gemacht wird von rothen
Roſen/ Wermuth/ Betohnien/ Wull-
kraut/ ein wenig Galloͤpffel und Cupreß-
Nuͤßlein/ in unzeitigen ſauren Wein ge-
kocht/ und den Ort mit gebehet/ nach der
Behung das Empl: d. ceruſa, oder de cinna-
bari
oder ein wenig gebrandten Alaun ge-
brauchet.


Aurelius Severinus in Chirurg: trimemb.
p:
49. meldet/ daß er die Harntreibende
Mittel mit groſſem Nutzen gebrauchet/ da
man ſonſten ſo wol mit innerlichen als euſer-
lichen Mitteln nichts hat außrichten koͤn-
nen. Celſus lib. 5. cap. 27. lobet ſolche auch
ſehr in den gifftigen Thier-Biſſen.


19. Wie iſt ein Geſchwaͤr mit ei-
ner Hitze zu erkennen und
zu curieren?


Die Zeichen ſind die gelbe und rothe Far-Keñzeichen.
be/ groſſe Hitze/ der Schmertz/ welche mit
erkaltenden Mitteln muͤſſen verbeſſert wer-
den/ als: mit des Meſuæ Roſen-Salb/
infrigid: Galeni, ungv: popoleon. Die Bin-Cur.
den und Polſtern netze in Wegbreit-Waſ-
ſer/ Nachtſchatt-Waſſer/ oder in die Mixtur
von Eſſig und Waſſer/ auch ſoll man das
erhitzte Gebluͤth/ welches zu der Faͤulung
geartet/ durch Schroͤpff-Kopff und Saug-Anmerckung
Y iiijEglen
[344]Dritter Theil
Eglen heraus ziehen/ und das Glied ſeiner
Laſt erledigen/ und dieſe letzte Mittel ver-
ſchlagen in dieſem affect mehr/ als alle
andere.


20. Wie iſt ein Geſchwaͤr mit
einer Kaͤlte zu erkennen/
und zu curieren?


Keñzeichen.

Solches wird erkandt/ in dem der Ort
kalt und bleich iſt/ der Patient auch uͤber die
Kaͤlte klaget. Solchem nun vorzukommen/
ſoll man dem Ort mit folgender Behung zu
Cur.Huͤlffe kommen/ als Wermuth/ Wollge-
muth/ Chamillen/ Dillen/ Majoran/ Sal-
bey/ Roßmarin ꝛc. in alten Wein geſot-
ten/ und mit einer rechtmaͤſſigen Menge aq:
vitæ
zur Behung gemacht/ und mit
Schwaͤmmen oder Schweinsblaſen ange-
fuͤllet/ uͤbergeleget: Nach der Behung das
Vigierius.Empl: oxicroceum, de meliloto, Iſidis, Ni-
cotianæ
,
oder Empl: d. ranis cum vel ſine
rio
daruͤber legen.


21. Wie iſt ein Geſchwaͤr zu cu-
rieren/ dabey ein Schmertz
iſt?


Wenn derſelbe etwa aus einer Unrecht-
maͤſſigkeit entſtanden/ iſt ſchon in vorigen
Fragen gemeldet/ wie ihm zu thun. Im
Fall
[345]von Geſchwaͤren.
Fall er aber alſo nicht weichen wolte/ magCur durch
Narcoticæ.

man zu den Narcoticis greiffen/ als welche
den Ort gleichſam unempfindlich machen/
nehmlich cataplasmata, gemacht von den
Blaͤttern von Alraun/ Seeblumen/ Bil-
ſen- Kraut/ Nacht-Schatten/ Schierling/
Magſaamen. Item/ der gleichen Oehle
mit dem opiò, ungv: popoleo und andere der-
gleichen: Wann aber ſolcher Schmertz von
der boͤſen und gifftigen Schaͤrffe ſeinen Ur-
ſprung hat/ richtet man mit den anodynis
und narcoticis nichts aus/ ſondern es wird
noch derſelbe mehr erreget/ derohalben muß
man ſtaͤrckere vor die Hand nehmen/ als
das geſtaͤrckte ungv: ægyptiacum, und das
ol: vitriol: ins Geſchwar thun/ welches ſehr
dienlich/ umb das Glied aber/ ſoll man er-
kaltende Sachen ſchlagen/ damit nicht
durch ſolche ſcharffe Sachen der Fluß hinzu-
gezogen werde.


22. Wie iſt in den wuͤſten und
unflaͤtigen Geſchwaͤren zu
verfahren?


Dieſe erfodern erſtlich eine VorbereitungCur und Hei-
lung.

des gantzen Leibes/ nach dieſem muß man
folgende Behung brauchen/ gemacht von
Tauſendguͤlden-Kraut/ Johannes Kraut/
Andorn und Eppig/ laß mit einander ſie-
den/ und zu der durch geſiehenen Bruͤhe/
Y vnim
[346]Dritter Theil
nim ungv: ægyptiac. und Honig/ mache es
zu einer Behung.


Anmerckung

Zur Reinigung brauch das mundicati-
vum de ſucco apij Hildani, ungv: ægyptiacum
magiſtrale \& c.
Allhie iſt zuwiſſen/ daß/ ſo
bald der Unrath auß dem Geſchwaͤr ge-
bracht/ mit den ſcharffen Artzeneyen inne zu
halten iſt/ damit nicht die Fleiſch-Ziehlung
verhindert werde/ ſondern man muß der
Natur die Hand biethen/ mit Einſtrewung
der Pulver von Aloe/ Maſtix/ Myrrha/
Silber-Schaum/ antimonio, Entzian/
Gerſten-Mehl und dergleichen/ und die
complexion des Patienten woll in acht neh-
men/ ob Er grob oder zaͤrtlich/ Jung oder
Alt.


23. Was ſind gifftige/ umb
ſich freſſende und unartige
Geſchwaͤre/ und wie ſind
ſie zu tractieren?


Dyſepu-
lotica

Warumb ſo
ſchwer zu hei-
ten.

Dieſe Geſchwaͤr werden von Galeno,
weil ſie ſich ſchwaͤrlich heilen laſſen/ Dyſepu-
latica
genennet/ und werden deswegen
ſchwerlich geheilet/ dieweil entweder das
Glied in ſeiner Geſtalt und complexion einen
Mangel hat/ und ſolches die hinzuflieſſende
Feuchtigkeiten verderben/ oder dieweil das
Geſchwaͤr von wegen des hinzuflieſſenden
unreinen Gebluͤths/ als welches den Ort
bena-
[347]von Geſchwaͤren.
benaget/ gar zu feucht wird. Die Cur der-Cur und Hei-
lung.

ſelben iſt mancherley/ in dem eines das an-
der mit ſeiner Unarth uͤbertrifft/ und muß
man nach Gelegenheit der Sachen/ ſtarcke
und geringe Mittel erwehlen/ als da ſind:
Sorey/ Alaun/ ungeleſchten Kalck/ Wey-
rauch/ Galloͤpffel mit Wachs und Kaͤlber
Inſchlitt zum Pflaſter gemacht/ oder ein
Pflaſter von Kupffer-Schaum/ Kupffer-
Roſt/ Lerchen-Baum/ Hartz und Wachs.
Man muß aber wiſſen/ daß man nach Ga-Anmerckung
leni Befehl die jetzt gemeldte Pflaſter in
dreyen Tagen erſt herab nehmen muß/ und
das Geſchwaͤr fein warm dehen/ das Pfla-
ſter ſaubren/ und wieder aufflegen/ denn
weil die natuͤrliche Waͤrmbde in ſolchen
gifftigen Geſchwaͤren ſehr verfallen iſt/ und
durch den Gewalt der unnatuͤrlichen Hitze
hefftig geſchwaͤchet und gebrochen worden/
muß auch die Artzeney/ ſoll ſie anders ihre
Wuͤrckung verrichten/ mehr Zeit und
Weile haben; Wann man aber das
Pflaſter eher herunter nimpt/ verhindert
man die natuͤrliche Waͤrmbde in ihrer Ar-
beit/ in dem ſie ſich zu helffen am beſten be-
muͤhet iſt.


24. Wie hat man ſich mit den
Gebaͤnden/ ſo zu den Ge-

ſchwaͤ-
[348]Dritter Theil
ſchwaͤren gebrauchet wer-
den/ zu verhalten?


Art des Ge-
baͤndes.

Die Geſchwaͤr/ zu denen man Gebaͤnd
oder Binden gebrauchen muß/ belangend/
ſoll man den Anfang zubinden/ allewegen
bey dem Geſchwaͤr/ und die Baͤnde alſo
breit machen/ daß nicht allein das Ge-
ſchwaͤr/ ſondern auch die nechſt herumblie-
gende Gegend/ unter und uͤber demſelben
damit koͤnne begriffen werden: Damit
aber die unnatuͤrliche Feuchtigkeit herauß-
getruckt/ und das Geſchwaͤr alſo truckner
und zurecht gebracht werde/ ſo muß man
zuſehen/ daß die Baͤnde weder zu hart noch
zu leiſe angezogen werden: Denn auß dem
harten und ſtrengen binden/ wird der
Schmertz und Zuflieſſung der Materie er-
reget/ durch das allzuluckere aber des er-
wuͤnſchten Zwecks verfehlet.


25. Was iſt fuͤr ein Unter-
ſcheid unter den Augen-
Schwaͤren?


Wann die Cornea mit einem engen und
kleinen holen Geſchwaͤr behafftet iſt/ heiſt
es bey den Griechen Botyron, die etwas brei-
tere/ und nicht ſo tieff Cœloma, das umb den
Zirckel des Sterns oder Aug-Apffels Arge-
mon
,
die unflaͤtige/ und die oben eine Kruͤſte
haben/
[349]von Geſchwaͤren.
haben/ Epicaumata \& c. Wie weitlaͤuffti-
ger beym Paul: Æginet: zuſehen.


26. Woher entſtehen die Oh-
ren-Geſchwaͤr/ und wie
ſind ſie zu heilen?


Sie enſtehen entweder von auſſen/ alsUrſach.
etwa durch einen Stich oder Fall/ oder in-
nerlich wann ein Apoſtem daſelbſt entſtan-
den. In der Cur muß man ſonderlichCur.
auff die vorhergehende Urſach ſehen/ als
durch welche das Geſchwaͤr auffgehalten
wird/ und ſolche durch gebuͤhrende Mittel/
als durch maſticatoria und errhina abſchaf-
fen. Die euſerliche Mittel anlangend/ ſol-
len alle feiſte und oͤhlichte Sachen unterlaſ-
ſen werden/ als welche das Geſchwaͤr un-
flaͤtiger machen/ hergegen gebrauchen/ die
Zaͤltlein Andronij in Eßig zerrieben/ welche
gemacht werden/ von Gallaͤpffel/ Ham-
merſchlag/ Weyrauch/ Oſterlucey/ Alaun/
Myrrha/ ſal armoniac: mit Honig-Waſ-
ſer zum Zaͤltlein gemacht: Es verbeſſert
auch die Faͤule/ Rinds-Gall in einem
ſcharffen Eßig zerrieben/ und warm in die
Ohren gethan. Hartmannus in praxi chy-
miatrica
lobet in den Ohren-Geſchwaͤren
parotides genandt das ſtinckende ol: Gvajaci
oder Tartari.


27. Was
[350]Dritter Theil

27. Was iſt das Naaſen-Ge-
ſchwaͤr
Ozæna,wo ruͤhret
es her/ und wie iſt es zu hei-
len?


Urſach.

Ozæna iſt ein tieff und ſtinckend Ge-
ſchwaͤr/ inwendig in den Naaſen-Loͤchern/
giebt viel ſtinckende Kruſten und Ruffen
von ſich: Entſtehet auß einem ſcharffen
und faulen Fluß/ ſo ſich von dem Haͤupt
daſelbſt hin umb die proceſſus mammillares
Cur und Hei-
lung.
Innerlich.
begiebt. Die Cur anlangend/ ſoll man dem
Patienten ſtarcke und ſcharffe Speiſſen
verbiethen/ die vorbereitete Feuchtigkeit/
durch eine Purgation ausfuͤhren/ das
Haupt austrucknen und ſtaͤrcken/ damit
es die zuflieſſende Feuchtigkeit abtreiben
koͤnne. Nachmahls kehre dich zum Ge-
ſchwaͤr ſelbſt/ truckne daſſelbige mit einem
zuruͤcktreibenden und zertheilenden Mittel
Euferlich.fein auß/ als da ſind: Der Safft von
Granat-Aepffel/ in einem Kupffernen Ge-
ſchier/ biß in die Helffte eingeſotten: Oder
ein Pulver gemacht/ von rothen Roſen/
Heydelbeer/ Kalmus/ Entzian/ Angelica/
Muſcaten-Blumen/ Neglein mit ein we-
nig Campffer/ Ambra und Bieſem; Offt
begiebt ſichs/ daß/ wann ſolche Geſchwaͤr
veralten/ daß das os ethmoides mit dem oſſe
cribroſo
angegriffen wird/ da muß man
dann
[351]von Geſchwaͤren.
dann die loſen Beiner nicht mit Gewalt her-
auß reiſſen/ ſondern ſolches der Natur be-
fehlen/ und mit Vitriol/ Kupffer-Roſt/
ſal armoniac und Alaun mit Eßig ver-
miſcht/ begegnen. Siehe davon ein meh-
rers. Fabritius Hildanus cent. 2. obſ: 22.
Aquapendens
trucknet ſolche Naaſen-Ge-
ſchwaͤr mit einem gluͤenden Eiſen durch ein
Rohr fein mehlig ohne Schmertzen auß.


28. Was iſt das Mund-Ge-
ſchwaͤr ſo
Aphthaoder die
Schwem̃e genandt wird?


Solches Geſchwaͤr iſt den jungen Kin-
dern gemein/ die fuͤrnehmſte entſtehet offt-
mahls an dem Zahnfleiſch/ und erſtrecket
ſich durch den Rachen/ zu dem Zaͤpflein/
Schlund/ und durch den gantzen Mund:
Galenus unterſcheidet ſie in zwey Arten/ de-Zweyerley
Schwemmt.

ren die eine/ als welche den Kindern durch
die ſcharffe Milch der Saͤugammen verur-
ſachet worden/ leichtlich zu heilen ſey: Die
andere aber/ als die aus einer hinzuflieſſen-
den boͤſen und gifftigen Feuchtigkeit ent-
ſpringen/ ſchwerlich und muͤhſam zu heilen.
Den alten ſoll man alle ſcharffe Speiſen ver-
bieten: Sinds junge Kinder/ ſoll man den
Saͤugammen erkaltende Speiſen zu eſſen
geben/ die Milch temperiren und maͤßigen/
den
[352]Dritter Theil
den gantzen Leib/ und ſonderlich die Bruͤſte/
mit warmen Waſſer behen.


Cur und Hei-
lung.

Wann das Geſchwaͤr boͤſer Arth/ ſo be-
ruͤhre es ein wenig mit dem cap: mort: von
aq: fort: oder ol: vitriol. ol: ſulphuris \&c.
Die ſchlechten koͤnnen woll mit dem diamo-
ro
oder dianuco geheilet werden; Man kan
auch ein Mund-Waſſer von Gerſt/ Wege-
rich/ Steinfahrn/ Odermennig ꝛc. kochen/
und mit Roſen-Honig und Brombeer-
Safft anmachen. Wann aber ſolche Ge-
ſchwaͤr ihren Urſprung von den Frantzoſen
haben/ muß man die Cur darauff richten.


29. Wie iſt ein Mandel-Ge-
ſchwaͤr zu curiren?


Mit ſolchem muß man nicht/ wie mit
anderen Geſchwaͤren verfahren/ ſondern
mehrentheils mit Saͤfften und Mund-
Waſſern zu huͤlffe kommen; Als wann ſol-
ches mit Roſen-Honig/ Maulbeer-Safft/
oder Safft von unzeitigen Trauben gereini-
get worden/ leſt ſich ſolches deſto beſſer/ mit
der Artzeney von Galloͤpffel/ Federweiß/
Honig/ oder mit den Trochicis Andronil
vertrucknen.


30. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner eine Blaſe am Zaͤpflein
haͤtte?


Das
[353]von Geſchwaͤren.

Das Zaͤpflein wird ſehr bald entzuͤndet/
und folgens auff mancherley weiſe verſehret;
Wann es allein inflammiret iſt/ hat man
ſich ſolcher Sachen zu gebrauchen/ welche
die Feuchtigkeit zuruͤcke treiben/ denn es iſt
eine weiche Subſtanz, zu den Fluͤſſen ſehr ge-
neiget/ und immer feucht/ und bleiben die
Artzeneyen nicht auff ihn. Man muß denCur und Hei-
lung.

Leib purgieren/ eine Ader laſſen/ und das
Zaͤpflein entweder mit ſpirit: vitriol: und
mel roſarum vermiſcht/ beſtreichen/ oder
eine Artzeney von mirrh, alum: rochæ, traga-
canth, terra lemnia
mit Honig gebrauchen/
auch das rob: nucum mit alumine uſto ver-
miſcht/ iſt ſehr dienlich dem klaren Zaͤpflein.


31. Was iſtAnginadie Braͤu-
ne und Hals-Geſchwaͤr/
wie vielerley iſt ſie/ wor-
von wird ſie verurſachet/
und curiret?


Die Angina iſt eine Entzuͤndung und Ge-Hildan: in
intract: pe-
culiari de
Angina.

ſchwulſt der Muſculen des Halſes/ wie auch
des Obertheils der Lufft-Roͤhr/ des
Schlunds/ der Zungen und auch des Ra-
chens/ iſt fuͤrnehmlich zweyerley/ als erſt-
lich/ die aus hitziger Feuchte und Bluth ent-
ſtehet/ und Angina vera genand wird/ bey
welcher allezeit ein Fieber. Zum andern
Zdie
[354]Dritter Theil
die aus kalter pflegmatiſcher Feuchte her-
kompt und angina notha genandt wird/ iſt
auch nicht ſo gefaͤhrlich als wie die andere.
Euſerliche
Urſachen.
Ihre Urſachen ſind euſſerlich und viele/ Als
nehmlich: Wann man in gar zu heiſſer
Lufft gar zu ſtarck trincket/ oder ſehr hitzige
und gewuͤrtzte Speiſen iſſet/ oder den Ra-
chen und die Zunge brennt/ daß Blaſen
auffſchieſſen/ oder wann der Leib mit boͤſer
Feuchte beladen/ alßdann folget Hitze und
Braͤune darauff. Auch kompt ſolche/ wann
im Halſe entweder Fiſchgraͤd/ Beinlein/
oder dergleichen ſtecken blieben/ oder wann
der Chirurgus zu einem geringen Fluß/ ein
hitziges Zaͤpflein-Pulver braucht/ oder
gleich im Anfang der Kranckheit des Hal-
ſes/ alſobald die Ader unter der Zungen laͤſt/
durch welches das Blut und Feuchte mehr
herbey gezogen wird/ und offt eine toͤdliche
Braͤune folgt/ und ſonderlich/ wann die
Braͤune die inwendige Muſculen angegrif-
fen/ da ſich dann der Halß verſchleuſſt. In-
Innerliche
Urſachen.
nerlich aber enſtehet ſie mehrentheils vom
Blut und der Gallen/ wiewoll [auch] biß-
weilen von einer kalten zaͤhen und pflegma-
Cur und Hei-
lung.
tiſchen Feuchte. Die Cur anlangend/ ſoll
man den Patienten alſobald Clyſtier ge-
brauchen/ den Weibern/ wann die menſes
verſtopfft/ die ſaphænam, den Maͤnnern/
welchen die hæmorrhoides gefloſſen/ die
Spor-
[355]von Geſchwaͤren.
Spor-Ader oͤffnen/ oder ſonſten eine Ader
am Arm/ und wann ſolches Gebluͤht abge-
zogen und deriviret/ ſoll man des andern
Tages die Ader unter der Zungen laſſen/ da-
mit man das ſchon zugefloſſene boͤſe Gebluͤht
außlaſſe/ aber die Binden mit welchen man
in laſſung der Braͤun-Ader den Halß zu
wuͤrgen pfleget/ unterwegen laſſen/ welches
noch mehr boͤſes hinzu ziehet. So fern Er
etwas einſchlucken kan/ ſoll man Ihm ein
Purgier-Traͤncklein eingeben/ wofern nicht/
des Tages zweymahl Clyſtier gebrauchen;
Und weil offtermahls der Patient keine
Speiſe hinunter bringen kan/ die inteſtina
craſſa
aber gleichfals mit den venis lacteis
begabet ſind/ (wie mein Præceptor, Petrus
de Marchettis, Profeſſor
zu Padua deutlich
gewieſen) als kan man den Patienten nach
dem die excrementa durchs Clyſtier heraus
gebracht/ auch ernehrende Clyſtier beybrin-
gen/ daß alſo ein Chylus der Leber/ oder wie
die Recentiores wollen/ dem Hertzen zuge-
fuͤhret werde/ dadurch dann der Patient/
wie vorgeſtelter Doctor offt practiſiret/ viel
tage kan genaͤhret werden/ biß er ſelbſten
eſſen kan. Wann aber der Patient in Ge-Hand-Cur.
fahr der Erſtickung gerathen/ muß man die
Eroͤffnung der Lufft-Rohren/ als in dieſem
gefaͤhrlichen Zuſtand ein bewehrt und au-
genſcheinliches Huͤlff-Mittel vor die Hand
Z ijneh-
[356]Dritter Theil
nehmen/ welches die Lateiner Bronchotomen
oder Tracheotomiam nennen wie ſolche ſe-
ction
aber ſoll verrichtet werden/ kan geſehen
werden bey Thoma Fieno, item in Tractatu
de Bronchotome Monavii
und Armamenta-
rio chirurgico Sculteti
,
in welchem es auch
in deutſcher Sprach mit ihren Kupffern/
deutlich zu finden. Wann aber die Ge-
ſchwulſt nicht ſo gefaͤhrlich/ kan man ein zer-
theilendes Mund-Waſſer gebrauchen/ von
zerſtoſſener Gerſten/ flor: roſar, herb: plan-
tag, ſchabios, baluſt
,
in Waſſer geſotten/ und
ſyr: roſar: und diamorum dazu thun: In
den anderen Tagen ſoll man das Mund-
Waſſer veraͤnderen/ und es machen von
herb: \& flor: violar, ſcabios chamomill, paſſul:
min, fic: pingv, liquirit, ſem: fœn: græci ſyr:
violar
,
und diamorum. Hiemit ſoll ſich der
Patient ohn unterlaß gurgelen oder ſpruͤtzen
laſſen/ auch waͤre gut/ ein Zaͤltlein von dem
trochiſc: diatarg: frigid: unter der Zung im
Mund zu halten; Euſerlich ein erweichend
und linderung-Saͤlblein/ gemacht von
ungv: alth, ol: lilior: alb, amygd: dulc, ol:
ovorum, axungia human, anſerin, \& c.
den
Halß und Genick mit geſchmieret/ und ein
cataplasma von mica pan: tritic, rad: altheæ,
lilior: albor, ſem: fœn: græc, lini
in Milch ge-
ſotten/ hernach hinzuthun ol: amygd: dulc,
lilior: alb: croc, vitell: ovorum.
Wann aber
das
[357]voͤn Geſchwaͤren.
das Apoſtem innerlich im Hals zeitig wor-
den iſt/ ſoll man es mit einem beqvemen In-
ſtrument oͤffnen/ nach der Oeffnung ein
Mund-Waſſer bereiten/ ſo da reiniget und
heilet/ als hord, flor: roſarum, ſcabios, mit
mel: roſarum vermiſcht; Wann eine Faͤu-
lung da/ das ungv: ægyptiac dazu miſchen.


32. Worbey iſt zu ſpuͤren/ daß
ſich die Materie
reſolvieren
und verſchwinden wolle?


Solches wird erkandt/ wann dem Kran-Keñzeichen.
cken das Fieber verlaͤſt/ derſelbe beſſer reden/
ſchlucken/ athemen und ſanfft ſchlaffen kan/
und ſich der Schmertz den meiſten Theil
verlohren hat/ als dann muß man durch
reſolvirende und zertheilende Mittel/ der
Natur die Hand biethen.


33. Wie iſt ein Zahn-Geſchwaͤr
zu curieren?


Solches wird wie andere Geſchwaͤr imCur und
Heilung.

Mund geheilet/ wo aber eine Faͤule zu ge-
gen/ hilfft man derſelben mit dem ungv:
agyptiaco
,
welches nach Beſchaffenheit des
Geſchwaͤres und des Patienten/ mit dem
mel roſarum kan temperieret werden. Wañ
aber das Bein des Kiefers angegriffen/ muß
man den Ort erweitern/ und was an dem
Z iijBein
[358]Dritter Theil
Bein verdorben/ mit denen dazu gehoͤrigen
Inſtrumenten/ (welche ſo woll in Johann
Andreæ de Cruce
guͤldener Werckſtelle/ als
auch in dem Armamentario Chirurgico Scul-
teti
koͤnnen geſehen werden/) hinweg neh-
men: Spuͤhret man aber/ daß eine Ver-
derbung einer Zahn-Wurtzel verhanden/
muß man ſelbige herausziehen. Endlich
pflegt man ſolche Geſchwaͤr und verderbt
Zahn-Fleiſch mit der geſottenen Bruͤhe von
rothe Roſen/ Heydelbeer und Myrrha/ mit
Roſen-Honig vermiſcht/ oder mit der
Tinct: gummi lacoæ Mynſichti zu verbeſſern
und zu heilen. Auch iſt nicht allein in die-
ſem affect, ſondern auch in der Mund-Faͤu-
le dienlich die tinctura florum balauſt: \& tor-
mentillæ.


34. Was iſt zu thun/ wann
einer einen Fluß zwiſchen
zween Zaͤhnen haͤtte/ der
Backen ihm ſchwuͤlle/ auch
auffbraͤche/ der Fluß aber
ſich weder ſtillen/ noch der
Backen heilen wolte?


Mit ſolchem Schaden iſt ſorglich zu
handeln/ dieweil es im Geſicht/ weswegen
man nicht recht mit ihm umbgehen kan/
wie an einem anderen Ort/ doch muß man/
nach
[359]von Geſchwaͤren.
nach dem man Ihm eine beqveme Diaͤt
vorgeſchrieben/ purgieret und Adergelaſ-
ſen/ auff den Grund des Geſchwaͤrs ſehen/
und mit einem Wund-Eiſen erforſchen/ ob
nicht etwa das darunterliegende Bein an-Cur und Hei-
lung.

gegriffen und verderbet ſey/ welches man
abnehmen kan/ wann man etwas rauhes
und unebenes ſpuͤret/ oder wann etwa ein
ſchwartzbraunes verderbtes Fleiſch das Ge-
ſchwaͤr bedecket/ und die haͤuffige Materie
einen boͤſen Geruch und Farbe von ſich gie-
bet. Wann nun ein ſolch verdorbenes
Bein/ wie leichtlich zuerachten/ geſpuͤret
wird/ ſo ſoll man ſolches Geſchwaͤr entwe-
der mit einem Schnitt oder Qvel-Meiſſel
von Entzian erweiteren/ da man dann alſo
bald die corruption des Beines betrachten
ſoll/ ob ſolche nur gering und auſſerhalb/
denn dieſelbe kan mit einer geringen Auß-Durch In-
ſtrumenta.

trucknung oder Radierung/ biß auff das
feſte Bein/ daß es blutet/ (welches dann
ein Zeichen eines geſunden Beines iſt/) ge-
hoben werden; Wann aber das verdorbe-
ne Bein gantz duͤrr/ muß man ſolches ent-
weder mit Stem-Meiſſel wegſchaffen/
oder mit einem gluͤenden Eiſen brennen/
doch hat ſolches in anderen Gliedern mehr
ſtatt/ als im Geſicht/ und muß allhie be-
ſcheidendlich umbgegangen werden/ und
wann die Inſtrumenta nicht ſtatt haben/ die
Z iiijmedi-
[360]Dritter Theil
medicamenta vor die Hand nehmen/ wie-
woll ſolche langſahmer etwas außrichten/
als da ſind: gebrandte Hunds-Bein/ ge-
brandt Hirſchhorn/ Elffenbein/ Hecht-
Kiever/ Oſterlucy/ Kupffergruͤn/ hermo-
dactili, aloe
,
Fichten-Rinde/ alum: rochæ,
Bilſen- und Feigen-Blaͤtter/ auß wel-
chen allerhand compoſita koͤnnen gemacht
werden.


35. Was iſt zu thun/ wann/
nach dem ein Zahn iſt auß ge-
brochen/ die Lucke ſehr blutet?


Urſach.

Dieſes pflegt am meiſten zu geſchehen/
wann die Zaͤhne an die Lade des Kinba-
ckens angewachſen/ im heraußziehen aber
ein ſtuͤcklein vom Kinbacken mit gehet/ wel-
ches dann mit ſeiner ſchaͤrffe das Zahn-
fleiſch/ und die darin befindlichen arteriolas
oder venas zerreiſſet/ worauß dann leichtlich
ein ſtarckes bluthen kan verurſachet werden/
Cur und Hei-
lung.
worzu dann ein Bluth-ſtillungs-Pulver
von maſtic: oliban: farin: volatil. \&c. ge-
brauchet werden kan/ zugleich aber muß mit
einem Finger/ das Bluthſtillungs-Pul-
ver/ mit Baumwollen angefuͤllet/ ange-
drucket werden/ und ſo lang darauff gehal-
ten werden/ biß es ſtehet/ dann ohne das
drucken/ das Pulver nicht fruchten kan.
Auch koͤnnen kuͤhlende Außſpuͤlungen mit
lap:
[361]von Geſchwaͤren.
lap: brunellæ gebrauchet werden: Die Tinct:
florum balauſtiæ
,
wie auch die Tinct: mart:
aſtringens Mynſichti
iſt auch ſehr nuͤtzlich/ mit
einer Baumwollen auffgelegt.


36. Was iſt die Urſach der Ge-
ſchwaͤꝛ des Schlundes/ Luft-
und Speißroͤhr/
itemdes
Magen-Schlundes und der
Gedaͤrme?


Die Urſachen ſind/ entweder euſſerlich/Paræus.
als etwan ſchraffe Artzeneyen/ Gifft und
dergleichen: Oder innerlich/ als da ſind/
die boͤſe unartige und benagende Feuchtig-
keiten. Wann ein ſolches Geſchwaͤr imUrſach und
Keñzeichen.

Schlund oder in der Lufft-Roͤhre/ empfin-
det der Patient in dem Einſchlucken oder
Athemen einen Schmertz/ ſolcher aber iſt
viel groͤſſer und unleidlicher/ wann das Ge-
ſchwaͤr im Magen-Mund/ dann es er-
zeigen ſich groͤſſere Zufaͤll/ als Ohnmach-
ten/ Widerwill/ Eckel vor der Speiſe/ biß-
weilen auch Erbrechen: Wann aber die
Daͤrme angegriffen ſind/ giebet der Krancke
viel Eyter durch den Afftern von ſich.


37. Wie ſind ſolche Geſchwaͤr
alle zu heilen?


Die Cur dieſer Geſchwaͤr/ wird mehrCur und Hei
lung.

Z vdurch
[362]Dritter Theil
durch den Gebrauch der Speiſen und Ge-
traͤnck/ als durch Artzeney geheilet. Die
Mittel ſo zu den Geſchwaͤren des Schlun-
des und der Lufft-Roͤhr gebrauchet werden/
ſollen etwas zaͤh und klebricht ſeyn/ und offt
und fein gemach in den Halß hinunter ge-
laſſen werden: Zu der Abwaſchung und
ſauberung iſt nichts beſſer/ als der rohe und
ungeſottene Honig/ zur endlichen Heilung
aber/ den Tragant mit einem ein- und zu-
ſammenziehenden Waſſer vermiſcht. In
den Magen-Mundes-Geſchwaͤr muß man
alle das Scharffe meiden/ und ſich des
Zuckers/ mit Gerſten-Bruͤh vermiſcht/ ge-
brauchen/ auch der Gelatina mit zerlaſſenen
Tragant und bolo armeni, wie auch der ge-
ſottenen Bruͤhe von Pflaumen/ Dattlen/
Feigen/ item Kuhmilch mit etzlichen Eyer-
dottern und Honig geſotten: Die endliche
Heilung aber verrichten/ mit den jenigen/
ſo ohn alle ſcharffe ein- und zuſammen ziehen/
als: Der Safft von hypociſt. Wild-Gra-
nat-Bluͤt/ Terra Sigil: acacia, die Bruͤh
von Qvitten/ die Blaͤtter vom Maſtix-
Baum und dergleichen. In den Ge-
ſchwaͤren der Daͤrme dienet der Honig mit
anderen Artzeneyen/ wie vor geſagt/ treflich
woll/ nur dieſes iſt zu mercken/ daß die duͤn-
nen Daͤrme durch den Mund/ die dicken
aber durch Clyſtier muͤſſen curiret werden.


38. Was
[363]von Geſchwaͤren.

38. Was iſt die Urſach der Ge-
ſchwaͤr der Nieren und der
Harnblaſen?


Solche entſtehen entweder auß dem Ge-Urſach.
brauch ſcharffer Speiſen/ Getraͤnck/ Ar-
tzeneyen/ Spaniſchen Muͤcken ꝛc. oder auß
verſamlung und durchflieſſen einer ſcharffen
Feuchtigkeit/ oder wann etwa ein innerlich
Apoſtem geriſſen und auffgebrochen und zu
einem Geſchwaͤr worden.


39. Muß man in dieſen Ge-
ſchwaͤren ſtarck oder ge-
lind purgieren?


Man ſoll vielmehr durch Clyſtier/ als
durch ſtarcke Purgationes/ den Leib offen
halten/ denn durch das Purgieren werden
die Feuchtigkeiten auffruͤhriſch und bewegt/
und ſelbige zu den Nieren Harnblaſen
deſtomehr getrieben. Vigierius meldet/ daß
die vomitoria zuweilen ſtatt haben/ dadurch
werden die humores zuruͤcke gezogen.


40. Wie iſt der Ort des Ge-
ſchwaͤres in der Harn-
Blaaſe zu erkennen?


Die Geſchwaͤr der Harnblaaſen ſind ent-
weder in deſſelben Untertheil und Bodem/
oder
[364]Dritter Theil
oder in dem Eingang. Der Schmertz im
Untertheil wehret faſt immerdar/ ſo lang
das Geſchwaͤr ungeheilet bleibet/ und giebt
gleichſam einen Schupechten Unraht und
kleine Haͤutlein im Harnen von ſich/ im Obe-
ren aber iſt der Schmertz ſo lang der Krancke
ſeinen Harn abſchlaͤgt/ auch wehret der
Schmertz eine kleine Weile hernach/ und
iſt die Schaam faſt immer zu auffrecht und
ſtarricht.


41. Warum ſind die Geſchwaͤr
des Bodems oder Unterthei-
les der Harnblaſẽ unheilſam?


Geſchwaͤr
des Bodens
der Harnbla-
ſen unheil-
ſam.

Solches geſchicht von wegen ihrer
Span-adrigen und Blut-loſen Subſtantz/
und dann auch/ dieweil ſie von der ſchaͤrffe
des Harns ohn unterlaß benaget/ und alle-
zeit wiederumb friſch gemacht werden/ ſinte-
mahl auch nach dem harnen etwas von dem
Harn in der Blaaſe uͤbrig auff dem Bodem
bleibet.


42. Wie ſind dieſe Geſchwaͤr zu
heilen?


Die Cur anlangend/ ſoll man/ wie ge-
ſagt/ dem Patienten offt Clyſtiren/ zur
Reinigung und Saͤuberung ihm alle Mor-
gen ein Traͤncklein eingeben/ gemacht von
Suͤß-
[365]von Geſchwaͤren.
Suͤßholtz/ Sauerampff-Wurtzel/ Peter-
ſielgen-Wurtz/ in Gerſten-Waſſer gekocht/
und nach Galeni Befehl allezeit etwas von
Honig und Harn-treibenden Sachen hinzu
thun/ oder von des Gordonii Zeltlein/ wel-
che gemacht werden von den 4. Sem: Frigi:
major:
Qvitten/ gum. arabic. Zierbelnuͤß
und Pimpernuͤßlein/ ſuͤß Mandelen/ bolo
armeni, ſangv: dracon
. Roſen und Myr-
rhen/ mit Honig Waſſer angemacht: Die-
ſes iſt zu mercken/ daß man zu der BlaaſenAnmerckung.
zugleich auch von den obgedachten Zeltlein
Clyſtier machen/ und in die Blaaſe ſpruͤtze.
Den Schmertzẽ zu ſtillen/ thut trefflich woll/
das außgepreſte Oehl von Bilſenkraut: Umb
das Gemaͤcht/ kan man ſchmertzen ſtillende
cataplasmata und Saͤlblein gebrauchen/ und
wann das Geſchwaͤr einen Geſtanck hat/
etwas von dem ungv. ægypt. mit Wein oder
Wegerich-Waſſer/ oder Roſen-Waſſer
zerlaſſen/ unter das Spruͤtz-Waſſer mi-
ſchen.


43. Wann einer ein Geſchwaͤr
am Elbogen haͤtte/ ſo weit
hol und hitzig/ auch die
Beiner angelauffen und
ſchwartz waͤren/ wie iſt
ihm zu helffen?


Die-
[366]Dritter Theil
Joh: And:
à Cruce.

Die Gelencke/ als in welchen unterſchied-
liche Beiner zuſammen kommen/ werden
offt und viel enttzuͤndet/ und wo ſolchen kei-
ne rechte Pflege geſchicht/ werden ſie auch
mit holen Geſchwaͤren/ einer boͤſen Art be-
hafftet; Iſt derowegen von noͤthen/ daß
man den Eingang weit offen erhalte/ fol-
gends den inwendigen Buſem mit der Mix-
tur von Honig und Wein/ oder mit einer
lauteren Lauge und Honig allein/ reinige/
und laulecht hinein ſpruͤtze; Damit es ſein
Geſchaͤfft verrichte/ ſoll man das Loch eine
weile zuſtopffen/ oder das Spruͤtz-Waſſer
mit dem ungv: ægyptiac, Roſen-Honig und
dergleichen verſtaͤrcken/ die angeloſfene Bei-
ner zu recht bringen/ wie in den Bruͤchen
der Hirnſchal/ auch in der 34ſten Frage die-
ſes Theils gemeldet worden. Wann ein
hartes/ ſchwulichtes oder calloſiſches We-
ſen ſich erzeiget/ bringt mans mit dem woll
abgeſuͤſtem præcipitat, ungv: ægyptiac, oder
ſpirit: vitrioli hinweg/ und hilfft ihm mit
dem ungvento aureo oder fuſco wieder zu ſei-
nem verlohrnen Fleiſch.


44. Worvon kompt der Wurm
am Finger/ und wie iſt er
zu curieren?


Wiewoll dieſe Frage in dem erſten Theil
der
[367]von Geſchwaͤren.
der 49ſten Frag beantwortet worden/ und
zur Gnuͤge/ deſſen Urſach und Heilung dar-
gewieſen/ kan man doch dieſes hinzuthun/
daß ſonderlich den Schmertzen ſtillet/ der
Schleim von Floh-Kraut-Saamen/ mit
Eßig extrahieret/ und ein wenig opium dar-
zu gethan.


45. Von wannen kompt das
Rohr-Geſchwaͤr?


Wiewoll etzliche dafuͤr halten/ es ſey derBeſchret-
bung.

Saamen-Fluß Gonorrhæa, und die giffti-
gen Harn-Winde oder das Rohr-Ge-
ſchwaͤr ein Ding/ ſo weiſets doch der Au-
gen-Schein/ daß das Rohr-Geſchwaͤr kei-
nen Saamen/ ſondern viel mehr einen gel-
ben/ ſchwartzlechten/ blutigen und ſtincken-
den Wund-Schweiß von ſich giebet/ mit
welcher Schaͤrffe er den Harngang durch-
naget/ und ein Geſchwuͤr verurſachet/ wel-
ches fuͤrnehmlich drey Urſachen hat/ in demDrey Ur-
ſachen.

zum 1. der Menſch mit Blut uͤberfuͤllet iſt/
oder ſich des Beyſchlaffs enthalten/ die
außfuͤhrende Krafft des Saamens faſt
ſchwach/ und ſolchen außzufuͤhren/ nicht
vermoͤglich/ der Saame aber in den Druͤß-
lein proſtatæ genandt/ ſich entzuͤndet. 2. Ge-
ſchicht ſolches durch die Außleerung/ in
dem man ſich des Beyſchlaffs unmaͤßig ge-
brauchet/ durch welches die oͤhlichte und an-
geboh-
[368]Dritter Theil
gebohrne Feuchtigkeit der vorgemeldten
Druͤßlein/ welche ſonſt den Harngang be-
feuchten und ſchlupfrig machen/ gantz und
gar erſchoͤpfft wird. 3. Kompt ſolches auß
der Anſteckung/ durch den unreinen Bey-
ſchlaff von ſolchen Weibern/ welche entwe-
der von einem andern kurtz zuvor angeſteckt/
oder mit dem weiſſen Fluß behafftet ſeyn/
oder verborgene Geſchwaͤr in der Schaam
haben: denn durch das ſtarcke erhitzen/
wird ſolches Gifft mit dem Maͤnlichen
Glied an ſich gezogen/ welches/ wann es in
den Druͤßlein verſchloſſen/ erreget es eine
Entzuͤndung und Geſchwaͤr/ aus welchem
der gifftige Eyter herauß rinnet/ und die
gifftige Harn-Winde verurſachet/ und
wann ſolches lang wehret/ begeben ſich die
Daͤmpffe zu den fuͤrnehmbſten innerlichen
Gliedern/ und verurſachen auch endlich gar
die Frantzoſen Kranckheit.


46. Wie iſt dem zu helffen/ der
das Roͤhr-Geſchwaͤr hat?


Cur ung Hei-
lung.

Anfangs muß man ſich befleißigen den
Schmertzen zu ſtillen/ und die Entzuͤndung
zu loͤſchen/ als nemlich ein Spruͤtz-Waſſer
offt und vielfaͤltig gebrauchen/ welches
gemacht iſt/ von Floͤh-Kraut-Saa-
men/ Lattig/ weiß Mag-Saamen/
Wegrich/ Qvitten-Kern und Bilſen-
Kraut-
[369]von Geſchwaͤren.
Kraut-Saamen/ von welchen ein Schleim
wird ausgezogen/ mit Nacht-Schatt- und
Roſen-Waſſer/ und die trochiſci de cam-
phora Rhaſis
in kleiner Qvantitaͤt hinzu ge-
than: Auſſerhalb das ungv: infrigid: Ga-
leni c. camphura
umb das gantze Gemaͤcht
und Glied gelegt. Das Geſchwaͤr aber
abzuwaſchen und zu reinigen/ nim der einfa-
chen Mixtur/ von Waſſer und Honig/
Syrup von duͤrren Roſen und Wermuth/
miſche es zum Spruͤtz-Waſſer/ item die
eſſentiam ariſtolog: rotund: mit aq: plan-
tag:
und Roſen-Honig vermiſcht; Wann
dieſes zu ſchwach/ thue von dem ungv: ægy-
ptiac
etwas hinzu; Das Geſchwaͤr außzu-
trucknen/ nim Loͤſch-Waſſer/ wild Gra-
nath-Bluͤth/ Cupreſſen-Nuͤßlein/ Syrup
von Roſen und Wermuth/ mache ein
Spruͤtz-Waſſer. In Manglung eines
Medici, kan man nach Vigierii Rath in-
nerlich die emulſiones, julapia und opiata ge-
brauchen/ und wann die Hitze gedaͤmpffet/
und das Beiſſen und Jucken ein Ende hat/
den Terpentin mit pulv: von rhabarbara
gebrauchen. Die Purgations muͤſſen nicht
hitzig ſeyn/ uñ iſt ſondeꝛlich dienlich der ☿ rius
præcipit: viridis,
welcher von Hartmanno
in praxi chymiatrica pag: m:
212 beſchrieben
wird.


47. Wie iſt dem zu helffen/
A awann
[370]Dritter Theil
wann einer das Roͤhr-Ge-
ſchwaͤr uñ gꝛoſſen Schmeꝛ-
tzen dabey haͤtte/ und nicht
harnen koͤnte?


Es geſchicht offt/ daß die Patienten
die Zeit ihres Lebens mit ſolchen giffti-
gen Harn-Winden geplagt werden/
und wann ſie verwarloſet/ die Zeit ihres Le-
bens unheilſam dleiben/ wann aber eine
Verſtopffung des Harns dazu kompt/ wel-
ches geſchicht/ wann die Druͤßlein proſtatæ
verſchwollen/ und der Eingang der Harn-
Blaas ſehr entzuͤndet/ iſts ein Zeichen des
nahenden Todes/ den man mit dem cathe-
tere
nicht woll helffen kan. Im harnen aber
den Schmertzen zu ſtillen/ ſoll man das
Waſſer-Glaß oder Nacht-Scherben voll
Milch oder warm Waſſer fuͤllen/ das
Maͤnnliche Glied hinein hengen/ und alſo
Cur.das Waſſer laſſen. Die Beſchwaͤrde des
Harns/ wird in Abſchaffung der Urſachen
curieret. Innerlich ſoll man Gerſten-
Waſſer geben/ mit Roſen- und Violen-
Safft/ die purgierende Sachen meiden/
hergegen die laxirende/ kuͤhlende und erwei-
chende erwehlen/ als: Die Mannam,
Casſiam
und Thamarint: auch die Milch
von den erkaltenden Saamen mit Myr-
then-Safft.


48. Was
[371]von Geſchwaͤren.

48. Was iſt Varix, worvon
wird ſie verurſachet/ was
ſind die Kennzeichen/ und
wie werden ſie curieret?


Varix iſt eine Erweiterung und Verwi-Beſchꝛelbung
und Urſach.

ckelung der Blut-Adern/ ſie pflegen an vie-
len Orten des Leibes zu entſtehen/ fuͤrnehm-
lich aber an den Hufften und Schenckeln:
Ihre Urſach iſt ein Melancholiſch Gebluͤth/
auch geſchehen ſolche den vollbluͤtigen
ſchwangeren Weibern/ wegen verſtopffter
Monat-Zeit: Sie werden durch ihre wei-
te/ breite und dicke Geſchwulſt und Farbe
gnugſam erkandt. Die Cur betreffend/Cur und H[ei-]
lung.

ſoll man ſich bey den alten Krampff-Adern
nichts unterfangen/ den man giebt nur An-
laß zur Wiederkehrung des Melancholi-
ſchen Gebluͤths/ zu den vornehmen Glie-
dern; Doch kan man das melancholiſche
Gebluͤht aus den varicibus durch eine Ader-
laß abhelffen/ dafern aber ſolches nichts
thun wolte/ kan man die verwickelten Adern
unten und oben zubinden/ und was zwi-
ſchen zweyen Baͤnden iſt/ gantz herauß
ſchneiden.


49. Woher haben die Geſchwaͤr
der Gebaͤhr-Mutter ihren

Aa ijUr-
[372]Dritter Theil
Urſprung/ und wie ſind ſie
zu curieren?


Urſach.

Solche entſtehen/ entweder auß den hin-
zugefloſſenen Feuchtigkeiten/ ſo mit ihrer
ſchaͤrffe die Haͤutlein benagen/ oder etwa
auß einer Geſchwulſt/ welche zu einem Apo-
ſtem worden/ oder auß einer harten und
Keñzeichen.muͤhſamen Geburt. Sie werden fuͤrnehm-
lich erkandt durch den Schmertz/ durch die
Weite zwiſchen dem Gemaͤcht und Afftern/
wie dann auch auß dem Eyter und Wund-
ſchweiß/ ſo von dem Gemaͤcht herauß fleuſt.
Cur und Hei-
lung.
Die Cur anlangend/ iſt ſolche einerley mit
den Geſchwaͤren des Mundes/ als cap:
mort:
von dem aq: fort, vitriol-oͤhl und der-
gleichen/ auch kan man Clyſtier einſpruͤtzen/
gemacht von Gerſten-Waſſer/ Schwertel-
wurtz/ Wegrich/ Wermuth/ Tauſend-
guͤlden-Kraut/ und Roſen-Honig und
Wermuth-Syrop dazu thun: Wider den
boͤſen Geruch kan man das ungv. ægyptiac.
hinzu thun; wann ſolches gereiniget/ kan
mans mit Wegrich-Waſſer/ Alaun und
ein wenig Victriol zu heilen.


50. Was iſt der Grind oder die
Raͤude?


Beſchrel-
bung.

Die Raͤude oder Kraͤtze iſt ein beiſſender
anſteckender Gebrech der innerlichen Haut/
in
[373]von Geſchwaͤren.
in welcher viel feuchte oder trockne Blaͤter-
lein auffſchieſſen/ da dann auff die feuchte
etwa eyterige Geſchwaͤrlein/ auff die truckne
aber ein hefftiges und unleidliches Jucken/
mit vielen kleinen Schuppen erfolgen/
welche auch ſchwerer zu heilen iſt/ als die
Feuchte.


51. Was iſt fuͤr ein Unterſcheid
unter dem Auſſatz und
Grind?


Der Grind nimpt nur allein die euſſerſteUnterſcheid.
Haut ein/ erreget daſelbſt kleine Schuppen/
Jucken und unebene: Der Auſſatz aber
macht die Haut faſt rauch/ erreget noch ein
groͤſſer Jucken/ verſchmeltzet den Leib/ hat
tieffere und runde Schuppen/ welche end-
lich das gantze Glied einnehmen/ und nach-
mahls mit groſſen Geſtanck abfallen.


52. Wie unterſchiedlich iſt der
Grind?


Der Grind iſt dreyerley als 1. der Feuch-Dreytrley
Grind.

te/ wann nemblich das Gebluͤth verfaulet/
und auf der Haut hin und wieder viel Blaͤt-
terlein eines duͤnnen Waſſers erreget. 2. Der
Truckne/ welcher entſtehet auß einer nitro-
ſi
ſchen und geſaltzene Feuchtigkeit/ auß wel-
cher auch das hefftige Jucken entſpringet/
A a iijund
[374]Dritter Theil
und erreget viel kleine Schuͤplein. 3. Der
Erſchworne auß den verbrandten Feuchtig-
ten/ und ſolcher iſt boͤſer Art/ wird auch
ſehr leicht in boͤſe Flechten und Auſſatz ver-
wandelt.


53. Wie iſt den Zittriſen und
Flechten an Haͤnden und
Fuͤſſen zu wehren?


Urſprung.

Dieſes iſt auch ein Gebrechen der Haut/
welcher rauch machet und ein Jucken erre-
get/ nimpt offt das gantze Geſicht ein:
Kompt auß einer ſcharffen/ ſubtilen oder
auch etwan auß einer verbrenten dicken oder
groben Feuchtigkeit her/ hat eine flache und
runde Rauhe/ in etwas erhoben ſonderlich
Cur und Hei-
lung.
am Ende. Die Cur anlangend/ ſo erfo-
dert ſie eine gantze evacuation oder Reni-
gung des Leibes/ als etwa purgieren und
Aderlaſſen/ nach welchem man dann zu de-
nen Mittelen greiffet/ die da hefftig trucke-
nen/ doch muß man von den geringeren
anfangen. Zu den Kindern ruͤhmet Ægi-
neta
den nuͤchtern Speichel/ Galenus das
Oehl von Weitzen/ auch iſt dienlich der
Safft von Wilden Haſenpaͤplen/ mit un-
gebrandten Schweffel/ die mixtur von
Burtzel-Safft und Salpeter/ oder die von
Leber-Kraut-Safft/ Salpeter und Schwe-
fel; Auch iſt der ſuccus radicis bugloſſe ein
gewiſ-
[375]von Geſchwaͤren.
gewiſſes Mittel/ wie auch der Wein-Eſſig/
welcher auff dem Lytargirio geſtanden/ wie
auch die Mittel welche zum Grind gehoͤren
und jetzo folgen ſollen.


54. Wie iſt der Jenige zu heilen/
der gantz grindig iſt?


Man muß/ wann er noch jung und im
Fruͤhling iſt/ eine Ader oͤffnen/ die Diaͤt
ſchmaͤleren/ folgends den Leib mit Speiſen/
die da kuͤhlen und befeuchten/ verſehen/ mit
denen Sachen purgieren/ welche die ver-
brente Feuchtigkeiten außfuͤhꝛen/ als da ſind:
Elect: diaphœnic, d. fol. ſenæ, ſerum lactis
cum fol. ſenæ:
Die duͤnne ſubtile Feuchtig-
keiten/ muͤſſen vor der Außfuͤhrung mit
Syrupen von Erdrauch/ Endivien/ und
Blau-Violen mit dem decocto boraginis \&
lupuli
vermiſcht/ præpariret werden/ die ver-
brandte und Gallmaͤßige Feuchtigkeiten
mit der Confectio Hamech, diacatolic: und
dergleichen purgieren/ auch kan man den
Patienten baden und ſchroͤpffen laſſen/ die
Salben ſoll man machen von Schwein-
Schmaltz/ Terpentin in Roſen-Waſſer
gewaſchen/ Butter/ Saltz/ Kuͤrbis-Safft/
Eyerdotter und Roſen-Oehl; Die aber ei-
nes geſtanden Alters/ ſollen folgende brau-
chen: Als Schwein-Schmaltz in Roſen-
Waſſer gewaſchen/ friſche Butter/ unge-
A a iiijbrand-
[376]Dritter Theil
brandten Schwefel/ Eyerdotter ꝛc. Auch
kan man hinzuthun Oehl von Maſtix und
Roſen/ Lorbeer/ Goldklett/ Sublimat/
Bleyweiß und dergleichen.


55. Was ſind die Durchſchlech-
te/ und was iſt zu denſelben
zu gebrauchen?


Beſchrei-
bung.

Die Durchſchlecht Variolæ oder Pocken
ſind hohe Blaͤtterlein/ in der Mitten weiß/
neben herumb aber roth/ welches dann eine
gewiſſe Anzeigung iſt/ daß die waſſerichte
Feuchtigkeit mit dem Gebluͤth muͤſſe ver-
miſcht ſeyn/ und wie woll ſie in den erſten
Zeichen.Tagen ſchwerlich zu erkennen ſeyn/ ſo heben
ſie ſich am dritten und vierten Tag in die
Hoͤhe/ haben eine Schaͤrffe bey ſich/ durch
welche der Leib gleichſam mit Nadeln geſto-
chen/ und mit einem Jucken uͤberfallen
wird/ haben viel Zufaͤll bey ſich/ als Ohn-
macht/ Eckel der Speiſe/ Erbrechen/ Heiß-
rigkeit/ ſchwerliches Athemen/ Brennung
und Geſchwulſt der Augen/ auch endlich
gar ein Aberwitz- und iſt die Qvalitaͤt dieſer
Kranckheit der maaſſen gifftig/ peſtilen-
tziſch und anſtoͤſſig/ daß ſie nicht allein das
Fleiſch verzehret und zerreiſt/ ſondern auch
die Beiner angreifft und verderbet. Die
Cur.Cur anlangend/ ſo iſt ſolche mancherley/
nach Gelegenheit der Feuchtigkeit/ ſo ent-
weder
[377]von Geſchwaͤren.
weder mit Gifft/ oder ohne Giſſt iſt. Im
Anfang der Kranckheit mag man wohl mit
Gelindigkeit purgiren/ in Zunehmen aber
nicht/ hergegen haben die Schweiß-treibende
ſtatt; Das Aderlaſſen iſt auch im Anfang
dienlich/ und bekommen alsdann die Pati-
enten dieſelben Blattern nicht ſo haͤuffig;
Nachdem ſie nun herauß gekommen und
reiff worden/ kan man/ und ſonderlich die
groſſen Blattern/ auffzwicken/ und friſche
Butter uͤberlegen/ auch Behung von Pa-
peln/ Lilien-Wurtz/ Feigen und dergleichen
gebrauchen.


56. Wie iſt dem zu helffen/ der
in einen Keſſel voll ſieden-
den Waſſer gefallen/ und
ſich am gantzen Leib ver-
brandt hat?


Dieſes iſt ein ſorglicher und offt toͤdtli-Hildanus in
tractatu de
ambuſt. cap.

6.

cher Schade/ indem die Adern/ Arterien
und Nerven einſchrumpfen/ dadurch dann
die natuͤrliche actiones verhindert werden.
Doch/ ſo man zum Patienten beruffen
wird/ ſoll man den gantzen Leib/ außge-
nommen die Augen/ mit einer Salben be-
ſtreichen/ gemacht von fluͤſſiger Seiffen/
Saltz/ Eyer-Oehl/ Roſen-Oehl/ Suͤß-
Mandel-Oehl und Quitten-Schleim.
A a vIn
[378]Dritter Theil
In die Augen kan man ein Waſſer eintroͤf-
len/ als Roſen- und Wegrich-Waſſer/
mit Quitten-Kern und fœn: græc: ange-
macht/ und ein wenig Weiber-Milch;
Umb die Augenlieder herumb ſoll man mit
einer Salben von einer dicken Subſtantz
ſchmieren/ damit ſie nicht in die Augen flieſ-
ſe/ doch ſollen keine Zwiefel darunter ſeyn:
Die Diaͤt ſoll man nach gebuͤhr anſtellen/
den Leib offen halten/ die baſilicam oͤffnen/
und nach der Kunſt heilen.


57. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner ſich mit Feur/ Waſſer/
Butter oder Pech ver-
brand haͤtte?


Unterſcheid
in heilen.

Allhie muß man dieſen Unterſcheid in
acht nehmen/ dann wann es im Anfang/
und noch keine Blaͤtterlein auffgefahren/
muß der Brand und ſcharffe Feuchtigkeit
außgezogen werden/ ſoll derowegen das
Glied alſo bald in ein warm Waſſer geſteckt
werden/ oder da ſolches nicht ſeyn kan/ mit
Schwaͤmmen uͤbergelegt werden/ hernach
ein Saͤlblein von rothen Zwiefflen/ Saltz
und Venediſcher Seiffen/ in einen Moͤrſel
mit Roſen- und Suͤß-Mandel-Oehl ge-
macht/ daruͤber legen/ welches den Brandt
gewaltig außziehet/ und keine Blattern auf-
fahren
[379]von Geſchwaͤren.
fahren laͤſt/ auch kan man oberhalb des
Schadens defenſiva oder Schutz-Mittel/
als Baͤnder in halb Eſſig und Waſſer ge-
tunckt ꝛc: Gebrauchen: Wann aber der
Brand im anderen Grad/ alſo/ daß nicht
allein die Blaͤtterlein auffahren/ ſondern
auch die Haut verbrent/ ertrocknet und zu-
ſammen gezogen/ ſoll man keine Zwiefel/
Saltz oder truckne Mittel gebrauchen/ ſon-
dern was die Haut erweichet und ſchlup-
richt machet/ dieſelbe ſind mittelmaͤſſiger
Art/ warm und feucht: Wann nun die
Blaͤtterlein mit einer Scheer auffgeſchnit-
ten/ und ein defenſiv gemacht von bol: armen,
ſangv: dracon, gall, croc:
nus
mit Roſen-
Oehl und Wachs/ ſoll man uͤber den gan-
tzen Orth/ wo der Brand geſchehen/ ein
Saͤlblein brauchen/ gemacht von ungvento
baſilic. ol: roſar:
und lilior: albor: und vitel:
ovorum,
oder von ungeſaltzener Butter/
Hennen-Fett/ Wachs und weiß Lilien-
Oehl/ Ouitten-Schleim und ein wenig
Saffran darunter; Wann aber der
Schmertz zu groß/ ſoll man ein halb Scru-
pel Opii darzu thun. Wann die Haut gnug-
ſam erweichet und ſchluͤpfrich gemacht wor-
den/ ſind zwar etzliche Autores der Meinung/
daß man truckne Artzeneyen brauche/ als
das Saͤlblein Rhaſis, ungv: ex calce, cerat:
diapompholyg: \&c.
Doch iſt beſſer/ daß man
erwei-
[380]Dritter Theil
erweichende Sachen/ biß zu Ende der Hei-
lung gebrauche/ und ſonderlich in den Fin-
gern/ dann wann dieſelbe mit truckenen
Artzeneyen geheilet worden/ baͤrſtet die
Haut/ und ſind unbegaͤng und ſteiff.


58. Mit was fuͤr einer Brand-
loͤſchung/ ſind alle Braͤnde/
ſie ſeyn von Pulver/ Fett/
Waſſer/ Eyſen und deꝛglei-
chen zu loͤſchen?


Allgemeine
Brandtloͤ-
ſchung.

Fabritius Hildanus ruͤhmet folgende zu
allem Brennen/ dann ſie erweichet/ lindert
den Schmertzen/ und heilet gemaͤhlich/ oder
beſchleuſt/ und macht eine Narbe/ welche
gemacht wird; Von friſcher Butter in
Roſen-Waſſer gewaſchen/ Veyel-Oehl/
Eyer-Oehl/ Suͤß-Mandel-Oehl/ Gerſten
Mehl/ Qvitten-Schleim/ Saffran und
Wachs in einem Moͤrſer zur Salben ge-
macht; und damit im Abwiſchen der Ge-
ſchwaͤr/ kein ſonderlicher Schmertz verur-
ſachet werde/ ſoll man gar zart Leinwand
auff den verbrandten Ort legen und nicht
hinweg thun/ biß das Geſchwaͤr geheilet/
dann durch ſolche kan der Eyter leichtlich
außflieſſen/ und die Krafft der Artzeney zu
dem Geſchwaͤr kommen.


59. Wie
[381]von Geſchwaͤren.

59. Wie iſt der zu curieren deſ-
ſen Haͤnde und Fuͤſſe erfro-
ren ſeyn?


Die Haͤnde und Fuͤſſe/ ja auch Naaſen
und Ohren/ erfriehren am allererſten/ die-
weil ſie von dem Hertzen/ alsdenn Brun-
nen der natuͤrlichen Waͤrmbde abgelegen/
iſt alſo bey ihnen die natuͤrliche Waͤrmbde
ſchwach/ darauß dann erfolget/ daß die na-
tuͤrliche und eingepflantzte Feuchtigkeit/
ſampt den Geiſtern erfriehren/ daß ſie ſich
zuſammen ſetzen und erhaͤrten/ daß alſo das
Glied ſeine natuͤrliche Nahrung und Unter-
halt nicht haben kan. Derowegen/ ſo ſollCur und Hei-
lung.

man erſtlich den Patienten das Glied mit
Schnee oder kalten Waſſer reiben/ nach-
mahls behen in Saltz-Waſſer oder ſuͤſſer
Milch/ in welcher Roßmarin/ Lorbeer-
Blaͤtter/ Salbey und dergleichen erwaͤr-
mende Kraͤuter gekocht ſeyn/ damit alſo das
Bluth wiederumb hingezogen werde. In-
nerlich einen guten Theriac in Firne-Wein
zerrieben eingegeben/ mit Confect: alkermes
und Bezoar vermiſcht/ den andern Tag die
Behung wiederholen/ und nach dieſem das
Glied beſtreichen mit ol: therebint, ol: de
cera, ol: de lateribus.
mit dem Sem: urticæ,
naſturtii \&c.
Wann aber der Froſt ſchon
eingeriſſen/ ſoll man den Ort ſcatificiren,
und
[382]Dritter Theil
und tractiren wie in den 52. und 53ſten
Frage des erſten Theils dieſer Chirurgiæ
vom heiſſen und kalten Brandt gemeldet
worden.


60. Wann aber die Bein ſehr
ſchwartz wehren/ und die
Nerven ſehrflieſſen?


Cur und Hei-
lung.

In ſolchem Fall ſoll man ein Schutz-
Pflaſter brauchen/ doch nicht von kalten
und truckenen Sachen/ ſondern aus denen
die mittelmaͤſſiger Waͤrmbde ſeyn/ und we-
gen ihrer an ſich ziehenden Krafft/ die Glie-
der ſtaͤrcken/ als rothe Roſen/ Majoran/
Wermuth/ Heidelbeer/ Wacholder-Beer/
Scord, Roßmarin/ Cupreß-Nuͤß/ Meer-
Saltz/ alles in halb Laugen und Wein
geſotten und hinzugethan/ Bohnen-Feig-
Bohnen-Linſen- und Gerſten-Mehl/ und
zu einem Uberſchlag gemacht/ den Ort nach
Gelegenheit ſcarificiren das Ungv: ægyptiac:
magiſtrale Hildani
gebrauchen/ und die ver-
dorbene Beiner entweder wegſchaffen/ oder
mit auffſtreuung der Pulver und radiren
weiß machen und heilen.


61. Wie iſt einem vollen Mann
zu helffen/ der auff dem
Feld ſich niederleget und
bey nahe erfrohren iſt?


Mit
[383]von Geſchwaͤren.

Mit ſolchem ſoll man verfahren wie ge-
ſagt/ als daß man erſtlich den Froſt außzie-
he/ hernachmahls die Glieder mit warmen
Tuͤchern reibe/ ihm hitzige und erwaͤrmende
Speiſen gebrauche/ einen guten Theriack
in Wein zerlaſſen eingebe/ das Bett mit
warmen Ziegelſteinen oder mit warm Waſ-
ſer/ in welchen Chamomillen/ Krauſemuͤntz
oder dergleichen gekocht geweſen/ und Bla-
ſen mit angefuͤllet/ waͤrmen und alſo zurecht
bringen.


62. Wie iſt zu erkennen/ wann
einer einen alten Schaden
an einem Schenckel haͤtte/
der ſehr flieſſe/ ob es ein Lei-
bes-Fluß ſey/ oder ein ſol-
cher/ der ſich zwiſchen Fell
und Fleiſch verhaͤlt?


Wann ſolcher Fluß zwiſchen Fell und
Fleiſch/ iſt der Schenckel dick mit Feuch-
tigkeit angefuͤllet/ und giebt einen dickeren
Unrath/ wann aber ſolcher ein voͤlliger Lei-
bes-Fluß/ leidet nicht allein der Schenckel/
ſondern es iſt auch ein Mangel des Miltzens
und der Leber/ und eine cacochymia dabey/
auch iſt der Unrath haͤuffiger/ duͤnner und
ungekocht/ wie auch ohne Geruch.


63. Was
[384]Dritter Theil

63. Was iſt zu einem Leibes-
Fluß zu gebrauchen?


Joh. And.
a Cruce.

Heilung.

Wenn der Leib mit allerley Feuchtigkei-
ten uͤberfuͤllet iſt/ und das Geſchwaͤr mit
boͤſen Unrath uͤber fallen wird/ muß man
vor allen Dingen den Leibe ſolches Uberfluſ-
ſes abhelffen/ nemblich die Diaͤt/ ſo viel es
die Noth erfodert/ ſchmaͤleren/ ſo fern es
noͤthig/ eine Aderlaß anſtellen/ die duͤnne
und ſubtile Materie durch eine bequaͤme
Purgation außfuͤhren/ die von den Ge-
ſchwaͤr fern abgelegene Glieder reiben/ das
verletzte Glied der Gebuͤhr nach ſtaͤrcken/ die
hitzige Unrechtmaͤſſigkeit veꝛbeſſerẽ/ die Feuch-
te durch das decoctum ligni ſancti vertruck-
nen/ und die Zufaͤll fleiſſig abwehren. Das
Geſchwaͤr an ihm ſelbſt maͤſſiglich zu truck-
nen/ braucht man Linſen-Mehl/ Gerſten-
Mehl/ Myrrh/ Galloͤpfel/ bol: armeni,
aloë, rhabarbar,
roth Vitriol/ gebrand Kup-
fer/ præcipitat, Nacht-Schatten/ Wege-
rich/ Tauſendguͤlden-Kraut/ Oſterlucy/
von welchen entweder Behungen/ Pflaſter
oder Ungventa gemacht werden; Nebſt dem
muß man das Glied von unten biß oben mit
zimlichen ſtarcken Binden verſehen.


64. Was iſt zu einem Fluß zu-
gebrauchen/ der ſich zwi-

ſchen
[385]von Geſchwaͤren.
ſchen Fell und Fleiſch ge-
ſetzt?


Solcher hat faſt einerley Cur mit dem
vorigen/ doch iſt dieſe leichter als wie die an-
dere/ und laͤſt ſich offt heilen/ nebſt dem
Binden mit der weiſſen und rothen Camp-
fer Salben/ cerat: de minia, cerat: de tutia
und diapompholygos und mit allen denen Ar-
tzeneyen/ welche die duͤnne und ſubtile Feuch-
tigkeiten vertrucknen.


65. Wann einer einen alten
Schaden an einem Schen-
ckel haͤtte der gantz ſpe-
ckicht were/ und ſich weder
reinigen noch aͤtzung an-
nehmen wolte/ wie iſt ihm
zu thun?


Solche Geſchwaͤr werden offt verurſa-Urſach.
chet/ wann man oͤhlichte oder allzuhefftig
abſteringirende Artzeneyen brauchet/ zu dem
auch/ wann man gar zu ſchwache oder un-
bequeme Trucknung applicieret/ oder es
kompt ſolches auß der boͤſen Art und Uber-
fluß der Nahrung; Wann nun ein ſolch
dichter/ zuſammen gehaͤuffter/ weiſſer oder
aſchenfarbichter auch heffenmaͤſſiger Un-
rath mit einer weiſſen Kruſten in den Ge-
B bſchwaͤ-
[386]Dritter Theil
ſchwaͤren ſich erzeiget/ muß man vors erſte
eine bequeme Diaͤt/ und eine gebuͤhrliche
Purgation ordnen/ dann ſonſten wenig auß-
gerichtet wird.


Cur und Hei-
lung.

Das Geſchwaͤr zureinigen/ muß man
von denen anfangen/ ſo da hefftig beiſſen/
ſintemahl das Fleiſch noch mit dem Unrath
bedecket iſt/ und nichts empfindet/ hernach
aber lindere/ und ſoll geſchehen/ wann das
ſpeckichte Weſen durch den unbequemen Ge-
brauch der erweichenden Artzeneyen erfolget
iſt/ wann aber das Fleiſch durch die uͤber-
maͤſſige Schaͤrffe der Artzeneyen verſchmel-
tzet wird/ werden geringere und lindere ab-
ſtergentia
erfodert. Die Beſten aber als
deren Kraͤffte nicht zu hefftig/ ſind die Mehl
von Gerſten/ Bohnen/ Feyg-Bohnen und
Erven/ item die Aloe/ Oſterlucy/ Entzian/
Eppich/ Rhabarbar/ welche alle mit Ho-
nig muͤſſen vermiſcht werden/ denn er rei-
niget und abſtergiret nicht allein/ ſondern
verzehret auch den Unrath: Die oberzehl-
ten Mehle haben zwar die Art/ daß ſie ab-
ſtergiren/ koͤnnen aber die poros keines we-
ges oͤffnen/ man vermiſche ſie dann mit Ho-
nig/ Mehl oder Eppig-Safft.


66. Wie iſt zu helffen wann ei-
ner ſich mit Waſſer oder
Oehl an einem Schenckel

ver-
[387]von Geſchwaͤren.
verbrand haͤtte der Brand
aber ſehr eingefreſſen?


Dieſer Brand iſt gar gefaͤhrlich/ weil er
offt zu einem heiſen und kalten Brand wird/
denn erſtlich/ wegen hefftiger Hitz wird die
angebohrne Feuchtigkeit ertrocknet und ver-
zehret/ zum andern wird die Haut/ das
Mauß-Fleiſch/ Pulß- und Blut-Adern
eingetrocknet und zuſammen gezogen/ daß
kein Blut in den verletzten Theil mehr flieſ-
ſen kan: Drittens/ ſo lauffen die Feuchtig-
keiten und das Gebluͤt wegen des Schmer-
tzens zuſammen/ und vermehren die Entzuͤn-
dung/ daher das Glied offt erſtirbt.


Die Cur anlangend ſoll man alle Blaͤt-Cur und
Heilung.

terlein auffſchneiden/ die Ruffen entweder
mit der Scheer abledigen/ oder mit der
Salben von weiß Lilien-Oehl/ ſuͤß Mandel-
Oehl/ Eyer-Dotter/ friſche Butter/ Ba-
ſilicon-Salbe und dergleichen/ nachmahls
ein duppeltes Tuch/ genetzt in Schleim von
Kuͤrbis-Samen/ Quitten-Kern/ fœn:
græc.
uͤberlegen/ oberhalb defenſiva gebrau-
chen/ auch kan man die Schmertzen zu ſtil-
len zu den obigen Stein-Klee und Camillen
dazu thun. Marcus Aurelius Severinus in
Chirurgia trimembri
ruͤhmet das aq: è Jperm:
ranar:
mit der phlegma vitriol: vermiſcht.


67. Wann einem ein Fluß in ein
B b ijGlied
[388]Dritter Theil
Glied kaͤhme/ wie iſt es zu-
erkennen ob er von Hitze
oder von Kaͤlte komme?


Keñzeichen.

Kompt ſolcher auß Hitze ſo iſt der ſchmertz
brennend und ſtehend/ auch leſt ſich eine
Roͤhte ſehen und glaͤntzet die Haut/ kompt
er aber aus Kaͤlte/ ſo iſt der Ort bleich/ der
Schmertz nicht groß/ auch laſſen ſich offt-
mahls Gruben eindrucken.


68. Was iſt zu einem hitzigen
Fluß zu gebrauchen?


Hierzu dienet das blau Viohl-Oehl/
Roſen-Oehl/ Seeblumen-Oehl/ die Saͤff-
te von Lattig/ Burtzelkraut/ Wegbreit und
Nachtſchatten/ ungv: roſar: Meſuæ, ungv:
de ceruſa, infrigidans Galeni.
Im fall ſol-
che Hitze und Roͤhte nicht weg gehen wolte/
muß man dem Gebluͤth durch eine Aderlaͤß
hinweg helffen/ oberhalb dem Geſchwaͤrden
Ort mit defenſivis verſehen.


69. Was iſt zu einem kalten
Fluß zugebrauchen?


Zu der kalten Unrechtmeſſigkeit ſind die
Oehl von Chamomillen/ Dillen/ Wein-
rauten/ ol: coſtinum, ung v. baſiliconis, ungv:
dialthea, diapipereon, ol: lign: gvajaci,
und
dergleichen/ mit warmen Tuͤchern nuͤtzlich
zu gebrauchen.


70. Was
[389]von Geſchwaͤren.

70. Was iſt zu thun/ wann ei-
nem durch einen ſtarcken
Fluß die Fußſohlẽſchwaͤ-
rend/ faul und unterkoͤtig
weren?


Solchen ſoll man/ nach dem die kuͤh-
lende Diaͤt/ Purgationes und Ader-
laͤß angeſtellet/ mit Reinigungs-Mitteln/
derer vorhin viel gedacht/ begegnen/ die
Hoͤlen woll ſaͤuberen/ nachmahls das Pfla-
ſter diapalma oder von Nachtſchatt-Safft/
oder folgendes brauchen/ welches gemacht
wird von Weyrauch/ ſchieffrichen Allaun/
Minia und Terpentin mit Schwein-
ſchmaltz/ oder Roſen-oͤhl/ Silberſchaum/
Honig/ Rindern Inſchlit/ Farnkraut/
und mit colophon: zu einem Pflaſter ge-
macht.


71. Was iſt fuͤr ein Unterſcheid
zwiſchen den Peſtilentz
Paræus.
Blaͤttern und Beulen?


Der Unterſcheid iſt mancherley/ dennUnterſcheid
zwiſchen
Blaͤttern uñ
Beulen.

die Beulen ſind laͤnglicht/ hin und wieder
beweglich/ die Carfunckel aber oder Blat-
tern/ ſind rund und unbeweglich; Die
Beulen kommen in den druͤſichten Oertern/
als/ weñ ſie vom Hirn ihrẽ Urſprung haben/
kommen ſie hinter den Ohren hervor/ wann
B b iijſie
[390]Dritter Theil
ſie vom Hertzen/ unter den Achſeln/ wann
ſie von der Leber/ neben dem Gemaͤchte/
auch ſind ſie in der Materie unterſchieden/
in dem die Beulen eine dicke und zaͤhe/ die
Carfunckel aber/ eine ſcharffe und ſehr hitzi-
ge Materie haben/ entſtehen auch nicht an
gewiſſen Orten/ ſondern allenthalben in den
Muſculen.


72. Wo kompt die Peſtilentz
her?


Die Peſtilentz kompt auß zwo Urſachen
her/ 1. auß Anſteckung und Verderbung
der Lufft/ welche durch viele wege kan ver-
derbet werden/ als/ auß den faulen Auß-
daͤmpffungen der ſtinckenden und koͤthich-
ten/ moraſtichten Suͤmpffen/ auß Verfau-
lung der unbegrabenen menſchlichen Coͤr-
per/ als in See- und Feld-Schlachten zu
geſchehen pflegt/ aus Hungers-Noth/ und
Mangelung des Futters vors Vieh/ in dem
daſſelbige erkrancket/ und nachmahls von
Menſchen genoſſen wird/ oder/ wann ſol-
ches Vieh unbegraben liegen bleibet/ aus
dem haͤuffigen ſterben der Fiſche/ Muſche-
len/ Schnecken und dergleichen/ wann ſol-
che ans Ufer getrieben werden und verfau-
len; Auch erinnert Kircherus, daß das ein-
weichen des Hanffs und Flachſes/ eine giff-
tige Faulung und eine beqveme Urſach der
Peſti-
[391]von Geſchwaͤren.
Peſtilentz verurſache. 2. Aus einer ſonder-
lichen Verderbung und Verfaulung der
humoren beym Menſchen.


73. Wie kompt die Peſt an einen
Menſchen?


Der Menſch wird angeſteckt/ entweder
von der inficirten Lufft/ oder von einem in-
ficir
ten Menſchen/ in dem ſchon vorhin der
Leib mit boͤſen Feuchtigkeiten angefuͤllet iſt/
und gleichſam faͤhig iſt/ durch das Athemen
ſolche gleichfoͤrmige Unrechtmaͤſſigkeit an
ſich zuziehen/ und alſo den Saamen der Pe-
ſtilentz ihm theilhafftig machet/ welches Gifft
nicht allein den Hertzen/ ſondern auch allen
anderen Gliedern communiciret wird.


74. Wo und an welchen Orten
erzeiget ſich am meiſten
die Peſt?


Ins gemein an denen Orthen/ welche
ſumpficht/ ſchwefelicht/ eines boͤſen Ge-
ſtancks und Unflatts/ und an dem Meer
gelegen ſeyn/ aus welchen offt boͤſe und un-
geſunde Nebel hervor ſteigen/ auch geben
die Erdbeben offt Urſach zur Peſtilentz.


75. Was hat die Peſt vor Zu-
faͤll?


Solche ſind Eckel vor der Speiſe/ Er-
Bb iiijbrechen
[392]Dritter Theil
Zufaͤll.brechen/ Magenweh/ Engbruͤſtigkeit/ un-
erloͤſchlichen Durſt/ Aberwitz/ Fieber/ und
dergleichen/ nach gelegenheit und Art des
Giffts. An dem Harn hat man ſich in die-
ſem Fall nicht viel zu richten/ ſintemahl der-
ſelbige mit dem Geſunden offt gleich/ dann
dieweil das Hertz in ſolchen Faͤllen mehren-
theils leidet/ ſo werden auch vielmehr die
Geiſter/ als die Feuchtigkeiten angefochten;
Unter den Zufaͤllen/ iſt auch nicht der ge-
ringſte/ der tieffe und harte Schlaaff/ wel-
cher von den unverdaulichen und kalten
Feuchtigkeiten/ welche in das Haͤupt geſtie-
gen/ verurſachet wird/ hergegen aber/ wann
ſolche Daͤmpffe ſcharff ſind/ erregen ſie ein
ſtetiges Wachen.


76. Wie iſt zu erkennen ob einer
der die Peſt hat/ lebendig
bleiben wird oder nicht?


Toͤdliche Zei-
chen.

Wann das brennende Fieber nicht im
geringſten nachlaͤſſet/ die Zunge trucken/
duͤrꝛ/ rauch und ſchwartzlich iſt/ mit uner-
loͤſchlichem Durſt/ Wach-Sucht/ Aber-
witz/ Unſinnigkeit/ Schlucken/ Hertz-zittern/
ſchweren Ohnmacht und dergleichen uͤber-
fallen iſt/ einen Bauch-Fluß/ heßlichen
Stulgang von ſich wirfft/ das Fleiſch der
Carfunckel ſchwartz und duͤrꝛ iſt/ neben
herumb ſchwartz/ blaw oder Bleyfar-
big/
[393]von Geſchwaͤren.
big/ ſo wiſſe das der Patient gewiß und
bald ſterben werde.


77. Wie iſt ein Peſtſuͤchtiger zu
verbinden und zu heilen?


Die Peſtilentziſche Schlier und BeulenEuſerliche
Cur der Beu-
ten.

zu curiren/ ſoll man gleich im Anfang eine
Ventoſe darauff ſetzen/ und lang darauff
ſtehen laſſen/ in 3 ſtunden ſolches wieder-
holen/ auch kan man die Beule fein tieff
ſcarificiren/ ein ſtarck an ſich ziehend Cata-
plaſma
daruͤber legen/ gemacht von Zwiffel
mit Theriack und Rauten-Blaͤtter/ unter
der Aſchen gebraten/ und mit Sawerteig
und Schwein-Schmaltz in einen Moͤrſel
geſtoſſen/ und warm uͤbergelegt/ oder von
Ibiſch- und Lilien-Wurtz/ fœn: græc. Lein-
ſaamen/ Senff/ Theriack/ das Marg
auß den fetten Feigen/ und mit Schweinen-
Schmaltz zum cataplaſma gemacht: Man
kan auch vor der rechmaͤßigen Zeitigung dieFruͤhzeitige
oͤffnung.

Beulen oͤffnen und mit Meiſſeln lange zeit
offen halten/ deswegen aber die erweichende
Mittel nicht unterlaſſen/ damit der uͤberreſt
auch zur Zeitigung gebracht werden moͤge.
Die Carbunckel aber zu curieren/ muß manEuſerliche
Cur der Car-
bunckel.

keine hitzige und an ſich ziehende Pflaſter-
maͤßige Mittel gebrauchen/ als welche die
Lufftloͤchlein der Haut verſtopffen/ und alſo
die außdaͤmpffung des Giffts verhinderen/
Bb vſondern
[394]Dritter Theil
ſondern man ſoll relaxirende und nachlaſ-
ſende Mittel/ als welche die Brunſt maͤſ-
ſigen/ gebrauchen/ als in den erſten Ta-
gen/ Paplen/ Lilienwurtz/ Leinſaamen/
fette Feigen/ mit einander ſieden/ und nach-
mahls mit Johannes oͤhl zum cataplaſma
machen/ oder folgenden tag dieſes: Saur-
ampffblaͤtter und Bilſenkraut zuſammen
geſotten/ nachmahls mit Eyerdotter/ The-
riack/ Lilienoͤhl und Gerſtenmehl zu einem
cataplaſma gemacht/ es ſtillet die Schmer-
tzen/ lindert die Hitze/ und befodert die
Vereyterung/ oder Ruß auß dem Camin/
gemein Saltz mit Eyerdotter zum cataplaſ-
ma
gemacht; Wann der Carbunckel in
ſeinem Zunehmen/ ſoll man die Spitze mit
der Alchimiſten Scheidwaſſer oder Brenn-
heißen-oͤhl beruͤhren/ die Ruffen ſaͤnfftiglich
renigen/ und nach der Kunſt heilen.


78. Was iſt zu thun/ wann die
Peſt nicht herauß will?


Wann die Beulen oder Carbunckeln
nicht herauß wolten/ muß man die kalte
Lufft/ Aderlaß/ purgieren und harten
Schlaaff meiden/ und euſſerliche an ſich zie-
hende Mittel vor die Hand nehmen/ und
alſo der Natur in dieſer Bewegung die
Hand biethen/ weswegen dann das The-
riack-Waſſer/ wie auch das decoctum ligni
ſancti
[395]von Geſchwaͤren.
ſancti und andere Schweis-treibende Artze-
neyen/ welche zugleich das Hertz ſtaͤrcken
ſehr dienlich/ nach verrichtetem Schweiß
den Krancken mit woll-verdaͤwlichen mit-
telmaͤßigen Speiſen erqvicken: auch ſind
die Harntreibende Mittel nicht undienlich.


79. Ob auch/ und in welcher
Art der Peſt die Fontanel-
len rathſahm ſeyn?


Solche ſind ſehr nuͤtzlich in der Art/ wel-Nutz der
Fontanellen.

che auß den boͤſen Feuchtigkeiten herkompt/
deñ auf ſolche Weiſe wiꝛd der Leib von ſolchen
gereiniget/ und gleichſam der Zunder des
Giffts außgefuͤhret/ daß alſo der Menſch
ſolchen Gifft nicht leicht auffangen kan/ wie
hievon Hildanus cent. 4: Obſervat: 23. und
86. wie auch cent. 6. obſervat: 92. mit vielen
Exempeln beweiſet/ daß nicht leicht einer/
der ein Fontanel gehabt/ an der Peſt ge-
ſtorben/ außgenommen etzlicher wenigen/
welche gar unreines Leibes geweſen. Hie-
von kan ferner nachgeleſen werden/ in dem
Tractaͤtlein Doct. Chriſtoph: Schoͤrers/
vom Nutz und Gebrauch der Fontanellen.


80. Wie ſind die Fontanellen
zu ſetzen?


Die Fontanellen werden gemeiniglichWie die
Fontanellen
zu ſetzen.

am
[396]Dritter Theil
am Arme und Fuß geſetzet/ (wiewoll auch
in dem Nacken/ und auff der ſutura coro-
nali
) Am Arm und ſonderlich am Lincken/
ſoll man das corroſiv auffſetzen/ zu End des
Maͤußleins/ welcher den Arm auffhebet/
und ſonſten Deltoides genand wird/ und
dann zwiſchen dieſem/ und dem muſculo bi-
cipiti,
denn alſo fuͤhren ſie auß dem Hirn
und auch zum theil auß der Bruſt auß.
Die am Fuß ſoll man ſetzen drey qver Finger
breit unter dem rechten Knie am ſechſten
Maͤußlein/ welches das Schienbein be-
wegt/ zwiſchen dem gaſterocnemio und ſoleo,
dann an ſolchen Ort gehet ein ziemlicher Aſt
von der vena cava, weswegen dann man
nothwendiger Weiſe die ſpatia und interſti-
tia muſculorum
ſuchen muß/ zu dem auch/
damit das Kuͤglein oder Erbſe deſto beßer
darin bleibe. Das corroſiv, welches man
heutiges tages gebraucht/ iſt nicht eine fluͤſſi-
ge Lauge/ welches viel Ungelegenheit machet/
ſondern es wird das aq: fort: mit dem feine-
ſten Silber figieret und ſo lang verrauchet/
biß es zum Stein wird: Ich habe erfunden/
daß man auff ein Eiſen-Blech davon Kuͤg-
lein gegoſſen/ groß und klein/ wie mans
haben wil/ als wann man die Bruſt-Kuͤch-
lein gieſt/ es muß aber nicht zu heiß gegoſſen
werden/ ſonſten werden ſie allzu duͤnne/
man muß auch im gieſſen die Hand nicht zu
hoch
[397]von Geſchwaͤren.
hoch vom Blech halten: Was nicht auff
ein mal gut faͤllt/ lieſet man auß/ und ſchmel-
tzet es ſo lang umb/ biß man ſeines Gefal-
lens alles auß gegoſſen/ die gar kleinſten
brauche ich die Wartzen mit weg zu etzen.
Sonſten hat man groſſen apparat noͤthig/
zu dieſer præparation, nehmlich ein Sand-
Capell/ Kolben und Helm/ und viel Ab-
ziehens/ allein ich verrichte ſolches in einem
ſchlechten glaͤſernen Scherbel/ uͤber einen
Goldſchmieds Dreyfuͤßchen in offnen Feur
gar geſchwind und mit wenig Muͤhe/ wel-
ches ich dem gut-hertzigen Leſer/ weil es von
mir wenigen communicieret/ bekandt mache.


81. Was iſt der Auſſatz?


Der Auſſatz Maltzey oder ElephantiaſisBeſchrei-
bung.

iſt ein Gebrechen der Haut/ in dem dieſelbe
ſchuppicht/ runtzlich/ ungleich/ auffgebor-
ſten/ und der Haut des Elephanten faſt
gleich. Paulus Ægineta ſagt/ es ſey der
Auſſatz anders nichts/ als ein allgemeiner
Krebs des gantzen Leibes/ welcher die com-
plexion
Form und Geſtalt aller Glieder ver-
dirbet und zu nichte machet.


82. Worvon kompt der Aus-
ſatz?


Die Urſachen dieſer Kranckheit ſind viel-Urſath.
faͤltig/ als/ die boͤſe Unrechtmaͤſſigkeit der
zu
[398]Dritter Theil
zu der Ernehrung gehoͤrigen Stuͤcken/ als
der Leber und des Miltzes/ uͤbermaͤſſige Hi-
tze und Truckne/ welche das Gebluth und
andere Feuchtigkeiten verbrennt/ und in ei-
ne Melancholey verwandeln/ iſt doch auch
ſonſten eines Giffts theilhafftig/ ſintemahl
derer viel ſeyn/ und gleichwol nicht auſſaͤtzig
ſeyn/ welche der Melancholey ergeben. Die
euſſerliche Urſachen ſeyn/ wann man mit der-
gleichen Leuthen umbgehet/ eine boͤſe Diaͤt
haͤlt von groben Speiſen/ als Linſen/ Boh-
nen/ Cameel- und Eſel-Fleiſch/ auch wann
man ſich des Beyſchlaffs nach dem Eſſen
gebrauchet.


83. Wie iſt zu erkennen und
recht zu probiren/ ob einer
auſſaͤtzig iſt oder nicht?


Keñzeichen.

Was die Zeichen anlanget/ ſo iſt am An-
fang dieſer Kranckheit eine Faulheit/ kurtzer
Athem/ mit einem Geſtanck/ und eine Geil-
heit dabey/ wann ſie aber zur Haut hinaus
kommen/ bekompt der Menſch eine heßliche
Geſtalt/ ein ſcheußlich ſchuppicht Angeſicht/
rauhe ſchuppichte Haut voller Druͤſen/ der
gantze Leib giebt/ ſonderlich im Schwitzen/
einen boͤſen Geſtanck von ſich/ auff der Zun-
gen fahren harte Knollen auff/ der Mund
iſt ſtets duͤrꝛ und trucken/ die Haar fallen
aus/ die Stimme wird heiſſer/ unter der
Zun-
[399]von Geſchwaͤren.
Zungen lauffen die Adern hoch auff/ die
Lefftzen werden dick und auffgeſchwollen/
der gantze Leib ſpuͤhret ein Jucken/ als wann
es mit Nadeln und Dornen geſtochen waͤ-
re/ weil die ſcharffen Daͤmpffe unter der
dicken Haut verſchloſſen ſeyn/ endlich/ wann
es auffs hoͤchſte gekommen/ ſo erfolget eine
Erſtaunung/ Minderung der Sinne und
eine Unempfindligkeit uͤber den gantzen Leib/
in dem ſie nichts empfinden/ wann man ſie
ſticht oder ſchneidet/ es giebt auch gar kein
Blut/ verdirbt alſo alle Glieder/ und
machts zu ſtinckenden und faulen Geſchwaͤ-
ren. Etzliche halten dafuͤr/ daß wann man
ihr Blut durchſeihe/ ſo findet man wie
Sand-Koͤrnlein darin.


84. Was iſt fuͤr ein Unterſcheid
zwiſchen dem Auſſatz und
Frantzoſen?


Der Unterſcheid iſt dieſer/ in dem nemb-
lichen der Auſſatz den gantzen Leib mit
Schuppen und rauhen kleyenmaͤſſigen Ge-
ſchwaͤren faſt uͤberziehet/ in den Frantzoſen
aber nur hin und wieder ſolche Flecken auß-
ſchlagen/ auch iſt in dieſer Kranckheit ein
Schmertz verhanden/ welches in dem Auſ-
ſatz nicht iſt/ ſo werden die Frantzoſen auch
mehrentheils durch einen unreinen Bey-
ſchlaff verurſachet/ der Auſſatz aber nicht/
es
[400]Dritter Theil
es ſey dann mit dergleichen inficierten Per-
ſonen geſchehen.


85. Woher kommen die Fran-
tzoſen?


Fuͤrnehmlich durch den unreinen Bey-
ſchalff/ denn es ſey gleich des Mannes oder
Weibes-Schaam mit ſolchen gifftigen Ge-
ſchwaͤren eingenommen/ ſo wird das an-
dere Glied alſo bald auch theilhafftig/ nemb-
lich/ wann der Mann dem Weibe in ihren
heiſſen und gleichſam durſtigen Eingang der
Gebaͤr-Mutter zugleich mit dem Saamen
den Gifft hinein ſpruͤtzet/ oder/ wann das
Weib von einem inficierten angeſteckt wor-
den/ ein ander ſolchen Gifft/ welcher in den
Falten und rugis der Gebaͤr-Mutter gleich-
ſam verborgen gelegen/ mit ſeinem ſtarrich-
ten membro virili (als deſſen Lufft-Loͤchlein
in coitu durch das erhitzen offen ſtehen) ein-
gezogen wird/ auch wird das Weib durch
die vielfaͤltigkeit der eingelaſſenen Saamen/
inficieret/ in dem dieſelben eine gifftige Art
bekommen/ und durch die unterſchiedliche
Schaͤrffe/ welche ſie bey ſich haben/ den
Halß der Gebaͤhr-Mutter exulcerieren.
Solches Gift aber eylet nicht geſchwind und
unmittelbahr zum Hertzen/ wie andere
Gifft/ ſondern greifft zu erſt die Leber an/
verdirbt dieſelbe mit ſampt dem Gebluͤth/
und
[401]von Geſchwaͤren.
und erreget allerley Zufaͤll/ wiewoll ſolches
Gift auch durch inficierte Bette und Kleider/
wie auch Anklebung des Speichels im
Trincken/ kan mit getheilet werden.


86. Wie vielerley ſind die
Frantzoſen?


Wie woll das Gifft einerley/ ſo iſt dochUnterſcheid.
die Kranckheit faſt unterſchiedlich/ in dem
offtmahls des Giffts nicht viel iſt/ auch nicht
ſtarck/ auch beweiſen ſich offtmahls nur
Blaͤtterlein und Geſchwaͤr an der Mans-
Ruthen/ offtmahls gifftige Harn-Winde
oder gonorrhæa, dann Schlier und Beulen
am Gemaͤchte/ dann offene Geſchwaͤr ent-
weder mit/ oder ohne Anlauffen der Bei-
ner/ dann mit boͤſen Haͤlſen und ſo fort an.
Die Leichſte iſt/ wann nur das Haar auß-
faͤllt; Die/ welche runde und truckne
Blattern und Geſchwaͤr hat/ iſt aͤrger/ aber
die alleraͤrgſte iſt/ wann ſie Speck-Beulen
hat/ und die Knochen angegriffen.


87. Wie viel Kennzeichen der
Frantzoſen erſcheinen im
Mund?


Es iſt der gantze Mund entzuͤndet/ dieKeñzeichen.
Mandeln oder Druͤßlein im Halſe werden
dick und ſchwellen/ und ſind dem Menſchen
C cim
[402]Dritter Theil
im Reden/ Schlincken/ ja auch den Spei-
chel an ſich zu ziehen/ ſehr verhinderlich/
auch iſt das Zaͤpfflein hitzig/ exulcerirt,
und mit Speckichter gruͤn und gelber Ma-
terie angefuͤllet.


88. Wie iſt an einer Wunde zu
erkennen/ ob der Verwun-
dete die Frantzoſen habe/
oder nicht?


Solches wird geſpuͤret/ wann die Wun-
de nach geſchehener Reinigung wieder un-
rein wird/ oder ſich nicht wil reinigen laſſen/
wie gebraͤuchlich/ auch ſind ſolche Wun-
den gantz widerſpenſtig in der Heylung/
ob man ſchon dazu taugliche Mittel ge-
brauchet.


89. Wie iſts/ wann einer keine
Frantzoſen am Leibe/ im
Halß aber Loͤcher haͤtte/ zu
erkennen/ ob ſie von Fran-
tzoſen ſeyn oder nicht?


Im Halß/ und ſonderlich am Zaͤpflein/
Gaumen und Mandlen/ erzeigen ſich offt
ſolche Geſchwaͤr/ welche dieſelbe außfreſſen/
und ſonderlich in den Frantzoſen/ in dem
dieſer Ort darzu erſchaffen/ daß ſolcher alle
uͤbrige vom Haupt herabfallende Feuchte
empfan-
[403]von Geſchwaͤren.
empfangen muß/ wiewoll nun ſolche Ent-
zuͤndung/ wann ſie uͤber Hand genommen/
viel Zufaͤll erreget/ ſo ſind ſie doch in den
Frantzoſen viel ſchwerer/ in dem die ſcharffe
Feuchte derſelben/ den Ort gantz unrein ma-
chet/ und wann es eine Zeitlang wehret/
auch die Beiner angreifft/ ſind dieſe im Hei-
len gantz wiederſpenſtig/ in dem ſie keine ge-
meine Cur nicht annehmen/ als wie die an-
deren/ ſondern es muß eine rechte Frantzo-
ſen Cur vorgenommen werden.


90. Wie ſind ſolche Loͤcher zu
heilen?


Erſtlich muß man den Leib nach Noth-Cur und Hei[-]
lung.

trufft purgieren/ vorher aber mit dem decoct:
fum: terræ, endiviæ, polypod, epithemi \&c.
digerie
ren/ nachmahls die pillulas de fumo
terræ, ſine quibus, aureas \&c.
gebrauchen/
die Loͤcher mit dem ungv: ægyptiaco, mit mel
roſaro
vermiſcht/ uͤberfahren und reinigen/
hernach gargarismata gebrauchen/ von agri-
monia, prunell: plantag, roſis, ſerpillo, origa-
no, flor: balauſt
,
mit rob: nucum, diamorum,
rob rhibes \& berberis
;
Wann aber ſolche
Frantzoͤſiſch/ kan man ſie mit der ſpirit: vi-
trioli
uͤberfahren/ und daneben das decoct:
ligni ſancti
gebrauchen.


91. Wie iſt der/ ſo der Frantzo-
C c ijſen
[404]Dritter Theil.
ſen hat/ von Anfang biß
zum Ende zu curieren und
zu verpflegen?


Paræus.
Cur auff vie-
rerley Art.

Nach dem man den Leib ſampt deſſelben
Feuchtigkeit mit den vorbereitenden Syru-
pen und decoctis, und nach mahls durch die
Aderlaß und Purgationen ausgefuͤhret hat/
ſo verſchaffe/ daß der Patient in ſeinem ver-
ſchloſſenen und maͤhlig warmen Gemach
verbleibe/ nachmahlen/ ſo erwehle dir nach
Erheiſchung der Kranckheit eine Cur/ dann
ſolche auf viererley Weg kan verrichtet wer-
den. 1. Durch den Holtz-Tranck.
2. Durch die Schmier-Salbe
mit dem
rio vivo. 3. Durch dieEmplaſtra mer-
curialia
. 4. Durch Raͤucherung/ auch
kan durch den ☿ rium dulcem eine ſalivation
Cuꝛ duꝛch die
ſalivation.
verurſachet werden. Zwar die Cur der
Frantzoſen kan woll durch den Holtz-Tranck
verrichtet werden/ es ſcheinet aber/ als wann
er zu allen und jeden nicht kraͤfftig genug/
weswegen viel mehr die ſalivation entweder
durch den ☿ rium dulcem, oder durch die
Schmier-Salbe ſoll befodert werden/ wel-
che ins gemein von Schwein-Schmaltz/
Lorbeer- und Spick-Oehl/ Terpentin und
rio vivo mit ein wenig Theriack gemacht
wird/ doch iſt der ☿ rius vivus hierin der
Principal/ und irret nicht/ wann er auch
nur
[405]von Geſchwaͤren.
nur mit bloſſem Schwein-Schmaltz ver-
miſcht wird/ dann die andern ingredientien
nichts præſervieren koͤnnen/ wie insgemein
vorgegeben werden wil/ mit der Salbe/ wo
man ſie erwehlet/ muß der Patient fruͤhe
nach vertaueter Speiſe umb die Glieder
und Gelencke der Haͤnd und Fuͤſſe maͤhlig
und mittelmaͤſſig/ bey linder Waͤrmbde ge-
ſchmieret werden/ ſo lang biß daß die giffti-
ge Feuchtigkeit durch den Mund und Spei-
chel/ Stulgang/ Harn/ Schweiß oder
unempfindliche Durchdaͤmpffung aller-
dings ausgefuͤhret iſt/ welches man auß der
Vertilgung und Außtruncknung der Ge-
ſchwaͤr und Blaͤtter/ wie auch auß Nach-
laſſung und Abweichung der Schmertzen
und anderer dieſer Kranckheit eigenen Zu-
faͤllen leichtlich abnehmen und erkennen kan:
Doch muß man in wehrender Cur und
Schmieren auff die Kraͤffte des Patienten
auch ſehen/ demſelben mit kraͤfftigen Hertz-
ſtaͤrckungen/ welche aber nicht kuͤhlen/ zu
Huͤlff kommen/ zu dem Munde ſehen/ dann
das Zahnfleiſch ehemahlen mit ſampt der
Zungen ſehr geſchwillt/ daß der Patient
nichts ſchlincken oder reden kan/ welches
man mit guten erwaͤrmenden Mund-Waſ-
ſern verbeſſeren kan. Nach dieſem kan man
durch das decoct. ligni ſancti die uͤbrigen
C c iijgiffti-
[406]Dritter Theil
gifftige Feuchtigkeit mit Schwitzen follens
außreuthen und verzehren.


92. Warumb iſt ein Frantzo-
ſichter ſo ſtrengen Cur
zu halten und außzuhun-
gern?


Daß man ihnen nicht viel ſoll zu eſſen ge-
ben/ geſchicht darumb/ ſintemahl die un-
reinen Coͤrper/ jemehr man ſie nehret und
ſpeiſet/ je mehr beleidiget werden: Jedoch
ſoll man ſie des Tages zweymahl ſpeiſen/ in
ſolchem die Zeit und Stunden erwarten/
wann ihnen am meiſten hungert/ und zu
Mittag allweg mehr als zu Abends geben.


93. Was hat ein Wund-Artzt
in der Cur an den Holtz-
Traͤncken in acht zu neh-
men?


Erſtlich daß die ſpecies als ſalſaparill-
lign: gvajac, ſaſſafras
und cortic: ligni ſancti
in warm Waſſer woll geweichet/ abge-
kocht/ geſien und clarificiret/ die uͤbrigen
ſpecies noch einmahl gekocht/ zum gewoͤhn-
lich Tiſch-Trank bereitet werden: Wie-
woll etzliche meinen/ man ſoll purgierende
Artzeneyen mit einmiſchen/ ſo iſt doch ſol-
ches ungereumbt/ ſintemahl der Schweiß-
tranck
[407]von Geſchwaͤren.
tranck nicht zu gleich den Schweis und
Stulgang befodern kan. Des erſten
Trancks/ ſoll man zwoͤlff Loth fein warm
zu ſich nehmen/ und darauff zwo Stunden
lang ſchwitzen/ hernach den Schweiß ab-
trucknen/ wieder in ein warm Bett nieder
legen/ und etzliche Stunden hernach/ den
Patienten mit Speiſen erqvicken; Folgen-
den Tag/ ſoll man den Schwitz-tranck
wieder holen/ daneben aber den Leib mit er-
weichenden Clyſtiren offen halten/ denn
durch die Hitze dieſes Trancks wird derſelbe
gemeiniglich verſtopfft: Wie lang aber/
man ihm ſolches decoctum ſolle trincken laſ-
ſen/ wird dir nicht allein die malignitaͤt/ ſon-
dern auch des Patienten Natur genugſam
kund thun/ ſintemahl die Hitzigen und wel-
che außgemergelt/ dieſes Tranckes in ge-
ringerer Maaß und mit einer Beſcheiden-
heit gebrauchen ſollen: Die Speiſen ſollen
dabey lind und leicht zu verdauen ſeyn/ und
die Diaͤt ſchmal.


94. Was iſt zu thun/ wann ei-
nem nach der Cur die Glie-
der contract worden?


Es geſchiehet offt in den veralteten Fran-Franc. Ren:
cap:
37.

tzoſen/ daß die Glieder lahm und contract
werden/ wie dann auch ſolches durch das
viele ſchmieren mit dem ☿ rio vivo verurſa-
C c iiijchet
[408]Dritter Theil
chet werden kan/ weswegen dann nicht al-
lein das ſchwitzen mit dem decocto, ſondern
auch das Bad mit allerhand erweichenden
Kraͤutern zugebrauchen iſt: Wo fern man
aber damit nichts außrichten koͤnte/ muͤſ-
ſen die lahmen Glieder/ als in welchen eine
ſchaͤdliche und gifftige anklebende Materie
ſtecket/ mit einen veſicatorio beſtrichen und
mit einem Pinſel uͤbeꝛfahren werden/ welches
gemacht wird von mercur: ſubl, cantharid,
fermento acertim, adipe lardi porcini, euphor-
bij, piper long
,
mit Theriaca Andromach:
und vino ſuplimato zum Waſſer gemacht/
wann denn der Ort 2/ 3 oder 4 Tage nach-
einander beſtrichen/ muß man die auffge-
fahrne Blaͤttern und Blaaſen auffſchnei-
den/ und die gifftige Materie außlaſſen/
auch iſt dieſe Cur nicht allein allen ſchmertz-
hafften Gliedern/ ſondern allen Laͤhm- und
Speck-Beulen zugebrauchen.


95. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner Loͤcher im Halſe haͤtte/
und ihm das Zaͤpflein und
der Gaumen faulete?


Cur.

Nachdem man den Leib mit den pill:
chochijs,
rio: dulc:
oder anderen derglei-
chen purgieret/ ſoll man den Ort mit einem
ſcharffen Waſſer/ oder ſpirit: vitriol uͤber-
fahren/
[409]von Geſchwaͤren.
fahren/ und nachmahls das unſaubere mit
dem ungv: ægyptiac reinigen/ oder das aq:
magiſtralem æluminoſam Fallopij
gebrau-
chen/ nachmahls Gurgel-Waſſer/ ge-
macht/ von hordeo, ſtaphyſagr, gland, nuc:
cupresſ, coriand, fœnicul, liqvirit, ruta, ſal-
via, conſolida, pulegio, flor: roſar:
und mit
diamoro, rob: nucum und dergleichen/ ſuͤß
gemacht/ auch kan man den Hals pinſeln
mit rob: nucum, diamoro und ein wenig præ-
cipitat
da zu gethan.


96. Was iſt zu thun/ wañ einem
Patienten das Gaumẽ-Bein
hinweg/ und ihm die Speiſe
durch die Naaſe gienge/ und
an der Spraach hinderte?


Wann die ordentliche Heilung und Cur
des Gaumes geheilet/ ſoll man den Pa-
tienten ein duͤnn geſchlagen Silber-Blech-
lein machen laſſen/ daſſelbe den Gaumen
gemaͤß/ beqvem anpaſſen/ nach Propor-
tion des Gaumens/ und des Lochs im
Gaumen-Bein/ an daſſelbe Blechlein/ ſoll
ein ſtuͤcklein Schwamm angemacht wer-
den/ und alſo in das Loch geſchoben wer-
den/ welches/ wann es die herabfallende
Feuchtigkeit annimpt/ ſtarck verqvillt/ und
faͤſt ſitzen bleibet/ und nicht allein der Spei-
C c vſen/
[410]Dritter Theil
ſen/ ſondern auch dem Lufft den Weg ver-
ſperret/ daß er nicht verflattern kan/ und
alſo Stimm und Sprache behalten wird.
Wann das Loch im Gaumenbein gar zu
groß/ daß man das gantze Loch mit dem
Schwamlein außfuͤllen muß/ muß man
ober dem Blechlein ein auffſtehendes Roͤhr-
lein/ in dicke eines Federkeils/ eines Gliedes
lang/ machen/ und ſelbiges mit dem
Schwamlein umbnehen/ ſo kan er den Lufft
durch die Naaſen ſchoͤpffen/ und gehet nur
ſo viel Lufft durch das Roͤhrlein/ als er ſonſt
von Natur von noͤthen hat/ welches letztere
invention ich an einem Patienten wahrge-
nommen/ die erſte invention aber/ iſt zu fin-
den beym Fabritio Hildano Cent. 2. obſer-
vat:
22.


97. Wann einer die Frantzoſen
auſſen herumb umb die
Naaſen haͤtte/ wie iſt er zu
curieren?


Franc. Ren-
ner in tract.
de lue ve-
nerca cap.

27.

Gleich wie der Halß inwendig von ſol-
chen ſcharffen unreinen und gifftigen Feuch-
tigkeiten verſehret wird/ alſo wird auch die
Naaſe beſchaͤdiget/ in dem ſie vorhin von
der Natur gewidmet/ den Unraht des
Hirns außzufuͤhren/ und deſto mehr leidet/
wann ſich etwas von einer unreinen Kranck-
heit
[411]von Geſchwaͤren.
heit zutraͤgt/ denn dieſe Feuchtigkeit greifft
nicht allein die Muſculoſiſche Haut und
Fleiſch an/ ſondern auch die Croſpel und
Knochen/ welche man alſo curiren muß:
Erſtlich ſoll man das Haͤupt ſampt denCur.
gantzen Leib mit den obgedachten Pillulis/
hernach mit dem merc: dulce renigen/ eine
Ader unter der Zungen/ am Arm oder
Hand oͤffnen/ Ventoſen oder Schroͤpff-
Koͤpff auff die Schultern ſetzen laſſen/ als-
dann die vollkommen Cur des Holtz-
Trancks vornehmen/ (dafern aber dieſelbe
zu ſchwach/ die ſallvation befordern) den
Fluß durch veſicatoria abziehen: Iſt dann
der Schade euſſerlich/ ſoll man ihn renigen
und heilen/ wie andere Geſchwaͤr; Iſt aber
der Schade der Naaſen innerlich/ ſoll man
mit Spruͤtz-Waſſern zu huͤlffe kom̃en/ und
die Faͤule renigen/ mit Vitriol: virid, ſal
nitri, alumin, aq: plantagin, liguſt
,
und mel
roſarum
. Iſt etwan ein Knoche angelauf-
fen/ und man kan dazu kommen/ ſoll man
ſolchen weg ſchaben/ biß zu dem Geſunden/
und dazugehoͤriges Truͤcken-Pulver daruͤber
ſtrewen/ iſt es aber innerlich/ muß man
ſolches der Natur befehlen/ doch lehret
Aquapendens, und durch Ihn Scultetus in
ſeinem armamentario chirurgico durch ein
Rohr ein Breneiſen durch die Naaſe beyzu-
bringen.


98. Wie
[412]Dritter Theil

98. Wie ſind die kleinen Kinder
wañ ſie mit den Frantzoſen
behafftet/ zu curieren?


Es werden auch offt die Kinder in Mut-
terleibe dieſes Gifftes theilhafftig/ die weil ſie
aus einem ſolchen Saamen erzeuget wor-
den/ ſie werden auch ſchwerlich geheilet/
und ſtecken dieſelben auch geſunde Ammen/
Cur.welche ſie ſaͤugen/ an. Die Cur ſoll den-
noch folgender maſſen angeſtellet werden:
Daß man der Saͤug-Ammen zwantzig oder
mehr Tage von des Ambroſii Paræi The-
riack-Waſſer/ oder ſonſten ein Gifft- und
Schweiß-treibende Artzeney zu trincken ge-
be/ damit alſo das Kind mit der Milch
auch die Artzeney empfange/ nach dem ſaͤu-
gen aber/ ſoll ſie allemahl die Bruſt und
Wartze abwaſchen/ damit nichts vom Gifft
hencken bleibe/ des Kindes auffgefahrne
Blaͤtterlein ſchmiere mit der Salbe von
Alant mit merc. vivo vermiſcht/ aber nicht
ſehr offt und ſtarck/ damit nicht der Mund
entzuͤndet werde/ und etwa der Gifft ſeinen
Außgang durch den Speichel ſuche. Die
Wiege/ Windelen und Zubehoͤr/ ſoll man
mit dem Rauchzeltlein/ welche zu den ver-
allteten Schrunden gebraucht werden/ raͤu-
cheren/ welche von Paræo am 803. Bladt
beſchrieben werden/ ſind gemacht von cina-
bar,
[413]von Geſchwaͤren.
bar, ſtorac: calamit, aſſæ dulcis, ladan, oli-
ban maſtio:
und Theriack mit ol: tartari.


99. Wie iſt zu erkennen/ ob die
Frantzoſen heil ſeyn?


Solches wird erkandt/ wann nehmlichHeilungs
Zeichen.

die außgefahrne Blaͤtterlein abheilen und
abfallen/ die Zufaͤll nachlaſſen/ die Glieder
wieder zunehmen/ und das Angeſicht ſeine
natuͤrliche Farbe wiederumb bekompt.


100. Worvon kom̃en die Speck-
Beulen her/ und worvon
werden die Schienbein
ſo hoch?


Solche Beulen kommen her/ aus ver-Urſprung.
brenter und ausgedoͤrter Feuchte des Ge-
bluͤths/ welche ſich einem Speck und einem
weiſſen geſottenen Ey vergleichet.


101. Wie ſind ſolche Speck-
Beulen zu vertreiben?


Solche laſſen ſich nicht zeitigen/ wie an-Cur und oͤff-
nung.

dere apoſtema, ſondern werden fuͤglich ge-
geoͤffnet/ durch das oleum mercurii und
oleum antimonii, mit welchem der Ort etzli-
che mahl uͤberfahren wird: wann nun ſolche
geoͤffnet/ reiniget man die Hoͤle/ mit einer
Aetzung oder Reinigung/ damit die Ader-
lein
[414]Dritter Theil
lein und Zaͤſerlein/ daran ſolcher Speck ge-
hafftet/ gar vom Grunde außgereutet wer-
den/ denn wo etwas darinnen bleibet/ iſt
keine vollkommene und ſtandhafftige Hei-
lung zu gewarten.


102. Wie ſind ſolche harte und
frantzoͤſichte Beulen zu
zertheilen/ damit ſie nicht
geoͤffnet werden duͤrf-
fen?


Heilung oh-
ne oͤffnung.

Solches kan geſchehen/ anfaͤnglich/
wann ſich ſolche Beulen beginnen auff zu
blehen/ und der Speck noch nicht recht ein-
gewurtzelt und coagulirt iſt/ alsdann kan
man wohl ſolche zaͤhe feuchte per poros ge-
maͤhlich außziehen/ durch folgendes: pulv:
rhabarbar, aloes epat, ſapo venet: inciſ, lixiv
.
zu einem cataplasmate gekocht/ und dick
uͤbergelegt/ hernach ein duͤnn- geſchlagen
Bley darauff gebunden/ welches einen hal-
ben Tag in ſcharffen Wein-Eſſig mit Saltz
vermiſcht/ gelegen/ ſolches ein Monat lang
continuiret, ziehet alle Feuchte heraus/ und
verzehret ſolche.


103. Wie iſt zu erkennen/ was
ein Frantzoͤſichter fuͤr eine

complexionhabe?


Die
[415]von Geſchwaͤren.

Die Cholerici uͤberkommen die Frantzo-
ſen/ und ſchlagen auß/ mit gar truckenen
Blattern/ zum Theil hart wie Druͤßlein/
von unten auff roth/ oben mit gelben De-
ckeln; Laufft eine ſcabies mit/ ſo iſt dieſelbe
auch gantz duͤrꝛ und trucken/ ſie erzeigen ſich
auch mit hefftigen/ gifftigen und umb ſich
freſſenden Flechten.


Was Melancholici ſeyn/ die uͤberkom-
men ſie mit Zapffen oder ſcrophulis und zur
Truckne geneigt/ wo aber ſonſt Blattern
außgeſchlagen ſeynd/ haben ſie Schwefel-
gelbe und ſchwartze Deckel/ es zeigen ſich
auch daneben Flechten und Raude/ wie von
der cholericis gemeldet worden.


Die Sangvinei werden auch mit die-
ſer Kranckheit vergifftet und verunreini-
get/ und erzeigen ſich eines theils roth mit
weiſſen Blattern/ anderen Theils mit Zapf-
fen/ wie die Wartzen: und ob ſchon dieſe
complexion die edelſte und ſubtileſte iſt/ un-
ter allen complexionen, ſo iſt ſie doch wegen
ihrer zarten Subtilitaͤt/ gantz faͤhig/ ſolchen
Gifft auffzufangen.


Die phlegmatici ſchlagen auß/ gantz
breit-rufftig/ weitlaͤufftig/ fluͤßig und eytrich/
und wo ſolcher Eyter hinlaufft/ wird die
andere umbliegende gute Haut auch verſeh-
ret und verunreiniget/ es laufft auch ein
ſcharff waſſerige ſcabies mit/ die offt gantz
unheil-
[416]Dritter Theil
unheilbahr iſt. Dieſes zu mercken/ daß
dieſe Kranckheit nicht ſo gar einen humorem
angreifft/ ſondern macht eine Turbierung
aller Qvalitaͤten: Doch kompt dieſe
Kranckheit von groben verbrenten Gebluͤth/
mit ſcharffen geſaltzenen Schleim etzlicher-
maaßen vermiſcht/ welcher ſich am erſten
in der Leber einwurtzelt/ und dann allgemach
in die Glieder gebracht wird.


104. Was iſtSpina ventoſafuͤr
eine Kranckheit?


Es iſt eine ſonderliche Kranckheit/ von
den Barbaris und Arabern, ungewiß auß
was fuͤr Urſachen alſo genennet/ und ſon-
derlich zuerſt von Avicenna lib. 4. Fen. 4.
tract: 4. cap
. 9. vielleicht nach Severini Mei-
nung/ weil ventoſitas bey den Arabern ſo
viel heiſt/ als œdema, ſpina aber daher/ weil
die Patienten uͤber einen ſtechenden und reiſ-
ſenden ſcharffen Schmertzen klagen/ als
wann ſie mit einem Dorn geſtochen werden.
Die Griechen nennen einen ſolchen affect Te-
redo
,
die Hollaͤnder einen Beinfreſſer/ und
wie der Tulpius lib: 4. obſerv: 12. vermeinet/
nennet ihn Celſus lib: 8. cap: 10. Cancrum
Petrus de
Marchettis.
oſſis, einen Krebs der Knochen. Die Materie
dieſer Kranckheit iſt die pituita oder kalte
Feuchtigkeit; Der ſchadhaffte Ort allezeit
die Gelencke/ nimmermehr die internodia,
wann
[417]von Geſchwaͤren.
wann ſie ja bißweilen mit angeſteckt wer-
den/ leiden ſie nur wegen der ſympathia oder
Mit-Verwandſchafft. Die Art und
Weiſe/ wie ſie gezeuget wird/ iſt dieſe: Es
faulet die kalte Feuchtigkeit/ welche denen
Gelencken zur Nahrung gewidmet iſt/ und
verdirbet erſtlich durch die Schaͤrffe die
Beiner/ und zwar ohne Schmertzen/ nach-
mahls greifft ſie auch das perioſtium an/
da dann der ſtechende Schmertz allererſt/
wie oben gemeldet/ ſeinen Anfang nimbt:
So lang das Haͤutlein gantz/ iſt keine Ge-
ſchwulſt zu ſehen/ ſo bald es aber verdorben
und angeſteckt iſt/ ſo erhebet ſich die kalt-
ſchleimichte Materie/ welche frey und unge-
hindert durch die Muſculen durch gehet/
und verurſacht im ſchadhafften Gelenck erſt-
lich eine weiche/ luckere/ unſchmertzhaffte/
und an der Farbe der Haut gleiche Ge-
ſchwulſt/ welche/ wann ſie geoͤffnet/ haͤr-
ter wird/ in dem die Feuchtigkeiten allda
haͤuffig zuſammen flieſſen/ derer duͤnnere
Theil außrauchet und weggehet/ der dickere
aber hinterſtellig bleibet/ als dann kan man
erſt befinden/ daß das Bein verdorben iſt.
Es koͤnnen aber ſo woll Manns als Wei-
bes-Perſohnen meiſtentheils umb das 25ſte
Jahr damit beladen werden/ im hohen
Alter aber ſelten/ ſie muͤſten dann ſchon zu-
vor mit dieſer Kranckheit behafftet geweſen
D dſeyn:
[418]Dritter Theil
ſeyn: Dahero Marc: Aurelius Severinus
dieſen affect Pædarthrocacen nennet/ dann
ſelbiger definieret dieſe Kranckheit/ daß ſie
ſey ein abſceſſus umb die Gelencke der Kin-
der/ welches die Knochen ſphacelieret und
verdirbt/ herkommend auß den nicht gerei-
nigten erſten Unreinigkeiten des Saamens
und Monathlichen Gebluͤthes/ welcher an
die Gelencke gelanget und alda faul wor-
den. Die Cur anlangend/ ſo iſt ſolche
Kranckheit uͤbel zu curiren/ ſo wol wegen
des ſteten Zufluſſes/ der Materie/ als we-
gen der Verderbung des Beins/ und ſoll
man die Heilung nicht vornehmen/ es ſey
dann zuvor der Fluß abgewendet. Die
euſerliche Cur anlangend/ ſo ſoll man/ ſo
bald ſich der Patient eines ſolchen obgedach-
ten Schmertzens beklaget/ es ſey in den Ge-
lencken/ entweder der Haͤnde oder Fuͤſſe/
Ellbogen oder Knie/ oder auch der Knoden
an den Fuͤſſen/ alſo bald einen Schnitt
thun/ wann auch ſchon keine Geſchwulſt
da iſt/ und mit einem Sucher fuͤhlen/ ob
das verdorbene Bein ungleich/ welches
dann eine Anzeigung iſt/ daß das Bein eher
als das perioſt ium verdorben/ weswegen
dann das Bein alſo bald radieret werden
muß/ ohne welches Mittel nie mahls in
keiner Wunden oder Geſchwaͤr eine faͤſte
Narbe geziehlet werden kan. Wann we-
gen
[419]von Geſchwaͤren.
gen Tieffe des Orthes man mit den raſarijs
nicht zukommen kan/ muß man ſich des
Feuers gebrauchen/ und zwar nach dem die
Wunde entweder mit Entzian-Wurtzel
oder conſolida von einander gedehnet/ ſoll
man ein eiſernes Roͤhrlein biß auff den
Grund des Beins ſchieben/ und alſobald
mit einem gluͤenden Eiſen das verdorbene
Bein brennen/ ſo viel als noͤthig erachtet
wird/ daß ſich das verdorbene loͤſen koͤnne.
Weil es ſich aber bißweilen zutraͤgt/ daß in
den Kindern gantze Gelencke in den Fingern
und Fuͤſſen verdorben werden/ ſo hilfft in
ſolchen Fall weder Feuer noch Eiſen/ ſon-
dern man muß an derer ſtatt ein duͤnnes
Boͤhrerlein brauchen/ mit denſelben die
Mitten der kleinen Gelencke durchbohren/
nach dieſem mit einem behenden Abbeiſſer
die Gelencke entzwey theilen/ und herauß
nehmen/ den leeren Ort mit Fleiſch anfuͤl-
len/ welches mit der Zeit hart/ und an ſtatt
eines Beines kuͤnfftig dienen kan/ man
muß ſich aber huͤten/ daß man der Sehnen
und Nerven ſchone/ damit nicht etwa eine
convulſion verurſachet werde. Die innerli-
che Cur kan in Mangelung eines Medici
verrichtet werden/ mit Artzeneyen/ die da
den gantzen Leib betreffen/ und die kaltſchlei-
michte Feuchtigkeit außfuͤhren/ dieſelbe auß-
zutrucknen/ iſt das decoct: lignorum ſehr
D d ijdien-
[420]Dritter Theil
dienlich. Wie hiervon Petrus de Argellata
lib.
5. cap.
2. weitlaͤufftiger handelt. Wann
man aber nach Rath deſſelben die verfaulete
Knochen nicht aus dem Wege ſchaffen kan/
muß man zur amputation und Abſchneidung
des Gliedes greiffen/ von welcher zwar zur
Gnuͤge im erſten Theil dieſer Wund-Artze-
ney in der 53ſten Frage gehandelt worden:
Nur dieſes iſt noch zuzuthun/ daß man das
Knie mit dem eingeſchraubten Inſtrument
des Hildani faͤſt machen ſoll/ und ein Meſ-
ſer zu erwehlen/ welches nicht gar zu krumb/
wie Johann van Horne in Microtechne er-
mahnet/ zu dem in denen Gliedern/ welche
zwey Roͤhren haben/ (nach dem der Schnitt
mit dem krummen Meſſer geſchehen/) ein
zweiſchneidiges/ nicht gar zu breites Meſſer
gebrauchen/ mit welchem man zwiſchen den
zwo Roͤhren die verborgen liegende groſſe
vaſa entzwey ſchneiden kan/ wie auch das
perioſtium zwiſchen beyden Knochen. Zu
dem ſoll man mit der Saͤgen hinten bey der
Handheben anfangen zu ſaͤgen/ in dem man
die Finger der lincken Hand nebſt dem
Schnitt haͤlt/ und gemach etzliche kurtze Zuͤ-
ge thun/ biß man einen guten Anfang hat/
darnach kan man laͤngere Zuͤge thun. Man
[ſoll] aber nach des obgedachten vortrefflichen
Joh. van Horne Meinung/ erſtlich die klei-
ne Roͤhre/ hernach die groſſe durchſaͤgen/
viel-
[421]von Geſchwaͤren.
vielleicht weil im Abſtoſſen des Knochens/
wie man ins gemein/ aber nicht gar zu recht
redet/ leicht ein Schade entſtehen kan/ ab-
ſonderlich/ wann die gewaltſame Hand des
Chirurgi zu dem ſchweren Bogen der Saͤ-
gen dazu kompt/ dann leichtlich geſchehen
kan/ daß entweder die Saͤge gebogen/ oder
gar gebrochen wird/ oder aber wann der
Chirurgus bey der groſſen Roͤhr angefangen/
und im ſtoſſen iſt/ die kleine Roͤhr durch den
Stoß mehr abgeſtoſſen und gebrochen/ als
abgeſaͤget wird/ welches in der Heilung leicht
eine Hindernuͤß geben kan: Iſt derohalben
beſſer/ man verfahre ſicher und bedachtſam/
als daß man mit der furie die operation ver-
richte.


Endlich iſt auch zu erinnern/ wie ſo gar
ungereumbt die Creutz-Heffte ſeyn/ mit wel-
cher ſie die Lefftzen der Wunden herzuzuzie-
hen gedencken/ wie hiervon Hildanus kan
nachgeleſen werden. Die Blutſtillung
durch die cauteria hat zwar ihre Anfechtung/
in dem die gemachte eſchara abfallen/ und
einen neuen Blutfluß verurſachen kan/ al-
lein man muß nicht Urſach zur Erſchwaͤ-
rung der eſcharæ geben/ ſondern truckne
Artzeneyen darauff bringen/ dadurch ſie end-
lich ſicherer ab gehen wird. Die Zubin-
dung der groſſen Gefaͤſſe/ in Annehmung
D d iijder
[422]Dritter Theil von Geſchwaͤren.
der Glieder/ wird zwar von Paræo lib. 12.
cap.
35. ſehr recommendieret/ aber Stephanus
Gourmelenus in Syntag: art: Chirurg:
pag: m.
125. verwirfft ſol-
che gar ſehr.


ENDE des Dritten Theils/
von Geſchwaͤren.



Vier-
[[423]]

Vierter Theil
der
Wund-Artzeney.
von Verrenckungen.


[[424]][425]

1. Was iſt eine Verrenckung?


DIe Verrenckung iſt eine unnatuͤrli-Beſchrei-
bung.

che Ausweichung des Haupts eines
Beins oder Knochen aus ſeiner
Pfannen/ in einen anderen ihm unge-
woͤhnlichen Ort/ welche die Bewegung
verhindert.


2. Wie unterſchiedlich ſeyn die
Verrenckungen?


Die Verrenckungen ſind viererley/Unterſcheid.
1. wann das Haupt des Beins auß ſeiner
Pfannen weicht/ die 2. iſt/ welche auff eine
gewaltſame Außdehnung der Sehn- und
Spanadrigen Gliedern/ welche die Gleiche
oder Gewerb feſt machen und verbinden/ er-
folget. 3. Wann zwey Beine/ welche bey
ein ander gelegen/ von ein ander weichen/
als in dem Arm des Vorder- und Hinter-
Beins/ in den Schenckeln das Schien-
und Waden-Bein. 4tens wann die Ecken
der Beine von den andern/ in welchen ſie
eingefuͤgt waren/ herauß geriſſen werden.


3. Was haben die Verrenckun-
gen fuͤr Urſachen?


D d vDerer
[426]Vierter Theil
Urſach.

Derer ſind drey/ als zum erſten die In-
nerliche
/ in dem die uͤbrige boͤſe Feuchtig-
keiten/ welche ſich mit groſſer Ungeſtuͤm und
Menge in die Gelencke ſetzen/ und die Seh-
nen/ durch welche die Beiner an einander
hangen/ dermaſſen erweichen/ nachlaſſend
und ſchlupfrich machen/ und alſo die darin-
liegende Beine herauß treiben. Zum an-
dern: Die euſerliche Urſachen ſind/ etwa
ein Fall/ von der Hoͤhe herab/ die ſchwere
und harte Stoͤß/ ungewiſſe Tritt und der-
gleichen. Zum dritten: die erbliche Urſachen
ſind/ die etwann einer von ſeinen Eltern
mag ererbet haben/ in dem die Pfannen der
Gebeine zu flach/ und nicht ſo tieff/ als ſie
ſeyn ſolten/ derowegen ſie die Haͤupter der
Glaͤiche nicht recht faſſen koͤnnen.


4. Wie iſt eine jede Art der
Verrenckung zu erkennen/
und von anderen zu unter-
ſcheiden?


Keñzeichen.

Die gemeine Zeichen ſind/ die allezeit ge-
genwaͤrtige Geſchwulſt des Orts in wel-
chem das Bein gewichen/ und die Tieffe
des anderen/ auß welchem es ſich herauß
gethan. Die eigene und ſonderbahre be-
langend/ ſo wird die vollkommene oder
gaͤntzliche Verrenckung/ durch den Unter-
gang und Auffhoͤren des Geſchaͤffts und
Wuͤr-
[427]von Verrenckungen.
Wuͤrckung/ zum Theil auß dem Schmer-
tzen erkand; Man ſpuͤret auch den Man-
gel/ in dem man das verrenckte Glied ge-
gen das geſunde haͤlt und vergleichet.


5. Koͤnnen auch alle Verren-
ckungen wieder zu recht ge-
bracht werden?


Nein! Dann auff die Verrenckung desToͤdliche Ver-
renckung.

Haupts/ folget anders nichts/ denn der
jaͤhe Todt/ ſintemahl das gantze Marck im
Ruͤckgrad/ gleich oben bey ſeinem Anfang
und Urſprung hart gedrucket wird; Eben-
maͤßig verhaͤlt ſich auch mit den Verren-
ckungen der ſpondylen im Ruͤckgrad und des
Kinbackens/ wann er zu beyden Seiten auß
gewichen/ dann ehe ſie eingerichtet werden/
wird eine Entzuͤndung und Geſchwulſt er-
reget/ welches dann die Einrichtung ver-
hindert. Auch koͤnnen die alte Verren-
ckungen nicht wieder zu recht gebracht
werden.


6. Warumb ſind die Beine/
ſo langſam veꝛrencket wor-
den/ auch ſchwerlich wie-
derumb einzurichten?


Je naͤher das außgewichene Glied derSchwere
Verrenckung

Pfannen/ je eher iſt es einzurichten/ alldie-
weil
[428]Vierter Theil
weil die Verrenckung geſchwind und bald
geſchehen kan/ je weiter aber das auß ge-
wichne Glied davon/ welches langſahm
und gewaltſahm auß ſeiner Pfannen ge-
wichen/ je muͤhſahmer und langſahmer
werden ſolche zu recht gebracht: Solches
geſchicht auch in den Fleiſchichten und woll
gehaltenen Leibern/ in dem die Gleiche durch
die Dicke der Muſculen und Menge der
Faͤiſte allendhalben hart und enge verſchloſ-
ſen werden/ daß ſie nicht ſo leicht außfallen
koͤnnen; in den Magern/ in welchen der
Leib trucken/ die Sehn-Adern ſtarck und
feſt/ geſchichts gleichfalls/ und koͤnnen de-
rowegen/ wann ſie außgewichen/ nicht ohne
Muͤhe eingerichtet werden.


7. Welche Verrenckungen ſind
gantz unheilſahm?


Unbeiſah-
me Verren-
ckung.

Solche/ welche durch den Unrath und
verwerffliche Feuchtigkeiten/ die Sehnen
kuͤrtzer gemacht worden/ auch ſind dieſelbe
unheilſam/ wann in den Verrenckungen
zugleich die appendices und Anhaͤnge der
Knochen zerbrochen ſind/ den ſolches un-
muͤglich/ alſo wiederumb zuſammen/ und
in einander zufuͤgen/ wie ſie zuvorgeweſen.
Die nunmehro veraltete Verrenckungen/
durch welche die zaͤhe Feuchtigkeit/ ſo die
Pfanne des außgewichenen Beins einge-
nom-
[429]von Verrenckungen.
nommen/ zuſammen geronnen und geſtan-
den oder hart worden/ werden auch nim-
mermehr zu recht gebracht.


8. Soll man auch das ver-
renckte Bein/ wann es mit
einer Entzuͤndung befal-
len/ einrichten?


Wann ſich neben der Verrenckung eine
groſſe Wunde und Bruch erzeiget/ ſo iſt zu
beſorgen/ daß/ in dem man ſich dieſelbe
wiederumb einzurichten/ einer Außſtre-
ckung unterwindet/ nicht etwan die Ner-
ven zuviel auß gedehnet/ die Sehnen/ ſampt
den Blut- und Lufft-Adern abreiſſen/ und
alſo eine Entzuͤndung/ Krampff und der-
gleichen andere boͤſe Zufaͤll erreget werden:
Derowegen haͤlt Hippocrates viel ertraͤgli-
cher zu ſeyn/ daß man in der Zuſammkunfft
und Vermiſchung ſolcher Zufaͤll/ das Gleid
uneingerichtet verbleiben laſſen; Denn auff
eine ſolche Einrichtung/ ſey anders nichts/
dann der gewiſſe Todt/ auff derſelben Un-
terlaſſung aber/ mehrentheils ein immmer-
wehrendes Hincken oder Laͤhme allein zu
beſorgen.


9. Auff wie vielerley Stuͤcke
muß der Jenige ſehen/ wel-

cher
[430]Vierter Theil
cher eine Verrenckung ein-
richten wil?


Auff fuͤnfferley. 1. Muß man das Glied
recht faſſen/ 2. Der Gebuͤhr nach außdeh-
nen/ 3. Das Bein an ſeinen Ort bringen/
4. Daſſelbige an ſeinem Ort behalten. 5.
Den Zufaͤllen wehren.


10. Was iſt die Urſach der
Verrenckung des Kinba-
ckens?


Urſach.

Wiewoll dieſe Verrenckung auß viel
und mancherley Urſachen entſtehet/ jedoch
entſtehet ſie am allermeiſten auß dem Gieh-
nen und Hojahnen/ oder einer anderen
Außdehnung und hefftigen Auffſperrung
des Mundes.


11. Auff wie vielerley Arth
werden die Kinbacken
verrenckt?


Solcher wird verrenckt mehr und offter
hinfuͤr/ denn hinterwerts/ bißweilen auff
eine Seite allein/ bißweilen auff beyde zu-
gleich.


12. Welches ſind die Kennzei-
chen jederer Art?


Keñzeichen.

Der auff die eine Seite allein verrenckte
Kinn-
[431]von Verrenckungen.
Kinnbacken/ krumbt ſich mit ſampt dem
Kinn nach der Schlimme/ gegen der ande-
ren Seite uͤber/ als in welcher er noch un-
verrenckt iſt/ und verlaͤſt auff der Seiten/
aus welcher er gewichen/ eine Tieffen in wel-
cher ſich nachmahls ein Geſchwulſt ſamlet/
alſo/ daß der Krancke ſeinen Mund weder
zu thun/ noch eſſen kan/ es ſtimmen auch
die Zaͤhne nicht auff einander: Wann aber
derſelbe auff beyden Seiten verrenckt iſt/ ſo
thut er ſich gantz und gar/ mit ſampt dem
Kinn hinaußwerts/ und gegen die Bruſt
hinab/ und ſcheinen die muſculi temporales
außgedehnet/ es fleuſt auch dem Krancken/
wieder ſeinen Willen der Speichel aus dem
Munde/ er kan nicht recht reden/ ſondern
muß nohtwendig ſtamlen.


13. Warumb erfolgt auff die
Verrenckung des Kinn-
backens auff beyden Sei-
ten/ der Todt?


Solches geſchicht darumb/ diewel ſol-
cher/ wann er nicht bald eingerichtet wird/
unertraͤgliche Schmertzen verurſachet/ nach-
mahls eine Entzuͤndung/ wie auch bald nach
demſelben/ ein Fieber/ und offtermahls in-
nerhalb zehn Tagen den Tod/ wegen unge-
buͤhrlicher Außſtreckung der fuͤnff Aeſte der
Nerven/
[432]Vierter Theil
Nerven/ welche ſich aus dem anderen und
fuͤnfften Paar/ in die Muſculen/ welche den
Kinnbacken bewegen/ hin und wieder auß-
breiten.


14. Wie iſt die Verrenckung
des Kinnbackens zu cu-
riren?


Cur und Hei-
lung.

Solchen einzurichten/ ſo beyderſeits hin-
fuͤrwerts verrencket iſt/ ſoll man den Pa-
tienten auff den Ruͤcken legen/ das Haͤupt
unbeweglich halten laſſen/ die Daumen
rund umb mit Tuͤchern wol verſehen/ mit
denſelben in den Mund greiffen/ die andern
Finger unters Kinn legen/ und alſo den gan-
tzen Kinnbacken uͤber ſich richten: Wann
aber der Mund nicht ſo weit offen/ daß man
die Daumen mag hinein bringen/ ſo muß
man hoͤltzerne Keil/ von weichem Holtz ge-
macht/ auff beyden Seiten zwiſchen die
Back-Zaͤhne hinein ſchieben/ das Kinn mit
einer Binden unterlegen/ einen Diener auff
des Patienten Schultern mit den Knien
ſteuren/ die beyden Enden der Binde er-
greiffen/ und alſo das Kinn damit uͤber ſich
und in die hoͤhe ziehen/ in dem aber/ muß
man die hoͤltzerne Keil hinabwerts drucken/
und alſo einrichten. Wann aber der Kinn-
backen nur allein auff einer Seiten hinfuͤr-
werts verrencket iſt/ ſo laß den Patient fein
nie-
[433]von Verrenckungen.
niedrich ſitzen/ den Kopff faͤſt halten/ nach-
mahls muſtu die Daumen zu den Backen-
Zaͤhnen hinein ſchieben/ den Kinnbacken
hinabtrucken/ und allgemach fein gegen der
Seiten zu/ wiedrumb in ſeine Hoͤle oder
Pfannen richten: Wann er aber etzliche
Tage alſo verrenckt/ und uneingericht ver-
blieben/ muß man ihn/ ehe man ſich der Ein-
richtung unterfaͤngt/ mit gebuͤhrlichen Ar-
tzeneyen/ zuvor erweichen und nachlaſſen:
Nach dem er nun wiedrumb eingerichtet
worden/ den Schmertzen zu ſtillen eine Ar-
tzeney von Eſſig und Roſen-Oehl uͤberlegen/
die Binden in halb Eſſig und Waſſer ein-
weichen/ dann ſolche Mittel gebrauchen/
die da heilen/ die Sehnen und andere nach-
gelaſſene Stuͤck/ ein- und zuſammen ziehen/
als da ſind: bol: armen, ſang: dracon,
farin: volatil, maſtix, pix, reſina
mit
Eyerklar angemacht/ nachmahls das Em-
plaſtrum diachalciteos
biß zu ende der Hei-
lung uͤbergelegt.


15. Was iſt zu der Verrenckung
des Gurgeleins umb den
Knopff am Unter-Halß/
zu thun?


Dieſes wird ſonſten Clavicula zu latei-
niſch genandt/ und wird verrencket/ entwe-
der gegen oder wider das Sternon, oder ge-
E egen
[434]Vierter Theil
gen die Schulter/ oder aber derſelben Ecke
acromion, wie woll gar ſelten: Hinein-
wertz aber/ wie auch herauß und gegen der
Seiten zu/ kan er ſehr leicht außweichen/
und nach Arth und Gelegenheit/ auff viel
und mancherley Weiſe wiederumb einge-
richtet werden/ in dem man den Patienten
mit dem Ruͤcken/ auff eine umbgekehrte
Schuͤſſel oder hartes Ledern Kuͤſſen leget/
damit die Schultern fein heraußwerts und
in die Hoͤhe gebogen werden/ ziehe ihn als-
dann den Arm hin und wieder hinter ſich/
fuͤr ſich/ und auff allen Seiten/ je nach dem
das Bein hie oder da gewichen iſt/ denn al-
ſo gehet das/ was herfuͤr geſtanden/ wieder
in ſeine Hoͤle: Nachmahls muſtu ſolches
mit zugehoͤrigen Sachen verbinden/ und
mit Paͤuſchen oder Polſter und Binden ver-
ſehen/ als wenns gebrochen waͤre. Es iſt
warlich ſolche Verrenckung boͤſe zu erken-
nen/ und muͤhſahm zu heilen/ wann aber
ſolches nicht eingerichtet wird/ ſo kan der
Menſch die Zeit ſeines Lebens/ die Hand
nicht auff den Kopff/ oder zum Munde
bringen.


16. Wie iſt der Verrenckung des
Ruͤckgrads zu helffen?


Die Gelencke des Ruͤckgrads koͤnnen
nicht allein ein- und beraußwerts/ ſondern
auch
[435]von Verrenckungen.
auch auff beyden Seiten leichtlich außwei-
chen und verrencket werden. In der Hin-
einweichung/ erzeiget ſich auff dem Ruͤcken
an ſelbigem Ort/ eine hinein gebogene Tieffe/
gleich wie in dem Gegentheil/ oder wann ſie
auff dieſe oder jene Seiten herauß gewichen/
eine Hoͤhe. Dieſe Verrenckungen habenUrſach.
zwo Urſachen/ die Innerliche und Euſſerli-
che. Die Verrenckung von auſſen-hinein-
werts/ kan ohne groſſe Gewaldt/ wie auch
ohne Zerreiſſung der Band und Sehnen
nicht geſchehen/ und iſt allerdings toͤdlich/
dann durch die Zuſammendruckung des
Marcks werden die darunter liegende Glie-
der erſtaunet/ und aller ihrer Empfindlig-
keit beraubet/ weßwegen dann der Harn
und Stulgang entweder verſtopffet wird/
oder wider des Krancken Wille von ihm
gehet/ zu dem ſo kan man ſie auch durch den
Leib nicht wiederumb hinaus und zuruͤcke
bringen. Die von innen heraus gewicheneCur.
gleiche wiederumb einzurichten/ ſoll man
den Patienten auff einen Tiſch/ nach der
Laͤnge außgeſtreckt/ auff den Bauch legen/
umb die Arme/ wie auch unter dieſelben zu-
gleich/ auch umb die Huͤffte ein Handtuch
binden/ mit eben demſelben durch zwey Die-
ner ſtrecken laſſen/ wo ſolches zu ſchwach
und nicht angehen will/ muß man Scam-
num Hippocratis
ſo beym Paræo und Sculteto
E e ijin
[436]Vierter Theil
in armamentario chirurgico abgebildet/ zu
finden/ gebrauchen/ und damit ſtrecken/ in
dem muß man mit den Haͤnden/ oder mit
zwey Stoͤcklein mit Tuch umbwickelt/ von
beyden ſeiten den Hogger eindrucken/ biß die
Gleiche wieder hinein an ihren Ort weichen/
welches erkandt/ wann der Ruͤckgrad eben
und gleich iſt; Nachmahls muß man etzli-
che Schienen/ von Blech und geſchlagenem
Bley umb den Ort legen/ jedoch die Ecken
und Spitzen der Gleiche/ ſo woll jetzo als im
Einrichten unberuͤhrt/ und alſo den Patien-
ten biß zur endlichen Einwachſung/ in einem
Bette liegen laſſen.


17. Wie iſt der Verrenckung
der Gleiche im Genick zu-
helffen?


Dieſe Gleiche werden entweder gantz
und gar verrencket/ oder aber nur ein wenig
auß ihrer Pfannen beweget/ die gaͤntzliche/
wo man ihr nicht in der Zeit begegnet/ brin-
get anders nichts/ als den jehen Todt/ die-
weil der Anfang des Marcks und der Ner-
ven hefftig getruckt wird; Die halbe Ver-
renckung aber/ hat keine ſolche Gefahr.
Cur.Dieſe Verrenckungen zu verbeſſeren/ muß
man den Patienten auff einen niedrigen
Stuel ſetzen/ und ſich einen Diener von
hinten mit dem gantzen Leibe auff des Pa-
tienten
[437]von Verrenckungen.
tienten Schultern ſtewren laſſen/ du aber
faſſe mit beyden Haͤnden das Haͤupt bey
den Ohren/ ſchuͤtele und bewege es hin und
wieder/ biß das Gleich wieder in ſeine Pfan-
ne faͤllt/ ob aber ſolches recht eingerichtet/
kan man erkennen/ wann der groſſe
Schmertz auff einmahl nachlaͤſt/ und Er
das Haͤupt ungehindert hin und wieder be-
wegen kan. Nach dieſem/ binde das Ge-
nick und die Gewerb der Schultern ſo hart
als die Lufft- und Speiß-Roͤhr vertraͤget.


18. Warumb iſt die Verren-
ckung eines Gleichs allein/
gefaͤhrlicher/ als wann der-
ſelben etzliche zugleich mit
einander auß weichen?


Dieweil in Außweichung eines Gleichs/
das Marck im Ruͤckgrad mehr getruckt
und gekrumbt wird/ da in Außweichung
vieler Gewerbe/ das Marck gleichſahm wie
ein halber Circkel und weitlaͤufftiger einge-
bogen wird/ und ob woll daſſelbige eben
auch etwas leidet/ ſo iſt doch ſolches nicht
ſo hefftig/ daß es ſolte den Todt verur-
ſachen.


19. Wie iſt die Verrenckung
des Endes oder Schwan-

E e iijtzes
[438]Vierter Theil
tzes im Ruͤckgrad zu erken-
nen/ und wie iſt es zu
heilen?


Keñzeichen.

Solche Verrenckung wird durch einen
ſchweren Fall oder harten Stoß verurſa-
chet/ und kan der Menſch in ſolchem Fall die
Ferſen oder Hacke/ nicht biß gegen die Ars-
Backen biegen/ ſeine Nothurfft kuͤmmer-
lich verrichten/ und kan anderſt nicht/ denn
auff einen durchloͤcherten Stuhl ſitzen.
Cur.Dieſe Beine wiederumb einzurichten/ muß
man einen Finger dem Patienten zu dem
Afftern/ biß zum verletzten Ort hinein ſchie-
ben/ wie in den Bruͤchen ſoll geſagt wer-
den/ daſſelbige mit Gewalt auffrichten/
unterdeſſen mit der anderen Hand fein eben
machen/ und in ſeinem natuͤrlichen Ort
ſteiff und unbeweglich erhalten. Die end-
liche Heilung erfolget in zwantzig Tagen/
und ſoll ſeine Nothurfft anders nicht/ dann
auff einen engen durchloͤcherten Seſſel ver-
richten.


20. Woher kompt die Verren-
ckung der Rippen/ wie ſind
ſie zu erkennen und zu hei-
len?


Urſach.

Die Rippen werden duͤrch einen ſtarcken
und gewaltigen Stoß verrencket/ und von
den
[439]von Verrenckungen.
den Gleichen/ als welchen ſie durch ihre
ſonderbahre Gewaͤrb anhangen/ abgetrie-
ben. Das Kennzeichen des herauß gewi-
chenen Beins iſt/ die unebene Geſtalt/ wel-
che allhie eine Tieffe/ dort aber eine Hoͤhe
verurſachet/ in den hinein getriebenen/ aber
erzeiget ſich an den Ort/ da ſie ſich mit dem
Ruͤckgrad verbindet/ eine Hoͤle. Sie er-
regen viel Schmertzen und Zufaͤll/ und iſt
ein Schmertz wie das Seiten-Stechen/ es
kompt dem Krancken das Athemen ſchwer
an/ und kan ſich weder recht außſtrecken
oder biegen/ und blaͤhet ſich das mauſechte
Fleiſch/ ſo nechſt an den Rippen lieget/ ſehr
hoch auff. Vor allen Dingen/ ſoll man
die Einrichtung auff ſolche Weiſe vor die
Hand nehmen: Wann die verrenckteCur.
Rippe in die oberſte Seite des Gleichs ge-
wichen/ ſo ſtelle den Krancken auffrecht/
hencke ihm die Arme ober eine Thuͤr oder
Fenſterlade/ und trucke alsdann das Haupt
der Rippen wieder an ſeinen Ort. Im
Gegentheil/ wann es in die unterſte Seite
des Gleichs gewichen/ ſo laß ſich den Pa-
tienten hinfuͤrwerts biegen/ und mit den
Haͤnden auff die Knie ſteuren/ und richte
alſo das außgewichene wieder ein. Im
Fall es aber hineinwerts gewichen/ kan es
eben ſo wenig/ als wie die hinein gewichene
Gleych im Ruͤckgrad an ſeinen Ort ge-
E e iiijbracht
[440]Vierter Theil
bracht werden. Doch pflegen etzliche mit
Aufflegung ſtarckklebenden Pflaſtern die
eingewichene Rippen wieder hinauff zu zie-
hen/ einen Verſuch zu thun.


21. Wie geſchicht die Verren-
ckung der Schulter?


Solche wird leicht verrenckt/ dieweil ſie
nicht wie die Gewerb der Hufft inwendig
mit einer Sehn-Ader verbunden wird/ ent-
weder durch einen Fall oder Stoß/ in dem
der Arm etwan vorgeworffen und außge-
ſtrecket wird/ und eine Gewalt dazu kompt/
welche den Boltzen auß ſeiner Pfannen/
entweder hinunterwerts oder vorwerts
treibet.


22. Wie ſind dieſe Verrenckun-
gen zu tractieren?


Aliaemeine
Einrichtung.

Es ſey die Verrenckung wo und wie ſie
wolle/ ſo muß eine gebuͤhrliche Streckung
geſchehen/ welche entweder bey den Zarten
und Schwachen/ mit den Haͤnden/ oder
in den Staͤrckeren/ mit den Inſtrumenten
geſchiehet; Wann ſolche Streckung ge-
ſchehen/ muß man/ in dem ſolche wieder
allgemach wird nachgelaſſen/ mit den Haͤn-
den das Bein an ſeinen Ort verhelffen; Es
geſchicht auch gar offt/ daß/ wann das
Bein geſtrecket und hervor gebracht wird/
die
[441]von Verrenckungen.
die muſculi ſolches Bein mit Gewalt in
ihren vorigen Ort ziehen/ iſt alſo alles an ei-
ner gebuͤhrlichen Streckung gelegen/ es ge-
ſchehe gleich uͤber eine Thuͤr/ Leyter/ Piſtill/
oder mit der Ferſen und einer Kugel/ oder
man gebrauche ſich der remoræ Hildani pag:
635. beſchrieben/ ſcamni Hippocratis, oder
der Kruͤcken/ durch welche es woll angehet/
wann nur die Handgriffe richtig.


23. Was iſt zu thun/ wann
einem eine Achſel/ ſo noch
nicht gar heil/ wiederumb
außfiel/ und ſolche ſich mit
Kugeln und freyer Hand
nicht wolle wieder hinein
bringen laſſen?


Solches wird geſchehen/ wenn keine
recht vollkommene Einrichtung geſchehen/
oder/ wann kein gebuͤhrlicher Vand ge-
brauchet/ oder/ wann der Patient ſich nicht
darnach gehalten/ weswegen dann die
Einrichtung wiederholet werden muß/ und
zwar durch vorgeſagte Inſtrumenta, uͤber
welche von Hippocrate geruͤhmet werden/
das Glosſocomion oder Ambi, welche von
Parao abgebildet ſeyn.


24. In wie viel Wege gehet
der Ellbogen auß?


E e vAuff
[442]Vierter Theil
Beſchrei-
bung.

Auff viererley Weiſe/ nemblich hinein
und heraußwerts/ uͤber ſich und unter ſich/
dieſes aber iſt zu verſtehen/ wann die Hand
oder der Arm alſo ſtehet/ daß der Daume
uͤber ſich/ der kleine Finger aber unter ſich
ſtehet.


25. Wie iſt eine jede Gattung
ſolcher Verrenckung zu er-
kennen?


Keñzeichen.

Wiewoll ſolches/ wie in allen Verren-
ckungen die Hoͤhe/ und an dem Gegen-Ort
die Hoͤle zu erkennen giebt/ ſo wird doch
genauer erkandt/ wann der Ellboge hin-
außwerts verrenckt iſt/ daß ſich der Arm
keinesweges einbiegen laͤſt/ ſondern gleich
außgedehnet ſtehen bleibet: Wann aber
der Ellbogen hinfuͤrwerts gewichen/ ſo laͤſt
ſich der Arm nicht außſtrecken; Alſo auch/
wann er entweder uͤber ſich oder abwerts
verrencket worden/ ſo iſt der Arm zu dem
Ort/ auß welchem das Bein gewichen/
gekrumpt/ auch nicht recht außgeſtreckt.


26. Wie iſt ein Ellboge/ ſo auß-
gangen/ wieder einzurich-
ten?


Es ſey der Ellbogen außgewichen/ auff
was fuͤr Weiſe er wolle/ ſo iſt doch/ den-
ſelben
[443]von Verrenckungen.
ſelben einzurichten/ nur eine Weiſe. In
dem man durch einen Diener den verrenck-Cur.
ten Arm unter dem Gewerb der Achſel ſteiff
und faͤſt halten laͤſt/ du aber den Arm uͤber
der Hand faſſeſt und zieheſt/ und zugleich
die Schulter hinauffwerts/ den Huͤgel des
Ellbogens aber/ hineinwerts treibeſt/ den
Arm allgemach entweder ſtreckeſt/ oder ein
wenig dehneſt/ fein leis hin und her dreheſt/
und alſo dem Bein wiederumb in ſeine
Pfanne verhelffeſt. Oder verrichte ſolches/
mit einer Saͤule/ mit einem dazu gemach-
ten Zaum und Stecken/ wie beym Paræo
abgemahlt zu ſehen.


27. Was iſt zu thun/ wann
das vordere Armbein Cu-
bitus
hineinwerts gewi-
chen waͤre?


Alsdann iſt vonnoͤthen/ das man den
Arm mit aller Macht und Staͤrcke auß-
ſtrecke/ nachmahls geſchwind und unge-
ſtuͤmlich einbiege/ alſo daß die Hand auff
ihre derſelben Seiten Achſel ſchlage. Etz-
liche legen etwas rundes in des Ellbogens
Biege/ und biegen alsdann den Arm ge-
hoͤrter maſſen ſchnell und geſchwind ein:
Zu mercken iſt/ daß man in dieſem affect
das Glied bewegen laße/ ſo lang die Cur
wehret/
[444]Vierter Theil
wehret/ damit nicht Ancyloſis verurſachet
werde.


28. Was iſt zu thun/ wann der
Knorr oder Knopff des
vorderen Armbeins/ ſo Sty-
loides
genennet/ außgan-
gen?


Dieſes Bein/ welches durch eine kleine
Hoͤle oder Pfanne auff und angenommen
wird/ weicht bisweilen auß ſeiner Stelle
von dem Hinter-Bein hinweg. Wie woll
man nun die Einrichtung gebuͤhrlicher maſ-
ſen anſtellen ſoll/ ſo wird doch nach Hippo-
cratis
Auſſage einmahl keine vollkommene
Einrichtung/ ſo wohl in dieſer/ als ande-
ren allen ſolchen Abreiſſungen zuwege ge-
bracht/ in dem die Sehnen entweder von
einander geriſſen oder nachgelaſſen haben/
doch ſoll man ſolche medicamenta, die da hef-
tig ein- und zuſammenziehen gebrauchen.
Es geſchicht fuͤrnemblich/ wann etwa einer
aus der Hoͤhe auff die Hand ſtuͤrtzet.


29. Wie geſchicht die Verren-
ckung der Hand-Wur-
tzel/ wobey iſt ſie zu erken-
nen/ und wie iſt ſie zu cu-
rieren?


Der
[445]von Verrenckungen.

Der Carpus kan hineinwerts/ hinaus-
werts/ und zu beyden Seiten verrencket
werden. In der erſten wendet ſich die flacheKeñzeichen.
Hand gegen die Hoͤhe/ in der anderen bieget
ſie ſich ein/ und laͤſt ſich durchaus nicht aus-
ſtrecken/ in der dritten und letzſten aber zur
Seiten/ kruͤmmet ſie ſich nach der Schlim-
me/ jetzt zu dem Daumen/ bald zu dem klei-
nen Finger/ nach dem ſie verrenckt ſeyn.
Alle dieſe Verrenckungen werden auff einer-Cur.
ley weiſe eingerichtet/ denn man laͤſt zweene
Diener bey der Hand und unter dem Arm
faſſen/ und uͤber etwas hartes und glattes
alſo ausſtrecken/ daß das flache oder inwen-
dige hinab/ und gegen der Erden ſehe/ und
der Theil/ auß welchem das Bein gewichen/
unter/ der ander aber/ in welchem es ſich
gegeben/ oben liege/ nachmahls truckt man
die uͤberſich ragende Beine mit den Haͤnden
fein wiederumb hinein in ihre Stelle.


30. Wie iſt die Verrenckung der
Beiner der Hand-Wur-
tzel zu erkennen/ und zu
heilen?


Solche Verrenckung/ wie woll ſie nicht
leicht ohne groſſe Gewalt entſtehen kan/ wer-
den ſie doch aus der unebene leicht erkandt
und zurecht gebracht/ wann man die Hand
auff
[446]Vierter Theil
auff einen Tiſch alſo ausſtrecket/ daß/ wann
die Beiner hineinwerts gewichen/ der flache
Theil uͤber ſich/ wann ſie aber heraußwerts/
die Flache auff den Tiſch und unter ſich gele-
get werde/ und alſo mit drucken/ oder mit
der Ferſen wiederumb hinein bringet/ mit
gehoͤrigen Pflaſtern und Binden verſiehet/
und gebunden in ihrem Ort behaͤlt/ damit
die Beiner nicht wieder ausgehen.


31. Was iſt bey den Verren-
ckungen der Beiner/ zwi-
ſchen der Hand-Wurtzel
und Fingern zu thun?


Das Metacarpium wird nur in den zwey
euſſerſten Beinern hinauswerts/ nemblich/
bey dem kleinen Finger und Daumen ver-
rencket/ und werden auff einerley Weiſe mit
denen in der Hand-Wurtzel wiederumb ein-
gerichtet und zu recht gebracht.


32. Was iſt bey der Verrenckung
der Finger zu thun?


Dieſe Beiner koͤnnen gleichfals auff vie-
rerley Weiſe verrencket werden/ und pflegt
man ſie auff einem Tiſch fein auszuſtrecken/
denn alſo werden ſie/ (dieweil ihre Pfannen
nicht tieff/ die Gleiche faſt kurtz/ und die
Sehnen etwas ſchwacher/) ſehr leicht-
lich
[447]von Verrenckungen.
lich wiederumb eingericht und zu recht ge-
bracht.


33. Was iſt bey der Verrenckung
des obern und dicken
Schenckels/ oben bey der
Hufft zu thun?


Der Schenckel kan in der Hufft auff vie-
rerley Art ausweichen/ am allermeiſten
aber/ hinein- und herauswerts/ ſonſten
gar ſelten/ zuweilen auch aus einer innerli-
chen Urſach/ in dem die haͤuffig zuflieſſende
humores die ligamenta und Baͤnder der
Hufft alſo erweichen und nachlaſſen/ daß
das Bein in ſeiner Pfannen nicht kan behal-
ten werden: Dieſe Verrenckung geſchicht
allezeit vollkommen/ denn wegen der ſtar-
cken Muſculen/ runden Haͤuptern und
Pfannen/ iſt unmuͤglich/ daß ein Theil der-
ſelben koͤnne heraus weichen/ das andere
aber darin bleiben.


34. Warumb iſt ſolche Verren-
ckung ſo ſchwerlich zu cu-
rieren/ und der Schenckel
ſo leichtlich wieder aus
einander gehet?


Daß ſie ſchwerlich zu curieren/ geſchicht
daher/ weil die Muſculen und Sehnen
ſtarck
[448]Vierter Theil
ſtarck und faͤſt/ und wann das Bein wie-
der in ſeiner Stelle/ ſind ſie ſo ſtarck ausge-
dehnet geweſen/ und haben ſo nachgelaſſen/
daß ſie das Glied in ihrer Pfannen nicht
halten koͤnnen/ weil ſie durch unnatuͤrliches
Außdehnen alſo geſchwaͤchet worden; Auch
geſchichts offt/ daß das innerſte kurtze und
runde ligament, welches das Haupt dieſes
Beines/ in dem Gleich der Hufft innerhalb
ſeiner Pfannen angehefftet/ entweder mit
Gewalt zerriſſen/ oder durch die Menge der
boͤſen Feuchtigkeiten weich weꝛden und nach-
laſſen.


35. Wie iſt zu erkennen/ daß
der Schenckel im obe-
rem Gleich bey der Hufft
herauß oder hinein gewi-
chen?


Wann die Roͤhr hineinwerts gewichen/
ſo iſt derſelbe Schenckel laͤnger und dicker/
das Knie aber mehr eingebogen/ denn das
ander/ wendet ſich mit den gantzen Fuß hin-
außwerts/ laͤſt ſich nicht einbiegen/ und er-
ſcheinet neben dem Gemaͤcht/ als an wel-
chem Ort das Haupt des Beins gewichen/
eine groſſe und augenſcheinliche Hoͤhe.
Wann es aber heraußwerts gewichen/ ſo
ſcheinet im Gegentheil der verrenckte Schen-
ckel
[449]von Verrenckungen.
ckel kuͤrtzer/ der gantze Schenckel wendet
ſich mit ſampt den Knie und Fuß hinein-
werts/ und koͤnnen die Patienten nicht auff
der Ferſen/ ſondern allein auff den Wur-
tzeln der Zaͤhe gehen.


36. Wie iſt zu erkennen/ wann
das Haͤupt der Roͤhrn im
Obern-Schenckel/ oben
bey der Hufft hinfuͤrweꝛts
gewichen?


Dieſes/ wiewol es ſelten geſchicht/ iſt zu
erkennen/ wann das offt gemeldte Haͤupt
zur Schaam gewichen/ und die ſeiten da-
ſelbſt erhoͤhet werden/ im gegentheil die Arß-
backen tieff und eingefallen/ es kan auch der
Patient den Schenckel/ wegen der an- und
einziehung der Muſculen/ ohne Schmer-
tzen nicht außſtrecken/ noch zu den ſeiten der
Schaam einbiegen/ denn das vorderſte
Maͤußlein ſo von dem oſſe ileo herkompt/
wird ſehr von dem Haͤupt des Beins ge-
druckt/ und ruͤhret der Patient nur mit der
Verſen und nicht mit der Wurtzeln der Ze-
hen im gehen die Erde an.


37. Woher kompt in dieſer Ver-
renckung die Verſtopffung
des Urins?


F fDie-
[450]Vierter Theil

Dieweil der groſſe Boltzen der Hufft die
groſſe Nerven ſo ſich zur Harnblaaſen en-
den/ gewaltig trucket/ durch welches die
Harnblaaſe/ durch Mitleiden/ nicht allein
des Schmertzebs theilhafftig gemacht/ ſon-
dern mit einer Entzuͤndung uͤberfallen wird/
welche/ wann ſie den Sphincterem Veſicæ er-
reichet/ denſelben ſphincterem durch die
Geſchwulſt verſchlieſt/ und keinen Harn
herauß leſt.


38. Wie iſt das auß der Pfanne
hineinwerts gewichne
Haͤupt der Roͤhren im
Obern-Schenckel/ in dem
Gewerb der Huͤffte/ wie-
drum einzurichten und zu
recht zu bringen?


Paræus lib. 15. cap. 4. erzehlet eine Ma-
nier/ in dem man den Patienten auff einen
Tiſch oder Banck legen ſoll/ in deſſen Mit-
ten ein ſtarcker hoͤltzerner Nagel ſtecken ſoll/
welcher nach der Lehre Hippocratis mit lei-
nen Tuͤchern umbwunden ſey/ auff ſolche
weiſe werde der Leib auffgehalten/ daß er
nicht in dem Außdehnen außweiche/ nach-
mahls ſoll man ein recht ſtarckes Leinwand-
tenes Band ober dem Knie anmachen/ den
Schenckel mit einem Zug ſtarck ſtrecken/
und
[451]von Verrenckungen.
und nach dieſem ein wenig nachlaſſen/ zu
gleich aber das außgewichene Haͤupt in
ſeine Pfanne helffen; Nach dem nun das
Bein gehoͤriger maßen eingerichtet/ wel-
ches genugſahm darthut/ wann der Schen-
ckel dem andern in allem gleich iſt/ der
Schmertz nachgelaſſen/ und den Schenckel
ohne ſchmertzen gebrauchen kan/ ſoll man
dann/ wie vor gemeldet/ die zuſammen-
heilende Artzeneyen vor die Hand nehmen/
den Ort neben dem Gemaͤcht mit Wuͤlſt-
lein verſehen/ und den Patienten ein Mo-
nat lang mit außgeſtreckten Schenckel im
Bette behalten. Zu dieſer Einrichtung
kompt ſehr beqvem/ des Fabritij Hildani
Inſtrument, Remora
genant/ mit dem dar-
zu gehoͤrigen Gurtel. Cent: 5. Obſervat: 86.


39. Wie iſt der in der Hufft
heraußwerts gewichene
Schenckel wiedrumb ein-
zurichten?


Dieſe Art Verrenckung iſt die aller leich-
ſie wiedrumb einzurichten/ alſo daß durch
das bloße Außſtrencken ſolche verrichtet wer-
den kan/ und man macht es eben ſo/ als
mit der hineinwerts gewichenen Roͤhren/
und geſchicht entweder mit/ oder ohn einen
Knall.


F f 240. Wie
[452]Vierter Theil

40. Wie iſt ein Bein ſo hinvor-
werts gewichen/ wiedrum
einzurichten?


Lege den Patienten auff ſeine geſunde
Seite/ binde die Gurte umb/ lege ein
Wulſtlein auff das herfuͤr ragende Haͤupt
des Beins/ laſſe daſſelbe ſteiff und feſt dar-
auff halten/ wann nun die Außdehnung
nach der Gebuͤhr/ entweder mit den Haͤn-
den oder Schraubezeug geſchehen/ ſo treibe
das Bein entweder mit den Haͤnden oder
Knie an ſeinen Ort/ und verfahre weiter wie
es ſich gehoͤrt.


41. Wie iſt ein Bein ſo hinter-
ſich und zuruͤck gewichen/
einzurichten?


Allhie muß man den Patienten auff den
Bauch legen/ die Baͤnder gehoͤrter maßen
anmachen und außſtrecken/ das Haͤupt
hinein treiben/ in dem auch zu gleich das
Knie von dem geſunden Schenckel hinweg
ziehen/ und nach dem es einmahl eingerich-
tet/ woll zu ſehen/ damit es nicht wieder
außgehe/ welches in dieſer Art Verrenckun-
gen durch unzeitige Bewegung leichtlich ge-
ſchicht/ denn die Laſt dem darin liegenden
Bein faſt ſchwer iſt.


42. Auff
[453]von Verrenckungen.

42. Auff wie vielerley weiſe
koͤnnen die Knieſcheiben
verrencket werden?


Solche koͤnnen ſo woll uͤber ſich als unter
ſich/ alſo auch hinein und heraußwerts/
mit nichten aber hinterwerts/ wegen des
unterliegenden Knies/ verrencket werden.


43. Wie iſt ſolche Verrenckung
zu curieren?


Man leſt den Patienten auff einen ebenen
Boden ſtehen/ drucket die Knieſcheibe von
dem Ort/ da es gewichen/ wieder in ſeine
Pſanne/ fuͤllet den Ort in welchen es ge-
wichen war/ mit Wuͤlſtlein auß/ desglei-
chen auch die Kniebeuge/ und bindet alſo
das Knie faͤſt ſteiff und unbeweglich: Nach-
dem es nun lang genug geruhet/ kan der
Patient allmaͤhlich das Knie wieder beugen.


44. Auff wie vielerley Weiſe
wird ein Knie verren-
cket?


Solches wird auff dreyerley Weiſe ver-
rencket/ nehmlich hineinwerts und heraus-
werts/ hinter ſich oder hinauswerts. Celſus
aber will/ daß es auch hinfuͤrwerts verren-
cket werde/ doch ſelten/ und nicht als mit
groſſer Gewalt.


F f iij45.
[454]Vierter Theil

45. Was iſt ſolcher Verren-
ckung Urſach?


Sie werden gemeiniglich/ durch etwann
einen Fall von der Hoͤhe herab/ Tantzen/
Springen/ und ſchnellem Lauffen verur-
ſachet.


46. Wie werden ſolche Verren-
ckungen er kant?


Solche ſind leicht zu erkennen/ weil ſol-
cher Ort gantz ohne Fleiſch/ in dem hie eine
Hoͤle/ dort aber das Widerſpiel vermercket
wird; Es wird auch die Bewegung auff-
gehoben/ in dem der Menſch die Ferſen nicht
kan zu dem Afftern biegen.


47. Wie iſt die Verrenckung der
Knie zu curiren?


Die Verrenckung ſo hinein oder herauß-
werts geſchehen/ werden durch eine maͤſſige
Außdehnung/ in dem man die Beiner mit
den Haͤnden/ von dem Ort in welchen ſie
gewichen/ wiedrumb ab und hinweg trucket/
eingerichtet und zurecht gebracht.


48. Was iſt zu thun/ wann
das Knie hinfuͤrwerts
gewichen?


Wiewol dieſe Verrenckung gar ſelten ge-
ſchiehet
[455]von Verrenckungen.
ſchiehet wegen der Knieſcheiben/ welche mit
gar ſtarcken Ligamenten mit dem Knie ver-
bunden wird/ im fall es aber geſchehe/ ſoll
man den Patienten die Hufft und unten den
Fußbinden/ der Gebuͤhr nach ausſtrecken/
entweder mit den Haͤnden/ oder aber mit
dem Schraubzeug/ nachmahls mit beyden
Haͤnden ſo lang auff dem Knie liegen und
das heraußgewichene Bein hinein treiben
und drucken/ biß daß es wieder in ſein Lager
komme.


49. Auß was Urſachen werden
das Waden-Bein und
Schien-Bein von einan-
der zertrennet?


Solches geſchicht deßwegen/ dieweil das
Waden-Bein dem Schien-Bein ohne ein-
tzige Hoͤle und Pfanne/ ſo woll oben in dem
Knie/ als unten bey den Knoden anhanget/
kan alſo leichtlich etwann durch einen unge-
wiſſen Tritt/ in dem die darob liegende Laſt
des Leibes dazu kompt/ von einander
weichen.


50. Wie iſt mit Verrenckung
des Waden-Beins unten
beym Knoden am Ge-
lenck des Fuſſes/ umbzu-
gehen?


F f iiijDie-
[456]Vierter Theil

Dieſes muß man wieder/ wie offt geſagt/
an ſeine Stelle bringen/ denſelben Ort/ wo-
hin es gewichen geweſen/ mit Wuͤlſtlein
außfuͤllen/ nachmahls der Gebuͤhr nach ver-
binden/ die Binden bey der Verrenckung
anlegen/ mit derſelben hinauffahren/ daß
es das Geſunde treffe/ und alſo den Patien-
ten 40. Tage liegen laſſen/ biß die Sehnen
ſtarck genug/ doch ſoll man im binden den
groſſen tendinem nicht zu ſehr druͤcken.


51. Woher werden die Ferſen
zur Verrenckung gebracht?


Solches geſchicht gemeiniglich in dem ei-
ner von der Hoͤhe herab ſpringet/ daß alſo
durch das harte Anſtoſſen die Ferſe von dem
Knoden abgeriſſen wird: Es geſchicht aber
vielmehr und offters hinein/ denn heraus-
werts/ dieweil das hinabfallende Waden-
Bein den Knoden gleichſahm umbfaſſet/
und alſo die Ferſen deſto faͤſter und ſteiffer
auffhaͤlt.


52. Wie ſind ſie zu curiren?


Solches wird durch das Außdehnen und
Hineintrucken erlanget/ und iſt an ihr ſelbſt
die Verrichtung nicht ſchwaͤr/ es ſey dann
daß etwann ein groſſer Fluß und Entzuͤn-
dung daſſelbige verhindere.


53. Was
[457]von Verrenckungen.

53. Was pflegen fuͤr Zufaͤll auf
die Zerſtoſſung der Fer-
ſen zu erfolgen?


Es werden die Bluth- und Lufft-Adern
ſo belaͤſtiget/ daß ſie woll Troͤpflein Bluth
von ſich geben/ welches hernach Geſchwulſt
und Schmertzen verurſachet/ und mit er-
weichenden Behungen/ Aderlaſſen und
Purgieren abgewendet wird.


54. Was iſt bey der Verren-
ckung des Knodens un-
ten am Gelenck des Fuſ-
ſes zu thun?


Solcher kan ebenmaͤſſig auff allerley wei-
ſe außweichen/ welchen man durch gebuͤhr-
liche Außſtreckung wieder in ſeine Pfanne
bringet/ und durch gebuͤhrliche Mittel in
ſelbiger behaͤlt; Dieſes iſt aber zu mercken/
daß der Patient etwas laͤnger als ſonſten zu
Bette liegen muß/ damit ſich die Nerven
wiederumb befeſtigen/ weil die gantze Laſt
des Leibes darauff ruhet.


55. Was iſt bey der Verrenckung
des Fußblats biß an die
Zaͤhe vorzunehmen?


Solche werden ſo woll hinab- als hinauf-
werts verrencket/ an die Seiten aber gar
ſelten/ werden mit der Hand in ihren Orth
gebracht.


F f v56 Wie
[458]Vierter Theil von Verrenck.

56. Wie ſind die verrenckten
Zaͤhe wieder einzurichten?


Solche weichen ebener maſſen aus/ als
die Finger/ und werden auch gleicher maſſen
eingerichtet und geheilet.


57. Was fuͤr Zufaͤll ſind den
Verrenckungen gemein?


Zufaͤll.

Derer ſind fuͤrnemblich folgende: Als die
Zerſtoſſung/ groſſer Schmertz/ Entzuͤn-
dung/ Fieber/ innerliche Apoſtem und Ge-
ſchwaͤr/ Brand/ Erſterbung/ Fiſtel/
Schwindung des Gliedes und Abnehmung
des Leibes/ welche alle einen fleiſſigen und
erfahrnen Chirurgum erfordern.


58. Woher kompts daß ein Ach-
ſel/ Ellbog/ Hand/ Huft/ oder
Knoͤchel/ nach dem es einge-
richtet/ entweder ſtarꝛ/ krum
oder unbegaͤng bleibet?


Solches verurſachen die durch die Ver-
renckung hingezogene und gebrachte Feuch-
tigkeiten/ welche das Glied ſtarꝛ machen/
und entweder erweichet oder verzehret
werden muͤſſen.


ENDE des Vierten Theils
von Verrenckungen.


Fuͤnff-
[[459]]

Fuͤnffter Theil
der
Mund-Artzeney.
von Bruͤchen.


[[460]][461]

1. Was iſt ein Bruch?


EIn Bruch iſt nichts anders/ als einePaulus lib.
6. cap.
89.

gewaldſahme Zertrennung derſelben
Knochen/ welche natuͤrlicher Weiſe
aneinander hangen ſollen.


2. Woher entſtehet ein Bruch?


Gar ſelten entſtehet ein Bruch von freſ-Urſach.
ſender und nagender Urſach/ als da iſt das
Feuer/ ſelten durch Stechen/ offt wol durch
Hauen/ am alleroͤffteſten aber/ durch Zer-
ſtoſſen/ Zerreiben/ Erſchuͤttelen und der-
gleichen.


3. Wie vieleꝛley ſind der Bꝛuͤche?


Deren ſind vielerley/ und wird die erſteParæus.
Lib. 14.
cap.
1.

Art Raphanidon genennet/ wann das Bein
uͤber zwerch durch und durch in zwey ſtuͤck
entzwey bricht. Die 2. Art wird Caryedon
genandt/ wann viel kleine ſtuͤcklein hinweg/
als/ wann man eine Nuß auff einem Am-
bos entzwey ſchlaͤgt/ geſchicht fuͤrnehmlich
in den Bruͤchen/ ſo mit Bley Kugeln ge-
ſchoſſen werden. Die 3. Art wird Schidaci-
don
genandt/ wann das Bein den langen
Weg
[462]Fuͤnffter Theil
Weg geſpalten/ uñ entweder augenſcheinlich
oder ſubtil und Haarfoͤrmig gebrochen; Es
werden auch offt die Beiner nur hinein gebo-
gen/ offt geben ſie ſich herfuͤr und waͤlben ſich
gleichſahm auff/ etzliche ſind nur oben hin mit
einem Schiefer geſpalten/ etzliche gehen mit
ihrem Spalt biß auff das Marck/ etzliche
find wiederumb mit/ oder ohne Wunden/
etzliche mit Verblutung/ Entzuͤndung/
Brand und dergleichen Zuͤfaͤllen/ etzliche
ſind wiedrumb wegen des Orts unterſchie-
den/ als Bruͤche des Haͤupts/ der Rip-
pen/ Arme/ Schenckel/ Gelencke/ Item
des Alters/ Geſtalt der Leiber ꝛc.


4. Wie ſind die Beinbruͤche zu
erkennen?


Paræus ſetzet drey Kenn-Zeichen/ das 1.
wann man die ſtuͤcklein Bein im betaſten
von einander befindet/ und daneben ein Ge-
reuſch hoͤret. Das 2. iſt die Unvermoͤg-
ligkeit des Gliedes/ und ſonderlich wann
beyde Roͤhren entzwey. Das 3. die unna-
Part. 2. lib.
4. cap.
1.
tuͤrliche veraͤnderung der Figur. Fabritius
ab Aquapendente
erzehlet uͤber obgemelte
noch zwey Kenn-Zeichen/ in dem bey den
Bruͤchen ein groſſer Schmertz/ und ſolcher
von wegen der Nerven/ welche alsdann
entweder zerriſſen/ oder ſonſten verdrehet
ſind/ oder dieweil ſich etwan eine Spitze
des
[463]von Bruͤchen.
des Beins in die hoͤhe richtet und eine
Spanadrigen Ort ruͤhret und ſticht. Zum
andern/ kan man es abnehmen/ auß den
Urſachen der Bruͤche/ in dem der Patient
den Wund-Artzt berichten kan/ wie ſolche
Beſchaͤdigung zugangen.


5. Warumb kan im Winter
leichtlicher ein Beinbruch
geſchehen als ſonſten?


Dieweil zur ſelben zeit dieſelbe Knochen
durch die Truckne des euſſerlichen Luffts
noch mehr außgetrucknet werden/ hergegen
ſind ſie in dem feuchten Wetter und ande-
ren Zeiten des Jahres auch feuchter/ und
laſſen ſich hin und wieder biegen.


6. Warumb ſind die Schaden
der Knochen ſchwerlich
zuheilen?


Solches geſchicht wegen ihrer natuͤrli-
chen und angebohrnen Truckne/ und koͤn-
nen nicht ſo leicht/ als wie das Fleiſch zu-
ſammen heilen/ doch geſchicht ſolches nach
Galeni Meinung/ an den Kindern fuͤglicher.


7. Warumb laſſen ſich die
Bein-Bruͤche in den Jun-
gen eher/ als in den Alten
heilen?


Das
[464]Fuͤnffter Theil

Das kompt daher/ weil die Jungen
noch viel der eingepflantzten und natuͤrlichen
zaͤhen und ſchleimichten Feuchtigkeiten ha-
ben/ die Alten aber hergegen nichts/ dann
eine waͤßerichte und verwuͤrffliche/ ſo unter
den Unrath kan gezehlet werden; Darauß
dann zuſehen/ daß man keine gewiſſe Zeit
der Heilung benennen koͤnne/ dann ſolches
geſchicht vielmehr nach Gelegenheit der Zeit/
complexion, Alter ꝛc.


8. Warumb ſind die Bruͤche/
ſo bey den Gelencken ſind/
gefaͤhrlich?


Weil bey den Gelencken ein concurſus
tendinum
oder Zuſammenkunfft der Seh-
nen geſchicht/ welche dann durch ihre ſcharffe
Empfindlichkeit/ einen groſſen Schmer-
tzen/ Entzuͤndung und andere Zufaͤll er-
wecken.


9. Soll man auch ein zerbro-
chen Glied/ ſo mit einer
groſſen und hefftigen Ent-
zuͤndung uͤberfallen/ nichts
deſto weniger ohne Ver-
zug einrichten?


Allerdings nicht recht woll ohne Gefahr/
weil in dem Außſtrecken ein gefaͤhrlicher
Krampff
[465]von Bruͤchen.
Krampff dazu kommen kan/ iſt derowegen
rathſamer/ wo es ſeyn kan/ daß man die
Einrichtung auffſchiebe/ biß die Feuchtig-
keit verzehret/ die Geſchwulſt zertheilet/ und
der Schmertz geſtillet werde.


10. Was wird zur Heilung der
Bein-Bruͤche erfodert?


Vier Stuͤck/ als das man 1. ein jedesJoh. And.
à Cruce.

Stuͤck des zerbrochenen Beins alſobald
wieder an ſeinen Ort helffe. 2. dieſelben ſteiff
und unbeweglich beyſammen erhalte/ 3.
durch die Huͤlff des calli wieder zuſammen
heile/ 4. die folgende Zufaͤll abſchaffe und
verbeſſere.


11. Worbey iſt abzunehmen/
daß das Bein recht einge-
richtet?


Solches wird erkant/ wann das Bein
dem andern gleich/ keine Hoͤle oder Hoͤcker
geſpuͤret wird/ abſonderlich aber/ wann
der Schmertz geſtillet/ welches das gewiſ-
ſeſte Zeichen.


12. Warumb weichen die ein-
mahl eingerichteten Beine
biß weilen wie derumb auß/
und wie iſt ſolches zu er-
kennen?


G gDas
[466]Fuͤnffter Theil

Das Außweichen geſchicht daher/ wann
etwa der Krancke ſich im Bette unruhig
haͤlt/ oder die Glieder im Schlaaff vom
Krampff uͤberfallen werden/ wodurch ſich
die Muſculen wiederumb zuruͤck und zu ih-
ren Urſprung ziehen/ und alſo zur Außwei-
chung Anlaß geben/ ob es ſchon woll einge-
richtet geweſen/ da dann die Erneuerung
des Schmertzens/ das Drucken und Ste-
chen/ genugſahme Zeichen ſind/ welche ſich
nicht eher legen koͤnnen/ biß das Glied wie-
der auffs neue eingerichtet wird.


13. Welche Art zu liegen iſt
dem Patienten die beſte?


Lager der
Bruͤche.

Die mittelmaͤßige/ als die Armbruͤche
etwas eingezogen und in einen Winckel ge-
bogen/ die Schenckel ein wenig/ doch nicht
gar außgeſtreckt/ dann wann das Lager
nicht recht/ ziehen ſich etzliche Muſculen ein/
hergegen laſſen auch etzliche nach/ und wer-
den zu lang: Doch ſoll man den Patienten
fragen/ daß er keine Schmertzen davon
habe/ und die Gewohnheit zu liegen/ von
ihm erforſchen.


14. Wann iſt das erſte Ge-
baͤnd in den Bruͤchen auff-
zuloͤſen?


In den Bruͤchen laͤſt man ſolches drey
oder
[467]von Bruͤchen.
oder vier Tag liegen/ es ſey dann/ daß der
Schmertz/ Entzuͤndung/ Krampff und
dergleichen ſolches verhinderte/ da dann
ohne Verzug das Band abgeloͤſet/ und
den Zufaͤllen muß gewehret werden. In
den Verrenckungen aber/ hat es weniger
Noth/ und kan woll ſieben Tage liegen
bleiben.


15. Welches ſind die ſorglich-
ſten Bein-Bruͤche?


Gleich wie die Jenigen/ boͤſer und mehr
beſchwerlich ſeyn/ welche den langen Weg
gebrochen/ als die uͤberzwerg/ alſo ſind die
am aͤrgſten/ welche in kleine Stuͤcklein zer-
brochen/ und die Nerven verletzen.


16. Wobey iſt zu erkennen/
das ein Bruch zu hart ge-
bunden?


Solches wird erkant/ wann derBoͤſe Zei-
chen.

Schmertz nicht nachlaſſen wil/ und nichts
deſto weniger der Bruch woll auffeinander
gerichtet iſt/ zu dem/ wann nach dem Ver-
binden das Glied geſchwilt/ auch braun
wird/ und wann das Glied gleichſam ent-
ſchlaͤfft und ſchwer wird. Wann aber keinGute Zei-
chen.

Schmertz zu gegen/ und nur auff dem
Bruch ein wenig drucket/ wo ſelbſten es
G g ijman
[468]Fuͤnffter Theil
man haͤrter zu binden pflegt/ ſo wiſſe/ daß
das Gebaͤnd recht ſey.


17. Was pflegen in und nach
der Heilung fuͤr ſonderliche
Zufaͤll zu kommen?


Derer ſind viel/ als der Schmertz/
rothe hitzige Geſchwulſt/ Jucken/ offne
Wunden/ uͤbermaͤßige Truckne oder
Feuchte/ ſo dem Urſprung der Schwulen
widerſtehen/ der Brand/ uͤbermaͤſſige Harte
und Groͤſſe des calli oder Schwulen/ und
letzlich gar zu kleine Schwule/ welche alle
mit groſſem Fleiß entweder verhuͤtet oder
abgeſchaffet werden muͤſſen. Als/ wann
Cur der
phlegmone
ein Schmertz und eine phlegmone oder hitzige
Geſchwulſt dazu kompt/ muß man das
Gebaͤnd und Schienen weg thun/ den Ort
mit Oehl und Eßig/ mit genetzter Wolle
verſehen/ oder mit Roſen-Oehl/ mit dem
Weiſſen vom Ey geklopfft/ die Binden
einweichen. Celſus braucht die Behung mit
warmen Waſſer in groſſer Menge.


Cur des Ju-
ckens.

Das Jucken/ ſo durch ſcharffen Eyter
verurſachet worden/ begieſſet Hippocrates
und Galenus mit laulechten Wafſer/ die
Neoterici aber mit geſaltzenem Waſſer/
und ſchmieren es mit dem ungv: camphorat:
Rhaſis,
oder ungv: popol: Wann eine Wun-
de zugegen/ muß man ſie tractieren/ wie in
den
[469]von Bruͤchen.
den Fleiſch-Wunden gedacht worden/ mit
digerieren/ mundificieren/ incarnieren/ und
die Schiefferlein herauß thun/ nach dieſem
kan man woll die Binden faͤſter anziehen/
und die Schienen gebrauchen.


Die allzu groſſe Schwule klein zu ma-Cur des
groſſen
Calli.

chen/ muß man die Diaͤt ſchmaͤlern/ und
reſolvierende und aſtringierende Mittel ge-
brauchen/ das Gebaͤnd enger einziehen/ und
geſchlagen Bley darauff binden.


Die kleine Schwule aber groß zu ma-Cur des
kleinen
Calli.

chen/ muß man das contrarium gebrauchen/
mit ſtarckem Reiben/ dem Ort die Nah-
rung hinziehen/ und mit warmen Waſſer
behen.


18. Wann einer einen Bein-
Bꝛuch haͤtte/ ſo nicht gerad
geheilet waͤre/ wie wolte-
ſtu ihm thun?


Solchen wieder zurecht zu bringen/ muͤ-Cur der un-
gleichen Bꝛuͤ-
che.

ſte man bey Zeiten darzu thun/ mit Behun-
gen/ gemacht von Ibiſch-Wurtzel und
Kraut/ Baͤren-Klaw/ Stein-Klee/ Cha-
millen/ Wermuth/ Leinſaamen/ \&œn: græc:
mit welchem decocto das Glied/ und ſon-
derlich der Bruch und callus fleiſſig muß ge-
behet werden/ nach ſelbiger mit einer Sal-
ben ſchmieren/ gemacht von Menſchen-Fett/
Baͤhren Schmaltz/ Gaͤnſe Schmaltz und
G g iijder-
[470]Fuͤnffter Theil
dergleichen/ nach dieſem ein Inſtrument an-
legen/ welches erſtlich mit dem Bein accor-
dieret/ nachmahls mit der Schrauben
taͤglich gerader ſchrauben/ biß endlich allge-
mach das Glied ſeine rechte Figur bekompt.


19. Wie iſt ein jeder Bruch zum
erſten zu verbinden?


Erſter. Band

Man muß das Glied gebuͤhrender maſ-
ſen ſtrecken/ doch nicht zu ſehr/ damit nicht
die vorgedachten Zufaͤll erreget werden/
nachmahls die Knochen fein auffeinander
richten. Zum andern die eingerichtete Bei-
ne mit gehoͤrigen Binden zuſammen halten/
welche nicht zu breit ſeyn ſollen/ und an der
Zahl zwey/ mit derer einen man mitten auff
dem Bruch anfangen muß/ und ſo hinauff-
werts herumb lauffen laſſen/ daß es ein gut
Theil von dem geſunden mit treffe/ mit der
anderen/ welche noch einmahl ſo lang ſeyn
ſoll/ fange man wiederumb auff dem Bruch
an/ und lauffe mit derſelben hinabwerts/
und auch wieder hinauff. Wie du aber
mit der erſten Binden nach der lincken Sei-
ten gefahren biſt/ alſo fahre mit der andern
zur rechten Seiten herum/ damit die muſculi
nicht verdrehet werden/ netze aber zuvor die
Binden in eine Mixtur von Eſſig und Waſ-
ſer/ dann nicht allein das Binden/ ſondern
auch die Mixtur den einflieſſenden Feuchtig-
keiten/
[471]von Bruͤchen.
keiten/ auch der Entzuͤndung wehret/ ehe
man aber die Binden brauchet/ ſoll man
entweder ein defenſiv oder Doͤrꝛband mit
Eyerklar angemacht/ oder das diapalma
uͤberlegen: Damit aber ſolche deſto beſſer
anhalten/ gebraucht man ſich uͤber der alten
ihren Wuͤlſtlein und ſpleniis der Schindlen/
welche entweder von einer trucknen Rinden/
duͤnnen Blech oder dicken Karten Pappier
gemacht ſeyn/ welche man mit linden Tuͤ-
chern und Polſtern bekleidet/ daß ſie nicht
druͤcken. Hippocrates hat vor dem ſieben-
den Tag die Schindlen nicht anlegen wol-
len/ weil er ſich des Schmertzens und der
Entzuͤndung gefuͤrchtet/ uͤber das ſind etzli-
che ſorgfaͤltige Chirurgi, welche das Glied
und ſonderlich die Schenckel/ in eine ſo ge-
nandte Stroh-Laden/ oder darzu gemach-
ten Kaſten legen/ in ſolcher Form/ wie in der
13den Frag gemeldet: Iſt aber der Bruch
mit einer Wunden/ ſo ſind ihrer etzliche/
welche den Bruch mit den Schindlen gar
verſchonen/ etzliche ſchneiden ſo woll in die
Schindel/ als auch in die Binden Loͤcher/
damit man taͤglich zur Wunden kommen
kan/ wie ſolches in dem Armamentario Chi-
rurgico Sculteti
nebſt einer Art Binden in
Figuren deutlicher zuſehen iſt/ auch daß
man die Wunde ohne Auffhebung des
Schenckels/ taͤglich verbinden kan; Letz-
G g iiijlich
[472]Fuͤnffter Theil
lich iſt zu wiſſen/ daß nun/ wann alles woll
ſtehet/ man den Bruch vor dem funffzehen-
den Tag nicht auffloͤſen darff.


20. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner einen Bruch haͤtte/
aber kein Warm- oder
Doͤrꝛ-Band oder Pfla-
ſter leiden koͤnte?


Es bezeuget es die Erfahrung/ daß offt-
mahls ſo widerwaͤrtige Naturen gefunden
werden/ welche gantz und gar kein Pflaſter/
Salben oder dergleichen vertragen koͤnnen:
Nun iſt nicht ohne/ daß eintzig und allein die
Natur bey Erwachſung des Calli das beſte
thun muß/ nichts deſto weniger kan und ſoll
man ſolchen widerſpenſtigen Bruͤchen helf-
fen/ mit euſſerlichen Waſſern und decoctis
von den Ingredientien/ welche ſonſten zu den
Bruch-Pflaſtern gebrauchet werden. Hil-
danus
ruͤhmet auch/ ſo woll innerlich als
euſſerlich/ den lapidem oſteocollæ, welcher
den Callum ſehr befodert/ doch muß man ſol-
chen behutſam und mehrentheils nur alten
Leuthen gebrauchen/ denn in den jungen
und ſtarcken Leibern/ verurſachet er einen
gar zu groſſen callum.


21. Was iſt fuͤr ein Pflaſter zu
gebrauchen/ damit ein je-

der
[473]von Bruͤchen.
der Beinbruch/ wann er
wieder an einander ge-
ſtoſſen/ koͤñe faͤſt gemacht
und geheilet werden?


Die Bruch-Pflaſter werden aus unter-
ſchiedlichẽ ingredientien gemacht/ welche den
callum befoderen helffen/ als: Rad: conſolid,
barba caprina, far in: fabarum, farin: volatil,
bolus armeni, ſangv: dracon, thus, myrrha, a-
loes, acacia, tragacant, gallas nuc: cupresſ,
aus
welchen mit Hartz/ Pech/ Colopfonia und
Wachs/ entweder Pflaſter gemacht/ oder
die Pulver mit dem Weiſſen vom Ey uͤber-
gelegt werden/ unter den Pflaſtern/ werden
ſonſten auch/ und zwar im Winter gebꝛaucht
das Empl: barbarum und oxycroceum des
Sommers/ des Fruͤhlings aber das dia-
palma.


22. Wie vielerley ſind Unter-
ſcheid der Bruͤche der Hirn-
ſchal?


Fuͤnfferley. 1. Fiſſura. 2. Contuſio. 3. Ef-
fractura. 4. Sedes. 5. Reſonitus
wie ſolches
weitlaͤufftiger in der 33ſten Frag des anderen
Theils iſt gemeldet worden.


23. Von was fuͤr euſſerlichen
Urſachen werden die Bruͤ-

G g vche
[474]Fuͤnffter Theil
che der Hirnſchal verur-
ſachet?


Solches geſchicht entweder durch
Hauen und Stechen/ oder Fallen und
Schlagen.


24. Wie moͤgen die Bruͤche der
Hirnſchal erkandt wer-
den?


Zeichen des
gebrochenen
Cranii.

Nach Celſi Meinung ſoll man die Umb-
ſtehende fragen/ ob der Patient die Gall
von ſich gebrochen/ ob er das Geſicht und
Gehoͤr verlohren/ ob durch die Naaſen und
Ohren Blut gelauffen/ ob er nach dem
Schlag zu Bodem gefallen. Welches
zwar unfehlbahre Zeichen der gebrochenen
Hirnſchal ſeyn/ doch ſoll man die Wunde
auch das Gewehr oder Inſtrument womit es
geſchehen/ betrachten/ zu dem auch den Ort
des Haͤupts/ dann das Hinter-Theil und
hinter den Ohren die oſſa petroſa viel ſtaͤrcker
als der Wirbel/ wie mit mehrem in der 45.
Frag des andern Theils zu ſehen.


25. Wie ſoll der Sucher damit
man den Bruch erforſchet
beſchaffen?


Veſalius in
Chirurgia
magna pag.
m.
86.

Damit man nun gewiſſer gehe/ ſoll man
den Bruch zu erforſchen/ einen Sucher ge-
brauchen/
[475]von Bruͤchen.
brauchen/ ſolcher aber ſoll nicht gar zu duͤnn
auch nicht gar zu ſpitzig ſeyn/ damit/ wann
etwa eine natuͤrliche Hoͤle angetroffen wird/
man nicht gleich ſchlieſſe/ daß das Bein
entzwey ſey.


26. In welchen Faͤllen/ ſoll
man die haarichte Haut
oͤffnen?


Die haarichte Haut muß man offt auch
nur in denen Zerqvetzſchungen derſelben oͤff-
nen/ wann ſie gantz geblieben/ und ſich ein ge-
ronnen Gebluͤth/ unter derſelben geſetzt; Sol-
ches geſchicht auch/ wann man muthmaſ-
ſet/ daß das Cranium gebrochen oder geſpal-
ten ſey.


27. Wie iſt die haarichte Haut
von der zerbrochenen Hirn-
ſchal abzuloͤſen?


Man thut erſtlich entweder einen Creutz-
Schnitt/ Driangel oder wie Marcus Aure-
lius Severinus
der vortrefliche Chirurgus zu
Napolis, in form eines H oder T und das
gar durch/ mit einem ſcharffen Meſſer biß
auffs Bein/ damit daß pericranium zugleich
mit durch geſchnitten werde/ alsdann ſe-
pari
ret man die Haut mit ſampt dem peri-
cranio
von der Hirnſchal/ und ziehet die Leff-
tzen zuruͤck mit Hefft-Pflaſtern.


28. Wie
[476]Fuͤnffter Theil

28. Wie kan man des Bruchs
der Hirnſchal/ wann er ſich
erſtlich nicht erzeigt/ innen
und gewiß werden?


Die Zeichen ſind gar viel/ und uͤber die-
ſelbe/ welche ſchon erzehlet ſind/ kan man
auff die entbloͤſte Hirnſchal ein wenig Din-
ten gieſſen/ und nachmahls wieder ſauber
abwifchen/ da ſich dann die Dinte in den
aller kleineſten Haarſpalt ſetzet/ und den
Bruch/ dafern einer iſt/ andeutet/ welches
doch nebſt dem Korn-Auffbeiſſen/ item den
Fadem zwiſchen den Zaͤhnen Berengarius in
libro aureo de fracturis cranij
in Zweiffel zie-
het mir gar ſchoͤnen rationibus,


29. Wie iſt zu erkennen/ ob der
Bruch durch beyde Taffeln
der Hirnſchal gangen?


Solches wird erkand/ wann man den
Patienten die Naaſe gantz zu haͤlt/ auch
zum Mund hinauß keine Lufft leſt/ ſondern
mit gewald den Athem außſtoͤſt/ da dann
die Lufft den Eyter oder das Blut durch die
Hirnſchal ſtoͤſſet/ welches nicht geſchehen
kan/ wann nur eine Tafel entzwey iſt.


30. Wie bald iſt das gebroche-
ne und geſchiefferte Bein

her-
[477]von Bruͤchen.
herauß zu nehmen von-
noͤthen?


Solches muß mit Unterſcheid geſchehen/
dann wann die Schieffer klein/ und gantz
bloß liegen/ mag man ſie woll alſobald her-
auß nehmen/ im gleichen auch wann etwan
die Schieffer die duram matrem drucken/
wann aber dergleichen nicht iſt/ kan man
woll die Natur und die medicamenten mit
wircken laſſen; Wann ſie aber groß und
ſich nicht wollen mit einer Schwule befaͤſti-
gen laſſen/ die ſoll man ſitſahm herauß
nehmen.


31. Warumb muß man zu wei-
len die zerbrochene Hirn-
ſchal durchbohren?


Umb viererley Urſachen willen damitNoͤthige
Trepanatio.

zum erſten die Knochen welche etwan das
Hirn und die dura mater ſtechen/ herauß
genommen oder auffgehaben werden. Zum
andern/
damit der hinabfallende Eyter
koͤnne außgefuͤhret werden. Zum dritten/
damit man deſto fuͤglicher die Artzeneyen
zum beleidigten Theil bringen moͤge. Zum
Vierten/
damit alſo der Zufluß/ welcher
in anderen Gliedern des Leibes/ durchs bin-
den gehemmet wird/ verhindert werde;
Hergegen wann der Bruch nicht durch bey-
de
[478]Fuͤnffter Theil
de Tafeln gehet/ auch keine contuſion zuge-
gen/ ſoll man nicht trepanieren/ und alſo
vergeblich die dura mater von der Lufft an-
wehen laſſen.


32. Was iſt bey den Naaſen-
Bruͤchen zuthun?


Dieſelbe einzurichten ſteckt man den klei-
nen Finger in die Naaſen/ und bieget alſo
die eingewichne Beinlein herauß/ hergegen
die herauß gewichene hinein/ wann nun al-
les auff einander gerichtet/ ſo mache von
Bley oder Federkeil ein Roͤhrlein/ umb-
winde ſie mit Flachs/ beſtreich ſie mit Ro-
ſen-Oehl/ und ſchiebe ſie in beyde Naasloͤ-
cher/ und weil die Naas/ ohne hohe Noth/
nicht ſoll ſtarck gebunden werden/ ſo ge-
brauche folgendes: als Maſtic, oliban,
myrrh, bol: armen, ſangv. draconis, alum,
farin: volatil:
mit album: ovorum ange-
macht/ ſolches iſt ein ſehr bequem/ wie auch
ein außtrucknend ein- und zuſammenziehend
Medicament und waͤchſt die Schwule ins-
gemein in 12 oder 15. Tagen.


Das unterſte Knorſplichte Weſen wird
nur zerdrucket/ ſelten aber gebrochen.


33. Wie iſt den Bruͤchen des
Untern-Kinbackens zube-
gegnen?


Sol-
[479]von Bruͤchen.

Solchen Bruch muß man mit den Fin-
gern/ ſo woll in- als außwendig wieder zu
recht helffen/ damit es aber alſo zuſammen
bleibe/ muß man mit einem geſchmeidigen
Drat/ da wo der Bruch iſt/ die beyden
Zaͤhne an einander faͤſt machen/ ein Bruch-
Pflaſter oder Doͤrband uͤberlegen/ eine
Schiene von Solen-Leder laͤngſt dem Kin-
backen richten/ mit einer Binden/ ſo zweyer
Finger breit und rechter Laͤnge/ (welche an
beyden Enden zerſpalten/ damit es das
Kinn recht faſſe) der gebuͤhr nach binden/
in dem die zwey unterſte Enden der Bin-
den hinauff zu dem obern Theil des Haͤupts
gezogen weꝛden/ daſelbſt gebunden und an die
Schlaaff-Haube gehefft werden/ die ande-
ren zwey oberſten aber/ uͤberzwerg zu dem
Unter-Theil des Genickts geleitet/ und gleich-
fals angenehet werden.


34. Wie ſind die Zaͤhn ſo durch
den Bruch beweget wor-
den/ wiederumb zu befaͤ-
ſtigen?


Die Zaͤhne welche erſchuͤttelt/ oder gar
auß ihren Lucken beweget worden/ muß
man wiedrumb einrichten und an ihren Ort
brigen/ zu dem mit einem gewaͤxtem Fa-
dem an die naͤgſte anbinden und faͤſt ma-
chen/
[480]Fuͤnffter Theil
chen/ biß daß ſie von ſich ſelbſten wieder
einwurtzelen.


35. Wobey iſt abzunehmen daß
der Kinbacken wieder ein-
gerichtet iſt?


Wann die Zaͤhne fein recht in ihrer Ord-
nung ſtehen: Damit aber ſolche in ihrer
Ordnung bleiben moͤgen/ ſoll man dem Pa-
tienten wollbereitete linde Speiſen geben/
welche man nicht viel kaͤwen darff/ wann
alſo verfahren wird/ ſo iſt die Schwule oder
callus in zwantzig Tagen befaͤſtiget.


36. Wie iſt den Bruͤchen des
Unterhalſes zu begegnen?


Die clavicula oder das Gabel-Bein
bricht liederlich/ kan aber ſchwer alſo geheilet
werden/ daß nicht der Bruch ſolte mercklich
geſehen und gefuͤhlet werden/ doch ſoll man
die Beiner/ ſie ſeyn den langen Weg (wel-
ches in allen Bruͤchen aͤrger als ſonſten)
oder uͤberzwerg entzwey/ ſo viel muͤglich
auff einander richten/ ein Bruch-Pflaſter
und Creutz-Polſter von harten Tuͤchern
oder alten uͤbereinander vielfaͤltig gelegten
Pflaſtern gemacht/ uͤber legen/ die Hoͤle
aber der Achſel mit einer Kugel oder Knaul
verſehen/ die Binden Creutzweis uͤberein-
ander
[481]von Bruͤchen.
ander gehen laſſen/ und mit demſelben den
Arm hinter ſich und zuruͤcke ziehen: Die
Schwule oder Maſer dieſes Beins/ weil
ſie luck und Schwammicht iſt/ wird meh-
rentheils innerhalb zwantzig Tagen vol-
lendet.


37. Wie ſindt die Bruͤche des
Schulterblats zu heilen?


Solche zu heilen/ muß man vorerſt zu-
ſehen/ ob die Beinlein noch an dem groſſen
Bein/ oder am perioſtio hangen/ dafern
nicht/ muß man den Ort oͤffnen/ die Bei-
ner herauß nehmen/ wofern ſie aber noch
anhangen/ wieder an ihren Ort richten/
und mit gehoͤrigen Mitteln verſehen/ auch
mit Wuͤlſtlein und Binden/ ſo zu dieſem
Glied dienlich/ ſteiff und faͤſt erhalten: Wie
von den Binden und andern ſchoͤnen
Handgriffen auß den Kupfferſtichen des
Armamentarij chirurgici Sculteti zu erler-
nen iſt.


38. Auff wie vielerley weiſe
mag das Schulterblat
zerbrochen werden?


Das Schulterblat kan an allen Enden
und Orten zerbrochen werden/ als an ſeiner
Spitzen/ welche ſich in der Mitten/ gleich
H hwie
[482]Fuͤnffter Theil
wie ein Gipffel/ dieſelbe zubeſchuͤtzen/ an-
hebt/ wie in den Gleichen des Ruͤckgrads
zu ſehen/ und wird bey den Anatomicis
Acromion
genennet/ oder wird an ſeinem
breiten Theil hinein getruckt/ oder ſonſten
auff andere wege in dem Gelenck/ da es
ſich mit der Obern-Schulter verbindet/
zerbrochen.


39. Warumb werden die Bruͤ-
che in dem Gewerben der
Schulter/ des Genicks
und Schultterblats ſelten
geheilet?


Weil in dieſes Gewerb auß den Achſeln
viel groſſe Bluth- und Lufft-Adern/ wie auch
auß den Gelencken des Ruͤckgrads im Ge-
nick/ nicht wenig und geringe Nerven ge-
hen/ welche ſich von dannen/ in alle des
Arms Maͤuſelein außbreiten/ und werden
auch die fuͤhrnehmſte Glieder/ der Entzuͤn-
dung und Faͤule/ ſo etwa daſelbſt entſteht/
wegen der Nachbarſchafft leichtlich theil-
hafftig gemacht/ dadurch alſo viel und groſſe
Zufaͤll/ ja auch woll der Todt verur-
ſachet wird.


40. Wie iſt zu erkenen/ ob das
Genick auß/ oder entzwey?


In
[483]von Bruͤchen.

In ſolchen Faͤllen entfaͤrbet ſich das Ge-
ſicht/ und wird der Menſch am Athemen
und Reden ſehr verhindert/ der gantze Leib
wird der ſinnlichen Geiſter beraubet/ und
alſo eine ſchnelle und unverhoffte Entzuͤn-
dung/ die Braͤune und ſchwaͤres Athemen/
oder vielmehr eine gaͤntzliche Erſtickung ver-
urſachet.


41. Was iſt zu thun/ wann ei-
nem das Genick entzwey iſt?


Auff des Genicks Zerbrechung geſchehen
ſehr groſſe und ſchwaͤre Zufaͤll/ welche/
wann ſie das Marck im Ruͤckgrad beleidi-
gen/ auch woll den Tod verurſachen:
Man ſoll aber/ ſo viel muͤglich/ die zerbro-
chene Beiner wieder zu rechte helffen/ ſo
fern etzliche loſe Schieffer verhanden/ die
Haut oͤffnen/ und herauß nehmen/ die uͤbri-
gen mit Pflaſter/ Polſter/ Binden und
dergleichen verſehen/ ſo viel/ und am beſten
man kan/ wie in dergleichen Verwundun-
gen gemeldet.


42. Wie iſt der jenige zuverbin-
den/ dem das Bruſt-Bein
entzwey?


Man muß den Patienten auff ein hart
Polſter legen/ den Diener die beyde Schul-
tern mit den Haͤnden nieder drucken laſſen/
H h ijund
[484]Fuͤnffter Theil
und alſo in dem man die Rippen zu beyden
ſeiten ein und zuſammen preſſet/ denſelben
wiedrumb uͤber ſich und an ſeinen Ort ver-
helffen/ nachmahls/ die Entzuͤndung zu-
verhuͤten/ und den Schmertzen zu ſtillen/
die offterwehnte Artzeneyen/ Binden und
Baͤuſche brauchen.


43. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner eine Achſel außgefal-
haͤtte/ und der Ellbogen
entzwey waͤre?


Senertus
lib. 5. prax.

Man hat ſich offt wol vorzuſehen in den
Bruͤchen/ die nahe bey den Glaͤichen ſich
befinden/ denn es geſchicht offt/ daß auch
das Glied dabey mit aus iſt/ welchen denn
recht zu begegnen/ man das verrenckte Glied
zuvor einrichten muß/ hernach den Bruch/
und beydes mit gebuͤhrenden Mitteln verſe-
hen. Wann man aber ohne Gefahr/ das
verrenckte Glied nicht einrichten darff/ we-
gen groſſem Schmertzen und groſſer Ent-
zuͤndung/ ſoll man zuvor den Bruch vor-
nehmen/ und dann endlich die Achſel ein-
richten/ wann der Callus ſich geſetzt/ denn
ſonſten wuͤrden viel Zufuͤll verurſachet
werden.


44. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner
[485]von Bruͤchen.
ner die Achſel außgefallen/
und der Arm hinter dem
Ellbogen entzwey waͤre/
und haͤtte eine beinſchroͤti-
ge Wunde?


Bey Einrichtung der Achſel waͤre allhie
groſſe Gefahr/ in dem nicht allein der Ell-
bogen oberhalb entzwey/ ſondern auch un-
terhalb eine beinſchroͤtige Wunde; Weß-
wegen man das zerbrochene Glied der Ge-
buͤhr nach verbinden ſoll/ nachmahls zu der
Wunden ſehen/ die loſen Beiner heraus
nehmen und heilen/ wie offt in den anderen
Theilen dieſes Buchs gedacht worden/ in
ſonderheit den Zufaͤllen/ als Entzuͤn-
dung/ Krampff/ Fieber und dergleichen zu-
vor kommen.


45. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner einen Armbruch haͤt-
te/ und ihm die Achſel
ſchwindete?


In Heilung der Schwindung ſoll manHildanus in
Tractat. de
Synovia.

allezeit auf die Urſach Achtung gebẽ/ derowe-
gen/ wañ wegen Verſtopfung oder Schwaͤ-
chung der iñeren Glieder das Abnehmen ge-
ſchicht/ ſo muß man die Glieder eroͤffnen und
ſtaͤrcken/ ſo woll durch Artzeney als durch
H h iijSpei-
[486]Fuͤnffter Theil
Speiſen. Die Leibes Bewegung ſoll maͤſſig
ſeyn/ das krancke Glied ſoll man des Mor-
gens/ wann der Patient auffſtehet/ und die
Schweißloͤcher noch offen ſeyn/ erſtlich mit
warmen Tuͤchern/ nachmahls mit Safft
von Regenwuͤrm/ Forſch-Oehl/ oder ſon-
ſten einem ſtaͤrckenden Glieder-Waſſer rei-
ben/ oder in Mangelung deſſen/ mit einem
Schwind-Saͤlblein des Tages zweymahl
ſchmieren/ welches gemacht iſt von Rengen-
wuͤrm-Oehl/ langen Pfeffer/ Euphorbio,
caſtoreo, ol: è baccis juniperi \&c.
Wenn
aber eine Haͤrte an einem Ort des leidenden
Theils zu gegen/ welche den Durchgang der
Nahrung und Geiſter verhindern wolte/ ſo
iſt dieſelbe zu erweichen und zu zertheilen mit
Behungen/ gemacht von Ibiſchwurtz/
Weiß-Lilienwurtz/ Stickwurtz/ Attich-
wurtz/ Paplen/ Chamillen/ Steinklee/
Bethonien/ Hollunderbluͤth/ Leinſamen/
fœn: græc: und ein wenig Anies/ ein Saͤck-
lein gemacht/ daſſelbe in Waſſer geſotten/
das Glied gebehet/ nach dieſem mit Regen-
wuͤrm-Oehl geſalbet/ und ein Empl. d. mu-
cilaginibus
oder de œſypi oder de ranis c.
merc. Vigonis,
oder de cicuta uͤbergeleget.


46. Was iſt bey den Bruͤchen
der Rippen zu thun?


Die gebrochene Rippen zu recht zu brin-
gen/
[487]von Bruͤchen.
gen/ ſoll man wiſſen/ daß ſolche entweder
halb oder gantz entzwey gebrochen werden
koͤnnen/ welchen man entweder mit den
Haͤnden/ nemblich wann ſie heraußwerts
ſtehen/ oder aber mit ſtarck-klebenden Pfla-
ſtern/ wann ſie ſich hinein begeben/ zurecht
hilfft/ nachmahls ein Bruch-Pflaſter uͤber-
gelegt/ und ſich keiner andern Gebaͤnde ge-
brauchet/ als daß nur das Pflaſter aufflie-
ge: Die Heilung der halb entzwey gebro-
chene Rippen/ wird in 21. Tagen nach Celſi
Meinung/ verrichtet.


47. Warumb ſind die innerliche
Bruͤche der Rippen meh-
rentheils toͤdtlich?


Daß ſolche nur allein in ihrem inwendi-
gen Theil zerbrechen/ geſchicht gar ſelten/
wann ſie aber alſo brechen/ ſo ſind ſie deß-
wegen faſt toͤdlich/ weil ſie mit ihren gebro-
chenen Spreißlein die innerliche Haut pleu-
ram,
als welche hin und wieder voller Ner-
ven Blut- und Lufft-Adern iſt/ verletzten
und ſtechen/ worauff denn ein groſſer
Schmertz/ Entzuͤndung/ ſchwerer Athem/
Blut ſpeyen/ Huſten und Fieber erfolget/
welches auch offt den Todt verurſachet.


48. Wie iſt zu erkennen/ ob eine
Rippe im Leibe entzwey

H h iiijſey/
[488]Fuͤnffter Theil
ſey/ wann die Haut noch
gantz iſt?


Solches wird erkandt durch das Beta-
ſten/ durch die Unebene und Krachen/ und
geſchicht ſonderlich/ wann der Bruch durch
und durch/ worauff dann auch insgemein
in voriger Frag gedachte Zufaͤll darzu kom-
men. Wann aber die Rippe nicht gantz
entzwey/ ſo folget weder Blutſpeyen/ Fie-
ber/ noch groſſer Schmertz.


49. Was iſt zu thun/ wann ei-
nem mit einem Beihel eine
odeꝛ mehr Rippen entzwey
gehauen waͤren?


Wann man ſpuͤhret/ daß keine ſonder-
liche Splitter in der Wunden/ ſoll man
dieſelbe fein wiederumb mit der Haut bede-
cken/ welches fuͤglich mit Hefft-Pflaſtern
oder Selbhefften geſchehen kan/ und alſo
verhuͤten/ daß keine euſſerliche Lufft die Rip-
pen beruͤhre/ ſo viel muͤglich aber die entzwey
gehauene Rippen auff einander richten/ das
Blut ſtillen/ und der Entzuͤndung wehren/
am unterſten Ort der Wunden Meiſſelen
gebrauchen/ damit die loſen Splitter und
der Eyter koͤnne ausgefuͤhret werden/ im
uͤbrigen mit mundificieren/ incarnieren/ ci-
catriſie
ren verfahren und heilen.


50. Wo-
[489]von Bruͤchen.

50. Woher kompt das Blut-
ſpeyen in dieſen Bruͤchen?


Solches kompt/ wie in der 47ſten Frag
ſchon beruͤhret/ von der durch die Splitter
verwundeten pleura, in dem dieſelbe mit vie-
len Aederlein begabet/ und das Blut/ ſo
aus den zerriſſenen Adern heraus rinnt/
gleichſam von der Lungen ausgeſogen/ von
dannen in die Lufftroͤhr gebracht/ und end-
lich durch den Mund und Huſten ausgefuͤh-
ret wird.


51. Was ſind fuͤr Zufaͤll bey die-
ſen Bruͤchen?


Unter anderen vielen theils ſchon erzehl-Paræus.
ten/ iſt dieſen Bruͤchen gemein/ die Auff-
blehung des zerſtoſſenen Fleiſches welche
von keinem Eyter/ ſondern von einer waße-
richten/ zaͤhen und rotzmaͤßigen Feuchtig-
keit alſo erhoben wird/ ſintemahl das Glied
von wegen des Stoſſes oder etwan einer
Unrechtmaͤßigkeit unvermoͤglich worden/
und alſo den ernehrenden Saft/ ſo entweder
von ſich ſelbſt hauffen weiſe hinzugefloſſen/
oder durch den Schmertz dahin gezogen/
oder aber von der Natur/ welche alle Glie-
der und alſo ſich ſelbſt zu erhalten begehret/
dahin verſchicket/ weder verdauen/ noch
ihme ſelbſt gleich machen und in ſich ver-
H h vwand-
[490]Fuͤnffter Theil
wandlen kan. Hierauff folget der zweyte
Zufall/ die Erſterbung/ Verfaulung und
Verderbung der Rippe/ welches geſchicht/
wann nemblich die Beiner ihrer natuͤrlichen
Ober-Decke beraubet worden.


Dieſem zu begegnen/ muß man die zer-
brochene Ripp/ ſo bald immer muͤglich/
auff oberzehlte Weiſe wiederum auffrichten/
die rotzige Geſchwulſt durch ſonderbahre er-
waͤrmende und reſolvierende Artzeneyen zer-
theilen/ und das Fleiſch durch die Wuͤlſt-
lein und Binden wiederumb zu ſeinen Bei-
nern fuͤgen. Wann ſie ſich aber in ein Ge-
ſchwaͤr verwandelt/ muß mans bey Zeiten
oͤffnen/ ein Roͤhrlein/ wie in den Bruſt-
Wunden/ hinein ſchieben/ und alſo dem
Eyter herauß helffen.


52. Wie ſind die Bruͤche der
Gelencke im Ruͤckgrad
und deſſen Ecken zu erken-
nen/ und was iſt dabey zu
thun?


Wann ſolche nur ein wenig zerſtoſſen
oder zerbrochen/ und kein Zufall dazu
kompt/ koͤnnen ſie leichtlich/ weil es gar
ſchwammichte Beiner/ zuſammen heilen/
wann aber ſolche ſehr entzwey/ oder deren
Apophyſes und Ecken die membranam oder
die
[491]von Bruͤchen.
die Subſtantz des Marcks im Ruͤckgrad
ſtechen/ iſt es allerdings faſt toͤdtlich/ dann
auff ſolches Stechen/ folget gemeiniglich
Entzuͤndung/ und nach dem ſolches an ei-
nem Ort/ entweder Erſtaunung der Arme
oder Schenckel/ oder Verſchlieſſung oder
Auffloͤſung des Afftern/ und der Harn-
Blaaſen. Man muß ſie/ wann etwan
Hoffnung/ wieder zuſammen helffen/ wann
ſie aber ſtechen/ die Haut oͤffnen/ und die
Splitter herauß nehmen.


53. Was iſt bey den Bruͤchen
des heyligen Beins zu thun?


Solches wird ins gemein an dem Ort
zerbrochen/ da es leichtlich geheilet werden
kan/ wann aber nebenſt ſeinen Glaͤichen
auch das darin liegende Marck getroffen
und verletzet wird/ koͤnnen ihrer wenig dem
Tode entrinnen/ doch ſind ſie nicht ſo ge-
faͤhrlich/ als beym Genick.


54. Was iſt bey den Bruͤchen
des Endes oder Schwan-
tzes des heyligen Beins zu
thun?


Allhie muß man den Patienten ſtehenVeſalius
lib. 2. cap.
9.

laſſen/ damit man mit der einen Hand den
Schwantz des Beins nieder drucken/ mit
der
[492]Fuͤnffter Theil
der andern aber mit dem Finger in den Aff-
tern greiffen/ und mit demſelben auffheben
koͤnne/ und daſſelbige ſo lang verſuchen/
biß das Bein wieder an ſeinen gehoͤrigen
Ort gebracht worden: Damit aber wegen
Vortreffligkeit des Marcks/ ſo woll die ein-
flieſſende Materie auffgehalten/ als die
ſchon eingefloſſene zertheilet werde/ ruͤhmet
Joh: de Vigo ſein defenſiv gemacht von ol: ro-
ſarum, ol: myrtillorum, cera alba, bol: ar-
men: ſantal: omn, farin: fabarum, hordei.


55. Wie ſind die Bruͤche der
Hufft zu erkenen?


Sie werden erkand durch den ſtechenden
Schmertzen/ euſſerliche Tieffe und Unebe-
ne des Orts/ wie dann auch auß der Er-
ſtaunung deſſelben Schenckels/ auch iſt der-
ſelbe Schenckel kuͤrtzer.


56. Wie ſind die Bruͤche der
Hufft zu curiren?


lib. 4. fen: 5.
tract. 3. c.

14.

Wiewoll Avicennas bezeuget/ daß dieſe
Bruͤche ohne hincken nicht koͤnnen curieret
werden/ ſonderlich wann ſie nahe am Ge-
lenck der Hufft/ welchem auch beyfallen
Celſus lib. 8. cap. 10. Johannes de Vigo lib: 6.
cap. 14. Gvido, Brunnus
und andere mehr/
ſo hat doch Fabritius Hildanus durch Erfin-
dung eines Inſtruments, welches Centur: 5.
Obſer-
[493]von Bruͤchen.
Obſervat: 86. beſchrieben ſtehet/ ſo viel zu
wege gebracht/ daß ſolche ohn eintziges hin-Cur und Hei-
lung.

cken geheilet werden koͤnnen: Mann ſoll
aber dem Patienten das Schenckel-Bein
fleiſſig und woll/ doch ehe zu viel/ als zu
wenig ſtrecken/ welches geſchicht/ in den
Kindern und Schwachen/ mit den Haͤn-
den und Handtuͤchern/ in den Starcken
aber/ mit den Inſtrumenten/ als dem Zug
und des Hildani Remora mit ſampt dem
gemachten Guͤrtel/ dann auff ſolche weiſe/
koͤnnen die/ gleichſahm uͤber ein ander lie-
gende Beiner/ von einander gezogen/ und
mit der Hand fuͤglich eingerichtet werden/
nach welchen man das Seil des Zugs nicht
nachleſt/ ſondern zuvor das Glied von un-
ten biß oben/ mit Roſen-Oehl wol geſal-
bet/ uͤber den Bruch aber/ ein Umbſchlag/
von Gerſtenmehl/ geſtoſſene Roſen/ Gra-
nath-Bluͤth/ Cypres-Nuͤß/ Galloͤpffel/
Eyerdotter/ und mit halb Eſſig und Waſſer
zu einem Cataplaſmate gemacht/ warm uͤber-
gelegt/ nachmahls mit Binden und
Paͤuſchlein/ Schienen und dergleichen wol
verſehen/ in eine darzu gemachte Kiſten
legt: Am vierten und fuͤnfften Tag/ ſoll
man/ wo nichts widerliches ſich bey dem
Bruch zugetragen/ auffbinden/ und die
Pflaſter ernewren/ auch kan man in Ver-
binden das Schraubzeug wieder anlegen/
aber
[494]Fuͤnffter Theil
aber gar nicht anziehen/ nur daß man deſto
ſteiffer im Verbinden den Fuß halten kan;
Nach dem aber das Glied gehoͤriger maßen
verbunden/ muß man des Hildani Inſtru-
ment
anlegen/ biß zu end der Heilung/ wel-
ches/ wie es gemacht werden ſoll/ außfuͤhr-
lich am gedachten Ort beſchrieben wird.


57. Was iſt bey den Bruͤchen
des Voder- oder Hinter-
Arms zu thun/ und wie iſt
ihnen zu helffen?


Dieſe Beiner werden entweder mit ein-
ander zerbrochen/ welches aͤrger/ oder ei-
nes allein/ welches leidlicher/ dann in ſol-
chen haͤlt das eine Bein den Arm in ſeiner
ſtelle beſſer/ als alle Schienen; Zu denen
aber/ da beyde zerbrochen/ muß man heffti-
ger und mit groͤſſerer Gewalt außdehnen/
welche/ wann ſie der Gebuͤhr nach/ einge-
richtet/ und mit Pflaſtern und Schienen/
wie auch Binden und dergleichen woll ver-
ſehen/ man den Arm in eine Schlinge legen
muß/ alſo/ daß die Hand nur ein wenig
hoͤher ſey/ dann der Ellbogen/ damit das
Gebluͤth und andere Feuchtigkeiten ſich
nicht hinunter laſſen/ der Arm aber ſoll alſo
liegen/ damit der Daumen in die hoͤhe ſtehe/
daß die Muſculen und Roͤhren in ihrem
rechten
[495]von Bruͤchen.
rechten Lager bleiben/ und nicht verdrehet
werden.


58. Wie iſt ein Arm der im Glied
oder Glaͤich des Ellbo-
gens entzwey iſt/ zuver-
binden/ damit er nicht ſteiff
bleibe?


Solchen Gebrechen nennet Galenus Æcy-
loſin,
welchem man vorkompt/ in dem man
dem Krancken den Arm zu etzlichen mahlen/
doch ſo viel immer muͤglich/ ohne Schmer-
tzen einbieget und außſtrecket/ damit ſich
nicht durch das allzu lang ſtill liegen in der
Schlingen/ etwan ein Fluß daſelbſt hinſetze/
und die Beiner oder Knochen des Glaͤichs
durch denſelbigen/ gleich als durch einen
Leim zuſammen wachſen/ und mit dem callo
oder Schwulen uͤberzogen werde/ wel-
ches das Biegen und Außſtrecken des Glie-
des verhindere/ wie in der 27. ſten Frage
des 4ten Theils ſtehet.


59. Was iſt zu thun/ wann
einem/ dem ein Glied auß/
oder entzwey gehauen/ es
waͤre am Arm oder Schen-
ckel/ das Glied krum bliebe
oder ſchwindete?


Hier-
[496]Fuͤnffter Theil

Hierinnen iſt nichts ſonderliches zuhelf-
fen/ wann ein Glied alſo zerhauen daß ſeine
Ligamenta und Sehnen/ welche die Bewe-
gung machen ſollen/ allerdings entzwey
ſeyn/ auch die zerhauene Beiner im Glaͤich
mit einem callo befeſtiget ſind/ welches dann
die Unbewegligkeit verurſachet; Wann aber
ſolche Wundung noch leidlich geweſen/ kan
man das Glied mit dem decocto von
Schaaff-Fuͤſſen/ auch flor: cham: altheæ,
melilot
und der gleichen behen/ erweichende
Oehl und Saͤlblein brauchen/ ſo gemacht
von axung: human, gallinar, canum, ung:
dialtheæ \&c.
Das Schwinden iſt auch
allerdings unheilbahr/ welches durch die
Zertrennung der groſſen Adern und Arte-
rien verurſachet wird/ in dem die Nahrung
dem Glied nicht mehr kan ſo haͤuffig zuge-
ſuͤhret werden/ wann aber ſonſten ſolche
Schwindung durch Geſchwulſt verurſa-
chet wird/ muß man ſolche erweichen und
zertheilen/ kompt ſie aber aus mangel der
Nahrung/ muß man dieſelbe durch maͤſſiges
Reiben/ und hitzigen an ſich ziehenden Saͤlb-
lein herzu locken/ wie ſchon zur gnuͤge ge-
meldet.


60. Was iſt zu thun/ wann ein
Kampfrad in einer Muͤhl/
einem eine Hand erwiſcht/

und
[497]von Bruͤchen.
und dieſelbe alſo zurichte-
te/ daß die Nerven herauß
hingen?


Faſt dergleichen iſt vor wenig Jahren zu
Padua geſchehẽ/ daß ein Pferd mit den Zaͤh-
nen einem Stall-Knecht den Daumen erha-
ſchet/ denſelben von der Hand hinweg ge-
riſſen/ zugleich mit einem ſtuͤck des Tendinis
einer ziemlichen Laͤnge. Petrus de Marchet-
tis Chirurgiæ Doctor
hat ihn folgender maſ-
ſen curiret: Erſtlich hat er ihm das Blut
geſtillet/ das Glied maͤhlig gebunden/ und
weil die Natur/ in dem ſie dem krancken
Glied zu huͤlffe kompt/ viel Bluth hinzu-
ſchicken pflegt/ hat er den Ober-Arm mit ei-
nem defenſivo umbgeben/ gemacht von bolo
armen, terra ſigillata ſangv
: draconis, cera,
ol: roſaceo \& aceto,
und damit in dem leeren
Theil der Muſculen/ da zuvor der tendo ge-
weſen/ ſich kein Bluth ſamle/ und ſich end-
lich apoſt emire und faule/ hat er den gantzen
Ellbogen mit dem ol: roſato omphacino,
auch den Schmertzen zu ſtillen/ geſalbet:
Des andern Tages/ in dem die Bluth-
ſtillung abgenommen/ lagen die Beiner
und tendines, welche er mit truckenen Fa-
ſen belegte/ biß ſie mit Fleiſch kunten bede-
cket werden/ das zerſtoſſene und zerquetzte
Fleiſch zu ſuppuriren/ brauchte er das ungv.
J idige-
[498]Fuͤnffter Theil
digeſtivum c. ol: roſarum, uͤber welches ein
Pflaſter gelegt ward/ welches ſehr kraͤfftig
die humores zuruͤcke zu treiben und die Ent-
zuͤndung zu verhuͤten/ iſt gemacht ex ungv:
de ſolano, Infrigidante Galeni,
und de ceruſa
camphorat,
denſelben Tag/ nach dem man
dem Patienten zuvor ein Clyſtier beyge-
bracht/ hat man ihm am anderen Arm eine
Ader gelaſſen; Den dritten Tag gab man
ihm eine gelinde Purgantz/ mit dem defen-
ſivo, digeſtivo
und Salbung hat man in den
ſiebenden Tag angehalten/ nach dieſem aber/
an ſtat des ol: roſacei omphacini, das ol: ro-
ſaceum lumbricatum
gebrauchet/ damit
durch ſelbiges die Nerven moͤchten erfriſchet
werdẽ/ nach der digeſtion hat man zu mundi-
fici
ren angefangen/ und gleichfals die Wun-
de zu incarnieren/ das ungventum de beto-
nisa
uͤbergelegt/ uͤber ſelbiges das Empl. dia-
calciteos Galeni,
damit die Wunde außge-
trucknet und das Fleiſch gezielet werde. End-
lich/ damit die Wunde mit Haut beſchloſ-
ſen wurde/ iſt das ungv. de tutia und Empl.
diapalma
gebrauchet worden/ das herfuͤr-
qvillende Fleiſch zu daͤmpffen/ miſchte man
ein drittentheil des ungv. Iſidis darunter;
Ward alſo dieſer Patient ohn zukommen-
den eintzigen Zufall/ gluͤcklich geheilet/ in
dem man ihm dabey in die 14. Tage in ge-
nauer Diaͤt gehalten. Weil aber bey der-
gleichen
[499]von Bruͤchen.
gleichen Zerqvetſchung/ als in den Muͤhl-
raͤdern/ viel Zufaͤll pflegen zuzufallen/ ſon-
derlich der heiſſe- auch woll gar der kalte
Brand/ als muß man denſelben/ wie an
ſeinem Ort gemeldet/ mit gebuͤhren den Mit-
teln vorkommen/ die loſen Beiner herauß
nehmen/ und ſonſten verfahren/ wie offt ge-
gemeldet worden.


61. Was iſt zu thun wann einem
ein Stein oder Klotz auff
die Hand oder Fuß fiele/
daß die Beiner auff dem
Reihen oder Blad zer-
ſchmettert jedoch die Haut
nicht offen?


Wann man ſpuͤrte daß die Beiner ent-
zwey/ und in groſſe Stuͤcke gebrochen kan
man ſolche woll wieder auf einander richten/
den zuflieſſenden Feuchtigkeiten muß man
mit Umbſchlaͤgen/ als der Mixtur von Eſ-
ſig und Waſſer/ ſteuren/ nachmahls ge-
brauchen/ welches das Gebluͤth vor Fau-
lung bewahret/ als Farin: fabarum, ſalis
commun, ſumitat: abſinthii ſcordii utriusq;,
ruthæ \&c.
welche gekocht werden mit oximel
und hinzu gethan aloes und Mirrhen; Wañ
aber die Beiner gantz zerſchmettert/ und die
Schiefferlein die Nerven ſtechen/ ſoll man
J i ijdie
[500]Fuͤnffter Theil
die Haut an einem beqvemen Orth oͤffnen/
dieſelbe heraus nehmen/ oberhalb des Scha-
dens mit dem ol: roſaceo defendiren/ eine ge-
naue Diaͤt anſtellen/ eine Ader oͤffnen/ die
Wunde mit einem digeſtivo, in welchem
gummi elemi, ol: roſarum, ovorum, und crocus
gethan/ verſehen/ auch kan man wegen ver-
huͤtung des Brandts das ungv: Ægyptiac:
Magiſtrale Hildani
brauchen.


62. Was iſt bey den Bruͤchen der
Haͤnde zu thun?


Man ſol die Hand auff einen ebenen Ort
legen/ die Beiner wieder auffeinander rich-
ten/ dieſelben mit Wuͤlſtlein/ Binden und
Schienen an ſeinem Ort erhalten/ und weil
dieſe Beiner ſchwammicht/ werden ſie in
wenig Tagen mit einer Schwule uͤberzogen.


63. Was iſt bey den Bruͤchen
des Obern-Schenckels
zu thun?


Wie woll von der Cur des gebrochenen
Ober-Schenckels oder Hufftbeins in der
56ten Frage dieſes Theils iſt gemeldet wor-
den/ ſo iſt uͤber das zu mercken noͤthig/ daß
man die Figur des Schenckels behalten
muß/ in dem ſolcher am inwendigen Theil
holl/ im außwendigen aber heraus gebogen
und gewelbet/ weßwegen man dann inwen-
dig
[501]von Bruͤchen.
dig die Hoͤlen mit Wuͤlſtlein/ ſo mit einer
Roſen-Salb oder dergleichen uͤberſtreichen/
damit ſie fein ankleben/ außfuͤllen muß:
Wie ſolches auch in den Bruͤchen des
Schienbeins in acht zu nehmen iſt.


64. Auff wie viel Stuͤck hat
ein Chirurgus Achtung zu-
geben/ der ein gebrochen
Bein oder Glied recht und
woll legen wil?


Auff dreyerley/ daß nemblich das Glied
liege 1. weich/ damit nicht durch das Dru-
cken ein Schmertz und Entzuͤndung verur-
ſachet werde. 2. Muß es gleich liegen/ da-
mit nicht durch das ungleiche Lager eine
Kruͤmme gemacht werde. 3. Soll das Glied
in etwas erhoͤhet liegen/ damit das Gebluͤht
ſich hauffen-weiſe nicht koͤnne hinab begeben.
In dem Bruch eines Fuſſes ſoll das Lager
alſo beſchaffen ſeyn/ daß nicht allein derſelbi-
ge um den Bruch herum/ ſondern auch der
gantze Schenckel biß zur Hufft in etwas hoͤ-
her geleget werde. Fabritius Hildanus pag.
92. wil/ daß/ nach dem der Schenckel mit
Binden/ Schienen und Capſeln woll ver-
ſehen/ man denſelben bald auff dieſe/ bald
auff eine andre Seite lege/ damit die Laſt
auff die Hacke oder Verſe nicht allezeit kom-
J i iijme/
[502]Fuͤnffter Theil
me/ wie etzliche im Brauch haben/ davon
offters viel Schmertzen und Zufaͤll kom-
men.


65. Was iſt in den Beinbruͤ-
chen zu gebaͤhrung einer
Schwulen am meiſten
vonnoͤthen?


Den Callum zu gebaͤhren/ kan und ſoll
man ſich nicht ehe befleißigen/ es ſey dann
keine inflammation mehr zu fuͤrchten/ wel-
ches ins gemein umb den ſiebenden Tag ge-
ſchicht/ und wird ſolcher befodert 1. durch
Speiß und Tranck/ welche einer zaͤhen und
klebrichten Subſtantz ſeyn/ als Reiß/
Gruͤtz/ wie auch Fuͤſſe von Thieren/ doch
muß man des Patienten Natur betrach-
ten/ daß man Maaß halte/ damit nicht
ſolche Speiſen eine Verſtopffung der Ge-
kroͤß- aͤderlein verurſachen. Die gar zu
duͤnne Speiſen ſind auch nicht erſprießlich/
in dem ſie ein zartes duͤnnes Gebluͤth ma-
chen/ und die Ziehlung des Maſers verhin-
dern/ iſt alſo das beſte/ daß man die Mit-
telſtraaß halte. 2. Wird der callus auch
durch innerliche medicamenta befodert/ als
da iſt; der ſuccus primulæ veris, pulv: rad:
agrimon,
in Wein eingegeben/ auch der
Lap: Oſteocollæ, welcher doch nur alten Leu-
ten
[503]von Bruͤchen.
ten zu gebrauchen/ wie beym Fabritio Hil-
dano pag.
89. zu ſehen. 3tens gehoͤren auch
euſſerliche Mittel dazu/ derer ſehr viel/ als:
Radix conſolid, barb: caprin, nuc: cupres,
gallas, farin: volatil, bolus, lap: oſteocoll,
myrrhæ, aloes \&c.
von welchem theils Doͤr-
baͤnd/ theils Pflaſter gemacht werden;
Unter den compoſitis hat man das Empl.
oxicroceum,
das Empl. barbarum, welche/
weil ſie hitzig/ im Winter/ das Empl. dia-
palma
aber/ im Sommer gebrauchet wer-
den. Damit aber ſolcher Callus nicht zu
hoch werde/ iſt zum 4ten von noͤthen/ daß
man das Glied mit Binden und Schienen
woll verſehe/ wie bey Verbindung der
Bruͤche gedacht worden: Letzlichen iſt am
allermeiſten die Ruhe hoch von noͤthen.


66. Wie iſt in den Bruͤchen des
Obern- und Untern Schen-
ckels/ ſo etwan nahe bey
dem obern oder unterem
Gelenck oder Haupt des
Beines ſeyn/ zu verfahren?


Von den Bruͤchen der Hufft iſt kurtzParæus.
vorher gedacht worden; Uber das iſt zu
erinnern/ daß man die Beine fein auffein-
ander richten muß/ etzliche Schienen und
Wuͤlſtlein herumb legen/ hernachmahls
J i iiijmit
[504]Fuͤnffter Theil
mit einer zweykoͤpfichten Binde der
Schlimme nach Creutzweiß uͤber dem
Glaͤich oder Gewerb den Bruch verſehen/
dem Patienten einen Auffhelffer machen/
damit er ſich offtmahls auffrichten/ und die
Lenden/ welche durchs liegen hart gedrucket
werden/ auffluͤfften koͤnne.


67. Welche Bruͤche der Roͤh-
ren im Obern-Schenckel
koͤnnen leichtlich fuͤr eine
Verrenckung angeſehen
werden?


Die/ ſo nahe bey dem oberen Gelenck
der Hufft geſchehen/ haben viel unvorſich-
tige Wund-Aertzte betrogen/ in dem ſie es
nicht fuͤr eine gaͤntzliche Abſonderung oder
Heraußreiſſung des Anhangs oder Haupts
gemelter Roͤhren/ ſondern vor eine Ver-
renckung gehalten haben; In dem man
aber im Strecken auff das Krachen ach-
tung giebt/ auch keine Hoͤle noch Tieffe in
der Junctur befindet/ ſpuͤret man gleich/ daß
es ein Bruch und keine Verrenckung.


68. Waruͤmb ſind die Bruͤche/
welche nahe an dem Gelen-
cke ſind/ gefaͤhrlicher als
andere?


Sol-
[505]von Bruͤchen.

Solches geſchicht/ weil die Oerter kalter
Natur ſeyn/ wegen mangel des Gebluͤths/
am aller meiſten aber/ weil in den Gelen-
cken viel tendines zuſammen kommen/ auch
die tendines und nervi ziemlich bloß liegen/
und mit wenig Fleiſch bedecket ſeyn/ wes-
wegen ſie dann auch viel ſchweren und boͤſen
Zufaͤllen unterworffen ſeyn.


69. Was iſt bey den Bruͤchen
der Knieſcheiben zube-
trachten?


Die Knieſcheiben werden mehrentheils
zerſtoſſen/ bißweilen/ aber ſelten zerbrochen/
denn ſie weichen bald von einer Seiten zur
andern/ wann es aber geſchicht/ ſo brechen
ſie in zwey oder drey Stuͤck/ in die laͤnge
oder uͤber zwerg/ oder durch die Mitte ge-
ſpalten/ oder in viel Stuͤcklein zerſchellt/
und dieſes alles/ entweder mit/ oder ohne
Wunden.


70. Wobey iſt ein Bruch der
Knieſcheiben zu erkennen?


Sie werden erkandt/ wann der Patient
nicht mehr gehen kan/ denn das Gelenck bie-
get ſich/ ſo woll vor/ als hinter ſich/ es er-
zeiget ſich auch im Knie eine Tieffe/ man
kan auch die Stuͤcklein durchs Betaſten
J i vunter-
[506]Fuͤnffter Theil
unterſcheiden und fuͤhlen/ in dem mans
mit den Haͤnden tractiret/ hoͤret man auch
das Geraͤuſch.


71. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner die Knieſcheibe uͤber
zwerg entzwey gefallen
haͤtte/ und das Knie were
auß?


Man ſoll/ wann keine Entzuͤndung zu
gegen/ das Knie wieder einrichten/ wie in
anderen Verrenckungen gemeldet/ den
Schenckel fein außſtrecken/ die gebrochene
ſtuͤck der Knieſcheiben aneinander richten/
mit Baͤnder und gebuͤrlichen Artzeneyen ver-
ſehen/ eine Strohlade oder Capſel anlegen/
und damit der Krancke nicht/ etwan aus
Vergeſſenheit/ das Knie einbiege/ einen
Kneil unter die Kniebeuge binden/ und alſo
biß zu end der Cur/ außgeſtreckt erhalten.


72. Wie iſt der jenige zu [wer-
den]
/ der durch fallen ein
Knie verrencket haͤtte/ und
ein Glied-ſchwam dazu
kaͤhme?


Wie das verrenckte Glied einzurichten/
iſt in der 43ſten Frage dieſes Theils eroͤrtert/
wie
[507]von Bruͤchen.
wie aber mit dem Gliedſchwam zu verfah-
ren/ ſiehe die 54ſte Frage des erſten Theils.


73. Wie iſt zu helffen/ wann
durch einen ſtarcken Fluß/
der Krancke das Knie
krumm gezogen haͤtte.


Wann der Leib der Gebuͤhr nach gereini-Hildanus
Cent. 6.
Obſerv.
90.

get/ und alſo der Zufluß benommen/ ſoll
man/ wann das Knie hart und ſteiff/ eine
Behung gebrauchen/ von Ebiſch/ Pappel-
wurtz/ Bethonien/ Chamomillen/ Stein-
klee/ Leinſahmen Fœnum Græcum, Anies ꝛc.
gekocht/ in einer Bruͤhe von Hammels-
Fuͤſſen/ damit drey mahl des Tages gebehet/
nach derſelben/ ein erweichend und ſtaͤrcken-
des Pflaſter uͤbergelegt/ ſo gemacht von
Empl. d. mucilaginibus, gum: ammoniac,
Saffran/ Regenwuͤrm-Oehl/ Maſtix/
Weyrauch und Wachs; Auch kan man
das Knie mit dem ausgepreſten Safft von
Regenwuͤrmen/ Bethonien/ Salbey/ und
Wacholder-Waſſer ſchmieren/ das Knie
ſtaͤrcken/ und mehlich zur Bewegung ge-
wehnen: Wie dann auch die geſchraubte
Inſtrumenta nuͤtzlich koͤnnen angeleget wer-
den/ die nicht allein beym Hildano, ſondern
auch in dem Armamentario chirurgico Scui-
teti
zu finden.


74. Was
[508]Fuͤnffter Theil

74. Warum hincken dieſelben
gemeiniglich/ ſo von den
Bruͤchen der Knieſcheiben
ſind geheilet worden?


Hildanus
Cent. 5.
Obſerv.
88.

Wiewoll Paræus lib. 14. cap. 22. ſolches
dem daruͤber gewachſenen Maſer die
Schuld zumiſſet/ ſo haͤlt doch Fabritius Hil-
danus
vernuͤnfftig davor/ daß ſolches nur ge-
ſchehe 1. wann eine Zermalmung ſo woll der
Knieſcheiben als des perioſtij zugegen/ dann/
wann das perioſtium gantz/ ſo haͤlt es die
Materie des Maſers auff/ daß derſelbe nicht
außwachſen kan. 2. Wann der Bruch
der Knieſcheiben in die breite/ und uͤber zwerg
oder ſchlims/ dann alſo koͤnnen die Maͤuß-
lein die zerbrochene Stuͤck von einander zie-
hen/ und iſt unmuͤglich (wie woll Paulus
Ægineta lib.
6. cap.
103. dafuͤr haͤlt) daß
ſolche Stuͤck koͤnnen mit ihren Lefftzen zu-
ſammen gefuͤgt/ oder wann ſie heyſammen/
ſo lang wegen hefftigen Schmertzens zu-
ſammen gehalten werden; Wann aber die
Knieſcheibe der laͤnge nach entzwey/ wird
kaum das Hincken dadurch verurſachet
werden koͤnnen/ wann nur die Zufaͤll ver-
huͤtet werden/ dann es kan das gebrochene
leichtlich mit Polſter und Schienen an ſei-
nem Orth erhalten werden/ weil der
Maͤußlein eigenthuͤmliche Verrichtung iſt/
daß
[509]von Bruͤchen.
daß ſie gegen ihren Urſprung ſich ziehen/ und
alſo wegen ſtarcker anziehung die Lippen der
gebrochenen Knieſcheiben/ auffs ſteiffeſte ver-
einbahren.


75. Wie iſt zu erkennen/ ob das
groͤſſere/ kleinere/ oder alle
beyde Schienbein zerbro-
chen?


Wann das groſſe Schienbein alleinParæus.
zerbrochen iſt/ ſo laſſen ſich die Zeichen der
Bruͤche allein im inwendigen Theil des
Schenckels ſehen/ denn das kleinere laͤſt ſich
nicht/ wann es noch gantz und unverletzet
iſt/ in dem euſerſten Theil herfuͤr/ gleich wie
die Bruͤche des Kleineren im Gegentheil im
auswendigern. Wann ſie aber beyde ent-
zwey/ erſcheinen die Zeichen/ ſo wol auff ei-
ner/ als auch der anderen Seiten.


76. Wie ſind ſie zu curieren?


Die groͤſſere Roͤhr/ wird ſchwerlicher alsCur und
Heilung.

die kleinere geheilet/ noch ſchwerer iſt/ wann
ſie beyde zugleich entzwey. Man muß ſie
mit Strecken und Streichen fein in ihr La-
ger bringen/ wann etwa eine Wunde da-
bey/ mit dem Finger fuͤhlen/ ob loſe Bei-
ner verhanden/ dieſelbe heraus nehmen/
wann aber die Roͤhren herauß ſtehen/ muß
man entweder ein Stuͤck davon abbeiſſen/
dafern
[510]Fuͤnffter Theil
dafern man ſolches mit ſtrecken nicht kan
willig hineinbringen/ oder die Wunde er-
weiteren/ welches ſich aber ohne Unter-
ſcheid/ ſonderlich bey den Gelencken und
groſſen Adern und Arterien nicht wil thun
laſſen; Die Wunde muß man vom Blut
ſauberen/ die Lefftzen ſo woll/ als die umb-
liegende Oerter ſalben mit dem ungv. ro-
ſat,
oder ol. roſar. omphacino, die Wuͤlſtlein
und Binden in halb Eßig und Roſen-Waſ-
ſer getunckt/ gebuͤhrlich anlegen/ aber mit
dem Eintuncken uͤber 5. oder 6. Tag nicht
anhalten/ dann es verſtopfft die Schweiß-
loͤcher/ und veruhrſachet Jucken/ Geſchwaͤr
und andere Zufaͤll; Auch ſoll man die
Binden eben ſo woll auch uͤber die Wun-
de gehen laſſen/ es ſey dann ein groſſer
Schmertz dabey/ dann wann die Binden
nicht uͤber die Wunde gehen/ werden die
Feuchtigkeiten durch die umbliegende Bin-
den/ ſo woll von oben/ als von unten zur
Wunden getrieben/ und allerhand Zufaͤll
verurſachet.


77. Worbey iſt abzunehmen/
obetzliche Stuͤck der Kno-
chen gar abgeriſſen oder
loß ſeyn?


Paræus.

Solches wird erkant aus dem duͤnnen
und unzeitigen Wundſchweiß/ ſo aus der
Wun-
[511]von Bruͤchen.
Wunden rinnet/ und iſt deſſelben mehr/ als
die Hoͤle der Wunden mit ſich bringet/ item
aus den dicken und auffgeworffenen Lefftzen
der Wunden/ aus den luckeren und
ſchwammichten Fleiſch/ wie auch aus der
Bloͤſſe der Beiner/ dann weil ſie mit Fleiſch
nicht bedecket ſeyn/ kan die Nahrung durch
die Adern nicht mehr hingebracht werden.


78. Woher kompt es fuͤrnem-
lich/ daß ein Patient bey
ſolchen Bein-Bruͤchen der
Glieder/ in dem Schlaff
mit der Convulſion oder
Krampff uͤberfallen wird?


Daß ſolches mehrentheils im Schlaff ge-
ſchicht/ iſt anders nichts/ als/ weil durch
den Schlaff die natuͤrliche Waͤrmbde in den
Leib hinein getrieben wird/ die euſerſten Glie-
der aber deſſen beraubt/ hefftig erkalten/ in
dem aber ſchickt die ſorgfaͤltige Natur dem
leidenden Theil die Geiſter zu/ welche/ weil
ſie nicht koͤnnen wegen Schwaͤche des
Glieds angenommen werden/ hauffenweis
zuruͤck mit ungeſtuͤm prallen/ und an den
Ort gelangen/ von welchem ſie aus gegan-
gen/ dieſem folgen die Muſculen/ und alſo
auch neceſſariò die daranhangende Beiner:
Welches die Urſach iſt/ daß offtmahls die
einge-
[512]Fuͤnffter Theil
eingerichtete Beiner mit einem unleidlichen
Schmertz außweichen.


79. Wie iſt zu erkennen/ ob der
Bruch mit einer Schwule
bewachſen?


Wann die Schmertzen und Zufaͤll nach-
laſſen/ und wann eine Wunde dabey/ nicht
viel mehr Eyter und Wundſchweiß giebt/
auch faͤngt der Bruch in etwas an zu kitzelen
und zu jucken/ alsdann beginnet die Schwu-
le oder callus hart zu werden/ und ſoll man
den Bruch nicht mehr ſo offt auffbinden/ da-
mit nicht die Materie der Schwulen/ durch
das gar zu offte abſauberen erſchoͤpffet/ und
verzehret werde.


80. Wie kan die Schwule ver-
hindert oder befodert wer-
den?


Die Mittel/ welche die Schwule entwe-
der verzoͤgeren/ oder gantz und gar auffhe-
ben/ ſind/ die groſſen Gewalt haben/ duͤnn
zu machen und zu zertheilen/ oder aber/ die
da ſchmierig/ oͤhlicht und feucht ſeyn/ denn
dadurch wird der Safft/ aus welchem die
Schwule erwachſen ſoll/ zerſchmeltzet/ ge-
mindert/ weich und nachlaͤßig gemacht.
Die Mittel aber/ die den Callum befoderen/
ſind
[513]von Bruͤchen.
ſind vielmehr trucken/ dick und hart zuma-
chend/ wie dann auch ein- und zuſammen-
ziehend/ und gleichſahm die Haut zu ver-
ſtopffen geartet/ und einer maͤßig-warmen
Natur/ in welchen man ſich auch vorzuſe-
hen hat/ damit die Schwule nicht gar zu
groß werde/ wie ſchon gemeldet/ denn es
geſchicht zu zeiten/ daß ein uͤberaus groſſer/
harter und gleichſam ſteinichter callus her-
vor waͤchſt/ welcher ſich mit medicamenten
nicht wil bendigen laſſen/ alsdann muß
man/ (wo man die deformitaͤt nicht leiden
wil) die Haut oͤffnen/ und ſelbigen mit ſcal-
pris
wegſchaffen/ wie Jeſſenius à Jeſſen, in
ſeinen Inſtitutionibus chirurgicis lehret.


81. Wie iſt mit den Behungen
und Uberſchlaͤgen/ ſo man
zu den Bein-Bruͤchen zu
gebrauchen pfleget/ zu ver-
fahren?


Daß die Behungen/ auch nur das bloſſe
Waſſer allein/ groſſen Nutzen in den Bein-
Bruͤchen haben/ iſt bekandt/ denn ſie erwaͤr-
men die Feuchtigkeiten/ ſo ſich in den euſer-
ſten Gliedern des Leibes verhalten/ machen
dieſelbe duͤnn/ und zum vertheilen geſchickt/
ziehen das Gebluͤth und andere ernehrende
Feuchtigkeiten/ zu dem ſchwindſuͤchtigen
K kGlied/
[514]Fuͤnffter Theil
Glied/ lindern die Schmertzen/ und ma-
chen die ausgedehnte Glieder nachlaſſend/
ſolches behen aber ſoll nicht gar zu heiß ge-
ſchehen/ es hat auch ſein Gebuͤhr/ in dem
dieſelben ſo lang ſollen gebraucht werden/
und alsdann ihre Gnuͤge haben/ wann der
Ort nunmehro erroͤthet und roth worden.


82. Wie iſt mit den Bruͤchen
der Beiner in den Fuͤſſen
zu verfahren?


Solche werden eben als wie die Beiner
der Hand geheilet/ und ſoll man den Pa-
tienten eben woll nicht aus dem Bette kom-
men laſſen/ ehe die Schwule hart worden/
gleich wie in den Bruͤchen der Schenckel.


83. Was iſt zu thun/ wann die
eine Roͤhr im Schienbein
etwa eines halben Fingers
lang/ durch das Fleiſch
heraus gienge/ auch das
Loch gar enge waͤre/ und
ſich durchs Strecken nicht
wolte wieder hinein bege-
ben?


Alsdann muß man entweder die hervor-
gehende Spitze mit einem Abbeiſſer oder
Saͤgen
[515]von Bruͤchen.
Saͤgen abnehmen/ oder/ wann es nicht gar
nahe an einem Nervoſiſchen Ort/ die Wun-
de mit einem Meſſer erweiteren/ und alſo in
ſeine vorige Stelle bringen/ dabey gute re-
pellentia
und anodyna gebrauchen.


84. Was iſt zu thun/ wann in
einem Bein-Bruch die
Roͤhr den langen Wegent-
zwey waͤre/ aber nicht of-
fen?


Solches wird fuͤr keinen vollkommenen
Bruch geachtet/ in dem das Bein den lan-
gen Weg als wie ein Glaß zerſpaltet/ die
deutſchen Chirurgi nennen es einen Klack-
Bruch/ und wird erkant/ wann nach ei-
nem Fall/ Stoß oder Schlag der Ort ge-
ſchwilt/ erroͤthet/ und im Angreiffen ſchmer-
tzet/ denn durch ſolchen Spalt rinnet offt ein
fetter Liquor auß/ und erhoͤhet den Ort/
welchem/ wann es noch neu/ mit einem
Bruch- Pflaſter und wenig Schinen zu
helffen/ wann aber ſolches in die Laͤnge ge-
waͤhret und verwarloſet worden/ pflegt ſol-
che Materie zu verfaulen/ und die Beiner
anzugreiffen/ da man dann das Glied faͤſt
bindet/ den erhabenen Ort/ welcher roth/
mit einem ſtarcken Laß-Eiſen oder Lantzett
oͤffnet/ die Materie herauß laͤſt/ die ange-
K k ijlauf-
[516]Fuͤnffter Theil
lauffene Beiner reiniget/ und wie ein Schlitz-
bruch verbindet; Es iſt auch zu mercken/
daß man den Ort nicht lange offen halte o-
der meiſſele/ ſonſten werden alte Schaden
daraus.


85. Was iſt zu thun/ wann ei-
ner einen Bein-Bruch haͤt-
te/ und von einem ſchon
drey oder vier Wochen ver-
bunden worden/ welcher
das Bein aber nicht recht
eingerichtet?


Wann die Schwule noch friſch/ und
entweder die natuͤrliche Geſtalt des Gliedes
heßlich verkehret/ oder deſſelben Geſchaͤffte
umb viel verhindert/ oder aber beydes zu-
gleich verhanden/ als dann ſol man den Ort
behen mit Ibiſch-Wurtzel/ Stick-Wurtz/
Lein-Saamen fœn. græc. Lorbeer/ ꝛc. in
Bruͤhe von Hammels-Kopff und Fuͤſſen
geſotten/ nach dem Behen den Ort ſalben
mit ungvento de althea, ol, lilior. alb, axung,
anſerin, \&c.
uͤber daß ein Empl. d. rani[s c.]
☿rio Vigonis
oder das empl. de œſepi Phila-
grij
uͤberlegen/ ſolches eine Zeitlang conti-
nuiren/ und wann die Schwule erweichet
worden/ wieder entzwey brechen/ und die
Beiner zu recht legen/ und von neuen die
Cur
[517]von Bruͤchen.
Cur anfangen: Im fall ſie aber gar zu
alt/ ſo unterſtehet man ſich ſolches gar
nicht/ und iſt beſſer/ daß der Patient ſolches
dulde und hincke/ als daß er die Unformlig-
keit mit Gefahr ſeines Lebens
aͤndern laſſe.


Ende des Fuͤnfften Theils
von Bruͤchen.



K k iijChi-
[518]

Chirurgiſcher
Anhang.
Von Zufaͤllen aller Schaͤ-
den ins gemein.


1. Welches ſind die Zufaͤll ins
gemein aller Schaͤden?


MIewol von unterſchiedlichen Zu-
faͤllen der Wunden/ an einem an-
deren Ort ſchon gemeldet worden/
ſo hat doch dieſe Frage/ wie auß folgenden
Fragen erhellet/ ein Abſehen auff die Zu-
ſaͤlle/ welche ins gemein ihren Uhrſprung
aus der Verwarloſung der unerfahrnen
Artzte nehmen/ als da ſind Fieber/ Wund-
ſucht/ Wuͤrm und Maden/ Schwindung/
Zittern der Wunde/ Wartzen in der Wun-
de/ Glied-Waſſer/ Geil Fleiſch/ Apoſtem/
Laͤhme/ Blutſpeyen/ Verſtopffung des
Stuhlgangs/ Krampff/ Fiſtel/ Geſchwaͤr
und dergleichen.


2. Wie
[519]Chirurgiſcher Anhang.

2. Wie iſt dem Fieber und
Wund-Sucht zu bege-
gnen?


Im anderem Theil dieſer Chirurgiæ,
in der 70ſten Frage/ iſt zwar vom Rigore
und Fieber/ welches in den Haͤupt-Wun-
den zu entſtehen pfleget/ gehandelt worden/
ſo ſind doch bey anderen Wunden auch
Fieber/ und ſind unterſchiedlich. Die er-
ſte Art
der Fieber entſtehet auß hefftiger
Bewegung des Gemuͤths und des Leibes/
und wird Ephemera genandt/ wird zugleich
mit der Verwundung verurſachet/ und ob
woll ſolche Fieber keiner abſonderlichen Cur
nicht noͤtig haben/ in dem ſie bey guter Diaͤt
ſelbſt nachlaſſen/ ſo kan doch viel boͤſes hin-
zu gezogen werden/ wofern ſie biß in den
vierdten Tag dauren/ als umb welche Zeit
die Zufluͤſſe und Entzuͤndungen zu geſchehen
pflegen. Die ander Art Fieber entſtehet/
wann der Eyter kompt/ und haͤuffig gezie-
let wird/ denn alsdann faͤulet das Bluth/
und wird eine Auffwallung deſſelben/ weil
es in dem leidenden Theil nicht alles zur
Nahrung kan angewand werden/ wird
alſo ſolche Hitze durch die Auffwallung dem
Gebluͤth in den Adern und Arterien mitge-
theilet/ welche/ wañ ſie zum Hertzẽ kompt/ ein
Fieber verurſacht/ und ſolches geſchicht/ wie
K k iiijgemel-
[520]Chirurgiſcher
gemeldet/ umb den vierten Tag/ weßwegen
man dann/ allen Fleiß anwenden muß/
daß dem Eyter ſein Außgang befodert wer-
de/ und ſolches deſto eiliger/ dafern der Ey-
ter in einem edlen Glied iſt/ oder in einem
ſolchem/ welches mit einem vornehmen
Gliede eine Verwandnuͤß hat; Zu dem
muß man Fleiß anwenden/ damit der Zu-
fluß der Feuchtigkeiten verhuͤtet werde.
Die dritte Art Fieber entſtehet auß der
Entzuͤndung des verwundeten Gliedes/
durch welche gleichfals mit Huͤlffe der fau-
len Daͤmpfen/ das Hertz angezuͤndet wird/
das Fieber wird erkand aus vorhergehen-
der inflammation, und wann ſolche durch
gebuͤhrende medicamenta refrigerentia und
alter antia gehoben/ laͤſſet es auch nach.
Die vierte Art Fieber entſtehet/ wann in
der Wunden ſelbſt/ eine Faͤulung der hu-
morum
geſchiehet/ welche Art denen/ wel-
che aus dem Eyter kommen/ faſt gleich
ſeyn/ wird erkandt/ in dem aus der Wun-
den vielmehr ein faules und uͤbel riechendes
Weſen/ als ein gutes Eyter herauß laͤufft/
und ob ſchon ſolches nicht einer groſſen
Menge iſt/ dennoch iſt es eine Anzeigung/
dafern der Eyter boͤß/ und dem Glied eine
Schwerniß/ auch Schmertz verurſachet/
daß die boͤſe Materie zwar da/ aber nicht
kan außgetrieben werden/ und ſolche Fie-
ber
[521]Anhang.
ber ſind bald wenig/ balſt ſehr gefaͤhrlich/
nachdem die Faͤulung groß oder klein:
Die Heilung des Fiebers geſchicht/ in dem
auffs geſchwindeſte der Faͤulung im leiden-
den Theil gewehret/ und der boͤſen Mate-
rie der Außgang gemacht wird. Endlich
entſtehet auch eine Art Fieber/ wann der
verwundete Menſch in einer unreinen
Haut ſteckt/ dann alsdann kan durch die
hefftige Bewegung des Gebluͤts und der
Geiſter/ wie dann auch eine Faͤulung in
dem verwundeten Theil/ ein Fieber erre-
get werden/ bald ein alltaͤgiges/ bald ein
drey taͤgiges/ bald ein immerwehrendes/
und ob ſchon ſolche Fieber/ eine Uhrſach
von den Wunden genommen/ muͤſſen ſie
doch/ weil ihre principahl Urſach/ in den
boͤſen Feuchtigkeiten ſtecket/ methodicè cu-
rieret-werden. In die Wunden pflegt
man das Ol. Camphoræ einzuſtreichen/ und
ein ceratum von lytargir, lap. calaminari, mi-
nio, ol. myrtillorum
und Wachs gemacht/
uͤberlegen; Auch koͤnnen nach beſchaffenheit
der Schaͤden/ als/ wann eine Faͤulung
oder ſonſten zu gegen/ die medicamenta, von
welchen in den Chirurgiſchen Theilen ge-
meldet worden/ applicieret werden.


3. Woher wachſen Wuͤrme in
den Wunden/ und wie ſind
ſie zuvertreiben?


Sol-
[522]Chirurgiſcher

Solche wachſen ins gemein in faulen
und ſtinckenden Geſchwaͤren/ wann keine
gebuͤhrende Reinigungs Mittel gebraucht
worden; Hierzu dienen Lavamenta, wel-
che gemacht werden/ von melle, ſucco che-
lidoniæ, aloe epatica, ſal. comun.
und der-
gleichen. Auch iſt ſehr gut das Ungv. æ-
gyptiacum Hildani
,
oder auß demſelben mit
Aq. hordij und ſcordij ein Spruͤtz-Waſſer/
oder Lavament gemacht.


4. Woher kompt die Schwin-
dung/ und wie iſt ſie zu cu-
rieren?


Solches iſt ſchon zur gnuͤge gemeldet
worden/ in dem Fuͤnfften Theil der 45
Schwindũg.und 59ſten Frage/ nur dieſes iſt noch zube-
richten/ daß man der Materie in den Ge-
ſchwaͤren nicht den Willen laſſe/ und et-
wa ſich ſencke und die Arterien und Blut-
Adern abfreſſe/ welches dann dem Glied ei-
ne unheilbahre Schwindung verurſachet/
in dem durch dieſelbe alsdann die Nah-
rung nicht kan hingefuͤhret werden; Auch
wird ſolche verurſachet/ in dem die verrenck-
te Glieder nicht eingerichtet werden/ dadurch
gleichfals die Vaſa gedrucket werden/ daß
die Nahrung in das Glied nicht einflieſſen
kan.


5. Wo-
[523]Anhang.

5. Woher kompt das Zittern
der Wunden/ und wie iſt
ihm zu wehren?


Das Zittern kompt aus einer Unrecht-
maͤßigkeit und Zufluß boͤſer Feuchtigkei-
ten/ ſolchem zu begegnen/ muß man den
Patienten der Gebuͤhr nach purgieren und
Aderlaſſen/ euſerlich das ol. terebint, gum.
galban
,
und ol. laurin. gebrauchen.


6. Wie kompt es/ daß bißwei-
len Wartzen in den Wun-
den wachſen/ und wie ſind
ſie zu vertreiben?


Dieſe kommen nicht aus den humoribus,Paracelfus
in Chirur-
gia magna
lib. 1. tract.
2. cap.
15.

ſondern aus einem verderbten Nahrungs-
Safft/ werden vertrieben mit dem tartaro,
ſublimirten ſal armoniac. welcher etzliche-
mahl ſublimiret/ und auff einen Marmel-
ſtein in einem Waſſer gerieben/ in dieſesWartzen.
Lavament werden Tuͤchlein genetzt/ und ſo
weit die Wartzen gehen/ uͤbergelegt.


7. Woher kompt die Loͤche-
rung der Wunden/ und
wie ſind ſie zu curieren?


Die Loͤcherung geſchicht/ wann eineLoͤcherung.
Wunde mit der Verheilung zu lang auff-
gezo-
[524]Chirurgiſcher
gezogen wird/ und ein Zufluß dahin ge-
bracht wird/ daß ein holes und loͤcheriches
Geſchwaͤr daraus wird. Die Urſach iſt
auch/ wann man die Wunden in den groſ-
ſen Muſculen an den Fuͤſſen/ nicht wol und
recht bindet. Welchen man hilfft mit
Spruͤtzwaſſern und Lavamenten, wie bey
den holen Geſchwaͤren gedacht werden.


8. Wie iſt das Glied-Waſſer
zu erkennen/ wie iſt es zu
curieren?


Glied-Waſ:

Wiewol das Glied-Waſſer aus Ver-
ſtauchung und Glied-Wunden verurſachet
werden kan/ ſo geſchicht doch ſolches meh-
rentheils aus Unerfahrenheit des Wund-
Artztes/ in dem der Schmertz nicht geſtil-
let/ und der Entzuͤndung nicht gewehret
wird/ weswegen dann viel Zufaͤll/ als
Hirn-Wuͤt/ Krampff/ heiſſer Brand und
Zuſammenwachſung der Beiner in den Ge-
lencken zu folgen pflegen; Und weil die
Glied-Waſſer-Sucht nichts anders iſt/
dann ein Uberfluß des Seri welcher unge-
kocht/ von der uͤbermaͤßigen Hitze und Ent-
zuͤndung eine Schaͤrfe bekommen/ und al-
ſo durch den Schmertz gleichſam durch ei-
nen Schroͤpff-Kopff in die verwundete ner-
voſiſche Glieder gezogen wird/ auch ohne
dieſe beyde/ als Entzuͤndung und Schmertz/
kein
[525]Anhang.
kein Glied-Waſſer-Sucht entſtehen kan/
alſo muß man auch die Cur von denſel-
ben anfangen. Nach dem eine rechtmaͤſ-Hil. in tact.
de Synovia.

ſige genaue Diaͤt/ Purgation und Ader-
laß angeſtellet/ ſoll man/ den Schmertzen
zuſtillen/ Saͤlblein in die Wunde legen/
gemacht von colophon gum. elemi, terebint.
venet, croco, ol. lumbricor, ol ovorum, ol. roſar
,

und ol. amygdal, dulcium. Ein uͤberſchlag von
Gerſten-Mehl/ Bohnen-Mehl/ Chamillen/
Steinklee/ Bethonien/ Roſen/ und mit
Milch gekocht/ wann aber groſſe Hitze ver-
handen/ kan man ein uͤberſchlag machen/
von Gerſten-Mehl/ Bethonien/ Heydel-
beer/ Granath-Bluͤth/ mit Bethonien und
Wald-Cypreſſen-Waſſer angemachet:
Das Zuflieſſen aber der Feuchtigkeiten aus
dem Leibe zu dem leidenden Theil/ ſol man
verwehren/ mit Repellentien und Defenſiven/
welche oberhalb des Schadens gelegt wer-
den/ ſo lang die Feuchtigkeiten einflieſſen/
und werden gemacht/ entweder von kalten
und feuchten/ als/ außgepreſten Saͤfften
und Waſſern von Lattich/ Granathen/
Haußwurtz/ Nachtſchatten/ Wegericht
Eßig ꝛc. oder kalten und trocknen/ als da
ſind/ Tormentil-Wurtz/ Granaht-Scha-
len/ terra ſigillata, bolus armeni, ſangv.
draconis. tutia, \& c.
Wann nun das Ge-
ſchwaͤr mit dem mundicativo d’. ſucco apij
gerei-
[526]Chirurgiſcher
gereiniget/ ſoll man/ die Nerven zu ſtaͤr-
cken/ einen andern uͤberſchlag machen/ von
Schluͤſſel-Blumen/ Salbeyblaͤtter/ Lor-
beer/ Chamillen und dergleichen/ das Fleiſch
ziehlen und alſo die Wunde beſchlieſſen.


9. Woher kompt das geile
Fleiſch/ und wie iſt es zu
daͤmpfen?


Geit Fleiſch.

Wiewol das uͤberfluͤßige Fleiſch in den
Wunden/ auch aus einem uͤberfluß des
Gebluͤths zuentſtehen pfleget/ ſo wird allhie
nur von dem geilen Fleiſch gefragt/ welches
der Wund-Artzt verurſachet/ in dem er die
Wunde zu wenig gereiniget und getruck-
net/ welches man weg nimmt mit den O-
ſtrien-Schalen-Pulv. hermodactyl, ariſto-
log. rotund.
Wann es gar uͤberhand nim̃t/
mit dem alumine uſto, ærugine, mercur.
præcipitato \& c.
auß den compoſitis das
ungv. ægyptiacum. ungv. Iſidis, Apſt. \& c.


10. Wie wird die Laͤhm verur-
ſachet/ und wie iſt ſie zu cu-
rieren?


Hildanus.

Wiewol in der drey und ſiebentzigſten
Frag des Fuͤnfften Theils/ ſchon etwas
Laͤhmung.davon gemeldet worden/ ſo ſind doch nicht
alle Laͤhmungen zu curiren/ dann wan nach
der
[527]Anhang.
der Glid-Waſſer-Sucht in den Glaͤichen
eine Kruͤmme und Erſtarrung verbleibet/
kan man ſolches auff keine weiſe curieren/
ſintemahl der ſcharffe Ichor wann er lang
gefloſſen/ die Ligamenta und Kroſpel/ mit
welchen die Haͤupter der Gelencke uͤberzo-
gen ſeyn/ weg friſt/ und hernachmahls mit
einem Maſer/ gleich wie in den Bein-
Bruͤchen/ an einander befaͤſtiget; Wann
aber nur die Nerven zuruͤcke gezogen und
das Glied eingebogen/ und ſelbige von der
unnatuͤrlichen Hitze und Entzuͤndung auß-
getrocknet und gedoͤrret ſind/ kan man noch
woll etwas außrichten/ in dem man das
Glied mit den Nerven erweichet und be-
feuchtet/ ſo woll mit Behungen als Sal-
ben und Pflaſtern: Nachmahls wann es
von noͤthen/ kan man auch die Inſtrumen-
ta anlegen und nach belieben anſchrauben/
wie beym Hildano cap. 26. von der Glied-
Waſſer-Sucht zu ſehen.


11. Woher kompt das Blut-
ſpeyen/ und wie iſt ihm zu
wehren?


Solches geſchicht/ wann man in denParacelf.
lib. 1. ber-
theon: cap.

13.

Wunden der Bruſt das Blut nicht aus-
fuͤhret und reiniget/ ſondern ſich ſetzen und
geſtehen laͤſt/ welches offtermahls auff dem
diaphragmate erfaulet und groſſe Zufaͤll er-
reget.
[528]Chirurgiſcher
reget. Solches zu endern/ giebt man den
Patienten ein/ ſperm: ceti, mumia, rhabar-
barb:
auch den Liquorem de lacca: Auch ſind
die diur etica oder Harntreibende medica-
menta
dienlich/ dann man in der praxi er-
fahren/ daß die Natur per venam azygos ſich
deſſen entlediget; Solte aber die Faͤulung
groß und haͤuffig auff dem diaphragmate lie-
gen/ muß man eine Oeffnung/ wie in der
Empyemate anſtellen.


12 Woher kompt die Verſtop-
fung des Stuhlgangs/
und wie iſt ſie zu enderen?


Verſtopf-
fung.

Es kompt offt bey den Verwundungen/
daß durch das viele Bluthen die Natur alſo
geſchwaͤchet wird/ daß der Patient nicht
Stuhl oder Harn hat/ da ſoll man nicht
leicht purgieren/ ſondern durch Clyſtier und
ſuppoſitoria verſuchen/ wo nicht/ ſo ſol man
nur Laxativa gebrauchen/ dann die Wund-
Traͤncke emendieren und verbeſſeren die
laxativa daß ſie ohne Schaden durchge-
hen.


13. Was iſt eine Fiſtel?


Fiſtel.

Dieſe ſind eben woll nachlaͤſſe boͤſer Hei-
lung/ werden darumb ſo genennet/ weil ſie
eine Gleichheit mit den Roͤhren und Pfeif-
fen haben/ und ſind tieffe und hole Ge-
ſchwaͤr/
[529]Anhang.
ſchwaͤr/ deſſen Raͤnder mit einer calloſi-
ſchen Haut umbgeben ſind/ die Holen und
Buſem geben zuweilẽ eine ſcharffen Wund-
ſchweiß/ zuweilen wenig oder gar keine
Feuchtigkeit von ſich.


14. Wie ſind die Fiſteln zu er-
kennen?


Wann eine Fiſtel bloß im Fleiſch/ ſo
iſt der Bodem derſelben mit dem SucherAquapend.
zuberuͤhren/ und derſelbe iſt weich/ wann er
auff einen Nerven zugehet/ erreget man ei-
nen groſſen Schmertzen/ und iſt die Ma-
terie fettig und einem Oehl nicht ungleich;
Wann ſolche eine Ader oder Arterie be-
trifft ohne Außfreſſung derſelben/ ſo kompt
eine Materie dem Heffen gleich; Wann
ſie eine Ader durchfreſſen/ gehet das Blut
dunckel/ ſchwaͤrtzlicht und dicklicht ohne
Springen/ wann aber eine Arterie/ gehet
das Blut mit Ungeſtuͤm; Wann die Fi-
ſtel einen Knochen trifft/ kan manns mit
dem Sucher erkundigen/ ob es glatt oder
grubicht iſt; Ob aber inwendig eine oder
mehr Fiſtel und Hoͤle ſey/ merckt man an
dem/ wann mehr Materie und Eyter her-
auß fleuſt/ als eine ſichtliche und begreifliche
Hoͤhle in ſich haben kan.


15. Wie kommen die Fiſteln her?


L lSie
[530]Chirurgiſcher
And. d. Cru.

Sie kommen gemeiniglich auf zweyerley
Weiſe/ 1. Wann die Natur die boͤſen
Feuchtigkeiten zu den unedelen geringen
Gliedern verweiſet/ und nachmahls wegen
des gantzen Leibes Boͤſen Zuſtandes/ (o-
der dieweil der Wund-Artzt nicht recht da-
mit umbgehet/ oder der Patient ſelbſt nicht
folget/) zu einer Fiſtel wird. 2. Wann
etwan euſerlich der Menſch mit einem
Pfeil geſchoſſen wird/ und dannenhero eine
enge Wunde bekompt/ wie ſolches in der
Bruſt und Gelencken gemeiniglich geſchicht.
Oder es gibt/ wie ſchon geſagt/ der uner-
fahrne Wund-Artzt Anlaß und Urſach da-
zu/ in dem er die noch nicht zeitige Ge-
ſchwaͤr durch das Schneiden eroͤffnet/ o-
der die Hoͤle nicht genugſam reiniget/ oder
die Vereyterung zu langſam oͤffnet/ wel-
che nachmahls/ in dem die Waſſerichte
Materie vertrocknet/ in eine Fiſtel verwan-
delt wird.


16. An welchen Orten des Lei-
bes erſcheinen die Fiſteln
gemeiniglich?


Es ſind faſt alle Ort des gantzen Lei-
bes den Fiſteln unterworffen/ allermeiſt a-
ber die feuchten/ und die von Natur Bu-
ſen und Hoͤlen haben/ als der Hindern/
Kinbacken/ Bruſt und dergleichen.


17. Was
[531]Anhang.

17. Was iſt unter einer Fiſtel
und Geſchwaͤr fuͤr ein Un-
terſcheid?


Die Geſchwaͤr ſind weit und groß/ die
Fiſteln enge und ſchmal. Die Geſchwaͤr
geben viel unflaͤtiger Materie von ſich/ die
Fiſteln aber ſind gantz trucken/ oder geben
tropffenweiß einen Wundſchweiß von ſich.


18. Wie ſind die Fiſteln bey den
Augen zu heilen?


In den Augen ſamlet ſich offtmahls ei-Georg Bar-
tiſch in ſei-
nem Augen-
Dienſt/ im
9. Theil.
des 10. cap.

ne zehe/ dicke truͤbe Feuchtigkeit/ welche
vom Gebluͤth auch vom Hirn ſich dahin
ſetzet. Die vom Hirn/ giebet eine weiſſe/
lautere und nicht dicke Materie/ die vom
Gebluͤth/ iſt dicke und zaͤhe/ als ein Ge-
ſchwir/ und muß man dabey Ader laſſen/
auß etzlichen rinnet und laͤufft gar ein lau-
ter Waſſer/ aus etzlichen aber/ ein dicker
und truͤber Eyter/ und ſolches ins gemein
den jungen Maͤgdlein/ welche ihre menſtrua
noch nicht haben/ oder dieſelbe verlohren:
wo nun ſolches iſt/ da iſt eine Fiſtel zu be-
ſorgen/ eines groſſen Schadens/ welche
Ægilops oder fiſtula lachrymalis genennet
wird/ ſolche wird auch verurſachet/ in Aus-
freſſung des groſſen Augenwinckels bey der
Naaſen/ welche dann zu verhuͤten/ man be-
L l ijqueme
[532]Chirurgiſcher
queme purgantia, wie auch euſerliche Mit-
tel gebrauchen muß/ als deſtilliert Waſſer
von Johannis-Kraut/ Schell-Kraut/ Tor-
mentill/ Campfer/ Weyrauch/ Maſtix/
Saffran/ wann aber die Fiſtel ſchon zu ge-
gen/ und ſich auffgeworffen/ muß man ſie
ſchneiden/ oder mit einem gluͤenden Eiſen
beruͤhren/ damit die Calloſiſche Haut hin-
weg komme/ die Fiſtel reinigen/ die Augen
defendieren/ mit Fleiſch erfuͤllen uñ zuſchlieſ-
ſen Wann das Geſchwaͤr neu/ kan es nach
dem es gereiniget/ durch Huͤlff eines Inſtru-
ments
vom Fabritio ab Aquapendente crinale
genandt/ welches auch im Armamentario
chirurgico Sculteti
zu finden ohne Schneiden
oder Brennen geheilet werden/ wie ich ſelb-
ſten etzliche curieret. Die calloſiſche Haut kan
auch gehoben werden/ wann man ſie linde
mit einem corroſiv uͤberfaͤhret. Franciſcus
Romanus
ruͤhmet in ſeinen Conſultationibus
medico-chirurgicis
,
welche neulich zu Nea-
poli
ausgangen/ cent. 1. conſult. 17. die callo-
ſiſche Haut wegzubringen mit dem ☿rio
præcipitat.
mit Wein-Eßig-Heffen und
Saltz vermiſcht.


19. Wie ſind die Fiſteln im
Halß und Kinnbacken zu
heilen?


In dem unteren Kinnbacken entſtehet
offt
[533]Anhang.
offt ein kleiner Knoll/ welcher mehrentheils
zu einer Vereyterung und folgends zu ei-
nem faſt unheilſamen Geſchwaͤr kommt/
denn es iſt gern eine Verderbung des Kno-
chens dabey/ und gehet ein Zahn-Wehtag
vorher/ biß ſich das Geſchwaͤr mit der Zeit
gar in eine Fiſtel verwandelt; Derſelben
nun zu begenen/ muß man den Leib genug-
ſam bereiten/ und mit den pillulis aureis
und aggregativis \& c. reinigen/ eine Ader
oͤffnen/ den Zahn/ (welches offt das prin-
cipahlſte iſt) heraus ziehen/ die harte
Schwule und Maſer mit einem Etz-Saͤlb-
lein wegnehmen/ das Geſchwaͤr reinigen
mit dem ungv. de ſucco apij und letztlich die
Wunde mit dem Empl. diachalciteos hei-
len.


20. Warumb ſind die Fiſteln
der Bruſt faſt unheilſam.


Wiewoll ſich die einfachen Fiſteln der
Bruſt/ ſo bald die Schwule hinweg/ mit
denen Sachen/ ſo gar nicht beiſſen/ leicht-
lich heilen laſſen/ wan man den Leib genug-
ſam reiniget/ und eine bequeme Diaͤt an-
ſtellet/ zu dem gebuͤhrliche Wund-Traͤn-
cke von Odermenig/ Taufendguͤldenkraut/
Pimpinell/ Benedicten-Wurtz/ Schafft-
Hew/ Bethonien/ Gundel-Reben und der-
gleichen bereitet/ aus welchen man auch
L l iijmit
[534]Chirurgiſcher
mit zuthun etwas Myrrhæ, Oſterlucey
und Schwertel/ ein Spruͤtz-Waſſer ma-
chet; Noch dennoch ſind ſie ſchwer zu hei-
len/ in dem nicht allein der Ort des Leibes
in ſtaͤter Bewegung/ ſondern auch die
Bruſt ſelbſt der uͤberfluͤſſigen Feuchtigkei-
ten/ vieler Duͤnſte und Geiſter voll iſt.


21. Welche Fiſteln ſind am
ſchwerſten zu heilen?


Dieſe ben/ als von welchen kuͤrtzlich ge-
ſagt worden/ dann wann ſie forne an der
Bruſt entſpringen/ woſelbſten der Menſch
der Muſculen und Blut-Adern ſonderlich
viel hat/ ſind ſie nimmer ohne Gefahr:
Wie auch auff dem Ruͤcken/ als an einem
Ort voller Adern und Nerven: Welche
zwiſchen den Rippen hinein dringen/ pfle-
gen gemeiniglich das diaphragma zu belei-
digen/ auch ſind ſolche Fiſteln/ welche in-
wendig viel Hoͤlen und krumme Buſen
haben/ ſchwerlicher zu curieren/ als die ein-
fachen und ſchlechten.


22. Was iſt die Schwindung
des Zahn-Fleiſches/ und
wie iſt ſolche zu benehmen?


Die Schwindung des Zahn-Fleiſches
iſt nichts anders/ dann eine Verzehrung
deſſelben vom Schorbuck/ wird benom̃en/
in
[535]Anhang.
in dem man den Leib reiniget/ und von
boͤſen Feuchtigkeiten und ſaltzigen humori-
bus
befreyet/ den Mund reiniget/ mit Tin-
ctura gummi laccæ Mynſichti
,
oder Tinct.
flor. balauſt.
mit ſpiritu ſalis und aq. plan-
taginis
gemacht/ oder mit dem ungv. ægyp-
tiac
,
oder melle roſato mit ſpiritu ſalis und
alum. uſto gemiſchet.


23. Was iſt vom Aderlaſſen
zu halten?


Die Aderlaͤß befreyen offtmahls nicht
allein von der Kranckheit/ ſondern man
kompt auch denen noch bevorſtehenden und
kuͤnfftigen zuvor/ dienen inſonderheit denen
Coͤrpern/ ſo zu den Kranckheiten/ (welche
aus dem Uberfluß des Gebluͤths oder deſ-
ſelben boͤſen Qualitaͤt oder beyden zugleich
entſpringen) geneigt/ oder allbereit damit
behafftet ſind.


24. Wie viel Adern werden an
des Menſchen Leib gelaſ-
ſen?


Die Alten haben viel Adern geoͤffnet/ als
nach Albucaſi Zeugnuͤß/ ſo giebt die groſſe
Blutroͤhr hundert und acht und ſechtzig
Aeſt und Zweig/ aus welchen in die dreyßig
gelaſſen werden: als an der Stirn/ hinter
den Ohren/ an den Schlaͤffen/ in den Au-
L l iiijgenwin-
[536]Chirurgiſcher
genwinckeln/ am Ende der Naaſen/ an
den obern und untern Lefftzen/ unter der
Zung/ an dem Hals/ am Arm die medi-
an, cephalica
und baſilica, an der Hand die
Haupt-Ader und ſalvatell; An den Fuͤſſen
die Brand-Ader die Schiatica und Saphe-
na.
Wie hiervon weitlaͤufftiger kan ge-
leſen werden in Tractatu de Chirurgia effi-
caci ſub titulo Angiologia Marci Aurelij
Soverini.


25. Wozu iſt ein jede nuͤtzlich?


Wiewoll die Alten unterſchiedliche A-
dern/ zu dieſem oder jenem Gebrechen ge-
laſſen/ als die Stirn-Ader/ vors Haͤupt-
weh/ die hinter den Ohren zu den Cathar-
ren oder Haͤuptfluͤſſen ꝛc. ſo werden doch
ſolche Regeln heute zu tage nicht obſerviret/
auch kan man die Adern vielmahls nicht
laſſen/ ſondern man muß mit Blut-Eglen
oder Schroͤpff Koͤpffe das Gebluͤth heraus
ziehen. Vielmehr iſt zu wiſſen noͤthig/ daß
man in laſſung der Adern/ in acht nehme
die Zeit/ dann im Anfang/ da man eine
revulſion von noͤthen/ muß man eine weite
und ferne Ader laſſen/ im Stillſtehen aber/
oder Abnehm der Kranckheit/ als zur eva-
cuatio
,
eine in der naͤhe gelegene dem leiden-
den Theil. Es iſt auch in Erwehlung der
Adern nicht ſo groß zu ſehen/ wie etzliche
dafuͤr
[537]Anhang.
dafuͤr halten/ welche auff dem Arm/ ent-
weder die Leber-Ader oder Median oder Ce-
phalicam
mit fleiß zu laſſen befehlen/ da doch
gleich viel iſt/ welche man laſſe/ in dem ſie
aus einem trunco entſpringen/ und in viel
Aeſte außgetheilet werden/ man ſoll aber/
vielmehr die jenige welche am ſicherſten
liegt/ und am beſten zu ſehen und zu fuͤhlen
iſt/ zum laſſen erwehlen/ und ſolches ſey
auch geſagt von den Adern der Fuͤſſe. Daß
aber die Adern ihre abſonderliche Nahmen
haben/ iſt nicht wegen der Kranckheiten/ ſon-
dern wegen ihres Lagers/ dann die am Arm/
welche Cephalica genandt wird/ heiſt nicht
deßwegen alſo/ daß ſie vom Haupt herkom-
me/ ſondern weil ſie oben am Arm liegt:
Und alſo iſt es auch von den andern zu ver-
ſtehen.


26. In welchem Zeichen iſt das
Aderlaſſen verbothen?


Hiervon machen abermahls etzliche viel
Wunders/ indem ſie bald dieſes/ bald jenes
Himmliſche Zeichen verwerffen/ und mit
Ptolomæo verbiethen/ das Glied mit keinem
Eyſen zu beruͤhren/ wann der Mond in dem
Zeichen iſt/ welches das Glied innen hat/ in
Meinung/ es werde entweder dem gantzen
Leibe/ oder auffs wenigſte dem Glied groſſe
Gefahr zugezogen/ da doch hiervon von den
L l vvor-
[538]Chirurgiſcher
vornehmſten Lichtern der medicin als Hip-
pocrate
und Galeno keines Worts gedacht
wird. Soll man alſo ſich ſolcher Sachen
nicht irre machen laſſen/ ſondern unverzagt
und ſonderlich in den ſchnellen und ſtrengen
Kranckheiten/ als Seitenſtechen/ Braͤune/
Entzuͤndung Lung und Leber/ ꝛc. die Ader-
laß vor die Hand nehmen/ auch in dem
Glied/ welches der Mond inne hat/ wie
hiervon ein mehrers zu finden beym Arnoldo
de villa nova, Gvidone, Joberto, Levino \& c.

Und bezeuget auch ſolches Fabritius Hilda-
nus
,
daß er niemahlen eine Veraͤnderung
geſpuͤret/ wann er wider der Aſtrologorum
Regel zur Ader gelaſſen. Felix Platerus in
quæſtionibus terapeuticis
meldet auch/ daß
die Teutſchen mehrentheils hierinnen fehlen/
und ohne Noht im curiren dieſelben ſorgfaͤl-
tig in acht nehmen/ da doch weder die alten
Griechen und Lateiner/ noch die heutigen
gelehrteſten Italiaͤner und Frantzoſen wenig
davon halten.


27. Wie iſt der nach der Laͤß ge-
ſchwollenen und auffge-
lauffenen Ader zu helffen?


Solches geſchicht insgemein bey denen/
welchen ein Nerv/ Sehne oder Arterie ge-
troffen/ ienes iſt aus dem Schmertzen/ die-
ſes aus dem haͤuffigen Auslauffen des Ge-
bluͤths
[539]Anhang.
bluͤths abzunehmen. Es entſtehet zu wei-
len aus dem daſelbſt außgeſpreitetem Blut/
ſo auff das harte Binden erfolget/ und hat
durchaus keine Gefahr/ und kan etwa mit
einem warmen Wein oder Umbſchlag ver-
zehret werden. Mit den andern muß man
verfahren/ wie bey Verwundung der Ner-
ven/ auch bey der Geſchwulſt Aneurisma
genandt/ gemeldet worden.


28. Was iſt zu thun/ wann der
Ort/ da die Ader geſchla-
gen worden/ gelb/ braun
oder blau wird?


Wenn man ſolches gleich im Anfang
verſpuͤret/ kan man/ wie geſagt/ offter
warmen Wein uͤberſchlagen/ oder Saͤck-
lein in Wein kochen/ gemacht von Doſten/
Wollgemuth/ Roßmarin/ Chamillen/
rothen Roſen/ Wermuth ꝛc. auch kan man
den Arm ſalben mit ungv: populeonis. ol: ro-
ſar, lumbricorum. \& c.


29. Womit iſt nach verrichte-
ter Laͤß die Ader zu zu-
ſtopffen?


Es wird insgemein mit einem feinen lei-
nenen Polſterlein verrichtet/ auch brauchen
etzliche Baumwollen mit Roſen-Oehl be-
ſtri-
[540]Chirurgiſcher
ſtrichen/ denen aber/ ſo ſich bewegen und
uͤber Feld reiſen muͤſſen/ legt man ein wenig
Pfauen-wiſch uͤber.


30. Ob man einen Peſtſuͤchti-
gen/ und wie oder wo man
Ihm zur Ader laſſen
wolle?


Daß in Peſtzeiten nicht leicht denen da-
mit behaffteten/ zur Ader zu laſſen/ iſt hier-
aus zu ſehen/ in dem man der Natur durch
Schweißtreibende Mittel den Gifft vom
Hertzen und innerlichen Gliedern zu treiben/
ſich bemuͤhet/ die Purgation und Aderlaͤß
aber/ ziehen das/ was ſchon einmahl her-
aus getrieben/ wieder in den Leib: Doch
kan man den ſehr Blutreichen am dritten
Tage auch eine Ader oͤffnen.


31. Ob und wo einer ſchwange-
ren Frauen zu laſſen?


Den ſchwangeren kan man fuͤglich im
vierdten/ biß zu End des ſechſten Monds
laſſen/ am Arm oder auff der Hand/ an den
Fuͤſſen aber gar nicht.


32. Wie iſt von dem gelaſſenen
Bluth zu
judiciren?


Wiewoll ſolches mehr von einem Medi-
co
[541]Anhang.
co als von einem Chirurgo erfodert werden
ſoll/ ſo geſchichts doch offtermahls/ das in
mangelung eines Medici der Chirurgus ent-
weder dem Patienten zugefallen/ oder aber
umb deſſen Wollfahrt/ wegen des Blutts
ein judicium finden muß: Als zeiget vielJoh. Caſtel-
lanus Ana-
tomicus
Romanus.

gelbes Waſſers auff dem Gebluͤthe/ einen
ſtarcken Trincker/ oder ſchwache Leber/ o-
der Nieren und deſſen Verſtopfung:
Wann es ſehr ſchaͤumet/ und iſt nicht von
ſtarckem Lauffen verurſachet worden/ zei-
get es eine Entzuͤndung derſelben Feuchtig-
keit/ derer Farb es an ſich hat/ und zwar
der rothe Schaum/ die Entzuͤndung des
Gebluͤths/ der bleiche/ der Gallen/ der weiſ-
ſe/ die ſchleimichte Feuchtigkeit/ der ſchwar-
tze Schaum/ die Melancholey. Das Blut
ſo geſtehet und uͤber-roht iſt/ auch ein we-
nig Waſſer hat/ iſt eine Anzeigung eines
guten lebhafften Gebluͤths/ die Citron-
Farb zeiget an die Galle/ die weiſſe Farbe/
ſchleimichte Feuchtigkeit/ die gruͤne Farb
eine außgetruckenete Gall/ die lichte und
Bley-Farbe/ eine ſchwartze und ſchaͤdliche
Gall. Daß aber mit mancherley Farben
vermengte Bluth/ zeiget allerley uͤbrige
Feuchtigkeiten an/ die auch eine Faͤule mit
ſich fuͤhren.


33. Wie
[542]Chirurgiſcher

33. Wie iſt einSetaceumzuſe-
tzen?


Erſtlich ſetzt man den Patienten auff ei-
Hild cent. 1.
obſerv.
40.
ne niedrige Banck/ und zeichnet den Ort
wo das Loch durch zu machen auff beyden
Seiten mit der Tinten/ alsdann faſt man
erſtlich mit den Fingern die Haut/ zwiſchen
dem andern und dritten/ oder dritten und
vierten Gewerb des Genicks: Wann ſie
nun von dem Mauß-Fleiſch abgezogen/
faſt man mit der lincken Hand die Haut
mit einer Zangen alſo/ daß die gezeichnete
Tippel der Tinten durch die Loͤcher ſehen/
hernach ſtehe vor dem Patienten und dru-
cke ſeinen Kopff an deinen Bauch/ und
durchſtich die Haut mit einer dazu gemach-
ten Nadel/ in Form einer Lantzetten/ an
welcher eine ſeidene Schnur/ vier Span-
nen lang gebunden/ daß ſie umb den Halß
reiche/ alsdann ſchlage ein Tuͤchlein in Ey-
erweiß eingetuncket uͤber/ welches den
Schmertzen und das Blut ſtillet. Auch
legt man ein beſchirmungs Mittel uͤber/ ge-
macht von Terpentin/ neu Wachs/ gumi
elemi
,
Roſen- und ſuͤß-Mandel-oͤhl. Wann
nun die Materie biß in den ſechſten Tag
gezeitiget/ ſo ziehe den Schnur hin und wie-
der/ und ſaͤubere den Schnur/ und verbin-
de es taͤglich zweymahl. Heutiges Tages
braucht
[543]Anhang.
braucht man keine Zange mehr/ noch der
gluͤenden Nadel/ ſondern man ſcheret ein
wenig das Haar weg/ wo es noͤthig/ zeich-
net den Ort/ und faſt der Diener die Haut
mit einer Hand in die hohe/ mit der ande-
ren der operator, und ſticht mit einer ſtar-
cken Lantzett die Haͤut durch/ und ziehet al-
ſobald einen leinenen gemeinen Band durch/
und verbindet es/ wie oben gemeldet/ wie
ſolches Joh. van Horne in introductione
ſua methodica ad chirurgiam pag.
m.
176. lehret.



Von
[544]

Von Chirurgiſchen
Inſtrumenten.
und Medicamenten.


1. Was bedarff ein Wund-
Art fuͤr
Inſtrumentaund
Werckzeug zu ſeiner No-
thurfft?


  • 1. Einen Trepahn oder Bohrer zur Hirn-
    ſchal.
  • 2. Radicula oder krumme Raſpeln und
    Feilen zu den angelauffenen Knochen.
  • 3. Raſoria oder Schaber/ auch ſcalpra
    genandt/ die Riß zu erweiteren.
  • 4. Stem-Meiſſel klein und groß/ mit ei-
    nem bleyernen Hammer.
  • 5. Vectis ein Heber/ die eingebogene Hirn-
    ſchal auffzuheben.
  • 6. Eine ſtarcke Zange/ die Schiffer mit
    heraus zu ziehen.
  • 7. Ein Pelicahn und Geißfuß die Zaͤhne
    aus zuziehen.
  • 8. Saͤglein/ die Hirnſchal damit zu zer-
    theilen.

9. Eine
[545]Chirurgiſcher Anhang.
  • 9. Eine Nadel und Zange zum Setaceo
    oder Haar-Seil zu ſetzen.
  • 10. Kugelzieher oder Kugelſchrauben zun
    geſchoſſenen Wunden.
  • 11. Etzliche Specula zum Munde/ Afftern
    und Behr-Mutter.
  • 12. Inſtrument zum Einrichten der ver-
    renckten Glieder.
  • 13. Ein Zug mit den Scheiben/ ſampt
    den Schrauben.
  • 14. Spruͤtzen klein und groß/ zu allerhand
    Verrichtungen.
  • 15. Beinſage groß und klein.
  • 16. Abbeiſſer groß und klein zum Abfetzen.
  • 17. Allerhand bleyerne und ſilberne Roͤhr-
    lein zur Bruſt.

Und was dergleichen mehr ſeyn/ welche nicht
allein haͤuffig beym Andrea de Cruce, Paræo
und Hildano zu finden/ ſondern auch in des
Sculteti Armamentario chirurgico die appli-
cation
derſelben in Kupffer geſtochen gewie-
ſen wird. Daniel Major D. und inventor
chirurgiæ infuſoriæ
hat dieſe inſtrumenta me-
chanicè expliciret.


2. Was fuͤr Pflaſter bedarff Er
in ſeiner Werckſtatt/ und
wie viel ſind ihrer zu ge-
brauchen?


M mOb
[546]Chirurgiſcher

Ob woll ein jedweder Chirurgus bald die-
ſes bald jenes Pflaſters ſich bedient/ und ſei-
nem beſten gutduncken nach dieſes oder je-
nes Ihm erwehlet/ ſo ſinds doch folgende
die insgemein gebrauchet und fertig ſollen
gehalten werden. Als das Empl: de betoni-
ca, gratia Dei, Apoſtolicum, de melilot,
baſilicum, diapalma, diachylon ſimplex,
diachyl. cum gummis, de mucilaginibus, o-
xicroceum, nervinum, griſeum, de ſpermate
ranarum, de argento vivo, filij Zachariæ,
ſticticum, ad fracturas, opodeldoch, album
coctum, ad ulcera antiqva \& c.


3. Worvon werden ſolche
Pflaſter bereitet/ und wor-
zu dienen ſie?


  • DasEmpl. de betonica wird gemacht von
    von klahren Terpenthin/ Wachs/
    Roſen-Oehl/ ausgepreſten Safft
    von Bethonien/ Maſtix/ Myrrha
    und Weyrauch. Dienet wol in
    Zerſtoſſung des Haupts.
  • Empl. Gratia Dei. wird gemacht von Safft
    von Bethonien/ Eiſen-Kraut und
    Pimpinell/ Wachs/ Hartz/ Terpen-
    tin/ Maſtix/ Weyrhauch/ Myrrha
    und Galbano. Wird auch zu vori-
    gen Gebrechen gebraucht.

Empl.
[547]Anhang.
  • Empl. Apoſtolicum, wird gemacht von ly-
    targirio
    ,
    Wachs/ Bienen-Hartz/ Co-
    lophon/ Vogel-Leim/ ammoniac. la-
    pid. calaminar
    ,
    Weyrauch/ Maſtix/
    mumia Terpentin/ galban, bdell, ſarco-
    colla, dictã: cretic, ariſtolog
    Keſſelbraun
    ſquama æris, myrrha. Gruͤnſpan uñ al-
    tes Oehl/ welches dienet wider die gif-
    tigen Thier Biß/ zeitiget und reiniget
    die Geſchwaͤr/ zeucht aus allen Gifft
    und Spreiſſel und Dorne/ iſt gut zu
    friſchen und alten Schaden.
  • Empl. d. meliloto. Wird gemacht von
    Steinklee/ Chamillen Blumen/ fœ-
    num græc:
    Lorbeer/ Ibiſchwurtz/ Wer-
    muth/ Cardamom/ Violen-Wurtz/
    Spicanarden/ Eppigſahmen/ Cy-
    perwurtzel/ casſia lignea, ammeos,
    majoran, ammoniac, ſtorax, cala-
    mit, bdellio
    ,
    Terpentin/ fette Feigen/
    Bocken-Inſchlit/ Hartz/ Wachs/
    oleo ſampſuchini, nardini. Iſt eine
    trefliche Erweichung der alten Ver-
    haͤrtung der Leber/ Miltz/ Magen und
    anderer Glieder. Wird auch ge-
    braucht in den bubonibus neben dem
    Gemaͤcht; Es ſtillet auch die Schmer-
    tzen/ welche von Kaͤlte herkommen.
  • Empl. Baſilicum, Wird gemacht von
    Wachs/ Pinen-Hartz/ Kuͤh-In-
    M m iiſchlicht/
    [548]Chirurgiſcher
    ſchlicht/ ſchwartz Pech/ Terpentin/
    Weyhrauch/ Myrrh und Oehl.
    Dienet wol zu friſchen Wunden/ und
    heilet dieſelben woll.
  • Empl. Diapalma. Wird gemacht von ly-
    targir: aureo
    ,
    Oehl/ in welchem die
    innerſte gruͤne Rinde von den Pal-
    men geſotten/ Schweinen-Schmaltz/
    calcinierten Victriol. Iſt gut zu
    friſchen Wunden/ treibet die Fluͤſſe
    zu ruͤcke/ ſchlieſſet Haut/ und iſt gut
    vor den Brand.
  • Empl. diachylon ſimplex. Wird gemacht
    vom Schleim von Leinſaamen/ fœn.
    græc.
    und Ibiſch-Wurtz/ altes Oehl/
    und lytargir. Zertheilet die haͤrte
    der Leber/ Miltz und Kropf/ auch die
    kleinen Blutſchwaͤr.
  • Empl. diachylon cum gummis. wird eben
    ſo gemacht/ und thut man die gum-
    mata
    von ſagapeno, opopanac, bdell,
    galban,
    und ammoniaco in Eſſig zer-
    laſſen/ darzu. Iſt viel ſtaͤrcker zu
    reſolvieren/ zu zeitigen und zu verey-
    teren.
  • Empl. de mucilaginibus oder diachylon ma-
    gnum.
    Iſt ſo wol mit den ingredi-
    entien
    als auch mit den Kraͤfften/ den
    vorigen faſt gleich.

Empl.
[549]Anhang.
  • Empl. oxicroceum. Wird gemacht von
    Wachs/ Pech/ colophonia, Terpen-
    tin/ gum. galban, ammoniac, Myrrh/
    Maſtix/ Weyhrauch/ Eſſig und
    Saffran. Dienet woll zu den Bein-
    bruͤchen/ wenn keine Zufaͤll nicht
    mehr zu beſorgen/ auch zu der Ver-
    ſtauchung der Nerven und Zerſtoſ-
    ſungen/ auch iſt es dienlich zu den alten
    Verhaͤrtungen der Geſchwulſt/ zu-
    erweichen und zu zertheilen.
  • Empl. Nervinum. Wird gemacht von ol.
    chamomill,
    Roſen-Oehl/ Maſtix-
    Oehl/ Terpenthin-Oehl/ und Lein-
    Ohel/ Terpentin/ oll. hypericonis,
    Kaͤlber- und Boͤcken Inſchlitt/ Roſ-
    marin/ Bethonien/ Pferdſchwantz-
    und Tauſendguͤldenkraut/ Regen-
    Wuͤrm/ Faͤrber-Roͤthe/ Maſtix/
    gum. elemi, Pech/ Hartz/ ſegapen,
    galban. ammoniac, lytargir. vitriol,
    minio.
    Erweicht/ zertheilet und ver-
    zehrt/ und iſt den nervoſiſchen Glie-
    dern nuͤtzlich.
  • Empl. Griſeumoderde lapide calaminari
    ins gemein Zelten-Pflaſter/ wird ge-
    macht von Galmey/ Tutien/ Ter-
    pentin/ Wachs/ Hartz/ lytargir,
    Maſtix/ Weyhrauch/ Tragant/
    M m iijRo-
    [550]Chirurgiſcher
    Roſen- und Myrten-Oehl. Truck-
    net die Geſchwaͤr/ unnd ſchlieſſet
    Haut.
  • Empl. de ſpermate ranarum, wird gemacht
    von ceruſa, lytargirio Baum-Oehl/
    weiß Wachs/ Froſch-Leich/ Weyh-
    rauch und ein wenig Campfer. Die-
    ſes kuͤhlet und lindert die Schmertzen
    des Brandes.
  • Empl. d. argento vivo, wird gemacht von
    Schwein-Schmaltz/ Roſen-Oehl/
    ceruſa und lytargir, ſtorac. liqvid,
    rio vivo,
    Terperin. In den Fran-
    tzoͤſiſchen Beulen/ wie auch alten
    fluͤßigen Schaden/ wird es mit groſ-
    ſem Nutz gebraucht.
  • Empl. filij Zachariæ wird gemacht von
    Wachs/ das Marck auß den Kuh-
    Knochen/ Huͤner und Endten-
    Schmaltz/ Schleim von Leinſaa-
    men/ Lein-Oehl; Wil man es ſtaͤr-
    cker haben/ thut man hinzu Schaff-
    Brallen und das ol. leucoij vor das
    Lein-Oehl. Erweicht und zertheilet
    die Knoden und Beulen der Gelen-
    cke/ und macht auch die auff der
    Bruſt liegende Materie duͤnn und
    zum Auswerffen beqvem.

Empl.
[551]Anhang.
  • Empl. Sticticum wird gemacht von Ro-
    ſen-oͤhl/ Colopfonia/ Hartz/ Schiff-
    Pech/ gelb Wachs/ Kupffer-Waſ-
    ſer/ Bleyweiß/ Weyhr. Mirrhen/
    Maſtix/ Eyer-Oehl/ Wacholder-
    Oehl/ Spick-Oehl/ Mumia/ geſie-
    gelte Erde/ Drachen-Bluth/ weiſſen
    vitriol, rothe Corallen/ Magnet-
    Stein/ Regen-Wuͤrm und Cam-
    pfer. Iſt ſehr kraͤfftig in friſchen
    Wunden und Stichen derſelben/
    wovon es auch den Nahmen hat.
  • Empl. ad fracturas. Dieſe werden gemacht
    von Wachs/ Hartz/ lytargir, bol. ar-
    men, farin. fabarum, conſolida, barba
    caprin, gum, tragant
    und dergleichen.
  • Empl. Opodeldoch. Wird gemacht von
    minia, lapid: calaminar, lytargir, ol.
    laurin, olivar, lini,
    Wachs/ Colo-
    fon/ Ferniß/ Terpentin/ gum. galban,
    ammoniac, oppopan: ſerapino, bdellio,

    gelben Agtſtein/ Weyhrauch/ Myrrh/
    Aloes/ Oſterlucey/ Mumia/ Blut-
    Stein/ Magnet/ Perlenmutter/
    Drachen-Blut/ geſigelte Erde/ vi-
    triol. alb. flor. antimon, croc
    ♂, und
    Campffer. Iſt wie bekant/ von
    groſſer Tugend.

M m iiijEmpl.
[552]Chirurgiſcher
  • Empl. album coctum wird gemacht von
    ceruſa, oleo olivar, und Wachs.
    Kuͤhlet und trucknet/ und ſchlieſt
    Haut.

4. Was bedarff ein Wund-
Artzt fuͤr
Ungventen?


Ins gemein das Unguentum Baſilicum,
Ægyptiacum, Popoleum, Apoſtolorum, Au-
reum, Dialtheæ, Fuſcum, ad Ambuſtum,
Defenſivum, Reſumptivum, Incarnativum,
Campharatum, Digeſtivum, Mollificans,
Veſicatorium, contra Scabiem, Diapompho-
lygos,
Pulverloͤſchung/ Wund-Balſam
und dergleichen.


5. Worvon werden ſie bereitet/
und worzu dienen ſie?


  • DasUngventum Baſilicum wird ge-
    macht von weiß Wachs/ Pinen-
    Hartz/ Kuͤh-Inſchlitt/ Schiff-Pech
    Fiſch-Leim/ Weyrauch/ Mirrhen.
    Dienet zu denen Wunden/ welche
    einer Erwaͤrmung von noͤhten ha-
    ben/ und ſonderlich in den Wun-
    den der nervoſiſchen Glieder.
  • Ungventum Ægyptiacum. Wird gemacht
    von Gruͤnſpan/ Honig und Wein-
    Eßig/ iſt ſonderlich gut die faulen
    Ge-
    [553]Anhang.
    Geſchwaͤr zu reinigen/ und das uͤ-
    brige Fleiſch weg zuetzen. Hildanus
    ſetzet hinzu Safft von Scord. Lachen-
    Knoblauch und Rauten/ wie auch
    Theriack/ Methridat/ und Campfer.
  • Ungvent: Popoleon: Wird gemacht von
    den Knopffen des Pappelbaums/
    Schwein-Schmaltz/ mandragora,
    papaver, cimarorubro hioſcyamo, ver-
    miculari, ſemper vivo, bardano,

    Nachtſchatten/ umbilic: Veneris. \&c.
    Dienet wieder die Hitze der Fieber/
    macht ſchlaffend/ wenn man die
    Stirn und Schlaͤff damit ſalbet.
  • Unguent: Apoſtolorum. Wird gemacht
    von Terpentin/ Hartz/ Wachs/
    ammoniac, ariſtolog, Weyrauch/
    Myrrhe/ galban, opopanax, Gruͤn-
    ſpan/ lytargir, oͤhl und Eßig. Wird
    gebraucht die Buſen und Hoͤlen der
    Geſchwaͤr und Fiſteln mit zu reini-
    gen/ abzuwiſchen und zu trucknen/
    Fleiſch wachſend machen und zu hei-
    len.
  • Unguent. aureum. Wird gemacht von
    gelb Wachs/ Oehl/ Terpentin/ Hartz/
    colophon: Weyrauch/ Maſtix/ und
    Saffran. Macht Fleiſch wachſen
    M m vund
    [554]Chirurgiſcher
    und heilet die Wunden/ inſonderheit
    in den zarten Coͤrpern.
  • Unguent. dialtheæ. Wird gemacht von I-
    biſchwurtz/ Leinſahmen und fœn:
    græc,
    Oehl/ Wachs/ Terpentin und
    Hartz. Iſt treflich gut zu erweichen
    und zu befeuchten/ wie auch zu erwaͤr-
    men/ lindert die Schmertzen/ zerthei-
    let und erweichet.
  • Unguent. fuſcum. Wird gemacht von
    Oehl/ gelb Wachs/ Pech/ ſagapen.
    Maſtix/ galban, Weyrauch/ Ter-
    pentin. Reiniget und ſaͤubert die
    Wunden/ machet Fleiſch wachſen/
    das faule Fleiſch aber nimt es weg.
  • Ungv. ad ambuſtum und zwar im erſten
    Grad da keine Blattern noch nicht
    auffgefahren/ wird gemacht von ro-
    hen Zwieflen/ Saltz/ Venediſcher
    Seiffen/ in einem Moͤrſel mit Roſen-
    und Suͤß-Mandel-Oehl. Im an-
    dern Grad macht man die Salbe von
    ungeſaltzener Butter/ Hennen-Fett/
    Wachs/ weiß Lilien-Oehl/ Quitten-
    Schleim und ein wenig Saffran/ im
    groſſen Schmertzen thut man ein we-
    nig opij darzu.
  • Reſumptivum.oder Schwind-Saͤlb-
    lein
    [555]Anhang.
    lein wird gemacht von Regen-
    Wurm-Oehl/ Pfeffer/ Euphor: Bi-
    bergeil-Oehl/ Wacholderbeer-Oehl/
    Kam-Schmaltz/Menſchen-Baͤhren-
    und Murmelthier-Schmaltz/ Regen-
    Wuͤrm und Bertram.
  • Ungventum album camphoratum, wird
    gemacht von Roſen-Oehl/ weiß
    Wachs/ ceruſa, weiß vom Ey/ und
    Campfer. Dienet wider den Brand
    und Rothlauff/ wider die Kraͤtze und
    Auffſchieſſen der Blaͤtterlein/ auch
    daͤmpffet es die unrechtmaͤßige Hitze
    der Geſchwaͤre.
  • Ungv. digeſtivum, wird gemacht von Ter-
    pentin/ in aq: plantag. gewaſchen/
    Roſen-Oehl/ Eyerdotter und Saff-
    ran/ die Wunden zu zeitigen. Etz-
    liche thun hinzu maſtix, olib anum und
    ol: hypericonis.
  • Ungv. Veſicatorium wird gemacht von
    Sauerteig und Eßig/ oder das Empl:
    de alchimilla
    mit cantharides ver-
    miſcht.
  • Ungv. ad ſcabiem wird gemacht von ſto-
    rac: liquid terebintina, butyr,
    Limo-
    nien-Safft/ ceruſa, Saltz/ auch von
    Schweinen-Schmaltz und Schwe-
    fel.

Ungv.
[556]Chirurgiſcher
  • Ungv. diapompholyg: wird gemacht von
    Roſen-Oehl/ weiß Wachs/ Nacht-
    ſchatt-Safft/ ceruſa, pompholyg ge-
    brand und gewaſchen Bley/ Wey-
    rauch. Dienet den hitzigen ſcharf-
    fen und geſaltzenen Geſchwaͤren/ denn
    es erfriſchet und kuͤhlet/ trucknet und
    heilet/ und macht Haut wachſen ohne
    Beiſſen.
  • Brandloͤſchung oder Pulverloͤſchung
    wird gemacht von Honig/ Hauß-
    wurtz-Safft/ Krebs-Safft/ Roſen-
    Eßig und phlegma vitriol.
  • Wund-Balſam/ und zwar des Paræi,
    wird gemacht von Venediſchen Ter-
    pentin/ gummi aus den Wacholder-
    baͤumen/ S. Johannis-Oehl/ bol:
    armeni,
    Drachen-Blut/ aq: vitæ, pul:
    rad: ircos florentini
    Maſtix/ Aloes und
    Myrrhen. oder das ol: Hiſpan: Aqua-
    pendentis.
  • Ungv: ad hæmorrhoides wird gemacht von
    Sterck-Mehl/ ceruſa, lytargir, ge-
    brand Bley/ Traganth/ opio Kam-
    pfer/ weiß vom Ey/ Roſen- und Veyel-
    Oehl. Stillet die Schmertzen/ und
    wehret der Entzuͤndung.

5. Was
[557]Anhang.

5. Was bedarff ein Wund-
Artzt fuͤr Pulver in ſeiner
Werckſtatt?


Er muß haben Pulver zum Warmband/
Terband/ Weichung/ Blutſtillũgs Pulver/
Stich-Pulver/ Haupt-Pulver/ Zaͤpffle-
Pulver/ ☿ rium præcipitatũ, Rohtlauff Pul-
ver-Augen-Pulver/ Pulver zum Glied-waſ-
ſer/ Gifft Pulver/ Peſtilentz Pulver/ drucken-
Pulver/ Hand-Pulver/ Zaͤhn-Pulver/
Beinbruch-Pulver/ fuͤr Fell der Augen/
Etz-Pulver/ gebrandten vitriol, lap: me-
dicamentoſum,
gebrand Alaun.


6. Worvon werden ſolchepul-
veres
gemacht und wor-
zu dienen ſie?


  • Das Pulver zum Warmband/ wird
    gemacht von Pappeln/ Ibiſch/ Li-
    lien-wurtz/ Eppich/ Leinſaamen/ fœn.
    græc.
    Chamillen/ Steinklee/ Feigen
    und dergleichen. Sind gut die
    Lufft-Loͤchlein der Haut zu oͤffnen/ die
    Glieder zubefeuchten/ und die Feuch-
    tigkeiten duͤnn zu machen.
  • Der Dorband wird gemacht von
    Staub-Mehl/ Feig-Bohnen/ Boh-
    nen- und Gerſten-Mehl rad. Conſo-
    lidæ,
    [558]Chirurgiſcher
    lidæ, Weyhrauch/ ſangv. drac. bol. armeni.
  • Weichungs Pulver/ zum captaplas-
    ma,
    wird gemacht von Ibiſch Wurtz/
    Chamillen/ Steinklee/ Lilien-wurtz/
    Lein-Kuchen/ Weitzen-Mehl und
    Saffran.
  • Bluthſtillungs-Pulver. Wird ge-
    macht von Staubmehl/ Drachen-
    bluth/ Weyhrauch/ bolo, terra ſigil-
    lat, gyps, croc
    ♂, cap, mort. vitriol.

    klein geſchnitten Haſen-haar/ Moß
    vom Todten-Kopff. ꝛc.
  • Stich-Pulver/contra caſum genand/
    wird gemacht von mumia, rhabar-
    baro,
    Bocks-Bluth/ Krebs-Stein/
    ſperma ceti, Naͤgelein/ Entzian/ ter-
    ra ſigillata,
    und bolo armeni.
  • Haupt-Pulver/ wann das Craneum ge-
    brochen/ und die duramater verwun-
    det/ wird gemacht von colophon,
    myrrh, aloes, maſtix, ſangv. dracon,
    croco oriental, ſarcocoll.
  • Auff die bloſſe Beiner braucht man Ger-
    ſten-Mehl und Veyelwurtz.
  • Das Zapffen-Pulver wird gemacht von
    Tormentill-Wurtz/ Veyel-Wurtz/
    Natter-Wurtz/ Galloͤpffel/ rothe Ro-
    ſen-[Blaͤtter]/ Granat-Schelffen/
    Sca-
    [559]Anhang.
    Scabioſen-Blaͤtter und Blumen/
    gebrand Alaun.
  • Mercurius præcipitatus, wann er fleißig
    bereitet und rectificiret/ iſt eine treflli-
    che Artzeney in den Gleich-Wunden/
    reiniget und ziehet die klebrige Mate-
    rie/ ſo ſich bey den nervoſichen Glie-
    dern geſamlet/ aus der Tieffe heraus/
    ſtopffet auch das Glied-Waſſer/ man
    muß es aber nicht gleich im Anfang/
    ſondern wann die Kranckheit am
    hoͤchſten gebrauchen.
  • Rothlauff-Pulver/ wird gemacht von
    Gerſten-Mehl/ Erven-Mehl/ Roſen/
    Chamillen/ Salbey/ Wermuth/
    Stein-Klee/ Ibiſch-Kraut ꝛc.
  • Augen-Pulver muͤſſen etzliche in bereit-
    ſchafft ſeyn/ als das geronne Blut im
    Aug-Apfel zu verzehren/ macht man
    vom Zuckerkand/ præp: Tutien/ Per-
    len.
  • Vor die Fell der Augen/ braucht man
    ein Pulver/ gemacht von Cypreß-
    Nuͤß/ oliban, maſtic, tutia, præp.
    acacia, margarit, alum, ſangv: dra-
    con, coral: rubr, aloes epat, ſarcocoll,
    ſal: gemmæ, coruſa, lap: hæmat: ppt. \&c.
  • Pulver zum Glied-Waſſer/ wird ge-
    macht
    [560]Chirurgiſcher
    macht von gebrandt Hecht-Zaͤhn/
    præcipitat Pulver/ Colopfon/ Myr-
    rha/ Aloes/ Gerſten-Mehl/ ſarcocol.
    werden aber lieber zu ungventen mit
    Eyer-Oehl/ Saffran/ und derglei-
    chen Schmertzen-ſtillenden Artzeney
    gemacht.
  • Gifft- und Peſtilentz-Pulver/ werden
    gemacht von ſcord, diptam: cretic,
    rad. tormentil, terra ſigillata, bolo
    armeni, corn: cervi chym. ppt.
    Rau-
    ten/ Wermuth/ Cardobenedicten/
    Wacholder- und Holderbeeren/ En-
    tian,
    Angelica/ auch hat man andere
    Pulver/ aus den pretioſis gemacht/
    welche man vielmehr in den Apothe-
    cken ſuchen ſoll.
  • Drucken-Pulver macht man von ariſto-
    logia, radic. ireos florentin,
    Gerſten-
    Mehl/ Colopfon/ gebrand Hecht-
    Zaͤhn/ ſarcocol, maſtic, Weyhrauch
    ꝛc.
  • Hand-Pulver wird gemacht von Boh-
    nen-Mehl/ Reiß-Mehl/ Feigbohnen-
    Mehl/ rad. ireos, ſal. tartar. alb, ppt.
    Kreiden/ ſpodio, ſperm. ceti, weiße ge-
    duͤrten Roſen/ und magmate von ſuͤſ-
    ſen und bittern Mandeln.

Zahn-
[561]Anhang.
  • Zahn-Pulver wird gemacht von calci-
    nier
    ten Kieſel-Steinen/ Bims-
    Stein/ rad. ireos florent, rothen Co-
    rallen/ ꝛc.
  • Lap. medicamentos: Wird gemacht von
    gruͤnen und weiſſen Vitriol/ Alaun/
    Stein-Saltz/ gemein Saltz/ das
    Saltz von tartaro, Wermutt-Ci-
    chorien-Floͤhkraut- und Wegbreit
    Saltz/ ceruſa und bolo armeni. Die-
    nel woll wider alle inflammationes
    und heiſſen Brand.
  • Glutinum oder Saͤlbhefften-Pulver/ wird
    gemacht von ſangv. draconis, maſti-
    ce, olibano
    und ſarcocolla wird mit
    dem weiſſen vom Ey eingeruͤhret/ in
    der dicke eines Honigs/ wormit die
    Tuͤchlein beſtrichen werden/ welche
    in einer Stunde ankleben/ daß man
    nach belieben/ durch Huͤlff der ge-
    waͤchſten Faͤdem/ welche an die Tuͤch-
    lein angemacht ſind/ die Lefftzen der
    Wunden herzu ziehen kan.
  • Alumen uſtum. Der Alaun wird fuͤglich
    gebrand mit ſcharffen Wein-Eſſig
    biß er gantz weiß wird.

8. Was hat ein Wund-Artzt
fuͤr Oel von noͤthen?


N nDas
[562]Chirurgiſcher
  • Dasol. abſinthij welches erwaͤrmet und
    ſtaͤrcket/ ſonderlich den Magen.
  • Dasol. amygdal. dulcium welches alle
    Rauhigkeiten der Kehlen und des
    Halſes benimpt/ iſt maͤſſig warm
    und feucht/ weßwegen es dann alle
    Unrechtmaͤſigkeiten ſaͤnfftiget und ſtil-
    let/ wird auch in die Roͤhr den ſtein-
    ſuͤchtigen und im Roͤhr-Geſchwaͤr
    hinein geſpruͤtzt.
  • Dasol. amygdal. amararum, welches er-
    waͤrmet/ duͤn machet und zertheilet/
    und deßwegen zu dem klingen und
    Sauſen der Ohren gebrauchet wird/
    wie auch zu den erkalteten Nerven/
    und machet die rauhe Haut glat
    und ſanfft.
  • Dasol. anethinum iſt ein ſchmertzenſtillen-
    des Oehl/ machet weich und zerthei-
    let die rohen tumores iſt den nervoſi-
    ſchen Gliedern und Kraͤmpffen dien-
    lich/ lindert auch das Haupt-Weh.
  • Dasol. chamomillæ iſt auch ein Schmer-
    tzen-ſtillendes Oehl/ und wird des-
    wegen in den Blaͤhungen und colica
    unter die Clyſtier gebraucht/ ſaͤnffti-
    get die phlegmones zertheilet maͤhlich
    und haͤlt die Fluͤſſe auff/ in dem es
    maͤßig
    [563]Anhang.
    maͤßig zuſammen ziehet und aſtrin-
    gie
    ret.
  • Dasol. caſtorij dienet wieder alle Kaͤlte
    der Nerven und des Hirns/ heilet
    den Klam oder Krampff/ Zittern
    und paralyſin, den Ruͤckgrad mit ge-
    ſchmieret.
  • Dasol. hyperici waͤrmet und trucknet/
    weswegen es zu allen kalten Ge-
    brechen und Schmertzen zu ſtillen/ ge-
    brauchet wird/ dienet den Stichen
    der Nerven/ Wunden und Krampff.
  • Dasoleum liliorum alborum, lindert die
    von Kaͤlte herkommende Schmer-
    tzen/ iſt gut den weiblichen Gebuhrts-
    Gliedern/ und hilfft zur leichten Ge-
    buhrt/ es vertheilet und zeitiget alle
    Haͤrtigkeit/ dienet wider Schuppen
    und Kleyen des Haupts.
  • Dasol. lini iſt dem ol. chamomil. und
    anethino gleich/ ſtillet uͤber das die
    Schmertzen der guͤldenen Ader/ und
    heilet die Verſehrungen und Schrun-
    den derſelben. Geſnerus ruͤhmet es
    hoch im Seitenſtechen/ da faſt keine
    Huͤlffe mehr iſt/ 3 oder 4 Untzen ge-
    truncken.
  • Dasol. lumbricorum Iſt ein ſchmertzen-
    N n ijſtillen-
    [564]Chirurgiſcher
    ſtillendes Oel/ und den Nerven gar
    angenehm.
  • Dasol. myrtillorum ſtaͤrcket das Hirn/
    Nerven und Magen/ wegen ſeiner
    zuſammenziehenden Krafft und iſt
    dienlich/ in den Geſchwaͤren/ der Ent-
    zuͤndung vorzukommen.
  • Dasol. nympheæ kuͤhlet/ macht ſchlaffen/
    und benimpt die Hitze und brennen
    der Nieren und Harns.
  • Dasol. ovorum benimpt die heßligkeit der
    Narben und Haut/ ſtillet die
    Schmertzen der Geſchwaͤr und aller
    nervoſiſchen Gliedern/ dienet im bren-
    nen.
  • Dasol. roſarum hat die Macht zu ſaͤnffti-
    gen/ zuruͤck zutreiben/ zu bereiten und
    zu zertheilen/ dienet ſehr woll/ denen
    ſo an der rothen Ruhr krancken/
    eingenommen. In Entzuͤndung des
    Mutterhalſes/ des Haͤupts und
    Hirn-Wunden/ thut es ſehr woll.
  • Dasol. roſar completum und omphacinum
    iſt noch kraͤfftiger.
  • Dasol. ſcorpionum iſt gut fuͤr die Gebre-
    chen der Nieren und Steines/ iſt
    auch gut wieder die gifftigen Biß
    und Peſtilentz.

Das
[565]Anhang.
  • Dasol. terebint, wird gebraucht zu den
    kalten Zufaͤllen der Nerven/ in der
    Colica und Stein.
  • Dasol. verbaſci hindert alle hitzige
    Schmertzen/ wie auch das Podagra.

9. Was iſt fuͤr ein Unterſcheid
zwiſchen der Weichung
und Wiederſchlagen?


Die erweichende Artzeneyen ſind hitzig/
doch allerdings mittelmaͤſſig/ erweichen die
verhaͤrtete Dinge/ ohne eine merckliche
Außtrucknung und Befeuchtigung: Die
Wiederſchlagende aber/ oder repellirende/
ſind kalt und einer dicken und erdmaͤßigen
oder irrdiſchen Subſtantz/ unter welchen
Nahmen auch die ein- und zuſammen-zie-
hende verſtanden werden.


10. Was iſt zur Weichung zu
gebrauchen?


Die geringe und ſchwache/ ſind die
Wurtzel von weiß Lilien/ Ibiſch/ Paplen:
Aber die Gipffel von Dillen/ Violen/
fœn. græc, feiſte Feigen und Roſinlein ſind
kraͤfftiger. Die vermiſchte ſind die Oehl/
mit den erweichenden Kraͤutern geſotten.
Die ſtarcke ſind das Schmaltz von Och-
ſen/ Hirſchen Baͤhren/ Pferden/ wild
N n iijSchwei-
[566]Chirurgiſcher
Schweinen/ ltem bdellium, galbanum lau-
danum, ſtorax, opopanax, propolis \&c.


11. Was iſt zur Wiederſchla-
gung zu gebrauchen?


Repellen-
tia.

Solche ſind zweyerley: nemlich waſſe-
richte und irrdiſche/ die waſſerichte wel-
che gar nicht zuſammen ziehen/ ſind Lattich/
Burtzel-Kraut/ Meer-Linſen/ Nabel-Kraut
Cucumeren/ Koͤrbiß/ Melonen/ Hauß-
Wurtz/ Alraun/ Doll-Kraut/ Bilſen-
Oehl.


Die Truckne aber/ welche zugleich ein-
und zuſammen ziehen/ ſind: Wegrich/
Roſen-Knoͤpf/ Eichen-Blaͤtter/ Meſpeln/
Qvitten/ Heidelbeer/ Galloͤpffel/ Eicheln/
und allerhand unzeitige Fruͤchte/ Eßig/
herber Wein/ Schlehen-Safft/ allerley
Mehl/ von Gerſten/ Bohnen/ Habern/
Hirſe/ Erbſen/ bolus armeni, Drachen-
Blut/ terra ſigillata, ceruſa, Spießglaß/
Lett/ Magnet-Stein/ Bley ꝛc.


12. Was iſt fuͤr ein Unterſcheid
zwiſchen der Beſchirmung
und Wiederſchlagung?


Wiewoll die Beſchirmungs-Mittel e-
ben woll aus kalten und trucknen Artze-
neyen gemacht werden/ welche die einflieſ-
ſenden
[567]Anhang.
ſenden Feuchtigkeiten dick machen/ und al-
ſo den Weg verſperren/ ſo ſind doch die
zuruͤcktreibende viel ſtaͤrcker/ werden auch
an unterſchiedlichen Oertern gebrauchet/
denn die defenſiva oder Beſchirmungs-
Mittel/ legt man oberhalb den Schaden/
die zuruͤcktreibende aber auff den beſchaͤ-
digten und leidenden Ort ſelbſt.


13. Was iſt eine Beſchirmung/
Schutz-Mittel/ oder
de-
fenſivum?


Solche werden gemacht von bol: ar-Defenſiva.
men, rad. conſolid, tormentil, prun. ſilveſtr,
Blutſtein/ crocusbalauſt, und derglei-
chen. Die compoſita ſind das defenſivum
Felix [Wurtzij]
von der Sinaw gemacht/
wiewoll es eigentlich kein defenſivum, das
ceratum mit dem Flohkraut-Saamen/
das ceratum von Roſen/ das ceratum von
Mirten/ das ceratum diachalciteos; Dieſes
aber iſt zu mercken/ daß die defenſiva ſol-
len lind ſeyn/ damit ſie weder den Ort
drucken/ noch mit ihrer Vertrucknung
mehr Schmertzen verurſachen. Es ſollen
auch ſolche defenſiva von jung Biehnen
oder weiſſem Wachs gemacht werden/
dieweil ſolche Pflaſter durch auß keine
Schaͤrffe nicht leiden.


N n iiij14.
[568]Chirurgiſcher

14. Was ſind an ſich ziehende
Mittel?


Attrahentia

Dieſe ſind den repellentiis entgegen ge-
ſetzet/ dann gleich wie die repellentia die
Materie vom centro zu dem uͤmblauf trei-
ben/ alſo ziehen die attrahentia von der pe-
ripheria
oder Umblauff/ zu dem centro, und
ſind folgende: Biehnen-Hartz/ dictamus
und faſt alle gummata, der Senpff/ der
Bertram/ ariſtologia, ſal armoniacum eu-
phorbium,
Pech/ Terpentin und alle Hartze.
Unter den compoſitis welche bekant ſeyn/
iſt das Empl. oxicroceum, empl. e baccis
lauri, empl. ex alio; è fermento. empl. dia-
chyl: cum gummis.


15. Welche ſind kuͤhlende Ar-
tzeneyen?


Refrigiran-
tia.

Nicht allein Hippocrates, ſondern auch
die Natur ſelbſt lehret uns/ daß wir denen
Gebrechen des Leibes mit den contrariis zu
huͤlffe kommen ſollen/ wie dann auch deß-
wegen in den einfachen inflammationibus
zu weilen aber auch in dem Rothlauff und
herpete kuͤhlende Artzeneyen gebrauchet
werden/ wiewol die heutigen Chirurgi in
applicirung derſelben/ ſonderlich im Roth-
lauff gar zu furchtſam ſeyn/ vielleicht weil
ſie den locum Galeni woſelbſten er ſaget/
daß
[569]Anhang.
daß durch den vielen Gebrauch der kuͤhlen-
den medicamenten aus den hitziegen Ge-
ſchwuͤlſten und Rothlauff/ offtermahls
Scirrhi verurſacht werden/ nicht recht un-
terſcheiden/ denn ſolches geſchicht nur/
wann die Materie der hitzigen Geſchwul-
ſten dicke und ſchleimicht iſt/ wann aber
die Humores duͤnne und feurig ſind/ kan
man kecklich kuͤhlende Sachen auch in
ziemlichem Grad gebrauchen/ als da ſind/
Haußlauch/ Portulack/ cicuta, Lattig/
Nachtſchatt/ Wegbreit/ umbilicus veneris
aus welchen Saͤffte ausgepreſſet werden;
Der Campfer hat auch ſeinen Ruhm/
wiewoll man ſolches nicht ſeiner kuͤhlenden/
ſondern vielmehr ſeiner durchdringenden/
und wunderſahmen zertheilenden Krafft zu
zuſchreiben hat. So kuͤhlen auch die weiſſe
Roſen/ die herbe Trauben/ die Seeblu-
men/ der Froſchleich/ ſonderlich wann deſſen
Waſſer mit der phlegmate vitrioli ver-
miſcht/ das deſtilirte Schnee-Waſſer in
Martio. Marcus Aurelius Severinus in
Chirurgia trimembri
lobet ſehr das Waſ-
ſer/ welches mit mercur. vivo lange Zeit
geſchuͤttelt und geruͤttelt iſt/ auch die bley-
erne Platchen/ wie auch kuͤhlende medica-
menta
in bleyernen Moͤrſer lange geruͤhret/
ſonderlich auch das ſaccharum Saturni, und
alle compoſita aus demſelben.


N n v16. Wel-
[570]Chirurgiſcher

16. Welche ſind zuſammenzie-
hende Artzeneyen?


Aſtringen-
tia.

Solche ſind eines herben und unange-
nehmen Geſchmacks/ man gebraucht ſich
derſelben/ wann man zuruͤcktreiben und
austrucknen will/ Item wann man die
auffqvellende humores daͤmpfen wil/ auch
gebraucht man ſich derſelben in Blutſtil-
lung im Narben ziehlen/ auch wenn die
vaſa geriſſen/ auch in Verwundung der
Daͤrme/ Gebaͤhr-Mutter und Blaaſe/
wie auch in den horniis, im Haar ausfal-
len/ zu den fluͤßigen und wiederwaͤrtigen
Geſchwaͤren. Es ſind aber dreyerley Art/
nemblich/ linde/ ſtarcke/ und gar ſtarcke.
Die linde ſind die rothen Roſen/ Wer-
muth/ eupreſſus, hypocyſtis, pinus, thuris
manna, aſphaltus \&c.
Die ſtarcke ſind:
die Schlee/ unzeitige Trauben/ Granath-
Bluͤth/ Gallaͤpfel/ Eicheln/ Myrthen/
Weyhrauch/ bolus armeni. Aus den ſtaͤr-
ckeſten/ iſt der Alaun und chalcantum.


17. Welche ſindzertheilende und
duͤnmachende Artzeneyen?


Diſcutien-
tia.

Dieſelbe/ welche warmer Natur ſeyn/
dann ſonſten wuͤrde der humor nicht koͤn-
nen in Daͤmpffe verwandelt werden/ als
da ſind: Chamomillen/ Steinklee/ I-
biſch-
[571]Anhang.
biſchwurtz/ weiß Lielienwurtz fœn. græc.
Feigbohnen/ Leinſahmen/ Paͤpel/ Seven-
baum/ caſtoreum Gaͤnſe-ſchmaltz/ Dille/
Stabwurtz/ Wermuth/ Kuͤmmel/ Wol-
gemuth/ Iſop/ Rauthe/ Salbey/ Hollun-
derbluͤt/ Anies/ Fenchel/ Violwurtz u. d. g.
von den compoſitis das ol. terebint, ol. iri-
num, ol. vetustisſimum, empl. diachyl. em-
pl. de mucilagin, empl. filii Zachariæ empl.
d. militoto, ungv. dialtheæ, ungv. Agrippæ
\&c.


18. Welche ſind etzende und zer-
freſſende Artzeneyen?


Dieſelbe welche das faule Fleiſch/ undCauſtica.
allerhand auffgeworffene Schwaͤmme/ wie
auch die polypos und Fleiſch-Gewaͤchſe
durch ihre Krafft verzehren und weg etzen/
als da ſind: Die geringe/ ſpongia mari-
na, her modactyli,
der Weinhefen mit
Pimsſtein gebrandt/ der gebrandte Alaun/
merc. præcipitat. Die ſtaͤrckere/ ſind Leben-
diger Kalck/ Gruͤnſpan/ ol. chalcanthi, ol.
ſulphur, ol. tartari, aq: fortis
und Weyd-
Aſchen-Lauge.


19. Welches ſind die reinigen-
de und abwiſchende Mit-
tel?


Die-
[572]Chirurgiſcher
Detergeu-
tia.

Dieſelbe/ welche den Unflath auß den
Wunden und Geſchwaͤren ziehen/ und die-
ſelbe ſind ins gemein bitter/ als da ſind die
Mehle von Gerſten/ Feigbohnen und Ki-
cheren/ die Aloes/ die Myrrhe/ welche ſtaͤr-
cker iſt/ aber dieſe weichen alle an Staͤrcke
den Gallen aller Thiere; Wann die Ge-
ſchwaͤre anfangen tieff zu werden/ braucht
man zur Reinigung die Mixtur von Ho-
nig und Wein/ auch woll einen herben
Wein allein/ wann ſie ſtincken und fau-
len/ braucht man die Mixtur von Eßig
und Honig/ Eßig und Wein/ und die
Bruͤhe/ in welcher weiß Antorn/ Wermuht
Aloe oder Myrrhen geweicht/ und ein we-
nig Honig untergemiſcht. Unter den compo-
ſitis
werden geruͤhmet/ das ungv. ægyptiacum,
entweder das einfache/ oder welches der
Faͤulung beſſer wiederſtehet/ das ægyptia-
cum magiſtrale Hildani item
das mundifi-
eatum de ſucco apij,
und ſonderlich/ wann
der ☿ rius præcipitatus darzu gethan wird/
welcher entweder nach Hildani Meinung/
mit Abbrennung eines ſtarcken ſp. vinire-
ctificie
ret iſt/ oder wie M. A. Severinus in
chirurgia trimemhri pag.
131. lehret/ wann
Er in den weiſſen Kuͤhl-Saͤlblein/ (wel-
ches ins gemein vom aceto welcher auf dem
lytargirio geſtanden und Roſen-Oehl ge-
macht wird/) etzlicher maſſen auffgekocht
wird.
[573]Anhang.
wird. In Summa/ es werden alle ſal-
nitriſche und bittere Sachen/ welche ohn al-
les Beiſen und Zuſammenziehen abſtergie-
ren/ zur Reinigung der Geſchwaͤre gebran-
chet.


20. Welche ſind Fleiſchziehlen-
de Artzeneyen?


Hierzu ſind ſolche Mittel zu erwehlen/ dieSarcotica
da maͤßiglich vertruckenen. Es muͤſſen aber
die Geſchwaͤr oder Wunden/ welche man
mit Fleiſch zuergaͤntzen begehret/ nicht allein
rein/ ſondern auch aller Fluͤſſe/ Schmer-
tzen/ Entzuͤndung/ Schwulen und unrecht-
maͤßigkeiten enthoniget ſeyn/ denn es iſt die
Wiederſtattung des verlohrnen Fleiſches
einig und allein ein geſchaͤfft der Natur/ zu
welchem der Artzt mehr nicht thun und helf-
fen darff/ als daß man alle Hindernuͤß aus
dem Wege raͤume/ worzu aber viel Ge-
ſchickligkeit von noͤthen. Und ob ſchon ge-
wiß/ daß dazu trucknende Artzeneyen gehoͤ-
ren im erſten Grad/ ſo iſt doch ferner zu wiſ-
ſen/ weil der erſte Grad ſich weit erſtrecket/
ob die trucknende Artzeneyen des erſten
Grads/ ſollen linde oder ſtarck ſeyn Dero-
halben/ wenn viel Eyter verhanden/ als in ei-
nem groſſen Geſchwaͤr/ muß man ſtaͤrckert
trucknende Sachen gebrauchen/ aber in den
kleinen/ lindere. Alſo auch wann die Na-
tur
[574]Chirurgiſcher
tur des ſchwierigen Ortes weich und feucht
iſt/ ſo muß man dergleichen weiches und
feuchtes Fleiſch zielen/ und muß man die
trucknende Sachen alſo abmeſſen: Als
wann ein klein Geſchwaͤr iſt und der Leib
feucht/ muß man umb beyder willen lindere
Trucknung gebrauchẽ/ weßwegen der Wey-
rauch am allerbequemeſten/ wo aber das
Geſchwaͤr groß/ uñ eine feuchte Unrechtmaͤſ-
ſigkeit dabey/ muͤſſen die Artzeneyen auch
mehr trucken ſeyn: Derohalben die Mehle
von Gerſten und Bohnen dienlich. Da-
fern das Geſchwaͤr groß und der Coͤrper
temperat, oder zur Truckenheit geneiget iſt/
muͤſſen die trucknende Sachen noch ſtaͤrcker
ſeyn/ als: farina ervi und iris florenti: Iſt
aber das Geſchwaͤr groß/ das Fleiſch aber
ſehr trucken und hart/ muß man die aller-
ſtaͤrckeſte trucknende in ſeinem/ nemblich er-
ſten Grad gebrauchen/ als da iſt die ariſto-
logia, tutia, pompholix.
Ob aber ein ſolch
medicament nuͤtzlich/ erſehen wir daher/
nemblich wann das erſchworne Theil/ eine
ſolche Truckenheit bekombt/ als es vorhin
natuͤrlicher weiſe gehabt/ als wann aus dem
Geſchwaͤr kein Unflat noch Eyter rinnet.
Die Fleiſchziehlende Mittel ſind endlich:
Der Weyrauch/ welcher den oberſtẽ Ort hat/
unter welchem auch der manna thuris und
cortex verſtanden wird/ dieſem folgen die
ſar.
[575]Anhang.
ſarcocolla aloes, maſtix, mirrha, ſangv:
draconis,
Hartz/ Pech/ Terpentin/ Tan-
nen-Hartz/ Fichten-Hartz/ rad: iridis und
hypericon, die compoſita ſind unguent:
aureum, ungv: baſilicum.


21. Welche ſind Haut-ſchlieſ-
ſende Artzeneyen.


Wann nun die Schaͤden mit Fleiſch ſindEpulotica.
ergaͤntzet worden/ muß man ſie auch endlich
mit einer Narben uͤberziehen/ und gehoͤren
Artzeneyen dazu/ welche ohne alle Schaͤrffe
vertrucknen und aſtringiren/ zudem auch
etwas zuruͤck treiben/ das Fleiſch zuſammen
ziehen/ und mit Haut/ oder vielmehr mit
einer ſubtilen Schwulen uͤberziehen/ und
wird derowegen eine groͤſſere Trucknung er-
fodert/ als die Fleiſchziehlende bedurfft ha-
ben. Die Stuͤcke aber/ die dazu erfodert
werden/ ſind: unzeitige Gallaͤpffel/ Myr-
thenbeerlein/ Granath-Rinden/ Kupffer-
Schaum/ chalcitis oder roth Vitriol/
Myſy/ gebrand und gewaſchen Gruͤnſpan/
gebrand und gewaſchen Kupffer. Die Ab-
ſchaffung des uͤbermaͤßigen Fleiſches/ zu
ſampt des Schadens endlicher Zuheilung/
in den harten und zarten Coͤrpern/ kan
durch einerley Mittel verrichtet werden/
dann die ſcharffe Metallen nehmen/ allein
gebrand/ alles uͤbermaͤßige Fleiſch hinweg/
ge-
[576]Chirurgiſcher
gebrand und gewaſchen aber heilen ſie die
Schaden zu/ ſintemahl man alle ſolche
Sachen/ durch das Waſchen fein beguͤti-
gen kan/ als da ſind: pompholix, cadmia
ſquama æris, plumbũ uſtum, ceruſa, calx \&c.

Die compoſita ſind: cerat: ex cælce, dia-
pompholygos, de minio, de plumbo \&c.


22. Welche ſind zuſammenhei-
lende Artzeneyen?


Glutinantia.

Die Artzeneyen welche die Lefftzen der
Schaden zuſammen heilen/ haben gleich-
ſahm ſaͤmptlich die Art/ daß ſie im andern
Grad vertrucknen/ ſind zwiſchen den Zu-
heilenden und Fleiſch ziehlenden einer mittel-
maͤßigen Natur/ muͤſſen gar nicht abſter-
gi
ern/ ſondern ein- und zuſammenziehen/
und die Feuchtigkeiten von den Lefftzen der
Geſchwaͤr abhalten/ als da ſind: ſanicula,
ſymphytum,
Wegerich/ Schaffthew/
S. Johannis-Kraut/ Spinnenweben/
ſarcocolla und die gummi ſo nicht beiſſen/
noch gewaltig abſtergiern oder reinigen.
Die compoſita ſind: Das Empl. triaphar-
mac.
Wund-Balſam Ambroſii Paræi und
der Balſamus Aquapendentis, welcher lib.
Chirurg. cap.
7. beſchrieben ſtehet.


23. Was ſind ſchmertzen-ſtil-
lende
Medicamenta?


Dieſe
[577]Anhang.

23. Was ſind Schmertzen-ſtil-
lende
Medicamenta?


Dieſe ſind einer ſubtilen Subſtantz/ inAnodyna.
dem erſten Grad hitzig/ oder dermaſſen tem-
peri
ert daß ſie ſich wegen der familiaritaͤt
der Elementen/ der Natur des Orts ver-
gleichen. Als da ſind: Das ſuͤſſe Baum-
Oehl/ ſo nicht zu friſch auch nicht zu alt/
Chamillen/ Leinſaamen/ Ibiſch/ ſuͤſſe
Mandelen/ Regenwuͤrm/ Eyerdotter-
Oehl/ Butter/ Hennen-Fett/ Gaͤnſe- und
Schweinen-Schmaltz/ Neben dieſem
findet ſich eine Art/ die ſich des Schmer-
tzens Urſach mit ihrer qualitaͤt ſchnur
ſtracks wider ſetzen/ als das Lorbeer Oehl/
den erkalten Gliedmaßen: Das blawe
Viol-Oehl den erhitzten: Die Mixtur
von Baum-Oehl und Waſſer den allzu-
trucken.


Die dritte Art der Schmertz-ſtillenden
Mittel/ ſind die ſo das Glied gleichſahm
ſchlaffend machen/ und demfelben ſeine
Empfindligkeit benehmen/ damit es den
Schmertz deſto weniger fuͤhlen kan/ und
ſolche werden Narcotica oder Hypnotica
genand/ welche man nicht ehe brauchet/
als wann alles andere nichts verſchlagen
will/ und man an allem verzweiffelt/
O ound
[578]Chirurgiſcher Anhang.
und ſolches ſind die Opiata, welche offter-
mahls/ wann ſie innerlich zur ungebuͤhr
gebrauchet werden/ dem Patienten ma-
chen ein ſanfftes/ mir aber anjetzo ein
froͤliches


ENDE.



IN-[[579]]

Appendix A INDEX
RERUM ET VERBORUM


Appendix A.1 A


  • Anaſarca121
  • Aneurisma103
  • Angina353
  • Anthrax162
  • Aptha351
  • Apoplexia221
  • Aſcites121
  • Atheroma88
  • Ani procidentia135

Appendix A.2 B


  • Bronchocele116
  • Bubonocele129
  • Bubo peſtilentialis161
    • Venereus159

Appendix A.3 C


  • Cancer ulceratus100
    • non ulceratus101
  • Carbunculus163
  • Cerebri commotio198
    • vulnus208
  • Chirurgus73
  • Chirurgia73

  • Cirſocele134
  • Condylomata155
  • Cranij contuſio193
    • fisſura191
    • Introcesſio194
  • Reſonitus196

Appendix A.4 D


  • Dracunculi139

Appendix A.5 E


  • Elephantiaſis397
  • Emphyſema87
  • Enterocele129
  • Enteroepiplocele125
  • Epilepſia222
  • Epiplocele132
  • Epulis112
  • Exomphalas123
  • Eryſipelas82

Appendix A.6 F


  • Fonticulus in brachio396
    • in pede396
  • Factura cranij190
    • Claviculæ480
    • Homoplatæ481
    • Coſtaruus486
    • Spinæ dorſi490
    • Femorum492
    • Osſis coccigis491
    • Osſis ſacri491
    • Patellæ505
    • Tibiarum514

Appendix A.7 G


  • Ganglion94 item
    152
  • Gangræna140
  • Gingivarum corruptio
    242
  • Gonorrhoea367

Appendix A.8 H


  • Hæmorrhagia
    • Narium238
    • Vulnerum184
  • Hæmorrhoides.154
  • Herpes ſimplex92
    • miliarisibid.
    • exedensibid.
  • Hernia104
  • Hydrocele132
  • Hydrocephalus105
  • Hydrops120
  • Hydroſarcocele134

Appendix A.9 L


  • Lethargus224

  • Lichenes305
  • Lues venerea401
    • in infantibus412
  • Luxatio claviculæ433
    • Cervicis436
    • Carpi444
    • Cubitus441
    • Coccigis438
    • digitorum446
    • digitorum pedum458
    • Femoris447
  • Luxatio Genu453
    • Maxilla430
    • Patellæ453
    • Spinæ dorſi434
  • Tarſi455
  • Tibiæ456

Appendix A.10 M


  • Manus amputata266
  • Meliceris90
  • Morbilli376

Appendix A.11 N


  • Nervorum punctura255
    • Vulnera252

Appendix A.12 O


  • Oedema84
  • Oſchocele129
  • Ozœna350

Appendix A.13 P


  • Paralyſis221

Para-
[[581]]INDEX.
  • Paracenteſis122
  • Parotis107
  • Paronychia137 \& 366
  • Panus. Phygetlon158
  • Peſtis390
  • Phlegmone78
  • Phrenitis220
  • Phyma158
  • Pleuritis117
  • Pneumatocele133
  • Polypus110

Appendix A.14 R


  • Ranula113
  • Rigor223

Appendix A.15 S


  • Sarcocele133
  • Scirrhus98
  • Scorbutus gingivarum243
  • Scrophulæ95
  • Setaceum272 \& 542
  • Spasmus219
  • Sphacelus147
  • Spina ventoſa416
  • Steatoma91
  • Struma95
  • Sutura vulnerum188
  • Synovia524

Appendix A.16 T


  • Talpa. Teſtudo108
  • Tympanites121

Appendix A.17 U


  • Varix371
  • Vertigo ex vulnere218
  • Ulcus aurium349
    • Calidum343
    • Dentium357
    • Doloroſum339
    • Fiſtuloſum528
    • Frigidum344
    • Humidum342
    • Inteſtinorum361
    • Matricis372
    • Oculorum348
  • Ulcus Phægædenum346
    • Putridum345
    • Renum363
    • Siccum341
    • Sordidum345
    • Verminoſum521
    • Veſicæ364
  • Uteri procidentia165
  • Uvula115
  • Vulnus arteriarum259
    • Cerebri208
    • Cranij203
    • Duræ matris207
    • Ligamentorum260
    • Nervorum252
    • Tunicarum260
    • Venarum251

O o iijRe-
[[582]]

Appendix B Regiſter.


Appendix B.1 A


  • Aberwitz. ‒ ‒ 220
  • Aderbruch134
  • Aderlaſſen
    • worzu es nuͤtzlich 536
    • Was von den Zeichen
      zu halten 537
  • Ader
    • ſo nach der Laͤſſe ge-
      ſchwollen und
      auffgelauffen 538
    • Ob einem Peſtſuͤch-
      tigen zu laſſen 540
    • Ob ſchwangeren
      zu laſſen 540
  • Aetzung
    • was ſie ſey 338
  • Augapffels
    • Anwachſung 231
    • ſo umgekehrt 232
  • Angen
    • Brand 233
  • Angen
    • Artzeney ob ſie kalt oder
      warm zu appliciren
      270
    • Fluͤſſe 234
    • Felle 235
  • Auſſatz
    • Unterſcheid zwiſchen
      den Frantzoſen 399
    • Probe ‒ ‒ 398
  • Ausweichung
    • des Maſtdarms 135
    • der Gebaͤhr-Mutter
      165

Appendix B.2 B


  • Blut-Ader
    • Verwickelung 371
    • Wunde 251
  • Blut
    • harnen woher 309
    • ſo gelaſſen wie es zu
      judicieren 540
  • Blutſtillung
    • wie vielerley 184
  • Brand
    • der heiſſe 140
    • der kalte 147
  • Brennen
    • mit Feur/ Waſſer/
      Pech/ 378

Braͤu-
[[583]]Regiſter.
  • Braͤune353
  • Beinbruch
    • was er ſey 461
    • wie vielerley 461
    • Kennzeichen 462
    • zuheilen eher in den
      Jungen als alten 463
    • der Gleiche gefaͤhr-
      lich 464
    • mit hefftiger Entzuͤn-
      dung nicht einzurich-
      ten 464
    • was zur Heilung erfo-
      dert werde 465
    • ob er recht eingerichtet
      465
    • warum ſie ausweichen
      wañ ſie eingerichtet 465
    • Lager 466
  • Bein-bruch
    • wann ſie zum erſten
      auffzuloͤſen 466
    • Zufaͤll 468
    • ſo nicht gerade ge-
      heiler 469
  • Bruch
    • der Naaſen 478
    • der Hirnſchal 473
    • des Unter-Kinnba-
      ckens 478
    • des unterhalſes 480
    • des Schulterblats 481
    • des Genicks 482
    • des Bruſt-Beins 483
    • des Elbogens mit aus-
      fallen der Achſel 484
    • der Rippen 486
    • warum ſie toͤdtlich 487
    • des Ruͤckgrads 490
    • des heiligen Beins 491
    • des Schwantzes
    • des Ruͤckgrads 491
    • der Hufft 492
    • des Vorder- und
      Hinter Arm 494
    • der Haͤnde 500
  • Bruch
    • welche leicht vor eine
      Verrenckung anzuſehen
      504
    • an den Gelencken
      faͤhrlich 504
    • der Knieſcheibe 505
    • zu erkennen/ ob er ei-
      nen Callum geſetzt 512
    • wie ſie zu behen 513
    • der Beiner in den
      Fuͤſſen 514
    • im Schienbein mit
      einer Wunde. 514
    • den langen Weg 715
    • ſo nicht recht eingerich-
      tet/ wie zu handlen 516
  • Beinfreſſer416

Appendix B.3 C


  • Carſunckel163
    • Unterſcheid zwiſchen
      den Peſt-Beulen 389

Appendix B.4 D


  • Darm-Bruch129
  • Durchſchlecht376

Appendix B.5 E


  • Eyter
    • ob er gut oder nicht 268

Appendix B.6 F


  • Feige
    • eine Geſchwulſt 107
  • Fieber223u.519
  • Feigwartzen155
  • Fiſtel528
    • Unterſcheid unter
      einem Geſchwaͤr 531
    • der Augen 531
    • des Halſes und des
      Kinbackens 532
    • der Bruſt 533
  • Flechten374
  • Fleiſchbruch133
  • Fluß
    • des Leibes 383
    • zwiſchen Fell und
      Fleiſch 385
    • ſo hitzig 388
    • ſo kalt 388
    • der Fußſohlen/ ſo faul
      und unterkoͤtig 389
  • Fontanell395
  • Frantzoſen401
    • biß 411
    • der Kinder 412
  • Frantzoͤſichter
    • wes complexion414
  • Froſch
    • unter der Zungen 113
  • Froſt
    • an Haͤnde u. Fuͤſſe 381

Appendix B.7 G


  • Geſchoß
    • am Finger 137366
  • Geſchwaͤr333
    • Unterſcheid unter einer
      Wunden 333
    • Unterſcheid 334
    • Urſach 335
    • wie ſie zu erkennen 335
    • welche leicht zu heilẽ 336
    • welche ſchwer zu hei-
      len 336
    • welche gefaͤhrlich 337
    • gantz toͤdtliche 337
    • wie ſie zu heilen 337
    • mit einen Schmertz 339
    • mit einer Truckne 341
    • mit einer Feuchtig-
      keit 342
    • mit einer Hitze 343
    • mit einer Kaͤlte 344
  • Geſchwaͤr
    • So unflaͤtig 345
    • ſo gifftig und umb ſich
      freſſen 346
    • wie ſie zu binden 348
    • der Augen 348
    • der Ohren 349
    • der Naſen 350
    • des Mundes 351
    • der Mandlen 352
    • des Halſes 353
    • der Zaͤhne 357
    • des Schlundes 36
    • der Lufft und Speiß-
      Roͤhr ibid.
    • des Magen-Schlun-
      des ibid.
    • der Gedaͤrme ibid.
    • der Nieren 363
    • der Harnblaſen ibid.
    • der Ellbogen 365
    • der Roͤhren 367
    • der Gebaͤhrmutter 372

  • Geſchwulſt
    • was ſie ſey 75
    • Urſach ibid.
    • Unterſcheid 76 \& 77
  • Geſchwulſt
    • rothe oder blutige 78
    • waſſerichte 84
    • windigte oder duͤnn
      waſſerichte 87
    • Melancholiſche 98
    • hinter den Ohren 107
    • der Knie 138
    • der Mandeln 114
  • Gichtbruch221
  • Gliedſchwam152
  • Gliedwaſſer524
  • Guͤldene Ader154

Appendix B.8 H


  • Haaſenſcharten333
  • Haar-Seil
    • zu ſetzen 542
  • Haupt-Wunden190
    • ſo toͤdlich 200
  • Hefften
    • der Wunden 188
  • Heiſſer Brand140
  • Hirns
    • Bewegung oder Er-
      ſchuͤtterung 198
    • Verwundung 208

O o vHirn-
[[586]]Regiſter.
  • Hirnſchal
    • Spalt 191
    • Zerſtoſſung 193
    • Einweichung 194
    • Gegenſpalt 196
    • Bruͤche Kennzei-
      chen 474

Appendix B.9 K


  • Knie
    • ſo durch einen Fluß
      krum 507
    • Scheibe ſo gebrochen
      geweſen/ hincken 508
  • Knochen
    • weiß zu behalten 226
  • Krampff
    • Urſprung 219
    • wie vielerley 219
  • Krampff-Adern371
  • Krebs100
  • Kropff
    • des Halſes 95. 116

Appendix B.10 L


  • Laͤhmung526
  • Leibes-Fluß383
  • Loͤcherung
    • der Wunden 523

Appendix B.11 M


  • Mandel-Geſchwulſt
    114 und 352

  • Maſtdarm
    • Außweichung 135
  • Maulwurff
    • Eine Geſchwulſt 108
  • Mitteſſer139
  • Mundfaͤul242

Appendix B.12 N


  • Nabels
    • Nachlaſſung oder
      Vorſchieſſung 123
  • Naaſen
    • bluthen 238
    • Geſchwulſt 110
  • Narbe
    • oder Wundmahl 340
  • Nerven
    • Wunden 252
  • Netzbruch131

Appendix B.13 O


  • Ohren
    • ſo abgehawen 225
    • ſo erfrohren 227

Appendix B.14 P


  • Peſt390 biß 394
  • Peſtilentz-blatter163
  • Pocken
    • oder Durchſchlecht 376
  • Puls-Ader
    • Wunde 259

Quet-
[[587]]Regiſter.

Appendix B.15 Q


  • Quetzſchung499

Appendix B.16 R


  • Raͤude oder Grind372
  • Roſe. Rothlauff77
  • Reinigung
    • was ſie ſey 82
  • Roͤhr-Geſchwaͤr367

Appendix B.17 S


  • Schlaff-Sucht224
  • Schlag221
  • Schlier
    • veneriſcher 159
    • peſtilentziſcher 161
  • Schorbuck243
  • Schwindel
    • aus einer Haupt-
      wunde 218
  • Schwindung
    • der Glieder 522
    • des Zahnfleiſches 534
  • Schwere Noth222
  • Seitenſtechen171
  • Sprachloſigkeit
    • aus einer Wunde 219
  • Speck-Beulen413
  • Schwemme351

Appendix B.18 V


  • Vber-Bein94
  • Verrenckung425
    • Unterſcheid 425
    • Urſach 426
    • Kennzeichen 426
    • des Kinnbackens 430
    • des Gurgelbeins 433
    • des Ruͤckgrads 434
    • des Genicks 436
    • des Schwantzes im
      Ruͤckgrad 438
    • der Rippen 438
    • des Ellbogens 442
    • der Handwurtzel 444
    • der Finger 446
    • der Hufft 447
    • biß 452
    • der Knieſcheiben 453
    • des Knies 453
    • des Wadenbeins 455
    • des Schienbeins 457
    • des Knodens 457
  • Verrenckung
    • der Ferſen 456
    • der Zehe 458
    • der Fußblats 457

Appendix B.19 W


  • Wartzen
    • in Wunden 110
    • der Zungen 116
  • Waſſer-Bruch132
  • Waſſerſucht120

Waſ-
[[588]]Regiſter.
  • Waſſer-Kopff105
  • Wind-Bruch133
  • Weichung
    • was ſie ſey 338
  • Wund-Artzt73
  • Wund-Artzeney73
    • wie viel Stuͤck 74
  • Wunde175
    • Unterſcheid ibid.
    • Urſach 176
    • Zufaͤll 176
    • welche groß zu achten
      176
    • welche gefaͤhrlich 177
    • nicht gefaͤhrlich 177
    • toͤdtlich 177
    • der Schwindſuͤchti-
      gen 179
  • Wunde
    • der alten Leuthe 179
    • einfache 180
    • tieffe 18
    • hole 182
    • mit Verluſt der Sub-
      ſtantz ibidem
    • Welche der Hefftung
      noͤthig 186
    • In welchen Aderlaß
      noͤthig 187
    • In welchen purgieren
      noͤthig 187
    • Der Duræ matris207
    • Welche gefaͤhrlich
      und nicht toͤdlich 215
    • Truckenheit 225
    • der Naſen 238
    • der Pulß-Adern am
      Halſe 247
    • der Achſel 249
    • des Schulterblats 249
    • einer Blut-Ader 251
    • einer Puls-Ader 259
    • einer Nerven 252
    • der Ligamenten
      oder Band-Ader 260
    • Der Felle 260
  • Wunde
    • des Angeſichts 269
    • der Ohren 225 und 269
    • der Backen 271
    • der Hirnſchal 203
    • des Hirns 208
    • der Zungen 272
    • des Genicks 273
    • der Lufft-Roͤhr 274
    • der Gewerb 275
    • der Bruſt 276
    • des Hertzens 276
    • der Lungen 277
    • des Qveer-blatts 279
    • der Leber 282
    • der Gallen-blaas 284
    • des Magens 284
    • der Miltz 285
    • der Nieren 286
    • der Blaaſen 287
    • der Daͤrme 291
    • des Netzes 289
    • So geſtochen 295
    • ſo geſchoſſen 296
    • mit Pfeilen geſchoſſen
      299
    • ſo mit vergifften Ku-
      gel oder Pfeilen
      geſchoſſen 300
  • Wunde
    • des Ruͤckgrads 301
    • der Hufft und
      Schenckel 303
    • des Afftern 307
    • der Knieſcheiben 314
    • der Manns Ruthe 316
    • des Hodenſacks 317
    • So umb ſich friſt 319
    • So von vergifften
      Thieren gebiſſen 320
    • von wuͤtenden Hun-
      den gebiſſen 321
  • Wuͤrme
    • in den Wunden 521
    • am Finger 137366

Appendix B.20 Z


  • Zahnfleiſches
    • Schwindung 534
  • Zaͤpfleins
    • Geſchwulſt 115
  • Zeitigung
    • was ſie ſey 339
  • Zittern
    • der Wunden 523
  • Zufaͤll
    • der Haͤupt-Wun-
      den 216
    • aller Schaͤden. 518


[[590]][[591]][[592]][[593]][[594]][[595]][[596]][[597]][[598]]

Dieses Werk ist gemeinfrei.


Rechtsinhaber*in
Kolimo+

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2025). Collection 4. Candidatus chirurgiae Das ist Kurtze doch gründliche Erörterung/ Aller und jeder fast erdencklichen Anatomischen und Chirurgischen Fragen. Candidatus chirurgiae Das ist Kurtze doch gründliche Erörterung/ Aller und jeder fast erdencklichen Anatomischen und Chirurgischen Fragen. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bqgz.0