Berichtigungen.

Zu Bd. I, Nr. 47. Der Riese Jörn (Jürn) wollte über den Krakower Binnensee eine Brücke schütten; doch beim Werke zerriß seine Schürze, in der er Erde herbeitrug. Dadurch entstand der Hügel, der als Halbinsel in den See vorspringt und auch heute Jörn- oder Jürnbarg heißt. Erzürnt stieß der Riese seinen Besen verkehrt in die Erde, daß derselbe an der Scheide gegen das jetzige Charlottenthal als Baum anwuchs, und verließ die Gegend.


Aus Krakow. Nerger. – ›Ich mache noch auf die Identität des Jörn, Jürn, bei Krakow mit dem Woren bei Groß-Bölkow (Nr. 44.) aufmerksam.‹ Woren aber ist = Woden.

Nerger.


Zu Bd. I, Nr. 151. Vgl. auch die Erzählung von W. Ahlers, Historisch-topographische Skizzen aus der Vorzeit der Vorderstadt Neubrandenburg, Neubrandenburg 1876, S. 85 f.


Zu Bd. I, Nr. 492. Die Inschrift lautet nach W. Ahrens Skizzen S. 116, vielmehr

Ich heyte Herman Ramt,
Ich byn tam
Zam eyn lam. Amen.

Sie bezeichnet unzweifelhaft den Gießer.


Zu Bd. I, Nr. 508. Nach Mittheilung von Lehrer Schwartz, in welcher aber kein Ort genannt ist, singt die Glocke


[461]
Hanna Sanna, dei mi got,
Is dod,
Liggt in 'n Kal'ner Lindholt.

Zu Bd. I, Nr. 537. Aehnliche Sage von einem Wollenweber in Neubrandenburg, der in einer stürmischen Winternacht bei der Heimkehr sich verirrte, dann endlich den Klang der Glocken der Stadt vernahm, und, glücklich zu Hause angekommen, gelobte, eine Stiftung zu gründen, aus der die Mittel zum Läuten der Wächterglocke der Marienkirche in der Zeit von Michaelis bis Ostern, Morgens 4 Uhr und Abends 9 Uhr, bestritten wurden. Vgl. W. Ahlers, Skizzen S. 113.


Zu Bd. I, Nr. 556. Vgl. W. Ahlers, Skizzen S. 105.


Zu Bd. I, Nr. 608. In anderer Fassung nach Mittheilung vom Steueraufseher Ziegler lautet die Sage folgendermaßen: Die Stadt Parchim besitzt bekanntlich große Waldungen und eine bedeutende Kämmerei. Um briefliche und mündliche Mittheilungen in die Kämmereidörfer gelangen zu lassen, hält die Stadt einen Rathsboten, welcher zur Zeit der Geschichte Bremer hieß. Aus dem Munde eines Nachfolgers desselben habe ich die Erzählung vernommen. Zu den Kämmereidörfern gehört das unmittelbar an der Elde liegende Kirchdorf Slate. Will man von Parchim dorthin gelangen, so führt der nächste Fußweg durch das gleich bei Parchim liegende Buchholz, welches in dem am äußersten Ende liegenden sogenannten Patenberge zu einer Höhe von mehreren Hundert Fuß ansteigt. Hier fällt der Berg ziemlich steil ab, und man erreicht in etwa zehn Minuten die Elde. Um nach Slate zu gelangen, wird man in einem Boote über die Elde gesetzt. Die Fährstelle befindet sich seit undenklichen Zeiten bei der unmittelbar an dem Flusse liegenden Hufe des Hauswirths Lehmkul. Von dem Patenberge, der mit hohen Buchen bewachsen ist und in dem sich links vom Wege ein freier Platz befindet, wurden von Alters her allerlei Spukgeschichten erzählt, so unter Anderem, daß an einem bestimmten Baume in jeder Nacht zwischen 12 und 1 Uhr eine brennende Laterne hänge. Der Rathsdiener Bremer war [462] eines Tages in Dienstangelegenheiten aufs Land geschickt, kehrte Abends spät in Slate beim Fährmann Lehmkul ein, und bat diesen, ihn über die Elde zu setzen. Lehmkul, mit Bremer befreundet, bietet ihm Nachtquartier an, um ihn nicht in so später Nacht den vielverrufenen Patenberg und namentlich die brennende Laterne passiren zu lassen. Allein Bremer besteht auf Ueberfahrt, um dem Rathsherrn, der ihn entsandt, einem Kaufmann, der namentlich mit Korn handelte, am frühen Morgen Bericht abstatten zu können. Bremer geht, und kaum hat er die steile Anhöhe erreicht, so sieht er auch die Laterne links von seinem Wege brennen. Entschlossen geht er weiter, nun aber sieht er rechts vom Wege den freien Platz im Holze hell erleuchtet, und um aufgestellte Tische etwa dreißig verstorbene Parchim'sche Rathsherren, mit langen Pfeifen, in Schlafröcken, Karten spielend um dieselben sitzen. Bremer zieht die Mütze und will mit einem ›Guten Abend‹ an der Gruppe vorübergehen. Da steht einer der Herren von seinem Sitze auf, geht auf Bremer zu, und beauftragt ihn, den Herrn Bürgermeister zu grüßen und ihm zu sagen, er möge sich bereit halten, sein Stuhl wäre bis auf den letzten Stieper (Sprosse), der morgen Mittag um 12 Uhr eingesetzt werde, fertig. Bremer kommt nach Mitternacht in Schweiß gebadet nach Hause, und legt sich, nachdem er alle Anerbietungen seiner Frau, Speise zu sich zu nehmen, abgelehnt hat, ins Bett und schläft bis zum hellen Morgen. Nun geht er zu seinem Rathsherrn, stattet diesem Bericht über seine Reise ab, und er zählt, was er in der Nacht gesehen und gehört hat. Der Rathsherr lacht Bremer aus, und sagt ihm, daß er noch gestern Abend mit dem Bürgermeister Whist gespielt und jenen gesund verlassen habe, er, Bremer, müsse also geträumt haben. Dieser bleibt aber bei dem Erzählten, und weist die Annahme geträumt zu haben, entschieden zurück. Um sich von dem Wohlbefinden des Bürgermeisters zu überzeugen, gibt der Rathsherr Bremer den Auftrag, jenen zum Frühstück einzuladen. Bremer trifft denselben wohlauf an. Der Bürgermeister nimmt die Einladung an und kommt gegen 11 Uhr zum Rathsherrn. Beide Herren setzen sich an den Frühstückstisch und lassen es sich bei einem Glase Weine und heiterer Unterhaltung gut schmecken. Nach längerem Sitzen steht der Bürgermeister auf, um sich einmal über den Hausflur [463] in den Hof zu begeben. Einige Augenblicke später hört der zurückgebliebene Rathsherr ein Geräusch auf dem Flur, und hinauseilend sieht er den Bürgermeister zerquetscht unter einem schweren, aus der Winde gefallenen Kornsack liegen. In diesem Augenblick ertönen von dem Thurme der alten Marien-Kirche zwölf Schläge.

Sagen

654. Der Nagelschmied in Neubrandenburg
654. Der Nagelschmied in Neubrandenburg.

In Neubrandenburg war einmal ein alter Nagelschmied, der ein gotteslästerliches Leben führte und sich einst beim Trinken rühmte, daß er sich vor Gott und Teufel nicht fürchte und kein Grauen kenne. Um das zu beweisen, vermaß er sich, in einer Winternacht beim Beginn der Geisterstunde in ein ihm bezeichnetes Grab einen Nagel einzuschlagen. Er begibt sich auf den Kirchhof der Marienkirche und schlägt, wiewohl von Grauen erfaßt, wirklich mit drei kräftigen Schlägen den Nagel in das Grab. Wie er sich erheben will, vermag er es nicht, denn er hat in der Eile seinen Rockzipfel mit angenagelt; er glaubt, daß die Hand des Todten ihn festhalte, sinkt bewußtlos nieder und ein Schlagfluß macht seinem Leben ein Ende. So fand man seine Leiche am andern Morgen mit angenageltem Rocke. Auch nach dem Tode fand er keine Ruhe, sondern irrt noch oft um Mitternacht seufzend und klagend auf dem Kirchhof umher.


W. Ahrens, Skizzen S. 117 f.

655. Der Spuk bei der 'Hand'
655. Der Spuk bei der ›Hand‹.

Auf der früheren Landstraße zwischen Dargun und Gnoyen, nicht sehr weit vom letztern Orte entfernt, stand ein einarmiger Wegweiser. [464] Man nannte diese Stelle hier ›die Hand‹; und es wurde von Leuten behauptet, daß es da zu gewissen Zeiten nicht recht geheuer sein sollte. Einmal spät Abends kehrte ein Fuhrmann aus Gnoyen von Dargun zurück. Als er mit seinem Gefährt bei der sogenannten Hand anlangte, kam ihm eine weiße Gestalt entgegen und verschwand zwischen den Vorderpferden. Jetzt standen die Pferde mit dem Wagen auf einmal still, schnaubten und waren trotz alles Antreibens nicht von der Stelle zu bringen. Dem Fuhrmann standen vor Entsetzen die Haare zu Berge; doch faßte er sich, stieg vom Wagen und schlug in den einen Zugstrang des Handpferdes einen, in seine Peitsche aber drei Kreuzknoten. Hierauf schlug er mit der Peitsche vor den Vorderpferden dreimal ein Kreuz. Nun stieg er wieder auf den Wagen und hieb auf die Pferde ein. Diese stürmten jetzt in rasender Eile vorwärts, so daß sie über und über mit Schaum bedeckt zu Hause anlangten.


Lehrer Schwartz nach Mittheilung der alten Zimmermannsfrau Schröder in Finkenthal.

656. Der Geist im Erlenbaum
656. Der Geist im Erlenbaum.

In alten Zeiten hat zu Bauersdorf in Pommern ein alter Mann wegen Grenzstreitigkeit einen falschen Eid gethan. Als er gestorben, konnte er im Grabe nicht ruhen. Da fand sich ein Geisterbanner, der den Geist in eine ›Pottbuddel‹ einfing. Der also eingeschlossene Geist wurde über die Trebel nach Meklenburg gebracht und ihm im Holm in dem Bobbiner Forst eine Erle übergeben.

Ende der Zwanziger-Jahre dieses Jahrhunderts erhielt ein Tagelöhner in Bobbin vom Gutsherrn die Erlaubniß, sich am Sonntag ein Fuder Brennholz zusammenzusuchen. Als er wohl ein Fuder zusammen hatte, traf er auf eine alte, trocken gewordene Erle (es war dies die Erle, welche dem Geist überwiesen war). Da sagte der Tagelöhner zu seiner ihn begleitenden Frau ›Diese Erle will ich noch abhauen.‹ Die Frau rieth, die Erle stehen zu lassen, weil das Fuder wohl schon voll werden würde. Der Mann aber ließ sich nicht von seinem Vorhaben abbringen, sondern sprach ›Ich will sie nur noch in Gottes Namen abhauen.‹ Als er eben mit dem Umhauen [465] beginnen wollte, läuteten im nahen pommerschen Kirchdorfe Nehringen die Glocken zur Kirche ein. Beim ersten Hieb, den der Mann that, prallte die Axt zurück, beim zweiten flog sie ihm gar aus der Hand. Da sagte der Mann im Aerger ›Willst du nicht in Gottes Namen ab, so sollst du in Teufels Namen ab.‹ Jetzt konnte er mit Leichtigkeit die Erle umhauen. Als Nachmittags das Holz angefahren wurde, warf man die Erle oben auf. Sie fiel sogleich wieder herab, und dies geschah unterwegs noch zu wiederholten Malen, doch brachte man sie endlich ans Haus. Gleich in der folgenden Nacht erhob sich auf dem Holzhofe des Tagelöhners ein furchtbares Klopfen und Rumoren. In den folgenden Nächten kam es näher, ins Haus; zuerst in die Kammer, dann in die Stube. Mit dem Toben allein aber ließ der Geist es nicht bewenden, sondern quälte auch den Tagelöhner, so daß derselbe, wenn die Zeiten kamen, laut aufschrie und rief ›Nun fährt er wieder in mich.‹ Der Mann verging wie die Tage und lag zuletzt fast immer zu Bette. Der Gutsherr ließ die Asche und das noch vorhandene Holz von der Erle wieder nach dem Holm fahren, aber der Geist ließ nicht eher von seinem Treiben ab, als bis der Tagelöhner todt war.

Nach Erzählung einiger Leute soll ein Geisterbeschwörer den Geist befragt haben und hätte derselbe geantwortet ›Der Mann hat mich beunruhigt, ich werde auch nicht eher von ihm ablassen, bis er todt ist.‹

Andere berichten, der Geist hätte auch nach des Tagelöhners Tode noch fortgetobt, bis man ihn wiederum in eine Flasche gefangen, nach Pommern zurückgebracht und unter einem Dornbusch vergraben habe.

Lehrer Schwartz.

657. Wehrwolf im Hohen Dorn
657. Wehrwolf im Hohen Dorn.

Bei dem Bauerndorfe Gülzow befand sich noch vor wenigen Jahren ein Wald, ›Hoher Dorn‹ genannt. In diesem Walde hüteten früher die Bauern, als sie noch nicht separirt waren, gemeinschaftlich oft Nachts mit einander ihre Pferde. Schon zu wiederholten Malen waren ihnen bei diesem Hüten Füllen weggekommen, ohne daß sie [466] trotz alles Suchens je eine Spur wieder von ihnen entdeckt hätten. Sie wandten sich dieserwegen an eine alte Wahrsagerin, welche ihnen rieth, sie sollten, wenn sie des Nachts gewahrten, daß Einer von ihnen sich heimlich entferne, ihm durch drei gleichartige Bäume, welche im Kleeblatt ständen, nachsehen. Diesem Rathe folgten sie. Da sahen sie denn, wie der Eine unter ihnen, als sie sich gelagert hatten, ganz leise aufstand und eine Strecke seitwärts in den Wald schlich. Hier spannte er sich einen Wolfsgürtel um, wurde dadurch in einen Wehrwolf verwandelt und verschlang nun das beste Füllen in der Heerde. Nachdem er wieder seine menschliche Gestalt angenommen, kehrte er leise zu den Uebrigen zurück, welche sich aus Furcht verstellten, als wenn sie schliefen.

Am nächsten Morgen sagte der, welcher das Füllen gefressen hatte ›Fi! mi is so wibbel wabbel.‹ Da konnte der Bauer, dem das aufgefressene Füllen zugehört hatte, nicht an sich halten und sprach ›Ja, di möt wol wibbel wabbel tau Maud sin, du hest jo min ganzes Fahlen in'n Liw.‹ Der Füllenfresser antwortete ›Dat füllst du man irer tau mi seggt hebben, denn hadd ik di noch tau in, nu œwer is dorvan, dat ji mi seihn hefft, min Kraft braken.‹

Lehrer Schwartz nach Mittheilung des Großvaters seiner Frau.

658. Teufel als Frau
658. Teufel als Frau.

Ein vornehmer Herr, welcher ein großer Damenliebhaber war, fuhr öfters aus, um sich eine Geliebte aufzusuchen. Als er nun eines Morgens wieder ausfuhr, sagte er zu seinem Kutscher ›Heute muß wieder Eine her und wenn sie auch vom Teufel wär.‹ Wie sie nun durch einen Wald fuhren, sieht der Herr am Wege eine sehr schöne Dame stehen. Er eilte auf sie zu, herzte und küßte sich mit ihr. Der Kutscher, welcher dies vom Wagen mit ansah, bemerkte, daß die Schöne, welche der Teufel war, einen Hühner- und einen Pferdefuß hatte und rief seinem Herrn zu ›Herr, sehen Sie nicht nach dem Kopfe, sondern nach den Füßen.‹ Da riß sich der Herr aus der Umarmung des schönen Frauenzimmers, so sehr ihn dasselbe auch festzuhalten und mit sich in den Wald zu ziehen suchte, los. Er [467] sprang rasch auf den Wagen und befahl seinem Kutscher, so schnell wie möglich nach Hause zu jagen, was derselbe auch that. Die Schöne folgte ihm und war immer dicht hinter dem Wagen. Zu Hause angekommen, sprang der Herr rasch vom Wagen und eilte auf sein Zimmer. Hier riß er ein Waldhorn vom Nagel an der Wand, stieß das Fenster auf und blies aus demselben Gesang Nr. 210 ›Herr ich habe mißgehandelt etc‹. Da der Teufel dem Herrn nun nichts anhaben konnte, so wandte er sich nach dem Stall, wo er den Kutscher dafür, daß er den Herrn gewarnt hatte so ›knickpumpte‹ (= mit der Faust ins Genick stieß), daß er seinen Tod davon nahm.


Lehrer Schwartz nach Mittheilung der alten Zimmermannsfrau Schröder in Finkenthal.

659. Die Wäscherin am Wallbach
659. Die Wäscherin am Wallbach.

Zwischen Gelbensande und Hirschburg fließt durch den Gelbensander Forst ein Bach, dessen beide Ufer sich auf einer Strecke wallartig erheben, weshalb der Bach da ›Wallbach‹ heißt. Hier auf einer Brücke traf vor Jahren ein Mann aus Hirschburg eine Frau, welche wusch. Als er ihr ›guten Tag‹ sagte, antwortete sie ›Gibt es denn auf der Welt kein Helf-Gott mehr?‹ (Man pflegte früher häufig hier zu Lande die bei der Arbeit Beschäftigten mit ›Helf Gott!‹ zu begrüßen.) Dann fuhr sie fort ›Wenn eine von den Eichen, welche jetzt auf den Wäschenberg (genannter Berg liegt unweit des Baches im Forste) gepflanzt werden, groß ist und aus derselben eine Wiege gefertigt wird, dann kann das erste Kind, was in derselben gewiegt wird, mich erlösen, bis dahin aber muß ich hier noch waschen.‹ Bei diesen Worten verschwand sie.


Lehrer Schwartz nach Mittheilung seines Dienstmädchens, das die Geschichte von seiner Großmutter in Hirschburg gehört hat.

660. Unterirdische bei Schabow
660. Unterirdische bei Schabow.

Vor vielen Jahren haben die Unterirdischen in einem Berge bei Schabow ihr Wesen gehabt. Zu Zeiten öffnete sich der Berg, [468] und aus der Kluft stieg ein lieblicher Geruch empor. Einer von den Unterirdischen mit einem rothen Jäckchen hatte auf dem Hofe in der herrschaftlichen Küche das Bratenwenden. Einmal kamen etliche von den Leuten in die Küche und sagten ›Die Unterirdischen klappen in die Hände und rufen immer: O Jemine! o Jemine!‹ Wie das der Kleine beim Bratenwenden hört, läuft er spornstreichs aus dem Hause; und mit den Unterirdischen ist es seit dieser Zeit vorbei gewesen.


Lehrer Schwartz nach Mittheilung eines alten Herrn v.B. in R.

661. Weißes Kalb
661. Weißes Kalb.

Mein Vater, so erzählt der dreiundsiebzigjährige Arbeiter Fretwurst in Klockenhagen, fährt einmal von Dändorf nach Rostock. Als er in der Gelbensander Forst bei der Barkheidenschneese ist, scheint es vor seinen Augen, als wenn vor ihm in dem Weg ein Wasserteich ist. Die Pferde stehen mit einemmale bumsstill, schnarchen und sind trotz alles Antreibens nicht von der Stelle zu bringen. Er muß da wohl an eine Stunde halten. Darauf verschwindet der Teich und ein großes, weißes Kalb geht aus dem Weg ins Holz. Jetzt stürmen die Pferde mit rasender Schnelligkeit vorwärts und sind erst in der Nähe des Schwarzen Pfostes zum Stehen zu bringen.


Lehrer Schwartz.

662. Der Blüser bei Ribnitz
662. Der Blüser bei Ribnitz.

Körkwitzer Fischer behaupten, daß sich im Herbste bei stürmischem Wetter auf der Ribnitzer Binnensee nach der pommerschen Seite zu ein Blüser einfindet. Ein kleines Boot, in welchem neben dem Blüsenfeuer ein schwarzer Pudelhund liegt, fährt pfeilschnell dahin; einen Menschen aber hat man noch nicht dabei gesehen.


Arbeitsmann Fretwurst in Klockenhagen. Durch Lehrer Schwartz.

663. Dreibeiniger Hase
1. [Etwa ums Jahr 1800 lebte in Dändorf ein Bauer]
1.

Etwa ums Jahr 1800 lebte in Dändorf ein Bauer mit Namen J. Voß. Dieser bemerkte, daß alle Abend von Dändorf nach [469] Dierhagen ein dreibeiniger Hase trabte. Da denkt Voß ›Wart, dich soll der Tausend kriegen.‹ Er lud seine Flinte und setzte sich hinter einen Zaun am Wege.

Als nun der Hase kam, schoß Voß nach ihm, traf aber nicht, und der Hase humpelte ruhig weiter. Am folgenden Abend lud Voß in seine Flinte einen silbernen Erbknopf und setzte sich in einen Backofen, nahe am Weg. Der Hase kam und Voß brannte ihm die Ladung auf den Pelz. Da rannte der Hase, all was er konnte, hinten um, dorfein. Voß hatte gut getroffen; denn als der Arzt der Schifferfrau, welche sich in den dreibeinigen Hasen verstellt hatte, den silbernen Erbknopf und die Hagelkörner wieder aus dem Körper zog, sagte er ›Der, welcher geschossen hat, hat wie ein Kerl geschossen.‹

Arbeitsmann Fretwurst.

2. [In Klockenhagen hat früher eine Frau gelebt]
2.

In Klockenhagen hat früher eine Frau gelebt, welche sich in einen Hasen hat verstellen können. Einmal sagt diese zu ihren Kindern ›Kommt mal der Jäger hier, dann sprecht zu ihm, ihr wolltet ihm einen Hasen zum Schießen zeigen, wenn er euch ein Geschenk gebe. Geht der Jäger hierauf ein, dann will ich mich in einen Hasen verstellen, so daß er nach mir schießen kann. Er wird aber nicht mich, sondern sich selbst treffen und erschießen.‹

Die Kinder thaten so. Der Jäger aber hatte einen weißen Hund bei sich. Da riefen die Kinder, welche für ihre Mutter fürchteten, in ihrer Einfalt ›Mudder, de Witte (d.i. der weiße Hund) kricht di!‹ Als dies der Jäger, der auch mehr als gewöhnlich verstand, hörte, vermerkte er Unrath und steckte eine andere Ladung ein, womit er denn den Hasen erschoß.

Lehrer Schwartz nach Mittheilung der Erbpächtersfrau Alm.

664. Freischütz
664. Freischütz.

Der frühere Oberförster Böcler in Gelbensande nahm sich einen neuen Jäger und gab ihm den Auftrag, am nächsten Morgen früh einen Hirsch zu schießen. Der Jäger, welcher ein Freischütz war, lag bis gegen 9 Uhr im Bette und machte dann seine Teufelskünste. Da kam ein Hirsch gelaufen, welchen der Jäger vom Fenster aus erschoß.


Arbeitsmann Fretwurst.

665. Schatz gehoben
[470] 665. Schatz gehoben.

Im Blankenhäger Holze verbarg während der Kriegszeit ein Mann sein Geld. Als er dasselbe vergraben, gebot er dem schatzhütenden Geist ›So, nun läßt du es nicht eher fahren, bis dir ein Topf mit steifer Grütze gebracht wird.‹ Hierauf entfernte er sich, in der Meinung, daß Niemand ihn beim Vergraben beachtet hätte. Es hatte aber doch Einer in der Nähe Alles gehört und gesehen. Rasch begab sich derselbe zu seiner Frau und befahl ihr, Grütze recht steif zu kochen und damit einen Topf anzufüllen. Diesen Topf stellte er neben die Stelle, wo das Geld vergraben war und hob den Schatz. Als er am andern Morgen wieder nach der Stelle ging, um mal nachzusehen, war der Topf mit der Grütze nicht mehr da.


Arbeitsmann Fretwurst.

666. Das Todtenhemd
666. Das Todtenhemd.

In Klockenhagen ist mal ein Mädchen gestorben, welches nach dem Tode immer wieder gekommen ist. Man hat deshalb den Prediger kommen lassen, um den Geist zu befragen. Da hat der Geist gesagt, er könne nicht ruhen, weil ihm das Todtenhemd nicht angezogen wäre, welches er hätte anhaben wollen. Sie sollten das Hemd Abends auf den Thorpfost vor dem Hof legen, damit er es sich in der Nacht holen könne. Am andern Morgen ist das hingelegte Hemd fort gewesen; und der Geist hat sich nicht wieder sehen lassen.


Arbeitsmann Fretwurst.

667. Bettelnde Hexe
667. Bettelnde Hexe.

An der alten Landstraße von Ribnitz nach Rostock zwischen dem Landkrug und Haidekrug hat früher ein Haus, so 'ne Art Capelle gestanden, in dem ein Mädchen gewohnt hat, welches vorüberziehende Fuhrleute um eine Gabe angesprochen.

[471] Einmal fährt ein Bauer aus Klockenhagen nach Rostock. Als er bei der Capelle ankömmt, bittet ihn das Mädchen um einen Schilling. Der Bauer, welcher nur arm ist, antwortet ›Meine Tochter, gern wollte ich dir einen Schilling geben, wenn ich bloß einen in der Tasche hätte;‹ und hiermit fährt er weiter. In der Nähe des Schwarzen Pfostes (ein Wirthshaus nicht weit vom Wege) stehen die Pferde still und gehen, so viel auch der Bauer anpeitscht, nicht vom Fleck. Der Bauer sieht nach, ob vielleicht ein Hinderniß im Wege liegt, kann aber nichts entdecken. Da kommt ein Kärrner des Wegs und ruft dem Bauer zu ›He, Bauer, fahre er aus dem Wege!‹ Der Bauer sagt ›Mein lieber Herr, ich kann nicht weiter kommen.‹ Darauf antwortet der Kärrner ›Vier tüchtige Pferde und ein leerer Wagen und doch nicht weiter kommen; das muß nicht mit richtigen Dingen zugehen.‹

Er zieht nun des Bauern Leinpferd und Sattelpferd so von einander, daß er zwischen beider Ohren in einer geraden Linie durchsehen kann. Da bemerkt er denn, was er und der Bauer so nicht sehen können, daß die Dirne, welcher der Bauer vorher keinen Schilling gegeben hatte, mit einem Wuchtbaum am Rade den Wagen festhält. Der Kärrner zieht seinen buntgestreiften Rock aus, legt ihn auf die Erde und schlägt mit einer Wagenrunge, welche der Bauer hatte ausziehen und ihm hinlangen müssen, so lange drauf los, bis der Rock zu schreien anfängt. ›Soll ich sie (die Hexe) ganz todtschlagen?‹ fragte er den Bauer; und als dieser es verneinte, hört der Kärrner auf zu schlagen und steigt zu Wagen. Nachdem er eine kurze Strecke gefahren war, sieht er am Wege die Hexe sitzen und kläglich wimmern. ›Wenn du infahmte Hexe nicht augenblicklich machst, daß du fortkömmst,‹ sagte der Kärrner, ›dann will ich dich noch ganz anders kriegen.‹ Da macht die Hexe, daß sie fortkömmt.

Arbeitsmann Fretwurst.

668. Chimken
1. [Früher haben oft Knechte und auch Andere]
1.

Früher haben oft Knechte und auch Andere, die Pferde zu füttern hatten, einen Chimken gehabt. Wer einen solchen Chimken [472] hatte, dessen Pferde waren immer glatt und fett. Man konnte aber den Chimken nicht wieder los werden. Auf einem Hofe in der Rostocker Gegend dienten zwei Knechte, von denen der eine, als ein eben Angehender, sich noch nicht recht auf die Wartung und Pflege der Pferde verstand, weshalb auch seine Pferde nur mager waren. Weil er nun vom Chimken gehört hatte und ihm, da er sehr einfältig und leichtgläubig war, eingebildet worden war, daß er zu Kauf zu haben sei, so gab er seinem Mitknecht, als derselbe einmal nach Rostock fuhr, den Auftrag, ihm einen Chimken mitzubringen. Auf dem Rückwege fing der Knecht eine Brummfliege, welche sich auf das eine Pferd gesetzt hatte, sperrte sie in die ihm für den Chimken mitgegebene Schachtel und steckte sie in die Tasche. Zu Hause angekommen, überreichte er die Schachtel dem Auftraggeber mit den Worten ›Dor hest du en Chimken!‹ Von jetzt ab wurden die Pferde des einfältigen Knechts in kurzer Zeit dick und fett, die des andern aber brandmager, was davon kam, daß der Chimken, denn ein solcher war die Brummfliege gewesen, den letztern das Futter entzog und den andern darreichte.

2. [Ein früherer Bauer in H. hat auch einen Chimken]
2.

Ein früherer Bauer in H. hat auch einen Chimken gehabt, daher seine Pferde immer wohlgenährt gewesen sind. Einmal, da der Knecht des Bauern Abends spät zu Hause kömmt und nach seinen Pferden noch eins umsehen will, hört er dieselben ›gnurschen‹ (stark hörbar fressen). Als er in die Krippe fühlt, ist dieselbe mit den schönsten Erbsen angefüllt. Der Knecht aber bekömmt eine solche Ohrfeige, daß er vierzehn Tage krank zu Bette liegen muß.


Arbeitsmann Fretwurst.

669. Entstehung des Fischlandes
669. Entstehung des Fischlandes.

Das Fischland ist der Sage nach folgendermaßen entstanden. Einmal bei einem sehr heftigen Sturme ist von Dänemark oder einer dänischen Insel ein großes Stück Land abgerissen und herübergetrieben und hat sich an die Nordküste von Meklenburg als Halbinsel angelegt. Diese Halbinsel wurde das Fischland genannt. Auf dem angetriebenen Landstrich stand ein dänisches Schloß oder Kloster, in welchem noch[473] lange ein altes Fräulein, nach Anderen eine Fürstin oder Prinzessin lebte. Die Stelle, wo das alte Schloß gestanden, wird noch auf dem Dierhäger Felde bezeichnet. Das Dorf Dändorf hat seinen Namen von den Dänen erhalten.


H. Burmeister-Körkwitz nach Mittheilung des Statthalters Gieraß.

670. Der Steinort in der Ribnitzer Binnensee
670. Der Steinort in der Ribnitzer Binnensee.

In der Ribnitzer Binnensee, besonders nach der pommerschen Küste zu, liegen eine Unmasse großer Steine, welche das Fahrwasser unsicher machen und vielfach von Fischern heraufgeholt werden. Einer alten Sage nach hat ein Meklenburger Herzog, der den Rostocker Hafen begünstigte und außerdem der Stadt Ribnitz nicht grün war, diese Steine ins Fahrwasser versenken lassen.


H. Burmeister-Körkwitz nach Mittheilung von Herrn Albrecht Tressentien.

671. Die Teterower mit dem Pferde-Ei
671. Die Teterower mit dem Pferde-Ei.

Einst verlor ein Bauer, als er durch Teterow fuhr, einen großen Kürbis vom Wagen. Da Niemand wußte, was für ein Ding dies sei, so trug man den Kürbis aufs Rathhaus, um dort auszumachen, was damit beginnen. Nach vielem Fragen und Streiten kam man überein, daß dies ein Ei sei, welches des Bauern Pferd dort verloren. Nun aber mußte es ja auch ausgebrütet werden und dazu ersah man sich den Bürgermeister aus, derselbe sollte auf dem höchsten Berge, wo die Sonne am wärmsten scheint, dies Geschäft besorgen. Das Brüten ging nun auch vor sich, der Bürgermeister setzt sich auf das Ei in den heißesten Sonnenschein. Nicht lange währt es, so schläft er ein und der Kürbis fängt an zu kollern, immer bergab, bis er in einem Dornbusch verschwindet. Zufällig aber saß ein Hase darin, der eilig die Flucht ergriff, als das Pferde-Ei in den Busch rasselt. Als das der Bürgermeister sah, lief er hinter dem Hasen her und rief ›Husching, Husching, kumm her, kennst denn din Mutter nich!‹


H. Burmeister-Körkwitz.

672. Tangerort auf Fischland
[474] 672. Tangerort auf Fischland.

Zwischen Dierhagen und Wustrow tritt das Land etwas weiter vor in die Binnensee und bildet einen Vorsprung, der mit Schilf und Rohr bewachsen ist. Dieser Haken heißt der Tangerort. In früheren Zeiten soll die Verbindung zwischen dort und der pommerschen Küste so schmal gewesen sein, daß man einen Eselskopf in die Rinne geworfen und darauf tretend die Wasserrinne überschreiten konnte.


H. Burmeister-Körkwitz nach Mittheilung des Lehrers Genenz-Dierhagen.

673. Von de Marlower Borenstekers
673. Von de Marlower Borenstekers.

Kein Marlower Börger kann dat verdragen, wenn man em Borenstęker nennt, wat ok sinen natürlichen Grund hett, wenn man de Geschicht hürt, wo sei up de Borenjagd utwęst sünd. As dat Geręd mal güng, dat in den Marlowschen Holt en groter swarter Bor sin Węsen bedrew, un ein un de anner em ok all sein hadd, dünn rüstten sik de Marlowschen Börgers tau ne grote Jagdpartie. Sei leten sik ne grote Lanz maken an 'n langen Stęl un togen dormit ut. Wil sei nu œwerst all anfaten deden un dat Ding verdwass vör sik drögen, künnen sei nich ut den Dur herutkamen. As sei noch so judicirten wo dat wol antaugan is, dat sei dat Ding dörchkrigen, röp ne Kreih ›Scharp vör! Scharp vör!‹ Dat lücht' ęr ok glik in, sei nemen dat scharp Enn' vör un kemen glücklich dörch dat Dur. As sei nu in dat Holt kemen, künnen sei den Boren nich finnen, bet tauletzt en Snider, dei am allerdrist'sten wir, em utfünnig maken ded. Wil hei nu de Moodigste wir, müsst hei vörn an de Spitz un richten de Lanz un de annern föten achter an, un nu güng dat los. Mit 'n groten Anlop up den Boren los un bohrten dat Undiert de Lanz half na den Liw rin. As sei nu recht taukeken, wir't œwerst man 'n ollen verrott'n Stemm'.


H. Burmeister-Körkwitz nach Maurer Wilken aus Ribnitz.

674. Der Lindwurm
[475] 674. Der Lindwurm.

Vor etwa 20 Jahren wurde nachstehende Erzählung in Meklenburg und Pommern als ganz neu und durchaus wahr verbreitet. Es trat selbige mit solcher entschieden glaubhafter Umständlichkeit auf, daß sogar die derzeitigen Zeitschriften davon Notiz nahmen. Jedenfalls ist es eine ältere Sage, welche mal wieder aufgefrischt ist und dadurch, daß selbige an einen jetzt noch lebenden Herrn und dessen Gut angeknüpft wurde, das Interesse des Publicums so sehr beschäftigte. Die Sage aber lautet so. Der Herr v.H. in T. (es wurde der Oberlandmundschenk v. Heiden-Linden auf Tützpatz genannt) erzürnte sich mit seinem Kutscher (nach Anderen mit dem Statthalter), und ließ selbigen in einen alten, seit langer Zeit unbenutzten Keller sperren. Gegen Abend hörte man den Eingesperrten in dem Keller laut um Hilfe schreien. Die Leute berichteten solches dem Herrn und baten ihn, den Menschen zu befreien. Aber der Zorn des Herrn war noch nicht verraucht. Es wurde der Befehl ausgegeben, den Keller nicht vor dem nächsten Morgen zu öffnen. Noch spät in der Nacht hörte man das Klagen und Winseln des Gefangenen. Am nächsten Morgen aber, als man den Keller öffnete, fand man nur die abgenagten Knochen des Menschen dort. Ein Thier, welches selbigen verzehrt, war nicht zu entdecken; jedoch wagte man auch nicht, die hinteren verfallenen Räume des Kellers genauer zu durchsuchen. Um nun sich Gewißheit über das dort etwa hausende Thier zu verschaffen, warf man am nächsten Tage ein vergiftetes Kalb in den Keller. Es fand sich nun anderen Morgens ein todtes Ungeheuer mit Schuppen, Ringelschwanz, Flügeln, vier Beinen und ungeheurem Rachen im Keller. Selbiges Thier ist nach Neu-Brandenburg gekommen, dort ausgestopft und auf dem Markt zur Schau ausgestellt worden.


H. Burmeister-Körkwitz.

675. Scheidengänger
1. [Die Dörfer Vogtshagen und Volkenshagen]
1.

Die Dörfer Vogtshagen und Volkenshagen, zum Rostocker District gehörend, führten vormals einen Proceß mit einander wegen [476] eines zwischen beiden liegenden Gehölzes, genannt ›de Eikstruwwig‹. Da schwur ein alter Mann aus Volkenshagen, welcher sich Erde vom Volkenshagener Grund und Boden in die Schuhe gelegt hatte, daß er auf Volkenshagener Grund und Boden stehe. Indem er aber diesen Eid ablegte, verwandelte sich die Erde in seinen Schuhen in Blut, welches aus den Schuhen hervorquoll. Die Volkenshagener erhielten das Gehölz zum Eigenthum. Nach seinem Tode fand der alte Mann im Grabe keine Ruhe. Man hat ihn schon oft in alterthümlicher Tracht als Scheidengänger wandeln sehen; und Leute, auf die er zugekommen, sind dadurch krank geworden.

2. [Wo die Feldscheiden von Gresenhorst]
2.

Wo die Feldscheiden von Gręsenhorst, Dänschenburg und Volkshagen im Holze, dem sogenannten ›breiden Kämel‹, bei dem mit drei Kreuzen bezeichneten Grenzpfahl zusammenstoßen, streiten und schlagen sich mit Säbeln in der Mittagsstunde die drei Geister der Landmesser, welche die Feldmarken vermessen haben, weil bei der Vermessung Unrichtigkeiten vorgekommen sind.

3. [Eine Strecke weiter, zwischen der Gresenhorster]
3.

Eine Strecke weiter, zwischen der Gręsenhorster und Dänschenburger Scheide, trug der Geist des Landmessers, welcher die Grenze falsch vermessen hatte, vormals den Grenzstein und rief dabei ›Wo soll ich den Stein hinthun?‹ Oft schon hatten Leute diesen Ruf gehört, aber Keiner hatte den Muth, darauf zu antworten. Einmal zur Nachtzeit aber kam in einem angeheiterten Zustande ein Scheerenschleifer mit seinem Karren dahergezogen. Als dieser den Ruf vernahm, antwortete er ›Thue ihn wieder hin, wo du ihn aufgehoben‹. Da bedankte sich der Geist dafür, daß er erlöst sei, ließ den Stein fallen und ging zu seiner Ruhe ein.


Lehrer Schwartz nach Mittheilung der Weberfrau Thiel in Klockenhagen.

676. Todte beschwören
676. Todte beschwören.

Das fürstliche Amt, welches jetzt in Ribnitz ist, war früher in Hirschburg. Damals fungirte in Hirschburg ein Candidat, welcher die Kunst verstand, Geister zu citiren. Einmal wollte derselbe die zwölf Apostel citiren. Als er bereits drei herangelesen hatte, da sagte der dritte, welcher Petrus war ›Ich ruhe nun schon viele Jahrhunderte [477] in der Erde; warum störst du meine Ruhe?‹ Da hielt der Candidat für diesmal mit dem Citiren inne. – Um diese Zeit starben einem Bauer in Dänschenburg zwei Töchter, worüber der Vater sich viel grämte und späterhin den Wunsch hegte, die Kinder noch einmal sehen zu können. Als er dies dem Candidaten mittheilte, machte derselbe um sich und den Bauer einen Kreis und fing an zu lesen. Da erschienen die beiden Töchter. Sie hatten sich beide an der Hand gefaßt und sahen so recht bös aus. Nachdem der Bauer sie genugsam beschaut, las der Candidat sie wieder weg. Der Bauer aber hat darauf geäußert, er verlange die Kinder in diesem Leben nie wieder zu sehen.


Lehrer Schwartz nach Mittheilung der Weberfrau Thiel in Klockenhagen.

677. Waur
677. Waur.

In Benekenhagen ist ›de Waur‹ einmal des Abends durch ein Bauernhaus, als eben die Hausfrau den Brodteig einsäuerte, gezogen. Die Hunde machten sich an den Teig, als wenn sie ihn auffressen wollten. Als die Frau sie zu verscheuchen suchte, sagte der die Hunde begleitende Jäger zu ihr ›Die Hunde thun nichts.‹ Darauf gings mit ›jiff, jaff!‹ weiter.


Lehrer Schwartz nach Mittheilung der Weberfrau Thiel in Klockenhagen.

Märchen

39. Dümling
39. Dümling.

Ein Bur mit sin Fru, de kein Kinner hadden, œwer girn ein hebb'n wulln, kemen up den Gedanken, sik en Kind tau bottern. Se schüdd'n Rohm in dat Botterfatt un fang'n an tau bottern. As se 'ne Tit bottert hebben, kiken se tau un seihn in dat Botterfatt 'n lütt'n Jung, dei œwer nich grötter wir und würd as 'n Dumen un dorüm den Namen Dümling kreg.

[478] Einmal ging de Lütt up 't Feld tau sinen Vadder, de ęgen dęd. As de Vadder Middag ęten wull, bed de Lütt, em unner de Maltit dat Ęgen tau œwerlaten. De Vadder sett' den Jungen in dat linke Linpird sin Ur, un von hir ut lenkt Dümling durch Tauraupen de Pird' un sung un fläutt' lustig. Donn kem 'ne Kutsch, in de 'n vörnęm Herr set, de sik wunnert, dat de Pird' an' Knecht un Lin' un Tœgel so schir un ęben ęgten. As de Bur den Grund angęw und sinen Sœn hervör kamen let, bed de Herr, de an den lütten un muntern Jungen Gefallen funn, em denn' tau verköpen. Hirtau wir œwer de Bur upt irst nich tau bringen; as œwer de lütt Jung den Vadder tauflustert ›Verköp mi man, Vadder, ik kam wol wedder,‹ donn verköfft em de Bur üm 'n hogen Pris. Abends kem de Kutsch dörch 'n Holt. Dor sprung Dümling lising von 'n Wagen un verkröp sik in dat hoge Gras. In de Nacht kemen Röwers den Weg entlank dörch dat Holt. Dümling hürt se mit einanner sik biręden, dat se bi einen Hollänner inbręken un stęhlen wulln. He rep ęr tau ›Nęmt mi mit, süs ward dat niks.‹ Toirst verfirten sik de Röwers, as œwer Dümling ümmertau so rep, donn sęden se, he süll mal hernedder kamen. Dümling tred vor de Röwers und sęd tau ęr ›Nęmt mi mit un stękt mi dörch dat Slœtellock, denn will ik juch bi dat Stęhlen behülplich sin.‹ De Röwers deden dat. As nu Dümling up den Bœn wir, schrigt he ludhals' ›Wat will ji vör Kes', lütten Kes' odder groten Kes'?‹ De Röwers tüschten, he süll still swigen, œwer Dümling rep ümmer luder. Dorœwer wakt de Hollänner up. De Röwers nemen Rit-ut; Dümling œwer verkröp sik in ein Bund Stroh.

Des Morgens lęd de Deinstdirn dit Bund de Kauh taum Fręten vör, un de ein Kauh slök Dümling ganz un gor œwer. As de Dirn tau melken anfüng, rep Dümling in de Kauh ęr'n Magen ›Stripp, strapp, strull! Hest du olle Węderhex din Emmer noch nich bald vull?‹ Donn meint'n de Lüd, de Kauh wir behext, un se würd slacht un Wust von ęr makt. Dümling kem mit in de Wust. As sei grad' de Wust farich hadd'n, kem 'n oll Mann un bed üm 'ne Gaw. Se schenkten em 'ne Wust. Dit wir œwer grad' dei, in dei Dümling rinne stoppt wir. De Będelmann stek de Wust in sin Kip un hängt de Kip œwern Nacken. As he 'n lütt Enn' [479] gan wir, rep dat achter in sin Kip ›Edelmann, du Będelmann!‹ Donn nem de Będelmann de Wust un smet se hinn'n na'n Acker rup. Hir fünn' 'n Voss de Wust un fręt s' up. Dümling, de wedder heil in den Voss sin'n Magen kamen wir, füng an tau raupen ›Teheh! Teheh!‹ De Voss wüßt in de Angst nich, wur he sik hen wenn'n süll. Endlich lep he up denn' Hof, de Dümling'n sin'n Vadder hürt, un let dor sin Losung. Dümling kem soans wedder an dat Dagslicht, güng tau sinen Vadder un sęd ›Süst du, Vadder, dor bün ik wedder.‹

Lehrer Schwartz nach Mittheilung eines Arbeitsmannes in Finkenthal. Aus Tessin, Nerger. Nach der Tessiner Variante entwischt Däumling dem vornehmen Herrn, indem er von des Kutschers Huttöppel auf einen streifenden Zweig springt. Von dort herab redet er die Spitzbuben an. Die Anrede an die Melkerin lautet ›Stripp, strapp, strull! Dirn, büst du dull? Is din Emmer noch nich vull?‹

40. Bur Kiwitt
40. Bur Kiwitt 1.

Dor is mal 'n Bur west, de hett Kiwitt heiten. As disse Bur eins hakt, flücht baben sinen Kopp 'n Kiwitt un schrigt ümmer ›Kiwitt, Kiwitt!‹ Dit wart den Burn argern, wil he meint, de Vagel hett em tau'n Narren. He nimmt 'n Stein un smitt na den Kiwitt, smitt œwer vörbi un smitt sinen besten Ossen vör den Haken dot. Donn treckt he den Ossen dat Fell af un geit dormit na de Stadt, üm dat Fell tau verköpen. Dat is œwer sir warmes Węder; Kiwitt leggt sik dal, wart mäud un slöppt in. Dat Fell liggt bi em. Donn kamen Kreihn, setten sik up dat Fell un picken doran. Kiwitt wöltert sik in den Slap herüm, dröppt mit sinen Ellbagen ein Kreih un bedöwt se. As he upwakt, spalkt de oll Kreih bi em rümmer. He nimmt se unnern Arm un dat Fell uppen Nacken un geit na de Stadt. He verköfft dat Fell för fif Daler un de Kreih as Wohrsegger an einen Burn för 100 Daler. Den Burn wir nemlich inne Kunt kamen, dat de Pap, wenn hei nich to Hus wir, na sin Fru güng. To dissen Burn sęd Kiwitt, de Kreih wir 'n Wohrsegger un würd em dortau verhelpen, den Papen wol mal to[480] faten; he süll de Kreih man baben up den Schostein setten, mit 'n langen Bant an'n Bein, un denn' an den Kętelhaken fastbinn'n. De Bur ded' dat un tröck mit Hansen, sinen Knecht, to Felln. As se dor wiren, sęd he to Hansen, dei ok Bescheid wüst ›Hans,‹ secht he, ›nu gif man Paß, wat de Kreih uns 'n Teiken gift.‹ De Burfru œwer sęd to den Papen, as dei richtich wedder ankem ›Make, dat He fortkümt, min Mann hett 'n Wohrsegger baben in den Schostein sitten.‹ De Preister kek in den Schostein to Högt, un as he de oll Krei seg: ›Oh, dat is jo man 'ne oll Kreih, sęd he, dei will wi ball kapp'niren!‹ un torrickt' an den Bant un woll de Kreih dal firen un ęr den Hals ümdreihn. Äwersten de oll Kreih will sik nich na den Schostein rin halen laten un fluddert up den Fast (First) herüm. Dat segen dei in 'n Felln un de Bur sęd ›So, Hans, nu is dat Tit, nu is de verdömde Pap dor.‹ Se sett'ten sik swinn' to Pird' un jögen all wat se künnen na Hus. ›Dunnernarden!‹ rep de Fru, as sei s' na den Messhof ruppebœdeln seg, ›dor is min Mann, verstęk di doch!‹ De Pap steg inne Angst up de grot Dęl na den Häunerwimen rup; œwest de Bur seg em dor sitten, so as he in de Dör tred, un baff! smet he sik up den Irdbodden dal, as kreg he Slach un Unglück, un rep ›Mudder, ik bün ok gor to krank; ik löw, ik bliw lik dot; schick swinning na 'n Preister, ik wull em noch bichten.‹ De Fru sed ›Vadding, wi willn di doch na de Stuw rinne helpen.‹ ›Ne, sęd de Mann, lat mi hir man liggen, dat is doch ball vörbi.‹ Na, von den Preister kem jo de Bad' trügg', dei wir nich to Hus. ›Denn so schickt na 'n annern,‹ sęd de Bur. De anner Preister kem, un vermant' den Burn taum Globen. Donn antwurt de Bur ›Ja, min leiw Herr, ik löw allens, wat to löben is, œwer dat man nich, dat dat de rechte Hushan is!‹ un dorbi wist he na den Papen up den Häunerwimen. – So kem Bur Kiwit to de hunnert Daler för de Kreih. Tau Hus œwer vertellt he de annern Burn, dat he 105 Daler för sin Ossenfell kręgen hett. De Burn slan all ęr Ossen dot un bringen de Felln na de Stadt. As se dor 105 Daler förrern, lachen se ęr wat ut. De Burn kamen tau Hus un beraden sik, dat se in de Nacht Kiwitten in sin Bedd' dotslagen willn, wil he se so anführt hadd. Dit kricht Kiwitt tau weiten und seggt Abends to sin oll Großmudder, se sall sik in sin Bedd' leggen un sin Slapmütz [481] uppen Kopp setten. De oll Fru seggt ›Min Sœn, wat krichst du för Infäll.‹ Aewer Kiwitt lett nich na, bet se dat deit. Nachts kamen de Burn un slagen Kiwitten sin Großmudder dot. Den annern Morgen bi gaud' Tit, fett't Kiwitt sin oll Großmudder un einen Korf mit Eier un einen mit Botter uppen Wagen un führt na de Stadt. As he in de Stadt is, sett't he de oll Fru mit den Rüggen stur an 'n Ledderbom un gift ęr up den einen Arm den Korf mit Botter un up den annern denn' mit Eier, dormit se nich up de Sid wegfallen kann. He stellt sik van firn, achter 'ne Eck. Donn kümt 'n Student un fröcht de oll Fru ›Mutter, wie theuer ist die Butter?‹ As se em hirup nich antwurt, fröcht he ›Mutter, wie viel Eier gibt sie für einen Groschen?‹ Un as se ok hir nich up antwurt, wart de Student bös un seggt ›Altes Weib, kann sie mir nicht antworten?‹ un dorbi sleit he se bi den Hals, dat se kopphęster von den Wagen uppen Straten-Damm schütt. Donn kümt Kiwitt antospringen un seggt ›Se hebben min oll Mudder dotslagen, ik ward se verklagen.‹ De Student biddt, he sall doch man still swigen, he will em ok 200 Daler gęben. Dit nimt Kiwitt an. As he na Hus kümt, seggen de Burn ›Kiwitt, wi meinen, wi hebben di dotslagen?‹ Kiwitt seggt ›Ne, ji hefft min oll Großmudder dotslagen, un för dei hevv ik hüt in de Stadt 200 Daler kręgen.‹ Dit leiwt de Burn. Se slagen all ęr oll Großmudders dot, un de kein Großmudders hebben, slagen ęr Mudders dot un führn se na de Stadt und willn s' för 200 Daler verköpen. Dor kamen s' œwer schön an. De Gerichtshern willn se all in 't Lock smiten un uphängen laten un se möt'n man maken, dat se ut de Stadt kamen. Nu will'n de Burn Kiwitten versöpen. Se stęk'n em in ne grot Tunn' un dragen em an 'n Sünndachmorgen na 'n See. As se bi den See mit Kiwitten ankamen un em rin smiten willn, seggt Kiwitt ›Ji sülln juch doch wat schämen, dat ji sonn' grote Sünn' dann willn un mi versöpen un dat noch tau an 'n Sünndachmorgen. Irst gat doch wenigstens hen na de Kirch un będt för juch Sünn' ein Vader-unser.‹ De Burn seggen unner einanner ›Dat is ok wol wohr‹ un gan hen. As se un weg sünd, süt Kiwitt dörch de Ręten von de oll Tunn', dat 'n Scheper dor an den See hött, de üm den Schulten sin Dochter frigt. Donn röppt Kiwitt [482] ümmer in de Tunn' ›Ik sall Schultengreit hebben, un ik will se nich.‹ Dit hürt de Scheper, kümt ran na Kiwitten un seggt ›Je, ik will se girn hebben un ik sall se nich.‹ Donn antwurt Kiwitt ›Lat mi ut de Tunn' un denn krup du dor in un segg ümmer: ik will Schultengreit, denn krichst du se.‹ Hir geit de Scheper up in. As nu de Burn ankamen un hürn den Scheper sin Raupen, seggen se tau den Schulten ›Hür mal, Brauder Schult, dor hett Kiwitt di noch baben in mit din Dochter taun Narrn; na, täuf, wi willn di wol krigen‹ und hirmit smiten se den Scheper mit de Tunn' in dat Water un versöpen em. As de Burn bet tau kamen, sein se Kiwitten dicht an den See Schap häuden un seggen to em ›Kiwitt, wi meinen, wi hebben di versöpt.‹ ›Ja, ji glöwt wol,‹ seggt Kiwitt, ›all disse Schap hevv ik mi ut dat Water halt. Dor sünd noch naug in, willn ji juch nich ok weck ruter halen?‹ un dorbi wist he up de Schatten van de Schap in dat Water. Dor springen weck van de Burn, de ann' drist'sten sünd, in den See. As de nu unnen so buddeln, seggt Kiwitt ›Hürt mal, wo dei sik dor mit de groten Hamel all rümmer wräuschen, dei krigen de besten; makt doch ok, dat ji hen kamen.‹ Donn fohrn de annern Burn ok in dat Water un versöpen sik all tausam. Nu hett Kiwitt all ęren Acker tau kręgen un is so 'n riken Mann wordn.

Fußnoten

1 Andere Fassung des Märchens ›Lütt Jacob‹ in Bd. I, S. 488 ff. aus dem nordöstlichsten Theile von Meklenburg.

41. Der Teufel als Mäher
41. Der Teufel als Mäher.

Eis kem de Düwel bi 'n Burn as dei bi 't Klewermeihn wir. He snackt ok klauk œwert Meihn un sęd tau den Burn wat sei nich eis tau Strid' meihn wullen. De Bur was œwer ok nich dœsig, he wüßt glik węn he vör sik hebben ded un sęd ›Ik hevv man diss ein Seiss hir, kumm œwerst morgen wedder, denn will ik uns noch ein' besorgen.‹ De Bur let sik swinn' von 'n Klempner ne blękern Seiss maken, dei orig blinkert, un slög dei in 'n Bom, för sik sülfst œwest halt hei sik sonn'n recht ollen verrusteten Dęgen uten Dack un sleit sik denn' in. As de Düwel nu den annern Dag ankem, wis't de Bur em de beiden Seissen un fröcht ›Na, nu säuk di ein' ut, wecker du hebben wist.‹ De Düwel langt fix na de blank [483] Seiss un sęd ›Ik nęm de ein', du kannst mit de anner meihn, de blank dei sall wol sniden.‹ Nu güng dat Meihn jo los. De Bur füng in de Midd' von dat Stück an un meiht ümmer rund herüm, de Düwel achter an. As sei ne lütt Tit meiht hadden, rep de Düwel ›Holt still, Vadder, willen eis striken.‹ ›Ne,‹ rep de Bur, ›dat is nich mit afmakt, dor is ok kein Tit tau.‹ De Düwel blew ümmer wider trügg', tauletzt kemen sei vör 'n ollen Widenbusch. De Bur putzt sin Hälft fein weg, dat't ne Lust wir. As de Düwel nu ankem, halt hei ok recht dull ut, kreg œwer nicks af. Dunn smet hei de Seiss hen un lep weg un hett ok in sinem Lęben nich wedder meihn wullt.


Nach der Erzählung des Tagelöhners Carl Rath aufgeschrieben von H. Burmeister-Körkwitz.


Zu Bd. II, S. 129, Nr. 532 ff. Wenn ein Zaun gemacht wird und die Arbeit fast vollendet ist, heißt es: Ja de Tun is nu œwerst noch so rug (rauh), wer halt nu de Tunschir? Die älteren Leute blinken sich einander zu und wiederholen ab und zu diese Frage, bis sich gewöhnlich aus der jüngeren Generation Jemand findet, der den Spaß nicht kennt und durch sein Fragen verräth, daß er noch nicht eingeweiht. Selbiger bekommt nun den Auftrag, die Zaunscheere zu holen von irgend Jemand, der ihm bezeichnet wird. Letzterer aber ist ein Eingeweihter und der packt nun heimlich einen Sack voll allerlei Geräth, auch einige Steine mit hinein, bindet selbigen zu und übergibt ihn dem Boten mit der Weisung, ja recht sorgsam damit umzugehen, daß das Instrument nicht zerbreche. Hauptsache dabei ist nun, den Sack recht unhandlich und schwer zu machen. Kommt nun der Bote keuchend mit seiner Last an, so wird er verhöhnt und muß als Lösegeld Branntwein geben.

H. Burmeister-Körkwitz.


Zu Bd. II, Nr. 865. Die Blindschleiche nennt das Volk Hartwurm, wegen ihres Vermögens, sich steif zu machen. Wird eine Blindschleiche in diesem Zustande geschlagen, so zerbricht sie in zwei Theile, welche sich fortwährend hin und herkrümmen. Diese Bewegung der beiden Theile währt nach Aussage der Leute bis Sonnenuntergang. Von der Ringelnatter (Snak) sowie von der Kreuzotter (Adder) behaupten sie, daß sie mit der gespaltenen Zunge, welche sie Angel [484] nennen, stechen. Den Stich der Natter, welche nur in die Ferse sticht, halten sie mit Recht nicht für gefährlich, denn sie lassen selbige von sich sagen:


Ik stęk, ik stęk in 't Hackenledder,
Wat ik stęk, dat heilt ball wedder.

Hingegen halten sie den Stich der Otter, welche nur ungern sticht, für tödtlich, wenn er nicht gleich gestillt wird. Die Otter sagt von sich selbst:


Ik stęk, ik stęk ut grote Not,
Wat ik stęk, dat is ball dot.
Alle Schlangen bekommen zuletzt eine Krone auf dem Kopf und heißen dann Schlangenkönig.

H. Burmeister-Körkwitz.


Zu Bd. II, Nr. 1169. Das Spiel ist so zu verstehen. A hält in der geschlossenen ›Göps‹ (den aufeinander gelegten hohlen Händen) eine Anzahl Nüsse und meldet sie mit den Worten: Hölten Rödder! B. Lat em riden!A. Kann nich riden. B. Lat em draben. A. Kann nich draben. B. Lat em ankloppen! A klopft mit der Göps auf seine Knie, so daß die Nüsse gerüttelt errathen lassen, ob ihrer viel oder wenig sind. B. Lat em lopen! (nennt eine Zahl). A öffnet die Göps und zeigt, wie viel vorhanden sind. Vgl. Brinkman's Kasper Ohm S. 18 f., wo das Spiel Höltendrœtik genannt wird. Hier lauten die drei Befehle: Lat 'n drawen; lat 'n rœteln; lat 'n runscheln! und werden durch dreimaliges Schütteln ausgeführt. Zu errathen ist ›grad odder ungrad‹. In dem Namen ›Höltendrœtik‹ wie in dem ›Rüdder, Rödder‹ steckt ein mit ›rütteln‹ zusammenhängendes Wort.

Nerger.


Zu Bd. II, Nr. 1397 f. Es muß wohl ›Fischetag‹ heißen, wenigstens in Nr. 1398. Darauf deutet die Angabe ›der Tag, bei dem Fische stehen‹, was auf die Kalenderzeichen des Mondlaufes geht.

Nerger.


Zu Bd. II, Nr. 1441c. Es gibt unter den Insecten kein Thier, vor dem der gemeine Mann solche Furcht hat, als vor dem bösen Krebs. Derselbe wühlt in der Erde herum. Wer ihn berührt, bekommt den Krebsschaden und muß sterben – Alles was an ihm ist, ist schieres Gift. Schon lange begierig, einmal einen solchen bösen Krebs zu sehen, war mir endlich das Glück günstig. Die Leute waren beim [485] Torfstechen und in der obersten Schicht saß ein böser Krebs. Entsetzt rief man mich herbei, das Unthier zu sehen und siehe da, es war eine unschuldige Maulwurfsgrille.

H. Burmeister-Körkwitz. Vgl. auch Lauremberg ed. Lappenberg II, 275.


Zu Bd. II, Nr. 1474. Sobald der Roggen angeschnitten ist, beeilen sich die Mädchen, ihre Herrschaften, oder auch wohl sonst fremde Leute, welche ihnen in den Wurf kommen, zu binden. Es ist dies ein so fest eingewurzelter Brauch, daß viele Herrschaften es als eine Nichtachtung betrachten, wenn die Binderinnen dies unterlassen, andererseits aber auch ist es für letztere die größte Kränkung, wenn man es ihnen verweigert, sich binden zu lassen. Der Hergang dabei ist folgender. Das Mädchen, welches nur eine unbescholtene Jungfrau sein darf, naht sich mit einem aus Kornhalmen geflochtenen, oft sehr geschmackvoll mit künstlichen Blumen und Bändern geschmückten Seile Demjenigen, welchem diese Ehre zugedacht ist, und bittet um die Erlaubniß binden zu dürfen. Wenn ihr dies gestattet ist, tritt sie näher und befestigt das Seil um den linken Arm desselben, wobei sie dann einen kleinen Vers hersagt. Die Belohnung für das Binden besteht gewöhnlich in einem kleinen Geldgeschenke. Der bei dem Binden gesprochene Vers lautet:


Hier komm ich angegangen
Den Herrn (die Frau u.s.w.) zu empfangen;
Ich habe mich dabei aber anders bedacht,
Hab mir ein klein Bändelein mitgebracht
Mit lieblichen Dingen und fröhlichen Sachen,
Ich hab nicht viel Zeit Complimenten zu machen.
Der Anfang lautet an einigen Orten:
Hier komm ich angeschritten,
Doch hätte ich ein Pferd,
So wär ich hergeritten u.s.w.
Bei jungen Damen wird noch gerne eingeflochten:
Ich binde dieses Band
An Ihre schneeweiße Hand.

Das Streichen besorgen die Mäher, es ist jetzt aber hiesigen Ortes nicht mehr gebräuchlich; in andern Landestheilen setzt der [486] Mäher seine Mütze auf die Sense, streicht mit dem Streichbrettchen (Schärfer) die Sense und singt dabei ungefähr Folgendes:


Wir Meiher, wir meihen ins Feld hinein,
Wir Meiher, wir trinken gern Branntewein;
Drum möchte der Herr doch so gütig sein
Beschenken uns mit einer Gabe klein,
Mit lieblichen Dingen und fröhlichen Sachen,
Ich hab keine Zeit Complimenten zu machen.

H. Burmeister-Körkwitz.


Zu Bd. II, Nr. 1476. Den Tag, an welchem der Roggen angeschnitten wurde, bereiteten die Mädchen den Schnittern das bunte Wasser. Kamen die Mäher Mittags oder Abends nach Hause, so fanden sie vor der Thür des Herrenhauses eine große Waschbalge mit Wasser. Aeußerlich war selbige sehr hübsch mit Blumen bekränzt und in dem Wasser schwammen Kirschen und Stachelbeeren, auch eine Flasche Branntwein. Die hinzueilenden Mäher beeilten sich nun, das Obst und den Branntwein zu erhaschen, wobei sie einander durch Bespritzen mit Wasser von dem Zuber abzuhalten suchten.

H. Burmeister-Körkwitz.


Zu Bd. II, Nr. 1496a. Der Wolf spielte früher eine große Rolle bei der Ernte. Sobald die Mäher die letzten Schwaden des Roggens oder auch des Weizens niederzuhauen begannen, kam eine große Aufregung in die Schar, jeder beeilte sich, so gut es anging, sich so einzurichten, daß er nicht den letzten Hieb mit der Sense zu thun brauchte, sondern daß sein Hintermann noch etwas behielt. Derjenige, welcher nun den letzten Hau that, hatte den Wolf bekommen und mußte ihn auch bis zum nächsten Feld behalten, oftmals auch wohl etwas zum Besten geben. Kamen nun die Binderinnen, so formten sie aus der letzten Garbe einen Strohmann, welcher mit Blumen und Bändern aufgeschmückt wurde, auch wohl eine Flasche in die Hand bekam, und setzten ihn rittlings auf die letzte Hocke. Hier saß der Wolf so lange, bis er mit dem letzten Fuder Korn nach Hause gebracht wurde. Sein Platz war dann entweder oben auf dem Fuder oder auf einem der Pferde. Unter Jubel und Kreischen wurde nun vor das Herrenhaus gefahren, dort angehalten und der Herrschaft [487] ein Hoch gebracht, wofür selbige sich durch eine gute Bewirthung, auch wohl stellenweise durch ein Geschenk revanchirte. Herrschaften, welche solche Gebräuche besonders begünstigten, ließen auch den Wolf durch Musik empfangen und gaben den Leuten Abends Tanzmusik.

H. Burmeister-Körkwitz.


Zu Bd. II, S. 318 ff. Das Stillen wird möglichst stillschweigend und ernsthaft vorgenommen, auch ist es nicht gut, wenn mehr Personen zugegen sind, zumal solche, welche nicht daran glauben oder drüber lachen. Selten wird etwas dabei angewandt, als Arzeneien oder Umschläge, zuweilen bedient man sich eines Hilfsmittels, als Stein, Strohhalm, Stock oder Band. Der Stillende verlangt etwas für seine Hilfeleistung, wenn es wirksam sein soll, und wäre es auch nur eine Knopfnadel, jedoch fordern darf er sich nichts. Von einem Mann darf es nur eine Frau lernen und ebenso umgekehrt, sonst ist es unwirksam. Auch an Hunden darf man seine Kunst nicht ausüben, sonst wird sie bei Menschen und Vieh unwirksam. Der Hergang dabei ist ziemlich überall derselbe. Der Stillende streicht dicht über dem leidenden Theile mit der Hand oder drei Fingern herum, ohne den Körper des Leidenden selbst zu berühren, beschreibt Kreise oder Striche oder Kreuze und murmelt dabei die Formel halblaut, jedoch unverständlich hin. Die Formel ist bei allen Krankheiten verschieden, endigt jedoch meistens mit ›im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes.‹

Blutstillen:


Christi Blut floß am Kreuzesstamm
Christi Blut floß in den Jordan,
Der Jordan der rannt,
Das Blut das stand. Im Namen u.s.w.

Gegen Bauchweh (vgl. Nr. 1733):

'N Stück von 'ne oll Latt,
'N Stück von 'ne oll Matt,
'N Stück von 'n oll Wif
Schafft di de Weidag ut dat Lif u.s.w.

Gegen Gicht (vgl. Nr. 1871):

De Wid un de Gicht
Dei güngen tau Gericht;
[488]
De Wid dei gewünn,
De Gicht dei verswünn.

Bei kaltem Fieber verfährt man folgendermaßen: Man binde dem Patienten in der fieberfreien Zeit einen wollenen Faden um einen Fuß. Wenn nun der Kranke in der Fieberhitze liegt, nimmt man den Faden ab und geht zu einem Fliederbusch (Hollunder). Indem man nun den Wollfaden an den Busch bindet, spricht man (vgl. Nr. 1846b):


Gun Dag ok Fleder,
Ik bring di 't Fewer,
Ik binn't hir an
Un ga dorvan u.s.w

Mittel gegen Warzen. Man nehme eine schwarze Schnecke, bestreiche damit die Warzen und werfe die Schnecke rückwärts fort, ohne sich umzusehen. – Oder man zerschneide einen sauren Apfel, bestreiche mit der Schnittfläche die Warzen, binde den Apfel wieder zusammen und verberge ihn an einem Ort, wo weder Sonne noch Mond hinscheint. Auch mit einem Strohhalm, welcher im Pferdestall hinter den Pferden liegt, die Warzen stillschweigend umfahren und wieder dorthinlegen, vertreibt die Warzen. – Alles jedoch nur bei abnehmendem Mond.

H. Burmeister-Körkwitz.


Gegen Hexerei. Man gießt jedes Jahr stillschweigend unter einen bestimmten Stein, den man erst entfernt und dann wieder genau hinlegt, wo er gelegen hat, etwas ›schwarten Däg‹ oder Franzosenöl, eine Flüssigkeit, welche überhaupt bei Wundercuren großen Werth hat. Pferdeknechte klemmen heimlich einen Krötenstein hinter die Krippe, damit den Pferden Niemand etwas anhaben kann.

Stirbt der Besitzer von Bienen, so muß es sofort den Bienen kundgethan werden, indem man an die Stöcke klopft und sagt: Euer Herr ist gestorben. Sonst gehen die Bienen ein.

Wer seine Pantoffeln so vors Bett stellt, nachdem er hineingestiegen, daß sie hinters Bett sehen, der muß wegen Krankheit das Bett hüten.

Wenn man Leinsaat sät, werfe man den leeren Sack hoch in die Luft, sonst bleibt der Flachs klein.

Kutscher fahren nicht gern Katzen, weil das den Pferden schadet.

[489] Unter einem angespannten Wagen darf man nicht durchkriechen, sonst wirft der Fuhrmann um.

Eine verspätete Blüthe an Obstbäumen bedeutet einen Todten.

Hühner mit gelben Beinen sieht kein Landmann gern auf seinem Hofe, weil dann die Pferde keine Art haben.

H. Burmeister-Körkwitz.


Am 1. Mai fand in Woldegk das sogenannte Bollenstoßen statt, an welchem Tage die Kühe zum erstenmal ins Freie getrieben wurden. Dann gab es ein förmliches Stiergefecht, woran sich Alt und Jung belustigte und wozu sogar die Schule freigegeben wurde.

Lehrer F.C.W. Jacoby in Neubrandenburg.


Der untere Theil eines Weizenkorns, welches in der Aehre steckt, zeigt einen Abdruck, der Aehnlichkeit mit einem Gesichte haben soll. Man sagt ›Der Weizen ist das edelste Korn, welches uns der liebe Gott gegeben hat; darum findet sich auf jedem Weizenkorn das Gesicht Christi‹.

Lehrer Schwartz nach Mittheilung des Arbeitsmanns Fretwurst.


Die Zaunrübe – plattdeutsch ›hilg Räuw‹ – wird im Volke sehr geschätzt. Man sagt ›Ein Wenig von der Wurzel dieser Pflanze dem Vieh eingegeben, schützt dasselbe vor Hexen.‹

Lehrer Schwartz nach Mittheilung des Arbeitsmanns Fretwurst.


Der Volksmund sagt: Von der Taube Noahs, welche er aus der Arche hat ausfliegen lassen und die nicht wieder zu ihm gekommen ist, stammen die wilden Tauben ab.

Lehrer Schwartz.

Zahnschmerzen zu stillen.
Ich grüß dich lieber, neuer Mond!
Ik klag di, de Tähnweihdag, dei plagt mi † † †.

Lehrer Schwartz.

Wenn eine junge Mannsperson (Frauensperson) wissen will, was für eine Frau (einen Mann) sie bekommen wird: dann muß dieselbe in der Neujahrsnacht auf einem Besenstiel nach dem Schweinstall reiten und mit dem Stiel an die Thür klopfen. Antwortet hierauf eine alte Sau mit ihrer Stimme, dann bekommt er (sie) eine Witwe (einen Witwer); antwortet ein Ferkel, dann bekommt er (sie) eine junge Frau (einen jungen Mann).


Lehrer Schwartz nach Mittheilung des 70jährigen Erbpächters Alm in Klockenhagen. [490]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Bartsch, Karl. Märchen und Sagen. Sagen, Märchen und Gebräuche aus Meklenburg. Zweiter Band: Gebräuche und Aberglaube. Berichtigungen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-E72D-9