Der Falke

Mündlich.


Wär ich ein wilder Falke,
Ich wollt mich schwingen auf,
Und wollt mich niederlassen
Vor meines Grafen Haus.
Und wollt mit starken Flügel,
Da schlagen an Liebchens Thür,
Daß springen sollt der Riegel,
Mein Liebchen trät herfür.
»Hörst du die Schlüssel klingen,
Dein Mutter ist nicht weit,
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So zieh mit mir von hinnen
Wohl über die Heide breit.«
Und wollt in ihrem Nacken
Die goldnen Flechten schön
Mit wilden Schnabel packen,
Sie tragen zu dieser Höhn.
Ja wohl zu dieser Höhen,
Hier wär ein schönes Nest,
Wie ist mir doch geschehen,
Daß ich gesetzet fest.
Ja trüg ich sie im Fluge,
Mich schöß der Graf nicht todt,
Sein Töchterlein zum Fluche,
Das fiele sich ja todt.
So aber sind die Schwingen
Mir allesamt gelähmt,
Wie hell ich ihr auch singe,
Mein Liebchen sich doch schämt.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 1. Der Falke. Der Falke. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0B44-2