Halt dich Danzig!

1807.


O Danzig, halt geschlossen
Dein hochgemauert Thor,
Die Gäste sind entschlossen,
Sie klopfen an davor.
Die selbst zu Gast sich laden,
Sind ungebetne Gäst',
Die stoßt nur mit der Nasen
Wohl auf die Tischeck' fest.
Die Gäst', die dein verlangen,
Du kennst sie lange Zeit,
Denn wo sie hergegangen,
Brennt Feuer weit und breit,
[41]
Sie thun zusammenraffen
Gesindel aller Ort,
Ein freies Land zu strafen,
Beginnen sie den Mord.
Und wo sonst nichts zu holen,
Sie holen Räuber her,
Sollst laufen jetzt die Polen,
O Jungfrau voller Ehr'.
Sei ruhig Jungfrau, reine,
Dies ist die Feuerprob',
Wohl in dem Bombenscheine
Verdienst du großes Lob.
Sie dienen all dem Teufel,
Du aber dienest Gott,
So fahren alle Zweifel
Aus deiner grimmen Noth.
»So will ich nicht verzagen,
Ich armes Mägdelein,
Gott will ich es nur klagen,
Der wird mein Schutzherr sein.«
Stadt Danzig, wir dich kennen
Aus der Belagerung,
Dich wird kein Feuer brennen,
Dein Leid zum Himmel drung.
Es brennet nie zu Asche
Dein Schleier hell und klar,
Das Schnupftuch in der Tasche
Mit keiner Thrän' bewahr'.
[42]
Nein, fasse Muth im Herzen,
Und lösch' mit fester Hand
Der Bomben Schwefelkerzen,
Schick sie zurück gewandt.
In Danzig sind geboren
So manche Kindlein zart,
Die sich der Herr erkoren,
Die all' der Herr bewah
In Danzig steht in Blüthe
So manche Jungfräulein stolz,
Sie beten von Gemüthe,
Sind keinem Franzmann hold.
In Danzig unter Sorgen,
Da sitzt manch Nönnelein,
Die winden alle Morgen
Von Palm drei Kränzelein.
Das eine Gott dem Vater,
Das andre Gott dem Sohn,
Das dritt' dem heil'gen Geiste,
Gott sieht es von dem Thron,
In Danzig stehn zur Wehre
Der tapfern Krieger viel,
Zu Fuß und auch zu Pferde,
Die treffen wohl ihr Ziel.
Im Zeughaus klirren Waffen,
Aus alter, tapfrer Zeit,
Und wen die einmal trafen,
Der läuft dann gar nicht weit.
[43]
Ihr Russen seid willkommen,
Verbunden hält sich gut,
Was einzeln unternommen,
Zu gar nichts führen thut.
Ihr Preußen seid begrüßet,
Ihr Landsleut' gebt wohl acht,
Viel edles Blut schon fließet,
Gott über euch nun wacht.
Das Freikorps muß ich preisen,
Trägt Flinten von dem Feind,
Die Freiheit muß sich weisen,
Wenn Muth durch Ordnung scheint.
Nun laßt uns einmal schauen,
Wo jetzt die Feinde sind,
Wie Schweine sie sich bauen
Ihr irdisch Haus geschwind.
Zu Danzig auf den Mauern,
Da liegen Kanonen viel,
All' Morgen sie belauern
Der falschen Feinde Spiel.
Es bellen alle Morgen
Der wachsam Hündlein viel,
Sei, Danzig, ohne Sorgen,
Wenn dir der Morgen kühl.
Vom Hagelsberg laß hageln
Der runden Kugeln viel,
Die Kegel fast verzagen
Bei solchem guten Spiel.
[44]
Ja, in dem eignen Graben
Sie rollen auf den Feind,
Die aufgestellt sie haben,
Die haben's nicht gemeint.
In Danzig auf dem Markte,
Da stehen Fässer Wein,
Wer trinken will den starken,
Muß kein Franzose sein.
Im Arthushof ohn' Sorge,
Bei hoher Tafelrund,
Da stehet Sankt George,
Sticht bald den Lindwurm wund.
Und ist der Wurm verwundet,
Er durch sich selbst erliegt,
Von eignem Gift, gesundet
Kein Teufel, der besiegt.
Heil Danzig, er bewahret
Den jungfräulichen Kranz
In deinen goldnen Haaren,
Und Ehre kommt zum Glanz.
Du kannst den Schmuck verschmerzen,
Landhäuser voller Pracht,
Du trägst den Schatz im Herzen,
Der treuen Liebe Macht.
Wirst dafür Schiffe senden
In's Meer mit stolzer Pracht,
Jetzt liegt in deinen Händen
Die Welt mit ihrer Macht.
[45]
So laß die Feinde stürmen,
Ganz ruhig schau es an
Von deinen hohen Thürmen,
Die Feinde sind im Bann.
Ein fester Sinn, der bannet
Und herrschet in der Welt,
Und jeder sich ermannet,
Den Kalkreuth führt als Held.
Er hat mit weiser Güte
Die Kraft der Stadt vereint,
Die Hände sich zu bieten
Soldat und Bürger scheint.
Und wer von seinen Treuen
Soll bleiben für die Stadt,
Der wird sich sterbend freuen,
Ein Denkmal an dir hat.
Dies hat so wohl gesungen
Ein jung Soldatenkind,
Die Russenlieder klungen
Im Ohre nach geschwind.
Sie ziehn zu dem Entsatze
Mit gutem Wind und Muth,
O wär' ich auf dem Platze,
Es ließ mir wahrlich gut.
Ich bin ein Mägdlein leider,
O Danzig, so wie du;
Hätt' ich nur Männerkleider
Und Stiefeln auch dazu!
[46]
Ich wollt' sie all' anführen
In meiner Unschuld Kraft,
Mich keiner sollt' anrühren,
Der nicht den Feind bestraft.

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TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Halt dich Danzig!. Halt dich Danzig!. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-09B3-B