Christian Dietrich Grabbe
Hannibal

[Widmung]

An K. Immermann


Immermann schaffte mir zur Vollendung des Hannibal die Muße und stand mir bei mit dem treffendsten Rat. Mache das Stück ihm und den Lesern Freude.


Düsseldorf, den 11. Febr. 1835.


Grabbe.

[89]

1. Hannibal ante Portas!

I.

Hannibal ante Portas!

Karthago.
Saal im Hause der Alitta.
Alitta und Brasidas.

BRASIDAS.
Du liebst mich?
ALITTA.

Ewiges Gefrag. Muß ich stündlich wiederholen, was man kaum sagt, ohne die Tiefe des Herzens zu entweihn?

BRASIDAS.
So werde mir wieder ein heiterer Stern!
ALITTA.
Ich? Die Waise?
BRASIDAS.
Nicht das – Hat Dir auch die Pest furchtbar rasch die Eltern entrissen, Dir blieb –
ALITTA.
Was?
BRASIDAS.
Der Freund. Und Karthago, die allgemeine Mutter.
ALITTA.

Ja, Die! von Stein, mit einer Menge teilnahmloser Geschwister! – Ach, nichts Schrecklicheres als des Hauses einzige Tochter mit ihren Tränen an der Bahre der Eltern, und Millionen Volks draußen im fremden Getrieb: ein Totenlichtlein in wüster, weiter Nacht!

BRASIDAS.
Zerstreue –
ALITTA.
Des kleinlichen Worts!
BRASIDAS.
Laß uns die alten Abende erneun, wo wir hier saßen, von Hannibal sprachen und seinen Siegen.
ALITTA.

Die beiden Sessel sind leer, in welchen die Eltern dabei saßen – – Doch! wie? – Du sprichst von dem Schwarzgelben vor Rom? Was aber tust Du?

BRASIDAS.
Du zürnst? so plötzlich? Ich zittre!
ALITTA.
Vor der Stirnfalte eines Mädchens? Nun ists mir klar.
BRASIDAS.
Was?
ALITTA.

Das Rätsel wär einem echten Manne nicht schwer. [89] Erbebst Du vor dem Stirnfalten der Geliebten, wie eher vor den Toren Roms!

BRASIDAS.
Ha!
ALITTA.

Zu den Stutzern, zu dem Ungeziefer erniedrigst Du Dich, das sich hier auf den Gassen brüstet, sie beschmutzt, wie Fliegen die Teller, welche an den Siegen mäkeln, bei denen mitzufechten sie sich gehütet. Der Schützer, Sieger, brauch ich ihn zu nennen? Hannibal, schändlich wird er unterstützt. Nicht zweitausend Bürger sind bei ihm, mit Negern, Nomaden, Gesindel jeder Art muß er sich von Sieg zu Sieg quälen, ohne Frucht und ohne Dank. – Sei besser, gib ein Beispiel, freiwillig zu ihm, und kämpf ihm zur Seite!


Sie ringt die Hände.

Heilige Astaroth, was hab ich gesagt!
BRASIDAS.
Die Wahrheit. Ich schwelgt in Liebe und vergaß, sie zu verdienen. Noch heut reis ich ab.
ALITTA.
Und willst mich lieben?
BRASIDAS.
Gebotest Du die Reise nicht selbst?
ALITTA.
Weiß nicht – Du, durchbohrt von den römischen Speeren – –
BRASIDAS.

Wir haben einen tötenden Sandstaub vor uns: balearische Schleuderer und numidische Reiter, und die Römer müssen die Augen waschen, bevor sie zielen.

ALITTA.

Nein – ich ahne – höre! – Rom ist mir im Traum erschienen, vorige Nacht, glaubs! Es leuchtete mit seinen Ziegeln: eine rote Sonne, alles verschwemmend! – Dann wieder wars 'ne Wölfin, mit Augen, groß, weit, wie das Meer, wenn es sich mit seinen stillen Tiefen nach dem Sturm hinsehnt, und in den Augen lagen versunkene Städte!

BRASIDAS.

Weg mit Wolfstraum und roten Sonnen – Gibts nicht auch schwarze? Dunkelt Hannibal nicht so um Italien?

ALITTA.
– Mitternächte sind lieblich, und die lieblichste – hast sie doch nicht vergessen?
BRASIDAS.
Ewig durchspiegeln ihre Gestirne mir die Brust! Du sagtest zum ersten Mal: »Dein!« –
ALITTA.
Nicht? Du bleibst also?
BRASIDAS.
Bin ich Deiner wert, wenn ich nicht kämpfe?
ALITTA.
Nun und nimmer!
BRASIDAS.

So nehm ich diesen Kuß auf Deinen Busen mit [90] in das Feld, und oft noch wird er mich wärmen, lieg ich zeltlos in kalter Nacht!

ALITTA.
Unverschämt!
BRASIDAS.
Ich habe meine Lippen geheiligt, nie tönt von ihnen ein schlechtes, ein falsches Wort! Leb wohl! Ab.
ALITTA.
Träum ich?

Sie drückt an ihre Stirn.

Wach auf! – – Er, fort zum Schiff?

Am Fenster.

Weh, dort spannen sich schon die Segel – Träger, Sklaven, Krieger, eilen an Bord – Da Er, sicher unheimlich im fremden Haufen. – Sieht er sich nach meinem Fenster um? Nein, er wagts nicht, sein Herz würde zu schwer. Schwer ists, das verrät der wankende Schritt – Atem der Liebe umweh ihn! – Ach, sie lichten die Anker, horch, laut schmettern die jubelnden Posaunen in den Abschiedsschmerz, und lustig springen die Flaggen dabei in die Lüfte, und von Sekunde zu Sekunde entfernt sich der Einzige, den ich liebe, auf dem Meer!


Sie greift ans Herz.

Armes Ding, beim Scheiden erst merkst du, was du besaßest! – Hanna!
HANNA
alte Sklavin, kommt.
Herrin!
ALITTA.

Bleib heut bei mir und sticke. Hanna setzt sich und stickt. Wie? stickt sie mit meinen Tränen? Sie verdeckt ihre Augen mit der Hand.


Großer Marktplatz in Karthago.
AUSRUFER VON MEHREREN SEITEN.
Kauft! hier Neger! Negerinnen! Mädchen, Weiber, Männer, Witwen, Ammen, Kinder, alle bester Sorte!
MARKTWEIBER.
Gemüse!
ANDERE MARKTWEIBER.
Datteln, Sago, Fisch, Thunfisch!
EIN MARKTJUNGE
alle überschreiend.
Ja Thunfisch! Syrakuser Thunfisch! frischer! allerbester!
MARKTWEIBER.
Hyänen schreien nicht so vor Hunger, wie der Junge seine Ware ausschreit!
[91]
EIN MARKTWEIB.
Hats von der Mutter. Hättet Ihr die gehört –
EIN ANDERES.

Laß die Drommete. Ich höre, wenn ich träume, sie oft noch aus ihrem Grab schmettern: »Kohl und Wirsing, Wirsing und Kohl!«

EIN KARTHAGER.
Das Pfund Sago?
MARKTWEIB.
Fünf Silberlinge.
DER KARTHAGER.
Drei –
MARKTWEIB.
Nehmts, weil Ihr es seid.
DER KARTHAGER.
Kennst Du mich?
MARKTWEIB.
I nu – Ihr seid – ja Ihr – Zu einer Nachbarin. Trägst heut Seide? Das bedeutet?
EIN KAUFHERR
zu einem Sklavenhändler.
Dieser Neger?
ERSTER SKLAVENHÄNDLER.
Viertausend Drachmen.
KAUFHERR.
Hoffentlich Eunuch?
ERSTER SKLAVENHÄNDLER.
Versteht sich. Ich kenne den Geschmack der Herrn Ehemänner und richte meine Ware zu.
KAUFHERR.
Bringt ihn mir nach. Ich zahle zu Haus.
EIN ZIERBENGEL
zum zweiten.
Da, die beiden schwarzen Mädchen – allerliebst!
ZWEITER.
Kohlen, die brennen wollen.
ERSTER.
Moloch! sie brennen schon! Ganze Feuerherde auf den Lippen!
ZWEITER.
Leih mir Geld, ich kaufe sie.
ERSTER
faßt nach seiner Börse und tut dann verlegen.
Habe grad nichts bei mir.
ZWEITER
beiseit.
Der Lügner, ich hörs klappern!
ERSTER.
Indes, Freund, laß uns die Ware besehen. – Mein Guter, was kosten die beiden Mädchen?
ZWEITER SKLAVENHÄNDLER.
Ihr Herren, treffliches Gewächs! Ja, ich darfs kaum sagen,

Er spricht lauter.

aber fühlt den Sammet ihrer Haut, seht wie sie zittern bei der leisesten Bewegung, das macht ihre zarte Erziehung, denn unter uns: Königstöchter sinds, vom Gambia, und äußerst wohlfeil –


Sehr laut.

Wohlfeile Königstöchter!
ERSTER ZIERBENGEL.
Nette, quecke Geschöpfe – Probier das Innere der Hände, keine Schwiele!
ZWEITER.
Feines Fell!
[92]
ZWEITER SKLAVENHÄNDLER.
Das Stück kostet –
ERSTER ZIERBENGEL.
Wir kommen wieder.

Die beiden Negerinnen haben während der Untersuchung bitterlich geweint.
ZWEITER SKLAVENHÄNDLER
den Zierbengeln nachsehend.

Probier euch Baal in die Hölle! Immer probiert, nichts gekauft! – He! der Kran da? Wird er toll? Das agiert mit den langen, zweifingrigen Eisenarmen!

EIN VORÜBERGEHENDER.
Eilschiffe aus Italien hebt er ans Land.
ZWEITER SKLAVENHÄNDLER.

So – – ? wieder Siegsnachrichten, die uns keinen Scheffel Weizen eintragen. Seit die Barkas den Kaufmann aufgegeben, und Soldaten geworden, haben wir den kahlen Nord, statt des üppigen Sudan, Eisen statt Gold, Wandel statt Handel, Rekruten statt Schöpsbraten!

EIN ALTER MANN
an einer Krücke, hat mit ernster Miene zugehört.
Das ist leider nur zu wahr!

Er geht weiter, wackelnden Kopfes.
EIN BOTE
eilt durch die Menge.
Bei Kannä Sieg! Unermeßlicher Sieg!
VIELE.

Gut. Schrei nur nicht so. – – Sie kommt, da kommt sie, die äthiopische Karawane! Ha, die Kamele, Pferde, Strauße! Das spreizt, das bäumt sich! Wie da hinten die Elefanten schnobernd die Rüssel erheben! Die Löwen, wie sie an den Stäben ihrer Kasten knirschen, wie die Panther brüllen, die Giraffen den Hals recken! Prächtig!


Die Karawane kommt.
DER FÜHRENDE SCHEICH.
Die Karawane halte. Dort unter den tausend Säulen ist die letzte Zollstatt und das Ziel.
ZOLLBEDIENTE
kommen.
Ehrwürdger Vater, woher?
SCHEICH.
Tief aus Sudan.
EIN ZOLLBEDIENTER.
Ihr führt?
SCHEICH.

Elefanten, Kamele, Sklaven, Goldstaub, auch manches seltne Tier, den Völkern hinter dem Mohrenland, wo das Antlitz wieder hell wird wie unsres, abgekauft.

ZOLLBEDIENTE.
Auch Palmwein? Er fehlt dermal am Platz und wird gesucht.
SCHEICH.
Auch den. Nehmt hier die Listen, und vergleicht.
ZOLLBEDIENTE.
So zieht vorüber, und werft am Stadthaus die Ballen ab.
[93]
SCHEICH.

Die Sterne seien um Euch und die Bewohner dieser Stadt, wie sie um uns auf nächtiger Wanderung durch die Wüste waren: leitende Gottheiten, in funkelnden Gewändern!


Er legt die Arme eine kurze Zeit betend über die Brust, und zieht dann mit der Karawane zur Zollstatt.

Karthago. Abend.
Kabinett in Hannos Palast.
Brennende Kerzen auf einem kleinen runden Tische, um welchen Hanno, Melkir und Gisgon sitzen.
MELKIR.
Ist der Bote gekettet?
HANNO.
Daß ihm die Adern bluten.
MELKIR.
Und was noch hattest Du im Sinn?
HANNO.
Alles, wird nur der Gisgon nicht einmal öffentlich zu hitzig.
GISGON.

Wir sind die Dreimänner, durch Kugeln erlost, und niemand weiß recht, daß wir es sind, wohl aber, daß drei Monde am Himmel stehen, unter denen Suffeten und Volk sich bewegen. Jeder von uns hat seinen Anhang im vornehmen Synedrion und unter den guten Hundertmännern des Pöbels, streitet mit dem anderen öffentlich und unterstützt ihn heimlich hinter zehnfachen verschlossenen Türen. Das weiß ich, und leise raschl ichs mit der Zunge hin, wie die Schlange durchs gefallne Laub schleicht. Drum, beim Satanas, beleidigt mich nicht, ich scheine nur unter Euch der jüngste, denn das Klima dieses engen Zimmers machte mich bald so alt wie ihr.

HANNO.
Nicht ärgerlich! Heftigkeit schadet stets. Mit Ruhe.
GISGON.
Ja, es ist gut, tut man das Schlechte mit Ruhe.
HANNO.

Demnach – die Barkas müssen unter, bald, baldigst, – sie werden zu bedeutend, sie siegen zu viel, einige im Volk bewundern sie schon.

GISGON.

Und andere meinen, sie wären schon unter, als tüchtige Anker dieser mastenwimmelnden Stadt. Doch ich lasse mich belehren.

MELKIR.
Du lächelst, Hanno? – Was ist?
[94]
HANNO.
Man sollte nicht lächeln.
MELKIR.
Und nicht weinen. Beides verrät.
HANNO.

Ich freute mich, daß Gisgon sich belehren läßt. – Die Barkas, Gisgon, haben mächtige Gruben in Spanien –

GISGON.
Und wir haben prächtige Katakomben, alle Barkas darin zu begraben –

Für sich.

sobald es Zeit ist. Aber noch ists nicht Zeit, diesen beiden greisen Ziegenböcken, mir widerlich, als müßt ich sie einmal essen, zu zeigen, daß ich ihr Gemecker verstehe.

HANNO.
Sie haben Italien –
MELKIR.

– zausen nur an dem Erdstreif – wir dagegen kennen und nützen die von Pol bis Pol sich ausdehnende Atlantis.

HANNO.

Als Hannibal die Alpen überstieg, zauste er ihnen am Schneehaar, daß die Flocken Italien umdüsterten und es auch hier seinen Gegnern winterlich ward. Jetzt abermalen der ungeheure Sieg –

MELKIR.
Nach welchem er sich noch lange verschnaufen muß!
HANNO.
Dazu die weitschichtige Familie der Barkas –
GISGON.
Freilich, damit umranken sie Mauern und Dächer.
HANNO.
Zerrissen den Efeu!
GISGON.
Reißen wir! – Doch wie?
MELKIR.
Leicht. Gebt dem Hannibal nicht weitere Unterstützung und er scheitert vor Rom.
HANNO.

Einige Hülfe muß er haben, zum Schein. Schicken wir ihm etwa sechstausend Mann erbärmlicher Söldner, und verbreiten wir, es seien sechzigtausend gute Stück, so bewundern uns Karthago und die Welt.

GISGON
für sich.
Wird man bei diesen Zweien nicht schlecht, hat man ein steinernes Herz.
MELKIR.
Warum auch nur diese Söldner? Sie könnten ihm immerhin nützen, er weiß Kleines anzuwenden.
HANNO.

Melkir! Wenige schlechte Truppen, scheinbar zahlreich, geheime Befehle gegen ihn, die öffentliche Meinung für unsren guten Willen, jedenfalls besser als offner Kampf mit ihm und seiner Partei.

MELKIR
nach einiger Überlegung.
Nicht unrecht – Ich aber will die Truppen auswählen.
GISGON
beiseit.
Der wird was aussuchen! Armer Hannibal!

Laut.

[95]

Der gefesselte Bote von Kannä, der so hell war auf den Gassen, hat gewiß noch mehr im kupfernen Schlund. Er muß nun zu Tod.

HANNO
drückt an eine der in den Wänden versteckten Springfedern, und schmunzelt.
Jetzo ist er tot, lieber Gisgon –

Gisgon tut erstaunt.

denn, Bester, ich habe nach dem Beispiel Melkirs –
MELKIR
mit einem lang werdenden Gesicht.
Hann – Hanno?
HANNO.
Warum nicht sagen, was unser Genoß je früher je besser erfährt?

Wieder zu Gisgon.

Ich habe nämlich mein Haus mit Drahtfedern eingerichtet, deren jegliche auf einen der oberen Mittelquader der unteren Gewölbe wirkt, so daß jegliches einstürzt, drück ich seine Feder. Dieses Federchen nun hat den Boten in Schutt und Trümmer eben lebendig begraben oder auch schon zerquetscht, und wir drei nur wissen das.

GISGON
springt auf.

Ein Spinnweb! Ich muß fort! Meinen Mantel! Für sich. Der Schwätzer, mein Haus ist besser unterminiert als das seine.

HANNO.
Nicht bang. Wir sind Freunde.
GISGON
setzt sich.
Ah – das vergaß ich.
MELKIR.
Gisgon! Hanno tadelte nicht ohne Ursache Deine Heftigkeit.

Rom. Kapitol
Sitzung des Senats.
ERSTER KONSUL.
Wißt ihr es?
PRÄTOR
ruhig und fest.
Ja.
ZWEITER KONSUL.
Demnach zur Tagesordnung.
EIN SENATOR.

Hier ein Gesetzvorschlag, nach welchem der Vormund dem Senat jährlich Rechnung über seines Mündels Vermögen abzulegen hat.

KATO ZENSOR.
Fügt hinzu: der Vormund haftet doppelt für jedes Versehn!
ERSTER KONSUL.
Billigt ihr das Gesetz und Katos Bedingung?
ALLE.
Ja.
ERSTER KONSUL.
Liktor, heft es unter die zwölf Tafeln an das Forum.

[96] Ein Liktor geht ab.
Tiefes Schweigen. Der erste Konsul in sich.

Ich, ein Konsul Roms, und darf die Hand nicht nach der Stirn bewegen, weil jeder auf mich achtet. Zwei Söhne fielen auch mir, und mein Weib zergeht in Schmerz, und ich muß die Stürme in mir behalten, in meiner Brust die Wolken ausregnen lassen. Denn – – was Söhne, verglichen mit Rom?

KATO ZENSOR.
Sind wir versammelt, um zu schweigen, so ists besser wir gehen heim.

Plötzliches erschütterndes Getöse, fernher.
MEHRERE SENATOREN.
Ha! nun meldet er sich! nun klopft er an!
ZWEITER KONSUL.

Bleibt sitzen. Verräter, der sich bewegt! –

Die Mauern und Tore sind hinreichend verteidigt, und nur das Wort des Konsuls, des Tribunen, nicht die Sturmmaschinen eines verwegenen Puniers heben die Sitzung des Senates auf. Tribunen, habt ihr heute Veto?

TRIBUNEN.
Nein! Wir haben nur den Feind zurückzuwerfen!
PRÄTOR.
Es scheint, er wird schon ohne uns zurückgeworfen. Das Getöse verhallt.
KATO ZENSOR.
Da hallt was Schlimmeres: auf den Gassen die Weiberstimmen!
EIN KURULISCHER ÄDIL.
Laß sie! Es fielen bei Kannä sechzigtausend ihrer Söhne.
KATO ZENSOR.

»Laß sie!« Die Weiber rasen lassen? Das hör ich vom kurulschen Sitz? Fielen sechzigtausend ihrer Söhne, so mögen sie sorgen, sechzigtausend ehelich dafür wieder zu gebären. Ehen und Kinder daraus werden ohnehin selten.

ÄDIL.
Das Unglück darf Nachsicht fodern.
KATO ZENSOR.
Nicht, wenn es heult!

Abermals Weibergeschrei von draußen.

Hört, nochmals Gequicke von »Kannä und Rache!«

Elendes Ende, braune Bastardenkel, schlösse Niederlage der Weiber unsre Annalen! Dahin mit ihnen, wo sie sein sollen, nach Haus! Und jedes, das nicht binnen einer Stunde an seiner Spindel sitzt, verhafte ich, der Zensor, und lasse ihm Scham eingeißeln, blutrote, wenn im Gesicht nicht, doch – Und seinem Mann nehm ich das Bürgerrecht.


Mehrere Celeres ab.
[97]
ZWEITER KONSUL
nach einer Pause, in welcher es auf den Straßen still geworden.

Die innere Ordnung kehrt zurück. Nun paßt es sich, die äußere Gefahr zu beraten. Hannibal steht vor den Toren – Was beschließt der Senat?

KATO ZENSOR
erhebt die Hand.
Karthago soll zu Grunde gehen!
ALLE.
Wie der Zensor!
ZWEITER KONSUL.

Karthagos Heer überschritt die Alpen, uns unerwartet zu Land zu überfallen. Lernen wir vom Feind, und tun etwas Ähnliches. Durchschneiden wir die See und packen ihm in Spanien in den keck entblößten Nacken.

KATO ZENSOR.

Das sei! Denn ob Hannibal auch Sieg' an Siege gekettet, nie bricht er mit Gesindel wie das seinige, das nur im freien Feld zu tummeln weiß, in unsre Straßen, und wehrt sich auch nur ein Häuflein darin. Drum junge Mannschaft, so viel als möglich, ausgehoben, und mit ihr nach Spanien, – dem grimmen Hunde aus Afrika die Tore zu verhalten, bleibt der Rest der Bürger sattsam stark.

ZWEITER KONSUL.
Vier Legionen also ausgehoben, und mit ihnen graden Wegs nach Karthagos Lieblingstochter: Numantia.
KATO ZENSOR.
Wer führt sie?
ZWEITER KONSUL.
Du.
KATO ZENSOR.
Entschuldigung. Mein Zensoramt erlaubts nicht.
ERSTER KONSUL
beiseit.

Sein Landgut bestellen, Bücher darüber schreiben, in hohem Alter das Griechische (Zeus weiß vielleicht weswegen!) studieren und große Worte machen, das kann er, obgleich er Zensor ist – Aber Schlachtfelder – Rübsenfelder sind ihm angenehmer.


Laut.

Ich schlage vor: ernennt jene beiden Scipionen zu Prokonsuln und vertraut ihnen das Heer. Sie haben im Gefecht und auf dem Forum sich schon oft sehr tüchtig bewährt, und ihre Jugendfrische wird der Stadt not.

DER SENAT.
Du sagst es – Heil euch, Jünglinge, Prokonsuln!
SCIPIO DER JÜNGERE
errötend.
Ihr erwählt uns. Wir werden tun, was wir vermögen.

Er drückt seinem Bruder die Hand, heimlich.

Bruder, wie wird die Mutter sich freun!
SCIPIO DER ÄLTERE.
Die vier Legionen?
ZWEITER KONSUL.

Sind heut abend ausgehoben, und ihr zieht [98] durch die vom Feinde noch unbesetzten Tore nächste Nacht ab.

SCIPIO DER JÜNGERE.
Dürfen wir beim Ausheben gegenwärtig sein? Beachten, wählen, auch verwerfen?
ZWEITER KONSUL.
Der Feldherr darf das nicht nur, es geziemt ihm.
KATO ZENSOR.
Wie aber mit dem Tyrannen Mazedoniens? Er hat sich mit Hannibal gegen uns verbündet.
ZWEITER KONSUL.

Mit leeren Worten. Er hat zuviel an all den Taschen zu schleppen, die ihm der große Alexander nachließ, um sich ernstlich um uns zu bemühen.

KATO ZENSOR.
Demnach ihm vorerst Krieg erklärt –
ZWEITER KONSUL.
– mit Worten, und zu seiner Zeit ihm Tod im Hungerturm.
EIN LIKTOR
kommt.
Er stürmt wieder, der Punier! Die Mauern wanken und zittern!
ZWEITER KONSUL.
Der Senat?
PRÄTOR.

Steht auf wie ihr jetzt, und folgt seinen Konsuln dahin, wo die Gefahr ist, und die Rache für Kannäs Niederlage mit Stahl bezahlt werden kann!


Die Konsuln schreiten voraus, und die Übrigen folgen, die Hände an den Schwertern.
Vor Rom.
HANNIBAL
seine Truppen vom Sturm zurückführend.
Lagert.

Es geschieht.

Die Backsteinhütten nicht zu erstürmen? List, Mut, Kriegskunst, alles umsonst. Das tun Karthagos Lederbeutel, worin das Geld steckt, wohl verwahrt, nur kein Heer für mich.

EIN NEGERHÄUPTLING.
Herr, jenes Rom ist ein Geschwür, es steckt die Welt an.
HANNIBAL.
Fragt ich?
NEGERHÄUPTLING.
Verzeihung! Nein!
EIN BOTE
kommt.
Feldherr –
HANNIBAL.
Die Briefe.

Er erbricht sie.

Dieser vom Großvater Barkas – Ich küsse Deine Handschrift, edler Greis!

[99] Während des Lesens.

Auch Du, fast Hundertjähriger, klagst? Wardst deshalb so alt und grau? – Ja, man will uns Barkas unterdrücken – Doch, Melkir, Hanno, noch schwebt dieses Schwert blutdampfend über euch, kennt ihr die List, so kennt es Schlachten! – »Verschwörungen in Hannos Hause, Dir eine geringe Hülfe bestimmt.« – Wohl, werfen mich Roms Mauern zurück, an Karthago scheitr ich sobald nicht. – Die Barkas wissen im Geheim von den Zinninseln und der Atlantis so gut als ihr, ziehn Geld genug daher. Sie verschließens aber nicht, sie säen es, und Soldaten wachsen, die euch einst die Kisten öffnen sollen, während ihr weglauft, und die Taler sich nicht wehren. Die Sinnlosen! Roms furchtbare Nähe zu vergessen um die goldblinkenden Fernen im West – das Herz wegen des Rocks!


Zum Boten.

Bringst Du nicht auch Briefe vom Synedrion?
BOTE.
Hier ein Paket.
HANNIBAL.
Gewaltge Siegel, sicher so Kleineres dahinter!
BOTE.
Die hohen Herren des Synedrion schicken mich eigentlich.
HANNIBAL.
Eigentlich?

Während des Lesens.

»Gruß und Glückwunsch für Kannä.« – Billiger Preis für sechzigtausend Römerleichen! – »Eine angemessene Hülfe soll kommen.« Ja, meßt ihr erst, so schneidert ihr den Himmel zu einem Kleid, daß die Sterne darin ersticken, und seine Donner engbrüstig werden. »Und Abgeordnete begleiten den Boten, um von Dir die Ringe, welche Du, recht ehrenhafter Feldherr« – Recht ehrenhafter! Messen sie auch an Worten? Mich wundert, daß sie mich nicht mit ziemlicher Ehrenhaftigkeit abspeisen. – »bei Kannä erobert hast, in Empfang zu nehmen.« Ha, die kostbaren Ritterringe, dahin gucken die Nasen, denn ihre Augen überließen längst das Sehen dem Sinn des Geruchs und Gestanks. Zum Glück sind die besten beiseit, für meine Leute.


Zum Boten.

Die Abgeordneten mögen kommen, die Ringe empfangen, gegen Schein. Aber, Du, tritt einmal näher!

Kerl, tritt nicht links hin, hieher, vor mein rechtes [100] Auge – Thrasymene (ganz Karthago muß es wissen) schlug das andere mit Blindheit.

BOTE.
Ja, Herr! man siehts Euch auch an.
HANNIBAL
nachdem er ihn eine Zeitlang betrachtet hat.
Du bist ein doppelter Kerl!
BOTE
bestürzt, besieht sich.
Herr, ich wüßte nicht – doppelte Gliedmaßen? Nein – Er sagts aber – Baal, wäre was dran?
HANNIBAL.
Es ist. Du bringst zugleich Nachrichten vom Barkas und dem ihm feindlichen Synedrion.
BOTE.

So meint Ihrs? Ach, Herr, ich habe neun arme Würmer, (Kinder wollt ich sagen) und da ich sie ernähren muß –

HANNIBAL.
Wirst Du ein Schurk?
BOTE.

Ich nahm also, da ich von Eurem Großvater und vom Synedrion jederseits insbesondre bezahlt ward, beider Aufträge insbesondre an.

HANNIBAL.
Freund –
BOTE.

– Freund! Der gnädige Herr! Das sagt kaum unser Profoß, hält man ihm auch noch so willig den Buckel hin.

HANNIBAL.

Berühre, wenn er es erlaubt, mit Deiner rechten Hand, die ich Dir drücke, in meinem Namen Großvaters Füße –

BOTE.
Herr, ich küsse die Füße!
HANNIBAL.

Nein, sie werden leicht schmutzig. – Und sag ihm, auf der weiten Erde wäre mir das Kostbarste ein Gruß von ihm, und einer an ihn. – – Ist das bestellt, so gehst Du ins Synedrion und meldest: wenn man mich nicht bald besser unterstütze, so ständen nächstens zwei Scipionen vor der Stadt, in einem Feuerglanz, der mir jetzt schon die Stirn heiß macht, – dann: sie sollten eins sein, keiner des anderen Säcke beneiden, und schließlich: das Vaterland geht sonst unter in Familienzwisten und die Familien mit ihm!


Bote ab.

– Ich muß abziehn mit meinen siebzehntausend Mann, aus allen Nationen zusammengeflickt. – Wohin? – – Kapua! Die Stadt ist groß, voll Proviant, von Rom nicht fern, Karthago näher, Hülfstruppen aus Afrika da billiger – Billiger! fechte der Satan, wo Kaufleute rechnen!


Zum Negerhäuptling.

Hast Du schnellwirkendes Gift?
[101]
NEGERHÄUPTLING.
Herr?! Ich hätte nicht, was jeder Knabe in Nubien besitzt?

Er zeigt eine Giftflasche vor.

Ich selbst brach der Natter die Zähne aus, sorgsam (sie wehrte sich, doch ich streichelte sie, wie das in Nubien auch bei den Weibern hilft) und wer dieses gelbe Gift aus ihren Zähnen genießt, wird grad so toll, windet sich und stirbt so in Wut und Angst, wie die Viper, als sie merkte, daß sie nichts Giftiges mehr an sich hatte. Zweifelst? Probiere, wirst Dich wundern, Dein Gedärm wird ein wimmelndes Schlangennest.

HANNIBAL.
Du heißt?
NEGERHÄUPTLING.
Turnu.

Hannibal nimmt ihm die Flasche und steckt sie zu sich.

Ihr Götter, Feldherr, Du nimmst meinen letzten Trost. Vater und Mutter und Brüder schlafen im Grab mir – nur dieses Gift –

HANNIBAL.

– blieb Dir! – Wahr, Mohr, Gift ist ein letzter Trost, und darum will ich, sicherer als Du vermagst, ihn Dir und mir verwahren.

TURNU.
O, dann ist es in besten Händen!

Zur Befehlsannahme beorderte Hauptleute treten auf.
HANNIBAL
zu ihnen.

Das Heer bricht heute nacht auf. – Was staunt ihr? Ich will nur Gehorsam! – Wir schlagen die Straße nach Kapua ein. Besorgt das Nötige, still und schleunig.


Hauptleute ab. Er zu Turnu.

Und fragen Dich Deine Landsleute, warum wir aufbrechen, so sag ihnen, weil der Winter nah sei, und es in Kapua sich wärmer lagre.

TURNU.
Ich verstehe!
HANNIBAL.
Der versteht mehr, als ich.
[102]

2. Numantia und Kapua

II.

Numantia und Kapua

Die Ruinen Numantias, noch glühend und dampfend.

TERENZ.

Noch immer nicht Morgen? Ich vergehe vor Frost. Hier wohl Feuer, aber welches! Reisig von Häusern und Menschenknochen! – Doch mich friert zu sehr, – ich muß mich wärmen an dem heißen Graus!


Er kauert nieder an den Ruinen.

Entsetzlicher Abend! furchtbare Nacht! Scipionen, ihr Ungetüme, wie habt ihr euch entschleiert! Dieser jüngere Scipio, der so hold lächeln konnte, las ich ihm in seinem Ruhezimmer eins meiner Stücke vor – Was war er vor vier Stunden? Sturm, Mord, Feuer, sein Antlitz eine arbeitende Waffenschmiede! Mich kannt er nicht mehr. »Jetzt ists nicht Zeit! 's ist grad was Wichtigeres zu tun!« waren alle Antworten, wollt ich ihn anreden, – weiter sauste er mit dem wildschnaubenden Rosse, und ich mußt im Troß mich verlieren, in Gefahr, daß ich von jedem seiner Krieger, der mich nicht kannte, übergeritten, erschlagen wurde – Ah, endlich zittern die ersten Strahlen der Sonne durch die Nebel, und – es wird noch kälter vor dem weiß gerinnenden Reif und dem erwachenden Windzug. Und, o Götter, da gegenüber ringt Numantias Volksrest die Hände, und die Soldaten schleppen ununterbrochen neu im Qualm aufgefundene Gefangene mit schwertgestählter Faust herzu!


Scipio der Jüngere und Scipio der Ältere kommen mit Gefolge.
SCIPIO DER JÜNGERE
zu einem des Gefolgs.

Diesen Schlüssel zu Numantias erstürmtem Haupttor bring meiner Mutter, der Kornelia, und möge sie daran erkennen, daß ihre Söhne streben, ihrer Lehren wert zu sein.

[103]
SCIPIO DER ÄLTERE.
Und melde, daß wir gesund sind. Hoffentlich sie auch.

Der Abgeordnete ab.
SCIPIO DER JÜNGERE.

Terenz? Wärmst Dich an Numantias Kohlen? Das wäre Stoff zu einem Lustspiel, besser als eins der Atellanen, nicht bloß wunderlich – auch im Scherz mit einem großen Hintergrunde.

TERENZ.
Ihr schufet den Stoff so tragisch, daß ich doch zu schwach bin, ihn zu einem lustigen umzudichten.
SCIPIO DER ÄLTERE.

Eh, Freigelassener, was tragisch ist, ist auch lustig, und umgekehrt. Hab ich doch oft in Tragödien gelacht, und bin in Komödien fast gerührt worden.

TERENZ
zu Scipio dem Jüngern, bitter.
Herr, in vergangener Nacht kanntest Du mich nicht.
SCIPIO DER JÜNGERE.
's war grad was Wichtigeres zu tun.
TERENZ.
Da wieder das alte Lied von Erz.
SCIPIO DER JÜNGERE
zu Soldaten und Liktoren.

Jene Gefangenen in Rudel gebracht, jedes Rudel dreißig Stück, und dann damit zu Schiff nach Ostia. Ob der Senat sie da oder in Rom will verkauft wissen, fragt ihr dort nach.

SCIPIO DER ÄLTERE.

Und merkt ihr, wo Mann und Frau oder Verwandte beieinander stehn, reißt sie auseinander, damit sie nicht konspirieren.


Mehrere Liktoren und viele Soldaten ab. Bald darauf treiben und schleppen sie die Gefangenen vorbei nach der Küste.
EIN GEFANGENER.
Weib, mein Weib! Wohin gerissen an Deinem Haar? In fremde Arme!
DAS WEIB.
Die Glücklichen, die sich verbrannten!
EIN KNABE.

Sieh doch um Mutter, sie kommen mit Stricken, Dich zu binden! – Weh, nun mich auch! Leute, mild! was taten euch diese armen Hände?

EIN LIKTOR
zu seinen Untergebenen.
Geißelt die Schreihälse! Muß man euch an den Dienst mahnen?

Das Geschrei erstirbt in Gewinsel.
TERENZ.
Schrecklich!
SCIPIO DER JÜNGERE.

Bester, es ist bei uns Sitte, daß man den Krieg so lang führt, bis der eine Teil ausgerottet oder Sklav geworden. Denn einen halben Frieden lieben wir nicht; er gibt dem Feinde nur Zeit, sich zum neuen Kriege zu stärken. Pfui, stell Dich nicht albern! Ganze Kohorten blicken schon nach Dir.

[104]
TERENZ
in sich.
Die Geißelei mit Bleiknöpfen: Sitte! Götter, was mag in Rom Unsitte sein?
SCIPIO DER JÜNGERE.
Wer naht?
EIN SOLDAT.
Ein Keltiberierfürst.
DER KELTIBERIERFÜRST ALLOCHLIN
kommt und stürzt Scipio dem Jüngeren zu Füßen.
Herr! Herr! Herr!
SCIPIO DER JÜNGERE.
Dreimal dasselbe ist zuviel. Was willst Du?
ALLOCHLIN.

Herr, meine Braut! Ich bin der Fürst Allochlin, und sie und ich sind keine Numantiner, sind Ureinwohner, und keine phönizische oder karthagische Kolonisten, – sie war nur zum Besuch in Numantia, als ihr sie mitfingt – Ihr Sterne! meine Braut!

SEINE BEGLEITER
schreien mit.
Ihr Sterne, seine Braut, die blühende Braut!
SCIPIO DER ÄLTERE.
Die hat viel Liebhaber. Ich möchte ihr Mann nicht sein.
ALLOCHLIN.
Dort steht sie unter den Gefangenen.
SCIPIO DER JÜNGERE.
Ein schönes Mädchen.
ALLOCHLIN.
Wie der Mond aufschimmernd über dem dunklen Gebirgswald!
SCIPIO DER JÜNGERE.

Karthago ist euch mehr Urfeindin als uns Römern. Wenn Du mit mir gegen sie kämpfest, ist Deine Bitte gewährt.

ALLOCHLIN.

Gleich stell ich Dir elftausend Krieger. Sie alle folgten mir, als sie mein Unglück hörten, bewegt wie ich.

SCIPIO DER JÜNGERE.
Führt jene Jungfrau hieher.

Zwei seines Gefolges ab.
ALLOCHLIN.

Sie kommt! Da ist sie! Die teuren, die lieblichen Züge wieder so nah! O Gräser und Blumen – Meine seligen Augen!

SCIPIO DER JÜNGERE.

Fürstin, Dein Bräutigam hat Dich erfleht. Sei frei und mach ihn glücklich. – Allucius (verzeih, ich kann Deinen Namen nur nach meiner heimischen Mundart aussprechen) zeig mir nun Deine Krieger.

ALLOCHLIN.

Sie bemerkten Deine Huld, und nahen schon mit freudigen Schritten. Ich stelle mich an ihre Spitze, die Ersehnte an meiner Seite, und führe sie Dir vorüber.

DIE BRAUT
für sich, auf Scipio den Jüngeren blickend.

Die erhabene Gestalt mit dem mildernsten Antlitz – ists ein Göttersohn, in irdisches Eisen gehüllt? – Ich könnte –

[105]
ALLOCHLIN.
Du weilst?
BRAUT.
Nein, Gespiele der Jugend, auch Götter machen mich nicht untreu!

Allochlins Heer rückt heran, er zieht das Schwert, stellt sich mit seiner Braut, die jubelnd empfangen wird, an die Spitze, und führt es vorbei.
SCIPIO DER JÜNGERE.
Bruder, dieses Heer ist besondrer Art.
SCIPIO DER ÄLTERE.

Nach dem Geschnatter, nackten Beinen, den Federn auf den Köpfen, hielte man es leicht für einen Haufen großer Enten. Aber die Enten folgen doch noch in Einer Reihe dem führenden Entrich. Das Gewimmel wühlt durcheinander wie Kraut und Rüben.

SCIPIO DER JÜNGERE.
Und statt der Tuba Saitenspiel!
SCIPIO DER ÄLTERE.
Bei denen muß es lustige Schlachten geben. – Ich schäme mich solcher Bundsgenossen.
SCIPIO DER JÜNGERE.
Warum? Im Kriege ist alles zu verbrauchen.
TERENZ
der, seitwärts stehend, aufmerksam zugehört hat, für sich.

Verbrauchen! Das arme Gesindel füllt bald die Gräben mit seinen Leibern und die Römer gebrauchen es dann zur Brücke!

SCIPIO DER JÜNGERE.
Jenen Langen ruft heraus. Ich will ihn sprechen.
SCIPIO DER ÄLTERE.
Wie? Der scheint just der Närrischste!
TERENZ.
Herr – Er stockt und blickt furchtsam auf die Scipionen.
SCIPIO DER JÜNGERE.
Verschluck Deinen Gedanken nicht. Poeten bersten, wenn sie ihre Weisheit bei sich behalten müssen.
TERENZ
ermutigt zu Scipio dem Ältern.

Euer Bruder will vom Schlechtesten auf das Bessere schließen. Ist das nicht vorsichtiger, als schlöß er umgekehrt?

SCIPIO DER ÄLTERE.
Daraus mach nur einen guten Spruch für Deine Possen.
TERENZ
betrübt, für sich.
Lustspiele, jahrelang bedacht, bearbeitet, bei Tag und Nacht – Possen! Das der Lohn!

Der herbeigerufene Keltiberier kommt.
SCIPIO DER JÜNGERE.
Du bist?
KELTIBERIER.
Sohn Ullos, der da hieß die Keule.
SCIPIO DER JÜNGERE.
Und Dein Name?
KELTIBERIER.

Bin leider noch namenlos. Noch stieß ich keinem Feinde, nach dem ich mich benennen könnte, die Lanze ins Herz, denn so nur erringt man bei uns den Namen – [106] Die Feiglinge! sie flohen alle, wie ich den Speer erhob!


Er schüttelt seine Lanze.
SCIPIO DER JÜNGERE.
Nun – sacht. Willst Du in meine Dienste treten?
KELTIBERIER.
Wenn mein Than mich Dir schenkt.
SCIPIO DER JÜNGERE.
Das tut er.
KELTIBERIER.
Ich bin Dein Sklav.
SCIPIO DER JÜNGERE.
In müßiger Stunde sollst Du mir von Deinem Volk erzählen.
KELTIBERIER.
Nur erzählen? Singen will ich davon!
SCIPIO DER ÄLTERE
trocken.
Sind alle Deines Volkes Großprahler wie Du?
KELTIBERIER.
Ich hoffe, ich bin der Geringsten keiner.
SCIPIO DER ÄLTERE.
Windbeutel! Das hoffst Du?
KELTIBERIER.
Die Barden singen: zu fechten mit der Zunge, ist schwerer als mit dem Schwert!
SCIPIO DER ÄLTERE.
Das sind mir eigene Grundsätze.
SCIPIO DER JÜNGERE.
Er muß sie doch für die rechten halten, so unbefangen sagt er sie.
TERENZ.
Welch Unding verkehrte Erziehung nicht aus einem Menschen macht!
SCIPIO DER JÜNGERE.
Sohn Ullos, tritt unter mein Gefolge.
SCIPIO DER ÄLTERE.
Indes wir hier belagerten, ist uns Hasdrubal mit Karthagos letztem Heer in Spanien entwischt.
Er klettert schon in den Alpen zum Hannibal. Wir müssen nach.
SCIPIO DER JÜNGERE.

Nein. Er erblickt seinen Bruder nicht. Konsul Nero erwartet ihn längst mit drei Legionen in Ligurien. Zweimal gehts nicht mit Überraschungen, wie sie uns Hannibal bereitete, man lernt sich vorsehn. – Die Pferde!


Die Scipionen und die Reiter ihres Gefolgs setzen sich zu Pferde. Scipio der Jüngere, vor das Heer sprengend, mit erhobenem Feldherrnstab, laut zu ihm.

Wir aber wollen der afrikanischen Natter unmittelbar das Haupt zertreten, denn die tausend Schweife, mit welchen sie nach allen Zonen wedelt, verzappeln, wenn sie keinen Kopf mehr fühlen! Versteht ihr?

DAS HEER
wendet die Adler, die Mauerbrecher, Ballisten, Katapulten und das Kriegsgerät gen Süden.
Du siehst es! Er winkt Beifall. Alles nach Süden ab.

[107] Kapua.
Saal in Hannibals Wohnung.
Hannibal geht heftig mit Brasidas auf und ab.
HANNIBAL.

Und eure heut angelangten Schiffe liefen mit dem Schiff des Boten aus, der mir vor acht Monaten die Ritterringe abfoderte? Wahrlich, meine Landsleute sind Adler, wenn sie holen, Schnecken, wenn sie schicken.

BRASIDAS.
Unsre Schiffe waren schlecht –
HANNIBAL.
Vorsätzlich so geliefert.
BRASIDAS.
Sie wurden bald leck. Da gings nach der kleinen Syrte, zu kalfatern.
HANNIBAL.
Nicht bloß zurück, auch seitwärts? Die Ottern!
BRASIDAS.
Die Arbeit ging langsam, es fehlte dort –
HANNIBAL.
An Holz, Pech, Teer, das wußten sie so gut wie ich!
BRASIDAS.
– der Admiral ward sichtbar ungeduldig –
HANNIBAL.
Gings dem eingelernten Schurken noch zu geschwind?
BRASIDAS.
Endlich konnten wir in See, und steuerten nach Gades –
HANNIBAL.

Katzen, die von den Buben durch die Straßen getrieben werden, Windhunde auf der Jagd springen nicht so hin und her!

BRASIDAS.
Es harrten dort fünfhundert neugeworbne Numidier, die wir für Dich mitnehmen sollten.
HANNIBAL.

War euer Admiral auch befehligt, sich um die äußersten Hörner Afrikas zu winden, mir ein Pfund Zimmet aus Indien mitzubringen?

BRASIDAS.
Dann –
HANNIBAL.

Laß! Sie treibens so dummgrob, daß man vor Verachtung sich kaum darüber ärgert. – Und die paar tausend Mann Hülfe, die ihr bringt, sind auserlesen! Ich müßte sehr irren, oder ich kenne die hageren Finger, die mir diese Spreu aus dem Weizen gesucht. Als ich den Haufen musterte, ward vor all den Buckeln, schiefen Beinen der Krüppel, und den Brandmalen der Galeerensklaven, mein Pferd scheu! – Doch, Brasidas, für Dich dank ich Dir und meiner Muhme Alitta. Hätte je eine einzige Ader von ihr im Synedrion geschlagen, Rom läge [108] zerschlagen! – Was sprach man von mir, als Du Karthago verließest?

BRASIDAS.

Wenig. Man erwartete die äthiopische Karawane. Mancher meinte, Du hättest Rom nicht so lang unerobert lassen sollen.

HANNIBAL.
Gescheuter, hätt ich Mittel gehabt, es erobern zu können. – Mein Aufenthalt in Kapua?
BRASIDAS.
Man wußte noch nichts von ihm.
HANNIBAL.

Ich soll hier schwelgen und auch mein Heer – Ich, der nie ein Weib, nie einen Weinbecher berührte! Und das Heer? Satt sich zehren, ausruhn laß ich die Erschöpften, mit denen ich das Feld nicht mehr halten konnte. Selbst mein letzter Elefant erlag, und, oder ich müßte mich arg im Auge des klugen Tieres trügen, er blickte sterbend voll Ingrimm nach der Gegend von Karthago.

BRASIDAS.
Der edle Melkir –
HANNIBAL.
Der?
BRASIDAS.
– ist fast der einzige, der alles lobt, was Du beginnst.
HANNIBAL.
Hölle, beschütze mich vor Feindeslob! Es ist die gefährlichste Münze!

Ein Bote kommt.

Ha, Du, den ich an Hasdrubal gesandt – Wagt er es auf den Zorn der Dreimännerschaft und folgt er meiner Einladung?

BOTE.

Er hatte sie kaum gelesen, als er rief: »Bruder, ich komme! Bote voraus, daß ich Dich nicht einhole! « Und als ich aus dem Lager ging, begleiteten mich schon, weithin schallend, die zum Aufbruch rufenden Signale!

HANNIBAL.

Dank euch Götter, denn ich kann einmal zu euch beten! Furchtbarer Moloch, ich glaubte oft, wir brieten Dir die Säuglinge umsonst, Du zögst mit vornehmer Nase den kostbaren Rauch ein, als sei er so ein gewohnter Tribut, – nein, endlich willst Du Karthago retten, bisher hast Du es nur geprüft – Ich habe mich in Dir geirrt! – Hasdrubal und ich – Das Kapitol ist zermalmt, sobald wir uns vereinigen – Wo schiffte er ein?

BOTE.

Dazu war Numantia bestimmt. Da dieses fiel, so hat er geglaubt, nichts Besseres tun zu können, als Deiner Spur zu folgen, er hat die Pyrenäen bereits im Rücken und ist auf den Höhen der Alpen.

[109]
HANNIBAL.
Und – ja – ich in diesem niedrigen Sessel –
BOTE.
Was ist?
BRASIDAS.
Ärzte!
HANNIBAL
erst noch matt, allmählich sich wieder erholend, aufstehend.
Ärzte retten Hasdrubal wohl nicht mehr, und mir wäre meine kleine Apotheke zur Hand. – Bote, geh.

Bote ab.

Moloch, ich log! ich irrte mich doch in Dir! Weshalb gabst Du dem Hasdrubal auch nicht die mindeste Warnung? Er mit dem kleinen Heer auf den Alpen? Brasidas, weiß er nicht, daß sie mein großes zur Hälfte vernichteten, ihre Geier zu füttern? Daß wir, um Weg zu bekommen, mit Felsen, mit Leichen die Abgründe füllten? – Hasdrubal, Du wirst auf den schwindelnden Stegen genug alte Bekannte finden, frisch und unverwest, aber schlechte Wegweiser, wegen ihrer Füße von Eis, ihrer Augen von Glas!

BRASIDAS.
Du selbst vollbrachtest diesen Übergang.
HANNIBAL.

Eben deshalb weiß ich um Hasdrubals Ende. Eh die Sonne nicht noch Jahrhunderte daran geschmolzen, würd ich ihn nicht wieder versuchen, – nie wieder Nächte, wo wir tief in Schnee uns hüllten, um nicht zu erfrieren, wo über mein halbtotes Heer die Sterne am klarsten Himmel glitzerten, als geschähe eben nichts, wo ich schlaflos für alle zu denken hatte, das Vorwärts und Rückwärts im kalten Nachtlager erwägend. Und als wir endlich auf unseren Schilden nach Italien hinunterglitten, fing uns nicht gleich ein Konsul Nero mit seinen Spießen auf, wie er jetzt da steht: seinen Fuß auf dem damals freien, jetzt unterdrückten Cisalpinien! – Doch haben sie einen dummen Streich gemacht, müssen wir versuchen, ihnen zu helfen. Dazu sinds unsre Landsleute.

BRASIDAS.
Wir kommen nicht aus der Stadt. Der Diktator Fabius Maximus steht davor mit vierfacher Übermacht.
HANNIBAL.

Der Maximus! Beim Satan, ich kann noch lachen! – Mann, er ist Minimus, und da die Römer keinen besseren zur Hand hatten, gaben sie ihm den großen Titel, und Mit- und Nachwelt werden ihn gläubig nachplappern. Rücken wir aus, weicht er, wie immer, beiseit, wir ziehen durch die fetten Täler, er klettert auf den kahlen Höhen nach – Das nennt er Vorsicht!

TURNU
kommt.
Der heut mit den Hülfstruppen angekommene [110] Admiral harrt im Vorsaal, Dir seine Aufwartung zu machen.
HANNIBAL.
Er kommt mir gelegen –

Turnu will gehen.

Wart! Nimm sechs Soldaten meiner Wache, und sag ihnen, sie sollten den Admiral –
TURNU.
Als Ehrenwache – ?
HANNIBAL.

– sie sollten ihn sofort am höchsten Mast seines Hauptschiffs aufknüpfen, weil er mit der Flotte zu spät gekommen.

TURNU.
Wetter, ich glaube, er kam noch zu früh, und wird auch selbst nicht ganz anderer Meinung sein! Ab.
BRASIDAS.
Was wird man dazu in Karthago sagen?
HANNIBAL.
Was man will. Mit Brasidas ab.

Straße in Kapua
Gruppen der Bürger.
ERSTER BÜRGER.
Ab ziehn sie! Wir sind frei!
ZWEITER.
Bis sie wiederkommen.
ERSTER.
Welcher Patriot denkt an so etwas?
DRITTER.
Nicht einmal Besatzung zurückgelassen!
ZWEITER.
Doch – viele kleine Punier bei den Weibern.
ERSTER.

Leuchtende Schilde um die Mauern gehängt, mit kühlem Efeu und Eppich die weinglühenden Stirnen bekränzt, und die Freiheit ausgerufen!

ALLE.
Freiheit!
DER FRÜHERE DESPOT DER STADT
kommt mit zahlreichem bewaffneten Gefolge.

Recht so, ihr Bürger, und mithin tret ich wieder in mein altes, vom Hannibal mir anmaßlich entrissenes Recht, und rat euch wohlmeinend, vor allem Ordnung zu halten, ohne welche keine wahre Freiheit denkbar; genießet der errungenen Freiheit, aber, bei Todesstrafe, sprecht nirgends ihren so leicht mißverstandenen Namen aus, – erblickt getrost in mir den wahren rechtmäßigen Vertreter der Gesamtfreiheit. Nach Haus, Kinder, ich werde für alles sorgen.


Zum ersten Bürger.

Du zögerst, Freund? – Sklaven, werft ihn in Ketten.

[111] Der Bürger wird von einigen Sklaven des Despoten gefesselt.

Zu Haus, ihr übrigen, im Schoße eurer Familien blüht euer schönstes Glück.

Da die Bewaffneten des Despoten Miene machen, auf die Bürger loszugehen, entfernen sich diese schweigend nach allen Seiten.
DER GEFESSELTE BÜRGER.

Der gemästete Schuft, mit fettigem, immer lächelndem Gesicht! Die klebrige, an ihrem eignen Schleim so hoch gekrochene Schnecke! O Du, mit dem ich in die Schule ging –

DESPOT.

In unseren Schuljahren warnte ich Dich oft, Kamerad, vor Deinem ungestümen Wesen, hielt Dich ab von manchen tadelwerten Streichen – Leider, wie man sieht, ohne Erfolg.

DER GEFESSELTE BÜRGER.

Du hieltest mich ab? Bestahlen wir nicht gemeinschaftlich den Orangengarten des Ater? Machtest Du selbst nicht dazu den Anschlag?

DESPOT.

Das just das Schlimmste jedes Lasters, daß es, statt seine Scheußlichkeit einzusehen und sie wegzutilgen, zu einem anderen Laster flüchtet, und die verleumdet, welche es bessern wollen. – Du tust meinem Herzen leid, aber Deine nicht zu bändigende Zunge ist Deines Unheils Schuld.


Zu seinem Gefolg.

Bringen ihn einige auf die Fest, und schaffen ihn da still weg.
DER GEFESSELTE BÜRGER
während er abgeführt wird.
Wär ich doch durch Hannibal erdrosselt, er war doch nur ein Fremder, aber dieser einheimische –

Man verstopft ihm den Mund. Alle ab.
[112]

3. Abschied von Italien

III.

Abschied von Italien

Tal bei Casilinum
Ringsum von der sinkenden Sonne rot beleuchtete, hin und wieder mit Gestrüpp und Eichen bewachsene schroffe Felswände, und nur zwei Engpässe aus und ein, auf deren Höhen man die Vorhut römischer Legionen bemerkt. Hannibal mit seinem Heer in dem Tale, Halt machend.

HANNIBAL.
Die Wegweiser sogleich gekreuzigt!
BRASIDAS.
Sie haben sich nur geirrt, Casilinum mit Casinum verwechselt.
HANNIBAL.
Mir eins! Gekreuzigt!
BRASIDAS.
Du befiehlst! Er schickt Soldaten ab.
HANNIBAL
sieht sich um.

Das wäre diesmal ein enges, steingrobes, von der Sonne blutgetränktes Leichenhemd. Jetzt sinkt auch sie, und nun wirds sargdunkel.

BRASIDAS.
Keine Rettung?
HANNIBAL.

Wir sind dem Maximus (nein, von jetzt an nenn ich ihn bei seinem rechten Namen), dem Fabius schön in die Klemme geraten! Rings trefflich umstellt! – Daß ich mich diesmal so wenig umsah, den Boten so traute! Eine kümmerliche Hoffnung noch: ich sehe meinen Fehler ein, und so bleibt möglich, ihm abzuhelfen. – Turnu!

TURNU.
Ich schwitze!
HANNIBAL.
Warum?
TURNU.
Weil Du so nachdenkst.
HANNIBAL.
Wieviel Ochsen sind noch im Proviantzug?
TURNU.
Viertausend.
HANNIBAL.
Laß Reisig, Fallholz aufsuchen, es verpechen und dem Vieh an die Hörner binden.
TURNU.
Ich eile! Ab.
[113]
HANNIBAL.
Geh, Brasidas, gib dem Heere Trank und Speise, tue heiter.

Brasidas ab.

– Wenn die List hülfe! – Horch, da rufen sich die römischen Nachtwachen an, und man erfährt, wo sie stehen. Ei, sind sie noch so unvorsichtig, zwing ich sie auch mit Ochsen.

TURNU
kommt zurück.
Die Ochsen sind ausstaffiert! Nun den Reisig angezündet, und mit ihnen auf die Römer!
HANNIBAL.
Woher weißt Du, daß sie dahin sollen?
TURNU.
Was denn andres?
HANNIBAL.
Unternimmst Du, sie auf jenen nördlichen Engpaß, durch den wir vorwärts müssen, treiben zu lassen?
TURNU.

Für alles schon gesorgt, und die Treiber stehn bereit, trockne Schwämme in der Hand, die sie dem Vieh brennend in den Hintern stecken sollen, nachdem vorn die Reisigbündel angezündet sind. Brennt nun der Ochs zuerst an den Hörnern, und dann hinten, so verliert er die Vernunft, und stürmt vorwärts, seinem Hintern zu entwischen!

HANNIBAL.

Entstellt den Tieren Gesicht und Gestalt, macht sie tollen Soldatentrupps ähnlich, bindet Schilde vor ihre Köpfe, Lanzen an ihre Seiten, und habt Acht, sobald ich befehle, mit großem Geschrei, Posaunen, Zimbeln, sie auf den Feind zu jagen; das Heer folgt ihnen in gedrängter Ordnung.Turnu ab.


Höhe des nördlichen Engpasses bei Casilinum
Fabius Maximus, sein Reiterfeldherr, und die Hauptmacht seines Heeres.
FABIUS MAXIMUS.

Junger Freund, was wollen nun die Scipionen mit ihren spanischen Siegen? Da unten steckt er, der Urheber alles Übels, im Käfig!

REITERFELDHERR.

Laßt uns auf ihn niederbrausen, wie der gelbe Tiber, wenn er im Februar Roms Äcker überschwemmt und ihren Schnee zernichtet.

FABIUS MAXIMUS.

Nicht diese breiten Gleichnisse, wo es richtige Gedanken gilt. Wir brauchen nicht niederzusteigen. Er muß heraufkommen oder drunten verhungern.

[114]
REITERFELDHERR.
Und, beim Pluto, mir scheints als käm er herauf – denn es regt sich und trappelt in seinem Lager!
FABIUS MAXIMUS.
Sollt er es wagen? Gegen unsere furchtbare Stellung?
REITERFELDHERR.
Ich trau ihm die Tollkühnheit zu.
FABIUS MAXIMUS.

Wirklich, wirklich, sie blasen Schlachtsignale, erheben Schlachtgeschrei – Es kann zum Gefecht kommen! – Unser Heer ist, dank Jupiter Stator, durch meine Vorsicht zwar in Ordnung – Nur – man tut des Guten nicht zuviel – Ihr Priester, opfert dem Stator auch noch schnell acht durchaus weiße Schafe, und betet nebenbei zu den übrigen Göttern – Doch nein, letzteres möcht er übelnehmen.

EIN FLAMEN.
Wir haben solcher Schafe nur sieben. Das achte starb vorige Nacht.
FABIUS MAXIMUS.
Ein totes Schaf! Schlimmes Auspizium! Großes Unglück!
REITERFELDHERR.
Wir können ja dem Gott dazu geloben, nächstens das achte nachzubringen.
FABIUS MAXIMUS.
Gut bemerkt. Opfert vorerst die sieben! das achte versprecht auf nächstens!

Mehrere Priester ab.
REITERFELDHERR.
Das Tal wird hell, und ungeheure Massen bewegen sich in ihm auf uns zu.
FABIUS MAXIMUS.

Hätte er durch seine List Hülfe bekommen? In der Tat, es ist an dem! – Eine Reiterei mit Fackeln! Daß dich, die springt! Und das Geschrei! – Hätt ich nur einen punischen Gefangenen zur Hand, der es mir übersetzte!

REITERFELDHERR.
Es lautet, als schrieen ein paar tausend Ochsen.
FABIUS MAXIMUS.

Ochsen? Die könnten das nicht – o, Du kennst noch keine wütende Menschenstimme – die nur schreit so gräßlich, durch die Macht des erregten Geistes! – Sieh hin, genau: sie tragen Mützen mit zwei Zipfeln, Schilde wie Bretter vor den Köpfen – so ist das Wappen Uticas, es sind neu angekommene Uticenser.


Er hält sich einen Augenblick erstaunt die Hand vor den Kopf.
REITERFELDHERR.
Gleich sind sie hier – Es gilt Stand halten.
FABIUS MAXIMUS.

Bei Nacht? Gegen einen noch unbekannten [115] Feind? Und hier besonders gegen die verwegene, geübte Reiterei, die uns zu umzingeln droht, ja, schon damit anfängt? Denn schau, mit welch beispielloser Kühnheit sie die Felsen hinauf, in die Wälder sprengt und die Bäume ansteckt – Nein, wir müssen den Tag erwarten, um diesen Herren erst in die Augen zu sehen, und ihre schwachen Seiten zu ergründen. – Legionen, still zurück über jene Höhen nach Casilinum!


Alle ab. Pause.
HANNIBAL
mit seinem Heer.

Haha! – Geht das Glück so fort, hoff ich doch noch dem Hasdrubal erzählen zu können, daß mir Rindvieh den Weg durch ein Diktator-Heer öffnete! – Weiter!


Weite schöne Flur bei Cajeta.
Im vollsten Herbstschmuck.
Winzer und Winzerinnen bei der Weinlese.
ALLE.
Evoe Bacchus! Jo!

Sie bewerfen sich mit Reben und Trauben.
EIN GREIS.
Atellanen, die vollen Weinsäcke sind mit Öl geglättet – Nun eure Scherze auf ihnen!
DIE JÜNGLINGE.
Laßt die Pfeife ertönen! Die Schellen erklirren!
DIE MÄDCHEN.
Erst ihnen diesen frischen Most!
EIN ATELLAN.
Dank! – Aber jetzt spielen? seht ihr nicht dort die Römer auf den Bergen ziehen wie Wolken?
DIE MÄDCHEN.
Des Anblicks sind wir Monate lang gewohnt, die Wolken regnen nicht, die kommen nie herunter!
DER ATELLAN.
Doch Hannibal rückt in der Ebene nach!
DIE MÄDCHEN.
Uns willkommen. Er war Cajetas Flur immer freundlich, und wird uns nicht stören.
DER GREIS.
Drum Evoe! spielt euer Stück: das, wo der Faun die Nymphe hascht.
EIN ATELLAN.
Numidische Reiter!
HERANSPRENGENDE REITER.
Nur ruhig! Wir tun euch nichts. Der Feldherr verbots und nennt euch Befreundete!
DIE MÄDCHEN.
So nehmet hier und kostet von unsrem heurigen Herbst! Sie kredenzen ihnen Wein.
[116]
DER GREIS.
Wohin gehts?
EIN NUMIDIER.
Nach Rom, und hoffentlich zum letzten Mal, es in Trümmern hinter uns lassend. – Ha, unser Heer!

Das karthagische Heer rückt an; Hannibal zu Pferd, unterm Vortrab.
DER GREIS
zu einem Mädchen.
Du, die Schönste, füll und reich ihm diesen Becher!
DAS MÄDCHEN
tritt mit dem gefüllten Becher vor Hannibal.
Erhabener Feldherr – Nimm den Gruß Cajetas!
HANNIBAL
steigt vom Pferde, alle übrigen Berittenen auch.

Ich nehm ihn, doch da ich Wein nicht genießen darf, gieß ich diesen allen Göttern der Fluren, Berge, Ströme und Täler Kampaniens hin, und flehe sie, ihn wohlgefällig aufzunehmen, als Opfer eines Gastfreundes, dargebracht für dieses Landes Heil! – – Nun setzt eure Spiele fort. Das Heer rastet hier ohnehin. Wir wollen zusehn – so etwas ward uns lange nicht.


Er läßt sich mit seinen Begleitern auf den Rasen nieder. Ein als Satyr verkleideter Atellan stellt sich zur linken Seite der Ölsäcke und spielt auf der Querpfeife, ein zweiter, als Pomona aufgeputzt, zur rechten, und rührt klingelnde Schellen, zwei andere, der eine als Faun, der zweite als Nymphe gekleidet, wollen die beölten Säcke besteigen, gleiten aber immer mit lustigen Wendungen aus.
DIE MENGE.

Herrlich! Faun, Du fällst prächtig! Nymphe, ist der Boden schon jetzt Deinem Fuß so glatt? Was wird geschehn, wenn der Faun Dich packt?

HANNIBAL
lacht herzlich.

Ihr habt lustige Schauspiele, Vater, sie ergötzen schon, eh sie beginnen – Zu einem jungen Punier. Was meinst Du?

DER JUNGE PUNIER.
Im Felde, wo man Karthagos Pompaufzüge nicht hat, läßt sich das ansehn.
HANNIBAL.

Freilich. – Der Himmel ist so rein, die Luft so erquickend, mein eigner Geist wie durchweht von ihr, die Leute so heiter, wie ihre lachenden Gefilde – Ich fühle mich zu wohl, und fürchte fast, es stehe mir ein Unglück bevor.

EIN ALS KARTHAGISCHER KRIEGER VERKLEIDETER RÖMER
der unter dem Mantel ein Paket zu halten scheint, tritt an Hannibals Seite; für sich.
Es steht neben Dir!
[117]
HANNIBAL.
Mein Glück wäre vollendet, säh ich des Bruders teures Haupt!
DER RÖMER
wirft ihm den Kopf Hasdrubals vor die Füße.
Hier ist es!
ALLE UMSTEHENDE.
Entsetzen!
HANNIBAL.

Gut! Das Schauspiel endet, wie es muß! Mit einem Theaterstreich! – Rom, du tröstest mich: sinkst du von deinen sieben Hügeln so niedrig, daß du deinen Feind mit grausamem Spott bekämpfst, so sinkst du bald noch tiefer. Ich habe deine gefallenen Feldherrn ehrenvoll bestatten lassen, als wären sie unter Römern gestorben, und du – Was Rom?


Er nimmt Hasdrubals Haupt.

Bruder, Du, – ja, es sind seine Locken, seine Züge – Ach, neun Jahr war ich alt, als ich von der Heimat schied, da klettertest Du dem ältern Bruder heimlich nach auf das hohe dunkle Schiff, und wolltest und wolltest nicht lassen von ihm, bis man Dich wegriß, und seitdem sah ich Dich nicht wieder, doch Dein Gesicht blieb mir in das Herz geschnitten, und wuchs Dir nach mit den Jahren wie ein Namenszug in der Eichenrinde! – Laß Dich umfassen – Wehe, er hat ja die Brust nicht mehr!


Zu dem Römer.

Und Du, Schurk, lächelst?
DER RÖMER.
Mein Wunsch ist erfüllt. Ich sah den Todfeind weinen.
HANNIBAL.
Du sahst es. Turnu, begrabe Hasdrubals Haupt.
TURNU.
So, daß mich niemand bemerkt, der es wieder aufgraben und schänden könnte?
HANNIBAL.
Du errietest es.

Zu Brasidas.

Befiehl den Rückzug nach Kapua; wir haben hier keinen Halt weiter. – Die heitere Gegend wird mir zum Nebelmeer. – Doch der Marsch wird mich stärken.


Brasidas ab.

Karthago, die Du Dich priesest: »ich bin die Schönste unter allen, die da pran gen am Meer,« wenn nur dem Haupt meines Bruders nicht auch Deine Türme nachsinken, und Deine Purpurgewande nicht nach allen Winden zerflattern!


[118] Kapua.
Ein Zimmer im Schlosse des Despoten.
Der Despot und viele Sklaven. Letztere mit Einpacken von Gold und kostbarem Gerät beschäftigt.
DESPOT.
Etwas rascher, Freunde!
ERSTER SKLAV
beiseit zu den anderen.

Sind wir wieder Freunde wie neulich, auf zwei Tage, als er mit unsrer Hülfe die Herrschaft an sich riß?

DESPOT.

Die Karthager kommen zurück, und wir müssen uns retten, nicht nur wegen der drohenden Plünderung, sondern auch –

DIE SKLAVEN.
Uns?
DESPOT.
Was für grinzendes Fragen?
ZWEITER SKLAV.
Es ist alles eingepackt.
ERSTER SKLAV.
Bis auf das Kostbarste – Ihn da!
ALLE SKLAVEN
jauchzend.
Ha, den Tyrann in diese Kiste! Ja!
DESPOT.
Tolles Geknirsch – Was gibts?
ERSTER SKLAV.
Zerrissene Ketten!
DESPOT.
Freunde, ihr tut mir Unrecht – Ich ernährte euch –
ERSTER SKLAV.
Damit Du schwelgtest von unsren Händen!
DESPOT.
Ich war menschlich gegen euch –
ERSTER SKLAV.
Daß unsre Rücken es fühlten! – In die Kiste! Beliebts, gnädigster Herr?
DESPOT.
Erbarmen!

Die Sklaven werfen ihn in die Kiste und schlagen sie über ihm zu.
ERSTER SKLAV.

Versenkt den Hausherrn nun im tiefsten Keller seines Hauses – Er selbst wird kein besseres Denkmal in seinen Sterbestunden über sich wünschen als seinen eignen Palast.


Auf die Kiste klopfend.

Nicht wahr, Gebieter?
ZWEITER SKLAV.

Und rufen wir nun unsere Kameraden auf, öffnen dem Karthager die Tore, und dann Mord, Brand und Notzucht den feigen Kapuanern und ihren Weibern!


Vor Kapuas Nordtor.
HANNIBAL
mit seinem Heer.

Die Tore zu? Wollen die Sybariten Rom nachäffen und sich wehren? – Heda, die [119] Gefangenen mit Spaten an den Graben geführt, daß sie ihn ableiten, Sturmleitern bereit, vor Balearen, zur Bedeckung der Arbeiter!

DIE BALEARISCHEN SCHLEUDERER
springen vor.
Hussa!
HANNIBAL.

Haltet! Das Tor öffnet sich und die Zugbrücke sinkt. Beim alten Moloch, die Sklaven kommen und bringen ihre Herren!


Züge kapuanischer Sklaven mit ihren gefesselten Herren.
EIN SKLAV.

Großer Feldherr, nimm diese Tyrannen zu Deinen Sklaven, und, verschmähest Du uns nicht, uns zu Deinen Kriegern.

HANNIBAL.

Wärt ihr vor Jahren so gekommen, hätt ich Zeit gehabt, euch zu Kriegern zu bilden, jetzt, da mich die Abfahrt drängt –

BRASIDAS.
Die Abfahrt?
HANNIBAL.
So nennt mans –

Wieder zu den Sklaven.

– kann ich nur die Tüchtigsten unter euch auswählen. Eure kapuanischen Gefangenen nehm ich auch, soweit es meine Schiffsräume gestatten –

EIN VORNEHMER KAPUANER.
Alter Gastfreund!
HANNIBAL.
Kann ich nicht wohl geblieben sein, da Du ein junger Sklav wardst.
DER KAPUANER.
Die satanische, punische Silbenstecherei!
HANNIBAL
wieder zu den Sklaven.

– um sie in Afrika zu verkaufen. Den Rest behalten die, welche von euch zurückbleiben. – Jetzt führt mich zum öffentlichen Schatz, den ihr hoffentlich nicht berührt habt, denn er ist heilig –

SKLAVEN.
Und unverletzt!
EIN SKLAV.

Doch! Feldherr, strafe mich! Ich brach dieses Drachenköpfchen vom Fuß des Gegitters, – es schien mir, da es so viele Schätze bewahren half, ein herrlicher Fetisch, mich auch zu bewahren.

HANNIBAL.
So behalte Deinen Fetisch zum Lohn Deiner Aufrichtigkeit.

Wieder zu den Sklaven.

Und ist der übrige Schatz gerettet für Karthago, verteil ich Kapua unter euch und mein Heer zur beliebigen Plünderung.


Alle ab.
[120] Eine Höhe mit dichtem, dunklem Kastanienwald bei Kapua. Man hört aus der Nähe das Brausen des Meers
Hannibal windet sich zu Pferde rasch durch das Gebüsch, steigt an einem kleinen Grasfleck ab, und hängt die Zügel des Pferdes an einen niedrigen Baumast.
HANNIBAL.

Gaul, solltest Du verstehen, wie ein lang niedergedrückter Schmerz sich lüftet, so wiehere es nicht aus, oder ich schlage Dich nieder!


Er stürzt sich auf die Erde, und faßt sie mit beiden Händen.

Italia! Herrliche, um die ich siebzehn Jahr warb, die ich geschmückt mit eignem und mit Konsulblut, so muß ich Dich verlassen? Nichts bleibt mir von Dir, die ich mitreißen möchte übers Meer? Du, ganz anders als die finstre Karthago und ihr heißes, trübrotes Firmament, Du, prangend mit Helden, die nur vom Ruhm und Eisen, nichts vom Gold wissen, mit dem Glanz selbst, nicht durch Mietlinge errungener, zum Kapitol hinaufschimmernder Triumphe, nie erhabener als da ich Dich zu meinen Füßen wähnte, und Du Dich aufrichtetest zu dem Gewölbe Deines ewig blauenden Himmels! – Ha, diese Gräser entreiß ich Dir und berge sie an meinem Herzen; mein jahrelanges Mißgeschick entschuldige bei mir selbst einen Augenblick der Empfindung!

STIMMEN DER KOMMANDIERENDEN FLOTTENOFFIZIERE VOM MEERE HER, VON ALLEN SEITEN.

Strammer die Taue! Seewasser darauf! – Noch zwanzig Ruderer an die fünfte Bank hier! – Schnell, der Landwind wird frisch! – Dort naht das Heer schon zum Einschiffen! – Flöße, Barken, ans Ufer – Hier eine Schiffbrücke geschlagen – und da – Die Segel bereit – Nach Süd-Süd die Vorderdecke! – Ihr da, an die Anker! Zur Heimat gehts! – Wo bleibt der Feldherr?

HANNIBAL
ruft laut.
Hier von der Höhe hat er euer Treiben beobachtet und findet es gut! Er reitet zum Ufer.

[121] Am Gestade.
Die Flotte, gerüstet zum Absegeln.
Es werden noch immer Truppen eingeschifft.
Ein Soldat kommt mit zwei karthagischen Gesandten.
SOLDAT.
Hier wartet. Der Feldherr kommt gleich. Ihr habt ihn rufen hören.
ERSTER GESANDTER.
Behandelt man Mitglieder des Synedrion so?
ZWEITER.
Sind wir zwei verlorene Weizenkörner?
SOLDAT.
Weiß nicht, ich behandle euch, wie mir befohlen. – Da kommt er. Macht euren Bückling. Ab.
ERSTER.
Bückling? Wir, die wir ihn beaufsichtigen sollen?
HANNIBAL
erblickt sie, und sprengt zu ihnen.
Nicht bang, das Pferd ist fromm.
ERSTER.
Uns sendet Karthago –
HANNIBAL.

Mich nach Afrika zurückzurufen, die Vaterstadt unter ihren Mauern zu verteidigen, weil die Scipionen dort bald ankommen –

ZWEITER.
Du errätst es.
HANNIBAL.

Ich wußt es. Jene schwellenden Segel bezeugen es euch. Beschaut die Landschaft umher, ehrwürdige Väter. Sie ist schön, grün und fruchtbar. Sie wäre unser, hätten eure Genossen und ihr es gewollt. Erhaltet ihr nun auch keinen Tribut davon, so begnügt euch mit den Freuden der Natur, nur hütet euch vor den Dolchen der Römer, die keines Karthagers mehr schonen.

ERSTER.
Hier lassen wolltest Du uns?
HANNIBAL.

Gewiß, zum Andenken, aber euer Schiff nehm ich mit. Wärst Du (ich kenn euch, sah ich euch auch seit zwanzig Jahren nicht) nicht schlecht wie Dein Bruder Melkir, Du nicht erbärmlich wie Dein Vetter Hanno, ihr könntet hier Könige sein!

BEIDE.
Wir Unglücklichen!
HANNIBAL.

Das Gesindel hat noch den Mut, zum Himmel zu seufzen! Hörten die Götter seine Mißtöne, wie würden sie es niederdonnern!


Reitet zum Hauptschiff und besteigt es.
Die Flotte stößt vom Lande.
[122] Hinterverdeck des karthagischen Hauptschiffes.
Hannibal steht darauf und blickt nach Italien Brasidas neben ihm.
BRASIDAS.
Dieses Kapua hat eine herrliche Bucht.
HANNIBAL.
Die Schiffe riechen noch stark nach Pech und Teer.
BRASIDAS.
Die blauen Berge in der Ferne –
HANNIBAL
für sich.
Was spricht er von meinen zorngeschwollnen Adern?
BRASIDAS.

– man möchte tausend Augen haben, um sich satt zu sehen an ihnen, in diesen klaren Wellen, an jenen duftatmenden Tälern.

HANNIBAL.
Hätte man gar kein Auge gehabt, brauchte man das alles nicht zu vergessen.
BRASIDAS
halblaut.

Jene Rebengehänge, über ihnen das Traubengehäng der ewigen Sterne nach und nach aufquellend – Es ist, als ob –

HANNIBAL.
Es Abend würde. – Steuermann, das Steuer rechts – siehst Du nicht jenen Felsvorsprung?

Ein Zug Kraniche zieht hoch über die Flotte hinweg nach Süden.
MATROSEN.
Heil, Kraniche, Vorboten!
HANNIBAL
in sich.

Heil ihnen, ja, wenn es Lenz wird, kehren sie zurück zu den Horsten in Thule. Auch ich hatte mir im Norden einen Horst gemacht, aber


Wieder nach Italien blickend.

ich kehre nimmer! – Laut. Die Bucht endet – Piloten, nicht zu nah an der Küste gehalten, frisch ins Meer!

BRASIDAS.
Da schüttet die Küste uns noch einen Haufen falber Herbstblätter auf die Verdecke!
HANNIBAL.

Sie wird satirisch. – Sammelt die Blätter in Säcken, passende Kränze für die Hannos, oder doch, was ihnen vorteilhafter dünkt, Streu für ihr Vieh.


Turnu klimmt über den Schiffsrand.

– Brasidas, räume das Verdeck von allen, die nicht darauf beschäftigt sein müssen, laß zum Nachtessen läuten, und bring die Mannschaft zur Ruh.

BRASIDAS.
Und Du?
HANNIBAL.
Ich beobachte hier die Polhöhe.

[123] Brasidas ab. Turnu schwingt sich aufs Verdeck, und legt sich zu Hannibals Füßen. Beide sprechen leise.
TURNU.

Ich war auf allen Schiffen und bin durchgeprügelt, wie es der rechtschaffenste Köter nicht verlangen kann, und hätte er das beste Stück Fleisch gestohlen.

HANNIBAL.
Wie?
TURNU.

Ich fing an, auf Dich zu schelten, sagte, jedermann wüßte, daß ich Dein treuester, fleißigster Diener sei, und doch erhielt ich kaum einige Bissen von Deiner Tafel, und die immer gepfeffert mit Schimpfworten, Schlägen, Ohrfeigen, Maulschellen.

HANNIBAL.
Sie erwiderten?
TURNU.

»Schurk, behandelt er Dich so, so verdienst Du es – er hat noch niemand unrecht getan« und als ich zu bemerken begann, daß wir doch eigentlich Karthago dienten, Du uns aber immer bloß nach Deinem Sinn geführt –

HANNIBAL.
Nun?
TURNU.

»Karthago! « war die Antwort, alle durcheinander: »ich habe das Loch noch nicht gesehn« »ich kenns, es ist ein Schandnest« »der brave, große Feldherr, es hat ihn betrogen« »der Feldherr hat mir Brot und Gold gegeben, dort ward ich mit Ketten gescheuert« »wir sollten Spitzbuben sein, und es stahl uns von Kannäs Ringen!«

HANNIBAL.

Ha, Synedrion, hast Du Dir selbst mit Deinen Mietlingen das Rutenbündel gebunden, mit dem ich Dich peitsche?

TURNU.

Und wollt ich dann fortfahren, so fiel ein Hagel Faustschläge auf mich, daß, wär ich ein bewußtloses Reisfeld gewesen, auch nicht ein Körnchen von mir davongekommen wäre, aber mir machten sie Freude, denn sie geschahen aus Liebe zu Dir, und – nimm mirs nicht übel – ich habe Dich lieb – ja, wie drück ichs aus?

HANNIBAL.
Bemühe Dich nicht. Bist selbst Ausdruck genug.
TURNU.

So sprach, so litt und ergötzt ich mich auf jedem Schiffe, denn wards auf dem einen zu arg, sprang ich in See und schwamm zu einem andern, und wieder die nämliche Unterhaltung und die nämlichen Prügel.

HANNIBAL.

Nimm diesen Schlüssel zu meiner Kajüte, iß dort und bekleide Dich mit trockner Wäsche. Ich komme bald nach.

[124]

4. Gisgon

IV.

Gisgon

Karthago. Nachmittag.
Gemach in Melkirs Palast.
Melkir, Hanno und Gisgon.

MELKIR.

Der Tag ist schwül. Setzen wir uns und laben uns am kühlen Wein, und dann – Er stößt mit Gisgon und Hanno an, diese tun als nippten sie von dem Wein, setzen aber die Becher unberührt beiseit. Melkir in sich. Die Niederträchtigen! sie merken gar das Gift!

GISGON.

– Hannibal kann heut noch ankommen. So sehr wir seiner gegen die nahenden Scipionen bedürfen, so gefährlich ists, ihn mit seinem Heere in die Stadt zu lassen.

MELKIR.

Er kommt auch nicht damit herein. 's ist gesorgt: er soll draußen einige Stunden ruhen, und gleich darauf den Römern entgegen.

HANNO.

Diesem ist so, Gisgon. Er legt einen großen Brief auf den Tisch. Dieses Schreiben des Synedrions verfügts, und der Lotse steht bereit, der es ihm überbringt, sobald man seine Wimpel gewahrt. Du zweifelst? Mit Gewicht. Ja, ja, der Lotse steht bereit!

GISGON.
Und befolgt Hannibal die Befehle nicht?
HANNO.
Wie dürft er es wagen? Wie könnt er sich rechtfertigen?
GISGON.

Das kann er kurzweg. Er sagt, ich habe die Befehle nicht gelesen, und bricht durch den Hafen in die Stadt.

MELKIR.

Geht nicht. Äußerer und innerer Hafen wehren es ihm mit Ketten, und mit Toren von Erz, deren sich die Pforten der Hölle nicht zu schämen brauchten.

EIN VERTRAUTER DIENER MELKIRS
tritt ein.
Unsere italische Kriegsflotte naht mit vollem Winde.
[125]
MELKIR.
Deinen Brief, Hanno. Zum Diener. Ihn sogleich an den bewußten Lotsen geschickt.

Der Diener ab.

Kommt an dieses Gitterfenster – Wir übersehen von hier das Meer, und laßt uns beobachten, ob alles nach unsren Befehlen geschieht.

GISGON.

Die Flotte sieht zwar recht lumpig, aber auch verdammt ernsthaft aus, ihre Segel sind geflickt, ihre Vorderteile von der Zeit geschwärzt und voller Spalten, aber alles das nicht wie ein gebeugtes, sondern wie ein durchgrämtes, wütendes Gesicht.

HANNO.
Der Lotse fährt zum Admiralschiff – er steigt hinauf mit dem Brief –
GISGON.

Ich bin begierig, ob – Moloch, die ganze Flotte zieht die Flaggen auf, Karthagos Befehle zu begrüßen – Verzeihung, Melkir und Hanno, ihr kanntet Sachen und Menschen besser als ich.

HANNO.
Da steigt der Lotse wieder mit einem Hauptmann ins Boot und fährt hieher.
MELKIR.
Diener!

Der Diener kommt.

Eile jenem Hauptmann entgegen und führ ihn hier ein.

Der Diener ab.
GISGON.

Lieber Hannibal, bist doch nur ein Haudegen, und jetzt begreif ich, wie Du überall siegen, und doch weder Rom noch Karthago bewältigen konntest.

DER HAUPTMANN HANNIBALS
tritt ein.
Wer unter euch der edle Melkir?
MELKIR.
Melkir bin ich.
HAUPTMANN.

Mein Feldherr entbietet mich zu Dir: er weiß, wie sehr er alle Hülfe vorzüglich Deiner, auch Hannos des Großen, und Gisgons Bemühung –

MELKIR.
Auch die beiden siehst Du hier.
HAUPTMANN.

Auch ihnen Gruß! – Ferner weiß er, wieviel ihr bei dem erhabenen Synedrion geltet, und bittet euch, da er in den langen Feldzügen ungewohnt geworden, in einer so hohen Versammlung zu reden, seine Vermittler zu sein, und ihm die nötigen Befehle auszuwirken, nach welchen er gegen das heranrückende Römerheer zu verfahren, und wo er jetzt zu landen hat, ob im äußeren oder inneren Hafen, oder an welcher anderen Stelle?

[126]
MELKIR.

Unseren Gruß ihm wieder. In den beiden Häfen soll er nicht landen, sondern den Scipionen entgegen, auf der Ebene am Westende der Stadt.

HAUPTMANN.

Das war seine unmaßgebliche Meinung auch. – Ein Teil unsrer Mannschaft ist seekrank – er wünscht einige Verstärkung, wenn sie möglich.

MELKIR.
Er soll die Seesoldaten unserer beiden Häfen erhalten. Hier die Vollmacht.

Der Hauptmann ab.
HANNO.
Die Häfen so zu entblößen?
GISGON.
Hannibals oder unsere Dummheit ist so groß, daß mir ihretwegen titanisch zu Mut wird.
MELKIR.

Du bist jung, Gisgon, höchstens sechsunddreißig Jahr, da kann uns der eitle Kriegsglanz noch blenden, und glauben machen, daß ein brauchbarer Feldherr, wie Hannibal, nicht außer seinem gewohnten Kreise ein beschränkter Kopf sein könne.

GISGON
durch das Gitterfenster blickend.
Seine Flotte rührt sich!
MELKIR.
Nach Westen, genau wie wir vorgeschrieben.
HANNO.
Wendet sie sich jetzt nicht ein wenig östlich?
MELKIR.
Um den Ostwind zu gewinnen. Sie geht schon wieder nach West.
GISGON.
Und nun wieder nach Ost – alle Blitze und ihre Zickzacke!
MELKIR.
Sie laviert.
GISGON.

Erhebt euch, Götter der Unterwelt, und reißt diese Lavierer in eure Tiefen! – Ha, schaut, es wendet sich, gradaus, nach Osten, auf die Häfen stürmts, die Ketten springen vor dem Anstoß, die schlechtverwahrten Eisentore rauschen auf – In der Stadt ist er und wir sind alle an der Nase geführt!

HANNO.

Und da schwingt sich der Hauptmann aus einem Boot ans Land, den bloßen Säbel in der Faust, eine Kuppel bewaffneter Neger hinter ihm – seine eben noch schmeichelnden Mienen flammenrotes Gewölk!

MELKIR.
Man kann sich irren, der Weise muß aber auch darauf gefaßt sein. Und

Höhnisch.

hättet ihr meinen Wein getrunken, ließ euch Hannibal nicht kreuzigen. Ich indessen bin gerettet! Er versinkt.

[127]
HANNO.
Der – dieser –
GISGON.

Folg mir – Hier ist eine versteckte Wandtür, die ich ihm längst ablauschte. Wir entwischen bequemer als er!


Sie entfliehen durch eine Wandtür, die sich hinter ihnen schließt.
DER HAUPTMANN HANNIBALS
mit Kriegern.

Da sitzt der dreiköpfige Höllenhund! – Was? weg? – Das ganze Haus zu Brei, daß er und jede Maus darin ersticke!


Der große Marktplatz in Karthago.
MARKTJUNGE.
Fische! neue! Hannibals!
VOLK.
Zeig!
MARKTJUNGE.
So heißen sie, denn nie speist Hannibal andere! Das Stück dreißig Drachmen!
EIN MANN.
's ist teuer, doch meine Frau murrte mich krank, brächt ich ihr nicht einen mit.
EIN ANDERER.
Sie hielten mich für einen Anhänger des zerstäubten Synedrions, kauft ich nicht ein paar.
MARKTWEIB.

Der Junge sticht jetzt seine Mutter selig aus. Vorhin schrie er nur wie sie, doch jetzt lügt er, daß mir vor Ärger und Verwunderung das Herz wackelt.


Ein Herold kommt, eine starke Truppenmasse hinter ihm.
HEROLD
laut.
Hört!

Der Markt wird still.
MARKTWEIB
für sich.
Wieder ein Ausrufer, nur anderer Art.
HEROLD.

Unser erhabener Feldherr Hannibal, tief empört über die Niederträchtigkeit des Synedrions und der Dreimänner, welche die Stadt an den Untergang gerissen, und die nicht wagten, vor ihm zu erscheinen, als er mit bescheidener Frage vor die leeren Throne der Suffeten trat –

EIN KARTHAGER
leise zu einem andern.
Und noch dazu mit dreißigtausend Mann, die nach gar nichts fragten!
HEROLD.

– hat, da die römischen Legionen herandräuen, solang die Gefahr währt, diese auf sich genommen, und das Regiment allein ergriffen. Jeden Bürger, der sich berufen fühlt, ladet er ein, das Vaterland zu verteidigen, zwingen will er niemand dazu –

VIELE
atmen auf.
Ah!
[128]
HEROLD.

– Schiffahrt und Handel nach allen Teilen der Welt gibt er frei, nur die Ausländer zahlen von ihren gebrachten Waren Zoll. Er begehrt bloß gute Verpflegung seiner Krieger, während der kurzen Zeit, welche sie hier verweilen. Und jeder Freie, der ein Mitglied des Synedrions vor ihn bringt, sei es tot oder lebendig, erhält zwölftausend Drachmen, jeder Sklav dieselbe Summe, wovon er aber viertausend Drachmen seinem Herrn abzuliefern hat!

DIE MENGE.
Ha, er ist Karthagos echter Sohn! Hoch Hannibal und sein erhabener Stamm!

Halle im Palast des alten Barkas
Barkas und Alitta.
BARKAS.

Teuerste Urenkelin, Du kommst in diesen bewegten Tagen, und er, der meinem Herzen noch näher sein sollte, kommt nicht, vergißt mich in seinem Glück!

ALITTA.

Nein, Greis. So denk ich ihn mir nicht. Er will gewiß erst so freudiger vor Dich treten, wenn er alles beendigt hat.

BARKAS.
Du sprichst wie ein empfindendes Weib. Er ist ein gefühlloser Krieger.
ALITTA.

Nimmermehr bloß der! Hohe Taten, wie die seinigen, wurzeln tiefer, als unter der Stirn, wo sie sich nur entfalten. Wahrlich, das fühl ich im kleinen in meinem eignen Busen.

BARKAS.
Sahst Du ihn je?
ALITTA.

Großoheim, ich war ja noch lange nicht geboren, als er abreiste, doch erzählen ließ ich mir von ihm, seit ich denken konnte.

BARKAS.
Er war ein eigensinniger Knabe.
ALITTA.
Vielleicht nur eigen!

Hannibal und Brasidas erscheinen im Hintergrunde.
BARKAS.
Warum kommt er aber nicht?
HANNIBAL
mit Brasidas vortretend.
Er kniet zu Deinen Füßen!
BARKAS.
Auf, auf! – Du, vor dem die Hunderttausende fielen, willst knien? Auf – es erschreckt mich!

Hannibal erhebt sich.

– – Enkel! Deine Stirn ein sturmerstarrtes Meer!
[129]
HANNIBAL.
Es stürmte lange drüber hin, bis endlich der Frost kam und die Wellen stehn blieben.
ALITTA.
Das die Hände, die von Kannäs Höhen zum Siege winkten? Ich zittre vor Schauder und Wonne!
BARKAS.
Dein Haar schon weißlich –
HANNIBAL.
Es geht meinem Kopf wie dem Eisen, – glüht man es zu arg, wirds weiß. Zu Brasidas. Ist die es?
BRASIDAS.
Alitta, kennst Du mich nicht?
ALITTA.
Brasidas! – – Und er hat doch tapfer gefochten?
HANNIBAL.
Ich bezeug es Dir.
ALITTA.
So lieb ich ihn tausendmal mehr!
BARKAS.
Senken wir die Häupter: die Posaunen der Priester rufen zum Gebet.
HANNIBAL.
Es sind Opferpriester, Ahn, doch freiwillig wollen wir ihnen die Nacken nicht reichen.
BRASIDAS.
Nicht Opferpriester – die kennen nur Gesang, nicht Posaunen.
HANNIBAL.

– – – Großvater, die Scipionen kommen vor der Stadt an, und was wir hören, ist der langgedehnte, zum Aufwerfen der Nachtlager rufende Klang der römischen Tuba!

ALITTA.

Der Feind vor den Mauern! Hannibal, Held, rette! Brasidas, hilf ihm! – Wie's da wieder schallt! wie sie mit ihren nordischen schaurigen Tönen hoch über die Mauern in die Stadt fassen! Rettet!

HANNIBAL.

Versuchen will ichs! – Europa und Afrika stehen auf dem Spiel – Meine Würfel liegen aber schlecht, ich habe nur dreißigtausend schnell zusammengeraffte Söldner gegen eine vier- bis fünffache Übermacht auszuspielen, die da fühlt, daß sie um die Ehren eines Vaterlandes kämpft. Doch versuchen muß ichs, und zusehn will ich, ob ich das Glücks nicht verbeßre, und sei's mit der Zunge.

BARKAS.
O könnt ich mit euch!
ALITTA.
Dürft ich mit euch! – Aber, es falle wie es will, ich weiß – !
HANNIBAL UND BRASIDAS.
Lebt wohl! Beide ab.

In der Nähe des Städtchens Zama.
Vormittag. Römisches Lager.
Vor dem Zelt der Scipionen.
Das Heer und die Hülfstruppen in Schlachtordnung.
[130] Scipio der Ältere, Scipio der Jüngere, Allochlin, Massinissa, Terenz und der Keltiberier.
SCIPIO DER JÜNGERE.

Massinissa! mit Deinen lybischen Reitern stellst Du Dich denen Deines Gegenkönigs, des Halbkarthagers Syphax gegenüber – Allochlin, scharmützle nach jenen Dörfern. Der Feind sammelt sich hinter ihnen.

ALLOCHLIN.

Herr, gönnt meinen Leuten erst eine Stunde Ruhe. Sie waren wieder drei Tage und drei Nächte in Dienst. Drei Vierteile meines Heeres sind während Deines Feldzugs darauf gegangen – Die armen Männer tun mir leid – Ich habe meine Braut sehr teuer erkauft!

SCIPIO DER ÄLTERE.
Schmeckt sie Dir nicht mehr wie anfangs?
SCIPIO DER JÜNGERE.

Kauf ist Kauf, Barbar. Hinterdrein daran mäkeln, zeigt keinen rechtlichen Mann. Befolge, was ich befohlen, und ihr zehn Zenturionen da, schließt euch an seine Seite, und tötet ihn, sobald er uns untreu wird. Sein weinerliches Gewäsch läßt mich das Niederträchtigste fürchten.

ALLOCHLIN.
O! Mit den Zenturionen ab.
TERENZ
für sich.
Bekommt er es nun, wie ichs prophezeite?
EIN VELIT
kommt.
Karthagische Friedensboten bei den Vorposten.
SCIPIO DER ÄLTERE.
Schickt sie zurück.
SCIPIO DER JÜNGERE.
Laß mich sie hören. Es gibt Zeit, daß Du das Heer unterdes ganz so ordnest, wie wir übereingekommen.
SCIPIO DER ÄLTERE.

So dehne das Gespräch hin wie einen Bandwurm, der immer vorn wieder anwächst, wenn man ihn hinten abschneidet, bis ich zurückkomme und wir ihn und die punischen Patienten mit dem Schwert zum Tode kurieren. Ab.

SCIPIO DER JÜNGERE.
Die Abgeordneten sollen kommen.

Der Velit ab.

Sohn Ullos, was starrst Du?
TERENZ
für sich.

Mit dem Barbaren spricht und scherzt er – Der ward seinem Gaumen angenehmer, als die früheren attischen Unterhaltungen.

KELTIBERIER.

Herr, ich sah manche mächtige gefleckte Kröte, gelb mit schwarzen Buckeln, doch so eine meilenweite, wie jene Stadt, zuerst gestern Abend. Und was für schwarze [131] Riesen ragen über all die Dächer und Türme noch hinaus, ihre Hände gen Himmel streckend, dampfend, als böten sie Brandopfer dar?

SCIPIO DER JÜNGERE.

Es sind die ehernen Bilder der Götter, und wenn Gefahr droht, legen die Karthager in deren glühende Hände ihre Kinder zum Opfer, Errettung flehend.

KELTIBERIER.

Ei – höchst vernünftig kommt mir das vor, jemehr ich darüber nachdenke. Sie werden der kleinen, oft unvorsichtig erzeugten Mitesser los, werden gerettet, und tun dazu den Göttern einen Gefallen! Ich werd es in Keltiberien zur Nachahmung empfehlen.


Die beiden karthagischen Abgeordneten kommen.
ERSTER.

Uns sendet Hannibal. Er wünscht den bevorstehenden Kampf durch Vergleich abzuwenden, und Dich dort auf freiem Felde mitten zwischen beiden Heeren zu sprechen.

SCIPIO DER JÜNGERE.
Und wo hat er seinen Hinterhalt gelegt?
ERSTER.

Er wählte ja, um jeden Verdacht zu vermeiden, das freie Feld. Auch will er Dir nur zu Fuß, bloß von zwei Hauptleuten eben so begleitet, entgegenkommen, und ersucht Dich ein Gleiches zu tun.

SCIPIO DER JÜNGERE
für sich.
Ich möcht ihn wohl sehen. Auch gewinnt mein Bruder Zeit.

Zu den Abgeordneten.

Ich komme, gleich.

Die Abgeordneten ab, von welchen der zweite immer nur genickt hat, wenn der erste gesprochen.
Die Ebene zwischen beiden Heeren.
HANNIBAL
mit zwei Hauptleuten.
Er kommt also – – Das währt lange. – Nun, muß ich auch noch das Warten lernen? – Ha!

Scipio der Jüngere tritt auf mit zwei Hauptleuten; Hannibal winkt die seinigen in einige Entfernung zurück, Scipio die seinen ebenso. Beide Feldherrn treten einander gegenüber und sehen sich lange stumm an.
HANNIBAL.
– – Scipio, ich muß wohl der erste sein, welcher in dieser Stunde redet, denn ich bin der ältere.
[132]
SCIPIO DER JÜNGERE.
Du bist es.
HANNIBAL.

Wozu längerer Kampf zwischen Rom und Karthago? Haben die endlosen Kriege nicht beiden einsehen lernen, daß sie am glücklichsten sind, wenn Rom sich auf Italien, Karthago sich auf Afrika beschränkt?

SCIPIO DER JÜNGERE.
Dachtest Du so, als Du Spanien erobertest und die Alpen überschrittest?
HANNIBAL.

Nein. Aber grade meine Feldzüge lehrten mich seitdem, daß wir so denken sollten. – Du, jugendlicher Feldherr, stehst auf der Höhe Deines Ruhms, alles was Du bisher unternahmst, ist Dir geglückt – Doch bedenke, wie leicht wechselt die launische Fortuna, wie schnell kann sich alles wenden in diesen zentnerschweren Augenblicken, die über unsre Häupter heraufziehn! – Siehe mich: den Hannibal, der Dein Land mit euren Niederlagen füllte, jetzt –

SCIPIO DER JÜNGERE.
Sehr ungelegen erinnerst Du mich daran, denn ich stehe hier, sie zu vergelten.
HANNIBAL.

– Der Weise wählt das beste Gut und das geringste Übel, muß er einmal unter beiden wählen. Siegst Du heut, macht es Dich glücklicher? Du hast Lorbeers genug. Verlierst Du heut, ist all Dein erworbener Ruhm dahin.

SCIPIO DER JÜNGERE.
Was bietet Karthago?
HANNIBAL.

Alle Besitzungen außer Afrika, volle Genugtuung den Fürsten der Numidier, die mit euch verbunden sind.

SCIPIO DER JÜNGERE.
Und nicht sich selbst und Dich unserer Gnade?
HANNIBAL.
Römischer Gnade! – Nein, eher wollen wir es mit eurer Ungnade zum letzten Mal versuchen!
SCIPIO DER JÜNGERE
wendet sich zum Abgehn, kalt.

Dann erwarte mit Deinen dünnen Haufen das Schicksal der Schlacht. Du, hättest Du mein überlegnes Heer, handeltest nicht anders, ständest Du an meiner Stelle.


Mit seinen beiden Hauptleuten ab.
HANNIBAL.
Es erwarten? Nein, ich ruf es, es war mir oft eine helfende Göttin!

Gegen sein Heer.

Schlacht!

Ab. Die Schlacht beginnt.
[133] Warte über einem Haupttor Karthagos
Der Pförtner mit seinem Knaben.
PFÖRTNER.

Kind, sieh genau hin, denn heue erblickst Du etwas, wovon Du nach hundert Jahren erzählen kannst, und zum Glück ists helles Wetter.

KNABE.
O die lustige Musik! Die blanken Harnische!
PFÖRTNER.
Siehst Du die beiden Staubwolken?
KNABE.
Die da links den Himmel verdunkeln und durcheinanderwirbeln?
PFÖRTNER.

Das ist die numidische Reiterei im Gefecht mit der römischen. Den Göttern Dank, die unsrige dringt vor!

KNABE.
Was wimmelt und windet sich hinter ihr am Boden, als wollts aufstehen und fort, und könnte nicht?
PFÖRTNER.
Verwundete und Sterbende, mein Sohn.
KNABE.
Hilft ihnen keiner?
PFÖRTNER.
Nachher. Im Drange der Schlacht ists zeitstörend und gefährlich, sagt unser Nachbar, der Bader.
KNABE.

In der Mitte der Scharen, Vater – hu, was sträuben sich da die Lanzen empor, fast wie Großmutters Haare, wenn sie keift!

PFÖRTNER
schlägt ihm hinter die Ohren.
Bengel, schimpf nicht auf Großmutter!
KNABE
weint.
Darf ich nicht sagen, was ich sah?Will fort.
PFÖRTNER.
Junge, Du bleibst.
KNABE.
Meine Schulstunde – Ich komme zu spät.
PFÖRTNER.
Werde Dich entschuldigen. – Schau, die beiden Mitteltreffen geraten aneinander!
KNABE.
Der Feind zieht aber seine Schwerter und rollt sich zusammen, wie neulich der Stacheligel.
PFÖRTNER.
Es hilft ihm nichts, unsre Lanzen sind länger.
KNABE.
Der Feind schlägt sie doch beiseit – Weh, da sitzen und würgen sie sich an den Kehlen!
PFÖRTNER.

Teufel – und es wird dabei so schauderhaft still, und man siehts so deutlich! Brausten doch alle Donner los, wirbelten und dampften alle Wüsten auf, dies leise Gewürg und Gemetzel zu übertäuben, zu verhüllen! – Ha, da kommt der edle Brasidas mit Reiterei zu Hülfe!

KNABE.

Und da stößt ihm ein Römer den Dolch unter die Rippen, daß ihm das Blut auf die Erde prasselt, und er vom Pferde stürzt! Hu!

[134]
PFÖRTNER.
Wie sie sich um den Leichnam streiten! Er macht hundert andere!
KNABE.
Ich kanns nicht mehr ansehn! Wär ich auch tot!
PFÖRTNER.
Was fällt Dir ein, Bube?
KNABE
schreit.
Die Römer brechen durch!
PFÖRTNER.

Ruhig – Hannibal lockt sie in eine Falle – Ha! siehst Du? Da ist er, unerwartet aus dem Versteck, frisches Fußvolk, frische Reiterei hinter ihm – Moloch, wie wirds Platz, wohin er kommt! – Da hat er die Leiche des Brasidas, empor reißt er sie mit gewaltiger Hand, zeigt sie racherufend dem Heer –

KNABE.
's klingt ohrzerschmetternd!
PFÖRTNER.

– und wirft sie auf das Pferd! – Hölle, nun erst gehts los – Die Funken stäuben von den Panzern, meine Augen beben!

KNABE.
Vater, Vater! Er hat zu wenig Leute! Der Feind umschwemmt ihn!
PFÖRTNER.

Pah! was das? Sieh, er schwimmt allerwärts durch, patscht gut hinein, wo er ist, spritzt doch das Blut himmelhoch! Der Knabe hält sich die Augen zu. Die Hände von den Augen – Karthago siegt!

KNABE.

– – Was für eine Eisenmasse kommt aber da aus der Ferne? Kalt, blinkernd, still und doch vordrängend – So ists, wie unser Lehrer sagt, bei Thule mit den Eisblöcken!

PFÖRTNER.

Aff, das ist die letzte römische Macht, – Hannibal sprengt schon selbst darauf zu, wetzt den Degen daran, und haut das Eis zu Stücken.

KNABE.
Das tut er, aber es gefriert und schließt sich immer wieder – die Unsren werden matt –
PFÖRTNER.
Er zerbrichts mit seinen wenigen – schau, die Lücke!
KNABE.
Ja, und da kommt er bluttriefend mit einem Schock Mann nur aus ihr zurück!
PFÖRTNER.
'ne Teufelsgeschichte!
KNABE.

Wie winkt er mit dem Arm den Unzähligen, die nahe vor uns stehen, so schön in Silber gewaffnet, ihm zu helfen? Sie rühren sich nicht.

PFÖRTNER.

Müßten auch Narren sein, ihre teuren Rüstungen und ihr kostbares Leben einzusetzen. Genug, daß sie dastehn und dem Feinde Achtung einflößen. Sprich vorsichtiger [135] von ihnen, Junge. Es sind die Söhne unsrer angesehensten Familien, und von ihnen hängt es einst ab, ob Du mein Nachfolger werden sollst oder nicht – Die Unsterblichen sinds!

KNABE.
Weil sie, wie jetzt, weglaufen, ehe man sie totschlägt?
PFÖRTNER.

Halt den Schnabel von Dingen, die Du nicht verstehst. Er blickt in die Stadt. Melkir, Hanno, Gisgon, die Geächteten, jeder mit wildem, großem Pöbelgefolg, und wie es hieß, unlängst unter sich in Zwiespalt, jetzt so scheints, noch einmal Eine Seele! – Was nicht eine verlorene Schlacht tut!

KNABE.
Muter sagt, wo ein Aas, da –
PFÖRTNER.
Schurk, schweig!
MELKIR.

Hanno, Gisgon, besetzt jene Mauern!Indem er zum Pförtner steigt. Ich besetze diese! – Verliert der Windbeutel?

PFÖRTNER.
Du meinst – ?
MELKIR.

Hannibal, den Schuft, von dem ihr Schufte alles hofftet, und der nichts leistete. – Ha, er ist geschlagen, alles fliehe, die Unsterblichen voran – Denen öffne die Tore, jedem andren Flüchtling schlag sie vor der Nase zu.

PFÖRTNER.
Dem Feldherrn auch?
MELKIR.
Ja, und mit einem kräftigen Ruck!
PFÖRTNER.
Komm, Junge. Mit seinem Sohn ab.
MELKIR.

Mein altes Herz, bebe vor Freude, daß du zu so hohen Jahren kamst! Die Römer konnten mir keinen größeren Gefallen erzeigen, als mit ihrem Sieg! Hannibals Name ist dahin, er selbst wird von der Stadt ausgeschlossen, und belagern sie uns, so verderben sie sich an unseren dreifachen Kyklopenmauern mehr, als er an Roms niedrigem Gemörtel. Eh, da ist er!


Hannibal sprengt mitten durch die Unsterblichen, die scheu vor ihm ausweichen, und vor denen er im Vorübersausen ausspeit, mit einem kleinen Reiterhaufen auf Karthago zu; wie er Hanno, Gisgon und Melkir mit ihren Leuten auf den Mauerzinnen erblickt, reckt er die Hand gen Himmel, und jagt dann abwärts, pfeilschnell zur Küste.

Er flieht! – – So etwas tut einem Greise wohl! – Daß aber großes Glück immer größere Sorgen mitbringt: der Maulaffe Gisgon und der Blasebalg Hanno müssen endlich unbedingt fort. Hanno erbte mit seiner Familie ein Rudel [136] Anhänger, und Gisgon sammelt sich fleißig neue – Der alte Melkir aber überlistet euch beide, und wird Karthagos einziger Herr, oder er mußte nicht Melkir sein!


In Karthago.
Platz vor der riesigen erzenen Bildsäule des Moloch.
Ihre Hände glühen rot und dampfen.
Mütter mit ihren Kindern auf den Armen knien ringsum mit aufgelöstem, zur Erde wallenden Haar. Priester gehen kalt zwischen ihnen und der Bildsäule auf und ab und nehmen ihnen nach der Reihe die Kinder, um sie zu opfern.
Vieles Volk.
EIN WEIB
blickt ihrem Kinde ins Gesicht.

Mein Knabe – er lächelt und winkt nach den flammenden, nach ihm ausgestreckten Fäusten! – Kind, wie wehe mir, als ich Dich gebar, und noch endlos weher, da man Dich mir entreißt – Dein dunkles freundliches Auge bald Rauch! – Ha, da nehmen die Priester der Nachbarin ihr Mädchen, nun kommt die Reihe an mich! Hu!

EIN PRIESTER.
Den Knaben.
DAS WEIB.
Nehmt, verbrennt mich, und laßt ihn leben! Er ist noch so jung, so schuldlos!
DER PRIESTER.
Moloch will eben schuldloses Blut.
EIN ZWEITER PRIESTER
tritt hinzu, und nimmt dem Weibe das Kind.

Zum andern Priester. Was zankst Du lange mit dem Weib? Der Gott muß Opfer haben, der Staat ist in Gefahr!

DAS WEIB.

Ich auch! Sie drückt die Hände erst an die Brust, dann an die Stirn. Meer, erlösche die beiden Funken!


Stürzt ab.
Melkir, Gisgon und Hanno kommen mit ihren Begleitern.
MELKIR.
Schön, Karthager, daß ihr so feierlich der Götter gedenkt!

Die Mütter schaudern.

Aber auch nie noch drohte uns größere Gefahr, noch nie verlangte sie größere Opfer. Wir dürfen die größten nicht scheuen, bräche uns auch darob das Herz, denn der Feind droht mit Sturmangriff, und nur Moloch kann uns retten!

[137]
GISGON
für sich.

Mir wird zu Mut, als röch ich bei seinem Gerede Speck in einer Mausefalle, und ich sollte eine der Mäuse sein.


Laut zu Melkir.

Erfahrener, weisester, edelster Mann –
MELKIR.
Laß das –
GISGON.

Es wird schwer halten, just die edelsten Bürger auszufinden, welche sich dem Flammentode für das Vaterland weihen – es sind ihrer zuviel.

MELKIR.
Nicht doch – Die beiden besten seh ich vor mir: Du und Hanno.
VOLK.
Wahr! Hoch Melkir! Hanno, Gisgon kommt! Zum Moloch!
HANNO.
Melkir, dieses hätt ich nicht von Dir, Freund –
MELKIR.
Die Not löst auch Freundesband.
HANNO.
Muß es denn sein? O, so laß mich doch erst erdrosseln, und nicht lebendig verbrennen!
MELKIR.
Der Gott nimmt nur Lebendige, nicht Leichen.
GISGON.
Melkir, Erhabener! wie bescheiden Du bist, bescheiden wie jede Größe!
HANNO.
Die Sterbenden rasen wirklich! Er lobt unsren Mörder!
GISGON.

Du, der älteste der Dreimänner, geschmückt mit den verdientesten Ehren, Du, der für ganz Karthago gelten kann –

MELKIR.
Danke! hör auf!
GISGON.
– hast Dich heute selbst übersehen –
HANNO
atmet auf.
Aha! der göttliche Junge!
GISGON.

Karthagos Volk ernannte Dich, die Größten zum Opfer zu wählen, und Du dachtest kaum, daß der Wähler noch weit größer sein muß, als alle seine Erwählten – Drum


Er faßt ihn an der Schulter und schüttelt ihn.

juble, kehr Dich um vor Freuden, dreimal, so, denn dort oben verbrennst Du zu unserer Rettung!
VOLK.
Gisgon! Weisester der Männer!
GISGON.

Und hier treten meine Bewaffneten vor – Hanno, laß Deine auch vortreten – Jedem das Schwert in die Kehle, der sich gegen uns sträubt!

MELKIR.
Schlange – !

Er wird fortgeführt.
[138]
EIN KRIEGER
kommt mit einem römischen Gesandten.
Ein Bote vom Feinde.
DER GESANDTE.
Ich bringe billige Friedensvorschläge.
GISGON.
Hm, gehts mit Karthagos Mauern so leicht nicht?
GESANDTER.
Rom wünscht nicht, daß eine würdige Nebenbuhlerin, wie eure Stadt, untergehe.
GISGON.
Die edle Feindin – Was begehrt sie?
GESANDTER.
Ihr verzichtet auf alle Länder, außer Afrika –
GISGON.
Wir tuns.
GESANDTER.

Dann liefert ihr uns eure Waffen, eure Kriegsschiffe aus, diese bis auf zwanzig, welche ihr immer in Stand erhalten und ersetzen mögt, aber nie vermehren sollt.

GISGON.
Das sei.
HANNO.
Wie?
GISGON
leise.

Das alles läßt sich wieder herstellen. Schicke Leute ab, welche an den abzuliefernden Schiffen möglichst verderben.

HANNO.
Wohl. Er geht ab.
GESANDTER.

Ferner helft ihr dem Massinissa sich in Besitz des Landes eures Bundesgenossen Syphax setzen, und besoldet dazu zehntausend Mietvölker.

GISGON.
Die Bedingung ist hart – Doch auch sie werde erfüllt.
GESANDTER.
Endlich zwanzigtausend Talente zu Roms Entschädigung –
VOLK.
Zwanzigtausend Talente!
GISGON.
Ruhig, Volk! Lerne das Vermögen edler Karthager kennen und ihre Selbstverleugnung – Ich zahle sie!
VOLK.
Gisgon, Größester! Allerreichster!
GISGON
zum Gesandten.
Und fordert ihr nicht Weiteres?
GESANDTER.
Nein.
GISGON.
So komm mit mir, und sei mein Gast.

Saal in Gisgons Hause.
EIN SKLAV
hereineilend.
Hausmeister, Mitsklaven, Sklavinnen!

Der Hausmeister kommt.

Der Herr naht mit dem römischen Gesandten zum Mittagsessen!
[139]
HAUSMEISTER.

Ambra angezündet! Die perlenschwellenden Pokale aus Ophir, die goldenen Becher der Atlantis herbei! Diese elenden Tische von Zederholz fort, die alabasternen, mit Diamanten geränderten her!


Die Sklaven bringen und ordnen alles, wie er befiehlt.
GISGON
mit dem römischen Gesandten eintretend.
Gefällts Dir bei mir?
GESANDTER.
Zu prächtig für den Bürger einer besiegten Stadt.
GISGON.
Ich dachte, Dich zu erfreuen. Beide setzen sich zum Speisen.
HANNO
kommt.

Gisgon, ich lade mich ein zu Deinem Mahl, und, edler Römer, alle Friedensbedingungen sind erfüllt, Schiffe, Gelder, Waffen, alles wie Du wünschtest, abgeliefert.

GESANDTER.
Die Bescheinigungen?
HANNO.
Hier, von euren Quästoren unterzeichnet.
GESANDTER.
Richtig. Für sich. Wir hätten sie, die Füchse!
HAUSMEISTER
kommt.
Ein zweiter Gesandter aus dem Römerlager.
GISGON.
Willkommen! Hausmeister ab. Was will der noch?
GESANDTER.

Die Scipionen werden bemerkt haben, wie rasch ihr alles herausgegeben, alles erfüllt habt, und wünschen vielleicht noch einige Erläuterungen, Bestimmungen –

GISGON.
Wir haben, mein ich, genug erläutert und bestimmt.
HANNO
steht auf.
Mir schmeckt das Essen nicht mehr.
ZWEITER RÖMISCHER GESANDTER
tritt ein, zu Hanno und Gisgon.
Die Scipionen senden mich, euch ihr Wohlgefallen –
GISGON.
Wohlgefallen?
ZWEITER GESANDTER.
– an der schnellen Vollziehung des Traktats zu bezeugen. Nur –
GISGON.
Nur?
ZWEITER GESANDTER.

– verlangen sie noch Eines, das den ewigen Frieden zwischen Rom und euch sichern, jede feindliche Berührung hemmen wird – Rom liegt auch nicht am Meer –

HANNO.

Was! das Meer! unsere Mutter! unsere Amme! an deren Wogenbusen wir uns groß gesäugt, die uns fortwährend ernährt, sollen wir missen?

[140]
GISGON.
Hanno, wirst Du poetisch?
HANNO.
Und Du wider Deine Art so tief prosaisch?
GISGON.
Wer würde das nicht bei so guter lateinischer Prosa?

Zu dem zweiten Gesandten.

Die Stadt unsrer Väter also soll –
ZWEITER GESANDTER.

Geschleift werden, und ihr könnt im Lande, vierzig Stadien vom Meer, eine neue aufbauen, jedoch mit anderem Namen.

GISGON.
Und nicht einmal den Namen laßt ihr uns?
ZWEITER GESANDTER.
Nein.
GISGON
mit donnernder Stimme.

Nun, treibt ihr uns an solche Abgründe, so wollen wir beides, den Namen und die Sache behalten, so müssen wir uns zurückstemmen, umkehren, und euch Räubern selbst das geraubte Gut und eure eignen Kleider abzureißen trachten!

HANNO.
Aus euren Gräbern, Geister der Ahnen!
GISGON.

Nicht nötig! Tausende von Geistern erwachen schon in meiner einzigen Brust! – – Und ihr Römer, bei denen Stolz, Tapferkeit, Todesverachtung, nur Münzen anderes Gepräges sind, als unsre Silberlinge – schämt euch, daß ihr sie gebraucht, so zu betrügen!


Zum ersten Gesandten.

Du, Schurk, wußtest, daß der zweite Botschafter nachkam, nachdem Du uns die Waffen abgelockt –

Zum zweiten.

Und Du warst bestellt, den Rest Karthagos zu vertilgen, wenn wir wehrlos geworden – O der großen Scipionen, wie hoch sie über aller Heuchelei, Falschheit, allem Laster stehn! Zwei Elmsfeuer, zwei Dioskuren werden sie von den Zinnen des Kapitols in die späteste Nachwelt glänzen, und diese Dioskuren sind doch nur weitschulterige, betrügerische Rattenfänger!

ERSTER GESANDTER.
Wer dann wären die Ratten?
GISGON
rufend.
Sklaven!

Sklaven in gedrängten Haufen kommen. Gisgon zu den Gesandten.

Da siehst Du einige!

Zu den Sklaven.

Ihr seid frei, und jeder, der sich tapfer gegen die Römer wehrt, ist Bürger. Holt Waffen, die besten liegen noch unter [141] den Fußböden der Arsenale versteckt, Proviant für Jahre neben ihnen – Ihr Römer, wie waret ihr so einfältig, uns für ganz einfältig zu halten? – Und, Sklaven, schreit durch die Straßen »die Scipionen haben den Vertrag gebrochen! sie wollen die Stadt in die Wüste verlegt wissen, daß sie dort verdorre, ein wasserloses Kraut!«

ERSTER GESANDTER.
Wir –
GISGON
zu den Sklaven.

Alle Karthager ruft zur Gegenwehr, ruft aus: »nun ist es keine Kunst, nicht Gefahr mehr, Mut zu besitzen, denn ohne ihn gehn Leben, Haus, Hof, Gut, alles was in Feigheit gespart ist, verloren!«

DIE SKLAVEN.
Wir brechen auf!
GISGON.

Haltet – Auf reißet die Tempel der Götter, werft um ihre Bildsäulen, daß sie zu Waffen geschmolzen werden, zu Kriegswerkstätten machet ihre Hallen!

HANNO.
Gisgon! Die Götter verletzen?
GISGON.

Duldeten sie nicht, daß wir verletzt wurden? Können sie uns jetzt zu etwas Besserem dienen als zu Waffen? Zu den Sklaven. Karthagos Weiber und Töchter, – es sind die schönsten der Erde, zu schön, als daß je Gemeines ihnen zu nahen wagte –

HANNO.
Die Weiber?
GISGON.

Ein Weib gründete Karthago, Weiber helfen es retten edler sind sie bei uns als die Männer (o, ich weiß es, obgleich ich nur Eine kenne!) –


Wieder zu den Sklaven.

Ruft Mütter und Töchter auf, sie sollen in den Tempeln die Stellen der Göttinnen ersetzen, und mehr noch als die sein, denn nicht stumm und müßig sollen sie dastehn, sondern ihren Schmuck an Gold und Kleinodien verwenden, um Speere, Schwerter, Helme und Harnische zu gießen und zu zieren, nur den besten, den Brautschmuck, mag er getragen sein oder harrt er noch auf den Brauttag, behalte jede, auf den Fall, daß es doch einst gälte, sich dem untergehenden Vaterlande zu vermählen! – Hanno, Hanno! wär ich immer das gewesen, wozu mich heut das Unglück macht, – wär ich meiner besseren Natur und nicht Deinen und Melkirs Listen gefolgt, bei allen Himmeln und Erden,Indem er auf die römischen Gesandten blickt. diese beiden Schweißhunde hetzten uns nicht in unsren Häusern, und Hannibal, ich als Gemeiner unter ihm, wäre in den ihrigen!

[142]
ERSTER GESANDTER.
Wir beurlauben uns. Bei euren Veranstaltungen würde unsre Gegenwart nur störend sein.
GISGON.
Gar nicht – Sklaven, ergreift sie!

Die Gesandten werden ergriffen.
ZWEITER GESANDTER.
Das bietest Du Ge sandten?
GISGON.
Und mehr noch, wenn die Gesandten Spitzbuben sind!

Zu den Sklaven.

An das Kreuz mit ihnen, fest und hoch, daß sie bluttriefend sehen, wie um sie her Karthago sich rüstet!

HANNO.
Nicht übereilig –
GISGON.

Eile, rücksichtsloseste, ist das nötigste, wollen wir einholen, was wir versäumten! – Fort mit den beiden! Könnt ich die Scipionen ihnen ins Antlitz gegenüber kreuzigen lassen!

ZWEITER GESANDTER
zum ersten.
Antworte nichts und denk an Regulus!
GISGON.

Hüllt euch nur in die Schaffelle eurer Erinnerungen, man weiß doch, daß Wölfe von Fleisch und Blut darunter, und verziehe ihr bei eurer Bestrafung auch keine Miene, es tut euch doch weh!


Die Gesandten werden abgeführt.

– – Warum erschrecke, Hanno? Meinst Du, mit den Römern wäre irgend Friede? Sie würden nicht frecher, je zahmer wir tun? Wer uns einmal betrog wie sie, dächte uns nicht weiter zu betriegen? Zu Sklaven Massinissas ergriffen und verkauften sie uns, rissen wir diese Stadt um, und zögen wehrlos ins offne Feld, eine neue zu bauen!

[143]

5. König Prusias

V.

König Prusias

Hauptstadt Bithyniens.
Thronsaal im Palast des Königs Prusias.
Der König Prusias kommt mit seinem Gefolg und setzt sich auf den Thron. Tiefe Stille. Ein Höfling niest.

PRUSIAS.
Was vernehm ich?
HÖFLING.
Großer Monarch, verzeihe – Ich – ein unwiderstehlicher Drang –
PRUSIAS
mit gedämpfter Stimme.

Jeden Drang der Natur kann die Kunst besiegen, wie Du in den Schulen zu Byzanz, wohin ich Dich auf meine Kosten gesandt, hättest erlernen können. Dein Prusten, gar klingend wie eine Anspielung auf meinen und meiner Ahnen Namen –

HÖFLING.
Behüten mich die Götter vor solchem Frevel – Ich prustete nicht, ich nieste nur.
PRUSIAS.

Der Verdacht schon gilt bei Königen für ein Vergehen, denn wir können bei der Menge unsrer Schmeichler und unsrer heimlichen Feinde nicht erraten, ob ein Narr lobhudeln, ein Feind uns ausspotten will. Entferne Dich, und erscheine nicht eher, als bis zwanzig Jahre abgelaufen sind und Du Deine Sitten gebessert hast, wieder vor meinem Hof.


Der Höfling ab.

Protovestiarios – Wartet Hannibal draußen?
PROTOVESTIAR.
Er harret auf die Audienz.
PRUSIAS.
Ist er audienzmäßig gekleidet, Protovestiarios?
PROTOVESTIAR.
Einfach, doch anständig, wie es Schutzflehenden geziemt.
PRUSIAS.

Er hat mich in einiger Hinsicht verletzt. Warum kam er nicht gleich zu mir, sondern ging erst zum syrischen [144] Antiochus, der seine Ratschläge ohne Umsicht zum eignen Schaden benutzt, und ihn dann verlassen hat?

PROTOVESTIAR.
Im Unglück wählt der betäubte Mensch oft ganz verkehrt.
PRUSIAS.

Es freut mich, daß auch die Arbeiten meiner Erholungsstunden Früchte bringen, und Du diesen Spruch aus meinem Trauerspiele Sesostris Dir gemerkt. – Ruf und führe den Hannibal bis an den Rand des Purpurteppichs vor der Estrade meines Throns.


Zu den Höflingen.

Erstaunt nicht – Merkt euch vielmehr, ich habe mich von allen Seiten her unterrichtet, und gefunden, daß Hannibal zwar keine erlauchte, aber doch eine edle Person ist, der in Betracht seiner Taten als Krieger und der langen Reihe seiner Vorfahren auch erlaucht wäre, wären die letzteren nicht Kaufleute gewesen. Darum darf er kommen grad bis an des Teppichs goldfranzigen Rand.

HANNIBAL
vom Protovestiar begleitet, tritt ein.

Er verbeugt sich ehrfurchtsvoll dreimal gegen den König, der sich dabei auf dem Thron noch steifer sitzen macht, und knieet mit dem rechten Knie an dem Rande des Teppichs. Tiefe Stille.

PRUSIAS
der sehr ernst zugesehen, nach einer Pause.
Stehe auf! Hannibal erhebt sich. Du begehrst?
HANNIBAL.

Hoher Herr, ich habe nichts zu begehren, nur zu bitten In sich. Dieser Mensch hat eine knisternde Stimme, als ginge am Festtag ein banger Dienstbote über den Sand des Hausflures!

PRUSIAS
für sich.
Sein Benehmen nicht übel –
HANNIBAL.
Ich biete mich zu Deinem Krieger an.
PRUSIAS.
Das kann ich noch nicht gewähren – Zu einem Höfling. Gib!

Der Höfling überreicht ihm ein Konvolut Landkarten, Prusias entfaltet sie und zeigt passenden Orts sie dem Hannibal.

Ich habe Deine Kriegszüge genau durchstudiert, und finde, Du hast oft recht unvorsichtig gehandelt.
HANNIBAL.
Unvorsichtig, Herr?

Für sich.

Eher hätte ich vermutet, daß er mir übertriebene Vorsicht vorgeworfen – Doch er und diese Höflinge – eine neue Art Schlachtfeld! Wir wollen mit andren Waffen, mit [145] Verbeugungen und dergleichen uns darauf versuchen – Laut. Belehre mich, König.

PRUSIAS.
Das will ich. – Dein ganzer Feldzug fing quer an –
HANNIBAL
für sich.
Werd ich ein Schuljunge?
PRUSIAS.

Weshalb das gefährliche Abenteuer versucht, über Pyrenäen und Alpen zu steigen, da Du weit rascher, weit ungefährdeter über das Meer nach Italien eilen konntest?

HANNIBAL
für sich.
Eine blinde Sau findet auch eine Eichel! Er hat recht!

Laut.

Mein damals jugendlicher Geist verlockte mich.
PRUSIAS.
Und Du hast, wie ich erfahren, an Deinem Bruder Hasdrubal den ähnlichen Übergang streng getadelt.
HANNIBAL.
Das tut mir leid.
PRUSIAS.

So der Mensch – Er sieht die fernsten Nebelsterne eher, als seine eigenen Fehler. – Dann, Bester, ist in Deinen Schlachten durchaus kein System. Bisweilen hast Du Deine Reiter rechts, bisweilen links, bald in der Mitte, und mit Deinem Fußvolk gehts ebenso.

HANNIBAL.
Meine Entschuldigung sei, daß ich mich nach Zeit- und Ortsgelegenheit richten mußte –
PRUSIAS.

Die gilt nicht, weder in der Kunst noch im Krieg: das System nur ist ewig und nach dieser Richtschnur müssen sich Heere richten, Gedichte ordnen, und das System stirbt nicht, geschäh ihm auch ein Unfall.

HANNIBAL.
Hoher Herr, Dein Wissen scheint aus einer so tiefdurchdachten Praxis –
PRUSIAS.

Ja wohl. Mein Vater ließ mich am byzantinischen Hof als Ehrenoffizier bei der Leibwacht erziehen. Er erhebt sich. Pantisaalbaderthilphichidis!

DER LEIBPAGE
vorstehenden Namens, tritt vor.
Herr?
PRUSIAS.

Geleite Hannibal zu der ihm bestimmten Wohnung. Mit Wohlbehagen. Hörst Du, Pantisaalbaderthilphichidis?


Alle außer Prusias entfernen sich
Ein Maler tritt aus dem Hintergrunde.

Hast Du sie entworfen, die zwischen mir und dem Hannibal vorgefallene, denkwürdige Szene?
MALER.
Wie Du befahlst, und unbemerkt – Hier ist die Skizze –
[146]
PRUSIAS
hält sie ins gehörige Licht.

Im ganzen gut – Dein Stift ist indes noch hier und da zu scharf – Mein Haar hat daher etwas Dürres, als trüg ich trocknes Heu auf dem Kopf, – das tut Deine ängstliche Hand, gewöhne Dir sie ab. Ununterbrochene Übung das beste Mittel dagegen. – Das Knieen Hannibals brav – etwas zu lang hast Du ihn zu meinen Füßen hingereckt, jedoch das ist byzantinischer Stil, und schadet meiner Würde nicht, welche in allen Stücken die Hauptsache bleibt.


Karthago.
Nacht. Große Halle im Palast des Barkas, festlich mit Ampeln und Lichtern erhellt.
BARKAS
auf ein Ruhekissen das Haupt gesenkt, erwacht aus dem Schlummer.

Himmel, was hat Alitta mit leisem Tritt veranstaltet, während ich schlief? – Die Halle schimmert von goldenen Ampeln und Leuchtern und blendendem Licht! Duftet von Ambra! Ist heute ein Familienfest?


Römische Tubatöne, erst in weiter Ferne, dann immer näher und stärker, von allen Seiten
herüberschwellend.

O Meer, bedecke mich vor diesen Tag für Tag furchtbarer, näher werdenden Klängen! Sich erhebend. Was da? – Diese Halle ist hundert Stiegen hoch, und welche Riesenweiber schauen da in ihre Fenster – und – spalten sich die Mauern vor meinem Blick? – fegen die Gassen aus, die Gassen selbst fort? – Da, Du, du Eine, höher als alle, was weinst Du in mein Haus? Ich bedarf Deiner Tränen nicht, habe schon Grams genug – Eine funkelnde Königskrone auf dem Haupt? – – Elissa – Dido – bist Du es, die vor meinem Fenster steht? Standest Du auf, um Deine Stadt noch einmal vor ihrem Untergange zu sehn? Wehe Karthago! sie nickt, verdeckt ihr Haupt, und verschwindet mit ihren Gefährtinnen im Meer! – – Träum ich? Nein, dazu ists zu furchtbar!


[147] Alitta tritt ein mit den vornehmsten der jungen Karthagerinnen, alle im glänzendsten Schmuck, lodernde Fackeln in der Hand.
BARKAS.
Mädchen, Myrten im Haar? Mit Diamanten und Perlen beschneit? In jetziger Bedrängnis?
ALITTA.

Teuerster Ahn, wir alle haben Tag und Nacht gearbeitet, unsre Krieger zu bewaffnen – Sie sind nun bis auf wenige gefallen, und denen kann unsre Arbeit nicht mehr fruchten – Was hilft nun der Gram? Wir wollen unsren Schmerz erleuchten und Hochzeit feiern, darum ließ ich Ampeln und Fackeln anzünden!

BARKAS.
Hochzeit? Dein Brasidas liegt tot.
ALITTA.

So feiern wir nicht die irdische, aber bald die schönere himmlische! Hört! wie sie den Reihen dazu spielen!

BARKAS.
Das ist der Sturmalarm des feindlichen Heeres!
ALITTA.

Desto besser! Der Feind spielt selbst zu unsrem Fest und die Musik scheint kräftig! – Greis, Karthagos Jungfrauen und Matronen wissen, daß die Römer die Mauern erbrechen, obgleich der in seinen letzten Tagen so edle Gisgon sie mit seinem Todesblut versiegelt hatte, – sie wissen, daß alle Gegenwehr vergeblich ist, darum sind sie alle, keine ausgenommen, (sieh nur, wie es auch in den nachbarlichen Häusern und Palästen hell wird) entschlossen –

BARKAS.
Doch nicht – ?
ALITTA
fest.
Die Stadt und sich zu verbrennen!
BARKAS
Pause.
– – Gebt mir auch eine Fackel!
TURNU
sich vordrängend.
Da!
ALITTA.

Ha, der Mohr, welcher nach Zamas Schlacht hier Hannibal suchte, und den ich beschützte – Du bleibst leben!

TURNU.
Muß ich?
ALITTA.
Um Dich durch die Römer zu schleichen, und dem Hannibal zu berichten, was hier geschehen.

Turnu ab.

Und nun Freundinnen, Gespielinnen, besser, wir werden heiße Asche, als blühende Sklavinnen! – Ich beginne!


Sie wirft ihre Fackel an die Tapete; die Übrigen ebenso; der Palast beginnt zu brennen, die Nachbarwohnungen lodern auf dieses Zeichen auch auf. Alle umarmen sich.
ALITTA.
Urvater, wie ist Dir?
BARRAS.
Wohler als je!

[148] Hauptstadt Bithyniens.
Ein Zimmer im Palast Königs Prusias.
Prusias und ein Höfling.
PRUSIAS.
Also ein römischer Gesandter?
HÖFLING.
Er bittet um Gehör.
PRUSIAS.
Kommt der Mensch allein?
HÖFLING.

Er hat nur einige Diener bei sich. Aber an unseren Küsten kreuzen sechs bis zehn römische Kriegsschiffe.

PRUSIAS.
Lächerlicher Pomp! – Was wünscht das römische, so trotzig angekommene Bürgersubjekt?
HÖFLING.
Die Auslieferung Hannibals.
PRUSIAS.
Wird nimmer bewilligt. Er ist mein Gastfreund.

Der Prätor Titus Flamininus tritt ein. Prusias für sich.

Er beugt sich nicht? Öffnet nicht einmal den Mund zum Reden? – Ich muß wahrhaftig anfangen –Laut. Wer bist Du?

FLAMININUS.
Ein Prätor Roms, an Dich gesandt.
PRUSIAS.
Was bittet Rom?
FLAMININUS.

Es will, daß Du mir auf der Stelle den Feldherrn des untergegangenen Karthagos, jetzt Provinz Afrika geheißen, den Hannibal, auslieferst.

PRUSIAS.
Ein eigener Antrag – Zu dem Höflinge. Bemerk ihn Dir einstweilen zu den Akten.
FLAMININUS.
Damit ist mir nicht gedient.

Er entfaltet seine Toga und legt sie wieder zusammen.

Wähle! hier Krieg oder Frieden!
PRUSIAS.
Rasche Leute, ihr! Zu dem Höfling. Was meinst Du?
HÖFLING
leise.
Unsrer Truppen sind jetzt eben wenig –
PRUSIAS.

– Mein braves Volk wegen des Heimatlosen in Krieg stürzen? Wär es recht, billig, weise? Nein, spricht auch manches bei mir für ihn, ich muß es bezwingen, denn höhere Verhältnisse sind gegen ihn! Ja, so ists.


Zu dem Höfling.

Überliefere dem Prätor den Hannibal. – Ich gehe auf die Hirschjagd.

[149] Villa vor Bithyniens Hauptstadt.
Zimmer.
HANNIBAL
sitzt an einem Tische.

Wollt es der Prusias, Kleinasiens winzige Staaten wären bald überrumpelt, doch ich bin ihm zu dumm – – Karthago – sei wie du willst, doch meine Vaterstadt, und mir doppelt teuer, weil du jetzt so unglücklich sein wirst! –


Aufstehend.

Heimliches Geschleich? – Es kriecht! Ohr, trügst du mich? Es ist Turnu! Von Karthago! – – Hannibal, mach Dich gefaßt, sei stärker als die Eiche, und schaudre nicht mit allen Blättern, wenn die Wetter herannahen! Er öffnet die Tür. Komm!

TURNU.
O Herr! Du!
HANNIBAL.
Mäßige Dich!
TURNU.
Kanns nicht, Herr, Fürst, Vater, Mutter, Du mir alles!
HANNIBAL.
Welche Nachricht bringst Du?
TURNU.
Mich schickt Alitta.
HANNIBAL
für sich.
Ah, nun steht es noch gut mit Karthago. Die hätte seinen Untergang nicht überlebt.
TURNU.
Sie trug mir auf, Dir zu erzählen, wie alles geschehen.
HANNIBAL.
Erzähle.
TURNU.
Die Scipionen haben lang genug an Karthago vergeblich erobern wollen.
HANNIBAL
für sich.
Also endlich abgezogen! Laut. Meld es mir, so viel Du kannst, nach der Reihe.
TURNU.

Als die Römer vor die Stadt kamen, machten sie einen Höllenlärm, daß einem Ohr und Auge weit wurden! Brandschiffe zischten auf den Hafen los –

HANNIBAL.
Und?
TURNU.

– platzten! – Dann kamen sie mit hölzernen Türmen an die Mauern gewackelt, große Eisenbalken daraus hervor, wir aber missen Pechkränze darauf und Turm und Mannschaft verbrannten!

HANNIBAL.
Ihr habt euch brav gewehrt.
TURNU.

Das mein ich. – Leider waren unsre Waffen bald zerfetzt, unsre Munition erschöpft – Da kam (in Nubien glaubts niemand!) das Weibervolk und brachte neue!

HANNIBAL.
Weiter!
[150]
TURNU.

Schrecklich wars: jeder Tempel summte von ihm wie ein Wespennest, wie ein Ehebett, Tag und Nacht keine Ruh: die eine zupfte Verband für Wunden, die andere behämmerte die Schilde, die dritte schliff Speere und so alle – Nur Alitta stickte bloß Ehrenzeichen für die Heldentaten der Männer, und sie tat klug, denn hatte sie so einem Firlefanz eins angeheftet, ging er tausendmal tapferer fort, als er gekommen war.

HANNIBAL.
Die Römer?
TURNU.
Waren nicht müßig. Sie dämmten unsren Hafen zu.
HANNIBAL.
Ihr?
TURNU.

Gruben in einer einzigen Nacht einen neuen, rechts ab vom alten. – Da fingen die Scipionen wieder zu Lande an – Schlaf, Essen, Trinken, Unterschied von Tag und Nacht hörte auf vor Kampf und Blut, bis –

HANNIBAL.
Die Scipionen ermatteten?
TURNU.
Bewahre! Sie brachen endlich Bresche!
HANNIBAL.
Hölle!
TURNU.
Wurden auch höllisch betrogen!
HANNIBAL.
Ich atme wieder!
TURNU.
Als Gisgon und Brasidas gefallen –
HANNIBAL.
Die sind tot?
TURNU.

Es kräht kein Hahn fürder nach ihnen. – Und als sonst kein waffenfähiger Mann sich noch wehren konnte, erhoben sich abermals die Weiber, Alitta an ihrer Spitze.

HANNIBAL
freudig.
Ah!
TURNU.

Weiberlist ist unergründlich, Herr. Die Römer wurden schmählich betrogen. Sie wähnten schon Karthago mit seinen Schätzen in der Hand zu haben, da sammelt sich das Weibszeug in den Palästen, und verbrennt sich, Deinen Großvater, der ganz lustig dabei wurde, und die Stadt mit Haut und Haar. Siebenundzwanzig Tage brannte Karthago, Alitta warf die erste Fackel! Hat man es auch gesehn, man glaubts kaum! Bald wogten die Flammen hin und her, als wäre aus allen Löwen Afrikas Einer geworden, und spiegelte er sich mit seinen Mähnen im Meer! Die betrogenen Römer mußten lange warten, eh sie einrücken konnten, und fanden nur – Asche, die der Wind noch heute in die See weht.

HANNIBAL
kalt.
Wie kamst Du aus der Stadt?
TURNU.

Da Alitta mir zu flüchten und zu Dir zu eilen gebot, [151] schlich ich mich zu den Römern und tat, als gehört ich zu Massinissas Negern – Das ging durch, denn wenn auch Massinissa Weiße, Gelbe und Schwarze hat, seine Zucht ist eben nicht sonderlich.

HANNIBAL.
Laß die!
TURNU.

Ach, und da erst sah die brennende Stadt prächtig aus! Bei Tag schien die Sonne gelbrot durch den Dampf, bei Nacht wurden die rotfunkelndsten Sterne bleich vor dem Feuer, wie das Weiß meiner Augen – Und die Paläste donnerten einer nach dem anderen ein, die Flammen reckten sich nach dem Himmel, als wollten sie ihn mitverbrennen.

HANNIBAL
will etwas sagen, und kann es nicht.
TURNU.

Die Gipfel des Atlas standen immer taghell vor dem sie durchfunkelnden Brand, mit ihren Klippen, Felsen und Waldungen! Es erschienen die Tiere der Gebirge und Wüsten: entsetzliche Schlangen ringelten sich auf an den Bäumen, Löwenaugen, Hyänen starrten in das Feuer –

HANNIBAL.
Die Scipionen?
TURNU.

Die hatten es gut. Sie kamen zu Zeiten, und es sah prächtig aus, wenn die brennende Stadt in dem Brustharnisch des Jüngeren, der auf einer Anhöhe des Lagers stand, sich abspiegelte. Er wußte sich auch so zu drehen, daß jedermann das sah, und kam oft. Als er aber in der siebenundzwanzigsten Nacht kam, wurde er wehmütig – die Stadt erlosch just, und es fielen ihm mit ihren letzten Funken Tränen aus dem Auge.

HANNIBAL.
Gut weinen, ihr Römer! Zur bequemsten Zeit, wenn ihr alles gewonnen habt!
TURNU.
Herr, laß mich abtrocknen – Du bekommst da ein Tierchen ins Auge –
HANNIBAL.
Laß! Ein altes Augenübel.
TURNU.

Habe das früher an Dir nicht bemerkt. – Dann sprach der jüngere Scipio auch Verse – ein schmächtiger Kerl, der immer hinter ihm scherwenzelte, wie ein Katzenschwanz (sie nannten ihn auch so mit einem »Z«, ich glaube Terenz), schrieb sie in eine Wachstafel, die stahl ich ihm aber, als er in tiefen Gedanken sie seitwärts, lose in der Hand hielt!

HANNIBAL.

Zeig. – 's ist griechisch. Liest.

»Einst wird kommen der Tag, wo die heilige Ilios hinsinkt, Priamos auch, und das Volk des lanzenkundigen Königs.« [152] Macht der Bube aus Karthago eine homerische Reminiszenz!

EIN SKLAV
eilt herein.

Herr, guter Herr, verrate mich nicht – Es kommt ein Fremdling, weiß gekleidet, mit purpurner Verbrämung, vor ihm sechs Männer mit Äxten, mit ihm viele Krieger unsres großen Königs, und die ganze Villa ist schon umstellt!

HANNIBAL.
Auch meine unterirdischen Ausgänge?
SKLAVE.
Sind verraten! Ab.
HANNIBAL
nachdem er einen Augenblick an ein Fenster getreten.
Turnu, es kommen Römer. Prusias hat mich ihnen feig übergeben.
TURNU.
Kein Mittel, daß ich dem Prustian an den Hals komme?
HANNIBAL.
Überlaß ihn nur sich. Daran hat er Strafe genug. – Er zieht die Giftflasche hervor. Also –
TURNU.
Müssen wir daran?
HANNIBAL.
Du bist es nicht, den sie verfolgen – Rette Dich!
TURNU.
Ohne Dich? Ich häute mit Dir.
HANNIBAL.
Häuten?
TURNU.

Wir werfen das alte Fell ab, wie die Schlangen im Frühjahr, und sollst sehen, wir bekommen anderswo ein anderes.

HANNIBAL.
Ja, aus der Welt werden wir nicht fallen. Wir sind einmal darin. – Trink!
TURNU
nachdem er getrunken.

Da, nimm den Rest – Es schmeckt kräftig – Teufel, was wird? Dreh ich mich um die Welt, oder die Welt sich um mich? Ich schwitze, und – Sich matt an die Stirn fühlend. es – ist heißes Eis – Feldherr – ? –


Stirbt.
HANNIBAL.

Du hast überwunden. – Nun, Römer, entzieht sich euch ein verbannter, greisender Mann, vor dem ihr gebebt, bis sein letzter Atem dahin –


Er trinkt den Rest des Giftes.

Gift zu eurer Gesundheit! – Ei, wirkt es noch nicht bei mir? Das währt lange! – Ha, da – es kommt – Schwarzer Pilot, wer bist Du? – – Er stirbt.


König Prusias kommt mit Gefolg und Flamininus.
PRUSIAS.
Hier triffst Du ihn.
FLAMININUS
sieht Hannibals und Turnus Leichen.
Ja, tot.
PRUSIAS.
Tot? – Kannst Du mehr verlangen?
[153]
FLAMININUS.
Ja, wir wollten ihn lebendig vor dem Triumphwagen.
PRUSIAS.
Wär ich nicht auf der Jagd gewesen, hättet ihr ihn vielleicht auch lebendig –
FLAMININUS.

Du hättest die Jagd unterlassen sollen. Ich werde alles in Rom anzeigen, und der Senat wird entscheiden, wie man Dich bestraft. Ab.

PRUSIAS.
Was – – ? Doch das hat Zeit und dagegen wird Rat sein.

Mit sehr gedämpfter und feierlicher Stimme.

Jetzt ist der Moment in das Leben getreten, wo es das zu tun gilt, was ich in mancher Tragödie ahnungsvoll hingeschrieben: edel und königlich sein gegen die Toten!


Er nimmt seinen roten Mantel ab.

Hannibal war, wie ich oft gesagt, ein zu rascher, unüberlegsamer Mann, – hart kam mir die Gastfreundschaft zu stehen, welche ich ihm erwies, – aber er war doch einmal mein Gastfreund, und darum seien seine Fehler, seine Abstammung vergessen, ihn und sie deck ich zu mit diesem Königsmantel! Grad so machte es Alexander mit Dareios!

DAS GEFOLG
will Beifall jubeln.
O –
PRUSIAS.

Wartet – diese Falte am Zipfel des Mantels liegt nicht reche – Auch sie zu bessern, sei mir nicht zu niedrig!

DAS GEFOLG.
Hoch Prusias, größter der Könige!

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Grabbe, Christian Dietrich. Dramen. Hannibal. Hannibal. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-E644-A