Georg Wickram
Das Rollwagenbüchlin
Ein neüws / vor vnerhörts Büchlein / dariñ
vil gůter schwenck vnd Historien begriffen werdē /
so man in schiffen vnd auff den wegen / deßgleichen
in scherheuseren vnnd badstuben / zů langweiligen
zeiten erzellen mag / die schweren Melancolischen
gemüter damit zů ermünderen / vor aller menigklich
Jungen vnd Alten sunder allen anstoß zů lesen vnd
zů hören / Allen Kauffleüten so die Messen hin
vnd wider brauchen / zů einer kurtzweil an
tag bracht vnd zůsamen gelesen durch
Jörg Wickrammen / Stattschreiber
zů Burckhaim / Anno 1555.

Dem ersamen fürnemmen und achtbaren Martin Neuen

[3]

Dem ersamen fürnemmen und achtbaren Martin Neuen, burger unnd wirdt zů der blůmen zů Colmar, meinem insonders günstigen herren und gůten freündt.

Es haben sich die alten vor langer zeit eines gemeinen sprüchworts gebraucht, daß under allen lasteren undanckbarkeit das gröst ist. Dieweil ich nun bekennen můß, daß mir nit wenig freündtschafft von euch bewisen, unnd ich aber auß gebrechlicheit meines groben verstands sömlichs nie verglichen, damit ich aber nit auch mit dem laster der undanckbarkeit behafft werde, hab ich mich, so vil mir müglich gewesen, erzeigen wöllen mit demyenigen, so meins vermögens ist. ›Dann silber und gold hab ich nit, aber was ich hab, das geb ich;‹ also sagt der heilig Petrus in Actis am 3. capitel. Nicht daß ich diß mein schlecht und unachtbares büchlein oder mich dem lieben Petro oder seinem heiligen wort vergleichen wölle; dann diß mein büchlein allein von gůter kurtzweil wegen an tag geben [ist], niemants zů underweysung noch leer, auch gar niemandts zů schmach, hon oder spott, wie ir dann selbs wol sehen unnd lesen werden.

Dieweil nun menicklich weißt, geistlich und weltlich, fürsten und herren, die dann täglich iren aufritt und herberg bey euch haben, daß ir mit gůten schwencken und kurtzweiligen bossen zů yeder zeit und ye demnach die person ist, gefaßt sind, habe ich euch zů widergeltung euwer gůtthat diß mein klein wercklein zů gefallen an tag geben. Sodann ist auch in euwerem gebrauch, alle Straßburger messz einen eignen rollwagen anzůrichten; alsdann haben ir euch zůsampt gůten herren und freünden mit disem büchlin zů ergetzen,[3] dieweil ir auff der fart sind, welchs auch vor menigklich on allen anstoß mag gelesen werden. Bitt euch hiemit, sömlich kleine gaab, dieweil sy mit gůtem hertzen und gemüt verert wird, nit zů verschmahen und zů einem glücksäligen neüwen jar empfahen, mich auch noch als vor für euweren gůten freünd und willigen diener erkennen. Wünsch euch hiemit vil glück unnd heil, euch und euwer neüwen eegemahelen und nach disem zergencklichen leben das ewig himmlisch reich und seligkeit. Amen.

Datum Burckhaim auff Marie daß neüwjar, nach der geburt unsers säligmachers 1555. jar.


Euwer allzeit dienstwilliger

Jörg Wickram,

Stattschreyber zů Burckhaim.

Zum gütigen leser

Zům gütigen leser.

Es ist von alter har, freündtlicher und gütiger leser, ein sprichwort under vilen gewesen, wenn man etwan schampere und schandtliche wort geredt, hat man gesagt: ›Stilla mutz, diß gehört auff den rollwagen oder ins schiff!‹, welches meines bedunckens nit seer wol gesprochen gewesen, dieweil sich zů vil malen zůtregt, daß züchtige, erbare weiber, ja auch jungfrauwen auff wagen oder zů schiff faren, deren man gar wenig verschonen thůt. Dann man findt solche růchlose leüt, wenn sy beyweilen schon abgestöubt werden, sagen sy: ›Hey, sy haben doch schůch oder stifel an; sy verstonds nit!‹, faren also mit iren schandtlichen groben zotten für, wenig dencken an die wort Christi Mathei 18: ›Wer aber ergert diser geringsten einen, so an mich glauben, dem wer besser, das im ein mülstein an seinen halß gehenckt wer und wurd in die tieffe deß meers versenckt.‹ Und weiter spricht er: ›Es můß ja ergernuß kommen; aber wee dem menschen, durch welchen ergernuß kumpt.‹

Nun ist ye sömlichs ein sondere grosse ergernuß, wo man vor züchtigen personen sömliche, unnütze wort übet. Dieweil [4] man aber an solchen orten sich dannocht auch mit kurtzweiligem gesprech ergetzen můß, hab ich euwer aller gunst und liebe allhie ein kurtzweiligs büchlin für augen gestellt, in welchem ir nit wenig kurtzweilig und schimpfliche schwenck vernemmen werden, in welchen sich niemants ergeren wirt. Bitt hiemit euwer gunst und lieb, wos sich zůtrüg, daß etwan einer oder eine getroffen, wöllen ewer farb im angsicht nit verstellen; sunst werden ir von menigklichem in argwon verdacht und wurd man sagen: ›Wenn man under die hund wirfft, schreit keiner, dann welcher getroffen wirt.‹ Bewar dich gott, freündtlicher leser.


Dein allzeit williger Jörg Wickramm.

1. Wie ein gut frumm mann am Kochersperg

1.
Wie ein gůt frumm mann am Kochersperg einem gůten einfaltigen ein walfart verdinget zů Sant Veiten zů wallen.

Dieweil wir yetzund auch auff einer fart oder reiß sind, so manet mich gleych ein gůter schwanck, daß ich euch denselbigen erzell.

Es ist menicklich wol bewißt, daß am Kochersperg, nit weit von Straßburg gelegen, gar vil gůter, frommer, einfaltiger baursleüt wonen, von deren einem ich euch hie schreiben will. Derselb gůt mann kam in ein seer grosse kranckheit, durch welche er lange zeit hart und übel gekrenckt ward. In solchen seinen nöten kam im zů gedancken, wann er ein walfart zů Sant Veiten, so daselb am gebirg gelegen, verhieß mit einem silbrin opffer, verhofft er gentzlich, sein sach wurd besser werden. Also gelobt und versprach er die fart; sobald er von solcher kranckheit aufkem, wolt er die fart vollbringen.

Als er aber in kurtzer zeit darnach wider gesundt worden, ist im tag unnd nacht die gelübt, so er gethon hat, vor augen gewesen und im sinn gelegen. Und als er im yetz endtlichen fürsatzt, die fart und opffer zu leisten, hat in die arbeit mit hauff überfallen. Alsbald er seine acker geseyt, [5] müßt er in den reben anfahen zů wercken; unnd was der arbeit so vil, daß der gůt mann kaum der weil nam, daß er aß unnd tranck. Zůletsten kam im zů sinn, damit er sant Veiten nit mit seinem langen auflentzen unwillig machte, wolt er einem gůten frommen mann von seinetwegen die fart verdingen außzerichten. Also fand er einen nach seinem gefallen; denselben fertiget er ab mit opffer, wachß und einem gůten feißten hanen; diß alles befalch er im sant Veiten zů bringen.

Bald macht sich der gůt gsell auff die fart, gieng in grosser andacht dem gebirg zů. Wer im bekam, den fragt er, wo auß er den nechsten zů Sant Veiten kem. Er ward von yedermann treüwlich gewisen. Nun ligt ein groß kloster unden an dem berg, für das můßt er hingon. Das kloster nennt man zů Allenheiligen; darinn wonen etlich münch. Er ward den berg hinauf gewisen zů Sant Veiten, zog also mit grosser mhü und angst hinauf. Zůletst gedacht er in im selbs: ›Nun bin ich warlich nit weiß genůg, daß ich mit solcher grossen mhü den hohen berg heraufsteig. Nun sagt man doch, das kloster heiß zů Allenheiligen; sind nun all heiligen in dem kloster, so můß sant Veit auch gwißlich bey inn seyn, und wurd in yetzund nit anheimisch finden.‹

Mit disen gedancken wendet er sich umb und den berg wider hinab, als wann man in gejagt hett, kam also an deß klosters porten und laut an der glocken gar ernstlich. Der portner kam eylentz lauffen, schloß die porten auf, fragt den gůten gesellen, was sein begeren und geschefft weren. ›Lieber,‹ sagt der waller, ›sind nit all heiligen da innen?‹ Der portner sagt eylentz ja; dann er hat den feißten hanen bey im ersehen unnd meint, er wolt in allen heiligen bringen zů einem opffer. ›Lieber portner,‹ sagt der waller, ›gang hineyn zů allen heiligen und heiß mir nur sant Veiten heraußkommen; dann ich hab gelt unnd disen hanen, so im zůgehören.‹ – ›Lieber gůter gesell,‹ sagt der portner, ›wilt du zů sant Veiten, můst du dich noch mer den berg hinauf strecken, dann du findest in nit hie innen.‹ – ›Wie wer dann das ein ding?‹ sagt der waller; ›solten alle heiligen bey einander dinnen sein und wolten eben sant Veiten außgesündert haben? Wie wer [6] daß ein ding?‹ Der portner meint, der waller trib sein speywerck, erzürnt sich über in und sagt: ›Du hörst mich wol, was ich sag. Sant Veit hat in unserm kloster nichts zů thůn; wir hand all heiligen zů patronen.‹ Darauff sagt der waller: ›So behalt du dir deine all heiligen, so wil ich sant Veiten behalten.‹ Damit zog er wider sein straß heimwertz zů.

Als er aber nun zu seinem bauren kam, empfieng er in freündtlich und fragt, ob er die fart außgericht hett. Der waller sagt ja. ›Wo hast du dann den gemalten brieff zum warzeichen?‹ Der waller besan sich kurtz und sagt: ›Ich kam auff den berg in sant Veiten kirch; do was sant Veit nit anheimisch, sonder was unden im kloster bey allen heiligen; also gieng ich herab in das kloster, hieß mir sant Veiten herfürkommen; also richt ich mein sach auß, gab im das opffer. Das nam er, den hanen aber hat er mir geben und geschenckt, laßt dir darbey vil gůts sagen. Er aber hat kein brieff, so er mir hett geben können; dann sy waren all oben auff dem berg.‹ Also glaubt im der gůt einfaltig baur, gab im seinen lon und ließ in lauffen. Der gůt waller was wol content; dann er hat drey schantzen mit einer karten gewunnen.

In disem stuck sollen wir dreyerley warnemmen. Erstlichen die groß einfalt, mit deren die welt umbgadt; dann so einem etwas kranckheit oder trübsal zůhanden gadt, findt man gar vil, so deß rechten, waren und gebanten wegs verfelen, gedencken wenig an Christum, unseren seligmacher; dann der ein růfft zů disem, der ander zů yenem heiligen, so doch Christus im evangelio Joannis 10. gantz klärlich mit außgetruckten worten sagt: ›So ir etwas den vatter bitten in meinem nammen, das wil er thůn.‹ Item: ›Ich bin der weg, das leben und die warheit; niemant kumpt zum vatter dann durch mich.‹ Und an einem andren ort sagt er, Matthei 11: ›Kömpt här zů mir, alle die ir müyselig unnd beladen sind! Ich wil euch erquicken.‹ – Zum andren ist sich auch gnůg zů verwundren, daß die welt so einfeltig ist, so daß einer meint, er wölle vil verheissen, ob er das gleichwol nit thůn kan, wölle er das einem andren befelhen außzůrichten; als dann zů vil malen geschicht, daß einer einem anderen verdingt ein anzal für in zů betten, fasten oder also zů wallen bin und wider. Es laßt [7] sich aber nit also verstreichen; sunst wer Adam im paradeiß wol bestanden, als er den apfel aß; dann er sagt: ›Das weib gab mir, und ich aß.‹ Also wolt sich auch das weib mit der schlangen verantworten. Da halff aber kein außred, es můßt ein yegklichs sein burd selb tragen. – Zum dritten ist auch ein grosser mißbrauch entstanden mit den opffern. Die sind hin und wider getragen worden in die reichen gottsheüser, namlich gůt feißt hennen, hanen und kapaunen; wem aber die zů trost kommen, weißt gott wol; dann die geschnitzten unnd gemalten heiligen hand sy nicht genossen. Darneben aber haben wir die lebendigen heiligen wenig bedacht, auff welche wir billich sehen solten. Die aber haben grossen hunger und mangel in iren kranckheiten leyden můssen, so doch Christus spricht Matthei 23: ›Was ir gethon habt den geringsten under disen meinen brüderen, das habt ir mir gethon.‹ Darumb lassen unser walfarten und opfer gericht seyn zů den lebendigen heiligen! Von disem gnůg.

2. Von einem, so in wassersnot sant Christoffel ein groß wechsin

2.
Von einem, so in wassersnot sant Christoffel ein groß wechsin liecht verhieß.

Es hat der hochgeleert vnnd lobwirdiger gedechtnuß doctor Erasmus von Rotterdam in seinen Colloquiis beschriben ein grawsamen schiffbruch, denselbigen auch dergestalt heraußgestrichen, also wer den lißt oder hört, dem můß darob grawsen. Under andren, so in solchem schiffbruch unnd fortun gewesen, setzt er von einem, so vilicht ein kauffmann möcht gewesen sein.

Als derselb von andren seinen mittgeferten ein sömlich schreyen und růffen hort; der ein růfft und verhieß sich zů sant Jacob, der ander zů sant Niclaus port, der dritt zů sant Katharinen von Senis. Da waren gar wenig, so zů dem rechten schiffmann růfften, welcher mit seinem betröuwen wind und meer augenblicklich stillen kundt; dise aber, als sy in iren grösten nöten waren, sůcht im ein yeder ein besunderen heiligen. Unnd namlich diser, als er sicht, daß man [8] alles gůt auß dem schiff wirfft, die mast unnd segel zerrissen, die schiffleüt gantz verzagen, ein yeder sicht im umb ein dielen oder brett, damit er sich dem grawsamen wütenden meer ergeben wil, so facht der gůt kerle auch an mit lauter stimm zů rüffen: ›O du heiliger sant Christoffel, hilff mir in disen meinen grossen wassersnöten, damit ich wider ans land kommen mög! Dargegen versprich ich dir ein wechsine kertzen, so lang und groß, als da ist dein bildtnuß zů Pareiß in der hohen kirchen.‹ Disen růff erneüwert er zů mermalen.

Zůletst sagt einer seiner gesellen: ›O mein lieber compani, du versprichst seer grosse ding; dann warlich, wann dein gantze freündtschafft und geschlecht zůsamentheten, haab und gůt daranstrackten, sy möchten das wachß nit bekommen.‹ Diser aber, so zůvor seer laut geschruwen, sagt zů seinem gesellen heimlich in ein ohr: ›Lieber mein gesell, hulff mir nur sant Christoffel ans land, ich wolt mich wol mit im vertragen; er solt ein schandel oder unschlittliecht darfür nemmen.‹

Ach der groben einfalt! Er meint, sant Christoffel hett gewalt, im auß nöten zů helffen, hett auch sein grawsam schreyen unnd růffen, so er gethon, erhört, er aber möcht die wort, so er seinem gesellen heimlich gesagt, nit gehören. O du arme welt, was thůst du!

3. Wie ein pfaff understund mit fünff worten in himmel zu kommen

3.
Wie ein pfaff understůnd mit fünff worten in himmel zů kommen.

In einem dorff saß auff ein zeit ein toller, voller, verlotterter, verspilter, gottloser pfaff, dem alle zeit seine sinn unnd gedancken mer ins wirdtshauß dann in die kirchen stůnden, deren man aber yetz zů unseren zeiten nit bald einen finden wirt. Derselbig pfaff versach und weidet seine schaff gantz fleissig, damit inen kein unradt angesehen ward; dann er lag gewonlich summerszeit mit inn am schatten im wirdtshauß, winterzeit aber in der warmen stuben, damit sy im in der kirchen nit erfruren.

Zů einer zeit begab es sich, daß er von einem andren [9] dorfpfaffen auff die kirchwich geladen ward; derselbig was ein alter unnd wolbetagter mann. Er hat auch noch ander erbar gest geladen, so im bekannt und verwandt waren, deren etlich nit groß wolgefallen an des pfaffen tollen schwencken hatten. Dann er, sobald er über tisch kam, fieng er seine faulen bossen an zů treiben mit reupsen, schreyen und jauchzen, so daß niemant vor im zů red oder worten kommen mocht. So offt er ein glaß, becher oder krausen außtranck, fienge er an mit lauter stimmen zů schreyen: ›O lieber wirt, schenck dapffer ein!‹ Warff damit das geschirr in die höhe unnd empfiengs wider. Dise unfletige weiß treib er so lang, biß es den andren pfaffen anfieng verdriessen. Und der in geladen hat, hůb an den follen pfaffen mit worten straffen und sagt: ›Ach lieber mein herr, wo gedencken ir doch hin? Nun sind ir ein pastor und seelsorger über euwere gemein; wie wend ir die sach gegen gott verantwurten? Dieweil ir ein sömlich schandtlich leben füren, nemmen doch warlich euwer underthanen ein böß exempel und ebenbild von euch. Man sagt gemeinlich: Wie der hirt, also sind auch die schaff. Darumb solt ir euch sömlicher lasterlichen weiß massen, sunst werden ir gewiß in grossen geferden an euwerem letsten end ston müssen.‹ – ›Ahha!‹ sagt der pfaff, ›ich hab ein gnedigen liben herren und gott; wann mir an meinem letsten end nit mer dann so vil zeit werden mag, daß ich fünff wort mit im red, wirdt mir der himmel offen ston. Was wolt ich dann grosse not haben! So wil ich auch meiner bauren keinen in himmel tragen; wöllen sy nit hineyn, bleiben sy herauß. Ich hab inn doch, als sy mich angenommen haben, den himmel nit zůgesagt so wol als ir euweren bauren.‹ Als sy nun lang mit einander zanckten unnd aber der pfaff alle wort in einem gespött verlachet, hat im der ander nicht mer in seinen sachen reden wöllen; der pfaff ist aber gantz truncken worden.

Und als der alt pfaff eben aufhort, von dem er geladen was, hat er urloub von im genommen; damit im aber nicht auff seiner heimfart begegnet, hat im der alt seinen sigristen zůgegeben. Nun ist underwegen ein seer tieffer bach gewesen unnd gar ein schmaler steg darübergangen, über welchen der [10] voll pfaff hat gon müssen. Als er aber mitten auf den steg kommen ist, sind im seine beiden füß entgangen, unnd ist also in das wasser geplumpet. Bald er aber merckt, daß im niemants zů hilff hat mögen kommen (dann im gieng das wasser schon in das maul), do hat er angefangen jämmerlichen schreyen: ›O lieber wirdt, schenck dapffer eyn!‹ Dann im diß wort zůfordrist im maul lag, und kundt in seinem letsten end die fünff wort nit heraußbringen. Also ersaufft der voll pfaff.

Darumb es warlich nicht gůt ist, sömlicher üppigen wort sich zů gebrauchen; darzů sollen wir auch nimmer kein solche spottreden und üppige fablen von gott reden, als diser pfaff gethon hat.

4. Von eim radtsherren, der mit einem kind gieng

4.
Von eim radtsherren, der mit einem kind gieng.

In einer statt mit nammen Freyburg saß ein reicher radtsherr, welcher mit seiner frawen noch nie in fünfftzehen jar kein kind gehebt hat; deßhalben offt etwas spans bey inen sich erhůb, daß ye eins dem anderen die schuld gab. Auff ein zeit dinget die fraw ein haußmagt, welche fast züchtiger berden was, kundt auch dem hauß wol vorstan. Ir mann gedacht in seinem sinn: ›Mein weib zeicht mich, ich sey kein nütz. Wie wer im, so ichs mit meiner magt versůchte, ob die schuld mein sey oder nit, nur daß wir auß dem zweiffel kommen!‹ Und kart sein müglichen fleiß an, ob er sy könte bereden. Die magt durch vil glatter wort und verheissen ires herren verwilget und empfacht von im ein kind.

Nun vermag aber die stattordnung alda, so ein radtsherr die ee bricht, wirt [er] von allen eeren gesetzt. Und [er] gedacht: ›Wie ist dem ze thůn? Wirdt mans von mir innen, wird ich übel bestan.‹ Und gadt hin zů seinem doctor, welcher ein gescheider man was, entdeckt im sein anligen und die grosse gfar, so im drauff stünde. Der doctor tröstet in und spricht: ›Dem ist wohl ze thůn; sind unverzagt! Gond [11] heim und legen euch ans bett und gehaben euch seer übel im bauch, und über ein tag schicken mir den harn bey euwerer frawen unnd laßt mich handlen!‹

Der radtsherr thet, wie im der doctor befolhen hat, und schickt am anderen tag die fraw zum doctor mit dem wasser. Der doctor besichtiget das wasser, und im besehen lachet er. Die angsthafftige fraw, so sy den doctor sicht lachen, betrübet sy sich fast; dann sy wußt wol, daß ir mann fast kranck lag. Der doctor spricht: ›Euwer herr ist seer kranck, und geschwilt im der bauch; dann er gadt mit einem kind.‹ Die fraw antwortet: ›Herr, wie kan das gesein? Treiben kein speywerck! Mein mann ist seer kranck.‹ Antwortet der doctor: ›Ich sagen euch die warheit; er gadt mit einem kind.‹ – ›Herr‹, sagt die fraw, ›wie gadt das zů? Es ist unmüglich.‹ Antwortet der doctor: ›Ir weiber haben seltzam glüsten, versůchens in all weg; in dem ist euwer mann schwanger worden.‹ Und sy errötet, gedacht in ir selbs einfaltigklich: ›Es mag sein.‹ Unnd fasset widerumb das hertz zů beiden henden, fragt den doctor, wie irem mann zů helffen were. Gab iren die leer: ›Bestellen ein junckfraw, die noch keins manns schuldig ist, unnd verfügens zů euwerem mann; alsdenn wirdt die jungfraw das kind empfahen.‹ Die frauw antwortet: ›Es wirts keine wöllen thůn.‹ Spricht der doctor: ›Keeren fleiß an bey zeit! Sunst verdirbt euwer mann. Dann das muß sein.‹ Noch eins spricht der doctor: ›Was haben ir für ein magt?‹ Antwort die fraw: ›Sy ist so züchtich, mag von denen dingen nichts hören, ich geschwigen erst thůn.‹ Spricht der doctor: ›Versůchends mit ir, keeren euweren müglichen fleiß an und sagen, sy mög den mann beym leben erhalten, mit verheissung einer reychlichen heimsteür; und so sy das kind gewinnt, daß irs für euwer eigen fleisch und blůt wöllen auferziehen!‹

Also schied die fraw vom doctor heimwertz zů ir magt, hielt iren den handel für mit grossem bitten und flehen. Die magt antwortet: ›Liebe fraw, halten ir mich für ein sömliche? Ich wil noch hinnacht auß dem hauß.‹ Die fraw herwider mit grosser bitt und verheissen geradt an sy hin, sy sölle doch irs manns leben ansehen; deßgleichen wölle sy daß kind für ir eigen kind erziehen und sy reichlich außsteüren zů einem [12] gůten gesellen. Nach langer hefftiger bitt verwilget die magt und legt sich zum herrn, welcher gleich in kurtzen tagen wider genaß, und die magt empfieng das kind. Also ward der sache radt, und die fraw hielt der magt alles, was sy iren verheissen hat, und bliben all bey eeren.

Wie aber die magt so bald gebar und nur die halbe zeit, 20 wochen, das kind getragen hat, gewan die fraw ein argwon und gieng wider hin zum doctor und sprach: ›Herr doctor, wie gadts doch zů, daß die magt deß kinds so bald genißt?‹ Antwortet der doctor: ›Mein liebe fraw, wundert euch das? Gredencken ir nit, daß der mann das kind 20 wochen getragen hat unnd die magt auch 20?‹ Spricht die fraw: ›Ja warlich, das ist war,‹ dancket dem doctor unnd schied von im.

Etwan ein jar darnach gieng der doctor ungeferd für die fraw, grůßt sy und lechlet; das treib er zum dickeren mal. Bey dem die fraw abnamm, daß es mit kreüteren zůgangen was, wie man spricht.

5. Von einem abentheürer, der bewert, daß der teüfel zu Costentz

5.
Von einem abentheürer, der bewert, daß der teüfel zů Costentz und der groß gott zů Schaffhusen, auch die Mary zů Einsidlen und er geschwistert weren.

Zů Einsidlen in dem Schweytzerland hat es [sich] begeben, daß vil leüt, ir walfart zů vollbringen, dahin kommen sind. So hat es sich zůgetragen gegen der nacht in einem wirdtshauß, wie man aß, daß die pilgre haben geredt von der liebe Marie zů Einsidlen, wie sy so gar gnedig were, auch von ir wunderzeichen, die sy gethan hette. Under den pilgren was auch ein gůter gesell geradten, der nit der walfart, sunder seiner geschefften halben dahin kommen was, aß auch mit inen ze nacht. Als nun die pilgre so vil gůts der liebe Marie veryehen, redt er auch das sein darzů, sprechende: ›Wie wirdig schetzen ir sy joch, sy ist mein schwester.‹ So das die pilgre, auch der wirdt erhorten, erstauneten sy über dise red, und ward so lautprecht, daß es dem apt auch kundtgethan ward, welcher disen gůten gsellen, so er vom tisch aufstůnd, fahen und über nacht in thurn legen ließ.

[13] Morndes vor radt mit hefftiger klag den übelthäter gestellen ließ, wie daß diser die liebe wirdige můter gottes geschmecht hette und geredt, sy were sein schwester. Nach langer klag fragt man den übelthäter, was er darmit gemeint hette. Antwortet er: ›Ja, die Mary zů Einsidlen ist mein schwester, und daß noch mee ist, der teüfel zů Costentz unnd der groß gott zů Schaffhausen meine gebrüder.‹ Der radt entsatzt sich ab diser red, unnd stiessen die köpff zůsamen, sprechende: ›Gwiß ist diser ein heiligenschmeher.‹ Der oberist richter fragt in weiter, umb etwas mer auß im ze bringen: ›Wie darffst du die schnöde wort allhie außstossen, so von allen landen yetz pilgre hie sind, welches allenthalben erschallen wirdt?‹ Antwortet der übelthäter: ›Ich hab recht geredt; denn mein vatter ist ein bildhauwer gewesen, der den teüfel zů Costentz gemacht hat, und auch den grossen gott zů Schaffhausen und euwere Mary, auch mich; darumb sind wir geschwistert.‹ Also lachen sy all und liessen in ledig.

6. Von zweyen zenckischen bauren

6.
Von zweyen zenckischen bauren, deren einer des burgemeisters fraw fragt: Sind ir nit auch ein hůr?

In einem flecken sassen zwen bauren, welche nachpauren waren, die lagen einanderen für und für im har unnd konten nit mit einander gestellen, also daß sy offt den burgemeister überluffen, welcher ein unwillen ab inen gewan.

Auff ein zeit kommen sy aber für des burgemeisters hauß, und der ein klopffet ungestümigklich an. In dem laufft die fraw hinab und laßt sy eyn. Als sy nun die zwen zenckisch bauren ersicht, sprichts: ›Ir unrüwig leüt, sind ir aber vorhanden? Wie gadts doch zů, daß ir bauren so an einander kommen mit hadern, fetzen und rauffen? Ir sind doch unrüwig leüt!‹ Antwortet der ein baur: ›Fraw, sind ir nit auch ein hůr?‹ Die fraw herwider mit scheltworten an bauren hin: ›Du laur, du schelm, darumb můßt du mir ein stand thůn; ich wil dich desse nit erlassen.‹ Der baur antwortet: ›So kommen wir bauren an einander. Ich hab euch nur gfragt, ob ir ein hůr seyen.‹

7. Von einem lantzknecht und Herr gott behüt uns

[14] 7.
Von einem lantzknecht und Herr gott behüt uns.

Im Schweytzerland gen Zürych ist kommen ein lantzknecht in ein wirdtshauß und den wirdt begrüßt umb herberg, dem der wirdt herberg zůgesagt. Zů nacht im essen hat der wirdt dem lantzknecht gar ein sauren wein fürgestelt, der von einem übelgeradtnen jar was, und so die leüt in truncken, sprachen sy: ›Herr gott behüt uns, wie ist der wein so saur!‹, also daß der wein von dem jar den nammen behielt ›Herr gott behüt uns‹. Als nun der lantzknecht aß unnd auch den sauren wein versůcht, spricht er: ›Botts tauben ast, herr wirdt, wie ist der wein so saur!‹ Antwortet der wirdt: ›Unsere wein sind der art, daß sy erst im alter gůt werden.‹ Spricht der lantzknecht: ›Wirdt, ja wenn er so alt wurde, daß er auff krucken gienge, wurde nichts gůts darauß.‹

8. Von brüderlicher treüw

8.
Von brüderlicher treüw.

Zů Bern haben gewont zwen gůt freünd mit nammen Mathias Apiarius der ein und Hans Ypocras der ander. Der Ypocras was dem Apiario schuldig etwas gelt. Nun auff ein zeit schickt der Apiarius sein fraw zum Ypocras, von im gelt ze forderen. Der Ypocras gibt ir die antwort: ›Euwer mann ist mir auch schuldig.‹ Sy spricht: ›Was ist er dir schuldig?‹ Dann sy hat gůt wüssen, daß es alles verrechnet was und irem mann bey der rechnung schuldig was bliben. Antwortet der schuldner: ›Er weißts wol.‹

Also schied das weib zornigklich von im und klagets irem mann. Welcher, sobald er das hort, gieng in einem zorn eylentz selbs zů im und spricht: ›Wie darffst dus reden, daß ich dir schuldig sye?‹ Antwortet der Ypocras: ›Du bist mir schuldig.‹ Yener herwider: ›Du sparst die warheit; ich bin dir nichts schuldig.‹ Und triben solche zanckwort so lang, biß daß der Apiarius gar in zorn bewegt ward, daß der schuldner besorgt, es möcht zů streichen geradten; spricht mit lachendem [15] mund: ›Du bist mir brüderliche lieb unnd treüw schuldig.‹ Von deß wegen der Apiarius, wiewol er seer erzürnt war, ward lachen, und vertrůgen sich zeletst gütigklich.

9. Von zweyen bauren, die einem apt schuldig waren

9.
Von zweyen bauren, die einem apt schuldig waren.

Auff ein zeit waren zwen bauren einem apt schuldig etlich versessen zinß und wurden zů radt, den apt umb lenger zyl ze bitten. Kommen fürs closter und wurden von dem portner eyngelassen; es was aber umb essenszeit. Die zwen eylten der conventstuben zů, vermeinten, den apt alda ze finden. Der apt saß mit seinen edlen ze tisch unnd seine diener an einem besonderen tisch. Nun wie die zwen bauren die thür aufthaten und den apt also ze tisch sitzen sehen, erschrickt der ein baur, tritt hinder sich und gadt hinweg. Der ander aber gadt freflich hineyn und trang zwischen die diener hinein zum tisch und aß, als hett er zinß bracht. Der apt, sobald er das erblickt, spricht er zů einem edlen, der neben im saß: ›Da sitzet ein schamper baur. Wie hat er sich hineyngeflickt zum tisch! Er ist mir nichts mer schuldig.‹ Welchs faßt der baur in sein or und macht sich, nachdem er gessen hat, wider heim.

Als er aber nachmals wider von dem apt angesůcht ward umb die schuld, spricht der baur zum apt: ›Gnediger herr, es ist euwer gnaden wol kundt, daß ich euch nichts mer schuldig bin. Dann ir zum neheren mal im essen sprachen zum edelmann, der neben euch saß: Der baur ist mir nichts mer schuldig.‹ Und der apt ließ es auch also berůwen.

10. Von einem beyerischen bauren, der neün tag ein lässer was

10.
Von einem beyerischen bauren, der neün tag ein lässer was.

Es begab sich, daß ein reicher kauffmann seiner handtierung nach durch das Beyerland reit; und wie er ungeferd einen gatter antraff bey eines bauren hauß, dardurch [16] er reiten můßt, den kundt er nit aufthůn, rüfft dem bauren zů, er sol im den gatter aufthůn. Der baur schruw mit heller stimm: ›Es ist niemant in dem hauß; das gesind ist auff dem veld, und ich ligen hinder einem umbhang, bin ein lässer.‹ Spricht der kauffmann: ›Wie lang bist ein lässer geweßt?‹ Antwort der baur: ›Morn ist der neündt tag.‹ Also thůt der kauffmann mit übelzeiten den gatter zeletst selb auf und spricht zum bauren: ›Sehin, da auff dem gatter ligt ein taler, und thů der lässy gnůg!‹ Hat aber nichts dar gelegt unnd reit hinweg. Wie das der baur erhort, geschwind zum hauß auß und wolt den taler holen, fand aber keinen. Also ward der baur vom kauffmann auß dem hauß genärrt.

11. Von einem wirdt, der seinen gesten ein tracht

11.
Von einem wirdt, der seinen gesten ein tracht umb ein taler verkaufft.

Es hatten sich gůt nachpauren vereint unnd wurden zů radt, ein gůt mal bey einander ze essen, schlůgens an in ein wirdtshauß, da inen alles wol zůgerüßt ward. So sy nun ze tisch sassen, trug inen der wirdt tapffer auf, redt sy offt an, sy solten gůter dingen seyn, es gange noch alles umbsunst zů unnd essen vergebens, biß daß er ein gůten bratnen kapaunen auftrůg, so spricht er: ›Das kostet ein taler.‹

In dem kumpt ein rollwagen mit kauffleüten, die gen Franckfurt wolten. Alsbald der wirdt das erhort, laufft hinauß und empfacht die gest. Nit ungeschwind der gesten einer, die da assend, verbirgt den bratnen kapaunen und laßt die schüssel also lär stan. In dem kumpt der haußknecht und schenckt eyn. Der gesten einer redt in an, sprechend: ›Haußknecht, bringt mee zů essen!‹ Der haußknecht fordert mee speyß in der kuchy von der wirdtin und bringt den gesten ein reißmůß mit gebachnen fischen umblegt.

Nachdem die gest unnd nachpauren wolgelebt hatten, hiessen sy den wirdt die zech machen, welcher spricht: ›Liebe gest und nachpauren, was ir gessen haben, das gesägne euch gott und sye euch geschenckt, on allein der braten kapaun [17] kostet ein taler. Unnd haben hiemit vor gůt!‹ Der aber den kapaunen verborgen hat, spricht von aller wegen: ›Uns nit! Wir wöllen den kapaunen nit so theür kauffen.‹ Und gab darmit dem wirdt seinen kapaunen wider, welcher in wider nam, was aber nit wol zefriden.

12. Von kauffmannsknechten, die von Franckfurt aufer ze fuß

12.
Von kauffmannsknechten, die von Franckfurt aufer ze fůß heimzugen, wie sy bey einem wirdt nichts anders haben wöllen essen dann treüschy-läberle.

Nach einer Franckfurter messz haben etlich kauffleüt auß dem Schweitzerland ire knecht ze fůß wider heimgeschickt ein tag oder zwen, ee sy hernachkamen. Nit weit von Speir in ein wirdtshauß sind die diener kommen, welches an der straß lag. Und als sy nun wol bezecht waren, wurdens eins, noch ein gůt mal ze essen, nichts anders dann eytel treüschy-läberle, überredten den wirdt, daß ers inen zůrußte; ließ es im aber wol bezalen. Nun so sy můtwillig genůg waren geweßt, sind sy dannen verruckt, haben sömlichs offt geübt, ee sy heimkamen.

Über ein tag kamen ire herren hernach zů rossz und geriedten ungeferd auch in das wirdtshauß, da ire knecht die treüschy-läberle gessen hatten. Der wirdt bots inen wol nach seim vermögen. Einer under den kauffherren fraget den wirdt, ob er keine treüschen hette, solte inen ein gůt essen visch zůrüsten. Der wirdt gedacht: ›Möchten dir die treüschen noch einmal bezart werden,‹ kochet inen die treüschen, deren läberle ire knecht gessen hatten. So nun die kauffherren essen und auch einer under inen die läberle sůchet, fand er keine. Deßhalb er den wirdt zů red stalt, sprechend: ›Wirdt, die treüschen sehen ich wol,‹ aber die läberle nienen. Antwortet der wirdt: ›Ich můß euch die warheit verjehen. Es sind erst necht etlich jung gesellen hin verruckt, haben mir die läberle wol bezalt. Geben ir umb die treüschen, was ir wöllen!‹ Also gedachten die kauffleüt: ›Gewiß sinds unsere diener geweßt.‹ Unnd bezalten dem wirdt die treüschen gleych, als hetten sy die [18] läberle behebt. Und speicht ye einer den andern; es gedacht aber ein yeder in seinem můt: ›Kumb ich heim, wils meinem knecht wol vergelten.‹

13. Von einem pfarrherrn, der seine underthanen straffet

13.
Von einem pfarrherrn, der seine underthanen straffet, sy sollen einander nit so fräfenlich heissen liegen; so doch einer leügt, solle gleych der ander darzů pfeiffen.

In einem dorff hats verweent, schalckhafft, böß bauren, die offt im wirdtshauß unnd sunst mit scheltworten unnd einander heissen liegen, zum offtermal zůsamen schlůgen und stachen, welches der pfarrherr zum dickerenmal an der kantzel inen hat gewert, unnd aber leider nichts halff.

Auff ein zeit an einem sonntag, so der gůt herr nit vil studiert hat unnd seinen bauren solt predigen, fieng er aber an inen ir scheltwort zů erzellen, sprechend: ›Ir sind doch unsälig bauren. Hab euch yetz ein lange zeit gewert das flůchen, schweren, heissen einander liegen, schlahen unnd rauffen; und es ist aber ye länger ye böser, heissen einander so fräfelich liegen, auß dem dann aller hader und zanck sich erhebt. So einer doch leügt und, ders hört, in seiner lügen halben straffen wil, spreche er nit trutzlich: »Du leügst«, sunder pfeiffe darzů. So wirts dann diser wol mercken unnd in einem gespött ziehen. Pfuch, es zimpt euch nit.‹ Und das merckt auch ein schamper baur dahinden in der kirchen.

Der pfarrherr ließ von dem unnd prediget inen von der erschaffung des ersten menschen, sprechende: ›Lieben underthanen, der allmechtig gott, so er himmel und erden gemacht, hat es in gůt gedacht, den menschen ze machen, und hat einen leimklotzen zůsamengewaltzet, geformiert wie einen menschen und demnach in an einen zaun gelenet, daß er erkechete.‹ So das der schamper baur erhort, pfeiffet er überlaut. Welches der pfarrherr mercket und spricht: ›Wie, baur, meinst, ich lieg?‹ – ›Nein, herr,‹ antwortet der baur, ›wer hat aber den zaun gemacht, so noch kein mensch auff erden ist geweßt?‹ Man spricht: ›Wie der pfaff, also sind auch seine underthanen.‹

14. Von zweyen lantzknechten, die mit einander in krieg zohen

[19] 14.
Von zweyen lantzknechten, die mit einander in krieg zohen.

Zwen gůt gesellen zohen mit einander in krieg; und als es sich dann offt begibt, wenn man gemustert unnd die knecht geschworen haben, daß man die fenlin verschicket, eins hieher, das ander dort außhin, also kamen dise zwen gesellen auch von einander, daß sy lang nit zůsamenkamen, biß daß ein schlacht geschach unnd die haufen geurlaubt wurden.

Als sy aber im heimziehen waren, kamen sy auff der straß ungeferlich wider zůsamen unnd reißten also ein tag oder zwen mit einander. In dem sich vil reden zwischen inn begaben, wie es eim yeden gangen war. Es was aber der ein seer reich worden, vil gelts und kleinot überkommen, der ander hat gar nichts. Deßhalb der reich sein spottet und sprach: ›Wie hast du im doch gethon, daß du so gar nichts hast überkommen?‹ Der arm antwortet und sprach: ›Ich hab mich meiner besöldung beholffen, nit gespilt, noch den armen bauren das iren genommen; sy haben mich zů übel gedurt.‹ Diser sprach: ›So hör ich wol, du bist der krieger einer, denen Joannes in der wüste prediget, sy solten sich an irem sold benügen lassen.‹ Der arm antwortet: ›Ja, ich meint, es were nit übel gethan.‹ Der ander sprach: ›Ach nein, mein lieber brůder, dieselbig zeit ist nümmen, es gadt yetz anderst zů. Wenn du wilt barmhertzig sein und nit drauff greiffen, überkompst dein lebtag nichts; du můßt im thůn, wie ich im gethan hab. Ich hab mich nit gsaumpt mis kistenfägen und andren rencken; du můßt es nemmen, wo důs findest, und dir niemants lassen zů lieb sein.‹ Der arm gedacht der red nach.

Es begab sich, daß sy zů nacht in ein kammer schlaffen gewisen wurden, und der arm hat acht, wo der reich sein seckel und kleinot hinlegt, stůnd in aller stille umb mittnacht auf und erwütscht auß des reichen täschen ein guldin kettlein unnd etwan für zehen gulden müntz, macht sich mit dem darvon vor tag. Do es aber tag ward, erwachet sein gesell unnd fand seinen brůder nit, gedacht gleich, es wirt nit recht zůgan, unnd ergreifft seine bulgen, lůgt; so manglet er der ketten [20] unnd des gelts. Darumb er seim gesellen auff dem fůß nacheylet und ergreiff in zů Nürenberg, liesse in da gefencklich annemmen.

Und als ein ersamer radt den gefangnen zů red stalt, warumb er dem die ketten sampt dem gelt entragen hette, gabe er antwort: ›Er hats mich geheissen.‹ Der ander verneinets, er hetts in nit geheissen; diser bestůnd, er hetts in geheissen. Nun die herren begereten ein rechten bericht vom armen, wie ers in geheissen hett. Do erzellet der arm, wie er im hette ein leer geben, er solte thůn, wie er im gethon hette, er solt kein barmhertzigkeit mit niemant han, sunder solts nemmen, wo ers funde; er hett im auch also gethan, so hette ers nienen baß können bekommen und belder dann bey seim gesellen, der bey im in der kammer gelegen were. Also erkannten die herren, er solt im die kettin widergeben unnd er das gelt behalten, damit er wider heim möcht zerung haben, und diser solt keinen also mer leeren reich werden.

15. Von einem lantzknecht, der nur drey wort begert

15.
Von einem lantzknecht, der nur drey wort begert mit seinem hauptmann zů reden.

Ein armer einfacher lantzknecht leidet grossen hunger; wiewol proviant gnůg im leger war, so hat er doch kein gelt, daß ers kauffet. Derhalben treib in die not dahin, daß er für den hauptmann begert in hoffnung, er solt im etwas fürsetzen. Es hat aber der hauptmann etlich groß Hansen ze gast geladen, deßhalben die trabanten disen armen knecht nit für in lassen wolten.

Als er aber nun on underlaß batt, man solt in doch für den hauptmann lassen, er hette nit mer dann drey wort mit im zů reden, was da auch ein nasser vogel under den trabanten; den wundert, was er doch mit drey worten könte außrichten, und sagt es dem hauptmann bey der leng, wie sich die red hat zůgetragen. Der hauptmann mit sampt seinen gesten, die auch wol bezecht waren, sprachen: ›Laß in hereyn! [21] Und redt er mer dann drey wort, so wöllen wir in in die eysen schlahen lassen.‹

Also ward er für den hauptmann in den sal gelassen. Der in fragt: ›Was begerst du, das du mit drey worten wilt außrichten?‹ Antwort der lantzknecht: ›Gelt oder urlaub.‹ Do lachet der hauptmann und alle seine gest, und setzt im der hauptmann ein monat sold für biß zůr bezalung.

16. Von einem schneider, dem sein frauw fladen für faden kaufft

16.
Von einem schneider, dem sein frauw fladen für faden kaufft.

Ein alter karger schneider hat ein schöne junge fraw, deren er zů keiner zeit ein schleck vergundt. Und auff ein zeit gab er ir gelt, sy solt faden kauffen; es war eben nach osteren, daß man die gůten warmen eyerfladen feil hat. Unnd als das gůt jung weib für die gůten neüwgebachnen fladen hingieng und sie iren also wol in die nasen ruchen, kam sy ein solcher grosser glust an, also daß sy ir nit kundt abbrechen, unnd kaufft umb das gelt fladen und trůg sy zů hauß. Der mann ward zornig und sagt: ›Ich hab dich geheissen faden kauffen.‹ Und flůcht ir übel. Die gůt fraw sprach: ›Ach mein lieber haußwirt, nit zürne so seer! Es laut fast gleich faden und fladen; ich habs fürwar überhört.‹ Der mann schweig still und ließ es also hingon unnd kaufft im selbs faden.

Es stůnd also an biß umb den herpst, daß der mann aber zů schaffen hat und gab seiner frawen gelt, sy solt im zwirn kauffen. Die frauw kam auff den marckt; da waren die schönsten biren feil, daß sy nit mocht fürgon und kaufft umb das gelt biren. Und als sy die heimbracht, ward der mann aber zornig unnd sprach: ›Ich hab dich nit geheissen biren, sunder zwirn kauffen.‹ Die frauw sprach: ›Lieber haußwirt, ich hab fürwar verstanden biren.‹ Der mann gedacht in im selbs: ›Zwirn birn, zwirn birn, es laut schier gleich‹, und ließ es aber also hingon.

Es stůnd an biß umb sant Martinstag, do schickt er das weib aber auß nätz kauffen. Die frauw gedacht: ›Du [22] hast dein mann zwey mal genärrt; was sich zweyet, das drittet sich gern‹, und kaufft ein ganß. Und do sy die ganß zů hauß bracht, verwundert sich der mann und sprach: ›Fraw, hab ich dich nit geheissen nätz kauffen?‹ Die fraw sprach: ›Ich habs fürwar überhört. Laut es nit fast gleich?‹ Der mann sprach: ›Nein, liebe haußfraw; ich můß dir die oren aufthůn, auff daß du nicht gar daub werdest.‹ Und erwüscht ein gůt schwär ellenmeß, schlůg es iren umb den kopff und sprach zů eim yeden streich ein wort: ›Faden, fladen, zwirn, birn, nätz, ganß‹ etc. unnd treib das so lang, biß daß die fraw mordio schruw und sagt: ›O hör auf, lieber mann! Die oren sind mir nunmer wol dünn worden; ich wil nümmen mißhören.‹ Also, was er ir darnach befalch zů kauffen, richt sy fleissig auß und ward nümmen irr in den nammen.

17. Einer leidt mit seiner frauwen lieb und leidt

17.
Einer leidt mit seiner frauwen lieb und leidt.

Ein schneider, fast ein zenckischer mensch, welchem die frauw, wiewol sie frumm unnd treüw was, so kundt sy im doch nimmer recht thůn; er war allweg mit ir zů unfriden, schlůg unnd raufft sy stetz. Deßhalb die oberkeit darinn sehen můßt und legt in ein zeitlang in gefencknuß. Unnd als man meint, er hette nun wol gebüßt, er solt witzig werden und mit seinem weib furthin freüntlich läben, ließ man in wider herauß; er aber můßt ein eydt schweren, das weib nimmer zů schlahen, sunder solt freündtlich mit ir leben, auch lieb und leid mit leiden, wie sich under eeleüten gebürt. Der schneider schwůr.

Als er nun ein zeit lang fridlich mit ir lebt, kam im seine alte weiß wider an, daß er mit ir zanckt; er dorfft sy aber nit schlagen, darumb wolt er sy bey dem har erwütschen. Das weib aber war im zů geschwind und entsprang; do erwütscht er die schär und warffs ir nach, jagt sy im hof umb, und was er erwütscht, warff er ir nach. Wenn er sy traff, so lachet er, unnd wenn er iren felt, flůcht er. Das treib er so lang, biß ir die nachpauren zů hilff kamen.

Der schneider ward wider für die herren beschickt, die [23] hielten im für, ob er nit wußt, was er geschworen hett. Antwort der schneider: ›Lieben herren, ich hab mein eyd gehalten; hab sy nit geschlagen, sunder, wie ir mir befolhen haben, sol lieb und leid mit ir leiden, das hab ich gethan.‹ Die herren sagten: ›Wie kan das sein? Sy fürt doch ein grosse klag.‹ Er antwortet unnd sprach: ›Ich hab sy nur ein wenig bey dem haar wöllen ziehen, also ist sy mir entwichen; do bin ich ir nachgeilt, nach ir mit benglen und, was ich erwütscht hab, geworffen. Wenn ich sy hab troffen, ist es mir lieb gewesen und ir leid; wenn ich hab gefelt, ist es ir lieb gewesen und mir leid. Also hab ich ir lieb und leid mit ir gelitten, wie ir mir befolhen haben.‹ Solch findt man etwan fantasten, mit denen man ein gantz jar zů schaffen hett, so man inen losete. Die herren geboten im, er solt sy nit mer schlagen, auch kein lieb noch leid in solcher gestalt mer mit ir leiden, sunder lůgen, daß das weib kein klag mer über in fůrt, es wurde im nümmen mit einem schertz außschlitzen.

18. Von einem armen edelmann, der gelt entlenet hett

18.
Von einem armen edelmann, der gelt entlenet hett.

Ein armer edelmann hat von einer gmeind in einem dorff etlich gelt entlehnet und sich verbriefft, auch aller schirm und freyheit verzigen; wo er die zinß nit zů iren zilen erleget, solt man macht haben, auff in zů leisten oder in gefencklich anzůnemmen. Nun ließ er etlich zinß zůsamenkommen, und was im die bauren emboten, so gab er nichts darumb, also daß sy zůletst auff in leisten liessen. Aber im lag nichts daran; dann wenn sy schon lang leisteten, můßten sy den kosten selbs zalen. Sy konten im nit vil nemmen, dann er hat nichts, also daß sy entlich zů Rotweil erlangten, wo sy in ergreiffen möchten und er sy nit von stund an augenblicklich zalte, daß sy in in gefengknuß legen möchten. Also fertigten sy ein botten ab, der in sůchen solt, so lang biß er in funde, unnd kein lenger zil solt geben, sunder von stund an gelt oder in gefengknuß legen.

[24] Der bott ergreifft den edelmann in einem dorff under eim scherer sitzende, unnd ließ im den bart scheren. Und der bott mit ungestüme fůr in an, wolt das gelt von im haben. Der edelmann sprach: ›Thů gemach, ich will dich zalen.‹ Der bott antwortet: ›Ich hab den befelch, euch nit von hand zů lassen, sunder von stund an das gelt von euch zů empfahen.‹ Der edelmann sprach: ›Magst du warten, biß ich den bart vollen abschir?‹ Der bott antwortet: ›Das wil ich thůn.‹ Do sagt der edelmann zum scherer: ›Hör auf scheren!‹ und ließ also den halben bart stan. Do sprach der bott: ›Juncker, wölt ir nit volls abscheren?‹ Der edelmann sagt: ›Nein! Du hast mir zůgesagt zů warten, biß ich volls geschoren hab; darumb wart, so lang du wilt, wirst nit erwarten, daß ich den bart gar abschir; ich müßte dich sunst zalen.‹ Do sahe der bott, daß er betrogen war, lieff eylentz zů dem schultheiß und wolt den edelmann lassen gefengklich annemmen; in dem halff im der scherer darvon.

Also wart der bott noch, biß er den bart gar abschirt, und wirt den bauren nichts. Darumb ist es nit gůt, wenn die bauren den edelleüten leyhen: es ist das widerspil, die edelleüt sollen den bauren leyhen.

19. Von einem landfarer, der hundsthonier für katzethonier

19.
Von einem landfarer, der hundsthonier für katzethonier den kürßneren verkauffet.

Vor zeiten, als man noch in aller welt paternoster trůge und die katzethonier in hochem wert gehalten wurden, daß etlich krämer unnd landfarer im land umbherzogen unnd mit den katzethonier haussierten (das ist von hauß zů hauß lůgten, wo sy möchten gelt bekommen), also war auch ein gůt gesell, (ich acht, daß er auch zů Ryblingen gewesen war, wie man dann auch wol schamper knaben under den landfarern findt) der kam gen Harlem in Holand. Als er schier die gantz statt außgehausiert hette und aber wenig gelt gelößt, hört er an den gassen ungeferd im fürgan in einem hauß ein groß geschrey und jubilieren, gedacht: ›Hie hinein můßt; es wirt etwas geben.‹

[25] Er tritt herein und fragt einen auftrager, was das für leüt weren. Welcher antwortet: ›Das ist der kürßner trinckhauß, und sind allhie versamlet weib und mann, die gantze zunfft, wie dann ir brauch ist, daß sy zum jar einmal oder dreyssig bey einander gůter dingen sind und hie zůsamenkommen.‹ So das der krämer hort, gedacht er, wurde nit vil schaffen und were gern mit fůg wider hinaußgewest, wußt aber nit wie. Also nam er sich an, er were ein hofierer; dann er auch meistergesang kundt, das seer beyn kürßneren im brauch ist. Wie er nun ein lied oder zwey gesungen hett, zohen sy in zum tisch, daß er bey inen seß und mittzechte. Do er nun auch ein trunck überkam, hett auch gern gelt gelößt, forcht doch, wo er vil von katzethoniern sagt, sy wurden in die stegen abwerffen, und fiel im ein, er wölt die stein hundtzethonier heissen. Zoch sein kram herfür unnd zeiget inen schöne paternoster von katzethonier und sprach: ›Lieben herren, wer kaufft schöne hundtzethonier?‹ Unnd gefielen inen so wol, daß er etwan vil verkaufft; und macht sich mit dem gelt darvon, dancket gott, daß die kürßner nit fast fragten, was hundtzethonier weren und er ungeschlagen darvon kam.

20. Von einem münch, der einer tochter ein dorn auß dem fuß zog

20.
Von einem münch, der einer tochter ein dorn auß dem fůß zog.

Ein barfüssermünch gienge auff der termeney, umb käß unnd eyer zů samlen; der hat in einem dorff sunderlichs vertrauwen bey einer alten reichen beürin; sy gab im allweg mer dann einem andern münch. Auff ein zeit kam er aber, käß zů bättlen; und als sy im ein käß und die ostereyer geben hett, fragt er: ›Můter, wo ist euwer tochter Gredt, daß ich sy nit sihe?‹ Die můter antwortet: ›Ach, sy ligt daoben im bett unnd ist gar schwach; sie hat inn ein torn getretten, darvon ir der fůß seer groß gschwollen ist.‹ Der münch sprach: ›Ich můß sy gon besehen, ob ich ir helffen künte.‹ Die můter sagt: ›Ja, lieber herr Thilman, so will ich eüch dieweil ein suppen machen.‹

[26] Der münch kam zů der tochter und begriff ir den fůß mit dem dorn, darvon sich die tochter ein wenig übel gehůbe; aber die můter meint, der münch arbeyt sich also an dem dorn unnd schreye der dochter zů: ›Leid dich, mein liebs kind! So wirt dir, geholffen.‹ Alß aber der münch fertig war, zohe er die stiegen wider herab, nam sein sack unnd macht sich zům hauß auß. Die můter sprach: ›Essend vor die supp!‹ Der münch sprach: ›Nein, es ist heüt mein fasttag.‹ Dann er dacht wol, es wär nit lang mist da zů machen.

Und alß die můter zů der tochter kam, befand sie, daß er anders mit ir gehandlet hett, dann den dorn betraff, und nam ein gůten bengel unnd wartet, wann der münch auff der andern seyten deß dorffs wider herauffkem. Und alß sy in sahe kummen, nam sie den bengel, hůb in an iren rucken unnd in die ander hand ein käß und růfft dem münch: ›Herr Thillman, kumbt här, nembt noch ein käß!‹ Aber der münch marckt den bossen und sprach: ›Nein, můter, es wär zů vil. Es ist nit der brauch, man gibt nicht zweymal vor einer thür.‹ Also treüwet im die beürin mit dem bengel unnd sprach: ›Münch, das loß dir gůt sein, das du nit für mein thür bist kommen! Ich wolt dir sunst deß dorns han geben.‹

Also drolt sich, der münch darvon und kam nit mer in das dorff, käß zů samlen; dann er gedacht wol, die můter wurd es im nit vergessen.

21. Von eim außgelauffnen münch, der mit der gschrifft überwunden

21.
Von eim außgelauffnen münch, der mit der gschrifft überwunden ward.

Ein außgelauffner münch kame auff die loblich kunst der truckerey, versprach sich, vier jar zů lernen; und alß er ein kurtze zeyt darbey war, zohe er das gasthütlin bald ab, also daß schier alles geschwetz sein war; waß man sagt, so wolt ers baß wissen dann die andern gesellen, unnd sunderlich auß der bibel und testament; und alle menschen ertaubt er mit seim disputieren. Wie aber der brauch auff truckerey ist, das man ein andern wol kan vexieren, also waß auch ein setzer, [27] der ein grosser vexator und im seer wol mit gůten schwencken war; der sprach auff ein zeit zů dem münch: ›Du treibst allweg vil geschwetz meer dann ander gesellen, und bist doch nicht gegründet in der geschrifft. Ist es dir gelegen, so wil ich biß sontag, so wir nitt dörffen arbeiten, ein kurtze disputation mit dir halten; doch so ferr, daß da nichts gehandlet werde dann mit der geschrifft, also das sich ein jeder mit der geschrifft behelff unnd were, unnd sollen die andern gesellen zůhören unnd richter sein.‹ Der münch war wol zůfriden, und versprachen also einandern die disputation.

Alß nun der sontag kame und sie zůsamen sassen, hette sich der münch mit seiner bibel, testament unnd waß er denn vermeint für bücher im darzů dienstlich sein, versehen; der setzer alß ein groser speyvogel hatt im in ein sack gethon ettwan auff fünff oder sechs pfundt bůchstaben, welche man auch auff truckerey nit anders dann gschrifft heist oder nennt. Unnd alß sie anfiengen zů disputieren und der münch im vil hoher und grosser fragen, als er meint, aufgab unnd der setzer im stetz mit lachendem mund spöttliche antwort gab, also das der münch verstůnd, das er in vexiert (wie dann der münch art ist, waß sie dörffen dencken, dörffen sie auch thůn), wuscht er auf und fiele dem setzer inß har. Aber der setzer war nicht faul und wuscht mit seim sack herfür, darinn die gschrifft war und schlůge sie dem münch umb den kopff unnd lenden, wo er in treffen kunt, daß der münch mordio schrey und die gesellen im zů hilff můsten kummen.

Also můst diser münch den spott zů den streichen han, und erkanten die gesellen, das der setzer solt gewunnen han unnd der münch mit der gschrifft überwunden wär. Also ward der münch darnach ein wenig still; dann wann er ettwaß anfieng, trauweten im die gesellen auff die geschrifft, sprechende: ›Můß man aber die gschrifft empfindtlich mit dir brauchen?‹

22. Von einem bauren, der wachendt schlieff

22.
Von einem bauren, der wachendt schlieff.

Zwen bauren waren gůte nachbauren und die heüser zůnechst [28] an einander; und auff ein morgen, doch nicht gar zů frü, kam der ein für deß andern fenster unnd klopffet mit einem finger daran. Aber der ander lag noch hinder dem ofen in der hell und mocht vor faulkeit nit aufston; und wie diser, also am fenster klopfft, schrey er mit lauter stimm herfür und sprach: ›Wer da?‹ Der vor dem fenster sprach: ›Ich bins. Nachbaur Cůnrat, waß thůnd ir?‹ Der imm bett gab im wider antwort: ›Ich lig hie und schlaff. Waß wer euch lieb, nachbaur?‹ Der vor dem fenster sprach: ›Wann ir nit schlieffen, wolt ich eüch umb euwern wagen betten; ich will aber schier, wann ir erwachen, widerkummen.‹

Solche einfaltige bauren findt man nit vil alß diser, der meint, darumb er noch im bett lege, schlieff er auch.

23. Von einem abenteurer zu Venedig, der sich stalt

23.
Von einem abenteurer zů Venedig, der sich stalt, als were er todt, damit er sein haußzins zalt.

Zů Venedig ist der brauch, wie fast an andern orten oder in vil stetten auch, also das gewonlich haußzins für alle ander schuld müssen zalt werden, unnd hand vast die centelomen oder edellüt die heüser zů verleihen; dann man wol ein edelmann findt, der so vil heüser hat und grosse zinß darauß aufhept, daß er darvon mag herrlich haußhalten. Es war aber ein abenteürer, ein verdorbner würt, wölcher zůvor manchen seltzamen schwanck gerissen hette, der war inn das viert jar in einem hauß gesessen unnd hette noch nie kein zinß darvon zalt, sunder den haußherrn oder patronen allweg mit gůten worten und betten aufgehalten, biß so lang das er im zůletst für gericht bieten unnd ließ vil kosten darauff triben, im auff die presun oder gefencknuß treuwet.

Domit diser verdorben würt wol gedacht, es wurde kein gůt end nemmen; deßhalben macht er ein solchen anschlag mit seinem weib, weß sie sich halten solt, wann der haußherr wolt bezalt sein. Unnd auff ein tag, alß er wol wißt, das er kummen wurde, wartet er und sein fraw mit grossem fleiß daruff, unnd alß sie den centelomen mitsampt den schergen [29] sahen kummen, nachdem die gaß zimlich lang was, daß sie in wol sehen kunten, und schon das hauß mit schergen umb die thür, ob er wolt entlauffen, bewart war, hatt er mit seinem weib disen anschlag gemacht, also das er sich in der kammer auff die erden an den rucken niderlegt, und deckt sein weib ein schwartz tůch mit einem weissen kreütz auff in, und zwey liechter also brünnen zů im, eins zů haupten und das ander zůn füssen, aller gestalt alß ob er gestorben und ein leich wäre.

Wie nun der edelmann für die thür kam und klopfft, und sich die schergen verborgen hetten mit befelch, sobald die thür aufgienge, solten sie hernachtrucken und in gefencklich annemmen und in die presun füren, alß im aber die fraw aufthet, war der edelmann also erzürnt unnd begirig auff den würt, das er mit der frauwen nit vil wort macht, sunder eylends die stiegen hienauftrang und die schergen im geschwind nach. Also lieff inn die frauw ouch behend nach, und mit grossem schreien, klagen und weinen stieß stieß sie die kammerthür auf, da der würt inn lag auff der erd, und schrey mit lauter stimm: ›O magnifica munsör, misericordia!‹ und sagt dem centelomen, er wär an der pestia oder pestilentz gestorben. Do das der edelman erhort (dann sie die pestilentz seer übel förchten), erschrack er sampt seinen schergen so übel, das er schier vor angst zůruck wär die stiegen abgefallen, eylet auß dem hauß. Unnd alß er heimkam, name er sein register oder schuldbůch, so über die haußzinß sagt, und vor schrecken und zorn so thet ers nicht, wie sunst der brauch ist, mit einer feder durch, sunder weil er an der pestilentz war gestorben, war er seinem nammen also feind, daß er das gantz blatt, darinn alle rechnung, die disen würt betraff, auß dem schuldbůch reiß und verbrennt.

Aber der würt und sein frauw saumpten sich nit lang, sunder betten ein andere kammer bestanden und lerten im sein hauß, also das diser centelom nit wißt, wo die frauw hin was kummen; dann er versahe sich nüt anders, dann der mann wäre begraben. Also blibe es ettwan lang anston, das sich diser würdt nicht wol dorfft lassen sähen; und doch zůletst thet er sich wider herfür. Und auff einmal begegnet [30] er dem edelman auf sanct Marx platz. So er aber den ersicht, thůt er geschwind das recht aug hart zů und gadt also fort sein wäg. Der edelman stůnd still und sahe im nach und sprach wider sich selbs: ›A la fe de diu, (das ist zů teutsch: bey der warheit gottes) wann dieser beide augen hette, so schwüre ich ein eydt, mein verlorner schuldner wäre wider vom tod aufgestanden.‹ Alß er im aber zům offternmal begegnet ward, gewan der edelman zůletst ein argwon und wundert sich ye lenger ye mer, das ein man dem andern so gleich solt sehen.

Und auff ein zeit gieng der würt aber für in, und stiessen sie beide so kurtz auff einandern, das der würt hatt vergessen, das ein äug zůzethůn. Dabey in der edelman ward erkennen und fiele im in sein kapp und sprach: ›Hey du schalck, gastu noch da, und ich meint, du wärest gestorben!‹ und schleifft in mit im heim unnd zeücht sein schuldbůch härfür, wil lůgen, wievil zinß er im schuldig ist. So kan er nichts darinn finden unnd besann sich erst, das ers herauß hette gezert. Also fragt er den würt, wie er im gethon hette; und alß ers im erzelt hette, můst er vor zorn lachen unnd schanckt im die schuld gleich gůtwillig. Dann er gedacht doch wol, er wirdt nit vil kinden nemmen, wo nichts wär, wiewol doch diser würt hernach wider reich ist worden unnd noch in kurtzen jaren glaubhafftig gelebt hatt.

24. Von eim, der dem andern halff sein armut essen

24.
Von eim, der dem andern halff sein armůt essen.

Ein gůter junger gesell zoch in den krieg, verhofft auch einsmals reych zů werden; und wie aber der krieg nit lang wäret, sunder, wie man sagt, ein loch gewan und die knecht geurlaubt wurden (alß dann offt geschicht, das iren vil on gelt wider heimgeschickt werden), also geschach disem gůten brůder auch. Und wie er also biß heim garden oder bettlen můst, kame er für eines bauren hauß, der saß eben über tisch und asse mit seim gesind unnd kinden zů morgen. Also klopfft im der krieger an dem fenster und begert ein zerpfennig, auff [31] das er mit eeren möcht weiter kummen. Der baur sprach: ›Fürwar, mein gůt gesell, ich hab nit vil zerpfennig hienweg zů schencken; daß gelt ist inn meinem hauß fast theür. Wilt du aber vergůt han, so kum herein und iß mit mir, so gůt ichs hab! So wil ich mein armůt, die mir gott beschert hatt, gern mitt dir theilen.‹ Der krieger hatt seer grossen hunger unnd war fro, das er zů essen kam, setzt sich an den tisch unnd fraß die armůt allein schier gar.

Alß er aber gessen und schier ein haffen mit milch außgetruncken hett (dann da war nit vil wein), sagt er dem bauren grossen danck und zoch also darvon. Und alß er auff die straß kame, gedacht er erst den worten nach, das in der baur über sein armůt geladen hett und sy im so wol hatt geschmeckt, und ward in im selbs lachen unnd sprach: ›Ich besorg, ich werde lang an diser malzeit müssen theüwen.‹ Also wann er darnach über lang gefragt warde, wie es keme, das er nit einmal reich wurde, gab er allweg zů antwort, er hette eim bauren sein armůt geholffen essen, da hette er noch an zů teüwen; wann die verteüwt wäre, so hofft er, darnoch reich zů werden.

25. Von einem furman, der nit die recht straß gefaren war

25.
Von einem fůrman, der nit die recht straß gefaren war.

Ein würt (es soll im Elseß geschehen sein) name eines andern würts dochter, ein hüpsche schöne jungfrauw, alß er meint. Und do er mit ir zů kirchen gangen waß und auff zwen monat oder ein wenig lenger mit ir hauß gehalten, fienge der gůten jungen frauwen an daß beüchlein aufzůgan und geschwellen; dann der schad war lang darvor geschehen. Also fieng der gůt man ein argwon zů gewinnen, daß die zeit so kurtz was; dann er hatt sy nit lang gehapt, es mochts noch nit geben, daß der bauch so groß solt aufgon.

Und auff ein zeit, alß er allein by ir waß, sprach er zů ir: ›Meitlein, meitlein, die sach gadt nit recht zů, das dir der bauch also bald groß wirt. Ich merck, das du dich übersehen hast. Darumb wirstů mir die warheit sagen, wie es zů ist gangen; und wenn daß nur kein pfaff oder münch oder jud [32] hatt gethon, so wil ich dirs verzeihen und beym nechsten lassen bleiben und dich by eeren behalten. Wo du aber laugnen wilt und mir die recht warheit nit wilt sagen, so wil ich dich von mir jagen und vor aller wält zů schanden bringen.‹ Die gůt jung frauw bedacht sich auch kurtz und sprach: ›Ach mein hertzlieber haußwirt, ich bitt dich umb gotts willen, wöllest mirs verzeihen. Ich wil mich alle meine lebtag dest baß halten und dir by meiner treüw die recht warheit sagen.‹ Und sprach: ›Es hatts fürwar ein fůrman gethon, der ist in meines vatters hauß zů herberg gelegen.‹ Der mann sprach: ›Hey daß dich gott sehend in fůrman hinein! Hastu also ein weite straß und můstu eben meiner frauwen, ich weiß nit wohin, faren!‹ Unnd ließ es gleich also ein gůte sach sein.

Also blibe er unnd sy, auch ir vatter und můter by eeren, unnd ward ir schand nit außgeschruwen und den leüten die meüler mit gefült. Es wär schier gůt, das mancher also thett; man findt aber ettlich narren, wann sy ire weiber genůg schenden und in ir eigen nest scheissen, nemmen sy die denn wider zů inen und sitzen dann beyde ins bad.

26. Von einem münch, der die Luterischen mit einem pantoffel wolt

26.
Von einem münch, der die Luterischen mit einem pantoffel wolt geworffen han.

In einer statt, im Etschland gelegen, war ein observantzermünch im barfůsercloster, wölcher allweg ein groß geschrey auff der kantzel treib und allen menschen kunte, wie man sagt, ein spettlin anhencken, und verdroß in seer übel, wann man nit zů seiner predig wolt gon; derhalben im alle menschen, die nicht zů seiner predig kamen, můsten lauterische ketzer sein. Es waren aber zwen erliche burger in der statt, wölche von unfalß wegen in schaden kommen waren, also das der ein auff der fechtschůl war umb ein aug kummen, der ander von einer büchßen, die zersprungen war und im ein schenckel hinweggeschlagen hatt, derhalben er auff einer steltzen gon můst.

Alß nun diser münch aber an die lauterischen ketzer kam [33] und sich seer wild stelt, begab es sich, das dise zwen von ungeschicht auch in die kirchen kamen, villeicht das sy sein seltzame weiß hören wolten. Das marckt diser münch, und sobald er sy sicht zů der kirchthür hineingon, fieng er behend ein solche matery an und sprach: ›Lieben fründ, ir sehen, wie es ein ding umb die lauterischen ketzer ist, das sy sich von der můter, der heiligen christlichen kirchen, und dem heyligen stůl zů Rom hand abgetheilt und gesündert, welches der recht leyb und cörper deß heyligen christlichen glaubens ist, und wir die glider. So wir uns nun von disem cörper absündern und in die lauterisch ketzerey fallen, so hand wir je den cörper geschendt; alß nim ein exempel, wann ein gesunder mann umb ein schenckel kumpt, ist nit sein gantzer leyb geschend? Oder so ein schöner mann ein aug verlürt, ist im nit sein gantz angesicht verderpt? Darumb, lieben fründ, gond der lauterischen ketzerey müssig! Ich weiß wol, das ir ettlich hierinnen sindt, wiewol sy es nitt geston wöllen.‹ Unnd mit disen worten zeücht er geschwind ein pantoffel von seinem fůß und spricht: ›Waß gilts, ich wil ir dort einen treffen!‹ Unnd holt ein wurff, alß ob er wolt werffen. Und alß ein jeder forcht, er treffe ihn, tuckten sich iren vil, unnd ward ein gelechter in der kirchen. Also sprach der münch: ›Ach, das gott erbarme! Ich straff und leere eüch alle tag; aber noch wil es nichts erschiessen, weyl ich sihe, das noch so vil lauterischer ketzer hie sind.‹ Also liessen sie den münch auff der kantzel toben und wüten, unnd giengen alle menschen auß der kirchen zů hauß.

27. Von einem, der häring feil hat

27.
Von einem, der häring feil hat.

Ein junger kauffman fůrt häring auß Brabant in das Oberlandt. Wie er aber seiner schantz nit wol warname, oder die häring sunst überfürt wurden, oder villicht mer acht hette zů schönen frauwen dann zů seinem handel, kan ich nit wissen, ja in summa, das er ein merckliche summa gelt auff dieselbig reyß verlorn hett, also das er schier nit wider heim zů hauß [34] dorfft kummen; unnd also in einem grossen trauren und unmůt zoch er zů fůß über feld heimwertz. Unnd auff der straß traff er ungeferd ein gar übel gemacht unnd ungestalt crucefix an, stůnd also ein wenig still, den herrgott anzůschauwen, sein ellend und verlust zů betrachten; zůletst spricht er auß einfalt oder auß grossem unmůt, den er hette: ›Ach, du lieber herrgott, wann du auch häring hettest feyl gehabt, so küntestu nicht wol übeler sehen.‹

28. Von einem einfaltigen bauren

28.
Von einem einfaltigen bauren.

Ein einfaltiger baur kame in ein kirchen, und alß er das bild Christi darinn geschnitzlet fande, mit vil blůtstropffen übermalt, alß ob er gegeiselt wäre, unnd er ein groß mittleiden mit unserm herrgott hette, bettet er ein vatterunser und sprach zůletst: ›Ach, lieber herrgott, laß dirs ein witzgung sein unnd kumb nit mer under die schnöden bösen juden!‹

29. Ein stattvogt tranck laugen für branntenwein

29.
Ein stattvogt tranck laugen für branntenwein.

In einer statt in Schwabenlandt ware ein abenteürer, ein seltzamer fatzmann; unnd wiewol es nit seines handwercks war, hatt er allen morgen geprenten weyn feil neben seiner andern war unnd hette aber seinen laden zůnechst an der kirchthüren; unnd alle morgen samleten sich ein gůte burß von handtwercksgesellen und meistern und allerley volcks by seim gebrenten weyn, also daß sy so mancherley geschwetz und neüwer meeren da außrichteten. Und do die pfaffen da auß und eyngiengen, wurden sy auch ettwann von hin gespeyet; derhalben die pfaffen verschůffen, das im durch die oberkeyt verpotten warde, auff kein suntag mer brentenwein feyl zů haben.

Diß hielt er nit lang, sunder fienge allgemach wider an, den laden am suntag aufzůthůn; derhalb im der vogt offt treüwet, er wolt im die gleser sampt dem brentenwein [35] nemmen. Do diser obgemelter abenteürer vernam, rüstet er ein groß glaß zů mit laugen unnd ein wenig saffran oder waß er dann darunder thet, weiß ich nit, in summa, das er aller gestalt eim branntenwein gleich sahe, und stalt das auff ein sontag auff den laden. Solchs warde dem stattvogt durch seiner diener einen von stund an zů wissen gethon. Also eilte der vogt in einem grossen zorn mit sampt seinen dienern dem branntenwein zů. Alß in aber der abenteürer von verrem sahe kommen, thet er alle andere gleser und schüßlen hinweg und ließ das glaß mit dem gemachten tranck ston. Und do der vogt zů im kame, fůr er in mit zornigen worten an; aber der branntenweinmann stalt sich einfaltig, alß ob er erschrocken were. In dem erwüst deß vogts diener das glaß unnd meint, er hette ein peut erholt; alß aber der vogt sampt seinen knechten zů hauß kamen, brachten sy ein grosse schüssel herfür und schutten den branntenwein darein und sayten zucker darauff und vermeinten ein gůte gebrennte suppen zů essen. Wie aber der vogt alß der herr den ersten bissen asse, und die knecht geschwind hinnach, sahe einer den andern an, und warde ein groß ausspeiens und flůchens under inen; wie sy aber recht lůgten, waß inn dem glaß was, so funden sy, das es ein alte laugen was. Also schickt der vogt zwen diener hinfür, sy solten den schalck fahen; aber er hette sich hinweggemacht.

Morgens verklagt in der vogt vor den herren; also warde er beschickt und im geleit geben. Do er für die herren kame, sagten die herren: ›Sag an, du schalck, wie darfstu eim solchen erlichen mann ein solch wüst tranck für branntenwein geben?‹ Er antwortet und sprach: ›Genedigen herren, ich habe im das tranck nit geben, sunder er hatt mir das mit gewalt genommen. Hette er mir ein gůten brenntenwein gehöyschet, ich wolt im wol ein han geben; dann das glaß, so er mir genummen hatt, ist nur also ein schawfal, das man sech, das ich branntenwein feil hab, auch wo es mir zerbrochen wurde, das mir nit ein grosser schad geschehe.‹ Also hiessen die herren den abenteürer heimgon, biß das man wider nach im schickt; und hett der vogt sampt seinen knechten den schleck versůcht.

30. Von zweyen bösen nachbauren

[36] 30.
Von zweyen bösen nachbauren.

Zwen nachbauren, welche allweg mit einander zanckten, kamen für den burgenmeister einer kleinen ursach halb, ob es vileicht umb ein henn oder enten zů thůn wer, und hetten beyde viel grosser kläg, also das sie den burgenmeister schier taub machten und er irem geschwetz nimme mocht zůhören, gab er inen gar ein kurtzen bescheid. Der ein war aber insunderheit ein nidige hadermetz, wie man ir wol mer findt; und do er sahe, das der burgenmeister seim nachbauren nit ein sundere saw gab oder geltstraf aufflegt, ward er so hart ergrimpt, das er nit wiste, was er vor zorn sagen solt, und sprach: ›Herr burgenmeister, noch ein böß stuck weiß ich von im: er ist ein widertheuffer.‹ Der ander sprach: ›Gnediger herr, er leugt in sein halß; er ist selbs einer und hat mich auch gewelt darzů bringen,‹ und thet darzů ein grossen schwůr oder vier und sprach: ›Wenn es nit vor dem herr burgenmeister were, ich wolt dir den kopff zerschlagen.‹ Der burgenmeister war fro, das er iren abkam, und sprach: ›Gond hin, lieben fündt, unnd vertragen eüch selbs mit einandern! Dann ich sihe wol an eüwerem schweren und neidigen nachburschaft, das ir beide kein widerteüffer sind; ich glaub nit, das eüwer einer, so er an ein backen geschlagen wirdt, das er den andern auch darhielte.‹

Also kan ein herr nit baß mit solchen zenckischen leüten darvonkommen, dann kurtz abgewysen und sich selbs lassen vertragen.

31. Von zweien rossztauschern, die schelmen tauschten

31.
Von zweien rossztauschern, die schelmen tauschten.

Zů Franckfurt in der meß kamen zwen rossztauscher zůsammen in einer herberg, die einandern wol kannten und vor zů vilmalen mit einandern rossz getauscht und einandern abkaufft hetten. Es war aber der ein ein tag vor dem andern in die herberg kummen, und war im sein pferd gestorben und [37] von unmůß des schinders oder wasenmeisters noch nit außgefürt, lag noch hin eim besundern nebenstall also todt.

Wie nun der ander auch auff den abend spat in die herberg kam und man schon zům nachtessen zů tisch gesessen war, das im nit zeit warde, in die stell zů lůgen, wie ir brauch ist, waß für pferd darinen stünden, sunder warde von stund an zům tisch berieft zům nachtessen; und alß er den andern am tisch sicht sitzen und einandern gegrüßt hetten, fragt der, der erst kommen was: ›Hand wir nichts zů tauschen?‹ Der ander antwort: ›Ja, ich hab wol schelmen zů tauschen.‹ Diser sprach: ›Ich bin zůfriden, ich will dich wol geweren mit einem schelmen.‹ Dann er hatt ein rossz, das hancke an allen fieren und war an eim aug blind und under dem sattel geschunden; in summa, er meint nit, das er ein grösseren schelmen finden möcht, und sprach: ›Es gelt wol, wölcher den grösten schelmen hatt, der hab gewunnen?‹ Nun sassen ander gůt erlich kauffleut und fůrleut auch am tisch, die retten auch darzů, wie man dann thůt, und warde der thausch also beschlossen, das der mit dem grösten schelmen solt gewunnen han, und solt der ander das gloch bezalen, alß, waß die kauffleut und alle, so am tisch sassen, verzerten.

Alß man nun gessen hatt und der tisch auffgehaben warde, giengen sy in den stall, zů besehen, wölcher gewunnen hette. Do fande der erst syn rossz in der streüwe ligen, und hette alle viere von im gestreckt und war under dem sattel geschunden und hett den wurm; in summa, es war ein schelm an allen vieren; das alle, so daby waren, für ein schelmen genůgsam erkanten, und diser meint, er hette gewunnen. Aber der ander sprach: ›Mir nit also! Gondt her mit mir, ich will eüch ein schelmen weysen, das ein schelm heißt.‹ Und fürt sy in ein nebenstall; da lag sein pferdt jetz biß an den vierten tag todt unnd fieng schon an zů stincken. Do das die erbar leüt sahen und schmackten, wolt ir keiner hinzů, sunder fiengen ein groß gelechter an, unnd erkanten, daß der mit dem todten rossz solt gewunnen han, und můst der ander das gloch bezalen.

32. Von einem, der ein eerlichs erbieten an die herrn thet

[38] 32.
Von einem, der ein eerlichs erbieten an die herrn thet, er were sunst gehenckt worden.

Ein unnützer nasser vogel, als man dann solche gesellen pflegt zů heissen oder nennen, welcher zů vielmalen umb kleine diebstal in der gefencknuß gelegen war, doch sich alle mal außgeredt hette, das er allweg darvonkame, aber doch zůlest das also vil tribe, das er nimme erlitten möcht werden. Derhalben er wider gefangen warde, und rochen die sachen also zůsamen, das er mit keiserlichem rechten zum tod verurteilt ward, das man in solt hencken.

Do im aber die herren die urtheil brachten, wie man dann thůt, ein tag oder drey darvor, ehe das man in abthat, damit er sich könt darein schicken, unnd do er vernam, das man in solt hencken, stalt er sich also seltzan und greußlich, das sich die herren verwunderten. Und do er lang mit viel worten sich der urtheil gewidert und angezeiget, wie sie im gar nit anzůnemen were, dann sie wer im zů streng, er kündts nit erleiden, in summa sprach er: ›Ich wirde die urteil nit annemen, god gebe, waß ir machen, so wirde ichs nit thůn. Aber also wil ich im thůn, damit ir, meine herrn, sehen, das ich selbs nichts unbilligs begeren will, thůnd eins und schneident mir beid oren ab und hawen mich mit růten auß, und wil euch noch zehen gulden darzů geben. Ist das nicht ein erbers und eerlichs erbieten?‹

Des erlichen erbietens můsten die herren lachen, brachten es also wider hinder sich an ir oberherrn. Also wurden sie zů radt unnd kamen seim eerlichen erbieten nach und sagten im, wo er mer keme, so müste er den galgen umbreissen oder daran erwürgen. Also kam er nimmermer.

33. Von eim kauffmann, der sein lebtag nie hett lenger elen gesehen

33.
Von eim kauffmann, der sein lebtag nie hett lenger elen gesehen.

In der zeit alß der theür Frantz von Sickingen loblicher [39] gedechtnuß mit denen von Wurmbs krieg fůrt, derhalben es ettlicher maß sorglich auff dem Rein zů faren was, entschlussen sich ettlich kauffleüt von Antdorff und Cölen, daß sy ire gůter auff der achs ein andere straß auff Franckfurt in die meß wolten lassen gon und auch selbs mitreiten und allweg darby bleiben, und alß vil, alß weren sie geleitsleüt.

Es waren aber etlich gůte schlucker, die sich deß stegenreifs dazůmal ernarten (gott sey lob, das es nimmen geschicht); denen warend dise kauffleüt verkundschafftet; die traffen dise kauffherren an einem gelegenen ort nit weit von Franckfurt an, und wie dann ir brauch ist, fůrend sy die kanffleüt mit einer solchen ungestüme an, das ir ettlich darvon entritten, ettlich fiengens und bunden sy. Und also in irem beiwesen heüwen sy die wägen auf, und waß inn gefiel, das namen sy. Alß sy aber an die tücher, samat, taffett, attlaß und dammast kamen und zerheüwen unnd die mit iren reyßspiessen außmassen und under einander theilten, grinnen ettlich kauffherren; aber sie spotteten iren daran.

Zůletst kame es auch an einen, der gedacht: ›Waß wilt darauß machen? Du kanst im nit thůn; laß es gleich gon, wie gott will!‹ Und do sy sein seyden und tůch oder barchet also mit den spiessen außmassen, stůnd er und lacht, das er schüttlet, des sich die reüter seer verwunderten. Und alß sy in fragten, waß er also lacht, sprach er: ›Ich můß lachen; dann ich hab kauffmanschafft all mein tag von kind auff gebraucht unnd so manchen marckt und meß in Teütsch- und Welschland besůcht, auch zů Pariß, da doch ein lange elen ist, aber all mein tag hab ich lenger ein nit gesehen, dann ir da brauchen. Ich glaub, wann ir auf einen marckt kemen und solch gůt maß geben, ir wurden eüwer war bald vertriben haben.‹ Auß disen gůten schwanckreden můsten die reüter lachen, und sprach einer under inn: ›Ich glaub, das du auch ein gůt gesell seyest.‹ Unnd wurden retig, das sy im sein war allesampt wider schanckten, unnd machten sy sich mit dem überigen darvon; dann in sölchen handlen ist nit langer mist zů machen.

34. Von einem pfaffen, der sich erbot, sin underthonen

[40] 34.
Von einem pfaffen, der sich erbot, sin underthonen das sacrament in dreierley gestalt zů geben.

Ein armer ungelerter pfaff stalt nach einer gůten reichen pfarr; dann er hort, wie sy so vil inkommens hette, derhalb sy im so wol gefiel; es war im nit umb das schäfflinweiden zů thůn, sunder er verhofft, vil gelts darauff zů überkommen. Und alß er nun vil und offt darumb gebetten unnd geloffen hette, warde er von den bauren auff ein sontag bescheiden, so wolten sy mit im handlen und auff die pfarr annemmen.

Do nun derselbig sontag kame, erschein der pfaff vor dem schultheyß und gantzen gericht in beysein des amptmans, und alß nun alle ding was bestelt, was er solt zů lon haben, alß behausung, den kleinen zehenden und ettlich viertel früchten, als rocken, weissen, gersten, habern, wein unnd gelt, deß der pfaff seer wol zůfriden was, abgeredt und beschlossen war, name in der schultheiß auff ein ort und sagt im in einer geheimne: ›Lieber herr pfarrer, nachdem ir bißher im bapstumb eüch hand gehalten, solt ir wüssen, das es in disem dorff ein andere gestalt hatt; dann wir sindt hie gůt eigenwillisch. Darumb müßt ir uns das sacrament in zweierley gestalt reichen, nemlich im brot und wein.‹ Der gůt pfarrer forcht, wo er sich des widert, die bauren geben im wider urlaub; derhalben war er gůtwillig unnd sprach zů dem schultheiß: ›Das will ich gern thůn. Damit ir solt sehen, das ichs treüwlich und gůt mit eüch meine, so will ichs eüch in dreyerley gestalt geben, als nemblich im brot und wein und dem käß darzů.‹ Das gefiel dem schultheissen fast wol und sagt, er wolt es an seine buren hinder sich bringen, ob sy sich damit wolten lassen beniegen.

35. Von einem fackinen, der sich stalt, alt kundt er nicht reden

35.
Von einem fackinen, der sich stalt, alt kundt er nicht reden, und darmit einer grossen straff entgienge.

Zů Venedig ist der brauch, nach dem das nit pferd und [41] karren da seind, und fast alle ding auß eim hauß ins ander oder von eim platz zů dem andern getragen werden můß. Es hat aber viel und auff allen pletzen gůte arme gesellen, die man fackinen nent, das offt einer zwen teutsch zentner und mer tragen mag, und wirdt inen offt mancherley seltzam ding auffgeleget zů tragen. Also trug dieser gůt arm fackin auch ein haußrad, darunder dann etwas, ich weiß nit, ob es ein spissz, trifůß oder brunnhacken was; unnd wie ir brauch, nachdem dann die gassen seer eng sind, das sie schreihen: ›Warda, warda!‹ Das ist auff teutsch: Weichent, oder schonent ewer, oder wie die Schwaben sprechen: Aufsehen! Wie nun diser gůt fackin ser schwer geladen, schrey er zum offter mal und aneinander: ›Warda, warda,‹ was er schreien mocht.

Es was aber ein hochmietiger centelam, welcher vor hoffart meint, der fackin solt im weichen; unnd sie kamen so nach zůsamen, das der fackin dem edelmann in einem ermel mit vorgemeltem eisen behieng. Darumb der edelmann so seer erzürnet, das er von stundan den fackinen ließ in die preson legen; und als dann die edelleut grossen gewalt haben, vermeint er, im auff morgen ein stropacorda lassen zů geben.

Wie er in aber morgens vor dem official oder gericht verklaget, do war ein redener, den erbarmet der gůt arm fackin, unnd bat die herrn, man solt in dem armen gesellen lassen das wort thůn. Do es im zůgelassen ward, name er den fackinen auff ein ort und sagt zů im: ›Wann du für das gericht kumbst, so stell dich aller gestalt, als könstu nit reden, und laß bey leib kein wort auß dir bringen, so man dir schon trewet zů schlagen! Laß mich machen!‹

Der fackin thet, wie in der fürsprech hieß, und als er für die herrn kame, kunt man kein wort auß im bringen, sundern stalt sich, als ob er nit reden kundt oder ein narr were. Do sprach der fürsprech: ›Lieben herrn, was sol ich aus im machen? Er kan nicht reden noch mich berichten, was ich von seinetwegen reden sol.‹ Do das der edelmann erhört, sprach er mit zornigen worten: ›Hey, du schalck, kanstu jetzunt nit reden, und necht schrüwest in die gassen, als werestu unsinnig: warda, warda!‹ Do das die herrn horten, sprachen [42] sie: ›Hatt er also geschruwen, warumb seit ir nit auß dem weg gangen?‹ und spotteten des zentelomen.

36. Von einem, der ein fürsprechen überlistet

36.
Von einem, der ein fürsprechen überlistet, und hatt in der fürsprech das selbs gelert.

Einer ward vor dem gericht umb ein sach angesprochen, des er sich wol versach, er wurde on gelt nicht darvonkomen. Das klagt er einem fürsprechen oder redner; der sprach zů im: ›Ich will dir zůsagen auß der sach zů helffen unnd on allen kosten und schaden darvonbringen, so ferne du mir wilt vier gulden zů lon für mein arbeit geben.‹ Diser war zůfriden und versprach im, die vier gulden, so verne er im auß der sach hulffe, zů geben. Also gab er im den radt, wann er mit im für das gericht keme, so solt er kein ander antwort geben, god geb, was man in fragt oder schalt, dann das einig wort ›blee.‹

Do sie nun für das gericht kamen, unnd vil auff disen geklagt ward, kunt man kein ander wort auß im bringen dann blee. Also lachten die herren und sagten zů seinem fürsprechen: ›Was wölt ir von seinetwegen antworten?‹ Sprach der fürsprech: ›Ich kan nichts für in reden; dann er ist ein narr und kan mich auch nichts berichten, das ich reden sol. Es ist nichts mit im anzůfahen; er sol billich für ein narren gehalten und ledig gelassen werden.‹ Also wurden die herrn zů rath und liessen in ledig.

Darnach hiesch im der fürsprech die vier gulden. Do sprach diser: ›Blee.‹ Der fürsprech sprach: ›Du wirst mir das nit abblehen; ich will mein gelt haben,‹ unnd bot im für das gericht. Und als sie beide vor dem gericht stunden, sagt diser alweg: ›Blee.‹ Do sprachen die herrn zum fürsprechen: ›Was macht ir mit dem narren? Wist ir nit, das er nit reden kan?‹ Also můst der redner das wort blee für seine vier gulden zů lon han, und traff untrew iren eygen herrn.

37. Woher es kumpt, das man spricht: Ey du armer teüffel

[43] 37.
Woher es kumpt, das man spricht: Ey du armer teüffel, und herwiderumb: Das ist eben deß teüffels danck.

Es war in gůter einfaltiger mann, der kame in ein kirchen da stunde das bild Christi gemalt auff das schönist; dem zunte er ein liechtlin oder ein wachskertzlin an und bettet darvor. Und wie er also umbhergienge, die kirchen zů beschauwen, dann er zůvor nie darinnen gewesen ware, so findt er den teüffel auff das allerscheützlichest in einem finstern winckel auch gemalt, das er gleich ab im erschracke, und also unbedachter weyse sprach er: ›Ey du armer teüffel, wie staast du doch so armklich! Ich wil dir recht auch ein liecht anzünden.‹

Nitt lang darnach traumbt disem gůten mann, wie im der teüffel in einem wald begegnet unnd sprech: ›Gůter fründ, du hast mir zůnechst ein liecht angezünt; darumb ist billich, das ich dir auch widergeltung thü und dir ein ehr beweyse. Darumb so kumme her mit mir, so will ich dir ein ort zeigen, da ein grosser schatz begraben ligt. Den soltu außgraben und von meinetwegen verzeren.‹ Unnd fürt in mit disen worten zů einem holen baum unnd sprach: ›Gang heim und hol bickel, schaufflen und hauwen, damit du in außgrabst!‹ Den gůten mann daucht im schlaff, wie er sprech: ›Ja, ich wird aber disen baum nit wider künnen finden.‹ Der teüffel sprach: ›Scheiß darzů, so wirstu in by demselben wider finden.‹ Der mann folgt dem teüffel unnd vermeint, er schiß zů dem baum.

Unnd do er erwacht, hett er in das bett geschissen und lag im dreck; derhalb im die fraw warde übel flůchen, dann sy das bett wider můßt weschen. Do sprach diser frummer mann: ›Das ist eben deß teüffels danck!‹ und sagt seiner frauwen, wie es im ergangen were; die spottet erst sein darzů.

38. Von einem pfaffen, der nit wolt leiden

38.
Von einem pfaffen, der nit wolt leiden, das sein bauren [44] einandern hiessen liegen, sunder so einer ettwan nit die warheit sagt, solt der ander nur mit dem maul wispelen oder pfeiffen, damit diser selbs merckt, das er darneben geredt hette.

Ein pfarrer in eim dorff predigt auff ein zeit seinen bauren gar hefftig wider ir unzüchtig leben, das sie sich also foll soffen: ›Dann aus dem zůtrincken kumpt dann, das ir einandern heissen liegen; demnach so schlagen ir einandern, und geradt ettwan zů eim todschlag. Das kumpt dann alß auß dem, das ir einandern alß freventlich heissen liegen. Darumb will ich eüch gewarnet und gebetten haben, ir welt eüch umb eüwer seelen heil willen darvor hüten und abston. Wann aber alß sich etwan begibt, das ettwan einer ein unwarheit sagt, so mag der nechst by im ettwan mit dem maul pfeiffen, auff das der ander mercke, das er darneben geredt hatt, unnd darvon abston. Das wer fein und brüderlich.‹ Wie er nun der predigen so vil macht, fiengen die bauren sich an zů bessern.

Und nit lang darnach kam dem pfarrer die materi zů predigen, wie gott im anfang alle ding hette geschaffen. Also bedacht er sich auch nit weiter (dann er villeicht die nacht darvor auch nit vast darauff gestudiert hett), hůb an unnd sagt, wie gott der herr den Adam anfencklich, da noch kein mensch noch creatur auff erden were gewesen, auß einem leimklotzen geschaffen hett und in an ein zaun geleint, biß er die Eva auß seim ripp gemacht hette. Also hůb der nechst baur, so bey im stůnde, an und pfiff. Das mercket der pfaff unnd sahe in an unnd sprach: ›Wie ich mein, du meinst, ich liege.‹ Der baur sagt: ›Nein, mein herr. Ich wolt aber gern wyssen, wer den zaun gemacht hette.‹ Der pfaff sprach: ›Do laß ich in umb sorgen; villeicht ist er also behend unnd schnel gewachsen.‹

Demnach lag dem pfaffen nichts mer daran, die bauren lugen oder nit, diewil sy im auch kundten pfeiffen.

39. Von einem einfeltigen bawren, der da beicht und kund nit betten

39.
Von einem einfeltigen bawren, der da beicht und kund nit betten.

[45] Ein einfeltiger baur beicht einem pfaffen; und als er schier alle seine böse stuck erzellt hett, als nemlich wo er sahe ein andern zwen rote nestel in den hůt ziehen, so zohe er allweg drey darein, unnd am tantz lůgt er allweg, das im die hüpschte metz aufzůziehen ward, und so im das geriet, lůgt er alweg, das er höher dann ein anderer sprang, und solche schwere sünden bekant er im viel, sprach der pfaff zů im: ›Kanstu auch betten?‹ Der bauer sprach: ›Neyn.‹ Der pfaff sprach: ›Du můst es lernen.‹ Der baur sagt: ›Ich kans nit lernen, ich habs offt versůcht.‹ – ›Wolan,‹ sprach der pfaff, ›so gib ich dir zůr bůß, das du ein gantz jar lang altag wollest sprechen: O du lamb gottes, erbarm, dich über mich! Und wann du das in einem jar lernest, so wil ich dich darnach mer leeren.‹ Der bawr sagt: ›Ich wils thůn.‹ Also war er absolviert.

Do er nun die bůß anhůb zů betten, sprach er alweg: ›Du lamb gottes, erbarm dich mein!‹ biß umb sanct Johanstag, do sprach er darnach: ›O du schaff gottes, erbarme dich mein!‹ Und do es weiter ins jar hineinkam biß auff den herpst, sprach er: ›O du hammel gottes, erbarme dich mein!‹

Auff das ander jar in der fasten kam er wider zů dem pfaffen, seinem pfarrer, der fragt in, ob er auch seine bůß hette gebett, wie er im hett auffgesetz. Der baur sagt im, wie er die namen dem jar nach verwandelt hette. Der pfaff sprach: ›Warumb hastu es gethan?‹ Der baur sagt: ›Ist es nit zum ersten ein lamm und darnach ein schaff und zůletst ein hammel?‹ Do lacht der pfaff und gedacht: ›Hatt dich bißher niemant können leeren betten, so will ichs auch nit understan.‹ Und ließ in gleich also betten, was er wolt. Es stat auch woll darauff, der bawr solt frömmer sein geweßt dann der pfarrer.

40. Wie ein lantzknecht mit seinem wolspringen

40.
Wie ein lantzknecht mit seinem wolspringen umb ein schönes meitlin kam und můst die nacht neben einer süwsteigen übernacht ligen.

Es haben die frummen lantzknecht, gott verzeich mirs, [46] einen brauch im land und sonderlich im land zů Schwaben und auff dem Schwartzwald, das sie winterszeit auff der gard umbzihen, sturmen die armen bauren umb speiß, brot, eyer, saltz und schmaltz; da můß mancher armer man geben, es sey im lieb oder leid, wiewol sie niemand zwingen, bitten sie aber offt mit solchen schimpflichen worten, das sie inn mit willen geben; dann sie fürchten irer schüren und stell. Es haben aber gemelte lantzknecht ein gemerck, wo sie ire herbergen nachts haben, da malen sie an die stubentüre burgundische crütz mit östen; wo denn einer der schlecht frummen gartbrůder inn ein stuben kumpt unnd findet dis zeichen an eine wand oder titre ston, begert er gar nicht, sonder wendt sich mitt gůten worten wider zůrück und sagt: ›Hey, ich sihe wol, daß ist ein lantzknechtherberg. Habt mir nicht zů ungůt!‹ Kumpt aber einer auff die nacht, so hat er auch die fryheit vom babst (also wen ich), darff er nit lang umb herberg bitten; der haußvatter weißt bescheid, můß im herberg geben nach vermög ir privilegia.

Nun es begab sich auff dem wald, das auch ein gůter junger lantzknecht, so noch nit gar wol gstudiert hatt, im grossen hunger und armůt sich můßt der gart behelffen. Der kam in eines reichen bauren hoff, spracht in umb liferung an. Der baur saß verr von den lüten uff dem waldt hette nit meer dann ein eynige nachbarin, die waß ein wittfraw, die hat ein schöne tochter, züchtig und frumb; die wußt auch sampt irer můter dise knaben zů herbergen. Daß wußt der baur auch an ihnen beiden, darumb sagt er zů dem gartknecht: ›Lieber kriegßmann, ich habe seer vil kind und gesindt; darumb weiß ich dich auff dißmal nit zů halten. Hie hast du gelt, damit du ein maß wein magst bezalen; daß nim zů gůt unnd gang in daß hauß, so du dort sihest! Da wirstu on zweiffel gůt herberg bekommen; du magst dich auch so fein und geschickt halten, du magst ein erb und besitzer deß hauß und hoffs werden.‹

Der gůtt hach, so noch nit mit dem teüffel zůn schůlen gangen waß, glaubt dem pauren seiner wort, kamb zů der wittfrawen und sprach sy umb herberg an. Die gůt fraw sagt im herberg zů mit dem geding, wo er sein eygen brot [47] hette. ›Ja,‹ sagt der lantzknecht, ›uff diese nacht hab ich brot für unser drey.‹ Also wurden sie der sachen einß, sassen zů tisch. Inndem aber die tochter zum tisch kam, sahe sy der gůt gesell gantz freundlich an. ›Ach,‹ sagt er, ›wer doch ein weinschenck vorhanden! Ich hett noch ein par maß wein zů bezalen.‹ Die můter aber sagt: ›Lieber mein son, hastu lust, wein zů bezalen, mein nachbaur auff dem hoff hatt noch gůten wein umb gelt zů verkauffen; dann er auch beweylen gest übernacht umb gelt beherbergt. Darumb wilt du so milt sein und ein maß wein kauffen, so wend ich und mein tochter auch eine bezalen; sodann wil ich uns gůte schwebische zelten darzů bachen.‹ Der gůt brůder Veit meinet, die glock were schon geformbt; sein beütel můßt sich ergeben; darin fand er mit aller marter gelt für zwo kanten wein. Die jung lieff bald auß nach wein; die alte bůch zelten; in summa, sy sassen zůsammen, waren leychtsinnig.

Alß nun die alt meint, die zeit wer vorhanden, sagt sy: ›Lieber mein son, ich wil dir nicht bergen, ich und mein tochter sind allein in disem hauß, haben nit meer dann zwey bett. Nun kan ich dich alß einen milten außgeber nit allein ligen lassen; darumb wend wir drey mitt einander springen. Welche zwey dann am weitesten daß ziel erreichen, die sollen diese nacht bey einnander schlaffen.‹ Der gůt kärle waß der sachen wol content; dann er meinet, wie dann auch geschach, die jung wurd baß dann die alt springen mögen. Sy wurden der sach zůfriden. Die alt legt daß ziel weit für daß hauß hinaus; sy thet auch den ersten sprang und sprang gar ein wenig hinauß. Demnach sprang die tochter und thet gar ein dapffern sprung; deß fröwet sich der lantzknecht auch; er meinet, der tochter dapffer zůzůspringen, damit sy zwey zůsamenkämen. Also der lantzknecht mit grossen fröuden aller seiner armůt vergessen, sprang gar weit über daß ziel hinauß. In dem schlussen die můter unnd tochter die türen vor im zů, boten im sein halbspießlin zů einem schlitz fenster hinauß, sagten: ›Ho, ho, du bist gar zů weit über daß ziel gesprungen.‹ Der gůt arm tropff hat sein gält, müy, arbeit unnd kosten umbsunst gehabt; wolt er die nacht nit im regen ligen, můßt er sich under einer sewstigen oder sewstall behelffen.

[48] Deß morgens kamb er wider zů dem bauren, so im die herberg gewisen hat; der fragt in, wie im gelungen were. Er sagt im anfang, mittel und ende. Also hat er in einmal zů gast, weiß in darnach weiter, warnet in auch vor solchen starcken sprüngen, damit er nit über daß ziel sprung.

41. Von einem furmann, welcher einem pfarherr

41.
Von einem fůrmann, welcher einem pfarherr nit hundert ostgoten füren wolt.

Gůt, einfeltig, frumb leut findt man noch in aller welt, aber meines bedunckens wenig under den fůrleuten, wie diser fůrmann auch gewesen ist. Es fügt sich, daß ein fůrman über land rollet mit einem leren wagen; der kam für ein kloster, welches entzig im feld lag, darinn hat er ettlich brieff zů lifferen. Alß er nun die brieff überantwortet, befahl der abt im kloster, man solt in heissen außspannen, die pferd in stall füren und füteren, underdeß möcht er auch essen. Diß nam der gůt roller mit grossem danck an, versach sein geül und saß demnach zů den conventbrüdern nider, hat einen gůten můt, zecht im sein haut voll; dann er gedacht wol, die ürten wer schon bezalt, wie dann in den klösteren gewonheit ist.

Nun waß ein alter brauch in dem kloster, daß sy im gantzen land uff sechs oder acht meil alle pfarren mit ostgoten versahen. Zů der zeit waß eben auch ein pfarherr von einem dorff, so auff drey oder vier meilen darvon lag, im gemelten kloster, der dazůmal auch ostgott kauft hat; der hort, das der fůrman durch sein dorff rollen wurd. Darumb er sich dann ettwas zů im gesellet unnd fragt, ob er nit ein drinckgelt nem unnd in mitt im rollen ließ. ›Ja,‹ sagt der roller, ›gern, liebs herrlin. Was habt ir meer zů füren?‹ – ›Nichts sunders,‹ sagt der pfarrherr, ›dann zweyhundert herrgott.‹ – ›So kan ich eüch nit füren; wann ir aber sunst ein faß oder pack hettend, solt mir gar nichts daran gelegen sein.‹ – ›Warumb?‹ sagt der pfaff: ›was irren dich die herrgott auf dem wagen?‹ – ›Lieber herr,‹ sagt der roller, ›wann es einer oder zehen weren, wolt ich ein überentzigs thůn. Wo [49] wolt ich aber zweihundert auff meinen wagen setzen?‹ – ›Nein, lieber roller,‹ sagt der pfaff, ›du verstast mich nit recht. Sy sind nit groß; dann ich trag sy allsampt bey mir in meinem ermell inn einer kleinen büchsen.‹ – ›Ja,‹ sagt der fůrmann, ›sind es solche geschmidige herrgott, so will ich eüch gern fieren.‹ Als sy nun gessen hatten, fůren sy mitteinandern darvon.

Nun hatt der fůrmann seer vil getruncken; underwegen můßt er über einen bühell faren; weiß nit, wie er die schantz übersahe, er warff den wagen umb. Der pfaff ward zornig über in und sagt: ›Wie kanst du mit einem leeren wagen umbwerffen? Wie woltest du erst gethon haben, wann der wagen geladen gewesen weer?‹ – ›Hey,‹ sagt der roller, ›dunckt er eüch dann nitt geladen sein, da einer einen solchen last herrgott fürt und ein schweren, grossen, feißten pfaffen darzů? Gond und besehend eüch umb andere fůr! Ir kumpt mir nit mer auff meinen wagen.‹ Also fůrt er den wagen wider auff und rolt darvon; und můßt der pfaff zů fůß gon.

Dem geschach auch halb recht, diewil im nüt widerfaren was, und dorft dem fůrman auff die weiß außhippen, so er im doch nicht zů lon geben dorft. Diser undanckbaren leüt findt man noch seer vil; so man sy schon sanft dahär treitt biß gen Rom und stalt sy unsauber nider, so ist schon aller danck, fleiß, müy und arbeit sampt dem kosten verloren und vergessen aller vor gethonen gůtthat etc.

42. Von einem grossen marterhanssen, wie er in einen gerner

42.
Von einem grossen marterhanssen, wie er in einen gerner oder beinhauß gefallen ist.

Man findt noch auf disen heütigen tag semlich groß marterhanssen und eysenbeisser, thůnd dergleichen, als wolten sy allen menschen in einem streich die oren abschlagen, so gar böß sind sy; solt aber einer deß nachts über einen kirchhoff gon, er sůcht ehe ein fiertelmeil wegs umb. Also was auch einmal ein federschwinger, der trůg den hůt voller straußfederen, aber ein hasenbalg zů einem brusttůch. Auff ein zeit waß er auß einem speckkrieg wider zů land kummen; wo er [50] zů leüten kam, sagt er von grawsammen schwertschlegen, so er vollbracht hatt; seins blůtvergiessens was kein end zů erzellen. Das war aber meines bedunckens fast über hüner, gens und enten außgangen.

Eines tags saß er in seer grossem bracht bey seinen gesellen in einer zech, fieng aber von grossen streichen an zů sagen; zůletst wurden sy den bossen mercken, namens zů einem dant auff. Under anderen reden trůg sich zů, daß sy anfiengen zů sagen von einem alten abgestorbnen weib, wölche erst auf denselbigen abent gestorben, und hett man sy auß mangel des tags denselbigen abent nit vergraben könden; so hetten sy auch ir hausvolck die nacht nitt im hauß behalten wöllen unnd also auff den kirchhoff getragen, in einer bar in das beinhauß gestelt, damit sy den künfftigen tag vergraben wurd. Nun was ir aller weg, wann sy auß dem wirtzhauß heimgon wolten, hatten sy keinen anderen weg dann über den kirchhof; darumb sy einandern fast mitt dem alten abgestorbenen weib speyen wurden. Der gůt kriegßmann unnd maurenbrecher hett gewölt, er wer zehen meil wegs von dannen gewesen; dann im war seer angst vor dem alten abgestorbnen weib, die doch in irem leben gar kümmerlich an einem stecken kriechen mocht unnd im nit einen finger hett mögen biegen. Die anderen gůten gesellen marckten diß an im; darumb triben sy ir gefert ye lenger ye meer für sich, biß dem gůten lantzknecht anhůb die stirnen zů schwitzen, dorfft sich aber scham halben gar nit eygen noch dergleichen thůn. Zůletsten kam es dahin, das die anderen anfiengen zů wetten, wölcher so kün wer unnd zům ersten sunder ein liecht auff den kirchhoff gon dörft unnd besehen, ob das liecht oder ampel noch im beinhaus brunne. Dann die sachen waren allein dahin gespilt, daß sy wolten sehen, was hinder dem genßköpffer für ein mannlich gemüt wer. Zůletst kam die wettung auch an in. Er ward gar zornig, stůnd auff von dem tisch, mocht die grausammen wort nit hören, er zalt die ürten, nam seinen mantell unnd gieng heim zů hauß.

Nun wußt er keinen anderen weg heimzůkummen, dann er můst über den kirchhoff gon, sunst hett er durch einen tieffen bach müssen watten. Also faßt er im eines mannes [51] hertz, unnd mit zittern unnd grossem schrecken gieng er auff den kirchhoff. Und als er nahend zů dem beinhauß kumpt, wand er seinen mantel umb den kopff, stieß die finger in die oren, sorgt, er wurd daß alt weib hören schreyen, wölch in irem leben alters halben stumm gewesen war. Er gieng mit gantz schnellen tritten für sich, damit er bald von dem kirchhoff keme. Als er aber nicht sehen kund vor seinem mantel und meinet, ferr von dem beinhauß zů gon, so gadt er gantz dargegen unnd trift die stegen, falt also mit schwärem fal hinab ein hohe steinene stieg sunder alle hilff. Nun was ein gestiel in dem beinhauß; darinn fiel er gantz ungestůmicklichen unnd brach ein bein darinn ab; so hatt er auch den kopff unnd angesicht übel auf der stegen zerfallen. Er fieng an, gar jemmerlichen zů schreien; da waß aber niemants, so im helffen wolt, dann in mocht niemans hören. Zůletst umbgab in semtliche forcht, angst und schrecken, das im das schreyen auch gelag; er hůb aber gar schwerlich an zů seüfftzen und heülen.

Als nun seine gesellen genůg gezecht, sind sy auch zů hauß gangen. Als sy nun zů dem beinhauß kamen, horten sy den armen tropffen ernstlich seüfftzen; sy aber meinten nit anders, daß das alt weib wer wider zů ir selbs kummen. Unnd dieweyl sy ein liecht hatten, giengen sy hinab, funden also iren gesellen mitt zerbrochnen beinen im gestül ligen. Sy trůgen in bald in eines artzetts hauß, liessen in verbinden. Da erzalt er sein geschicht nach der lenge. Also můßten sy lachen zů seinem grossen schaden, so im dann widerfaren und zůhanden gangen was, und můßt, wie man gmeinklich sagt, den spott zům schaden haben.

43. Ein baur understund ein kriegßmann umb sein pferd zu betriegen

43.
Ein baur understůnd ein kriegßmann umb sein pferd zů betriegen; die sach aber gieng widersinns hinauß.

Man findt zů zeiten einen listigen kunden, so imm kauffen und verkauffen aller finantzen underston darff, sůcht auch all forteil und renck, damit er ein anderen überlisten möge; es findet [52] aber offt ein grosser fuchs noch ein grösseren imm hool. Also gieng es auff ein zeit einem listigen marckgrevischen bauren mitt einem commißmetzger; derselbig waß noch listiger dann der baur. Derselbig lantzknecht oder commißmetzger kam auff einen feirtag in das dorff, in welchem gemelter baur sein haußhaltung hatt. Nun hatt gedachter lantzknecht ein schönen klepper, darauff er dann was geritten kummen. Dem bauren gefiel der auß der massen seer wol, fragt den lantzknecht offt, ob im das pfert nit feil were. ›Nein,‹ sagt der lantzknecht, ›es ist ein pferd für meinen leib; wolt nitt, das mirs einer doppel bezalet.‹ Als sie aber jetz in die trinck kummen sind, hatt der baur nichts anders meer wissen zů sagen dann von dem pferd und nitt abgestanden, den lantzknecht zů bitten, im das pferd zůzůstellen. Als nun der lantzknecht semlichs an im vermerckt, hatt er gedacht, deß bauren begeren zů stillen, und gesagt: ›Ir habt mich im anfang vernummen, daß mir mein pferd nit feil ist; darzů gebt ir mir nit sovil drumb, als ichs beger zů verkauffen.‹ Antwurt der baur: ›Lieber kriegßmann, meinst du dann nitt, ich hab ein semlichen klepper so wol zů bezalen als du? Schlag mir in umb ein gelt an; versůch, ob ich in nit kauffen dörf!‹ – ›Wolan,‹ sagt der lantzknecht, ›dieweil du je deß sinnes bist, so wiß, daß er mir nit neher feil ist zů verkauffen dann umb fünffzig kronen.‹ Nun was daß pferd fünffundzwentzig kronen wol werdt; semlichs kundt der baur wol abnemmen. Darumb sagt er zů dem lantzknecht: ›Wolan, mein brüderlin, damit du meinen ernst sehest, so will das pferd umb fünf und viertzig sunnenkronen von dir nemmen und will dir also bar fünffundzwentzig kronen bezalen; die zwentzig will ich dir auff sanct Nimmarstag auch geben.‹ Der lantzknecht gedacht: ›Baur, laß sehen, wer den andren bescheißt!‹ Er sagt: ›Gůter fründ, mir ist nit so hoch oder groß an der bezalung gelegen, wann ich den heilgen kant. Stadt er auch im calender?‹ – ›Freilich stadt er darinn, sunst wer er kein heilg.‹ – ›Ich bin zůfriden,‹ sagt der lantzknecht; ›allein das mir ein verschreibung gegen einandern aufrichten.‹ Diß gieng der baur gůtwillig ein, drancken den weinkauff. Den wolt der baur halb zalen. ›Nein,‹ sagt der lantzknecht, ›ich hab nunzůmal[53] fünffundzwentzig kronen empfangen; billich soll ich die ürten bezalen.‹ Dem bauren gefiel der handel wol, meint, er hett einen hirschen gefangen; do was es kum ein reechbock.

Der lantzknecht nam die 25 kronen sampt der verschreibung, fůr sein straß. Als nun allerheilgentag kam und nit gar acht tag darnach verschinen waren, kam der gůt lantzknecht wider, seine außstendigen zwentzig kronen zů fordren. Er kam wider in das vorig wirtzhauß, schickt nach seinem bauren sampt den andren, so dann bey disem kauff gewesen; die kamen all gantz geflissen. Sobald der baur den lantzknecht ersehen ward, empfieng er in früntlich, fragt in, waß in also auff der strassen umbfůrt. ›Das mögt ir wol erachten,‹ sagt der kriegßmann, ›ich kum, mein außstendig gält vollend einzůziehen laut eüwer verschrybung.‹ – ›Hoho,‹ sagt der baur, ›es ist noch niendart das ziel verfallen, wirt ouch noch lang nit verfallen.‹ Darauff sagt der lantzknecht: ›Lieber baur, die sach wirt sich meiner rechnung nach anderst befinden. Als wir den kauff mit einandern gemacht, hab ich dich gfragt, ob sanct Niemar auch ein heilg sey; hast du in für einen heiligen bekennet und gesagt, er stand auch im jarkalender. Nun hab ich allenthalben im kalender gesůcht, find ich keinen sanct Niemar darinnen. Es ist aber vor acht tagen allerheilgentag gewesen. Dieweil nun sanct Niemar auch ein heilg ist, laß ich mich nit irren, das er nit im kalender stadt; dann es sind vil heilgen, so im Niderland, in Italien und an andern orten für heiligen gehalten werden, so wir in unseren kalendren nit haben.‹

Als sy nun vil und mangerley reden mit einandern hatten, hatt sich der baur für den amptmann berüffet, des dann der lantzknecht wol zůfriden was, kamen also für den lantzherren und auch für den amptmann und klagten. Als nun klag und antwurt von beiden partyen gehört, ist dem bauren erkant worden, den lantzknecht zůfriden zů stellen, und hatt im der herr auch umb seiner feinantz willen einen gůten frevel abgenummen. Do ward fuchs mit fuchs gefangen, wie dann billich unnd recht ist.

44. Einer vertreib seinem alten weib das hauptwee

[54] 44.
Einer vertreib seinem alten weib das hauptwee.

In einer statt, am Rheinstrom glegen, wonet ein seer reiche und karge alte wittfraw; deren stalten vil alter reicher wittweling nach und vermeinten, sy zů erwerben; ir aber was gar kein sattel gerecht. Dann sy gab allwegen die antwurt, sy wolt selber über ir hab und gůt meister sein und keinem mann mer das under würfflich machen.

Es begab sich über lang, das ein lantzknecht in die statt kam, gar ein schöner, gerader, freidiger junger kärle; der hort von diser wittfrauwen so vil sagen, das er im entlich fürnam, er wolt sein heil versůchen. Er was wol außgebutzt mit kleidung, tratt der gůten alten frauwen für das hauß, begegnet ir zů kirchen unnd strassen, sprach sy gantz tugentlich und früntlich an. Die gůt alt frauw, so über ir sechtzig jar was, meinet, der jung hett ein solchen gunst zů ir, nam auch je lenger je meer acht auff in, fieng im auch an gar früntlich zůzůsprechen. Der gůt schlucker meinet, die glock wer jetzund schon halb gegossen, er kaufft einen schönen schlöyer und fügt sich mit flyß an ein ort, da er meint, die wittfraw allein zů betretten. Es geschach nach seinem willen unnd wunsch; dann sy kam im gleich zů gesicht. ›Zarte liebe fraw,‹ sagt er, ›es hatt mich eüwer früntlich unnd tugentlichs ansprechen dermassen in freundschafft unnd liebe gegen eüch bewegt, wo ich in eüwerm verstand, vermögen und wesen wer, und ir meine jugent nit scheuhen dörften, wißt ich in aller statt kein weibsbild, mitt deren ich lieber haußhalten wolt. Diß hab ich eüch nit können verhalten, wiewol ich weiß, das ir meines gunstes ein klein acht haben; aber von wegen meiner freflen wort, so ich jetz so unverschampt mit eüch geredt hab, wöllend dise kleine gab von mir zůr straff nemmen, bitt eüch darby, mir zů vergeben.‹ Die gůt alt vettel, wölche zůvor der narr gegen dem jungen stach, meint im aller worten ernst sein. ›Junger,‹ sagt sy, ›wann ich deinen worten getreüwen dörft, wolt ich mich der sach nit lang nemmen zů bedencken, wiewol nit on ist, es werben vil alter eerlicher reicher mann umb mich, so mir am alter gleich sind. Was [55] wolt ich mich aber zeihen, das ich ein alten mann nemmen wolt! Über nacht so legen wir beidsammen da, unnd wißt keins dem andren zů helffen, weren beidsammen kranck und schwach. Darumb ich mir langest fürgenummen hab, ein gůten frummen gesellen zů nemmen, ob er gleichwol nit so gar reich ist, wann er mir nůr gůts thůt. An gůt und gelt sol im nit manglen.‹ In summa, kurtz davon geredt, sy wurden der sachen eins; sy versprach im die ee.

Als nun der kirchgang beschehen was, fieng der gůt jung mann an, gar haußlich zů sein, versach alle sachen noch dem basten; dann er befand, daß im die fraw ir barschafft und kleinot noch nitt gar offenbart hatt. Als er sy aber mit fuchßlisten hindergieng, das sy im jetz alles geeigt unnd gezeigt, hatt er von tag zů tag angefangen abspinnen, sůcht im kurtzweil und fröud bey seinesgleichen. Wann er dann zů hauß gieng, kam er selten allein, er bracht allweg ein gůten gesellen [oder] zwen mitt im; die sassen dann zůsammen biß mittnacht spilen, schlemmen und temmen. Und wann dann die gůt fraw etwas zůr sach redt, tribend sy nur ir spey- unnd fatzwerck mit ir. Darvon die gůt fraw in grossen widerwillen kam, so dorft sy es iren fründen auch nit klagen, diewil sy ires radts nit gepflegen hatt.

Was ist zůletst geschehen? Einsmals kam er heim mit einer vollen rott. Sein fraw hatt sy von weitem ersehen, vermeint, sy wolt ein andre kunst versůchen, damit sy doch einmal semlicher gest abkummen möcht. Sy nam eylentz ein handzwehlen, wand die umb den kopff und legt sich auff die gautschen. Der mann mit seiner burß kam in die stuben, findt sein fraw also ligen; er gieng zů ir und sagt: ›Mein liebe haußfrauw, was gebricht dir? Liebe, biß gůter ding; kumm, loß uns leichtsinnig sein!‹ – ›Laß mich zůfriden,‹ sagt sy, ›du trewloser mann! Hast du mir das zůgsagt unnd versprochen?‹ – ›Liebe fraw,‹ sprach er, ›ich weiß doch keinen mangel, so du hast. Bistu nit versehen genůg mit megten, so ding dir noch ein par! Schmackt dir ein wein nit, so stich dir ein ander faß an und kauff darneben, was dich lustet! Was wilt du doch mer haben?‹ – ›Waß solt ich haben wöllen?‹ sagt sy, ›ich wolt, du blibest daheim, versehest dein[56] hauß. So gaast du tag und nacht zů deinen gesellen, von wölchen du nichts gůts thůst lernen, und laßt dargegen mich arme frauw ligen in angst und schmertzen. Dann mir thůt mein kopff so wee, das ich nit weiß, wo ich bleiben soll. Wie wilt du doch sömliche untrew verantworten?‹ – ›Wie?‹ sagt er, ›solt ich ein so liebe alte fraw haben und solt leiden von einem liederlichen kopf, das er sy beleidiget! Daß soll einmal nit sein.‹ Semlichs geredt, riß er ir die handzwehel vom kopf, und mit beiden feisten fieng er an zů schlagen und sagt: ›Hey, kopf, woltest dich der meisterschaft annemmen und meiner frawen, von deren ich gůt und ehr hab, wee thůn! Ich wolt dich ee zertrimmern.‹ Die, gůt alt můter wußt nit, wie sy es verston solt; dann sy marckt, das kein auffhörens da was. Darůmb můßt sy sich der nechsten freyheit behelffen. ›O lieber mann,‹ sagt sy, ›laß dein zorn ab gegen meinem kopff! Er thůt mir nimmer wee.‹ – ›Daß vergelt im,‹ sagt er, ›ein spitzhöltzlin! Nun stand auff, mein liebe haußfravv, und loß dich keinen solchen bösen kopff mer anfechten! Ich bin gůter hoffnung, er soll dirs nit meer thůn.‹ Also můßt die gůt alt můter von irem angenummenen siechtagen aufston, zů ires mannes gesten sitzen und ein gůten můt haben, es wer ir lieb oder leid.

Als sy nun zeletst von irem kiflen abließ und den mann nicht mer also frettet, stůnd er selbs von seiner weiß einstheils ab.

45. Ein mäder fand zwen köpff an seinem bett

45.
Ein mäder fand zwen köpff an seinem bett, als er morgens von der matten kam, seinen wetzstein zů holen.

Man sagt gemeinlich, die menner haben das plar am morgen und die weiber erst nach mittentag; semlichs gibt diß mäders weid ein gnůgsamme zügnuß. Man sagt von einem mäder; derselbig saß in einem dorff. Er hatt ein gar schöne frauwen; deß nam der pfarrer im dorff eben war, geselt sich zů dem gůten mäder. Der gemeint die sach gar gůt und vertrewt [57] dem pfarrer und seinem weib nichts arges. Als nun der pfaff den mäder offt zů gast lůd, der frauwen auch mit vil gaben und schencken begegnet, kam es zůletst dahin, das sy in weiter kuntschafft mit einandern kamen. Wann dann der mäder des morgens an sein arbeit gieng, kam der gůt herr unnd halff im das hauß verhüten.

Nun es begab sich eines morgens, das der gůt mann aber gar frü auffgestanden was; er nam sein segsen unnd eylet gantz mit grossem ernst auff die wisen. Deß nam der pfarrherr gar bald war, fügt sich zů der frauwen, wie dann semlichs sein gewonheit waß. Als aber der gůt meder ein schar oder zwei gemeigt und im sein seges gar nit mer schneiden wolt, hatt er erst an seinen kumpf gedacht, ist mit grosser eyl wider zů hauß geloffen. Als er aber an die haußthür kummen ist, hatt er gar klein rumor gemacht; dann er sorgt, er wurd sein weib, die im seer lieb was, erwecken; ist gantz still in die kammer geschlichen. Da fand er eylends seinen kumpf an der wand hangen, den nam er unnd fůr wider darvon. Wie er aber zů der kammer hinaußgadt, blicket er auff sein bett, und er ersicht zwen köpff, under wölchen der ein oben ein blatten hatt. Der gůt man nichts arges gedencken thet; so was im auch so not an sein arbeit, das er nit weitter schauwen wolt.

Sobald er aber hinwegkam, macht sich der pfarrer auff in grossen engsten; dann er meinet, der meder wolt in vor dem amptmann verklagen, damit er gefangen wurd. Das weib aber, welche listiger was, tröstet in und sagt, er solt aller sorgen entladen sein, sy wolt die sach wol vertedingen; im solt nichts args widerfaren. – Als aber nun der gůt mann jetzund gantz streng an seiner arbeit was, fieng er erst an, hin unnd wider zů gedencken, insunderheit an die zwen köpff, so er an seinem bett gesehen hatt.

Umb mittentag aber do hatt im die fraw ein gůten imbiß bereit; sy nam das essen und gieng zů im hinauß auff die wisen, und als sy jetzund gar nahend zů im kam, sagt sy mit gar frölicher stimm: ›Ein gůten morgen mit einandern!‹ Der gůt mann sahe sich umb und meint, es wer noch einer auff die wisen kummen. Als er nun nieman sicht, sagt er: ›Fraw, was gemeinstu mit disen worten?‹ – ›Ach,‹ sagt sy, [58] ›wie kanstu also ein mann sein! Hastu mir nit mögen sagen, das du ein gesellen bey dir hast? So hett ich doch dester meer kochet; doch mein ich, ir solt kein mangel haben.‹ Der mann sagt: ›Fraw, wie ist dir? Ich mein, du habest zů frů gedruncken. Nun bin ich doch gar einig auff der wisen, und ist niemants bey mir dann du alleinig.‹ Die listig fraw gieng gegen dem mann und wüschet ir selbs die augen und sagt: ›Fürwar, mein gsicht hatt mich betrogen; dann ich hett mit einem ein ků verwettet, es weren deiner zwen gewesen.‹ – ›Fürwar,‹ sagt der mann, ›es ist mir heüt morgen dergleichen begegnet. Dann als ich heüt morgen meinen kumpff daheim vergessen hat, kam ich heim in unser kammer unnd reicht meinen kumpff. Do hett ich mit eim ein groß gůt verwett, der pfarrer wer bey dir an unserem bett gelegen.‹ Die frauw fieng an gar innicklichen lachen unnd sagt: ›Lieber mein Hans, jetzund glaub ich erst, wie man sagt, das die mann das plarr am morgen haben und die weiber erst nach mittentag. Was mags doch für ein nerrische kranckheit sein! Ich köndts nit wüssen, es kem dann von übrigem drincken oder schlaffen.‹ Also sassen sy zůsammen, assen und druncken, waren leichtsinnig, und behielt der gůt mäder das plarr vor als nach.

46. Ein voller pfaff wolt zu einem künigreich gon

46.
Ein voller pfaff wolt zů einem künigreich gon, falt in ein wolffsgrůben, als er vermeint, ein enten zů fahen.

Es ligt ein dorff in Luttringen; darinn wonet ein doller ungeschickter pfaff, wie man dann derselbigen nit wenig in Lottringen findet. Er hatt sein brauch an im, das er von einem dorff zům andern lüff; wo er ein gůt mal wußt, da lůgt er, das im sein teil auch darvon ward. Hab auch von glaubwirdigen lüten gehört, das er zům oftermal an einem tag an zweyen orten meß gelesen hab, als in seiner pfarr, und demnach in ein ander dorff geloffen, da er ein gůt mal gewißt hatt, auch meß gelesen.

Es begab sich an einem heiligen drykünigabent, das er von Wych in ein ander dorff lauffen wolt und mit den bauren künig machen; er hatt aber sich zů Wych ettwas lang gesaumpt, [59] dann er mit seinen bauren vor künig gemacht hat; derhalben ward es ettwas spat. Nun hatten die bauren in dem dorff, in wöllichs er gon wolt, erst am selbigen tag ein tieffe wolffsgrůben nit weit vom dorff auffgeworffen, und, wie man pflegt zů thůn, in mitte der grůben hatten sy ein höwstangen auffgericht und ein endt in einem korb darauff gebunden, damit, wann die wölff oder füchs die endt horten, das sy dem geschrey zůlouffen solten und in die grůben fallen. Als nun der gůt herr nahend zům dorff kumpt, so hört er die endt im feld etwas vom dorff schreyen. Er dacht in im selbs: ›Dise endt ist uz dem dorff kummen; es möcht sy ein fuchs ankummen und fressen. Weger ist, ich fahe und erwürg sy, so mag ich sy behalten an einem heimlichen end; wann ich dann nack dem nachtessen heim gang, so trag ich sy mit, so hab ich morgen zů nacht auch einen gůten braten.‹ In solchen gedancken kam der pfaff als je neher zů der enten, und so neher er zů ir kam, so mer und fester sy schreyen ward. Nun was die grůb allenthalben mit kleinem gereyß und strow überdecket, das der gůt pfaff nichts anders meinet, dann es wer ein ebner boden, eylet bald auf die schreyend endt, damit sy im nit entlauffen möcht. In solchem eylenden lauff falt er gar ungestümlich in die wolffsgrůben. Die endt aber je mer anhůb zů schreyen; das erhort auch ein hungriger wolff, loufft dem endtengeschrey zů und falt auch zů dem pfaffen in die grůben. Der wolff, als er vernam, das er gefangen was, hatt er sich gantz züchtiklichen in der grůben gehalten und dem pfaffen kein leid begeren zů thůn. Dem pfaffen aber was gar angst by dem wolff in der grůben unnd hatt sich allen augenblick seines lebens verwegen. Es stůnd nit gar ein stund, do kam ein fuchs, der meint auch, ein gůten bissen zů erlangen; dem gieng es gleich wie den vorigen zweien. Der fuchs aber, sobald er in die grůben kam, fieng er an den pfaffen zů stupfen und zů rupfen an seinem rock. Darvon dem pfaffen ein grosse angst ankam; dann er wußt seines lebens unnd sterbens kein mittel. Nun was er so nach bey dem dorff, wann die bauren anhůben zů schreien: ›Der künig drinckt!‹, das macht erst den gůten domine so gar unlustig; [60] dann er was gewont zů sein, wo man schlempt und dempt, unnd nit über nacht in der wolffsgrůben zů ligen.

Als nun deß morgens die bauren lůgen wolten, was sy die nacht gefangen hetten, kamend sy mit seilern unnd leitern, spiessen und kolben zů der grůben, funden also den pfaffen, wolff und fuchs bey einandern, deß sy sich dann gar größlichen verwundren thetten. Der pfaff bat sy gar früntlich, sy wolten ires fragens abston und zům fordristen trachten, wie sy in auß der grossen angst und not brechten; alsdann wolte er inn alle ding nach der leng erzelen. Sie liessen im ein seil in die grůben, der pfaff band sich selbs daran; also zugen sy in herauff. Der pfaff bat die bauren durch aller heiligen willen, sy solten den wolff seines lebens verschonen, den fuchs aber solten sy umbbringen; darumb so wolt er inn einen schnaphanen schencken. Die bauren fragten die ursach an dem pfaffen, warumb er doch dem wolff sein leben also erkauffen wolt, so doch kein thier in der gantzen welt wer, dem all welt so find weer als einem wolf. Der pfaff sagt: ›O lieben fründ, der gůt frumb wolf ist die gantz nacht so züchtig und still bey mir in der grůben gesessen und hatt mir gar kein leidt begert zůzůfügen. Aber der schantlich lasterlich fuchs, sobald er in die grůben kam, fieng er an, nach mir zů springen, meinen rock zerreissen, unnd hatt mich gantz angsthaft gemacht; darumb beger ich im sein leben nit zů fristen.‹

Die bauren namen den schnaphanen von dem pfaffen, schlůgen aber nüt desterweniger den wolff und den fuchs zů todt. Ich glaub auch, solten sy gewißt haben, daß der pfaff der meinung gwesen wer, die endten zů stelen, sy hetten in auch zů todt geschlagen als wol als den wolff und fuchs.

47. Von einem ungelerten pfaffen, der den kalender nit verstund

47.
Von einem ungelerten pfaffen, der den kalender nit verstůnd.

Ich můß noch einen pfaffen im land zů Lottringen beschriben, dieweil sichs eben also zůtreit. Es ligt ein dorff im [61] Luttringer land, mit nammen Langenwasen genant; darin hatt zů diser zeit auch ein hochgelerter pfaff gewonet, dem manglet gar nichts, dann das er nit wissen kund, wann es sambstag oder suntag was. Dann er sich gar nichts auff den kalender verstůnde; yedoch hatt er ein sunder gemerck auff die tag. Er was eines solchen sinnrichen verstands, das er nur von zůsehen hatt glernet die allerbesten besen machen, so man ankummen mocht. Er nam im für, allen montag fieng er an und macht einen besen, am zinstag aber einen, am mittwoch, dunstag, freitag und sambstag allen tag einen; und wann er dann der besem sechs zůsammen bracht, so kund er abnemmen, das den künftigen tag suntag sein můßt. Darumb gieng er allwegen an dem sambstag zůnacht zů seinem sigristen und befalh im, deß morgens zů der meß zů leüten.

Nun was ein schamparer baur zů Langenwasen, der wonet vil umb den pfaffen; derselbig fand den pfaffen einmal seine besen zalen auf solche weiß: den ersten besen nannt er montag, den andern zinstag, den dritten mittwoch, den vierdten donstag, den fünfften frytag; darnach sagt er: ›Morgen můß ich meinen kilchwart heissen leüten.‹ An semlichen worten kundt der baur wol abnemmen, das er sein gantze wuchenrechnung allein bey den besen hett. Auff ein mittwoch darnach kam gemelter baur aber in deß pfaffen hauß unnd fand in nit daheim, dann er was außgangen nach besenreysern. Der baur fand drey besen bey einandern in einem winckel ston; er nam eilends den einen und verbarg in hinder einer alten kisten.

Der gůt pfaff arbeit darnach, als er auß dem holtz kam, gantz fleyssig. Am freitag fieng er aber an seine besen zalen und fand deren nit mer dann vier. Er sagt zů im selbs: ›Wie bin ich doch so gar irr in meinen besamen worden! Nun hett ich mit eim ein wettung bestanden, es wer heüt freytag gwesen, so es doch erst donstag ist.‹ Also stůnd er am sambstag zů morgens wider auff und macht seinen freytag. Am suntag zů morgen macht er seinen sambstag.

Nun hatt der ander baur, so im den besen verborgen hatt, dem sigristen alle sachen geoffenbart. Und als die zeit kam, fiengen sy an, zůr meß zů lüten. Der pfaff meint, es [62] wer jemans gestorben, und lieff bald in die kirchen, fragt, waß daß für ein geleüt wer. ›Ich hab zů der meß geleüt,‹ sagt der sigrist, ›dann es ist heüt sun tag.‹ – ›Wie kan das müglich sein?‹ sagt der pfaff, ›es ist sambstag.‹ Also kamen sy hart zů streit beidesammen, das zůletst der pfaff den sigristen liegen hieß. Der sigrist, dem alle ding von dem andren bauren was angezeigt, stalt sich gar zornig und sagt: ›Herr pfarrherr, ir schelten mich einen lugner; deß müßt ir mich überweyssen, oder ich will gon gen Metz und will eüch vor dem bischoff verklagen.‹ Der pfaff sagt: ›Du schalck, so gang und bring noch einen andern mit dir in mein hauß! Da will ich dir gůte rechnung umb einen jetlichen tag geben.‹

Bald lieff der sigrist zů dem andern bauren, so im zůr sach geholffen, bracht in mit im in des pfaffen hauß. Der pfaff fieng an und zalt seine besen und kondt nit mer finden dann den freitag; der sambstag was noch nit gar aufgemacht. ›Sichstu,‹ sagt der pfaff, ›da stadt noch der sambstag und ist noch nit gar gebunden.‹ Der sigrist sagt: ›Was gond mich die besen an? Zeigen mir den kalender!‹ Der pfaff sagt: ›Ich acht mich keines kalenders; dann mir felen die tag nit an meiner arbeit.‹ Zůletst sůcht der sigrist hin und wider im hauß und findt den besem under der kisten, zeücht in herfür und sagt: ›Hie secht ir, herr pfarrer von Langenwasen, wölcher under mir und under eüch war gsagt hatt. Nun sind nur keins andren von mir warten, dann das ich den nechsten gen Metz ziehen, will eüch vor dem bischoff verklagen, der wirt eüch wissen den kalender zů leren.‹ Wem was engster dann dem gůten pfaffen? Er sorgt nit allein, das er umb sein pfrůnd kem, sunder forcht auch die gfencknus; darumb bat er den sigristen umb verzeihung, er wolt fürbaß den kalender lernen und nit mer auff sein besemmachen acht haben. Der ander baur, so den besem verborgen hatt, redt auch sein gůts darzů; also vertrůgen sy sich mit einandern. Unnd als die meß vollbracht ward, fürt sy der pfaff ins wirtshauß, zalt die ürten und lart fürbaß den kalender. Solch ungeschickte priester hand wir nit im teütschen land, es fel dann ettwann.

48. Einem juden büßt einer den husten

[63] 48.
Einem juden büßt einer den hůsten.

Es sassen auff einmal vil bauren bey einandern in einem dorff in dem wirthshauß, waren leichtsinnig und gůter dingen. Underdem so kumpt ein alter jud reiten; er saß ab von seinem pferd, fůrt das in den stall, darmit es ein wentzig erkület. Er satzt sich auch hinein in das summerhauß, sich zů erkülen; dann es war eben im heissen summer. Der jud begert, man solt im ein kanten mit wasser bringen umb sein gelt. Die bauren sagten: ›Man verkaufft kein wasser hie. Dann wir haben sunst grössern mangel an wasser, dann uns lieb ist; alle brunnen und bech sind gar verdrucknet; aber wein mag dir umb gält gnůg werden.‹ Der jud sagt, es wer wider sein gesatz, wein mit den christen zů drincken; wann es aber bier wer, hett er syn wol macht.

Also bracht im zůletst der würt ein kanten mit wasser; der jud dranck auff die hitz einen gůten starcken drunck, fieng bald darauff an, heftig zů hůsten. Als er das nun ein gůte weil getriben, hatt einer under den bauren gesagt: ›Jud, wie hastu dann den ritten mit deinem hůsten!‹ Darauff sagt der jud: ›Fürwar, ich hůst einen regen.‹ Der baur sagt: ›Kanstu regen hůsten, warumb bistu nit langest kummen?‹ – ›Ja,‹ sagt der jud, ›ich wird gewiß einen regen hůsten; dann er ist nun lang in mir gesteckt.‹ Bald wuscht ein ander baur auff, wölcher gar bedruncken was, nam den juden bey der kartausen und schleift in im summerhauß herumb und tratt in mit füssen, sagt zů im: ›Hey, du schandlicher jüdischer hund, hastu so lang ein rägen in dir gehabt und hast den mit gewalt in dir behalten; waß hastu dann gůten wein, frücht und fůter verderbet, daß alles fürkommen wer, wann du einen sollichen grossen regen nit in dir behalten hettest!‹ Der jud schrey: ›Mordio, helfenio! Ich hab die sach nit also gemeinet; ir habt mich nit recht verstanden. Laßt mich eüch der sachen bericht geben!‹

Als nun die andren meinten, deß schimpfs wer genůg, haben sy friden gemacht. Der jud aber hat solcher schlappen nit in mer warten wöllen; dann er sorget, im möcht erst recht [64] gezwagen werden; auch waß im die laugen schon bereit. Darumb saß er auff sein pfert unnd reit sein straß. Also geschach disem juden mit dem regen, wie der Odenwelder beürin mit dem schnee.

49. Ein einfaltig weib berichtet, wie sie inn der fasten fleysch

49.
Ein einfaltig weib berichtet, wie sie inn der fasten fleysch hett gessen.

Es ist an vilen enden noch der brauch, das man inn der fasten das gemein volck zů der beicht vermanet, namlich inn der karwochen; so ist man dann ein wenig geystlich. Wenn nun die osteren hinweg sind, so ist der geist auch hinweg; dann so jagen wir den Judas über den zaun, unnd gan alle kirchweyhen an; so můß sich Zacheus leiden gleich wie Judas inn der finstern metten; mit dem und über den schreigt, singt unnd boldert man, wenig aber wirt daß leiden Christi bedacht. Also predigt man vom Zacheo auff allen kirchweihen, niemandt aber volget im inn den wercken nach. Zacheus steig auff den feygenbaum, damit er den herren sehen möcht, unnd als er von im herab ward gefordert, verliß er allen wollust diser welt und volget dem herrn nach. Wir aber sindt yetzundt eines andern gesinnet; dann sobald ich und ander meer das evangelium vom Zacheo hand hören verkünden, verlassen wir den herrn unnd sin wort, lauffen den nechsten auß der kirchen dem schlam zů. Also geht es auch mit der beicht. Ein yeder meint, wann er nur den leuten die augen erfüllen mag, hab er im schon gnůg gethon.

Also gieng es auch mit diser guten frawen; die kam für den beichtvatter, erzalte ir sünd gantz einfeltigklich. Zůletst, als sie nit meer wußt, fieng er sie an zů fragen, aber gantz unnotwendige sachen. Under andern fragen was diß die ein, ob sy auch inn der fasten eyer und fleisch gessen hett. Sy sagt: ›Ja, herr, aber nit die gantz fasten.‹ Der beichtiger sagt: ›Liebe fraw, ir hand grosse und schwere sünd begangen; ir haben dann semblichs von unserm heilgen vatter dem bapst erkaufft.‹ – ›Ach,‹ sagt sy, ›lieber mein herr, ich hab nye [65] gewüßt, das der heylig vatter auch eyer und fleisch feil hett, sunst wolt ich im mein gelt ehe umid lieber gegünt haben haben dann unsern metzgern; sy land mich allmal so lang an der metzig stan, es solt eins das fleisch nit geschenckt nemen.‹

Diß was gleich ein antwurt, wie sy gefragt ward; warzů aber semblich beichten dienet, laß ich ein andern, so die sach baß verstadt dann ich, außecken.

50. Ein edelmann verbot seinen bawren zu schweren

50.
Ein edelmann verbot seinen bawren zů schweren.

Es wonet ein guter, frummer alter edelmann auff einem schloß; der hatt unden daran ein groß dorff, darin aber so böse ungezogene pauren, das er in keinem weg mit inn naher kommen kunt; kein frevel was inn zů groß, sy mochten den verküsen, gaben weder umb gebott noch verbott nit ein wicken. Und insunderheit was inn das gottslestern hoch verbotten. Es halff aber nichts. Zůletst hatt der gůt juncker ein bedauren mit weib unnd mit kinden; dann er gedacht, die vätter wurden sy gar umb daß ir bringen. Also ließ er ein mandat außgehn, welcher baur meer gott lestert, den wolt er nit allein an seinem gůt, sonder auch an dem leib straffen. Das bestůnd nit lang, es wurden ettlich fellig und hart an irem leib gestrafft, als mit dem thurn, branger, die zungen beschnitten, auch ettliche, so die sach zů grob übersahen, wurden an irem leben gestraffet. In summa, es kam die sach zůletst so weit, das die bauren darvon můßten abston, wiewol es sy gar hart und saur ankam. Das gsind was auch durch ir vorig unordenlich wesen dahin kummen, das mit gůtem nichts mer auß inen was zů bringen; dann keins wolt in gottes nammen nichts angreiffen, es můßt ein grosser schwůr mittlauffen.

Das was den bauren gantz beschwerlich, kamen also in gantzer gmein zůsammen und beschlussen in gemeinem radt, sy wolten sammenthaft für den junckern auff das schlossz gon unnd im den handel fürtragen, wie sy das gesind in keinen weg wußten zů baschgen, es were dann, das er inn einen schwůr erlaubet. Also ward dem junckern die sach durch den schultheissen von wegen der gmein fürgetragen. Als nun der [66] juncker iren mangel vernam, sagt er zů in, was sy doch für einen schwůr begerten. Der schultheiß sagt: ›Gnediger juncker, wir bitten eüwer veste, gebt uns ein schwůr, der da nit zů klein, auch nit zů groß sye, damit demnach das gsind mög in der forcht erhalten werden!‹ – ›Wolan,‹ sagt der juncker, ›diewil ir eüwer gsind dahin gewendt, das sy umb betten nichts wöllen geben, so stond all mitt einandern ab und erkiesen eüch ein schwůr, jedoch daß der das liden Christi nit berür.‹

Bald stůnden die bauren ab und wurden der sachen überein umb die pestilentz. Sy kamen wider zů dem junckern in den sal. Der juncker sagt: ›Sind ir bedacht?‹ – ›Ja‹, sprach der schultheiß, ›gnediger juncker, wir stond hie und bitten eüch durch gottes willen, gebt uns nur die pestilentz!‹ – ›So gand hin,‹ sagt der juncker, ›und habt eüch die Frantzosen darzů!‹ Der schultheiß von wegen der gantzen gemein danckt dem junckern gar fleissig von wegen der reichen begabung, zugen also mit fröuden zů hauß.

51. Ein geitziger verzagter pfaff kleppert mit beiden henden

51.
Ein geitziger verzagter pfaff kleppert mit beiden henden auf der kantzlen zůsammen und schrey: ›Gelt har! Dschů sind pletz.‹

Es ist ein groß dorff im Elsaß am gebürg gelegen, darinn saß ein langer dürrer pfaff, wie der mann im kästenholtz; der was gantz eines verzagten hertzens; auff kein kantzel kond man in gar nit bewegen, das er dem gemeinen volck das evangelium verkündet hett. Das war aber sein brauch, wann er meß hielt, wandt er sich gegen den leüten, sobald er das evangelium gesungen oder gelesen hatt, sagt er es dann in teütsch. Nun was ein würt oder weinsticher im flecken, ein seer gůter fatzbrůder, der sagt zům offtermal an den pfaffen, er solt doch ein mal das evangelium auff der kantzlen sagen; wann er semlichs einmal von im hort, wolt er im einen gulden schencken. Das treib er so lang und vil mit im, das sich der gůt herr zůletst vor den leuten schamen můst.

An einem sontag kam es im eben in sinn, das er den [67] gulden verdienen wolt; er ließ es dem weinsticher ansagen, damit er nachmalen kein außredt sůchen noch haben mocht. Also kam er inn die kirchen mit vil gůten gesellen; die stalten sich allsamen gerad gegen der kantzeln, damit sy den pfaffen understůnden zů erschrecken, das er nit hinauffgieng. Als er nun kam und sahe sy also bey einander stan, erschrack er auß der massen übel; noch dannocht faßt er im ein hertz, steig hinauf, stůnd ein gůte zeit, daß er gar erstummet was; dann der weinsticher mit seiner geselschafft wandten die augen nit ab im. Zůletst fieng er doch an, das evangelium zů verkünden und thet aber gar ein kurtze sermon. Darnach, alsbaldt er nun die offen schuld gesprach und die absolution daruff, schlůg er mit beiden henden zůsamen und pleppert gar laut auff der kantzeln und sagt: ›Engelhart, gelt her! Die schů sind gepletz.‹ Da můst yederman hören, ob er von wegen der armen scheflin oder des guldens halben auff die kantzlen gangen was.

Als er nun von der kantzel kam und demnach sein ampt inn der kirchen vollbracht, nam in der weinsticher, lůdt ein gute bursch zů ihm inn sein herberg, machten dem pfaffen gůt geschirr. Als er nun ein trunck überkam, beretten sy in, das er den gulden ins gloch schencket; hat er vor der predig nichts, so hat er hinnach aber nichts, allein das er ein vollen kropff darvonbringen thet.

52. Einer satzt seinem gefattern ein hut mit bruntz auff den kopff

52.
Einer satzt seinem gefattern ein hůt mit bruntz auff den kopff in einer abenzech.

Wunderbarliche gesellen findet man offt inn den abenzechen; insonders so es umb die fünffte kanten wirt, so mag sich sant Grobianus nit verbergen, kummt mit seinem seytenspil zum sewtrog geloffen, bald hebt man die sewglocken zů leüten; dann kan niemants nit meer verderben: ye gröber, ye hüpscher, ye wüster, ye holtseliger. Also gieng es auch in einer abenzech mit zweyen gůten gesellen, die waren gefattern unnd eines handwercks, warend mir beid seer wolbekandt, als sy dann noch seind.

[68] Es begab sich eins tags, das sy einen zunfftbrůder zů der begrebniß begleiten. Als er nun zů der erden bestattet, wurden etlich under inen zů radt, zugen mit einander auff ire zunfftstuben und fiengen an den schlemmer zů singen, damit sy des gůten abgestorbnen kärlins dest ehe vergessen möchten. Als sy aber auff die stuben kamen, funden sy bald irs glychen; sy sassen zusammen und liessen inn aufftragen nach der schwere. In summa, einer under den zweyen ward seer wol betruncken, were derhalben gern von dem tisch gewesen, ein wässerlin ze machen. Sein gefatter saß im an der seiten, den bat er zum offternmal, er solt in herfürlassen, sagt im darbey sein anligen. Diser sagt: ›Hey, wolt ir darumb auffston? Nempt hin meinen hůt, bruntzend darein!‹ Der was nit unbehend, nam den hůt, das sunst kein mensch an dem tisch warnam, bruntzt in also under dem tisch mer dann halber voll. Der hůt fieng an heftig unden durchrinnen; der gůt kerle war angsthafft und sagt zů seinem gefatteren: ›Wo soll ich nun mit dem hůt hin?‹ Sein gfatter sagt: ›Wißt ir nit, wo er hingehört?‹ Diser war nit unbehend, nam den hůt, satzt in seinem gefatteren auf mit bruntz und allem, das im das harnwasser über den köpf und bart abran unnd an seinem gantzen leib mit bruntz überschüttet; dann ehe sy die anderen wargenummen, ist der schad geschehen, unnd was dem schon genetzt und gezwagen.

Was solt er aber darzů thůn? Zürnen kond er nit, dieweil er im den hůt selbs dar hatt gebotten. So was die ander gselschafft dermassen mit lachen behaft, wann sy gleich einandern gerupft, hetten sy demnach nit frid nemmen künden. Nach langem gelechter ward ein rachtung antroffen, sy solten lieb unnd gůte gefatteren sein, damit sy nit in sant Grobianus brůderschafft außgetilgt wurden.

53. Ein guter schlemmer dichtet ein liedlin, damit ward sein würt

53.
Ein gůter schlemmer dichtet ein liedlin, damit ward sein würt bezalet von den Fuckern.

Auff dem reichstag zů Augspurg anno [1530] geschach ein gůter schwanck von einem singer an deß hertzog Willhelmen [69] helmen von München hoff. Er was ein berůmpter musicus und componist, hieß mit seinem nammen N. Grünenwaldt. Er was ein gůter zechbrůder, nam nit vergůt, was im an seines gnedigen fürsten und herren tisch fürtragen ward, sunder sůcht im anderßwo gůt gselschafft, so seines gefallens und kopffs waren, mit im dapffer dempfften und zechten; kam so weit hinein, das alle schencken und was er in barem gelt mitt im dahin bracht, in nasser war und gůten bißlein dahingienge. Noch můßt die maus bas getaufft werden; er macht dem würt bey den acht gulden an die wand. In summa, es kam auff die letst dahin, das der hertzog von München sampt andern fürsten, herren und stetten aufbrechen wolten.

Der würt erfůr die sach, kam zů dem gůten Grienenwald, fordret sein außstendige schuld. ›Lieber würt‹, sagt Grienenwald, ›ich bitt euch von wegen gůter und früntlicher gesellschaft, so wir nun lang zůsammen gehabt, lassend die sach auff dißmal also berůwen, biß ich gen München kum! Dann ich bin yetzůmal nit verfaßt. Wir haben doch nit so gar weit zůsammen; ich kans eüch all tag schicken; dann ich hab noch kleinot unnd gält zů München, das mir die schuld für bezalen möcht.‹ – ›Das gunn dir gott,‹ sagt der würt, ›mir ist aber damit nit geholffen. So wend sich meine gleübiger mit worten nit bezalen lassen, namlichen die, von denen ich brot, wein, fleisch, saltz, schmaltz und ander speiß kauffen und bekummen můß. Es můß allwegen bargelt da sein; kumm ich auf den fischmarckt, sehen die fischer bald, ob ich umb bargelt oder auff borg kauffen wöll. Nimm ichs auf borg, můß ichs doppel bezalen. Ir gesellen aber setzt eüch zům tisch; der würt kan eüch nit gnůg aufftragen, wann ir gleichwol nit ein pfennig in der täschen hand. Darumb merck mich eben, weß ich auff dißmal gesinnet bin! Wilt du mich zalen, mit heil; wo nit, will ich mich den nechsten zů meines gnedigen fürsten und herren von München secretarien verfügen; derselbig wird mir wol weg und steg anzeigen, damit ich zalt werd.‹ Dem gůten Grienenwald was der spieß an bauch gesetzt, wußt nit wo auß oder wo an; dann der würt, so auch mit dem teüffel zů schůlen gangen, was im zů scharff. Er fieng an, die allersůsten und glettisten wort zů geben, so er sein tag je studiert [70] und erdencken mocht; aber alles umbsunst was. Der würt wolt sich aber keinswegs nit schweigen lassen und sagt: ›Ich kan nicht vil umbstend; glatt geschliffen ist bald gewetz. Du hast tag und nacht wöllen voll seyn; den besten wein, so ich in meinem keller gehabt, hab ich dir müssen aufftragen. Drumb darffs nur nit viel meüß. Hast du nit gält, so gib mir deinen mantel, dann so wil ich dir wol ein zeit lang borgen. Wo du aber in bestimpter zeit nitkumpst, wird ich dein mantel auff der gant verkauffen lassen. Diß ist der bescheid mit einandern.‹

›Wolan,‹ sagt Grienenwald, ›ich will der sachen bald radt finden.‹ Er saß nider, nam sein schreibzeüg, papeir, fäder und dinten und dichtet nachfolgends liedlin:


1.
Ich stůnd auff an eim morgen
Unnd wolt gen München gon
Und war in grossen sorgen:
›Ach gott, wer ich darvon!
Meim würt, dem was ich schuldig vil,
Ich wolt in gern bezalen,
Doch auff ein ander ziel.
2.
Herr gast, ich hab vernummen,
Du wöllest von hinnen schier;
Ich laß dich nit wegkummen,
Die zerung zal vor mir,
Oder setz mir dein mantel ein!
Demnach will ich gern warten
Auff die bezalung dein.‹
3.
Die red gieng mir zů hertzen,
Betrübt war mir mein můt;
Ich docht: Da hilfft kein schertzen.
Soll ich mein mantel gůt
Zů Augspurg lassen auff der gant
Und bloß von hinnen ziehen,
Ist allen singern ein schand.
4.
›Ach würt, nun hab gedulte
Mit mir ein kleine zeit!
Es ist nit groß die schulde,
Villeicht sich bald begeit,
Das ich dich zal mit barem gelt.
Darumb laß mich von hinnen!
Ich zeüch nit auß der welt.‹
5.
›O gast, das gschicht mit nichten,
Das ich dir borg dißmal.
Dich hilfft kein außred dichten;
Tag, nacht wollst du sein voll.
Ich trůg dir auff den besten wein,
Drumb mach dich nur nit musig,
Ich wil bezalet sein.‹
6.
Der würt, der sach gantz krumme;
Waß ich sang oder sagt,
So gab er nichts darumme,
Erst macht er mich verzagt.
Kein gelt wußt ich in solcher not,
Wo nit der frum herr Fucker
Mir hilfft mit seinem radt.
[71] 7.
Herr Fucker, laßt eüch erbarmen
Mein klag und grosse peyn
Und kumpt zů hilff mir armen!
Es will bezalet sein
Mein würt von mir auff disen tag.
Mein mantel thůt im gfallen,
Mich hilfft kein bitt noch klag.
8.
Dem würt thet bald bezalen
Der edel Fucker gůt
Mein schuld gantz überalle;
Das macht mir leichten můt.
Ich schwang mich zů dem thor hinauß:
Alde, du lausiger würte,
Ich kum dir nimm inß hauß.

Diß liedlin faßt Grienenwald bald in sein kopff, gieng an des Fuckers hof, ließ sich dem herrn ansagen. Als er nun für in kam, thet er sein gebürliche reverentz, demnach sagt er: ›Gnediger herr, ich hab vernummen, das mein gnedigster fürst und herr allhie aufbrechen und auff München zů ziehen will. Nun hab ich je nit von hinnen kinden scheiden; ich hab mich dann mit eüwer gnaden abgeletzet. Habe deren zů lieb ein news liedlin gedieht; so eüwer gnad das begert zů hören, wolts ich deren zůr letze singen.‹ Der gůt herr, so dann von art ein demůtiger herr was, sagt: ›Mein Grienenwald, ich wils gern hören. Wo sind deine mittsinger, so dir behilfflich sein werden? Laß sy kummen!‹ – ›Nein, gnediger herr,‹ sagt er, ›ich můß allein singen; dann mir kan hierinn weder baß noch discant helffen.‹ – ›So sing har!‹ sagt der Fucker. Der gůt Grienenwald hůb an und sang sein lied mit gantz frölicher stimm herauß. Der gůt herr verstůnd sein kranckheit bald, meinet aber nit, das der sach so gar wer, wie er in seinem singen zů verston geben hatt; darumb schickt er eylends nach dem würt. Als er nun die warheit erfůr, bezalt er dem würt die schuld, errettet dem Grienenwald seinen mantel und schanckt im ein gůte zerung darzů; die nam er mitt danck an, zoge demnach sein straß.

Disen Grienenwald kam sein kunst auff dißmal gar wol; sunst hett er sein mantel hinder im lassen müssen und nackend auß Augspurg gezogen sein. Darumb kunst nimmer zů verachten ist.

54. Ein würt zu Ingelstatt bracht mit listen ein ketten

[72] 54.
Ein würt zů Ingelstatt bracht mit listen ein ketten von einem jungen edellmann.

Ich hab von einem gůten gsellen gehört, wölcher bey und mit gewesen, daß ein junger edelmann zů Ingelstatt ein gält by einem würt verzert hatt; dann er griff die sach nur bey dem dicksten an, hielt vil pancketen und gasteryen. Als nun die summa seer groß ward, fieng dem gůten würt an angst zů werden, gedacht im mangerley, wie er radt finden möcht, damit er bezalt wurd.

In den dingen begab es sich, das des jungen edelmanns vatter, wölcher ein ritter was, nach seinem sun schicket, er solt onverzogenlich heimkummen. Do fieng dem würt erst an die katz den rucken auffzůlauffen; er wußt nit, wie er seinen sachen thůn wolt. Zůletst gedacht er im: ›Wolan, ich můß ein anders für die handt nemmen, ob ich doch mit listen zůr bezalung kummen möcht.‹ Er richt ein gůt bancket zů und sagt zů dem edelmann: ›Juncker, ich verstand, wie das ir heimreyten wöllen. Nun müssend wir uns dennocht zůvor mit einandern letzen und einen gůten můt haben.‹ Diß gefiel dem edelmann fast wol und sagt: ›Ja, mein herr würt, wölcher malzeit můß aber semlichs geschehen, damitt ich auch andren gůten gsellen, so mir lieb sind, darzů verkünden mag.‹ Der würt sagt: ›Juncker, zům nachtmal bin ich seer wol gerüst. Darumb mögt ir wol gůt gesellen mitbringen; so wend wir gantz leichtsinnig sein.‹ In summa, die sach ward also abgeredt.

Der würt befalh allem seinem gesind, sobald man zů tisch kem, solten sy nur nit faul sein mit einschencken; so was der bescheid auch geben, das sy den besten und sterckisten wein, so er im keller hett, aufftragen solten. Das geschach nach allem seinem (des wirts) befelch und anschlag. Dann bald es umb die zeit ward, das man zů tisch saß, trůg man auff nach der schwäre; da hůb sich ein groß fressen unnd sauffen an; der würt aber lüff stetz von unnd zů dem tisch, damit man auff sein fürnemmen nit achten, dest weniger arckwon haben möcht; er schirt auch dapffer zů, damit dem jungen edelmann [73] kein mangel an trincken gelassen wurd. Nun hatt der jung ein schöne guldine ketten am hals hangen, die was zum wenigsten in die dryhundert gulden wert. Als nun der wirt marckt, das der jung gantz wol bedruncken was, sagt er zů im: ›Juncker, wie mögt ir doch ein gantzen tag so schwer am hals tragen?‹ Der juncker sagt: ›Wie so?‹ Spricht der würt: ›Mich beschwert den gantzen tag das hembd und wammes am leib, deßglichen mein hůt auff dem kopf; ich gschweig, das ich ein gantzen tag solt ein sölliche ketten an mir tragen.‹ – ›Sie aber,‹ sagt der jung, ›beschwert mich gar nichts. Ich wolt, es kern einer und schandet mir noch eine zů deren, ich trüg sie darzů, ja wann sy noch so schwer sein solt.‹ Der würt sagt: ›Ich möcht doch wol wüssen, wie einem wer, der ein semliche ketten trüg.‹ Der edelmann was nit unbehend, hanckt dem würt die ketten an den hals; der schlam aber gieng nicht dest weniger für sich. Der würt lüff von und zů, wie er dann vormals auch gethon hatt; auff die letst aber verlor er sich gar unnd legt sich schlaffen, acht nit, wer die ürten macht. Als nun das sauffen biß über die zeit weret, bliben ettlich in der stuben auff den bencken ligen. Die sorg was schon by inn allen dahin; der edelmann dacht nit mer an seine ketten.

Als es morndis tag ward, saß mein gůter würt auff sein roß, reit dahin, nam kein abscheid von seinen gesten. Nit lang darnach stůnd der edelmann auff unnd meint hinwegzůreiten, fragt oft, wann der würt auffston wolt, das er im seine ketten geb, dann er můßt reitten. Zůletst sagt im der stalknecht, der würt wer des morgens frü darvon; so wüßt er nit anderst, dann er wer ins Elses nach wein geritten. Der gůt jung ward der sachen nit gar wol zůfriden, wartet, biß die wirtin auffkam, die sagt im gleich semliche bscheidt. Was solt er thůn? Er můst hinweg auff seines vatters schreyben; so kond im die würtin gar nichts von seiner ketten sagen; also fůr er gantz traurig darvon.

Über ettlich zeit schreib er dem würt umb sein ketten; der würt schreib umb sein gelt. Als es aber lang umbher gieng, můßt er im sein gelt schicken, da hielt im der würt sein ketten auch nit mer vor.

55. Ein grawsame unnd erschrockenliche history

[74] 55.
Ein grawsame unnd erschrockenliche history, so sich auch von wegen eines kauffs oder tauschs zůgetragen hatt.

Diewil wir jetzund eben von keüffen, wettungen und tauschen angefangen hand zů schreyben, ursacht mich auch ein grawsamme und gantz erschrockenliche history, so ich dann selb erlebt, auch beide personen, weyb und mann fast wol erkant hab. Nemmend war, es ist ein statt im Elses gelegen, Reychenweiler genant; dieselbig ist graf Jörgen von Würtenberg zůgehörig. In deren wonet ein würt, und hieß man das wirtshauß zům bären. Derselbig kam auff einmal in einer zech mit einem anderen würt in ein red; ein jeder wolt, der ander wer reycher. Zůletst kamen sy in eine sölliche wettung und tausch, das ein jeder auß seinem hauß von hab und gůt gon solt, und der ander in seines tauschs hauß gon, aber auß seinem vorigen hauß nichts tragen, weder barschafft, silbergeschirr, haußradt noch kleider; nichts außgenummen, allein was einer von gewand zů seiner notturft haben můßt. Alsbald schlůgen sy einandern den kauff zů. Do waren von stund an gesellen, die druncken den weinkauff, damit der tausch bestetigt ward, wie man dann im Elses ein sunderen bösen brauch hatt. Dann so semlich unerbare keüff beschenen, findt mann bald solche lose kunden, die helffen zů sölchen unerbaren keüffen, damitt sy allein den weinkauff ze trincken haben und inen der kropff gefüllt werde, es geradt der kauff hernach, wie er wölle. Also gieng es auch mit disem ellenden tausch zů.

Nun hatten sy beid ein zeit bestimbt, so solt ein yeder syn hauß unnd hab verlassen und inn des anderen hauß gan. Der ander würt aber, so mit dem vom Reychenweiler getauscht, was nicht in der statt daheim, aber allernechst darbey in einem flecken Hunnenweyer genant. Als nun der vonn Reychenweiler heymkam und seinem weib den tausch saget, ward sy über die maß seer betrübt, bat iren mann auch offt, er solt von solchem fürnemen abston unnd sich mit seinem gegenteyl inn [75] ander weg vertragen; dann sy het ir entlich fürgenommen, ee zů sterben, ee daß sy auß irem eygen hauß, von hab unnd gut ziehen wolt. Disen zanck unnd katzbalg triben sy lang mit einander; dann der wirt, ir mann, wolt dem andern des tauschs in keinerley weg abredt sein; so wolt in auch jenner des tauschs unnd erbaren kauffs nicht erlassen. Nun gieng die würtin von Reychenwiler groß schwanger, also das sy gar schier geligen solt.

Auff einen tag hatten sy sich aber gar hart mit einander gezancket und erhaderet; zů dem mal hatt der würt nit sunders gest im hauß, dann ettlich arbeiter, so auß dem Schwaben und Welschland irer arbeit nach an das gebirge ins Elsaß ziehen; sonst was nyemands im hauß dann knecht und mägt. Als sy yetzt alle nach dem nachtmal schlaffen gangen, der hader und zanck für und für mit dem wirdt und wirttin geweret, ist inn der nacht von denen, so im hauß gelegen sindt, deßgleichen von ettlichen nachbauren, so am nechsten gesessen sindt, ein geschrey unnd tumult im hauß erhort worden. Dieweil aber mennigklich von dem zanck und streyt, so die zwey mitt einander gehabt, wissens getragen, hat jederman gemeinet, der würt schlahe sein weib. Aber der knecht im hauß, als er seinen meister die gantz nacht so hort umbschwirmen, ist er zůletst auffgestanden und seinen meister angeschruwen und gesagt: ›Meister, was ist doch dise nacht für ein ernstliches gefert im hauß? Will euch yemants überweltigen?‹ Da hat im sein meister geantwurt und gesagt: ›Was bleibst du nit ligen? Biß zů rhůen und lege dich! Mir thůt niemandts nichts. Ich hab mein weib ein wenig geschlagen.‹ Also ist der knecht wider zů bett gangen.

Des morgens aber, als alles volck im hauß auffgestanden ist, hat weder meister noch fraw auß der kammern gewöllen gan, daß man doch vor nye ann inn beyden gewon gewesen. Als man aber zůletst die kammer auffgethan, hatt man die fraw mit vil wunden am bett durchstochen todt ligen, den mann ettlich schritt vom bett und ein messer, mit silber beschlagen, in im stecken todt ligen funden. Davon dann mennigklich grossen schrecken empfangen, und hatt man semlich grawsam geschicht eylentz den amptlüten angesagt. Die haben [76] gleich, dieweil der argwon so groß gewesen, alle die, so dieselb nacht im hauß gelegen, gefenglichen angenummen. Wiewol sy unschuldig gewesen, noch dannocht hat sy grosser schrecken und forcht umbgeben. Zůletst als die entleibten personen sind begraben worden, hatt man den nachrichter von Colmar beschickt, understanden, die gefangnen peinlich zů fragen.

Es hat aber der nachrichter, als einer, so diser ding gepflegen, auß vilen zeichen und argwonischen stucken der sachen gar weyt nachdenckens gehabt, darzů auch den amptleüten geraten, mit den gefangnen nit zů eylen; dann es wolt in gentzlich beduncken, der württ hett semlichen mordt an seinem weib und an im selbs begangen. Disen reden haben die amptleüt, als denen die sach hart angelegen ist, zů hertzen genommen und nachgedacht, auch ye lenger unnd meer dem todtschleger als dem würt die sach vertrawet, wie dann auß gar vilen zeichen abzůnemen gewesen ist.

Auff diß hatt man sy wider auß der erden lassen graben und noch ferrere zeichen an dem mörder [gefunden], so dann sein eigen fleysch unnd blůt inn můterleib sampt seinem ehegemahel lesterlichen ermördet hat; der hat ein solchen bösen geschmack von im geben, das unglaublichen zů sagen, und ist also durch den nachrichter an ander gewonliche statt, da solch verzweyfelt corpell hingehören, gefürt worden. Des weibs cörpell ist in dem grab beliben. Grott sey ihrer seelen gnedig unnd gebe dem andern tauscher grosse rüw, so nit die wenigst ursach an disen dreien mörden ist gewesen. Wie unrecht ist' es gethon, eines andren gůt also durch geferlich tauschen an sich zů bringen!

Dise histori hab ich auffs kurtzest hieher müssen setzen, damit menicklich ein genügen hab an demjenigen, so im vonn gott beschert ist, dasselbig nicht also inn windt schlagen, als wann er die gaben gottes wolt verachten. Darumb lond uns semlich unerbar tauschen und solch geferliche keuff vermeyden!

56. Wie zwen dieb einem pfaffen das podegram vertriben

56.
Wie zwen dieb einem pfaffen das podegram vertriben.

Zwen dieb hatten lange zeit inn gemein mit einander[77] gestolen unnd allweg tugentlich, waß sy überkamen, mit einander getheilt. Auff ein zeit kamen sy in ein kleines stettlin, konten darin irer gattung nicht bekummen. Zůletst wurden sy zů radt, giengen hinauß auff ein groß dorff, bewurben sich umb ir kauffmanschatz, damit sy sich mit ehren auß möchten bringen. Sy erkunten sich so wol, das der ein einen hauffen nüß auff einer hurden ersehen, zů denen er nachts wol kummen mocht. Der ander fand einen schaffstall im dorff, darinn waren vil gůter feister schaff und hemmel; under denen wolt er einen stelen; des morgens wolten sy nüß und hammel in dem stettlin verkauffen. Sy wußten aber kein sicher ort im dorff, dahin sy iren kram, so sy nächtlicher weylen überkamen, tragen möchten. Zům letsten besanen sy sich an den gerner oder beinhauß; daselbst solt der, so am ersten sein diebstal überkam, des andern warten.

Nun waß ein seer reicher pfaff im dorff, der lag gar hartt an dem podegram unnd hat zwen starcker junger knecht, die seiner warten můßten und in hin und wider heben und tragen. Es begab sich, als es gantz finster worden waß, das die zwen dieb yeder nach seiner wahr gieng. Der mit den nüssen was mit ersten fertig, trůg einen grossen sack voll auff die todtenbein. Der ander aber, weiß nicht, was in verhindert, kondt nit zů genist kommen. Sein gesell aber, damit im die zeyt vergieng, saß auff den todtenbeinen und aß nüß, warff die schalen hin und wider im gerner.

Nun begab es sich, das dem pfaffen in der nacht das liecht außlöschet. Er wardt zornig über seine knecht; dann sie waren beidsam entschlaffen, hatten die ampel nicht geschieret. Als sy aber kein liecht schlagen kundten, sagt der pfaff zů dem einen, er solt ins beinhauß gon und ein liecht auffzünden. Der gůt gesell was geschwindt auff den füssen, lieff dem beinhauß zů, und als er jetzund die stiegen hinnabkumpt, so hört er den dieb nüß krachen und die schalen hin unnd wider werffen, davon im ein grosser schrecken zůstundt. Er lieff eylens wider zů hauß on ein liecht. Der pfaff ward zornig; als aber der knecht die ursach anzeyget, schickt er die beyden knecht mitt einander. Als sie aber auch nahendt [78] hinzůkamen, hörten sy beid den dieb auff den beinen. Sie lieffen behends widerumb zů hauß.

Als sy aber kein liecht brachten, ward der pfaff über die maß zornig und befalh seinen knechten, gůte weiche küssen auf ein mistberren zů legen unnd in darauff in den gerner zů tragen. Das geschach alles nach seinem befelch; sy kamen zů dem gerner. Der dieb auff den todtenbeinen meint, sein gesell kern mit dem hammel, und schrey von den beinen herab: ›Thů gmach, thů gmach! Ich will dir in helffen heben.‹ Die knecht meinten, es wer der teüffel, liessen den pfaffen fallen und lieffen darvon. Der dieb rumplet über die todtenbein herab und sagt mit lyser stimm, meint, sein gsell wer da und hett den hammel; er fragt: ›Ist er auch feißt?‹ Dem pfaffen ward so angst, das er des podograms vergaß, lief dahin, als wer er unsinnig; der dieb hinach, meint, sein gsell wolt den hammell allein behalten, und schrey hinach: ›Hab ich kein theil daran?‹ – ›Nein,‹ sagt der pfaff, ›du böser geist, dir soll kein theil werden.‹ – ›So solt du auch kein theil an den nussen haben.‹ – Der pfaff sagt: ›O ich will mich gern aller nussen in ewigkeit entzihen.‹ Deß morgens schickt er nach allen bauren und gab hin all die nussen wider, so im zů zehenden worden waren, und vergieng im also sein podogram.

57. Ein Franck hatt sich auß eim becher kranck getruncken

57.
Ein Franck hatt sich auß eim becher kranck getruncken.

Ein frenckischer gůter stallbrůder was in eim solchen brauch kommen, das er meint, er müßt allen tag zům wein gan und sich vollsauffen; des kam er zůletst in ein grosse kranckheit, alles trosts und hoffnung zů leben sich gantz verwegen thet. Im ward von gůten freünden geraten, er solt nit so kleinmütig sein, solt doch mittel unnd radt bey dem artzet sůchen, er möcht nach diser kranckheit woll auffkommen. Der gůt gesell volgt disem radt, ließ im den artzet berüften; der kam eylents, den krancken zů besichtigen, damit er im radt inn seiner kranckheit thůn möcht.

[79] Als er im nun den harrn besehen und den puls begriffen hatt, da befand er an allen warzeychen, daß im solche kranckheyt vonn grossem trinken zůgestanden was. Der kranck begert zů wissen, wie im sein kranckheyt gefallen thet. Der artzet was ein seer güter schimpflicher mann, der sagt: ›Warlich, lieber son, ich kan nichts anders an dir befinden, dann das dich der becher gestochen hatt. Du můst dir mit glesern und bechern abbrechen, wann du wider deiner kranckheyt auffkommest.‹ – ›Ja, lieber herr,‹ sagt der kranck, ›ich bitt, wöllend vleiß mit mir ankeren, so will ich mich aller becher und gleser alle meine tag massen. Und wann ich schon zům wein und gůten gesellen gang, will ich mich auß einer fleschen vollsauffen.‹ Diser red lachten alle umbstender und auch der artzet, nam urlob und zoch seins weges wider zů hauß.

58. Ein Bäyer aß saltz und brot, damit im der trunck schmecken solt

58.
Ein Bäyer aß saltz und brot, damit im der trunck schmecken solt.

Auff ein zeyt für ein mechtig schiff auff dem meer mit grossem gůt und kauffmanschatz beladen. Es begab sich, das ein grosse fortun oder torment an sy kam, also daß sich menigklich zů sterben und zů ertrincken verwegen thet. Auff dem schiff waß ein grober und gar ein ungebachner Bäyer; als er von mennigklich hort, daß sy sich zů versincken unnd zů ertrincken verwegen hatten, gieng er über seinen lederen sack, nam darauß ein gůte grosse schnitten brot, reib ein gůt theyl saltz darauff, hůb an und aß daß gantz gütigklichen inn sich, ließ ander leüt betten, gott und seine heyligen anrüffen.

Als nun auff die letst der torment vergieng und alles volck auff dem schiff wider zů rhůen kamen, fragten sy den Bäyer, was er mit seiner weyß gemeint hett. Der gůt Bäyer gab auff ir fragen antwurt und sagt: ›Dieweil ich von euch allen hört, wie mir undergon und gar ertrincken solten, aß ich saltz und brot, damit mir ein solcher grosser trunck auch schmecken möcht.‹ Diser wort lachten sy genůg.

59. Von einem, so gott für seiner armut dancket

[80] 59.
Von einem, so gott für seiner armůt dancket.

Inn aller gantzen welt ist ein armer mann unwert, er kumb gleich, wo er wöll; hab auch nie von keinem vernommen, so sich seiner armůt gefröwet oder getröst hab, dann eben disen gůten companien, der dann eben zimblich an gott seiner armůt halben seer grossen danck gesagt. Das aber fügt sich dermassen.

Als der Frantzos mit einem grossen volck in das Elsaß zogen unnd yetzt schon über die Zaberen steig kommen was, ist ein reicher thumher zů gemelten gesellen kommen und gantz ernstlich mit im von den schwebenden löuffen geredt. ›Ach mein Zentius (also hießt der gůt fründt), was meinstu, das auß disem krieg und wesen werden wöll? Ich sorg, der Frantzos werd uns plagen unnd zů armen leüten machen. Ich weiß nit, wie ich mein dingen thůn soll. Hett ich nur 14 tag lenger zil, ee dann er kem!‹ – ›Ho,‹ sagt diser, ›wann ich inn ewrem hembd steckt, ich wüßt mich woll zů halten.‹ – ›So radt mir auch, lieber Zentz! Wie soll ich im thůn?‹ Diser gab im gar mit ernstlichen geberden, wie er dann in gemeinem brauch hat: ›Thůd eins,‹ sagt er, ›und gond zum schultheissen, bittend ihn umb den stab, ist euch umb zwen pfennig zů thůn, gebt die einem weibel und laßt im gebieten, das er diser statt zwing und beinen miessig gang, so můß er nach der statt ordnung 14 tag warten.‹

Der pfaff marckt den spot, so diser mit im treib, ward etwas darob erzürnt und sagt: ›Ja, du hast gůt darvon zů reden, dein sach stadt yetzund wol, dieweil du nichts zů verlieren hast.‹ Darauff sagt diser: ›Das sey gott gelobt! Yetzund sich ich erst, warzů die armůt gůt ist; ich wolt aber nit, das ich meer hett, dann ich hab.‹

60. Ein Schwab beklagt sich, das gott nit auch in Schwabenland

60.
Ein Schwab beklagt sich, das gott nit auch in Schwabenland geweinet hett als wol als in Italien.

Ein gůt frumb einfeltig mann auß dem Schwabenland[81] zog gen Rom wallen. Als er nun in Italien kummen ist, hat er bey einem würt eingekert, der hat in schon empfangen; dann er wol gelt zů verzeren hatt. Der würt hat im fürgetragen, waß er gůts gehabt hatt, darzů die allerbesten wein, so man hin Italien hatt, als Veltelin, Reynfall und andre gůten geschleck; die haben dem gůten Schwaben gar woll geschmeckt. Derhalben er zůletst den würt fragen thet, was doch solches für tranck were; hat im der würt gleich gedacht, er hett einen rechten kunden außgangen; dann er was auch ein geborner Teutscher und ein grosser spottvogel. ›Liber fründ,‹ sagt er, ›dem tranck, so ir nachfragen, sind unsers herrgotts zeher.‹ – ›O,‹ sagt der Schwab, ›du lieber gott, warumb hastu nicht auch im land zů Schwaben geweinet?‹

Diser gůten einfeltigen leüt findt man nit vil meer bey unsern tagen.

61. Ein reisiger knecht reit ein büchsenschutz von Colmar

61.
Ein reisiger knecht reit ein büchsenschutz von Colmar, entschlafft, kumbt wider hinein, meint, er sey zů Schletstatt.

Zů Colmar zům wildemann hat der würt hoehzeyt, und was für gest in denselbigen zweyen tagen inn die herberg kamen, vonn denselbigen nam er gar kein ürten, sonder hat sy allsamen zů gast. Es kam auch eben in der zeyt ein reisiger knecht von dem wirtenbergischen hoff dahin, der nam den wein dermassen zů im, als er hinnauß für die porten kam, stůnd er vonn dem pferdt ab und legt sich nider, entschlieff. Der gaul war ledig, lieff im feld umbher, ward vonn eim burger gefangen und an die porten gefüret.

Als nun der gut reuter erwachet, mangelt er seines gauls, davon er seer übel erschrack; er lieff eylens der stattporten zů, fragt nach seinem pferdt. Das hat einer auß der statt auffgefangen und an die porten gefürt und angebunden; des ward das gůt reuterlin fro, saß auff sein roß, meint nit anderst, dann er wer zů Schletstett unnd reit widerumb inn die statt. Als er aber wider zů der herberg zum wildenmann kam, [82] sahe er erst, wo er was; můßt also die nacht bleyben, dann es schon affter tagzeyt was, unnd ward yederman zům spot.

62. Von der beürin unnd der süssen Martinsmilch

62.
Von der beürin unnd der süssen Martinsmilch.

Ein reicher bauer saß inn einem dorff, der hat gar ein grossen brauch von knechten und mägten. Nun begab sich auff sant Martinsnacht, das er seinem haußgesind die Martinsganß gab, und hat ein seer gůt mal zůgericht von gesottens, gebratens, hünern, gensen und schweinenbraten. Darzů hat er die allerbesten und stercksten newen wein, so er ankummen mocht; daß gesind můßt allessamen voll sein unnd nur dapffer bausen. Zůletst als der tisch auffgehaben, bracht die beürin erst ein groß kar mit gůter süsser milch; darinn stigen sy mit den löfflen und hatten gar ein gůten schlam. Innsonderheyt die beürin thet nit anderst, dann wann ir die milch entlauffen wolt. Der bauer sagt: ›Gemach, mein liebe Greta! Dann dir die milch sunst wee thůn wirdt, wann du schlaffen gast.‹ Die beürin kart sich nicht an den bauren unnd aß nur dester fester.

Als aber nun die tröscher schlaffen gangen waren, hatt in der nacht den einen tröscher seer angefangen zů dürsten. Als aber er im bett gelegen und gar findtlich mit dem maul geschmatzt, hatt in sein gesell zůletst gefragt, was im angelegen were, hat er ihm seinen grossen durst angezeygt. ›Schweig,‹ sagt der ander, ›ich wil dir bald helffen; dann die milchkammer stadt noch offen. Ich will uns gan ein gůten hafen mit milch zůwegen bringen.‹ Nun waß die milchkammer zůnegst an der tröscherkammer unnd auff der ander seyten des bauren kammer; die stůnd auch noch offen. Als nun der ein tröscher in die milchkammer kummen was, gropet er so lang, biß er die milch fand; er tranck im recht genůg, nam darnach ein grosse milchkachlen voll, wolt die seinem gesellen bringen, darmit er seinen durst auch löschen möcht; und als er auß der milchkammer gieng, verfelet er des wegs. Dann als er meint, er gieng wider zů seinem gesellen, kam er inn des bauren kammer.

[83] Do lag die beürin mit blossem hinderen ungedeckt; der gůt tröscher meint, es wer sein gesell, der wer wider entschlaffen, hůb iren die milch für den arß. In dem ließ die beürin einen blast von ir gan; der tröscher sagt: ›Du narr, was blasest du an der kalten milch? Ich mein, du seyest noch voller wein seyd nechten.‹ Inn dem empfůr der beürin noch ein blästerling; do ward der tröscher erzürnet, erwüscht die milch, vermeint, die seinem gesellen in das angesicht zů schütten und schüt sy der beürin in den hindern. Davon erwachet die beürin und wußt nit, wie ir geschehen was; sy gehůb sich übel darvon; der baur auch aufferwachet, fragt sy, was ir geschehen wer. ›O we,‹ sagt die beürin, ›ich weiß es nit, ich lig gantz naß inn dem bett.‹ Der baur sprach: ›Sagt ich dirs nit nechten, als du der milch so vil essen thettest? Dir ist eben recht beschenen.‹

Der tröscher schlich auß der kammer, befand erst, das er so grob gefält, kam wider zů seinem gesellen. Der was gar zornig über in, sagt, wo er so lang außblibe; der durst möchte einem in so langer zeyt dreymalen vergangen sein. ›Lieber gsell,‹ sagt diser, ›du weißt nit, wie es mir gangen ist. Als ich mit der milch auß der kammeren gon wolt, kam mir die beürin entgegen, schalt mich ein dieb und gieng mich vast übel auß, wiewol sy mich nit erkant. Damit sy mir aber nit nachvolget biß in unser kammer unnd mich erkant, nam ich die milch unnd schut, ir die in das angesicht. Also kumb ich on die milch.‹

Also bescheiß diser tröscher der beürin ir bet unnd beredt seinen gesellen auch, das er im glaubt, wie er im gesagt hatt.

63. Von einem laut schreyenden münch auff der kantzlen

63.
Von einem laut schreyenden münch auff der kantzlen und einem alten weib.

Zů Poppenried wonet ein münch, der dieselbig pfarr solt versehen. Er hatt ein überauß grobe stimm; wann er auff der kantzlen stůnd, wer in vormals nit gehört hatt, der meinet, [84] er wer von sinnen kummen gewesen. Eines tags hatt er aber ein semlichs jämmerlich geschrey; da was ein gůte alte wittfraw in der kirchen, die schlůg beide hend hart zůsammen und weinet gar bitterlichen; deß nam der münch gar eben war.

Als nun die predig außgieng, der münch zů der frauwen sprach, was sy zů semlicher andacht bewegt hett. ›O lieber herr,‹ sagt sy, ›mein lieber haußwürt selig, als er auß diser zeyt scheiden wolt, wußt er wol, das ich mit seinen fründen sein verlassen hab und gůt theilen můßt; darumb begabt er mich vorauß mit einem hüpschen jungen esel. Nun stůnd es nit seer lang nach meines manns seligen todt, der esel starb mir auch. Als ir nun heüt murgen also mit einer grossen und starcken stimm auff der kantzlen anfiengen zů schreyen, gemaneten ir mich an meinen lieben esel; der hatt gleich ein semliche stimm gehabt wie ir.‹

Der münch, so sich einer gar gůten schencken bey dem alten müterlin versehen hatt, darby eines grossen růms von ir gewertig was, fand ein gar verachtliche antwurt, also das sy in einem esel verglychen thet. Also geschicht noch gemeinlich allen rhůmgirigen; wann sy vermeinen, grossen rhům zů erlangen, kummend sy ettwann zů allergrössistem spott.

64. Von einem bauren, wölchem das maul unwüssend

64.
Von einem bauren, wölchem das maul unwüssend auß dem angel kam, und wie im wider geholffen ward.

In einer statt im Elses gelegen kamen an einem wochen- marckt ettlich frembd wundartzet, scherer und steinschnider zůsammen. Es was einer under disen meisteren, der wolt einem burger sein sun das schererhandtwerck leeren; kamen also in einem wirtshauß zůsamen, damit sy des verdings eins wurden. Es war aber ein voller baur im wirtshauß; was man redt oder handlet, wolt er allwegen zů allen sachen sein pfennigwert auch reden und mer dann ander leüt vom handel wüssen. Das dann nit unbillich die gůten meister verdriessen ward, und nüt destminder mit irem handel fürfůren. Als nun der voll baur marckt, das man im auß seiner red nichts nit wolt kummen [85] lassen, legt er sich zwüschen zwen tisch nider auff einen banck wind ward hart entschlaffen.

In dem wurden die gůten herren mit irer sach fertig. Bald ersicht einer under inen den vollen bauren auff dem banck. Er sagt zů den andren: ›Jetzund wolt ich den bauren wissen zů bereiten, das in sein eygen weib nit mer kennen müßt.‹ Das begerten sy alle zů sehen, wann es on schaden zůgon möcht. Bald nam der scherer seinen rock umb sich und stůnd über dem bauren, richt im in einem augenblick das maul auß dem angel sunder allen schmertz, darvon der baur ein scheitzlich ansehen gewan, kein mensch so scheitzlich ye gesehen hatt. In dem aber von den andren sich ein groß gelechter erheben thet, kam der würt in die stuben, hett auch die ursach irs gelechters gern gewüßt. Bald zeigen sy im den vollen schlaffenden bauren mit seinem weiten auffgespanten maul, darvon der würt erschrack, kond nit wissen, was zůfals diß was. Er gieng ylens hinzů, schütlet den bauren, so fast er mocht, biß das er in von dem schlaff aufferwecket, fragt in, was im so schnell wer zůgestanden. Der baur hatt den mangel noch nit befunden, wolt dem würt antwurt geben, do kundt er gar nit mer reden und kein wort außsprechen. Dann was er sagt, was nur A a a. ›Ach gott,‹ sagt der würt, ›wie ist doch disem gůten mann geschehen?‹ Als nun der baur recht erwachet und befand, das er gar nit mer reden kundt, darzů das maul nit mer zůthůn, do fieng im an vor grosser angst die trunckenheit zů vergon, ward gantz nüchtern, gehůb sich mit weiß und geberden fast übel, kondts aber gar nit zů worten bringen. Der würt, so ein sunder groß mitleiden mit dem bauren hatt, fragt in, ob er die kranckheit vor mer an im gehabt hett. Der baur schut den kopff, kund aber nichts sagen dann A a a. Zůletst sagt der meister, so im das maul auß den schlossen gehebt hatt: ›Ich wißt im wol in einem hu zů helffen, wann ich gedecht, das er mir auch lonet für mein kunst.‹ Der baur hůb beide hend gegen im auff, gab mit dem haubt zeichen, er wolt im seiner arbeit wol lonen. Also fordert er einen gulden, der müßst vor allen dingen bar ligen. Bald erwußt der baur einen teller, zalt einen gulden darauff, trůg den also mit auffgespertem weitem maul zům tisch, darvon [86] aber ein groß gelechter fürgieng. Also nam in der meister wider under den rock, hatt im augenblicklichen das maul an sein alte statt gericht. Die andern gůten herren fiengen an zů der sachen reden, er solt dem bauren ettwas vonn dem gulden widergeben, dieweil er doch das so mit ringer arbeit gewunnen hett. Zůletst ward die rachtung gemacht, das er im die zwen dickpfennig widergab, den dritten verzechten sy. Diß was deß unverschamten schwetzigen bauren straff.

65. Einem ward ein zan wider seinen willen außbrochen

65.
Einem ward ein zan wider seinen willen außbrochen, als er gern gessen hett.

Ein kauffmann auß dem Schwabenland schicket einen jungen diener in Italien, seine gescheft eines theils darinn außzůrichten. Dem jungen aber kam es seer übel; dann er deß welschen gar nit bericht was. Er kam in ein statt, darinn kundt er sich gar nit erfragen auß mangel der sprach. Nun hett er fast gern gessen und wußt nienan kein wirtzhauß. Von ungeschicht begegnet im ein Teütscher, den erkant er an sein kleidung; er grüßt in auff gůt teütsch. Diser dancket im gar früntlichen. Also bat er in, er solt im ein würteshauß weysen. Der gůt gesell was gantz willig, sagt im, wann er stracks für sich gieng die lange gassen hinauff, wurd er einen gemalten schilt vor der herberg hangen sehen; daselbst solt er einkeren, dann er fund gůt herberg.

Als er aber die gassen auffgieng, sieht er vor einem scherhauß ein gemalten schilt hangen. Er meinet, er wer des wirts hauß, von dem im gesagt was, zoch hinein. Bald er in die stuben kam, stůnd der meister und die knecht gegen im auff, meineten, er weit zwagen oder scheren. Als sy in aber in welsch fragten, was im angelegen wer, deütet er auff den mund mit der hand, meint, er wolt gern essen. Die scherer aber verstůnden, er litt schmertzen an eim zan, denselben wolt er außbrechen lassen. Bald satzt man im einen stůl dar und ein küssin, darauff hieß man in nidersitzen; von stund an kam der meister mit seinem instrument und wolt im gleich ins [87] maul mit. Do der jung semlichs marckt, understůnd er sich zů weren. Der meister befalh den knechten, sy solten in heben, dann er litt grossen schmertzen an zenen. Also wurffen sy in zůruck unnd brachen im wider allen seinen willen einen zan auß. Derhalben nit gůt ist, in ein yedes wirtshauß einzůkeren.

66. Von einem scherer, der seiner mumen senff under das blut

66.
Von einem scherer, der seiner můmen senff under das blůt schutt.

Es war ein scherer, der hat ein basen, die kam zů vilmalen zů im, daß er ir lassen oder ein ader schlagen můßt, wölches er zů zeiten mit grossem unwillen thet. Er wußt nit, womit er iren doch das lassen erleiden möcht, damit sy in nit so vilmalen überlüff. Eines tags kam sy aber, ließ auff der median ein ader schlagen, bat iren vettern, er solt ir blůt besunder stellen, biß das sy widerkeme, dann sy möcht wol sehen, was es für ein farb gewinnen wölt.

Als nun die gůt fraw hinwegkam, da nam er geschwind ein löffel mit senff und schut den under das blůt und růrts umb einander; da gewan es gar ein wunderbare scheitzliche farb. Nit lang darnach kam die gůt fraw und wolt ir geblüt besehen. Der scherer (oder, wie man sy an anderen orten nent, balbierer) fůrt sy darzů. Als sy das ungeschaffen geblüt sahe, erschrack sy über die maß; dann sy meint sich des tods gantz eygen sein. Der balbierer trost sy und sagt: ›Mein liebe baß, du solt nur ein gůten můt haben; du bist jetzund von vilen sorgklichen febren erlöset. Solt diß geblüt bey dir bliben sein, was meinst du, das anders dann gar sorgkliche feber darauß entsprungen weren?‹ Damit beredt er sie, das im die gůt fraw aller seiner red glauben gab. Sie bat in gar früntlichen, er solts noch nit außschütten; dann sy hett eine gefetterin, deren wolt sy es zeigen, sie wirt sich nit wenig darab verwunderen. Bald sy semlichs gesagt, lieff sy, samlet ein grosse schar weiber, sagt inn von irem blůt und wie es so gar ein schedlich ding umb den senff war, das er das geblüt mit einander vergifftet; fůrt sy damit [88] über das geblüt. Also ward bald ein gantz lautprecht geschrey in der statt, wie vonn der gůten frawen were senff im gebliet gewesen.

Als nun der scherer meint, es wer jetzund weit genůg außgeschollen, hatt er etlichen weibern und mannen darvon gesagt, wie es sich zůgetragen und verloffen hab; dieselbigen haben ein seer groß gespey darmit getriben. Zůletsten ist es der gůten frawen auch fürkummen, die dann auch von manchem verspeit ward. Dise schmach hatt sy von irem vetter so zů hohem zorn angenummen, daß sy gentzlich verredt hatt, in sein hauß nit mer zů kummen, wölchs im mit gantzem lieb ist gelebt gewesen. Also kam er ir mit irem lassen ab.

67. Von einem pfaffen, der by nacht auff einem wasser seltzam

67.
Von einem pfaffen, der by nacht auff einem wasser seltzam obentheür erfaren hatt.

Ein gůter, frummer, einfaltiger pfaff, so nie mit dem teüffel zů schůlen gangen waß, gieng auff ein zeit über fäld. Er was in seinen tagen nit vil gewandret, hatt wenig von weltlichem brauch erfaren. Das gůt herrlin kam in einen seer dicken wald, darinn überfiel in die nacht sogar gächlingen, das er nit wußt, woauß oder wohin er solt. Es umbgab in ein seer grosse angst; er gieng hin und wider in dem wald. Zůletst kam er zů einem grossen wasser; da ward er gewar, das leüt vorhanden waren. Erst lüff im die katz den rucken auff; dann er sorgt, es weren mörder, so ir auffenthaltung in dem wald hetten. Der gůt pfaff saumpt sich nicht lang, kroch zů allernechst am wasser in ein dicke hurst, sich vor den leüten, so er reden hort, zů verbergen. Der mon schein gar hell, das er weit auff das wasser sehen mocht; in dem sicht er vier fischer in zweyen weydschiffen daher schalten; die wurffen ire garn gleich an dem hammar in das wasser, da der pfaff in der hurst stackt. Als sy die garn wider ziehen wolten, was in ein grosser dorn in das garn kummen, darvon sy gantz unwirsch unnd ungedultig wurden; fiengen gar grawsam an zů schweren. Als das der pfaff hort, ward im gar angst, dann [89] er gedacht, gott wirt das gantz erdtrich von wegen solcher ungebürlichen schwür under lassen gan, wie es dann nit ein wunder wer. Nun als die fischer die dörn auß dem garn geledigt hetten, stigen sy in iren grossen wasserstifflen an das land, zogen ire brotseck harfür; und, wie ir brauch ist, fiengend sy dapffer an zů schlemmen. Stigen nach dem schlam wider inn ire schiff unnd fůren weiter nach irer narung. Diß alles hatt der gut pfaff gesehen und gehört, kundt oder wußt sich aber gar nichts darauß zů verrichten. Er erwartet deß tags mit grossen sorgen. Als der jetzund vorhanden was, kroch er auß der hurst, gieng so lang, biß er auß dem wald kam. Do sahe er erst, wo er daheimen waß.

Den nechsten sunnentag, als er seine predig vollendet und nach gemeinem brauch für alle stend, geistlich und weltlich, bitten ward, fieng er zůletst an und sagt: ›O liben fründt, helffend mir gott bitten für das volck in den grossen stifflen, so zů nacht auff dem wasser faren, das inn kein dorn ins garn kumm! Sunst fahen sy an zů schweren, es möcht der himmel herabfallen. Ich sag eüch, das es ein unnütz volck ist; was ander lüt deß tags ersparen, fressen sy zů nacht. Gott sey gedanckt, so mir von dem unnützen fressigen gesind geholffen hatt!‹

Dise fabel sey gleich ein gedicht oder ein geschieht, so ist es doch leider ein solcher böser brauch by den fischern entstanden (aber nit by allen), das ich glaub, man under allen hantierungen nit ein sollich ruchloß volck, find, so an irer bittern, sauren und sorglichen arbeit gott also lesteren, daß warlich nit ein wunder wer, gott strieff sy gleich an der stett. Der herr geb sein genad, damit semlich gotteslesterung by disem und anderm volck ein end nemme und sy darfür seinen heyligen nammen preyssen unnd eehren! Darzů helff uns gott der vatter, gott der sun unnd gott der heilig geist! Amen.


End deß Rollwagenbüchlins.

Zusätze späterer ausgaben

68. Von einem, der sein schuld beychtet
68.
Von einem, der sein schuld beychtet.

Im Schweitzer land zů Lucern ist es in der fasten beschehen, so yederman beichten můß, daß auch allda ungeferd gewerchet hat ein junger fröudiger gsell mit nammen H.R.E. Zů demselben spricht sein meister: ›Es ist der brauch allhie, das yederman můß beychten. Darumb so schick dich auch darzů!‹ Welcher antwortet: ›Das wil ich thůn, meyster.‹ Und gadt in dem hin gen beychten. Als er nun für den pfaffen niderkneüwet, spricht er: ›Herr, ich geb mich schuldig,‹ unnd schweiget darmit. Der pfaff spricht: ›Sag weyter!‹ Er beychtet: ›Ich bin dem wirdt zůr kronen anderthalbe gulden schuldig, die ich allda verzeeret hab. Weyter dem wirdt zů dem löwen ein gulden, dem wirdt zum salmen zwölff batzen.‹ Nach dem besinnt er sich, wo er mee schuldig sey; so spricht der pfaff: ›Kanst auch betten?‹ Antwort er: ›Nein.‹ Spricht der pfaff: ›Das ist böß.‹ Antwortet, der da beychtet: ›Darumb hab ichs nit wöllen lernen.‹ Der pfaff schandtlechlet unnd sprach: ›Wes bist?‹ Er antwortet: ›Meins vatters.‹ Der pfaff sprach: ›Wie heißt dein vatter?‹ Er antwortet: ›Wie ich.‹ Der pfaff sprach: ›Wie heißt du?‹ Er gab antwort: ›Wie mein vatter.‹ Der pfaff fragt in herwider: ›Wie heissen ir all beide?‹ Er antwortet: ›Einer wie der ander.‹ Der pfaff, wiewol er ergrimpt was, spricht dennocht sennftmütigklich gegen dem jüngling: ›Gang hin! Ich kan doch nichts mit dir schaffen.‹

69. Von einem knäblein, das meisterlich wol keglen kundt
[91] 69.
Von einem knäblein, das meisterlich wol keglen kundt, was aber noch zů jung lernen bätten.

Es kam in eines herren wirdtshauß geritten ein reicher kauffherr ein stund oder zwo vor dem nachtessen; und als er im die stiffel hett lassen außziehen, spricht der wirdt zům kauffmann: ›Herr gast, lassen uns ein wenig spacieren gan! Es ist doch noch zů frü, zenacht zů essen.‹ Alsbald das es Henßle, des wirdts sünle, erhort, rüfft er: ›Vatter, laß uns keglen!‹ Der vatter antwortet: ›Laß sehen, mein büble, was kanst!‹ Damit wolt er dem herren die weil kürtzen. Das büble satzt die kegel auf, kundts auch meisterlich umbwerffen, baß dann der vatter selbst, ließ auch zůn zeiten ein schwůr darmit lauffen, welches dem vatter alles wol gefiel.

Der kauffherr gedacht: ›Der wirt wol geradten‹, wie man spricht. Doch zůletst kundt er sich nit überheben und můßt dem wirdt ein pfeil schiessen und spricht: ›Herr wirdt, wie alt ist euwer büble? Er kan baß keglen weder kein alter.‹ Der wirdt antwort: ›Er gadt erst in das eilfft jar.‹ Der kauffherr fragt in weyter: ›Kan er auch bätten?‹ Antwort der wirdt: ›Was sölt er können bätten? Er ist noch ein kind.‹ Und der kauffherr lechlet in im selbs, gedacht darneben: ›Kan das büble schweren unnd so wol keglen, ist aber noch ze jung zů lernen bätten!‹

Ach du schnöde welt, wie bist doch du so blind, unnd zeüchst deine kind so schandtlich! Hett das der wirdt von einem anderen gesehen, hetts können mercken und den straffen; aber gegen seinem kind was er sehend blind.

70. Von einem geschwinden jungen gsellen
70.
Von einem geschwinden jungen gsellen, der einen löffel mit silber beschlagen in bůsen stieß, damit er einen gestolnen löffel herfürbracht.

In einem gůten mal waren versamlet ettlich seltzam knaben, [92] die den wirdt tapffer hiessen auftragen unnd zechten redlich. Nun in aller zech einer under inen stoßt einen löffel mit silber beschlagen heimlicher weiß in bůsen, damit er der zech halben nit zů theür käme. Welches einer under inen ersehen, stoßt auch einen in bůsen. Als man nun schier gessen hat und der wirdtsknecht die löffel aufhůb, bracht ers dem wirdt. Welcher spricht: ›Es manglen zwen löffel,‹ und gadt damit in die stuben.

So der nachgender, der auch ein löffel in busen gehalten hat, den wirdt erblickt, gedenckt er: ›Er wirt die löffel forderen;‹ und zeucht den seinen herfür blößlich, das man den silberen stil kundt sehen. Als der wirdt bey dem den löffel ersicht, gadt er herzů und reißt in herfür, spricht: ›Find ich dich da!‹ Der den löffel hat gehept, antwortet: ›Ists einem anderen recht, so ists mir auch recht!‹ unnd zeigt damit auff den, der von ersten stelens halben einen in bůsen hat geschoben. Und werden also dem wirdt die löffel wider, unnd bleibt auch der, der den löffel von ersten verschoben hat, ungeschmecht.

71. Von einem reüter, der seinen hund auch an das betth leget
71.
Von einem reüter, der seinen hund auch an das betth leget.

Gen Weesen im Oberland gegen der nacht ist kommen ein reüter in ein wirdtshauß der den gantzen tag von wegen deß wetters hat müssen durchs kaat reiten, welcher bey im hatt ein grossen zotteten vogelhund, der seer beschissen was. Als man zů nacht as, warff der reütter zum dickeren mal seinem hund zů, etwan ein stuck brots, etwan ein bissen abschetzigs fleischs, etwan ein bein. So das der wirdt ersicht, gedenckt er bey im selbst: ›Ich wil dir die zech wol machen.‹

Nachdem sy gessen hatten, unnd der wirdt von yedem gast die zech eingenommen, spricht er zů dem reüter: ›Herr gast, ir müssen zwo zech geben, eine für euch und eine für eüweren hund; dann ir haben im wol so vil zůher geworffen, [93] brot, fleisch unnd anders.‹ Der reüter lechlet unnd antwortet: ›Was ich thůn můß, das wil ich gern thůn;‹ unnd gab dem wirdt die zwo zech, vier Schweitzer batzen. Als nun der wirdt yederman hat nider gewisen, fůrt er disen reüter in ein besundern herrliche schlaaffkammer, darinnen zwey schöne betth stůnden; gedacht: ›Er hat die ürten wol bezalt; wilt im auch ein eer anthůn und in ein gůt betth legen;‹ unnd wünschet hiemit dem reüter ein gůte nacht.

Der reüter nit ungeschwind, růfft seinem zotteten hund und leget in an das best betth also beschissen, gedacht: ›Hab ich die zech für dich müssen geben, solt billich auch wol ligen.‹ Der hund, wie dann ir gewonheit ist, zerscharret das betth und macht im ein liger. Morgens, so der reüter was aufgestanden und die hausmagt das betth solt machen, war es gar geschendt.

Der wirdt vernimpt das und verklaget den reüter vor der oberkeit, er sölle im das betth bezalen. Der reüter erzalt der oberkeit, wie er für den hund hett müssen die ürtten, zwen batzen, bezalen, so were es ye billich, daß er auch wol lege. Die richter lachen zů diser sach unnd erkannten den reüter ledig, strieffen darneben den wirdt, daß er keim hund in der gestalt solt die zech mee machen.

72. Von einem einsidel, der sein eigen schwester ermort
72.
Von einem einsidel, der sein eigen schwester ermort.

Zů Grüningen saß ein seer reycher mann, der hat ein einigen erwachßnen wolgeleerten sun und ein tochter. Demselben sun kam in sein gedancken, ein einsidel zů werden und dardurch in himmel ze kommen; dasselb kundt im weder vatter, Schwester, noch freünd erleiden. Gadt von seinem vatter, schwester, hauß und hof und allem reichthůmb auff anderthalbe meil von der statt in einen eichwald unnd macht im selb alda ein hütten, darinn er, verscheiden von der welt, můt hat, got zů dienen. Sein speiß und tranck bättlet er in den nächsten umbligenden flecken und dörfferen und fůrt[94] also ein strenges leben mit bätten, fasten und arbeiten an den gemeinen wägen; da verwarff er die karrenleissen, trůg in die tieffe löcher holtz und stein und füllets auß, bessert also die gemein strassen weit und breit. Das treib er ein lange zeit, wol zehen jar lang.

Auff ein zeit kam im für im traum zů nacht, so er an seinem betth lag und schlieff, ein stimm sprechend: ›Der herr hat mich zů dir geschickt, daß ich dir sölle verkünden dise wort: Under disen dreyen lasteren můßt eins volbringen, welches dir erwöllen wirdst, namlich einmal dich voll trincken, oder einmal in unkeüschheit leben, oder ein todtschlag thůn. Deren eins wil der herr von dir haben.‹ Unnd in dem verschwand die stimm wider. – Der einsidel erwachet ab der stimm unnd erschrack seer übel, gedacht im nach und sprach zů im selber: ›Sol und můß ich eins auß disen dreyen bösen lasteren erwöllen, daß wirt mir schwer sein; dann ich mein lebtagen nie keins im sinn hab gehept, geschweigen erst thůn.‹ Und doch treib in sein gewüssen tag und nacht, frü und spat, daß er deß herren befelch vollbrechte, wie er meint. Nach langem eyfer und nachtrachten, doch ungern, erwöllet er im die trunckenheit, vermeint, dieselbige were die ringest.

Auff ein zeit schreib er seiner schwester gen Grüningen einen brieff, die in grossen eeren unnd reichthůmb sas, sye sölte doch einmal zů im kommen und mit ir bringen ein flesch voller wein unnd sich mit im noch einmal ersprachen; alsdenn wölle er sich aller freündtschafft, auch der gantzen welt entziehen und sich dem herren gar ergeben. Welchs so die schwester im schreiben vermercket, begert sy das mit gantzem fleiß zů vollbringen; dann sy und alle menschen hielten in für ein heiligen mann. Und gadt zů im hinauß allein an einem feyrtag, wol geladen mit wein unnd brot und anderem gewürtz, sich mit irem brůder allein zů ergetzen. Als sy zů im kam, wurden sy beide von hertzen fro, und er empfacht die schwester in aller zucht und eeren, sitzen also zůsamen und ersprachen sich mit einander. Er fraget sy, wie es dem vatter gange, auch was manns und wie vil kind sy habe. Die Schwester bericht in aller dingen, unnd im schwetzen schmöcht sy im immerdar die fleschen, auff daß sy in möcht frölich machen.

[95] Bey langem wirt der brůder voll (dann er hat des trinckens nit gewonet), satzt sich auch neher zů der schwester und greiff sy etwan an. Die schwester achtet es nit, dann sy gewan ein fröud darab, daß ir brůder so frölich war, trewet im auch nichts böses. Doch bey langem wirt der brůder gar entzündt und schendet die schwester mit gwalt. Nach der that gedacht er: ›Es wirt von mir außkommen, so ich sy laß wider heimgan,‹ gadt hin und ermördets gar. Also vollbringt er dise laster all drey, vermeint, er hett das ringest erwöllet.

O trunckenheit, was stifftest du! Du bist nit das ringfügest laster under all ander laster.

73. Von einem gar geleerten mann
73.
Von einem gar geleerten mann, der zů Speyr mit listen ein lantzknechtischen edelmann strieff seins schwerens halben.

Es hat sich begeben, das zůsamenkommen sind zů Speyr in einem wirdtshauß, zum schwanen genannt, ein geleerter mann unnd auch rauwer kriegischer edelmann, welcher bey im hat ein gůten einfeltigen knecht. Im nachtessen war die red des edelmanns schier gar allein, welcher immerdar von seinem kriegen sagt, stürmen, schlachten, hauwen unnd stechen, wie er vor Ofen so mengen Türcken hette umbbracht, wie er sich so wol in Napels gehalten hett; were er nit gewesen, man hette stett und schlösser verloren. Und [schwůr] denn darzů, daß sich der himmel möchte bucken, bey gott unnd seinen heiligen, und vil ander seltzam unerhörte schwur zoch er herfür. Der gůt geleert mann mocht nit zů red kommen, hette gern etwas von gott unnd seinem wort einher zogen, so kundt er nit zů fechten kommen vor dem edelmann.

Zůletst hort der edelmann ein wenig auf schwetzen unnd schweeren; so spricht der geleert mann: ›Fester juncker, es ist ein feyn ding umb ein kriegsmann. Er erfert vil, sicht und hört vil, durchzeücht vil frömbde land. Es ist kein handel auff erdtrich, der mich mer hat angefochten, dann ein kriegsmann [96] zů werden; so hat es alle zeit nun ein ding gewendet.‹ Der edelmann spricht: ›Weyser herr, was ist doch das gewesen?‹ Der geleert mann antwortet: ›Ich hab allzeit besorget, ich müsse auch so übel schweren.‹ Der edelmann schweig still und schandtlechlet darzu; aber sein knecht, der vor dem tisch stůnd, spricht: ›Herr, es mag wol einer ein kriegsmann sein, můß darumb nit so übel schweren.‹ Also ward ob dem tisch ein gantze stille, und schemet sich zum teil der edelmann.

Warzů ist es leider kommen, das man schier kein wort mee reden kan, man lasse dann ein schwur damit lauffen, und misbrauchen also Christi unsers herren leyden und sterben zu unseren unnützen worten! Wie müssen wir gott dem herren so grosse rechenschafft darumb gäben!

74. Von einem kind, das kindtlicher weis ein ander kind
74.
Von einem kind, das kindtlicher weis ein ander kind umbbringt.

In einer statt, Franiker genannt, gelegen in Westfriesland, da ist es geschehen, das junge kinder, fünff-, sechsjerige meitle und knaben, haben mit einander gespilt und haben ein büble geordnet, das sol der metzger sein, ein anders büble, das sol koch sein, ein anders sol ein saw sein. Ein meitle habents geordnet, sol köchin sein, wider ein anders underköchin, das sölle in eim gschirrle das blut von der saw empfahen, das man würst könne machen. Nun, der metzger ist an das büble hingeradten, das die saw solte sein, hats nidergerissen und mit einem messerle die gurgel auffgerissen; die ander all huben die saw, unnd die tmderköchin empfieng das blut in irem gschirrle.

In dem gadt ungeferd hinfür ein radtsherr unnd sicht dis ellendt, nimpt von stundan den metzger mit im und fůrt in in des obersten haus, welcher von stundan den gantzen radt versamlen lies. Sie sassen all über disen handel, wussten nit, wie sie im thun solten. Sie sahen wol, das es kindtlicher weis geschehen war. Einer under inen, ein alter weyser mann, gab den radt, der oberst richter solt ein schönen roten [97] öpffel in die eine hand nemmen, in der ander ein reinschen gulden, solt das kind zu im rüffen und beide hend gleich gegen im strecken. Nem es den öpfel, solt es ledig erkennt werden; nem es aber den gulden, so solt mans auch tödten. Dem wirt gefolgt, und das kind ergreifft den öpffel lachende, wirt also ledig erkennt.

75. Von einer gräffin, die einem jungen edelmann
75.
Von einer gräffin, die einem jungen edelmann ungewarneter sach vermechlet ward.

Es hat sich zu Paris begeben, das ein graff hat ein gar schöne tochter; die ward eim jungen edelmann hold, der an ires vatters hoff dienet; welches der vatter vernimpt und straffet die tochter seer bey verlierung seiner huld, wo sy des edelmanns nit müssig gange. Der edelmann vermerckt die liebe der greffin und stelt sich offt an orten und enden, da er dann wusst, das sy furgan wurde, das er sy könte zu red stellen, welches dann bey langem beschach.

Auff ein zeyt trifft er sy an, und wie dann die liebe ein art an ir hat, erröten sy beide. Und doch legt er die scham hindan, redt sy an mit freuntlichen worten: ›O ir mein hort, mein trost und schönste auff erden, wie hab ich doch so lang begert, mit euch einmal zu reden, und sich nie hat können schicken dann yetz! Darumb lassen uns nun gnug nach unsers hertzen lust mit einander reden!‹ Die schöne jungfrauw sprach: ›Nein, es wirt sich hie nit schicken. Nemmen hin den gartenschlüssel und verfügen euch hinnacht in meines vatters garten! Dahin wil ich auch kommen; alsdenn wöllen wir nach unsers hertzens begir mit einander reden.‹ Der edelman nimpt den schlüssel und verfüget sich in den garten, dahin dann sie auch gegen der nacht kam. Da traffen die zwey einander an; es mag ein jeder wol gedencken, wie trewlich sy einander gemeinet haben; sind auch nach langem all bede am lotterbeth entschlaffen, das in dem gartenheüßlin was.

Morgens, wie sich dann ein ding schicket, kondt der alt [98] graf, ir vatter, nit schlaffen, sonder stadt auff und gadt in den garten spacieren, sich da als mit dem vogelgsang zů erquicken. Bey langem, so er herummer spaciert, kompt er in das gartenheüßlin; alda findet er sein tochter und den jungen edelmann beyeinander růwen. So er daß ersicht, schweiget er still unnd gadt hindan heim, spricht zů seiner frauen: ›Als man zůr messe leütet, söllen ir und unser tochter mit sampt euwer frawenzimmer in die kirch gan und andechtig messz hören.‹ In dem schied er von iren und schicket nach einem caplan, sagt im: ›Lieber herr, ir werden heüt mein tochter unnd den jungen edelmann, den ich an meinem hof hab, zůsamengeben.‹ – ›Das wil ich gern thůn, gnediger herr,‹ sprach der caplan.

So es nun umb die zeit ward, schicket der graf einen diener zů seiner tochter, laßt ir sagen, sie sölle eylentz zum altar gan und vor dem caplan niderknüwen; welches sie eylentz thůt, weißt aber nit, was der vatter darmit meinet. Schicket auch den diener zum jungen edelman, laßt im sagen, er sölle zů seiner tochter vor dem caplan niderknüwen, das er mit begir seines hertzens vollbringt. Also gab sy bede der caplan zůsamen, und verwundert sich yederman drab.

Dise that ist zů loben am grafen; dann zu geschechnen dingen sol man allzeit das best radten.

76. Von einem wychbischoff
76.
Von einem wychbischoff, der die kirch und den kirchhof gewycht hat, hat aber kein begrebnuß den unschuldigen kinderen geordnet.

Im Turgaw, nit weit von Costentz, in einem flecken hat ein übelthäter einen inn der kirchen erstochen und die kirch und den kirchhof entweicht, also daß man da nit kondt meß noch ceremonien mee halten, das nun den byderben leüten alda grosse beschwernus was. Werden zů radt und schicken nach dem wychbischoff mit grossem kosten, welcher kam und wycht die kirch und den kirchhoff wider.

[99] Als es nun alles versehen was, falts einem alten bauren zů, wo man die unschuldigen kinder sölle vergraben, unnd bringends an den wychbischoff wider, wo man doch die unschuldigen kinder sölle begraben, so der gantz kirchhoff gewycht syge. Spricht der wychbischoff: ›Wo wöllen irs haben?‹ Die bauren füren in an ein ort besunders und sprechen: ›Gnediger herr, allhie wirt es gůt sein.‹ Der wychbischoff spricht: ›Biß du nit gewycht!‹ Und die bauren můßten im das in sunderheit bezalen.

77. Von einem pfaffen, der spricht
77.
Von einem pfaffen, der spricht: ›Herr gott, weer du dich dahinden! Ich wil mich dafornen weeren.‹

An der Meylander schlacht bey den Schweytzeren ist gewesen ein pfaff mit nammen Joß Haß; dann sy im brauch haben, so sy zů feld ziehen, mit inen allzeit ein pfaffen zů nemmen. Diser, so man an die schlacht gan solt, bindet seinen liderin sack, darinn er die herrgott hat, dahinden auff sein rucken und spricht: ›Herrgott, weer du dich dahinden! Ich wil mich tapffer davornen weeren.‹ Und kumpt auch also von der schlacht ungeschlagen.

78. Von einem pfaffen, der den stil vom wyhwädel
78.
Von einem pfaffen, der den stil vom wyhwädel in das wyhwasser stieß und die leüt damit besprenget.

Auch diser obgemelter pfaff laß allzeit die frümessz geschwind; und auch in derselben kirchen war ein gar seer andechtigs pfeffle, welcher gar eben mit seinem herrgott umbgieng und hielt allzeit ein gantze stund messz, also daß die leut gern hinder seiner messz stůnden. Nun auff ein zeit fiengen die zwen pfaffen an einem morgen mit einander frümessz halten; es stůnden vil leüt hinder des kleinen pfaffen messz, gar wenig aber hinder des Joß Hasen messz. Als nun [100] der Joß sein meß gschwind herauß hat, gibt er den seinen das wichwasser. So das die ander, die hinder deß kleinen pfaffen messz stond, ersehen, lauffen sy herzů, wöllen bey disem auch das wychwasser empfahen, hatten aber yenem geopffert, weren auch gern bald heim geweßt. Welches der Joß ersicht, stoßt den styl vom wyhwädel in das wychwasser, sprechende: ›Dem ir geopffert haben, den heissen euch auch das wyhwasser geben!‹ Unnd giengen also verspottet hinweg.

79. Von einem pfaffen, der köpff kundt machen
79.
Von einem pfaffen, der köpff kundt machen.

In Frießland in einem grossen dorff hats sich begeben, daß ein wolhabender kauffmann wolt reisen gen Sanet Jacob, ein fart dahin zů vollbringen. Auff ein zeit redt er mit seiner haußfrauwen, die mit einem kind gieng, welche auch nit aller dingen geschyd war, von seiner fart, wie er die verheissen hette unnd müße einmal die vollbringen. Die fraw ungern verwilliget, doch bey langem gibt sy den willen dreyn, unnd der man fert dahin.

So das der pfarrer vernimpt, macht er sich zů dem weib und spricht: ›Liebe fraw, wo ist euwer mann?‹ Sy antwortet: ›Gen Sanct Jacob.‹ – ›Ey nein,‹ spricht der pfaff, ›was gedenckt er, das euch also laßt sitzen mit dem grossen bauch unnd fert so weit von euch in frömbde land?‹ Die fraw antwortet: ›Er hat mir haab und gůt gnůg gelassen; hoff zů gott, er werde mit fröuden wider heim kommen.‹ Der pfaff spricht: ›Mein liebe fraw, es ist nit allein an dem gelegen, sonder es ist vil ein anders, das ir nit wüssen, daran euwer mann sümig ist; das wirt euch unnd im zů grossem schmertzen reichen.‹ Die fraw antwort: ›Was ist doch das, mein lieber herr? [Was] sind mir doch und meinem mann vor schmertzen?‹ Der pfaff spricht: ›Ich darffs nit wol vor euch sagen.‹ Die fraw antwortet: ›Hey, lieber herr, sagends! Es schadet nichts.‹ Er spricht: ›Gradt euwer man so von euch, unnd ir mit einem kind gond, und aber das kind noch kein [101] haupt hat, wer wil dem kind das haupt ansetzen?‹ Die einfaltige fraw spricht: ›Wie solt das mögen sein, so ich schier gnesen sol?‹ – ›Ja,‹ spricht der pfaff, ›dester böser ists.‹ Die frauw fraget in, wie im ze thůn were. Der pfaff antwortet: ›Ich wüßte wol radt, so ir mir folgen wolten.‹ Die frauw antwortet einfeltig: ›Das were doch gar ein ungestalt, solte ich ein kind on ein haupt bringen. Was hat doch mein mann gesinnet, daß er von mir hinwegschied! Herr, helffen ir mir, so ir können, bey zeiten!‹ Unnd der pfaff beschlieff sy, verschůff dem kind ein haupt.

Etwan in acht wochen genaß die fraw und gebar ein jungen sun, des sy seer erfröuwet ward. Über ein zeit kam der mann wider mit gesundtheit heim, daß die fraw noch in der kindbette lag, und den nechsten keert er sich zů der frawen und spricht: ›Sey gott gelobet, mein liebe haußfrauw, daß ich dich mit gesundtheit wider sich, und du mir ein jungen sun gebracht hast.‹ Die fraw schweig stil und danckt im nit; doch nach langem spricht sy: ›Du bist ein feiner gesell, gaast von mir in ferre land und laßt mich mit meim grossen bauch also sitzen. Were unser pfarrer nit gewesen, ich hette das kind on ein haupt müssen bringen.‹ Der mann vermarckts gleich, wie es ergangen was, und that ir nichts umb irer einfalt willen und spricht: ›Liebe fraw, ich hab gemeint, die sach sey recht versehen;‹ unnd hielt sie lieb unnd werd; aber dem pfaffen treib ers wider ein.

Auff ein zeit im sommer frü vor tag bey monschein stadt der kauffmann auff von seinem weib, gadt in des pfaffen wisen; da weideten zwölff des pfaffen schaaff, denen er die köpff all abschneid. Als das der pfaff vernam, schalt er den übel, der seinen schaaffen die köpff hett abgschnitten; so ers wiße, wölt in auch lassen köpffen. Der kauffmann redet es unverholen, er hette es gethan. Der pfaff verklaget in vor dem gantzen radt, welcher mit hefftiger klag gefengklich vor radt gefürt wirdt. Nach langer klag verantwort sich der kauffmann unnd spricht: ›Pfaff, du kanst wol köpff machen; mach deinen schaaffen auch köpff!‹ Do das der pfaff erhort, erschrack er unnd were gern hinweg geweßt, můßt aber verharren. Der kauffmann erzellet dem radt des pfaffen [102] schelmenwerck vom anfang biß zum end; und strieffen in umb all sein gůt, stiessen in auch von der pfrůnd und jagten in hinweg.

80. Einer kennt seine eygene hendtschuch nimmer
80.
Einer kennt seine eygene hendtschuch nimmer.

Man sagt gemeinlich, und ist auch gewisslich war: Ein yeder wirdt, so einen reyf ausstecken, mus manches setzammen gasts wertig sein; gut und bös, wie sie der weg bringt, also mus er die annemen. Nun ist ein yeder frummer wirt geneygt, wann ein gast etwas in sein haus bringt, das er im das mit allem fleis unnd gern verwaret, damit er sunder klag wider mög vonn im scheidenn. Noch dannocht dreit sich zum offteren mal zu, das etwan wurmstichig kundenn (ettlich nennenn sie wölff, ich wolt in aber wol ein geschickteren namen geben) auch alsbald in ehrlichen wirdtsheusern einkeren; finden sie ir gattung zu spilen, so schicken sie sich geschwind darzu; wo nicht, durffend sie wol ungebettenn dem wirdt die benck auffraumen unnd darnoch wider darvon ziehen.

Also gieng es einsmals auch zu in einem kaltenn winter. Da kam ein gute bursch mit einander geritten, hatten sich allsammenn auff der rauchenn wind und ungestüm wetter gerist bis ann einen gutenn einfaltigen priester. Der hatt weder kappen noch hendtschuch, derhalben in dann gar hart frieren [ward]. Bald er nun in die herberg kam, sich seins frosts ein wenig abkumen was, lieff er eylents zu einem krämer, kaufft im selb auch ein par hendschuch, waren mit beltz underzogen und gar sauber von gelbem läder gemacht. Als er nun wider in die herberg kam, fand er seine gesellen schon am morgenmal sitzen, dann sie hatten vermeint, er wer etwan zu gast geladen, das er nit bey in in der herberg essen ward. Er eylet zum tisch, hieng seine handschuch an die wand zu anderem seinem blunder.

Des hat ein abentheurer wargenumen, so von ungeschicht auch in die stuben kumen, damit er sich wermet. Als nun [103] die guten herren im besten essen und ernstlichstem gesprech waren, nam er die hendschuch, gieng eylents fur den stubenofen, macht sie gantz russig und schwartz, als wenn die lang umb die benck gangen weren; er nam sich aber gar nichts an, gieng wider in die stuben, behielt die hendschuch in den henden.

Als nun die gest gessen und den wirdt bezalt hetten, sich wider anlegten unnd auff den weg rusten, der gut herr sahe umb nach seinen hendschuchen, die waren nit mer vorhanden. Er sucht hin und wider, sahe den abentheurer offt an und fragt in, ob er im sein handschuch nit gesehen. Diser nam sich zum teil murrens an, zoch die berussten hendschuch herfur unnd sagt: ›Was hab ich denn mit ewern hendschuchen zu thun? Hie hab ich ir zween; sind sie ewer, mögt ir sie wol nemen.‹ – ›Nein,‹ sagt der gut herr, ›sie gehören mir nit zu; dann die meinen sind gar new.‹ Also musst der gut herr ein ander par kauffen, wolt er anders nit gar übel erfrieren.

Derhalben sollen ir allsamen gewarnet sein, ewer hendschuch bas zu versorgen; dann sie im winter gar angriffig sind.

81. Einer fras fur vierzehen batzen krametvögel
81.
Einer fras fur vierzehen batzen krametvögel.

Gen Augspurg kam ein gut einfaltig mann an einem wochenmarckt, der hat nit mer dann einen guldin im seckel, darumb er willens was korn zu kauffen, wolt aber dennoch vor ein halbs meslin wein trincken. Er kam in die herberg, in welcher Grünenwald schier sein mantel verbissen hat. Er hies im ein halbs bringen und ein brot darzu. In dem ersicht er aufftragen ettlichen grossen hansen ein blatten mit krametvögel; er fragt einen, so von ungeschicht in der stuben unnd ein grosser speyvogel was. ›Lieber,‹ sagt der gut mann zu ihm, ›was gilt doch ein solcher vogel?‹ Diser sach wol, was er fur einen kuntman vorhanden hett, unnd sagt: ›Man gibt ein umb ein pfenning.‹

Die vogel ruchen dem guten mann in die nas, bat die [104] wirdtin, so sie mer hett, solt sie im auch einen bringen. Sie was willig, bracht im einen also warm vom spis; der sehmackt im gar wol. Er gedacht bey im selbs: ›Das sind gut schmutzig vogel. Ich mus noch mehr pfenning daran wagen. Wann ich schon ein batzen in voglen verschlemm, so hab ich ihr doch einmal gnug gessen.‹ Er rufft der wirdtin, sagt, hett sie mer vogell, solt sie im mer bringen. Also bracht sie im ein nach dem anderen fein also warm vom spis, bis das er viertzehen gessen hatt.

Do meint er, der schimpffs wer jetzund gnug, hies im die ürten machen. ›Wie viel,‹ sagt die wirdtin, ›habt ir wein?‹ Er sagt: ›Ein halbe mas.‹ – ›Das ist drey kreutzer,‹ sprach sie; ›nu, wie vil habt ir brot?‹ Er sagt: ›Für ein kreutzer.‹ – ›Das macht zusamen ein batzen,‹ sprach die wirdtin; ›noch haben ir vierzehen vogel, thut ein jeglicher ein batzen, wirt zusamen ein guldin.‹ Der gut man erschrack der wort on massen sehr, wiewol er erstlich meinet, die wirdtin trib ir schertzbossen mit im; er fieng an sich hinder den oren zu kratzen. ›Ach,‹ sagt er, ›wie bin ich so schantlich beredt worden, es gelt ein solcher vogel nicht mehr denn ein pfenning!‹ Er sahe sich umb nach dem, so gesagt, es gult ein krametvogel nicht mehr denn ein pfenning; er was aber nit mehr vorhanden, sondern hat sich getrolt. In summa, die wirdtin wolt im ein haller nicht nachlassen, sonder holheupt in gut ding darzu aus und ward nur seinen dapffer spotten, sagt: ›Kanstu krametvogel essen, so zal sie auch!‹ – ›Nun hab ich nicht mehr,‹ sagt er, ›dann ein guldin bey mir, wolt korn für mich und meine kinder darumb kaufft haben. Sol ich den also auff einmal in voglen verzert haben, so erbarms gott.‹ Also gab er der wirdtin die funffzehen batzen und fur traurig und wol verspott darvon.

82. Einer nam ein par handschu zu lohn
82.
Einer nam ein par handschu zu lohn und wolt fur ein edellmann in die hell faren.

Auff ein zeit sassen vil guter gesellen vom adel [105] und sunst auch in einer zech, redten von vilerley hendlen und guten schwencken. In dem kam ein guter vogel, ein gartknecht, hinein; unnd als er so ein gute burs bey einander findt, spricht er sie gantz freuntlichen an, wie dann derselben guten knaben gewonheit ist, umb ein zeerpfennig, damit er mit ehren weiter möcht die leut bescheyssen. Die guten junckherren hiessen in an einen ledigen tisch nidersitzen, befalhen dem wirdt, er solt im ein suppen unnd stuck fleisch geben, ein mas wein unnd brot darzu. Das geschache also.

Underdem er also sitzt, isst unnd trinckt, sagen die edlen von irem einkummen, was ein yeder vermögens sey. Under andrem sagt einer under in: ›Mich benůgt an meinem einkummen wol. Mein vater hat mir so vil bauren verlassen, die für mich fronen und arbeyten, müssen mir auch korn und weissen, habern unnd gersten zufüren, desgleichen wein und butter, cappaunen, gens und enten zusampt allem brennholtz, so ich auff meinem haus oder schlos brauchen mag. Zudem hab ich an pfennig gülten auch so vil einkummens, das ich mit guten gesellen mag ein ürten thun. Und das mir am liebsten ist, so bin ich colator über ettlich pfarren und pfründen; dieselbigen pfarrer und caplen müssen für mich betten. So hab ich noch zwo schwestern in einem frauwenkloster, die schreiben mir zu vil malen ir andechtig gebett zu. Dieselbigen hat mein vatter selig allein darumb inn das kloster gethan, das ich mein stat dester bas mag erhalten, sunst hett er in vil zur heimsteur geben müssen, so mir ein grosser abbruch gewesen wer. Mir aber manglet noch eins; wann ich nur einen künd ankummen, so für mich in die hell für, dem wolt ich gern ein gut verehrung thun.‹

Der gartknecht, von dem oben meldung gethon, hatt sein mas weins schon getruncken und was yetz gantz auffgefroren; dann im der wein ein werme bracht hat. Er fieng an unnd sagt: ›Juncker, was wolt ir mir zur besoldung geben? Ich nim den kauff mit euch an und far für euch in die hell.‹ Der edelmann sagt: ›Was wilt du nemen?‹ – ›Nit mer,‹ sagt der gartknecht, ›dann gebendt mir ein gut par hendtschuch, damit ich disen kalten winter mich für dem frost erneren mög, will ich den kauff mit euch eingon.‹ Der edelmann hat zwen gut [106] wölfin hendtschuch an der wand hangen; die nam er darvon, gab sie dem verruchten vogel unnd befalh damit dem wirdt, er solt im noch ein mas wein bringen, wie dann auch geschahe. Er tranck denselbigen auch aus, ward so voll, das er hinder dem tisch entschlieff.

Nun was ein junger kauffmann an der tafel, so kurtz darvor in einem spil ein teufel gewesen was, und hat im ein gar ungehewers kleid drauff machen lassen. Derselbig sagt zu den anderen: ›Mögt ir das leiden, wil ich ein fein faßnachtspil mit disem öden kunden anrichten; ir sollen sein allesammen gnug lachen.‹ Das liessen sie in allsammen wolgefallen. Er schicket nach dem scheutzlichen kleid, legt das an, kam in die stuben, erwuscht den lantzknecht oder gartbruder bey der kartausen, macht in munder und sagt mit grausamer stimm: ›Lantzman, wolauff! Du must mit mir darvon.‹ Der vol zapff, so noch nit gar ermundert was, im auch der wein noch in dem kopf stackt, blicket auff. Als er den kauffman in der gestalt vor im ston sahe, meinet er nit anders, dann es wer der lebendig teufel, erchrack über die mas gar seer und understund zu entlauffen.

Bald erwischt der kauffmann den tropffen und mit im in einen finsteren stal zu, band im alle fier zusamen, darnach schmiert er in gar wol mit einem guten brigel, das im seine lenden gar wol allenthalben erbeert und geschmiert wurden. Der gartknecht, wiewol er ein gar verwegener und leichtfertiger vogel was, so war im doch so angst in solchen nöten, das er gott unnd alle seine heiligen anrüffet und verhies, er wolt hinfür bas sein leben besseren und nit mer so ruchlos sein. Der wein was im auch vor lauter und grosser angst aus dem kopff kommen. Also band in der kauffmann wider auff und jagt in mit guten streichen zu dem stall hinaus. Er saumpt sich nit lang, sprang zu der herberg hinaus, lies seinen tegen unnd hentschuch dahinden; dann im vor grosser angst der frost vergangen was, das in weder an hend noch füs mer frieren ward; lugt stetigs hinder sich, ob im der teufel nicht nachkem. Die andren herren und gest des schwancks genug lachten, und bliben also dem edelman seine hendschuch.

Diser ruchlosen kunden findt man gar vil, so mit solchen [107] freflen worten umbgon, das nit ein wunder were, der hellisch lebendig teufel fürt sie an der stett hin. Ich kenn selbs eine wirdtin; von deren hab ich gehört, und nit nur einmal, sunder offt, das sie sagt: ›Ich weis wol, das ich nit verloren bin. Wann mich schon unser herrgott nit will, ist mein der teufel fro;‹ das mich offt unnd dick wunder genummen, das gott der herr so lang mit seiner rach verzeucht. Ich möcht auch geren ein solchen fasnachtteufel sehen dise verwegne haut mit einem guten brügel beeren, wie diser kauffmann den gartknecht, ob sie doch ir verruchte weiss und verwegne wort lassen wolt.

83. Wie ein geschwinder kund in Italien
83.
Wie ein geschwinder kund in Italien die juden umb gros gelt bracht, das sie im mit gutem willen gaben onverdient.

In einer statt in Italien was ein mönch predigerordens. Derselbig fast wider die juden auff der cantzlen schrey und in sonderheit wider ire gebett, so sie täglich der christenlichen oberkeit und gemeinen christenheit zuwider betten unnd sprechen müssen, sampt andren verfluchungen, so sie in anschawung der christen sprechen; und damit ein yeder christ selb lesen und vernemmen mag, wil ich sie alle zu end diser historien setzen, wiewol ich mir fürgenummen hab, ein eygens tractetlin wider solche ire bösen gebreuch zu schreiben, so mir anderst gott das leben verleicht. Nun diser predicant bracht die sachen dahin, das die juden in gantzem Italien solche schmäliche gebett aus iren bettbüchlin austhun müssten; dann wo man von einem gewar ward, das er des orts ungehorsam was, ward er an seinem leib gestrafft. Dise ursach bracht die juden alle gar in einen solchen has gegen gedochtem predigermönch, das sie alles böses auff in erdachten, domit sie in mechten umbs leben bringen; aber alles umbsunst was.

Nun was ein jud an demselbigen ort mit namen Nata, der hatt einen lantzman in dem kloster, der was ein beckenknecht [108] gewesen und hat faulkeit halben den orden angelegt, was ein leybruder worden und buch dem convent alles brot, so sie bedorfften. Diser brůder was aus Teutschland geboren, wie dann auch Nata jud; darumb er dann vil zu dem juden wonet umb des willen, das der jud zu zeiten in Teutschland reyset, im der brůder hin unnd wider bottschafft ausrichtet. Dis hatten etlich juden wargenummen, gedachten, durch in durch gemelten bruder mittel und weg anzurichten, sich an vil gemeltem mönch zu rechen. Die fůgten sich zu dem teutschen juden, boten im ein summa duckaten an zu schencken, wo er sein lantzman, den bruder, dohin bringen möcht, das er dem mönch ein venedisch sipplin kochen und zu essen geben wolt; im, dem bruder, solten auch nit minder duckaten gestecken. In summa, der jud bewilliget, ir anmutung auffs fleissigest auszurichten.

Er fůgt sich zu dem brůder unnd mit langen umstenden zeigt er im zuletst sein meinung an. Der brůder, so auch mit dem teufel zu schulen gangen, sagt zu dem juden: ›Ach mein lieber Nata, wo aber die sach außkummen solt, wie wird es mir armen brůder gon?‹ Drauff sagt der jud: ›Bruder, du weist, das ich dich an dem ort nit vermelden wird; sunst müste [ich] als der, so dich darzu verursachet, in vil grösser gfar ston dann du selbs. Darumb mag die sach niemermer geoffenbaret werden, es sey dann durch dich oder durch mich.‹ Darauff antwort der brůder: ›Nata, ich wist ein andern weg, wan dich das gelt nit hieran verhinderet. Wir haben einen koch im convent, ein gar geltgirigen menschen. Derselbig mus zum offtern mal dem predicanten sonderlich kochen; dann sein brauch ist, vor der predigt nit zu essen. Diser koch kund die sach zum basten zu end bringen.‹ Diser anschlag gefiel dem juden fast wol, beschlos also mit dem brůder, er solt die sach auff die ban bringen, es solt an keinem gelt erwinden; schieden damit von einander.

Der bruder was wol zumut; dann er gedacht, die juden umb das gelt zu bringen, und must dannocht dem predicanten kein leid widerfaren. Er kam zu dem koch und sagt zu im: ›Compani, wann du es zu danck annemen [wölltest], wolt ich dir ein gute zerung zuwegen bringen, so du mit eeren unnd [109] frumkeit wol nemen magst.‹ Sagt im domit die meinung. Die beid wurden zu rhat, fügten sich zu dem predicanten und baten in inn der sachen beholffen zu sein, damit sie die juden umb das gelt bringen mechten. Des sagt er inen zu; er hat auch gar fleissigs nachgedencken auff die sach.

Nun hat der predicant auff nechstkünfftigen sonnentag ein sunderlich zusag gethon, von der juden schalckheit zu offenbaren! Dis waren die schantlichen juden schon innen worden; darumb sie dem bruder ernstlich anlagen, mit der sach auffs schnellist fürzufaren, damit der predicant an seinem fürnemmen verhindret wirdt. Das alles sagt der bruder dem predicanten; dem gefiel die sach gar wol, und sagt zu dem bruder, er solt eylentz zu dem juden gon unnd im zubereit gift geben heissen, sagen, er wißt sunst keins sunder grossen arckwon zuwegen zu bringen. Das geschach also nach seinem befelch. Der bruder nam das gift, so in einem gleßlin ingemachet was, bracht das dem prediger und sagt: ›Domine lector, nemmend hin das gift und essen das! Dardurch mag ich vil gelt überkumen. Aber wo es euch zuwider ist, mögt ir sein müssig gon. Ich habs euch geben zu essen, wie ich den juden zugesagt; ir aber mögt thun, was ir wolt.‹ Der predicant nam das glas mit dem gift, verwaret das gar wol, damit er das zu seiner zeit brauchen möcht.

Auff den kunfftigen sontag nam er sich eines grossen wehtagens an, legt sich zu bett, gehub sich fast übel, nam auch ettlich artzney wider gift ein, als wann er das gessen. Als nun die stund kam, das er predigen solt, versamlet sich ein grosse menige in der kirchen. Bald kam das geschrey durch ein andern mönch, so auff die kantzlen stund, der leßmeister hett ein schweren zufal überkumen und wer zu sorgen, im wer mit gift vergeben worden, deß sich menigklich übel behub. Dise meer kam auch geschwind für die juden, dann sie ir kuntschafft alle zeit in der predigt hetten. Sie waren wol zu mut, sagten unverholen, diß wer ein sundere straff von gott, dieweil sich der mönch mit so starckem predigen wider die Hebreer gelenet. Nun hat er wol gewißt, das gott von alter har alle die, so sich wider die juden erhebt hatten, hart gestrafft; darumb solt er sein müssig gangen sein und [die] [110] hebreer nit so gar verfolgt haben. Deren worten schlugen die juden gar vil aus unnd waren in grossen freuden, umb das ir widersecher dem tod so nahend sein solt.

Als aber nun den leßmeister zeit daucht, befalch er den beyden brüdern pfister und koch, sie solten sich aller gstalt risten, als wann sie aller dingen wegfertig weren und darvon lauffen wolten, dann der argwon wer gantz auff sie gefallen; solten eylentzs zu den juden gon und in solche meinung anzeigen, damit ir versprochne belonung fordern. Das geschahe also. Sie kamen gantz angsthafft zu den juden, zeigten inen solche meinung an, sie müsten sich trollen, dann das gemümmel wolt auff sie fallen; wer zu sorgen, wann sie lenger bliben, mechten sie in gefencknis knmmen; alsdann wird man die warheit von in erfaren wellen; wo dann die solt an tag kummen, möchten sie (die juden) solcher fhar auch nit entgon. Derhalben begerten sie ir versprochnen lon. Die juden, so nit anders glaubten, dann im wer also, wie die zween anzeigten, waren fast wol zu mut; und damit sie nur bald irs pfads kemen, gaben sie in mer, dann in versprochen was. Das namen sie mit freuden und zugen den nechsten weg inn das predigerkloster, zeigten diß gold dem leßmeister oder predicanten, der nun des handels halb nit wentzig freud nam, bracht auch an einem gantzen convent zuwegen, das beiden brůdern ir gelt blib; sunst hets der orden genumen.

Des andern tags nam der lector die zween brůder zu im, gieng mit in zu marckt spatzieren und sunderlich, do am allermeisten juden waren, die solchen anblicks gar seer erschrocken, und sunderlich die, so den beiden brüderen das gelt geben hatten. Dann sie wol gedachten, ir anschlag und pracktick wird außbrechen. Also habend sie bald das loch getroffen, unnd haben die bruder mit dem gelt ein guten mut haben lassen, dieweil sie nicht an inen wusten zu gewinnen.

84. Von einem grossen eyferer
84.
Von einem grossen eyferer, der nit leiden mocht, das andere mann mit seinem weib guter dingen waren.

Es schreibt der hochgeleert doctor Sebastianus Brant in [111] seinem Narrenschiff under der figur der 32. narren von den grossen eyferern und spricht:


Der hüt der hewschreck an der bünnen

Und schittet wasser in ein brunnen,

Der hütet, das sein weib bleib frum.


Domit wil er entlichen zu verston geben, das semliche hut gar umbsunst sey; dann es hilfft nichts, oder aber darff sein nicht. Darvon merck einen guten schwanck!

Es was auff ein zeit ein solcher grosser eyferer inn einem flecken, der hat ein hüpsch weib; er forcht aber ir gar übel, mocht nit leiden, das andre mann oder auch gsellen mit ir redten oder guter ding weren. Er lies sie auch gar kumerlich zu andren nachbauren summerszeit an der gassen sitzen; auch kam sie gar selten zu hochzeiten oder andern wolleben. Der fantast sorgt alzeit, sie werd im lebendig gefressen. Diß namen ettlich speykatzen mit fleiß war, giengen dester mer umb das haus spatzieren; wann dann die gut fraw bey iren nachbauren sass, stunden sie hinzu, triben gute schwenck und bossen mit iren. Diß und dergleichen wolt den tippel unsinnig machen; er dorfft auch nicht dergleichen gegen seinem weib thun, dann im was unverborgen, was man den weibern understadt zu leiden, darnach verlanget sie erst. Die fraw aber an allen seinen geberden wol abnam, weß er gesinnet was, lies sichs aber ye lenger ye weniger bekümmeren, was nur mit yderman dester leichtsinniger.

Als aber der stockfisch semlichs auch warnam, gedacht er, durch was fügen er doch solches alles abschaffen mecht. Er besann sich kurtz und kaufft ein haus in einem andern flecken und machet sein dinglin zusamen, lůd das auff kerch und wegen, fůr also darvon. Die gut fraw, so mer witz hatt dann ir mann, lies ir die sach wolgefallen, thett auch dergleichen, als wann es ir fast lieb wer. Domit erfůr sie fein sittlich an irem man, was die ursach wer seines auffbrechens. Dann er sagt, wie es im so gar zuwider were, das im solche gesellen teglich umb das haus giengen; wiewol er ir nichts arges günnet noch vertreuwet, möcht er es dannocht nit sehen; sunst hett er gar kein ursach, darumb er hinwegzug, dann eben dise. Die fraw fasset dise wort in ir örlin.

[112] Als sie nun mit irem hausrat aus dem flecken fůren und weit hinaus inn das feld kamen, springt die fraw vom wagen und sagt: ›O wee, Hans, ich hab das allernotwendigst dahinden gelassen. Halt ein wenig still!‹ Der fantast fragt, was sie dann vergessen hett. ›Ey,‹ sagt sie, ›ich hab kein fewr mit mir genomen.‹ – ›Du grosse nerrin,‹ sprach der mann, ›meinstu dann, wir ziehen an ein fewrlos ort? Du wirst fewr, holtz unnd stro gleich so wol dort finden, als da wir harkummen.‹ – ›So bist du,‹ sagt die fraw, ›vil nerrechtiger dann ich. Finden wir fewr dort, werden wir on zweifel auch solche leut finden, die dein eyferige weis bald erlernen werden, dir gleich den anderen zu bosheit umb das haus gon. Darumb wer noch mein rath, du liessest uns bey dem unseren bleiben und an dem ort, do man uns und wir die leut erkennen.‹

Also gieng der dippel inn sich selb, erkannt seiner frawen radt für gut und zoch wider zuruck in sein alte herberg, lies hinfurbas seinen eyfer faren unnd ward ein rechtgeschaffner hausman.

85. Wie ein pfaffenmagt im baurenkrieg
85.
Wie ein pfaffenmagt im baurenkrieg in einen hunighafen hofiert.

Im jar, als man zalt 1525, als die beurisch auffrur durch alle land wütet, begab es sich, das die bauren in einem dorff, nit weit von Colmar gelegen, Anselsheim genant, inn dem hielten sie auch haus, wie ir gewonheit was. Wo pfaffen in einem dorff waren, blinderten sie in die heuser; was sie von essendhaffter speis funden, verschwendeten sie; was sie zur noturfft nit essen mochten, verwüsten sie. Also gieng es mit allen klöstern und pfaffengütern.

Nun was ein alter pfaff in gemeltem dorff, der hat sein hab und gut, so vil im hat luft mügen werden, in die statt geflehet. Aber was von essenthafter speis was, hatt er den merer teil im haus gelassen, als ancken, schweinin fleisch, käs und eyer. Under anderm hatt die pfaffenmagt einen grossen [113] hauffen (mit gunst zu reden) in einen hafen hofiert unnd ein andern hafen mit honig darüber geschit und sich bald darnach hinweggetrolt unnd in die statt gemacht.

Als nun die bauren in das haus komen, machte sie raumauff, kamen zuletst über den gebiften honighafen, frassen den honig oben ab biß auff die feig, so die pfaffenkellerin darinn gelegt hat. Als sie aber die bon fanden, huben sie an gemeinlich zu speyen; man hett ein hafen mit gefilt, der noch so gros gewesen als der, daraus sie den honig fressen hatten. Also wolt ich, das allen schleckern widerfür.

86. Von einem, so seinen fründen umb seine zwentzigjärige
86.
Von einem, so seinen fründen umb seine zwentzigjärige haushaltung rechnung gibt.

Ein guter zechbruder, so alwegen gern bey dem schlamp sein zeit vertrib, was auch alwegen der erst darbey und zuletst darvon. Darneben was er auch so gar ein tugentlicher unnd geschlachter mensch, kein schwur hort man nimmer von im; sein schweren, fluch und schelten was nur Getz güte gott, und Getz angstiger angst. In summa, als er yetz auff die zwentzig jar hausgehalten, hatt auch schön weib und kind, lies er dannocht sein alte weiß nit. Darumb er dann zu vilmalen von seinen freunden und guten gönneren gestrafft mit freuntlichen und guten worten, villeicht mer umb seines nutzes dann ires nutzes und fromens willen.

Als sie nun irer straff nit wolten abston, begab es sich, das der gut schlemmer ein verdrus und unwillen darvon überkam. ›Getz güte gott,‹ sagt er, ›was gond ir doch stets mit solcher theding umb? Was zeicht ir mir doch? Nun hab ich doch nitt so gar übel hausgehalten. Dann ir wissend allesamen, das ich erstmals, als ich angefangen hab hauszuhalten, hab ich nie mer dann viertzig guldin in leib und gut vermögt. Nun hab ich nun bey zwentzig jaren unnd lenger hausgehalten. Wann ich schon morn sterben solt und die sach zum aller üblisten hinaus solt oder wolt gon, fund man dannocht in eim [114] und im andern zwentzig gulden wert guts. Nun lond viertzig guldin schuldig sein (mer bin ich nit), so hab ich dannocht erst all jar ein guldin aus dem hauptgut verthon. Find doch manchen, so in einer wochen oder in einem tag hundert guldin aus dem hauptgut verthut; was wend ir doch aus mir machen?‹ Als sie nun solche seine manung von im vernommen, ward aus irer straff nur ein gelechter, und liessen im sein weis, dieweil sie nit anders machen kunden.

87. Ein junger gesell schlug sein braut vor der kirchen
87.
Ein junger gesell schlug sein braut vor der kirchen in das angesicht.

Zu Pfortzheim was ein junger gesell, der hatt ein schöne tochter zu einem weib genomen. Als nun der tag kam, das sie solten zu kirchen gon, lud er vil eerlicher leut zur hochzeit. Auff die ward ein gutes mal zugericht, wie dann gemeinlich an allen orten brauch unnd gewonheit ist. Des morgens fürt man sie zu der kirchen mit pfeiffen und trumen, und was alle freud da. Als nun der priester under die kirchthür kam, die braut wolt einsegnen, sahe er die braut gar schamperlich mit lachendem mund an, bewegt sie damit, das sie auch lachen ward. Diß sach der breutgam, meinet, der pfaff hett etwas kuntschafft zu der braut, die doch ein frume eerliche tochter was. Der breutgam aber on alle weiter erfarnis zucket die faust, schlug die gut braut ins angesicht, das sie zu der erden fiel; dardurch alle umstender, die so zu der hochzeit geladen waren, inn verwunderen kamen, auch der unzucht des breutgams wenig gefallens hatten.

Dise geschicht kam bald für die herschafft; die gab billichen und ein rechten befelch, das man die frummen biderleüt solt, die zu der hochzeit geladen waren, in die herberg füren, darin die malzeit bereit was; und aber sobald dis geschehen, solte man den breutgam in thurn fieren und sein hochzeit darin haben lassen. Darinen er dann etlich wochen hernach sein zeit vertreiben must, das dann auch sin verdienter lon was.

88. Einer hat ein guten fursatz
[115] 88.
Einer hat ein guten fursatz.

Ein wunderbarlicher kund beichtet in der fasten nach altem brauch. Als er aber dem beichtvater vil seltzam üppiger zotten heraussagt, und in der pfaff daruber schalt und straffet, fragt in der abenteurer, wes er sich dann halten solt unnd wie er thun solt, das er im recht teth. Sagt im der beichtvatter, er solt sein üppige weis lassen, ein fein zuchtig und erbar wesen an sich nemen, gottslesterung und ander laster vermeiden, und darneben einen guten fursatz haben. Sagt er: ›Lieber herr, gond heim in mein haus! Do wert ir ein guten neuwen fursatz finden. Dunckt der euch nit gut gnug sein, will ich umb einen besseren und sterckeren besehen.‹ Der gut beichtvatter kond wol verston, was er fur einen vogel verhanden, weys in mit seinem fursatz hinweg.

89. Einer hat ein heissen kopf
89.
Einer hat ein heissen kopf.

Im Elsas ligt ein statt am gebürg mit namen Keysersperg. Darinen wonet ein burger, welcher auch ein ratsfreund was, aber gar eines wunderbarlichen kopffs und gemüts. Er was gerechten dingen holt; wann er im ein sach furnam, lies er sich keins wegs darvon abtriben. Das erschine sich an seinem leben und absterben.

Es begab sich auff ein zeit, das gemelter Schandene (also was sein nam) im radt zu Keysersperg sas, und ward einer sach halben befragt, was sein meinung darinn were. Er felt nach seiner gewisne ein urteil, welche in gut bedunckt, und meinet auch gentzlich darbey zu beleiben; was andre rhatsherren darzu sagen, bestunde er fur und fur auff seinen elff augen, wolt von seiner meinung umb einiges har nit weichen. Also sagt einer des radts zu im: ›Hey, nit also, Schandene! Ir müst ein wenig gmach traben. Wie kent ir so ein heissen [116] kopff haben!‹ Dise wort verschmacht den guten Schandene, nam von stund an seinen hut, warff den von im unnd sagt: ›Wolhin, ist mir dann mein kopff so heis, will ich in lassen erkülen.‹ Also hat er von disem tag an keinen hut noch andere bedeckung seines haupts nimmermer getragen bis an sein letstes end. Inn schne, regen unnd wind hatt er gar keinen underscheyd, dann er trug weder hut noch kappen; dann ich hab in zu vil malen gehn Colmar zu marckt sehen gon on ein haubtdecke oder hut.

Als nun sein zeit kam, das er von gott angegriffen und in das todbeth kumen ist, habend in seine freund ermant, er sol beichten und sich zu dem hochwirdigen sacrament schicken wie ein christenmensch. Sagt er: ›Lieben kind und freund, bringen mir einen frummen priester, so do untödtlichen sey! So ir mir den bringen, bin ich urbittig, alles das zu thun, so ir an mich begeren.‹ Auff solche antwurt wendeten seine freund allen fleis an, brachten im etwo manigen priester zuwegen; aber keiner under den allen wolt im anmütig sein, wiewol auch der allerfrumbsten und geistlichsten väter der observantzen darunder waren, so in englische siessen wort understunden zu bereden. Aber alles umbsunst was; dann er sagt, er spürte wol ein eusserlichen schein an inen, aber ir hertz wer weit anders gesinnet.

Also starb der gut Schandene und ward von den geistlichen als ein ungleubiger geacht; verschuffen auch, das man in ausserhalben des geweichten vergraben. Wo aber oder wie die seel gefaren sey, stadt zu gott; der weist, welcher der frömbst ist, dann er aller hertzen erkundiger unnd erforscher ist. Der vergeb uns allensamen alle missethat und verleihe uns ein seligs end. Amen.

90. Eine kluge antwurt eines radtsherrn
90.
Eine klůge antwurt eines radtsherrn.

In einer namhafftigen statt, deren namen ich dißmal von des besten wegen zu nennen underlassen will, sas ein reicher [117] meyer, welcher auch ein radtsfreund was und darbey ein weltweiser geschickter ley. Es was aber ein burgermeyster in derselbigen statt gar eines stettigen kopffs, grimm unnd tyrannischer art; derhalben im niemants nichts einreden dorfft, unnd entsatzt sich eine gantze burgerschafft vor im. Was er auch in seinem sinn fürnam, understund er hindurchzutrucken, es wer gleich billich oder nit.

Nun trug es sich auff ein zeit zu, das gedachter burgermeister auff einen tag von wegen der statt geschickt ward, sein ampt und burgemieisterat einem andren bis zu seiner zukunfft übergab, damit man dannocht in seinem abwesen radt und gericht halten möcht. Es trůge sich in deren zeit zu, das im radt etwas ernstliches gehandlet ward, so der statt zwing unnd bann belanget. Also geschache ein gemeine umbfrag, und sagt ein yeder sein gutbeduncken hierzu. Die frag kam auch zuletst an den obgemelten radtsfreund; der nam sich an, als wann er hart entschlaffen were. Als man in aber zum andren mal fraget, teth er dergleichen, als wann er erst aus dem schlaff erwacht wer, unnd sagt: ›Ich volgs dem obristen meyster,‹ und nant damit den, so auf dem landtag was, bey seinem namen. Es ward ye einer den andren ansehen; auch deryenig, so umbfraget, sagt: ›Wie könnend ir es dem obermeister volgen, dieweil er nit zugegen ist?‹ Bald antwurt diser: ›Darumb,‹ sagt er, ›volg ichs im. Machend irs, wie ir wellend, unnd wendend nur allen fleis an! Wann er heimkumpt und es im nit gefellig sein, wirt er das nach seinem gefallen machen. Darumb volge ichs im.‹

Dise wort bedachten unnd erwagen die andren herren gar hoch, das ein gantze statt nur auff einen man solten sehen, er hets gleich recht oder letz. Und ward diser meyer in nechstvolgender enderung eins radts deren hohen heupter eines, der dann dem burgermeyster in unbillichen sachen dapffer einredt und die sach zum theil in ein andre ordnung bracht.

91. Ein weib hies iren man aus dem haus beleiben
91.
Ein weib hies iren man aus dem haus beleiben, bis der staub vergieng.

[118] Ein kurtzweiliger junger mann, so erst newlich in die ehe kummen was, er hatt ein wittfrawen genummen, welche vormals ein baursman gehabt. Diser aber was ein maler unnd gar ein fisierlicher mensch. Die gut frauw aber hat der malerey gar nit gewonet, blib auff irem alten gebrauch; wann sie morgens die stuben fegt oder schweiffet, spritzet sie die gar nit, davon sich dann ein grosser staub erhub, welches dann die maler sunderlich gern in farben und an der arbeit hand, vorab wann sie von ölfarben malen.

Eins abents hatt der gut man genug getruncken, also das er den künftigen morgen etwas lenger schlieff, dann sein brauch was. Als er aber yetz auffgestanden und sich angeton, will er eylens über sein arbeit, eylt in die stuben; die hat die gut frauw allererst gefegt und aber nit begossen, also das ein grosser staub in der stuben was. Der mann ward zornig, schalt die frawen darumb. Sie sagt: ›Kanstu nit ein weil hinaus spatzieren gon, bis der staub vergadt?‹ Der gut man fasset die wort in sein örlin, nam sein tägen und rock, gieng aus zu guten gesellen, fieng die sach wider an, da er sie am obend gelossen hat, treib das also auff acht tag.

Als die verschinen waren, nam er ein gute bursch zu im, fürt die mit im heim. Es waren aber seine stub und stubenfenster auff der erden, das man wol hineinsehen mocht. Als er nun für das haus kam, sties er mit erst den kopff zum fenster hinein und schrey: ›Fraw, ist der staub vergangen? So wil ich hineinkumen.‹ Antwurt das weib: ›O jo, lieber Hans (also was sein nam), er ist gar hinweg. Gang nur harein! Ich wil dir keinen solchen staub mer machen und fürbas die stuben dest bas begiessen.‹ Also nam er seine guten gsellen mit im hinein, gab in ein trunck, und waren all sachen gericht.

Darumb, ir weiber, sind gewarnet; ir haben rauch oder staub im haus, heissen darumb die mann nit hinausgon! Dann in sonst von natur angeboren ist, das sie nit gern daheimen bleiben.

92. Von einem, den sein eigener vatter in seiner kranckheit
[119] 92.
Von einem, den sein eigener vatter in seiner kranckheit nit wolt zu im lassen.

Es wonet zu Keysersperg im Elsas ein guter alter priester, der was gar alt; er kam in ein schwere unnd grosse kranckheit, also das man im stetigs wachen můßt. Als er nun lang gelegen und gantz abkummen was, unnd nichts anders mer vorhanden war dann der tod und jetz in seinen letsten zügen lag, tribe auch das auff drey gantz tag, das er weder sterben noch genesen kund, nun was ein guter freund, ein burger, bey im, so seinen wartet. Es begab sich, das derselb eines tags under deß pfaffen haustüren stund, sich zu erkülen und den guten luft zu empfahen. Von ungeschicht gadt fur das haus ein üppiger, verwänter vogel, der was ein weinleyterer, faßzieher oder, wie man sie an etlichen orten nennet, weinschröter, ein grosser speyvogel. Derselbig hat von der herben zeit, so der kranck priester hat, auch hören sagen; dann sein die gantz statt voll was. Er fragt den, so under der thüren stund, ob der priester noch nit verscheiden wer. Diser sagt: ›Nein, er ligt noch in zügen, kan weder sterben noch genesen.‹ Diser sagt widerumb: ›Lieber, las mich in besehen!‹ Also giengen sie mit einander zu dem krancken. Der unnütz vogel, bald er den krancken ersicht, sagt er: ›Laß mich machen! Ich sol im der marter bald abhelffen.‹ Damit zuckt er dem krancken das kissen, so er under seinem haupt hatt, gantz frevenlichen hinweg; von stund an verschied der kranck.

Kurtzlich darnach begab sich, das des fasziehers vatter auch tötlichen kranck ward, also das man im auch warten und wachen must. Als nun sein sun zu im kam, wolt im wachen, ward der vatter laut schreyen: ›Aus, du lecker, du büb, gang nur nit zu mir! Du wirdest mir sunst auch das kissen under dem kopff hinwegziehen.‹ Also must er hin und weg unnd dorft bey seinem eigenen vatter nit bleiben.

Also mag sich noch mancher an einem andren krancken versündigen, das in gott strafft und im die gnad entzicht, das [120] er auch hej seinen eygnen freunden nit sein kan in irer kranckheit und letsten nöten.

93. Ein Schwab fragt, was reinfal fur ein tranck wer
93.
Ein Schwab fragt, was reinfal fur ein tranck wer.

Ein gut einfaltig mann aus dem land zu Schwaben zog in dem jubeljar gen Rom mit andren seinen lantzleuten, wolten da gros gnad unnd ablas erlangen und erholen. Als sie nun in Italien kamen, hat man in die guten siessen welschen wein fürgetragen, die sie mit grossem lust und begirden getruncken haben. Eins tags trug sichs zu, das sie bey einem teutschen wirdt, deren es dann auff der strassen in Italien vil hatt, einkerten. Derselbig was ein sunder grosser speyvogel, sahe wol, das den Schwaben der trunck wol schmackt und anmütig was, trůg in derhalben den besten auff, so er im keller hat.

Als in nun der anfieng ins haupt zu riechen, ward ye einer den andern fragen, was doch dis für ein tranck were. Der ein sagt dis, der ander das. Zuletst rufften sie dem wirdt harzu, fragten in, was doch das für ein tranck wer, ob es auch an reben wüchs, oder ob man das machet wie die andren trenck, als bier, alet und lautertranck. Als der wirdt ir einfaltigs fragen vernam, sagt er: ›Mein lieben bilger, ich wils euch nit verhalten; es ist kein gemachtes tranck, sunder kumpt also vom himmel herabfliessen. Wann die lieben heiligen weinen, so gibt es solch siessen treher; die heben wir dann also auff, und wirt ein solchs sies tranck daraus.‹ Alsbald fieng ein einfaltiger Schwab an inniklichen zu weinen und sagt: ›Ach ir lieben heiligen, was thund wir Schwaben euch zu leid, das ir nit auch über das Schwabenland euwer treher auch ausgiessen!‹ Dis musten die andern alle lachen, das der gut einfaltig mensch dem wirdt seiner worten so bald geglaubt hatt, wiewol sie selb auch noch für kein eygenschafft wusten, was für ein tranck dis gewesen was.

Aber es ist gemeinlich in aller welt der brauch, welcher einfältig, frum, schlecht unnd gerecht ist, da hilft yederman [121] zu, damit er noch mer gefatzt und umbgetriben wirt. Das nim ich bey mir selbs ab; dann ich meiner einfalt halben auch oft mus gefatzt sein.

94. Ein mönch wolt ein sattel heimlich
94.
Ein mönch wolt ein sattel heimlich und verborgen in das kloster tragen; den verraten die stegreiff.

In einem kloster was ein grosser baumstarcker mönch, der hat ein zeit ein bulschafft überkumen, das was gar eine kleine person. Der gut frater het sie gern im kloster in seiner zellen ghabt, kund sie aber durch kein mittel noch weg hineinbringen; zu dem was im der portnar abginstig, wolt im derhalben nit durch die finger sehen, wie vileicht den andren brüdern. Der mönch erdacht im ein sondern list, wie er sie hineinbringen wolt. Er was procurator oder schaffner im kloster, darumb er dann mer freyheit hat, über die zeit auszubleiben, dann die andren.

Einsmals nam er sich abermalen gescheft an, kam gar spat heim, hat das gut diernlin auff den kirchhoff bscheiden, da solt sie sein an einem heimlichen ort warten. Er fand sie nach seinem befelch, erwütscht sie mit seiner sterck under einen arm, trug sie gantz leichtfertig under der kuten darvon, kam an die porten, schellet an. Der portnar lies in ein, fragt, was er under der kutten verborgen trüg. ›Ich mus morgen reiten‹; sagt der mönch, ›hat mir ein guter freund ein sattel geluhen; dann mein sattel ist mir zerbrochen.‹ Dem guten töchterlin giengen die füs under der kutten ein wenig herfür, daran hat sie zwey weissen schülin; sie aber meint sich gar wol verborgen haben. Der portner ersach die aber und sagt zu dem mönch: ›Herr, hebend die stegreiff ein wentzig bas auff! Sie werden euch sonst den sattel verraten.‹ Da das der mönch erhort, erschrack er fast übel; dann er sorgt, der portner wird in verraten, das man den sattel hinder im suchen und finden wird. Darumb er seinen guten sattel wider lauffen lies, bat den portner still zu schweigen; sein bit aber halff so vil, als sie mocht.

95. Ein narr kond betten, wust aber nit
[122] 95.
Ein narr kond betten, wust aber nit, welches hinden oder vornen gehört.

Im Breisgaw wonet ein gar torechtiger, einfaltiger mensch, der gantz narrecht und kindisch was, hat aber dannocht von guten fromen leuten, bey welchen er tägliche beywonung unnd sein underschleiff hatt, lernen betten; galt im aber gleich, welches er zuvor bettet, den glauben oder das vatterunser. Wann man in dann fraget: ›Lentz, wie bettest du also durch einander? Unser herrgott kan nit draus kumen;‹ so antwurt er: ›Ho, wil er nit draus kommen, so bleib er darinnen stecken.‹ Zuletst aber brachten sie in auff die ban, das er ordenlichen betten lert, so das, wer in hort, sich darab verwunderet.

96. Einer verwart der statporten schlissel im thuren
96.
Einer verwart der statporten schlissel im thuren.

Es ligt ein stetlin im Breisgaw, da haben sie einen brauch oder gewonheit, das man alle fronfasten oder quatember einem burger die schlissel zu der porten befilcht zu verwaren; der mus dann alwegen abents und morgens, so man die porten auff oder zuthut, zugegen sein und demnach die schlissel vermög des eydts, so er daruber gethon, wider verwaren. Nun was einer in gemeltem stetlin gar ein seltzamer bruder, an dem was das quatember, das er die schlissel verwaren solt.

Es begab sich auff ein zeit, das er die porten hat helffen zuschliessen, gieng dennoch zu seiner bursch, tranck sich gar voller weins, kam auch mit grosser müh nach mitternacht zu haus, was dannocht so bedacht, das er sein weib nit wecken wolt, steig auff einen stall unnd legt sich auff einen hewhauffen schlaffen, lag also in guter hůt, schlieff des morgens, [biß] das die sunn hoch über alle berg auffgangen was und gar weit im tag war. Niemant wust, wo der mit den schlisseln hinkummen war. Man sucht in hin und wider; [123] dann die hirten ein gute zeit mit dem viech an den porten gehalten. Zuletst fand man den guten schlemm er auff dem hew schlaffen; also wackten sie in auff. Er eylet schnell seinem befelh nach und schlos die porten auff, sties dennocht die schlissel wider in seinen bůsen. Der bescheid aber was gegeben, sobald er die porten auffgeschlossen hett, solt man in den nechsten in thurn füren. Das geschach also.

Auff den abent, als man die porten wider zuschliessen wolt, schickt man zu im über den thurn umb die schlissel, das er anzeigen, wo die zu finden weren. Er sagt: ›Wo sollen die anders sein, dann da sie sein sollen? Ich hab die hie bey mir im bůsem.‹ Also sagten die gesanten: ›So gib uns die heraus! Dann es ist also der herren befelch, damit man die porten zuschliessen könne.‹ Der gefangen sagt: ›Das wöll gott nit! Ich glaub auch nit, das mir meine herren semlichs zumuten werden. Dann wo ich die schlissel anderen solt geben zu verwaren, so thet ich ye meinem eyd nit genůg. Sie sind mir und keinem andrem bevolhen, hat auch auff dismal kein andrer dann ich darzu geschworen.‹

Dise antwurt zeigt man den herrn an. Was solten sie thun, dann das sie befelch gaben, man solt in wider aus dem thurn nemen und in die porten selb heissen zuthun! Es wolten auch die herren on das kein ernst mit im brauchen, sunst hett man die schlissell wol von im bringen mügen. Also undersagt man im sunst mit ruchen und strefflichen worten, er solt sich hinfürbas hüten, sunst wolt man im eins mit dem andren messen.

97. Einer trug leid für seinen vatter in einer gelben kappen
97.
Einer trůg leid für seinen vatter in einer gelben kappen.

Zu Colmar im Elsas waren zwen gebrüder; ir vatter was ein schumacher, ein alter betagter mann. Der elter sun was auch ein schůmacher, gar ein bescheidenner mann. Der junger was ein maler, gar wild, wunderbarlich und gar verthüig, wie dann der maler brauch ist. Dann sobald er ein batzen verdient, [124] so waren sechs krützer zuvor verthan; kam oft darzu, das er kunst und kunstladen versatzt, domit er gelt zum schlam überkeme.

Es begab sich, das ir vatter mit todt abgieng und man in nach christlicher ordnung solt zu grab tragen. Der elter son teth sich gantz schwartz an, hieng ein leitzipfel an sein hals, wie sich dann gebürt. Der jung aber, der maler, hat ein schwebelgelbi frantzesische kappen, die er gewont was zu tragen, kam darinn in seines vatters haus gelauffen, wolt auch der leich nachgon. Der bruder und andre freundtschafft sagten, er solt seines vatters seligen schwartzer röck einen anthun; dann es gebürt sich nit, das er also in der gelben kappen der leich nachgon, dieweil sein vatter so ein eerlicher mann unnd des radts gewesen were. Er aber behart in seiner kappen. Als aber die freuntschafft nit nachlassen wolt, er solt ein schwartzen rock anlegen, sagt er: ›Das euch botz marter all mit einander ob einem hauffen schend! Es ist mir der todt meines vatters wol so leid in meiner gelben kappen als meinem brůder, schwager und euch allen mit einander in euweren schwartzen röcken. Ir werdend mir auch keinen anderen rock zu disem mal anbringen.‹ Also müsten sie im recht sein weis lassen.

98. Ein tröscher falt von einem kornstock
98.
Ein tröscher falt von einem kornstock.

In einer schewren waren etlich tröscher bey einander, so ein gemein verding angenummen hatten, den gantzen winter zu tröschen. Es begab sich auff einen tag, das sie auffwanneten und yetzund wider anlegen solten. Der ein under in stig zu obrist auff den kornstock und warff garben rab auff das thenn. Wie er aber die schantz hat übersehen, ist er von oben herabgefallen auff die garben, so er zuvor rabgeworffen hat, darvon im gar weh beschehen. Seine anderen gesellen erschracken des fals ser übel, lieffen hinzu, meinten, er wer den hals gar abgefallen. Dem guten kerle was jetzund die [125] omacht wider vergangen unnd zu im selb kumen. Als er auffblicket und seine gesellen ersicht, hebt er an mit lauter stimm zu schreyen: ›O mort! Lieben gesellen, lauffen bald, bringen schlissel har und brechend mir das maul auff!‹ Der gut schweis meint, im wer das maul zu, und schruw doch, das es in der gantzen schewren einen schall gab.

99. Ein kauffman schüt bruntz in ein gwandkasten
99.
Ein kauffman schüt bruntz in ein gwandkasten.

Etlich kauffleut fůren gen Franckfort inn die meß; zu Mentz kamen sie in eine herberg, darin sie über nacht bliben. Nun was einer under in, so mer sorgsam und angsthafft war dann die andren alle, derhalben er zu nacht nit schlaffen mocht; und wo sie in einer herberg über nacht lagen, stund er oft in der nacht auff unnd lůgt, wann es tagen wolt.

Nun lagen sie zu Mentz in einer kamer, darinn stund zunechst bey seinem bett ein gros kensterlin oder gewandkasten mit vil dathen und türlin. Der gut kauffman nach seiner gewonheit stund aber etlich mal in der nacht auff, wolt nach dem tag schawen; und wann er meint, den kamerladen aufthun, thet er alwegen ein türlin an dem kensterlin auff, sties den kopff hinein; so was es gar finster. Solchs thet er etliche mal. Zuletst ward im von nöten, das wasser abzuschlagen, stund auff, nam die kachel under dem bett, thet sein noturfft darinn, thut die thür am kasten auff und schüt den harn gantz frefenlich in den kasten, das er im wider zuruck in das angsicht spritzet. Erst ward er gewar, wo er die nacht hingesehen hatt; er fieng heimlichen an zu flůchen unnd schelten. Seine andren gesellen erwachten drab, fragten in, was im begegnet wer. Als er in das sagt, verhofft, sie wurden ein mitleiden mit im haben, fiengen sie erst an sein spotten, und must die gantz reis, biß er wider heimkam, also ir fatzman sein.

100. Ein baur fand ein krentzlin auff einer hochzeit
[126] 100.
Ein baur fand ein krentzlin auff einer hochzeit; geriet im dardurch, das er ein gut mal aß.

Ich hab eines guten gesellen kuntschafft gehabt, der was ein baurßman, aber ein schamperer, schertziger und kurtzweiliger mann. Es begab sich auff ein zeit, das er zinskorn in ein statt furt, deren namen ich hie underlas anzuzeigen. Nun was in derselbigen statt ein gros hochzeit, darauff vil erlicher leut aus andern stetten geladen waren. Als nun der kirchgang volbracht was und man yetzund zu dem imbis gon solt, hat einer der hochzeitmenner seinen krantz vom hůt oder paret fallen lassen; denselbigen hat gemelter baurßman funden und auff seinen hut gesteckt, ist also dem brautvolck nachgefolget bis an das ort, da der imbis bereit gewesen ist. Also haben die, so darzu verordnet, yederman einen yeden nach seinem stath und wirdin zu tisch gesetzt. Als man aber schon gesessen, ersicht einer des brütgams verwanter den bauren mit dem krantz, fürt in von stundan hinauff in die stuben, setzt in zu einem tisch zu andern karchern, so die frembden brautleit dargefürt hatten. Der gut baur nams zu grossem danck an, zecht und was guts muts.

Als nun der imbis vollendt was, nam der baur acht auff den, so in hat zu dem tisch heissen sitzen. Er nam freuntlich urlaup von im, dancket im des guten mals. ›Wie?‹ sagt diser, ›will dann ewer volck so bald von hof scheiden?‹ Der baur sagt: ›Ich weis von keinem volck gar nichts. Ich hab meinem junckeren zins bracht; hat mich unser herrgott dis guten mals beratten, hab ich recht mit danck angenummen.‹ – ›Wolan,‹ sagt diser, ›mein freund, ist dir etwas guts beschert, so nims zu danck an und las es bey dir bleiben!‹ Das beurlin wuscht das maul, nam urlop und für wider darvon.

101. Ein maler wust keinen teutschen man in seiner kleidung
101.
Ein maler wust keinen teutschen man in seiner kleidung zu malen.

[127] Ein edelman verdingt einem maler ein saal zu malen, welcher gar ein kunstreicher guter maler was. Des edelmans verding was, das er im allerley nationen unnd völcker [malet] mit irer kleidung, und wie sie gon mit wehren und irer gewonlichen kriegsrüstung. Das alles malet er im gar artlich und künstlich, so das Juden, Dattern, Heiden, Türcken, Griechen, Saracener, Araber, Indiener, in summa kein volck außgenummen sunder die Teutschen. Als nun der edelman das gemäld besichtiget und im all ding gar wol gefallen, hat im allein gmanglet, das er die Teutschen in ir kleidung nit gesehen.

Darumb er verursacht war, den meyster zu fragen, was die ursach sey, das er die Teutschen außgelassen hatt. Darauff der maler geantwurt, es sey im nit müglich, dann er wiß in kein kleidung zu machen. Als aber der edelman die auch haben wellen, hat der maler einen gantz nackenden mann gemacht und im ein grosse burden tůch auff den rucken gemacht. Hatt der edelman gefragt, was er damit gemein, das er einen nackenden dahin gestelt hab. Darauff er geantwurt: ›Juncker, die teutsch kleidung zu malen ist keinem maler in der gantzen welt müglich; dann sie allen tag etwas news herfürbringen; man kan schier teutsch noch welsch vor einander erkennen. Dis důch aber hab ich im darumb auff den rucken geben, das ein yeder mag darvon nemen und im, dem nackenden Teutschen, ein kleid nach seinem gefallen machen.‹ Mit diser verantwurtung was der edelman gesettiget und můst dem maler gewunnen geben.

Dis ist ungefarlich vor 30 jaren geschehen. Nun wolt ich gern wissen, wann yetzund einer einen Teutschen malen wolt, wie er doch die sach angreiffen wolt; also gar ist die welt entwichtert. Man sehe doch nur an den grossen überschwencklichen mutwillen und unkosten der schantlichen und lasterlichen ploderhosen.


M. D. LVII.

102. Von einem schärer
[128] 102.
Von einem schärer, der einer dorfffrauwen einen dorn auß einem faß zohe.

Es begab sich auff ein zeyt zů Basel in der kleinen statt, da kame ein beürin zů einem schärer, die hett an einen grossen dorn geträtten. Die bat den schärer mit weinenden augenn unnd sprach: ›Ach mein lieber meister, ich bitt euch durch gotts und des gelts willen, kommet mir ze hülff!‹ Do sprach der schärer: ›Liebe frauw, wie ist euch geschehen?‹ Do sprach die beürin: ›Ach mein lieber meister, ich gieng gestern mit meinem Hansen in den wald, und hab im helffen scheyter laden und mich also übel geletzt an einen dorn.‹ Do sprach der schärer: ›Ach liebe frauw, sitzet da nider auf das küssen! So wil ich euch geschwind geholffen haben.‹ Und inn dem, wie er ir ze hülff wil kommen mit einem instrument, do laßt die gůt frauw ein grossen mächtigen furtz von angst und not. Do sprach der meister: ›Oho, der ist härauß!‹ Do meint die gůt frauw, er hette den dorn gmeint. Geschwind sprach die beürin: ›Ach keüwet in unnd bindet ihn darüber! So schwirt es nit.‹ Do sprach der schärer: ›Keüwe in der teüfel an meiner statt!‹ Do meinet aber die beürin, er hette den dorn gemeint; so meint er den furtz.

103. Von herr Hansen, der würst trug im sack
103.
Von herr Hansen, der würst trůg im sack und wolt messz halten.

Es war ein mal ein pfaff im Fricktal, der hieß herr Hans, der gieng umb sanct Martinstag und wolt messz halten. Als er aber durch die dörffer gieng, wie es dann ein dorff an dem anderen hat, und es eben in der zeyt was, daß die bauren die schweyn metzgen oder schlachten, so kumpt er in ein dorff, da hat ein beürin gemetzget; die růfft dem pfaffen hinzů und sprach: ›Herr Hans, herr Hans, kompt und nempt da die [129] würst! Dann ich hab die beste sauw gemetzget, so ich im stall gehabt hab.‹ Do sprach herr Hans: ›Ach mein liebe frauw, ich hab nichts, darinn ich sy trage.‹ Do gab die beürin dem pfaffen ein leinis säcklin nnd thet im die würst dareyn. Also nam der pfaff das säcklin mit den würsten und steckt es hinden auf den rugken under den gürtel, geht damit sein straß, seine bauren zů versehen und messz ze halten.

Als er nun über den altar kumpt und es an der zeyt was, daß er elevieren oder den herrgot aufheben solt, kumpt der sigrist von hinden zů und wil im die alb aufheben. Indem ers aber also aufhebt, vermeint der gůt herr, es seye ein hund unnd schmöcke im nach den würsten, und gedenckt nit mer an den sigristen, der hinder im kniet, stosst derhalben mit dem einen fůß unnd trifft den sigristen an halß, daß er vier stafflen herunderfiel; dann er vermeint, es wer ein hund und wölte im die würst fressen. Do lieffen die bauren zů unnd meinten, der sigrist hette den hinfallenden siechtagen; so stiess in aber der pfaff also übel, etc.

104. Von einem trummenschlager, dem etlich wölff nacheylten
104.
Von einem trummenschlager, dem etlich wölff nacheylten, er aber mit seiner trummen fiel.

In vilen dörfferen ist der brauch, dass die bauren bey einander sind umb sanct Martinstag, wann der lieb heilig sanct Schweynhardus im leich ist under den bauren zů denselben zeyten, das dann bey inen weret biß fastnacht etc. Auf ein zeyt begab es sich, dass ein trummenschlager ein zeytlang bey inen gewesen was und die bauren hett leychtsinnig gemacht, und es nun zeyt was, daß er solt wider heimgehn.

Als er nun sich mit seiner trummen auf den wäg heimwertz macht, begegneten im etlich wölff, welche im nacheylten und gern gessen hetten; dann sy gar hungerig waren unnd im auf dem fůß nachvolgten. Er aber für und für hinder sich lůgt und forcht, sy wurden in zerreyssen. Und in dem als er so hinder sich lůget, so fallt er über ein alten stock [130] mit der trummen, daß die trummen wider vom erdtrich aufsprang und ein groß geschrey und getümmel macht, daß die wölff von dem geschrey erschracken unnd lieffen wider hinder sich gegem wald zů. Do das der trummenschlager ersach, daß sy von dem gethön erschracken, erfasset er sein trummen unnd nimpt die schlegel zů seinen handen unnd schlecht auf die trummen wie tausent teüfel unnd jaget also die wölff im wald härumb mit grossen fröudenn, die er dann vonn dem fal auß forcht überkam, daß die wölff von im wichen.

105. Von dem narren im sack
105.
Von dem narren im sack.

Der churfürst zů Sachsen hett einen narren, der hieß Claus; der hatt auff ein zeyt etwas mißhandlet. Deßhalb die churfürstin zů im kam und sprach: ›O lieber Claus, du weist wol, was du gethon hast. Ich bsorg, es werd dir übel gehn; dann der fürst hat dir getröuwet, er wölle dich lassenn hencken, da helffe nichts darfür.‹ Der gůt Claus narr erschrack so übel, daß er schier in die hosen gehofiert. Das merckt nun die fürstin und gedacht: ›Die sach wirt sich recht schicken;‹ dann es ein angelegter handel unnd darumb angefangenn was. Deßhalben sagt die fürstin weyter: ›O lieber Claus, so du mir folgen wilt und thůn, was ich dich heissen wird, so wil ich dir darvon helffen.‹ Der narr was fro und verhieß ir, er wölte folgen. Do hett sy ein edelmann darzů bestellt, der hat sich verkleidet in baurenkleidern, daß in der narr nit erkannt, sondern vermeint, es wer ein baur. Die fürstin sagt zů dem bauren: ›Beürlin lieber lang dein sack här und laß mein Clausen dareyn schlieffen und bind den sack zů und trag in biß für das thor hinauß. Und wenn man dich fragt, was du tragest, so sag, es seye haber, den habest im schlossz gefasset!‹ Das beürlin nam sein sack, stieß Claus narren dareyn, band in zů, nam in auf sein achsel und zoch mit im darvon.

Wie er aber über die brugken zum schlossz hinauß wil, steht der churfürst sampt seinen edelleüten auff der brugken; der spricht den bauren an und fragt in, was er im sack trag. [131] Antwort das beürlin: ›Gnädigster herr, ich trag habern, den ich im schlossz gefasset hab.‹ Daran der fürst kein vernügen haben wolt und fraget in zum anderen mal und sprach: ›Du beürlin, sag mir die recht warheit! Was tregst im sack, das so schwär ist?‹ Das beürlin sprach wie vor: ›Es ist habern,‹ welches der churfürst gar nicht glauben wolt. Do fieng Claus narr zum churfürsten an unnd schrey im sack: ›Du narr, er tregt habern. Gehörst du nichts? Habern tregt er. Verstehst du nit mer teütsch? Habern, habern!‹ Deß lachet der churfürst und seine edelleüt, giengen darvon und liessen den narren im sack stecken.

106. Von einem, so ein stuten kauffen [wolt]
106.
Von einem, so ein stůten kauffen [wolt] und sein sun schlůg, so auff dem fülly reyten wolt.

Es wonet ein gůter einfaltiger mann in einem dorff im Schwabenland, genannt Feimingen; der was arm und erneert sich des taglons. Wenn nun die anderen seine nachbauren mit rossz und karren inns holtz fůren, můßt er das sein mit seiner frauwen auff dem hals unnd rugken heimtragen unnd mocht doch nichts erschiessen; dann wenn sy schon ein gantzenn tag zůsamen trůgen, mocht es nit so vil außtragen, als er im taglon gewünnen mocht.

Deßhalben er an einem sonntag zů seiner frauwen nidersaß, mit iren radtschlaget und sprach: ›Mein liebe frauw, wie ist im doch zů thůn? Du sichst, wenn wir schon lang das holtz selbst auff unsern achßlen heim fleischen, so versaum ich doch am taglon noch so vil, als wir bede geschaffen mögen.‹ Do sprach die frauw: ›Mein lieber haußwürt, es ist waar, wie du sagst. Wie rathst du doch, daß im ze thůn sey?‹ Der gůt mann sagt: ›Ich meint, wenn wir etwan unsere zwen gefattern ansprächen, daß sy uns fürsatzten, daß wir etwann ein junge stůten kaufften, so köndten wir auch ins holtz faren wie ander leüt. Und ee das jar härumbkumpt, so hat es ein jung fülly; das wöllenn wir dann aufziehen. So haben wir [132] dann auch rossz wie ander leüt.‹ Der rath bedunckt die frauwen gar gůt.

Nun hatten sy ein knäblin von acht jaren. Als es den rathschlag hort, do fieng es an und sprach: ›Ey ja, lieber vatter, so wil ich denn auf dem fülly reyten.‹ Do ward der vatter ergrimpt über den knaben unnd sprach: ›Gott geb dir sant Veltin! Gelt, du woltest mir dem fülly den rugken entzwey trucken mit deinem reyten?‹ Nimpt hiemit den knaben beym haar und wil in schlagen. Als es aber die můter ersicht, wil sy dem kind zů hülff kommen und in dem mann nemmen. Der mann aber nicht unbehend nimpt sy bey dem schleyr oder tüchlin und schlecht ir die haut recht gnůg voll.

Also hatten sy einander umb das fülly geschlagenn, unnd hatten aber weder das gelt, die stůten, noch das fülly.

107. Von einem armen studenten, so auß dem paradyß kam
107.
Von einem armen studenten, so auß dem paradyß kam, und einer reychen beürin.

Durch ein dorff gieng einmal ein armer student, wellicher wenig zeerung im seckel bey im trůg und aber die fůß lieber under dem tisch hatt, dann daß er sölt in einem bůch studieren, als man deren noch vil findet. Als er aber nun wol in das dorff hineynkumpt, geht er gegen eines reychen bauren hauß, welcher nitt anheim was, sonder inn das holtz gefaren; die frauw aber, welche vor auch einen mann gehebt, so Hans geheissen und iren vor wenig jaren gestorben was, deßhalben [sy] yetz den anderen mann hatt, dieselbig frauw steht in dem hof vor dem haus. Und so sy den studenten ersicht, spricht sy in an, fragt in, wer er sey und von wannen er komm. Antwort der student: ›Ich bin ein armer student und komm von Paryß.‹ Die gůt einfaltig frauw verstůnds nit recht, vermeint, er hett gesagt, er komm auß dem Paradyß; deßhalben sy in noch einmal fragt: ›Kompt ir auß dem Paradyß?‹ – ›Ja, liebe frauw,‹ sprach der student; dann er marckt von stundan wol, wen er vor im hatt. Do sprach die beürin: [133] ›Lieber gůter freünd, kompt mit mir in die stuben! So wil ich euch etwas weyters fragen.‹

Als er nun in die stuben kam, do hieß sy in nider sitzen, fieng an und sprach: ›Mein gůter freünd, ich hab vor auch einen mann gehabt, hat Hans geheissen, der ist vor dreyen jaren gestorben. Ach du mein lieber Hans, gott tröst dein liebe seel! Ich weiß, daß er im Paradyß ist; er ist wol so ein frommer mensch gewesenn. Lieber freünd, habt ir in nicht im Paradyß gesähen? Oder kennt ir in nit?‹ Der student sagt: ›Wie heißt er mit dem zůnammen?‹ Sy sprach: ›Man hat im nur Hanns Gůtschaaff gsagt; er schilhet ein wenig.‹ Der student besinnt sich und sprach: ›Botz ja, ich kenn ihn yetz wol.‹ Die frauw sprach: ›Ey, lieber freünd, wie gehts im, meim gůten Hansen?‹ Der student antwort und sprach: ›Schlechtlich gnůg. Der arm tropff hat weder gelt noch kleider. Wenn gůt gsellen nitt das best gethon hettenn bißhär, er wer wol hungers gstorben; dann wo etwan gůt gsellen bey einander zechen, so holt er weyn und brot und schenckt inen eyn.‹ Do die frauw das hort, fieng sy an weinen und sprach: ›Ach, du mein Hans, nun hast du nie keinen mangel bey mir gehabt, unnd můst erst in jener wält mangel leyden! Hett ich das gwüßt, ich wölt dich wol versorgt haben mit kleidern und mit gelt, daß du auch andern gleych hettest mögen zeeren; dann du von gotts gnaden noch gůte kleider hast. Hett ich nur ein botten, ich wölt dirs schicken und ein gůten zeerpfenning darzů.‹ Der student, als er sölichs hort, sprach er zů der frauwen: ›O liebe frauw, seyt gůter ding! Wenn es nur an einem botten manglet, so wil ich euch wol so vil zů gfallen thůn und ims bringen. Dann ich yetz den nächsten widerumb ins Paradyß wil; ich hab etlichen mer gelt zů bringen.‹ Als die beürin soliches hort, war sy fro und bracht dem studenten zů essen und trincken und hieß in redlich zechen. ›Dann ich wil‹, sprach sy, ›dieweyl ein ding zusamensůchen.‹

Also geht sy hinauf in die kammer über den kasten, da des Hansen kleider lagen, unnd nimpt etliche hembder, zwey par hosen und den gefüllten rock sampt etlichen fatzenetlin, machts auff das gschmeydigst eyn, daß es feyn kommlich zů [134] tragen ist. Darnach hat sy etlich alt ungerisch gulden und gůt alt gstempfft plaphart, bindts in ein weyssz lümplin, gibts dem studenten mit sampt der burdy und schenckt im auch etwas, damit ers dest fleyssiger außrichte. Als er nun gessen und truncken hatt, nimpt er die burdy mit den kleidern auf den halß, danckt der frauwen und zeücht darmit darvon.

Nun was es eben umb mittag, daß der baur auß dem holtz heimkam, lieff im die frauw entgegen und sprach: ›Lieber haußwürt, sol ich dir nit wunder sagen? Es ist ein mann bey mir gwesen, der kumpt auß dem Paradyß und kennt mein Hansen sälig wol; er hat mir gsagt, wie er so arm sey und grossen mangel leyde. Do bin ich hingangen, hab im seine kleider geschickt sampt etlichen ungerischen guldin unnd gstempfften plapharten, weliche du nit gewüßt hast, und sölt dich der ritt schitten.‹ Der baur erschrack und sprach: ›Ey, du hast im den teüfel auf den kopff geben!‹ sitzt schnäll auff sein besten hengst und eylt dem studenten nach.

Der student aber stäts hinder sich lůgende (dann er versah sich wol, es wurd also gehn), als er den bauren sicht härnach eylen, wirfft er gschwind die burdy in ein hag und findt ungferd ein par haghändtschůch und ein schaufel; die legt er an. Als nun der baur zů im kam, fragt er, ob er nit einen mit einer burdi gsehen hab. ›Ja, alsbald er euch gsehen, ist er über den hag gsprungen und dem holtz zů gelauffen.‹ Der baur sprach: ›Lieber, halt mirs rossz! So wil ich im nacheylen.‹ Springt hiemit über den hag dem holtz zů. Der student nimpt die burdy, sitzt auffs rossz und reyt darvon.

Als nun der baur niemant fand, keert er widerumb, so findt er weder das rossz noch den, ders im gehalten hat; do gedacht er wol, wie es zůgangen wer. Als er nun heimkumpt, fragt in die frauw, ob er in gfunden hab. Er sagt: ›Ja, ich hab im das rossz darzů geben, daß es im dest belder werde.‹

108. Von einem weyhenachtkind und dem Joseph
108.
Von einem weyhenachtkind und dem Joseph, wie er [135] im ein müßlin kochet inn der kirchen und einanderen in der kirchen schlůgen.

Im bisthumb Cöllen beschach es einmal zů den weyhennachtzeyten in der christnacht, daß sy das kindlein inn derselben nacht wiegen, unnd namen einen grossen chorschůler, der solte das kindlein seyn, und legten das kindlin Jesu in ein wiegen; und Maria die wiegt es, und das kindlin fieng an gar hefftig ze schreyen. Als es aber nit schweygen wolt, laufft der Joseph gschwind hin und wil dem kindlin Jesu ein müßlin oder brey kochen und im zů essen gebenn, damit es schweyge. Ye vester er aber kochet, ye mer das kind schreyt. Als es aber ye nit schweygenn wil, nimpt der gůt Joseph ein löffel voll heisses můß, laufft mit zů der wiegen unnd stoßt dem kind den löffel mit dem heissen můß in halß und verbrannt dem kind das maul also übel, daß im das schreyen unnd weinen vergieng. Das kind wüscht geschwind in der wiegen auf, fiel dem Joseph ins haar, unnd schlůgen einandern. Aber das kind was dem guten Joseph ze starck; dann es warff in ze bodenn unnd gienge dermassen mit im umb, daß die leüt, so in der kirchen waren, dem Joseph zu hilff můßten kommen.

109. Von dem narren im taubhauß
109.
Von dem narren im taubhauß.

Es hat der hogeborn fürst, marggraff Ernst von Baden einen narren an seinem hof, der hieß Cůntz; der was hüpsch, jung und starck und gerad von person. Der gefiel einer reychen wittfrauwen, so auch in derselben statt wonet, da der marggraff dozmalen hof hielt, gar wol; derhalben sy im nachstalt. Eins tags begab es sich, daß sy in heimlich in ir hauß bracht, daß es niemandts gewar ward. Also trůg sy im gesottens unnd gebratens, deßgleychen wein und brot auff und füllet im sein haut gar voll, und hielt in also ein zeytlang bey ir im hauß heimlich verborgen; dann sy sunst gar einig on ein magt oder köchin hauß hielte.

Als nun der fürst des narren manglet und in in etlich [136] tag nitt am hof gesehen, ließ er allenthalben in der statt nach dem narren fragen, ob in yemants gesehen hette; aber man kond nit erfarenn, wo der narr hinkommen was. Das stůnd also an biß an unsers herrn fronleychnamstag, welches ein groß fest ist; alßdenn tregt man inn der procession den himmel und sacrament darunder umb. Als nun der tag kam, rust sich die gůte wittfrauw, so den narren eyngethon, auch und wolt auch zur kirchen gehn und einmal geistlich seyn; aber sy wußt nit, wo sy mit dem narren hin solt. Also besinnt sy sich und versperrt den narren in ein groß taubenhauß, so sy oben im hauß hatt, und geht sy in die kirchen.

Wie man nun mit der procession anhebt zů gehen, fieng man mit allenn glocken an zů leuten; als sy aber für der wittfrauwen hauß, darinn dann der narr im taubenhauß steckt, kamen, hielt man da still, und sang man ein evangelium. Als nun der narr das erhort, brach er das getter auf und stieß den kopff hinauß und wolt sehen, was es für ein wesen wer. Als er nun hinaußlůgt und das groß volck in der procession sieht, so ersicht er on alles geferd den marggrafen mit seinem hofgesind. Also hebt er mit lauter stimm an zů schreyen und rüfft: ›Marggraf Ernst, marggraf Ernst!‹ Der marggraf lůget umb sich, hort den narren wol rüffen, aber wußt nit, wo er was. Zůletst aber erblickt er den narren. So das der narr ersicht, spricht er: ›Marggraf Ernst, oho, ich mein, ich hab ein gůte kleine sach. Man gibt mir guten weyn und gůt brot und gůt fleisch, gsottens und gebratens, und das mir am basten schmöckt; man bacht mir gůte küchlen unnd gibt mir alles, was ich nur wil haben. Unnd wenn ich bey dir bin, so můß ich holtz und wasser tragen, unnd schlecht man mich übel darzů; und was ich sunst darzů ze schaffen hab, das wolt ich dir sunst nit sagen. Ich wil dir aber das zusagen, das ich kurtzumb nimmer zů dir wil. Darnach wüß dich zu richten!‹ Der marggraf unnd sein hofgesind sampt allem volck sahen das hauß an und fiengen an zu lachen.

Des anderen tags schickt der marggraf ein diener nach dem narren und ließ in holen. Und ward die gůt wittfrauw ires entlehneten dieners beraubt und darzů verspott.

110. Wie ein schneyder in himmel kumpt
[137] 110.
Wie ein schneyder in himmel kumpt und unsers herrgotts füßschämel nach einer alten frauwen härabwirfft.

Es hat sich begeben an einem schönen tag, das unser herrgott spatzieren wolt gehen, unnd nam all seine apostel und heyligen mit ihm, also daß niemands daheim im himmel blieb dann allein sanct Peter; dem befalch er, daß er gedächte und niemands eynliesse, dieweyl er auß wer, unnd zoch also darvon. Nun kam ein schneyder für den himmel; der klopffet an. Sanct Peter fraget, wer da wer und was er wölte. Der schneyder sagt: ›Ich bin ein schneyder und wölt gern in himmel.‹ Sanct Peter sprach: ›Ich darff niemands eynlassen. Dann unser herrgot ist nit daheimen, und wie er hinweggieng, verbot er mir, ich solt gedencken unnd niemands eynlassen, dieweyl er auß wer.‹ Aber der schneider ließ nit nach sanct Petern zů bitten und bewegt in mit seinem langen bitten dahin, daß er ihn verwilliget hineynzelassen, doch mit dem geding, er solte in einem winckel hinder der thürenn fein züchtig unnd still sitzenn, damit, wenn unser herrgott keme, daß er seinen nit warneme unnd zornig wurde. Das verhieß er im.

Also satzt er sich hinder die thüren in ein winckel, unnd sobald sanct Peter für die thür hinaußgehet, steht der schneider auf und geht inn allen wincklen im himmel härumb und besicht eins nach dem anderen. Zůletst so kumpt er zů vilen schönen und kostlichen stülen, under welchen in der mitte ein gantz guldiner sessel stůnd, darinn vil kostliches edelgesteins versetzt was; er was auch vil höher dann der anderen stül keiner, vor welchem auch ein guldiner fůßschämel stund; auff demselbigen sessel saß unser herrgott, wenn er daheim was. Der schneyder stůnd still vor dem sessel ein gůte weilen und sahe in stätigs an; dann er im am allerbasten under den anderen gefiel. Also geht er hinzů und setzt sich inn den sessel. Wie er nun also sitzt, sicht er nid sich und sicht alle ding, was auff erden geschicht. Under anderem aber ersicht[138] er ein alte frauwen, welche irer nachbeürin ein underband garn stilt. Darvon dann der schneyder erzürnet, nimpt den guldinen fůßschämel und wirfft den nach der alten frauwen durch den himmel auff die erden hinab. Do nun der schneider den schämel nit mer erlangen mocht, schlich er hüpschlich auß dem sessel unnd satzt sich wider hinder die thür an sein altes örtlin und thet dergleychen, als wenn er nirgends da gewesen wer.

Als nun unser herrgott wider heimkam, ward er des schneyders nit gewar; wie er sich aber inn seinen sessel setzt, manglet er seines schämels. Also fragt er sanct Peter, wo sein schämel hinkommen sey. Sanct Peter sagt, er wüßte es nit. Do fragt er weyter: ›War ist da gewesen? Hast niemand häreyngelassen?‹ Er antwort und sprach: ›Ich weiß niemandt, der hinnen ist gewesen, dann ein schneyder, der sitzt noch da hinder der thüren.‹ Do fraget unser herrgott den schneyder und sprach: ›Wo hast mir mein schämel hingethon? Hast du ihn nicht gesehen?‹ Der schneider erschrack, gab mit forcht unnd zitteren antwort und sprach: ›Ich bin in deinem sessel gesessen und hab gesähen, wie da unden auff erden ein alte frauw irer nachbeürin ein underband garn gestolen hat; darab ich erzürnet bin worden unnd hab den fůßschämel nach ir geworffen.‹ Do ward unser herrgott zornig über den schneyder und sprach: ›Hey, du schalck, solt ich so manchs mal ein schämel nach dir geworffen haben, als offt du ze vil geren geschnitten und ins aug geschoben hast, ich hette weder stül noch bänck mer im himmel.‹

Also ward der schneyder für den himmel häraußgestossen und ihm sein brästen unnd mangel auch entdeckt und ans liecht härfürgezogen worden. Es ist auch zů besorgen, man finde deren noch vil yetz zů unseren zeyten, so einen, der in einem laster kaum eins strohalms tieff steckt, rechtfertigen und straaffen wöllen, unnd aber sy gar darinn ersoffen sind.

111. Von einem doctor, der sich zu Venedig understund
111.
Von einem doctor, der sich zů Venedig understund, [139] eines hauptmanns bůlschafft zů beschlaffen; aber es fehlet ihm heßlich.

Zů Venedig was ein doctor, liet ein grossen buckel, war eine klein person; der wer gern bey einer kordisana gelegen unnd macht mit einer růffianerin sein practick, verhieß, ir ein verehrung zů schencken. Nu es kam derselbigen kordisanerin für, wie das kleine doctorlein gern bey ir möcht seyn und ihr grosse verheyssung ließ thůn, zeyget sie irem hauptmann solche sach an, wie einer verhanden wer, wo er ihr wolt erlauben, gedraw sie hundert kronen balt zů bekommen. Auff solche bitt und anhalten ward es ir erlaubt, doch daß sie vor allen dingen das gelt von ersten auff die sach bekem. Nů sie ließ dem doctor solches anzeygen, wo er ihr wolte halten nach zůsage der alten frawen, so wer sie zůfrieden, ihr capitan wolte [fortreisen]; umb deswegen, so er ir hundert kronen wolte a bona konda geben, so solt er morgen zů nacht kommen und ir lassen ein sesterol heymtragen, wolt sie es lassen auff das best zůrichten. Das geschahe baldt; sie ließ es auffs herrlichst bereyten.

Da es nů schier zeit [wolt] seyn, der gůte doctor gieng vorm hauß hin und wider, verlanget im sehr; man ließ ihn auffs letzte hinein. Er warde schön empfangen; die madona begert, das er ir solt geben das gelt. Das thete der doctor bald; dann sein hertz fuhr im auff dem schlidten, bedacht das ende nicht. In summa, der doctor zoge sich ab biß auff die hosen und wammes, meynet, die sach hett er gewonnen. In dem so klopfft der capitan am hauß an gar ernstlich; die madona laufft zům doctor und spricht: ›Garo signor doctor, mein herr kompt. Wie sol ich alle mein sache thůn? Wo er euch wirt vernemmen, müssen wir bey de sterben.‹ Dem gůten doctor wirdt so angst, das er begert, sie sol in hinthůn, wo sie wil; er mocht leiden, er wer wider daheym. Sie zeygt im ein kasten und thet ihn hinein.

In dem kompt der hauptmann mit seinen dienern hinauff inn die kamer unnd stellt sich gar grausam über die madona und begert, sie soll ihm sagen, warumb sie in so lang vor der thür hett lassen stehn, auch was bedeut, das der bratspieß [140] also wol geschmückt sey; da wöll er nit weichen, er wöll wissen, wie es zůgieng. Die kordisanerin bitt in, er sol doch nicht so thůn, sie wyß von nicht. In summa, der capitan spricht zů seinen dienern, sie sollen die spallirn und kästen alles nemen und die stiege hinabwerffen; er hab der hůrn kaufft, darumb so wöll ers ir wider nemen. Die diener die thůn nach geheyß des patrons und nemen eine thruen nach der andern und stellen sich, als wolten sie alles das binden mit stricken, und kommen auff die thruen, da der arme doctor ist gesteckt; der ward vor schrecken halb todt. Dieselbig thruen nemmen sie und bindens mit stricken wol zů unnd werffens die stiegen hinab unnd gehen heßlich darmit umb. Und auffs letzt legen sie die thruen in ein gundelle und führens die gantze nacht inn der statt umb, biß der tag an wil fahen, faren sie vors doctors vatters hauß, der ware ein seidenferber; klopfften sie hefftig an.

Der gůt alte vatter erschrickt und kompt herab, fragt, was das bedeut. Zeygen sie an, da wer ein wahr inn dem kasten, die wer kondrebando, die solte er nemen und ein ander mal besser auffheben, sonst würd es übler zůgehen. Der gůt vatter erschrack und wolts in keinem weg nicht annemen; dann er wust nicht, was für ein wahr im kasten steckt. Also schleyfften sie den kasten ins hauß und fůhren davon.

Da nůn der vatter die thruen auffthet, fand er seinen gůten doctor darinn, wes ihm nit viel fehlt, dann er wer todt, ließ in hinauff in ein kammer tragen und sein auffs beste warten. Da nůn der doctor wider zu im kam, zeygt er die sach an, wie es im gangen wer; und er kundt wol gedencken, es wer ein angelegte sach; doch dorfft er nicht sagen, das er darzů umb die hundert kronen auch kommen wer.

Also bekam die hůr das geld, und blieb der capitan als gůt, wie er vor auch war. Wie dem doctor umb sein hertz in der thruen ist gewest, laß ich ein jedes bey ihm selbs erkennen. Doch sol es denen also gehen, die alle löcher wöllen außsuppen.

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TextGrid Repository (2012). Wickram, Georg. Schwanksammlung. Rollwagenbüchlein. Rollwagenbüchlein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-A60A-1