Heinrich Leopold Wagner
Die Reue nach der That

Personen

[69] Personen.

    • Assessor Langen.

    • Justitzräthinn Langen, seine Mutter.

    • Christian,
    • Caroline, , seine Geschwister.

    • Werner.

    • Eine Französinn, Carolinens Gouvernante.

    • Wilhelm, Langens Bedienter.

    • Walz, kayserlicher Kutscher.

    • Fridericke, seine Tochter, Langens Geliebte.

    • Lenchen, ihre Schwester.

    • Karl, ein Reitknecht.

    • Ein Offizier.

    • Ein Doktor Medicinä.

    • Ein Feldscheer.

    • Ein Jud.

    • Ein Bettelweib.

1. Akt

Erster Akt.

Assessor Langens Studierstube; linker Hand ein Nebenzimmer; ein Schreibtisch mit Schriften, Akten und Büchern beladen; auf der andern Seite ein Sopha u.s.f. Langen vor einem Tisch sitzend, bringt eine Silouette ins kleine; wenn er fertig, besieht er sie aufmerksam; giebt sein Mißfallen zu erkennen, besieht sie nochmals, zerreißt sie, und fängt sie noch einmal an: sie gelingt ihm wieder nicht, er verfährt eben so damit, und als er die dritte anfängt, kommt.

WILHELM.

Ihr Buchhändler läßt sich Ihnen empfehlen; hier schickt er Ihnen das bewußte Manuscript wieder zurück.

LANGEN.
Zurück! und warum?
WILHELM.

Er sagt, er könne sich nicht entschließen – er wollte gern, wenn nur – – in Wien läse man dergleichen – doch wollt er sehen –

LANGEN
immer fortarbeitend.
Er ist ein –
WILHELM.
Und zudem hätt er noch so viel andre Arbeit nachzuhohlen.
LANGEN.

Nachzudrucken sollt er sagen! – legs in den Schreibtisch. Einhaltend und seine Arbeit besehend. Wunderbar! ich hab doch sonst eine stäte Hand, und nur hier will sie mir ihre Dienste versagen! – Warum denn eben hier?

WILHELM.
Er will aber sorgen, es sonst wo anzubringen –
[70]
LANGEN.

Das kann ohn ihn geschehn; und wenns keiner will, so nehm ichs ihm ab – der arme Teufel, der Werner, verdient würklich sein Schicksal nicht. – Seine Silouette betrachtend. Wilhelm! bring mir den Schatten da ins kleine. Steht auf, Wilhelm sezt sich an seinen Platz. Im Herzen, da liegts, da! – das ist wild, brausend, hoch-klopfend, ich spührs bis in den Fingerspitzen. Zu Wilhelm. Das Papier hübsch gleich ausgespannt – ist die Nadel nicht zu stumpf? – spitz das Bleystift erst – Könnt ichs so auf einmal auf dies Blatt Papier, auf diese Wand so hinwerfen, wie es hier An die Stirne schlagend. da steht, nicht im Schatten mehr, lebend und athmend sollte es da stehn, in jedem Zug seine Seele gemahlt, und ganz mein Rickchen seyn – aber so, Strich vor Strich! Gott, wie ruhig muß man dazu seyn! wie kaltblütig! – Wilhelm, gieb ja Acht, daß du den Faden nicht verliehrst, nicht um eine Haarbreite verliehrst – hier am Hinterkopf gehts noch, und dennoch wie viel Ausdruck liegt nicht auch da drinnen – langsam, Wilhelm! ums Himmels willen nimm dich in Acht –

WILHELM.
Ich bin ja erst noch am Kopfputz.
LANGEN.

Halts Maul! Du fährst ja fehl: – nun ja, da haben wirs; mit deinem verdammten Plaudern! – ists nicht eine Nase, wie des Slawkenbergius seine –

[71]
WILHELM.
Wär ich allein gewesen sollts mir nicht geschehen seyn.
LANGEN.

Am Ende werd ich wohl noch die Schuld haben sollen? Hab ich dich nicht gewarnt? sagt ichs nicht noch in eben dem Augenblick, da du den Bock machtest?

WILHELM.
Eben deswegen. Es wird an der Thüre gepocht.
LANGEN.

Herein! Zu Wernern, der hereinkommt. Willkommen! willkommen, mein lieber Werner! wie gehts, wie leben Sie? Wilhelm nimmt sich ein ander Papier, macht die nöthigen Anstalten und zeichnet den Schatten nochmals nach.

WERNER.
Ein wahres Pflanzenleben! so unthätig als eine Nonne.
LANGEN.

Nur Gedult! nicht die Schnellkraft verlohren! so lang der Mensch diese noch hat, kann er immer Hülfsquellen entdecken.

WERNER.
Es giebt Fälle, da man sie verliehren muß.
LANGEN.
Sie sprechen doch nicht aus Erfahrung?
WERNER.

Nur zu sehr leider! Sie kennen ja den Herrn Fickfack, von dessen Freundschaft gegen mich ich Ihnen so viel Wesens gemacht habe; Sie wissen, ob ich mir ein Vergnügen daraus machte, die Gefälligkeiten, die er mir erwieß wieder zu er zählen; Sie wissen, mit welchem Enthusiasmus ich von ihm als meinem Freunde [72] sprach; meine Dankbarkeit floß alle Augenblick zu seinem Lob über: mehr als einmal war ich auf dem Punkt mich seintwegen mit Freunden, die mir seinen Karakter als zweydeutig schildern wollten, auf immer zu entzweyn –

LANGEN.
Davon bin ich selbst Zeuge – weiter!
WERNER.

Nun – jezt verfolgt er mich ohn alle Ursach – sucht mich zu untergraben, mir das Bein zu stellen – greift mich, meine Ehre hinterrücks wie ein Bandit an –

LANGEN.

Lassen Sies gut seyn; er hat sich entschleyert, was ists mehr? – Weil Sie sich in Ihrem Urtheil betrogen haben, ist Ihre Eigenliebe beleidigt, und deswegen sind Sie jezt aufgebracht. Wissen Sie auch, daß ich Sie einem regierenden Fürsten zum Instruktor seines einzigen Prinzen empfehlen wollte?

WERNER.
Vermuthlich haben Sie Ihre Ursachen gehabt, warum Sie es nur gewollt haben.
LANGEN.

Ich geb Ihnen drey Tage Bedenkzeit, und wette, Sie treffen sie doch nicht. – Der Fürst will einen Mann haben, der deutsch, französisch, italiänisch und englisch spricht und schreibt; in den Alten belesen ist; Historie, Geographie, Heraldik, mit der Zeit auch das Natur- und Völkerrecht, Jus publicum, Politik und was weiß ich, lehren kann; dabey aber auch noch – jezt rathen Sie, denn bis hieher wären Sie der Mann gewesen – von Adel ist.

[73]
WERNER.
Ist es ein großer Fürst?
LANGEN.

O ja! nach zehnjähriger Sklaverey giebt er dem Herrn Gouverneur eine Besoldung wenigstens von tausend Gulden – denn mehr hat sein Regierungspräsident nicht.

WERNER.

Kein Wunder, daß man von einem Gelehrten oft Kammerdienerskenntnisse verlangt, wenn man so viele Wissenschaften in einem Kavalier sucht!

WILHELM
bringt die klein gemachte Silouette.
Ists jezt recht so?
LANGEN.

Gut, Wilhelm! recht gut: vollkommen getroffen! Werner, wie gefällt Ihnen dies Bild, was versprechen Sie sich von diesem Kopf?

WERNER.

Mit Künstlersaugen kann ich ihn nicht beurtheilen; ich versteh es nicht von dem blosen Profil auf den Karakter der Person zu schließen: es scheint mir aber viel sanftes und einnehmendes darinn zu liegen.

LANGEN.

Wahr! aber lange nicht genug. Sehn Sie diese hohe sanftgewölbte Stirne; das wahre Ideal der Sanftmuth und der Zärtlichkeit: himmlische Seelenruh scheint darauf zu schweben: – Dieser fast unmerkliche Uebergang zur Nase, wie viele Gleichheit und Festigkeit im Karakter drückt er nicht aus! – Die Nase selbst und die Wellenlinie weiter zum Kinn herab, kann [74] man sich was schöners, was edlers an einem Mädchen denken? Unschuld, Sittsamkeit, Empfindung, alles liegt da drinn; ihr gutes Herz zeigt sich im Ganzen, und ist in jedem einzelnen Theile sichtbar. Es ist mein Rickchen, bin ich nicht glücklich diesen Engel mein nennen zu dürfen. Wilhelm bringt noch eins und das andre im Zimmer in Ordnung und geht endlich ab.

WERNER.
Ihr Geschmack ist mir für Ihre Wahl Bürge, und –
LANGEN.

Die Meine, sagt ich! Werner, sagt ich die Meine? noch sollt ich nicht so sagen! hab noch einen großen Berg zu übersteigen, einen größern als ihn je der Stolz der Giganten aufgethürmt hat. – Doch laß es jezt gut seyn; Langen wird schon hinaufklimmen, er muß! und gehts nicht, so untergrab ich ihn, sollt auch seine ganze Masse darüber zusammenstürzen und mich bedecken. Er hohlt vom Tisch noch eine andre Silouette, und steckt beyde in seine Brieftasche.

CHRISTIAN
der mit einem Buch in der Hand munter hereingesprungen kommt.
Bruder, Bruder! kann meine Lektion, solls hersagen?
LANGEN.
Was soll der Lärm da? wer hat dich gerufen, Junge? was willst?
CHRISTIAN.
Kann meine Lektion – will sie hersagen – möcht gern spielen gehn – Du hast mirs ja versprochen.
[75]
LANGEN.

Hab ich? – giebs Buch her. Ich war unartig, ungedultig – must meinem Exempel nicht folgen, Junge! verstehst mich?

CHRISTIAN.
Ich nicht; du siehst ja so finster aus und ich lach so gern.
LANGEN
zu Wernern.

Noch ist er im Rosenmond, alles ist heiter rund um ihn her – aber wenn es erst gegen den Herbst geht, wenn man Früchte einsammlen will, in Hofnung, sie in Ruhe zu verzehren und der Wurm alsdann – das schmerzt! Erlauben Sie einen Augenblick, mein lieber Werner! – Was hast du dann gelernt?

CHRISTIAN.
Hier diese acht Wörter.
LANGEN.
Auf dieser Seit hier?
CHRISTIAN.
Ja, Bruder!
LANGEN.
Was heißt denn die Liebe?
CHRISTIAN
legt bedächtlich den Finger längst der Nase.
Wart ein Bissel – die Liebe – die Liebe – was hast du gefragt, die Liebe?
LANGEN.
Ja, Junge! die Liebe; weist nicht was es heißt?
CHRISTIAN.
Curios! – schon drey Tag lern ich an dem Wort, und wenn ich meyn, es ist im Kopf, so ists draus.
LANGEN.

Wills dir nicht drinn bleiben – he! wills nicht? glücklicher Bursch – ein anders; was heißt der Schmerz?

[76]
CHRISTIAN.
Der Schmerz –
LANGEN.
Es folgt gleich auf das vorige.
CHRISTIAN.

Wie ichs Buch noch in der Hand hatte, wußt ich es so gut – der Schmerz – wart – Schlägt sich vor den Kopf. habs wieder vergessen; frag mich die andern, Bruder, die kann ich gewiß.

LANGEN.
Meynst? was heißt denn die Wuth?
CHRISTIAN.
O das will ich dir gleich sagen – die Wuth – Fa, – Fa. – nein; die Wuth?
LANGEN.
Ja doch, die Wuth! es ist das lezte, das allerlezte.
CHRISTIAN.
Steht also ganz unten.
LANGEN.

Ja, hier stehts unten, an einem andern Ort stehts oben; – weists nicht Junge? – noch weiß ichs auch nicht; – möcht ichs doch nie lernen – Wirft ihm das Buch hin, Christian fängts. Geh hin wo du willst.

CHRISTIAN.
Doch nicht zum Spiel?
LANGEN.
Warum nicht?
CHRISTIAN.
Hab ja meine Lektion nicht gekonnt. –
LANGEN.

Geh dennoch – bist ein guter Junge; lern morgen besser. Christian springt fort. Liebe, Schmerz, Wuth, welcher Unglücksvogel hat die so nahe zusammen gesezt!

[77]
WERNER.
Ein muntrer Knabe!
LANGEN.
Manchen nur zu munter.
WERNER.
Der sehr viel verspricht; zumal da er unter Ihrer Zucht ist.
LANGEN.

Soll das ein Kompliment seyn, Werner? ich hoffe nicht. Bey dem Absterben meines Vaters, der es sich von je her zum Gesetz gemacht hatte auch der Lehrer seiner Kinder zu seyn, trat ich als der Aelteste in seine Rechte und folglich auch in seine Pflichten ein. Ich übe die Leztern mit eben dem innren Gefühl der Wollust aus, mit dem ich der Ersteren genieße. – Christian ist mir so lieb als mein Augapfel, und ich hoffe zu Gott, es soll was rechts aus ihm werden. Fleiß und Sitzfleisch hat er nun eben nicht, aber destomehr natürliche Faßlichkeit; und wie das Sprüchwort sagt, ist ein Quentchen Mutterwitz mehr werth, als ein Centner Schulwitz; sein Lebtag ist kein guter Kopf, kein Genie erzogen worden, es hat sich immer von selbst gebildet.

WERNER.
Desto mehr aber sind durch widersinnische Behandlung in früher Jugend schon erstickt worden.
LANGEN.

Eine unstreitige Wahrheit! könnt ich meine Mutter erst davon überführen! Aber das ist vergebne Müh. Ich glaube, Gott verzeih mirs, wenn sie so ganz freye Händ hätte, sie zög aus dem armen Jungen am Ende noch gar einen [78] Mönch. Kaum, daß ich den Rücken drehe, so neckt und zerrt, zopft und ropft sie so lang an ihm bis auch er endlich seinen Kopf aufsezt, und dann giebts wunderschöne Sachen. Seiner Schwester, die doch fünf Jahr älter ist, sieht sie desto mehr durch die Finger. Das möcht sie nun immerhin, wenn sie mir nur den Buben nicht kopfscheu machte. Ich wollte gern mehr Zeit auf ihn wenden, allein ich bin mit Geschäften so überladen – wollte sie mir nur jemand erleichtern helfen!

WERNER.

Ich bin hier – was ich zu meinem eignen Zeitvertreib unternehme, abgerechnet – ganz unbeschäftigt, das wissen Sie: kann ich Ihnen in etwas dienen, so bin ich der Ihrige.

LANGEN.

Was ich Ihnen niemals würde zugemuthet haben, nehm ich an, da Sie sich selbst anbieten; versteht sich, bis Sie eine Stelle finden, die Ihrer billigen Erwartung Genüge leistet. Desto bequemer aber unsre gemeinschaftliche Arbeit verrichten zu können, müssen Sie auch heute noch bey mir einziehn, Tisch und Logis mit mir theilen.

WERNER.
Sie sind sehr gütig; ich bitte nur einige Tage – ich erwarte –
LANGEN.

Bald hätte ich eine Hauptsache vergessen; kurz eh Sie kamen, brachte mir Wilhelm vom Buchhändler die zwanzig Dukaten hier für [79] Ihr Manuscript: Geht über den Schreibtisch und hohlt sie. sind Sie damit zufrieden?

WERNER.
Vollkommen; ich hätte schwerlich –
JUSTITZRÄTHIN
kommt hastig herein, mit ihr Christian, der verweinte Augen hat.

Wahrhaftig, das ist mir eine schöne Zier! so kann eine unglückliche Wittwe, die von jeher auf Ehr und Repetation gehalten hat, Freude an ihren Kindern erleben. Fein! – sehr fein! – und an dem allen bist du Schuld, Herr Assessor! du, – ganz allein du!

LANGEN.
Wie so, Frau Mama! woran? darf ichs wissen –
JUSTITZRÄTHIN.
Es frißt mir das Herz noch ab –Wirft sich auf den Sopha.
LANGEN.
Was denn? – Junge, hast was angestellt! – red! du hast geweint, was ists?
CHRISTIAN.
Schau, Bruder! ich will dirs sagen, wies gangen ist.
JUSTITZRÄTHIN.

Habs Herz, und thus Maul auf – keine Sylbe will ich von dir hören, in drey Tagen will ich dich nicht vor Augen sehn, und dann sollst du mir im ersten Vierteljahr gewiß keinen Schritt vor die Hausthüre thun.

LANGEN.

Mama, besänftigen Sie sich, ich bitte:Zum Christian. Monsieur; Er geht in sein Zimmer bis auf weitern Befehl. – Christian ab ins Nebenzimmer. Wer weiß auch, ob die Sach es verdient so sehr zu Herzen gezogen zu werden?

[80]
JUSTITZRÄTHIN.

Wer weiß! wer weiß! freylich ich werde wohl wieder Unrecht haben; muß Unrecht haben – o Gott! das ist mir ein Nagel in meinen Todtenbaum.

WERNER.
Ich habe die Ehre mich zu empfehlen –Will fortgehn.
JUSTITZRÄTHIN
steht auf.

Gehn Sie nicht, mein Herr! gehn Sie nicht. – Sie sollen Schiedsrichter zwischen mir und meinen beyden Söhnen seyn; ich will Ihnen den ganzen Vorfall erzählen; – Sie scheinen mir ein Mann von Stand, ein vernünftiger Mann zu seyn – Sie werden sich gewiß nicht wegwerfen, wie ich leider das Exempel – – zwar weiß ich nicht, wen ich die Ehre habe vor mir zu sehn –

LANGEN.

Der Fehler ist auf meiner Seit; vergeben Sie mir, Frau Mama! ich hätt Ihnen gleich bey Ihrem Eintritt in dem Herrn Werner einen Mann vorstellen sollen, der Ihrer Hochachtung würdig ist, und sich meine Freundschaft vollkommen erworben hat.

JUSTITZRÄTHIN.
Es freut mich recht sehr – darf ich mir Dero Karakteer ausbitten?
WERNER.
Dermalen hab ich keinen –
LANGEN.

Als den Karakter eines wohldenkenden redlichen Mannes, und das ist genug. Die Frau Mama werden Gelegenheit haben, ihn als einen solchen noch besser kennen zu lernen; aus [81] Freundschaft für mich will Herr Werner mir meine Geschäfte erleichtern, mit unserm Tisch und Logis sich behelfen.

JUSTITZRÄTHIN.

Keinen Karakteer! – nicht einmal Herr von! Doch der Herr Assessor kann Recht haben; Sie können vielleicht doch ein vernünftiges Urtheil fällen; hören Sie also – Sezt sich.

LANGEN.

Ich dächte, wir hätten auch lange genug gestanden. Rückt zween Stühle hervor, sie setzen sich; die Mutter wirft ihm, ohne daß es Werner gewahr wird, einen drohenden Blick zu.

JUSTITZRÄTHIN.

Was wollt ich doch sagen – ja! vom Wegwerfen war die Rede – o mein Herz dreht sich mir allemal im Leib rum, wenn ich nur an so was denk.

LANGEN.
Sie wollten uns erzählen, Frau Mama, was der Christian vorgehabt.
JUSTITZRÄTHIN.

Das wollt ich, Herr Assessor! ja das wollt ich – Könnt zwar noch eins und das andre vom Wegwerfen, von Kutscherstöchtern, und was weiß ich, erzählen, das gewisse Personen nicht gern hören möchten, aber das nöthigste zuerst. – Christian also – oder nein, ich muß von vornen anfangen. Heut nach Tisch also, Herr – kann die verzweifelten Namen nicht behalten –

WERNER.
Werner.
[82]
JUSTITZRÄTHIN.

Herr Werner: gestehn Sie mir aber ein, daß es doch seinen großen Nutzen hat, wenn man einen Karakteer trägt, sehn Sie, so hätt ich mich jezt nicht unterbrechen dürfen. – Heut nach Tisch also ließ ich mich zur Frau Baroneßinn von Barstro tragen; sie hat von jeher, ich kanns wohl sagen, sehr viel Amitie für mich gehabt: da kam nun auch die gebohrne von Phabsberg, die vor kurzem den Professor geheyrathet hat – sie hatte heute noch die Fronterie zu behaupten, Affexion kenne keine Rangsordnung, können Sie sich vorstellen! – Wir hoften anfangs sie würde sich bald wieder empfehlen, aber pontdetu! sie saß da wie angepflästert; und wenn denn die Red auf jemand kam, und wir so von der Leber weg unsre Meynung von dem Jemand sagten, so wußte sie die Sachen alle immer so zu vertutschen, zu bemänteln und zum Besten zu kehren, daß man ihr hätte ins Gesicht – lachen mögen; es mag freylich seine Ursachen haben, daß sie so voller Nachsicht gegen jedermann ist. – Die Baroneßin wurde der Gesellschaft der Frau Professorin endlich auch satt – mir liefs gleich brühheiß über den ganzen Leib, als ich sie nur erblickte – und so sagte sie, sie müßte ausfahren: gab mir aber einen Wink da zu bleiben, den merkt ich mir, und so schafften wir uns das Mensch vom Hals. – Sie recht ihren abscheulichen Fehltritt fühlen zu lassen, lüpfte ich mich, als sie Abschied nahm – sehn [83] Sie – nur so ein klein wenig in meinem Armstuhl – meynen Sie aber, sie hätte die Beschimpfung gefühlt? ach behüte Gott! keine Zuckung gemacht, keine Miene verdreht – ich glaub, ich bekäm über einer solchen Begegnung auf der Stelle den Schlagfluß! Freylich, Leute, die sich einmal weggeworfen haben, sind Schimpf und Schand gewohnt.

LANGEN.
Und Christian?
JUSTITZRÄTHIN.

Gleich komm ich an das saubre Bürschchen; es wird just auch so ein Kerl. – Wir fuhren also aus ich und die Baroneßin, und da muß ich gestehn, daß ich eine recht vergnügte Stunde gehabt habe: ich wollte wünschen es wäre gedruckt, was wir da alles von der Frau Professorin, und von Mesalliansen gesagt haben; es könnte sichs mancher zur Lehre dienen lassen. Auf dem Rückweg also fuhr die Baroneßin aus Höflichkeit, wie ich ihrs Kompliment machte, mit mir bis an mein Haus; wie wir die lange Straß da herab kamen, wußte ich nicht, was für ein Auflauf von allerley Leuten da war; die sich nicht satt gucken konnten; sollt ich recht sehn, so erblick ich wohl bey dreysig Jungens vom niedrigsten Gesindel, die drey Mann hoch in der schönsten Ordnung mit Säbeln, Flinten, Fahnen, Trommeln und allem versehn nach unserm Hause zu marschieren; anfangs lachten wir, ich und die Baroneßin recht sehr darüber, denn die Bengels [84] sahen närrisch genug aus. Als wir aber anhielten und ich eben aussteigen wollt, zeigte mir die Baroneßin in dem Anführer dieses Bagaschie, das auf seinen Befehl so eben das Gewehr präsentirte – wen meynen Sie wohl? Ihren saubern Christian, Herr Assessor! – Feuer und Flamme schlug mir gleich beym ersten Anblick zum Gesicht heraus ich war ganz ausser mir, vergaß sogar von der Baroneßin Abschied zu nehmen und sie zu ambraßiren – Springt auf. Aus dem Wagen springen, und deinem Herzenskäfer, Herr Assessor! eine Maulschelle ziehn, war eins – was meynen Sie das er that? glauben Sie er wär fortgelossen? ach nein! Sezt sich wieder. Ein Leutenant der da stand, rief ihm zu, leiden Sie das, Herr General? o ja! sagte er, es ist meine Mutter: kehrte sich drauf, grad als wenn er sich über mich mokiren wollt, um; hieß sein Lumpenpack das Gewehr wieder schultern, ließ sie auseinander gehn, und lief mir nach die Hand zu küssen. Hutsch hatt er noch eins, daß ihm der Kopf wackelte; da hätten Sie das Lärmen und Geklatsch sehen sollen, das hinter mir entstand; ich gab mir aber auch keine geringe Air.

LANGEN.
Ich hätte die Sach für viel wichtiger gehalten.
JUSTITZRÄTHIN.

Wichtiger! wüßte nicht, wie sie in seinen Jahren wichtiger seyn könnte! – Sie sollten ja aber nicht urtheilen, der Herr Werner [85] soll sagen, was er von der schönen Scene hält; hab ich nicht Ursach über den Bösewicht, der sich mit solchem Gesindel bekannt macht, aufgebracht zu seyn? Mein Tag des Lebens werd ichs ihm denken; auf dem Todbett kann ich ihm nicht verzeihn. Sagen Sie selbst, mein Herr!

WERNER.
Ich weiß nicht, Frau Justitzräthin –
JUSTITZRÄTHIN.
Meine Leute nennen mich, gnädige Frau.
LANGEN.

Herr Werner ist sehr leicht zu entschuldigen, wenn er noch nicht gewußt hat, daß einer von meinen Ur-Urgroßvätern sich einmal van der Lang schrieb.

WERNER.

Ich weiß nicht, gnädige Frau – es scheint mir der Fehler Ihres jüngern Herrn Sohns ist mehr als ein Jugendspiel –

JUSTITZRÄTHIN.

So, Jugendspiel! – seh schon, wo Sie hinaus wollen Steht auf, die andern auch. merk alles, will kein Wort weiter hören – bin wohl eine Thörin gewesen, daß ich mich Ihrem Urtheil überlassen wollte; wenn man etwas davon erwarten könnte, würden Sie auch einen Karakteer haben: leben Sie wohl, mein Herr Spottend. wie heissen Sie? – – Ergebne Dienerin Herr Assessor, heut Abend wird man wohl schwerlich so glücklich seyn Sie zu sehn; ein würdigrer Gegenstand stiehlt Sie uns vermuthlich wieder. Ha ha ha! Geht ab.

[86]
LANGEN
ihr nachsehend, nach einer Pause.

So lacht, wenn er eine Seele in Verzweiflung gestürzt hat, der – – bald hätt ich vergessen, daß sie meine Mutter ist – mich doppelt empfindlich in meiner Geliebten, in meinem Freund zu kränken! Denn auch Sie, Werner! sind beleidigt worden.

WERNER.

Die Mutter meines Langen kann mich nicht beleidigen; eine aufbrausende Hitze, bey der man nichts denkt, muß übersehn werden.

LANGEN.

Edler Freund! Umarmt ihn. Aber meine Liebe! meine Liebe; – Stolz, Stolz! entweder tret ich dich noch mit Füßen, oder du schleuderst mich in den Abgrund hinab.

WERNER.
Nicht doch –
LANGEN.

Noch ist Ihnen fast alles ein Rätzel, Werner – das schröckliche meiner Lage können Sie nicht einsehn, könnens nicht fassen, bis Sie erst alles wissen, und Sie sollens wissen, müssen es wissen – aber jezt kann ich nicht. – Meine Mutter hat sich eines Ausdrucks bedient, der Ihnen nicht entwischt seyn kann; von ihrem Stolz haben Sie selbst eine Probe gesehn; denken Sie sich noch eine Liebe hinzu, wie die Meinige, so ist es leicht das Wetter voraus zu sehn, das sich über meinem Kopf zusammen zieht.

WILHELM
kommt und sagt Langen was ins Ohr.
LANGEN
zu Wilhelm.

Sag nur, es hieng vollkommen von ihr ab. Wilhelm fort. Aber so macht [87] sie es oft zehnmal des Tags, den Augenblick brennts über und über, und dann reut sies wieder. Meine Mutter trägt mir auf, Sie wegen ihrer Hastigkeit um Verzeihung zu bitten, sie wird sogleich wieder hier seyn mir etwas zu sagen, und wird es alsdann selbst thun.

WERNER.

Diese schnelle Rückkehr freut mich für Sie, mein Bester; – auf meiner Seit ist schon alles verziehen, weil ich, wie gesagt, nichts zu verzeihen habe. Empfehlen Sie mich der Frau Justitzräthin, und leben Sie wohl. Will abgehn.

LANGEN.
Wohin so schnell?
WERNER.

Einem Frauenzimmer eine Erniedrigung erspahren, über die ich selbst erröthen müßte, und die mich unfähig machen würde, die Gewogenheit desselben, die ich doch so sehr wünsche, jemals zu erwerben.

LANGEN.
Sie ziehen doch heute noch ein?
WERNER.
Wenn Sie es so haben wollen.
LANGEN.
Aufs Wiedersehn also. Werner ab.
LANGEN
ruft laut.
Christian! Macht sich etwas an seinen Papieren zu schaffen.
CHRISTIAN
kommt ganz munter.
Was soll ich?
LANGEN.

Bist mir ein schöner Bursch – treibst charmante Händel, wer wird sich denn mit den Betteljungens behängen?

CHRISTIAN.

Ja, schau Bruder! ich weiß nit; aber ich bin dir zehnmal lieber bey denen, als bey allen andern Buben; weist auch warum?

[88]
LANGEN.
Nun?
CHRISTIAN.

Schau, Bruder, die haben mich zu ihrem General gemacht; bey den andern aber, wo die Mama haben will, daß ich hingehn soll, bin ich höchstens Hauptmann.

LANGEN.

Ein feines Kerlchen! – Eine schöne Ursach! Sag einmal, was würdest du wohl von einem Mann halten, der Schulmeister in einem Ort werden könnte, und nur um nicht unter dem Pfarrer zu stehn, lieber die Schwein hütete?

CHRISTIAN.

O das ist was anders, schau nur; – und hernach müssen die mir auch nach meinem Kopf exerciren, sonst sezt es Püffe, die andern Milchsuppen wollens immer besser wissen.

JUSTITZRÄTHIN
kommt herein, Christian lauft ihr entgegen und küßt ihr die Hand.

Gieb dich noch einmal mit dem Gesindel ab, du gottloses Kind, nur noch einmal! so sollst du sehn, wie dirs geht; und wenn ich dir wieder rufe, oder was verbiete, oder was befehle, und du hörst mich nicht gleich auf der Stell, schau, den Hals dreh ich dir um! Gottsvergeßner Bub! seiner Mutter so zu spotten, und nochmals zu commandiren!

CHRISTIAN.

Mama! mit Erlaubniß, das verstehn Sie nicht, bey den Soldaten kommt alles auf Ordnung an; ich konnt sie doch als ihr General nicht wie Schweine auseinander laufen lassen, wenns gleich nur gemeine Buben sind.

[89]
JUSTITZRÄTHIN.

Ich will dich begeneralen, wart!Zu Langen. Ist Herr Werner fortgegangen? Er wird mirs doch nicht ungnädig genommen haben, wenn ich in der Hitze etwa ein Wort zu viel gesprochen habe? Hier bringt Christian ein kleines Gewehr, das sich für ein Kind von neun Jahren schickt, zum Vorschein, macht allerhand militarische Uebungen, marschirt, präsentirt, bisweilen, aber nicht oft, commandirt er auch laut, was er machen will.

LANGEN.

Anlaß genug hätten Sie ihm gegeben; dennoch hat er mir aufgetragen Sie zu versichern, er könnte nichts verzeihen, weil er nichts zu verzeihen hätte.

JUSTITZRÄTHIN.
Im Grund weiß ich auch nicht, daß ich ihn eben sehr disjustirt hätte.
LANGEN.

Das wollen wir nun eben nicht untersuchen. Genug, er war delikat genug, als er die Absicht Ihres Wiederkommens hörte eilends fortzugehn.

JUSTITZRÄTHIN.

Das war eben die ganze Absicht, in der ich ihm das Kompliment durch dich machen ließ; der Herr Assessor wird doch nicht etwa im Ernst glauben, daß ich ganz allein kommen wollte, einen Fußfall vor ihm und dem Herrn Werner zu thun; du Närrchen du! das war nur ein Vorwand, unter dem ich gewiß war ihn fortzubringen, wenn er nur ein klein wenig gute Lebensart hatte. Es führt mich ganz etwas anders hieher, das mir sehr anliegt; wirsts deiner [90] Mutter doch nicht abschlagen, Fritz? Gelt du versprichst mirs?

LANGEN.
Wenns nur von mir abhängt, und ichs thun kann – von Herzen gern.
JUSTITZRÄTHIN.
Du kannst es thun; ich weiß es, du kannst.
LANGEN.
So sagen Sie, was?
JUSTITZRÄTHIN.

Sieh, Fritz; da sind dir vor einigen Tagen von den allegorischen Hauben, die das große Genie der Mußie Beaulard in Paris erfunden hat, hier angekommen; – sie sind dir zum Erstaunen schön – göttlich sind sie! Das ist dir ein Mann, der macht was er will! – Wenn er selbst hier wäre so müßt er mir eine solche Haube expreß verfertigen, daß jedermann gleich meinen Karakteer und leider – allzufrühen Wittwenstand gleich an der Haube absehn könnte.

LANGEN.
Das sollte doch wohl schwer halten.
JUSTITZRÄTHIN.

Ganz und gar nicht; er hat schon schwerere Stücke geliefert. Aber, wie gesagt, da müßte man ihn selbst sprechen. Weil dies aber nicht seyn kann, werd ich mich schon mit einer andern begnügen müssen; ich will mir schon eine recht schöne aussuchen.

LANGEN.
Die wird aber auch recht schönes Geld kosten?
JUSTITZRÄTHIN.

Das kannst du dir leicht vorstellen, daß sie leicht vier bis fünfmal mehr kosten[91] können, als unsre alltägliche Nachtkappen. Dafür sinds aber auch allegorische Hauben nach der neusten Mode, ohne die eine Frau von Stand in keiner Assemblee mehr erscheinen darf; doch denk ich mit acht bis zehn Dukaten schon was ganz nettes zu bekommen.

LANGEN.

Aber bedenken Sie Mama! bis von meiner Besoldung die Haushaltung bestritten, das nöthige besorgt ist; bleiben nicht viel Dukaten übrig sie für nichts und wieder nichts wegzuwerfen.

JUSTITZRÄTHIN.

Da sieht mans leider, wie übel eine Wittwe daran ist: ich arme verlaßne Frau! als der Herr Justitzrath, Gott hab ihn seelig! noch lebte, bekam ich gleich alles, wenn ich nur ein Wort sagte. – Aber jezt leider find ich nicht einmal bey meinem einigen Kind, das ich so lang unterm Herzen getragen habe, das mich so viel Mühe, so manche Thräne gekostet hat, bis ich es so weit gebracht habe, Trost oder Hülfe. Großer Gott! wie tief hast du mich herabgesezt. – Könnt ich meinen lieben Mann mit den Nägeln herausgraben!

CHRISTIAN
der auf die lezt aufmerksam zugehört hat, kriegt sie hier bey der Hand, schmeichelt ihr und sagt.
Nicht weinen, Mama! wenn ich Offizier erst bin, will ich Ihnen alle Monat meine halbe Gage geben.
JUSTITZRÄTHIN.
Schau, das Kind muß dich beschämen.
[92]
LANGEN.

Wüßt eben nicht; – doch wenn Ihre ganze Ruh und Glückseeligkeit von einer solchen Haube abhängt – hier ist, was Sie begehrt haben, Giebt ihr Geld, Christian fängt wieder an zu maschiren und zu exerciren.

JUSTITZRÄTHIN.

Närrchen! must mich denn immer so lang bitten lassen? ich weiß ja doch, daß du mirs am Ende giebst. – Du wärst ein ganz guter Junge, wenn du mir nur folgen, und dich nicht mit dem Mensch behängen wolltest.

LANGEN.

Ums Himmelswillen, Mama! verschonen Sie mich mit dergleichen Ausdrücken; Sie wissen, was ich Ihnen schon mehrmalen darüber gesagt habe.

JUSTITZRÄTHIN.

Das weiß ich; das weiß ich, Herr Assessor; aber Sie wissen doch auch, was ich dazu gesagt habe, und daß ich Ihre Mutter bin; wissen Sie das? und eh ich meine Einwilligung gebe, sollst du lieber meinen Fluch haben; Himmel und Erde beweg ich, wenn du nicht von ihr lässest; Ein Kutschersmädchen meine Schwiegertochter! Gottes Barmherzigkeit! ich krieg die Gichter, wenn ich nur dran denke.

LANGEN.
Die Tugend ist in jedem Stande liebenswürdig.
JUSTITZRÄTHIN.

Tugend! Tugend! – Gehorsam, dächt ich, ist auch Tugend. Im fortgehn. Ein Kutschersmädchen und Tugend – ey, ey – Tugend und ein – Geht vollends ab.

[93]
CHRISTIAN
stellt sich grad seinem Bruder von der linken Seite gegenüber mit geschultertem Gewehr.
Chargirt!
LANGEN
stier vor sich sehend.
Gott! Gott.
CHRISTIAN.
Fertig! Macht das Tempos.
LANGEN.
So kans nicht lang mehr bestehn.
CHRISTIAN.
An! Macht das Tempo.
LANGEN
Wird ihn erst gewahr.

Hältst dein Gewehr vornen zu hoch, Junge! – must deinen Mann in der Mitte fassen, – sieh hier, grad aufs Herz, da ziel her – jetzt weiter.

CHRISTIAN.
Feuer! Drückt blind ab.
LANGEN.
Die Memme! hast du denn nicht laden können?
CHRISTIAN.
Mama will mir ja kein Pulver kaufen.
LANGEN.

So will ich dir kaufen, morgen des Tags – heute noch! und auch Kugeln dazu! – Must aber besser zielen, Junge! – sonst –

CHRISTIAN.
Kugeln thun ja weh, Bruder! und ich mag dir nicht weh thun.
LANGEN.

Es ist, als wenn dich eine Fliege sticht, den Augenblick ists vorbey – Gott, welch ein Gedanke! – ich muß gehn und Luft schöpfen – kann kaum mehr athmen. – Komm Bursch! Gehn ab.

2. Akt

[94] Zweyter Akt.

Ein kleines, nicht kostbar aber reinlich meublirtes Zimmer, in Kutscher Walzens Haus; Fridericke hat einen welken Straus in der Hand, den sie aufmerksam betrachtet; die Arbeit liegt vor ihr; Lenchen strickt.

LENCHEN
singt nach dem zweyten Theil des Weissischen Lieds, Schön sind Rosen und Jesmin.
Eben so vergieng auch ich,
Würde man uns trennen,
Denn ich lebe nur durch dich
Um für dich zu brennen.
Sings lieber grad heraus; ich weis ja doch, daß du es denkst; es ist ja dein Leibstückel.
FRIDERICKE.
Ich bin heut zu schwermüthig, – laß michs denken, und sing du.
LENCHEN.
Also hätt ich doch die Erlaubnis dich zu accompagniren.
FRIDERICKE.
Mich nicht, da behüte dich dein guter Gott vor.
LENCHEN.
Ins Brautbette nicht, das versteht sich!
FRIDERICKE
seufzend.
Brautbette!
LENCHEN.

Ja, ja! als wenn ich nicht wüßte, daß dich Herr Langen heyrathen will; hieß er dich nicht gestern noch, als er Abschied von uns nahm, sein liebes Weibchen?

FRIDERICKE.

Schweig! – Ein paar Handvoll geschnitten Stroh, ein Strohpfülben, ein Leintuch, da drauf wird mirs wohl seyn.

[95]
LENCHEN.

Darf ich dir nicht wenigstens Blumen unterstreun? – Pfui, Schwester! das klingt ja so finster! – was würde Langen sagen, wenn er so was hörte?

FRIDERICKE.

Er solls aber nicht hören! niemand solls hören; die Zeit wirds bringen; o die bringt viel – Ruhe – Tod – –

LENCHEN.

Ums Himmels willen, wie kommst du auf die traurigen Gedanken? Gestern warst du noch so munter, Langen so zärtlich –

FRIDERICKE.
Das war er – ists noch! ich weiß es: von dieser Seite hab ich nichts zu befürchten.
LENCHEN.
Von welcher denn?
FRIDERICKE.

Seine Mutter! – niemals will sie in unsre Heyrath willigen, sie hats geschworen, Legt den Straus vor sich. bey allen Heiligen geschworen – heut hab ichs unter der Hand erfahren; sie will ihn enterben, ihm ihren Fluch geben, wenn er mich zur Frau nimmt, und sie so prostituirt. – Gott! sie mag dem guten Langen das Leben sauer genug machen!

LENCHEN.
Er ist doch immer aufgeräumt; ich hab ihm noch keinen Kummer angesehn.
FRIDERICKE.

Desto stärker nagt er ihm am Herzen; ich kenn ihn schon; eh er mir so was entdecken sollte, würde er lieber daran ersticken. – O es hat mir schon lang geahndet! – In Langens Besitz wär ich zu glücklich gewesen. Weint.

[96]
LANGEN
kommt und stutzt.
Himmel! Sie weinen: mein Rickchen weint! und warum?
FRIDERICKE
geht ihm statt aller Antwort entgegen und umarmt ihn; er sie.
LENCHEN.

Ey der dumme verwelkte Straus da, hat ihr so melancholische Gedanken gemacht; ich will ihn dafür auch gleich ins Wasser werfen. Nimmt ihn vom Tisch und läuft dem Fenster zu.

FRIDERICKE
eilt ihr nach, und reißt ihr ihn aus der Hand.
Langen gab mir ihn! Küßt ihn, und steckt ihn in Busen.
LENCHEN.

Da sprach sie von geschnittnem Stroh, von einem Strohpfülben, und Leintuch – das sollte ihr Brautbette werden.

FRIDERICKE.
Schwätzerin! – soll nicht – Langen dis konnt ich nicht sagen, sagts nicht – es wird, sagt ich.
LANGEN
setzt sich neben sie.
Es wird! und warum?
FRIDERICKE.
Mein Herz sagt mirs.
LANGEN.
Ihr Herz kann sich irren, liebes Rickchen.
FRIDERICKE.

Glauben Sie? – sehn Sie mir recht in die Augen; jetzt sagen Sie mirs noch einmal, daß meine Ahndungen zu voreilig waren. –

LANGEN.
Sie warens, ich hoff es, zu Gott hoff ichs!
FRIDERICKE.

Gut; dieser einzige Blick hat mich beruhigt; – wenn Langen hofft, kann – muß [97] ich auch hoffen. – Aber Ihre Mutter – ich weiß alles; – Sie haben mir niemals gesagt, was Sie litten.

LANGEN.

Meine Mutter! nun ja; es ist wahr, sie ist ein wenig stolz; im Grund aber doch eine ganz gute Frau; die mich sehr liebt; vernünftige Vorstellungen –

FRIDERICKE.
Möchten hier schwerlich was nutzen. Ich weiß gewiß, daß sie von Enterbung, Fluch –
LANGEN.
Nicht doch: davon kann sie nicht gesprochen haben; wer hat Ihnen so was aufbinden wollen?
FRIDERICKE.

Ihre Schwester hat es vorgestern in einem Haus gesagt, wo ich heute was auszurichten hatte. Die hat es doch wohl nicht aus dem Finger gesogen.

LANGEN.

Wie unbedachtsam wär es vor Kindern dergleichen Sachen zu sprechen! – Unmöglich! – Enterben! das Bischen, was sie hat reicht bey weitem nicht hin sie selbst zu erhalten; sie braucht mich mehr als ich sie. – Ist Ihr Vater schon zurückgekommen, meine Lieben?

FRIDERICKE.
Noch nicht; wir erwarten ihn jeden Augenblick.
LANGEN.

Er wird nicht lange mehr ausbleiben: das Frolocken und Jauchzen des Volks, das ich haufenweis, als ich hieher gieng, beysammen [98] fand, läßt mich die glückliche Rückkunft unsers Kaysers vermuthen.

LENCHEN
aufspringend.

Wie froh bin ich nicht – Da wird uns der Vater gewiß wieder was neues von der Wohlthätigkeit und Großmuth unsers guten Kaysers zu erzählen haben: das rührt mich denn bis zu Thränen.

FRIDERICKE.

Gut! recht gut! das ist er – er hats von seiner Frau Mutter. – Seine Schuld ists gewiß nicht, wenn nicht alle seine Unterthanen glücklich sind.

LENCHEN.

Ich geh auch niemals in die Kirche, daß ich nicht so ganz aus der Seele heraus für ihn und unsre gütige Landesmutter bete.

LANGEN.
Edle Seele! ich muß Sie küssen dafür.
LENCHEN
sich sträubend.
Küssen Sie nur meine Schwester; bey mir gehts ja doch nicht von Herzen.
LANGEN.

Schäckerin! Er küßt sie, hernach Rickchen, zieht alsdann aus seiner Brieftasche zwo kleine Silouetten heraus, und befestigt sie neben einander an der Wand. Kennen Sie dis Pärchen?

FRIDERICKE
sieht ihn zärtlich an.
LENCHEN.

O das ist meine Schwester, als wie aus den Augen geschnitten – und das sind Sie Herr Langen, das kenn ich am Tupee –

LANGEN.
So!
[99]
LENCHEN.

Aber wo ist denn meines? wissen Sie wohl, daß es gar nicht artig von Ihnen ist, mich so lang damit zu vexiren –

LANGEN.
Eins nach dem andern – morgen gewiß!
WALZ
unter der Thür.
Guten Abend, Kinder! guten Abend.
FRIDERICKE UND LENCHEN.
Der Vater! Guten Abend, Vater!
WALZ
kommt vollends herein.

Ihr Diener, Herr Assessor! wie gehts? wie treibt ihrs? das ist ja recht brav Langen auf die Schultern klopfend. daß Sie meinen Mädels da, so dann und wann die Zeit verkürzen.

LANGEN.
Umgekehrt, Herr Walz.
LENCHEN.
Ist Kayser Joseph wieder glücklich von seiner Reise zurückgekommen?
WALZ.

So glücklich, als ers verdient! – 'S ist wahrhaftig eine wahre Herzensfreud mit dem Herrn zu reisen – so gnädig, so gütig! – o das läßt sich nicht sagen – dafür ist er aber auch allenthalben angebetet; – Kinder! wenn ihr die Leut sähet, wenn sie ihn anblicken, ihr meyntet, sie hätten all das Herz in den Augen sitzen. – Unser einer kann das so am besten wissen, denn da reden die Leute so grad weg, wie sies denken; bey den großen Herrn verstellen sie sich schon. – Ich schwör euch, es hat mich mancher mit scheelen Augen angesehn, als ich so [100] auf meinem Bock daherfuhr; ich muß aber auch sagen, ich bin nicht wenig stolz auf die Ehre bey einem so großen, so huldreichen Monarchen in Diensten zu stehn. – Mit Verlaub, ich muß mirs ein wenig commod machen. – Große! hilf mir den Rock ausziehn – – Hast du nichts bey der Hand, Kleine! mich hungert und dürstet. –

LENCHEN.
Was will Er, Vater?
WALZ.
Wenn Bier da ist, so mach mir eine Kaltschaale, das stopft die Wurmlöcher und löscht den Durst.
LENCHEN.
Gleich, Vater! Geht ab.
WALZ.

Sie sagen ja gar nichts, Herr Assessor, hübsch munter! das ists halbe Leben. – Sehn Sie, ich bins noch so von den Preussen her gewohnt; wenn ich da an den heissen Sommertagen, so recht marod und mit leerem Bauch vom Exerciren – das war noch vor dem lezten Krieg – nach Haus kam, so war mein erstes – wenn ich mein Sachen wieder gepuzt und in Stand gesezt hatte – denn der Dienst muß immer vor allem gehn – so war mein erstes, daß ich mir ein halb Maaß Bier und meinen Commißlaib langte. Sapperment! giengs da nicht an ein Einbrocken. Manch liebesmal hab ich meine ganze Ration den ersten Tag aufgefressen, ich war ein junger aufgeschoßner Bengel, der nimmer satt werden konnte – freylich hatt ich hernach wieder drey Tage nichts, war aber doch lustig, fix und alert – [101] I nun! dafür hat mir unser Herr Gott jezt auch zur Ruhe geholfen. Hab aber auch mein Lebtag kein Kind beleidigt. – Apropo! gut, daß es mir einfällt.Geht über einen Schrank und zählt Geld.

LENCHEN
die einen Augenblick vorher sich etwas im Zimmer zu thun gemacht, und bemerkt hatte, wie zärtlich sich die beyden ansahn, winkt Langen, sobald der Vater ihnen den Rücken zukehrt, Rickchen zu küssen und sagt halb leise.
Jezt! Langen folgt ihrem Wink, da sich der Vater wieder herumdreht, springt Lenchen wieder fort.
WALZ.

Hier Große! nimm das Geld; brings dem Reitknecht, dem Philipp; er wird wohl am Abschirren begriffen seyn; sag ihm nur, hier wäre sein Lohn; er könnt sich hinpacken, wo er wollt, und sollte Gott danken, daß ich ihm nicht noch mit einer Prügelsuppe aufwarte.

FRIDERICKE.
Warum will Er ihn denn fortschicken, Vater? was wird der arme Jung darnach anfangen?
WALZ.

Was? das kümmert mich nichts: warum ist der verdammte Kerl so gafflich? – Da hätt er bey einem Haar aus bloßer Unvorsichtigkeit – wenn er nicht gar besoffen war – ein Kind zu Schanden geritten; – wenn ein Unglück geschehn ist, darnach ists zu spät. – Hat der Junge keine Augen im Kopf, so mag er Schulmeister werden, und eine Brille auf die Nas setzen – zum Kutscher und Vorreuter schickt er sich aber so wenig, als ich zum Geheimdenrath. – [102] Marsch! sag ich; bey mir soll er kein Unglück anstellen; Sapperment! ich bin kein Schwab, daß ich den Stall zumach, wenns Vieh zum Teufel ist. Rickchen geht ab, sieht Langen zärtlich an, er sie.

WALZ.

Hm! Das war mir ein Blick! Herr Assessor, Herr Assessor! ich kann nicht klug aus euch Leuten werden; da sitzt Er, und schwätzt kein Wort. Das gafft und gafft. Zum Henker, mit dem Gedrucks! – Wenn Ers mit meinem Mädel ehrlich meynt –

LANGEN.
Das thu ich gewiß, Herr Walz!
WALZ.
Nu! so mach Er fort; meynt Er denn so ein junges vollblütiges Ding würde vom Gucken allein satt? He!
LANGEN
lächelnd.

Halb so im Eifer, Herr Walz! das ist eben meine Absicht; ich habe nur seine Zurückkunft erwartet, um Ihn zu fragen, ob Ers zufrieden wäre, wenn ich seine Tochter heyrathete?

WALZ.

Ob ichs zufrieden wäre? – Sapperment, da müßt ich ja blinder seyn als mein Reitknecht, wenn ich nicht säh, daß mein Mädel mit Ihm glücklich seyn wird. Er hat einen guten Dienst, Herr Assessor, das weiß ich; Er ist ein braver Mann, der mit der Zeit noch avanziren kann, das weiß ich auch; und was das vornehmste ist, Er liebt mein Mädel; das hab ich schon lang gemerkt, wenn ich mich gleich so dumm anstellte – das war noch so eine Kriegslist in Friedenszeiten[103] – mein Mädel liebt ihn wieder; und Lieb und Gegenlieb macht eine gute Haushaltung: – Topp! ich versprechs Ihm: – soll ich den Kaplan auf morgen bestellen?

LENCHEN
eine Schüssel Kaltschaal auf den Tisch stellend.
Hier Vater.
LANGEN.
Das geht so schnell nicht – Ihre Erlaubnis hätt ich –
WALZ.
Und meinen besten Seegen dazu, Herr Assessor!
LANGEN.
Jetzt muß ich auch die Einwilligung meiner Mutter zu erhalten, bedacht seyn.
LENCHEN.
Da wirds schon mehr Fickeltäten setzen!
WALZ.

Was, Diffikeltäten! woher? warum? ist deine Schwester nit ein brav Mädel beym Sapperment! das jedem unter die Augen treten darf? es ist arbeitsam, still, eingezogen, häuslich, sieht überdas nicht häßlich aus; was braucht ein ehrlicher Mann mehr in die Haushaltung? Ists keine von den Reichen, so ists doch keine Bettlerin, und so ganz blutt und blos werd ich sie doch auch nicht aus dem Haus jagen. – Was solls denn da vor Schwierigkeiten geben? he!

LANGEN.

Laß Er das meine Sorge seyn, Herr Walz! Jungfer Lenchen meynts eben gut mit ihrer Schwester und mir; und was sie da gesagt hat, ist nur aus Vorsicht –

[104]
WALZ.

Hohl der Henker die Vorsicht; hätt sie meinem Reitknecht was davon abgegeben, so hätt ich mir zwey ärgerliche Mumenten erspahren können.Setzt sich und ißt.

FRIDERICKE
kommt wieder.
Er hat geweint, der arme Tropf, als ichs ihm sagte; – er dauert mich würklich –
WALZ.

Ihr Geschöpfe von Löschpapier! seyd gleich durch und durchgeweicht. – Das ist schon der dritte dumme Streich, den er mir gemacht hat; jetzt mag ers haben.

LANGEN.
Ich wünschte mir keine Frau, die gefühllos wäre –
WALZ.
Ja apropo! bists zufrieden, daß ich dich an den Herrn Assessor versprochen habe?
FRIDERICKE.
Er hat nur das bestätigt, Vater, was ich schon lang gethan habe.
WALZ.
Das Mädel ist aufrichtig; – ein seltner Fall!
LANGEN.
Die liebe unverdorbne Natur! wie sie aus den Händen des Schöpfers kam: – ich bin so glücklich –
FRIDERICKE.
Ganz noch nicht, mein lieber Herr Langen! eins fehlt noch, und ich förchte –
WALZ.

Zum Henker auch! seit wann sind denn die Mädels so vorsichtig? – aus Paris ist die neue Mode doch nicht gekommen.

[105]
LANGEN.

Ich verstehe Sie, bestes Rickchen; ich werd in meine Mutter dringen, sie bitten, ersuchen – sie wird, sie muß – und sollt ich –

FRIDERICKE.
Nichts übereiltes, Langen!
LANGEN.

Seyn Sie ganz ruhig; morgen sollen Sie alles hören; und – wenn Gott will – ganz die Meine seyn. Küßt sie und geht ab.

WALZ.
Sapperment! der gieng von Herzen! wie schmeckt der erste Kuß, Mädel?
FRIDERICKE.
O es ist nicht der erste, Vater.
LANGEN
noch unter der Thür.
Liebenswürdige Unschuld! Vollends ab.
WALZ.
Und das sagst du mir so ins Gesicht?
FRIDERICKE.
Warum denn nicht, Vater? ists denn was Böses den zu küssen, den man lieb hat?
WALZ.
Wer hat dir vorher aber Erlaubnis gegeben ihn zu lieben? Steht auf.
FRIDERICKE.

O die nimmt man sich von selbst; ich liebte ihn schon, noch eh ich es selbst wußte, daß ich ihn lieben wollte.

WALZ.

Immer besser! es ist Zeit, daß ich sie mir vom Hals schaffe; die weiß, beym Sapperment! zu viel und zu wenig. – Kleine, was stehst dort, und maulst; wart, ich will dirs Maulen vertreiben. – Trag die Schüssel weg; das muß sich ein Mädel von zwölf Jahren nicht erst heisen lassen. – Die Silouetten erblickend. Zum Henker, was sind denn das vor Mohrenköpf?

[106]
LENCHEN
nimmt die Schüssel weg.
Ey Vater! sieht Ers denn nicht? es ist der Schatten vom Herrn Assessor und der Schwester.
WALZ.

Es mag – was anders seyn; die Schwester steht da, der Schatten dort, wo wär dann die Sonne? Lenchen geht laut lachend ab. Was lacht die Närrin?

FRIDERICKE.

Das will ich Ihm erklären, Vater! der Schatten ist nicht von der Sonne, sondern vom Licht gemacht worden; sieht Er, da muß man sich so setzen; ganz stille sitzen, und darnach wird das nachgezeichnet, vorher aber wird ein Bogen Papier angeklebt, da wirds dann groß – so groß wie mein Kopf, hernach nimmt man eine Maschine – doch das kann Ihm Langen morgen deutlicher machen, und allenfalls auch zeigen – es ist gar leicht, aber ich könnts doch nicht. –

WALZ.
Wozu nützt denn aber die schwarze Fratze? wenns noch gemahlt wäre –
FRIDERICKE.

Ja Vater! da wärs nicht, was es jetzt ist. – Langen sagte mir, aus einer ganzen Sammlung von solchen Bildern könnte man gar viel lernen; ich glaub aber, man muß auch Langens Augen dazu haben.

WALZ.
Was man nicht vor Zeug erlebt!
LENCHEN.
Vater, da ist ein Mensch, der zu ihm will – er will an Philipps Stelle treten.
WALZ.
Wer hat ihn geschickt? wo kommt er her? – Ists wohl so ein Vagabund?
[107]
LENCHEN.
Nein Vater! er sieht ganz gut aus; hat sehr hochblonde Haar und hübsche rothe Backen.
WALZ.

Wenn einer bey euch nur ein hübsch glattes Gesicht hat, so ist schon alles gut; schick ihn her!Lenchen macht die Thür auf und winkt ihm; Karl kommt herein, die beyden Schwestern nehmen ihre Arbeit und gehn auf der andern Seit ab.

WALZ.
Wie heist er? wo ist er her? wo hat er gedient? was will er?
KARL.

Ich heisse Karl, suche Dienst als Reitknecht, das übrige steht hier. Giebt ihm einen Schein seines Wohlverhaltens.

WALZ
nachdem er ihn gelesen.

Der Schein ist gut; aber zum Henker! warum ist er nicht geblieben, wo er war: wenn der Herr Kanzler mit ihm zufrieden gewesen, beym Sapperment! was läuft er dann in die Welt hinein? he!

KARL.
Man hat mich fortgeschickt.
WALZ.
So ist also der Schein falsch?
KARL.
Falsch! behüte mich der liebe Gott vor so was!
WALZ.

Sapperment! so geh er mit der Sprach heraus, oder pack er sich zum – wenn man mit ihm so wohl zufrieden gewesen ist, wie dies Attestat sagt, warum schickt man ihn denn fort?

KARL.

Der Herr Kanzler war halt genöthigt Kutsch und Pferde zu verkaufen, und da konnt er [108] mich nicht mehr brauchen. O ich hab geweint wie ein Kind, als ich aus dem Hause gieng. Es ist der rechtschaffenste, der beste Herr, den je der Erdboden getragen hat. Alle seine Bedienten sind wie seine Kinder gewesen; er hat viel Jahr dem regierenden Grafen und seinem Herrn Vater schon gedient, und das ganze Land glücklich zu machen gesucht. – In Paris hat er dem Grafen ein groß Stück Gelds noch herausgebracht, in einem Geschäft, wo ein andrer nicht einen Heller gekriegt hätte. – Was wars? sein eigen Vermögen ist nach und nach drauf gegangen, kränklich wurd er durchs viele Sitzen – manch liebesmal ist er in seinem Kabinet bis Morgens zwey gesessen, und um sechs Uhr schon wieder auf den Beinen gewesen. Zum Dank davor hat ihn der Graf so lang verfolgt und geketzert, bis ers Bett hat hüten müssen, und jezt, wie der Doktor sagt, nit mehr im Stand ist sein Lebtag wieder zu arbeiten. Man möcht Blut weinen, wenn man den guten Herrn sieht, wie er jezt so von allen verlassen ist; denn seit dem er in Ungnad gefallen, kommt kein Mensch mehr zu ihm, nicht einmal der Pfarrer.

WALZ.

Es geht so in der Welt! – an kleinen Höfen ist das nichts neues: ja, wenn das verdammte Versuchsschwänzen nicht wär! – Es ist nicht jeder Landesherr ein Kayser Joseph, nicht jede Regentin eine Theresia, – kanns auch nicht seyn, so wenig als jeder kleine Stern [109] eine Sonne seyn kann. Du gfällst mir, Junge! daß du deinem alten Herrn noch so ergeben bist; bist auch so fleißig und brav in deiner Arbeit? so sollst es gut bey mir haben. Komm! ich will dir deinen Posten anweisen. – Hast aber auch Augen im Kopf? – Sapperment! sonst gehts nit. Gehn ab.

3. Akt

[110] Dritter Akt.

Speisezimmer in Langens Haus, Justitzräthin, Werner, Christian, Caroline und die Französin sitzen noch beym Nachtisch: zwey Lichter auf dem Tisch.

JUSTITZRÄTHIN.
Sie sind also mit meinem Sohn auf dem Graben promeniren gegangen?
WERNER.
Fast eine ganze Stunde; er versprach mirs ganz gewiß zu Tisch zu kommen.
JUSTITZRÄTHIN.

Sehn Sie, so macht ers: das bin ich schon gewohnt an ihm; wenns ihm einfällt sonst wohin zu gehn, oder den Mond zu begucken oder was weiß ich zu thun – denn debauchiren thut er nicht, das weiß ich – so sizt ihm seine Mutter lang gut genug zu Haus; ists aber nicht disgrazios, sich so zum Narren warten zu müssen?

CHRISTIAN.
Mama! mir auch einen Apfel, wenns beliebt.
JUSTITZRÄTHIN.

Freylich der Mußie wird wohl von allem haben wollen. Zur Caroline, die ihr zur Linken sizt. Willst du einen, mein Kind?

CAROLINE
die geweint zu haben scheint, krumm und überzwerg da sizt, ohneracht ihr die Französin verschiedentlich zuwinkt, in einem weinerlich schleppenden Ton.
Nein!
JUSTITZRÄTHIN.
Doch, mein liebes Kind! sieh das ist ein recht schöner.
CAROLINE
anfahrend.
Ich mag aber keinen.
[111]
FRANZÖSIN.
Fi dock! wer wird so schnautz an die gnädik Frau Mama? Caroline weint ärger.
JUSTITZRÄTHIN.
Da iß, wart ich will dir ihn scheelen.
CHRISTIAN.
Mama, mir nur ein Schnitzchen, wenns gefällig ist.
JUSTITZRÄTHIN.

Just weil der Mußie meynt, er muß haben, soll er nichts kriegen; Zur Caroline. hier, mein Schätzchen, sey nur ruhig und hübsch geschickt. Legt ihr ihn gescheelt auf den Teller: zum Christian. Wart, ich will dir gleich helfen mit den Füßen schaukeln, das thut er nur, um seine Mutter zu ärgern, wenns saubre Herrchen nicht gleich seinen Willen hat.

FRANZÖSIN.
Das is freilick böse Sak, wenn man laßt die Kind zuviel sein Will.
CAROLINE
wirft der Mutter den Apfel wieder auf den Teller; schluchzend.
Mama, sie sieht mich so an!
FRANZÖSIN.

Wenn Sie ahb gut Gewiss, darf man Sie dock schau an; ich sag es noch einmal, wenn man die Kind immer giebt nak in seiner Jukend, so is man à la fin ihr dupe. Sitz Sie grad, Mademoiselle, ahb Sie gewinkt schon zwanzickmal, schäms sick vor die fremd Err; maks einem nix als Schand.

JUSTITZRÄTHIN
zur Französin.

Tenez donc votre bouche une fois; man muß auch nicht immer [112] zanken – Zum Christian. Jezt sag ichs zum leztenmal, Mußie, wenn das Schaukeln nicht gleich aufhört, so laß ich mir einen Stock reichen, du Muttermörder, du! – Zur Caroline. und du, hör mir auch gleich auf zu weinen.

FRANZÖSIN.
Kein Mensch weiß, warum das weint.
JUSTITZRÄTHIN
wirft der Französin einen zornigen Blick zu.
Und iß das! – gleich: Schmeichlend. sollst auch auf den Sonntag einen neuen Schlender haben.
CAROLINE
immer weinerlich.
Ja, Sie läßt mir hernach doch keinen machen.
FRANZÖSIN.
Verdient sie warlik auch keinen.
JUSTITZRÄTHIN.

Mais je ne parle pas avec Vous; je ne sais pas, pourquoi Vous me coupez ce visage là Zur Caroline. Ganz gewiß, mein liebes Kind, es soll morgen schon daran angefangen werden.

CAROLINE
etwas getröstet, aber immer im schleppenden Ton: fängt an zu essen.

Wenns nur auch wahr ist; bekomm ich aber nicht auch ein paar seidene Schuh? ich hab schon drey Wochen an denen –

FRANZÖSIN.

Sollt mir thun sehr leid, wenn ick alle drey Wock müßt ahb ein paar neue Schuh; aber das tritt alles gleich so schief –

CAROLINE
hastig.
Sie bezahlts ja nicht.
[113]
FRANZÖSIN.
Und wenn man denn sick untersteht etwas zu sahk, so fährts einem nock übers Maul.
JUSTITZRÄTHIN.

Jezt ists bald genug – sollst auch Schuh haben, aber kein Wort mehr. Wenn mich unser Herr Gott nur so glücklich machte, daß ich ein einigmal wieder in Ruh essen könnte! Aber sehn Sie nur, Herr Werner! dahin kann ichs nicht bringen; der ungezogne gottlose Bub da ärgert einen den lieben ganzen Tag, hauptsächlich aber beym Essen, da sezt es immer was – immer macht er mirs zu Gift.

CAROLINE
im schleppenden Ton.
Mama, noch einen.
JUSTITZRÄTHIN.

Hier, mein Kind; – vor seinem Bruder, Herr Werner – Zum Christian. spielst du jezt gar mit dem Messer? gleich legs weg – vor seinem Bruder mag ich ihn nicht immer repremandiren; die Unarten ärgern ihn zu sehr; und so macht sichs das schöne Bürschchen zu nutz aber komm mir nur wieder in mein Zimmer! –

FRANZÖSIN
zur Caroline die statt zu essen ungezogen da sizt, und auch mit dem Messer spielt.

Geht Sie das nit auk an, Mademoiselle? muß man Sie alles sahk à part und funfzigmal? was dem ein rekt is, is die andre billik.

JUSTITZRÄTHIN.

Wir wollen nur aufstehn, Herr Werner, sonst gehts wieder von neuem an. Sehn Sie so gehts beständig, und wenn mans beym [114] Licht besieht, so ist immer dies Teufelskind schuld daran. Pack dich mir gleich aus den Augen, oder ich zieh dir eins. Christian macht ein Kompliment und geht ab.

CAROLINE.
Mama! wer schnürt mich denn auf?
JUSTITZRÄTHIN.
Wer? die Mamsell!
CAROLINE.
Ich mag aber nicht von der Mamsell aufgeschnürt werden, Sie soll mich aufschnüren.
JUSTITZRÄTHIN.

Sey nicht unartig, meine liebe Tochter, ich habe noch etwas mit dem Herrn Werner zu reden; geh jezt und sey hübsch geschickt; weist wohl, was ich dir versprochen habe.

CAROLINE
immer weinerlicher.
Ja, Sie hat mich eben nicht mehr lieb. Geht sehr ungeschickt ins Nebenzimmer.
FRANZÖSIN.

Geh Sie dock nit so wie ein Gans, heb Sie dock auf die Füße: Das is ein Mädel bald von vierzehn Jahr, kann weder stehn, nock gehn, nock sitzen, wie sicks geört, und heult die ganze Tahk.Geht der Caroline nach.

JUSTITZRÄTHIN.

Es ist Zeit, daß sie geht; das ewige Gezänk macht mir das arme Kind ganz schüchtern: es wird nicht eher gut thun, bis ich das Mensch zum Haus hinaus jag: denn das arme Kind kann ihr auf der lieben Gotteswelt nicht das geringste Recht machen; und dennoch wüßt ich nicht, wie sie in ihrem Alter besser seyn könnte. Nicht wahr, Herr Werner?

[115]
WERNER.
Ich kenne sie noch zu kurz, um das bestimmen zu können; heut Abend freylich schien es Eigensinn –
JUSTITZRÄTHIN.

Eigensinnig ist sie bisweilen; das läugne ich gar nicht: o ich bin für die Fehler meiner Kinder gewiß nicht blind; es kann mir niemand nachsagen daß ich Affenliebe für eins oder das andre habe; aber Sie haben ja doch auch gesehen, wie geschwind sie gehorsam war, als ich in einem ernstlichen Ton ihr zusprach – das heißt doch ein gut Herz haben! o mit guten Worten kann man alles aus ihr bringen: sie hat auch noch keinen Schlag von mir bekommen; aber der Bub, wenn ich, Gott verzeih mirs, auf die Knie vor ihm fiel – wenn er nicht will, so will er nicht. – Ja ich erleb schöne Freud an meinen Söhnen. Wissen Sie wohl, Herr Werner, was der Assessor für schöne Streich im Kopf hat?

WERNER.
Ich traue meinem Freund nichts übels zu.
JUSTITZRÄTHIN.
Man sollt es freylich nicht glauben – hat er Ihnen noch nichts gesagt? –
WERNER.
Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen wollen.
JUSTITZRÄTHIN.

Ja, ja! ich sehs schon, – er wird Ihnen gewiß nichts sagen; er schämt sich selbst dabey: – nun das ist doch noch ein gutes Zeichen; das läßt mich doch noch hoffen, daß er von seiner Narrheit zurückkommen wird. Ich [116] muß es Ihnen nur sagen, ich wüßt es auch noch nicht, wenn ichs nicht so unter der Hand erfahren, und ihn hernach darüber zur Rede gestellt hätte: Denken Sie nur, er ist in ein – ich werde blutroth, wenn ich nur daran denke – in ein Kutschersmädchen verliebt, und so verliebt, daß er sie heyrathen will.

WERNER.
Da weiß ich schon drum – heut Abend im Spazierengehn war die Rede davon.
JUSTITZRÄTHIN.

Er hat davon gesprochen! so, also hat er schon alle Ehrliebe verlohren? – heyrathen! – denken Sie, Herr Werner, heyrathen! – können Sie sich das vorstellen? wenns allenfalls zur Maitresse wäre, wollt ich noch ein Auge zudrücken.

WERNER.

Dafür denkt Ihr Herr Sohn zu edel; ein junges unschuldiges Mädchen verführen ist Todsünde, die noch jenseit des Grabs auf dem Herzen brennen muß.

JUSTITZRÄTHIN.
Es ist freylich nicht schön – aber man weiß schon, junge Leute sind – junge Leute.
WERNER.

Das entschuldigt so viel als nichts – schlimm genug, daß die Verderbniß so allgemein heutzutag geworden ist, daß man in jeder Familie auf ein paar Schlachtopfer ihrer unordentlichen Lüste mit Fingern weisen kann! Wie schätzbar sollte Ihnen Ihr Sohn seyn, der dem hierinn herschenden Modegeschmack widerstanden hat.

[117]
JUSTITZRÄTHIN.

Nun ja doch, Herr Werner, Sie sollen Recht haben; er ist mir auch schätzbar, und eben weil ich ihn schätze, und weil ich recht viel auf ihn halte, so soll er mir sich nicht so mit dem Mensch placken, und sich so wegwerfen wollen.

WERNER.
Wenn er nun aber mit ihr allein glücklich seyn kann? – Sie haben doch auch empfunden, was Liebe ist?
JUSTITZRÄTHIN.

Ach was! glücklich seyn – Liebe – das sind Narrenspossen; – so bald Sie mir so kommen. – Der Herr Justitzrath, Gott hab ihn seelig! pflegte immer zu sagen, Liebe und Narrheit grenzen ganz nah an einander: und dann sezte er immer hinzu, selbst unsre Feinde müßten uns eingestehn, daß wir jederzeit die vernünftigsten Eheleut gewesen sind.

CAROLINE
schreyt im Nebenzimmer.
Mama! liebe Mama! sie schlägt mich.
JUSTITZRÄTHIN.

Gottes Barmherzigkeit! meine Tochter! Lauft ins Nebenzimmer; Werner sieht ihr nach, geht ein paar mal auf und ab, man hört inwendig ein verwirrtes Gezänk, Mutter, Tochter, Französin zugleich sprechen, die Lezte kommt heraus.

FRANZÖSIN.

Das is ma foi nit zum Ausstehn; stell Sie sick vor Err Werner, was ein arme Gouvernante leiden muß bey die Leut. Sie ahb gesehn bey dir Abendeß, wie schön sick die Mademoiselle aufführt, und so gehts Jahr aus Jahr [118] ein. Will Mademoiselle was ahb, so weints; hat sies bekumm, so weints für etwas anders. Es ist warlick ein Schand und Spott.

WERNER.
Sie ist doch schon ziemlich herangewachsen.
FRANZÖSIN.

O ja! groß genuk, aber auch ungeschickt genuk. In drey Monat is sie alt vierzehn Jahr, und kann Gottlob nix auf der Welt, was man nix eißt; pas tant. Schon drey Jahr lernt sie Filet mahk und kanns dock nit. Eilf Monat at sie geabt ein Maitre de danse, ick selbst j'ai voulu corriger son port, former sa demarche, le tout en vain: Sie ahb gesehn, wie ein abominable Gang sie at; kann sie nit mal mahk ein Reverenz die Olzbock: undmalgré tout cela is sie die Favorite ihrer Mutter; sahkt man denn etwas, so at man des Enkers Dank davor. Caroline weint laut, die Mutter tröstet sie. Schreyt sie nit wie ein Kalb! will jezt die Mutter ahb, sie soll schweick, muß sie ihr wieder verspreck was neues.

WERNER.
Was hat Sie denn mit ihr vorgehabt?
FRANZÖSIN.

Nix, gar nix, Err Werner. Ick wollt sie schnür auf, da wollt Mademoiselle es nit leid, wollt es könn allein, lief in das Stub rum, wie ein Narr, und zog à la fin die Schleif unreckt auf zu ein Knopf. – Nakher war ick gut genuk: die Knopf war aber so vest und so art, daß ick ihn nit konnt bring auf; ick probirt es nokmal [119] und le doigt m'echappa, elle eut un soufflet malgré moi.

WERNER.
War das alles? – Was sagt denn der Herr Assessor zu der schönen Erziehung?
FRANZÖSIN.

O die lieb Err at schon oft darum gesprock mit seiner Mutter allein; aber es will nix elfen, sie is so infatuirt in –

JUSTITZRÄTHIN
kommt aus dem Nebenzimmer.

Es ist doch gar artig, Herr Werner, daß Sie sich da amüsiren, mit meinen Leuten über mich zu räsonniren; werds meinem Sohn zu rühmen wissen! Fein; gar fein! sind Sie deswegen ins Haus gekommen?

WERNER.

Ich habe kein Wort gesagt, worüber Sie sich beklagen könnten: Mademoiselle erzählte, wie sie so von ungefähr –

JUSTITZRÄTHIN.
Von ungefähr? hm!
FRANZÖSIN.
Warlick, ein blos Ungefähr; ick wollt mahk auf die Knopf an das Nestel –
JUSTITZRÄTHIN.
Weiß es schon! Meine Tochter hat mir alles erzählt, und die lügt ihr Lebtag nicht.
FRANZÖSIN.
Hätt ick so viel Dukat, als sie sick at laß auf Unwareit attrapir, ick wollt seyn reicke Dame.
JUSTITZRÄTHIN.

Ich glaube gar, die Kreatur hat das Courage, mir zu widersprechen! Wenn sie noch ein Wort sagt, so jag ich sie auf der Stell aus dem Hause; versteht sie mich? hat sies gehört? [120] Französin verneigt sich sehr tief. Ich hab sie nicht deswegen im Haus, daß sie mein Kind prügeln und mir Grobheiten sagen soll; ich brauch keine Hofmeisterin, ich! und weiß Gottlob, wie ich meine Kinder erziehen muß.

FRANZÖSIN.
So bin ick also hier, wie das Tüpfel auf die I? Bitt très humblement de me donner ma dimission.
JUSTITZRÄTHIN.

Sehr gern! von Herzen gern! Wärs nicht die Mode so, ich hätt sie schon längst fortgeschickt; denn sie lehrt mein Kind doch nichts.

FRANZÖSIN.

Glaubs ma foi wohl: Wenn ein Enkel käm aus die Immel, er könnt ihr nix bring bey. Morken in die Früh werd ick ahb die Ehr mick zu empfehl. Verneigt sich, geht ab.

JUSTITZRÄTHIN.

Grün und gelb möchte man werden für lauter Galle! – Wenn man nur niemand anders als seines gleichen sehn dürfte; von dem Pöbelzeug hat man nichts als Aerger zu gewarten. Angenehme Ruh, Herr Werner. Ab.

WERNER
ruft ihr nach.

Dank Ihnen für das höfliche Compliment. Wirft sich ärgerlich auf einen Stuhl; Wilhelm kommt abzudecken, geht ein paar mal ab, kommt wieder, als er das letzte mal hinaus will, fragt ihn.

WERNER.
Ist sein Herr noch nicht zu Hause?
WILHELM.

Mich dünkt, ich hör ihn auf der Treppe.Geht ab. Langen kommt ganz munter; Werner geht ihm einige Schritt entgegen.

[121]
LANGEN.

Heut bin ich wider Vermuthen ein wenig lang ausgeblieben, mein lieber Werner; verzeihn Sie – ich machte dem Herrn Staatsrath von Dowell meine Aufwartung – Sie kennen ihn doch?

WERNER.
Persönlich kann ich mich dieses Glücks noch nicht rühmen.
LANGEN.

O ich muß Sie ihm vorstellen; ehster Tagen. Sie werden den liebenswürdigsten, den belebtesten Mann an ihm finden: einen Mann, der, ohne seinem Range was zu vergeben, sich zu dem niedrigsten seiner Nebenmenschen herabzulassen weiß; der Weltkenntniß mit der Liebe zu den Wissenschaften verbindet, und selbst Autor ist, ohne den Eigendünkel dieses oder jenes seynwollenden Genies damit zu verknüpfen.

WERNER.
Von der letztern Seite ist er mir schon eine Zeit her bekannt.
LANGEN.

O Sie müssen ihn näher kennen lernen. – Wer weiß, wozu diese Bekanntschaft Sie führen kann? – Sieht auf die Uhr. Neune vorbey! dachte nicht, daß es so spät wäre. – Was haben Sie denn die Zeit über getrieben?

WERNER.
Erst las ich, bis wir zu Tische giengen, und seitdem hab ich meist eine stumme Person gespielt.
LANGEN.
Das glaub ich Ihnen gern; bey meiner Mutter ist nicht viel Trost zu holen.
[122]
WERNER.
Vielleicht, wenn wir uns erst besser kennen. –
LANGEN.
Ich zweifle. – Hat es nicht etwa nach löblicher Gewohnheit etwas zu keifen gegeben?
WERNER.

Ein paar Familien-Scenen, die Ihre Jungfer Schwester veranlaßte, und für die Ihr Christian büßen mußte.

LANGEN.

Und bey denen ein dritter eben keine erbauliche Rolle spielt; – es ist erschrecklich, daß ich meiner Mutter das nicht abgewöhnen kann! Ich wollte das Mädel schon längst in ein Kloster thun, denn sie zieht doch nichts aus ihm; aber sobald ich nur den Mund davon aufthue, so tobt, raßt und heult sie, als wenn sie verzweifeln wollt. – Doch was soll ich mir den angenehmen Abend, den ich gehabt habe, mit den dummen Grillen verderben. – Wissen Sie wohl, daß ich halb und halb schon versprochen bin? mein künftiger Schwiegervater ist heute zurückgekommen; der Mann ist die Redlichkeit selbst; er spricht so grad von dem Herzen weg; wenn es der ehrlichen Haut nachgegangen wäre: so ließ ich mich morgen schon kopuliren – Aber –Nachdenkend.

WERNER.
Sie haben noch andre Anstalten zu treffen?
LANGEN.
Freylich! – sehr wichtige! – ich werde morgen einen harten Stand haben: meiner Mutter Einwilligung –
[123]
WERNER.
Möchte wohl etwas Mühe kosten.
LANGEN.

Nicht etwas, Werner! viel, sehr viel! Ich zittre vor der Erklärung, und doch ist sie nicht zu vermeiden; es sollte mir leid thun, wenn ich mich mit ihr darüber entzweyen sollte – entzweyen? nun ja! ihren Zorn mir auf den Hals laden, heißt das nicht sich entweyn? – aber meine ganze Ruhe, Zufriedenheit und Glückseligkeit kann ich ihrem Vorurtheil nicht aufopfern.

WERNER.
Sie giebt doch wohl nach; wenn Sie sie am rechten Ende packen.
LANGEN.

Ich hoff es; doch bin ich auf alles gefaßt; Sie stehn mir doch bey, Werner? – Wenns nur nicht so spät schon wäre! – in dieser Unruh und Erwartung werd ich kein Aug schließen – Mag doch! kann ich destomehr an mein Rickchen denken; der Engel! Sie hätten ihn sehn sollen: die Zärtlichkeit selbst, und ihre unschuldige durch keine Romanenlektür, keine Kenntniß der sogenannten großen Welt verdorbne Miene!

JUSTITZRÄTHIN
kömmt im Negligee aus dem Nebenzimmer.

Ists erlaubt, Ihrer Konferenz beyzuwohnen? sie scheint ja sehr belebt – hat der Herr Assessor doch endlich den Heimweg wiedergefunden? den Abend haben Sie vermuthlich recht angenehm zugebracht?

LANGEN.
So angenehm als möglich; ich war sehr lange bey dem Herrn Staatsrath.
[124]
JUSTITZRÄTHIN.
Bey dem Herrn Staatsrath? hm! Wenn mans nicht besser wüßte.
LANGEN.

Sicher, Mama! zum Beweis davon kann ich Ihnen dies Gedicht geben, das der Barde Denis auf die Zurückkunft unsers glorreichen Monarchen gemacht hat. Der Herr Staatsrath war so gütig es mir mitzutheilen.

WERNER.

Davon sagten Sie mir ja noch kein Wort; darf ich mirs ausbitten? Indem ers Langen abnimmt. Einen August und Mäcen hätten wir Deutsche, sollten diese nicht fähig seyn, einen Virgil zu erwecken?

JUSTITZRÄTHIN.

So will ichs denn nur glauben. Must du aber nicht selbst gestehn, daß du mehr Ehr von solchen Connoissancen hast, die über dir sind, als wenn du herabsteigst?

LANGEN.

Ich weiß den Werth derselben vollkommen zu schätzen, Mama! und bin ganz stolz darauf. Derjenige wär aber meines Erachtens sehr unglücklich, der immer mit Höhern, als er ist, umgehn müßte.

JUSTITZRÄTHIN.

Kaum glaub ich, daß ich deine Mutter bin, wenn du so redst; aber ich merk schon wo du hinaus willst, ich weiß schon, wo das hinzielt. –

LANGEN.
Ich ziele nirgends hin Mama, Sie machen sich Gespenster, wo keine sind –
[125]
JUSTITZRÄTHIN.
O ich bin nicht so kurzsichtig, Herr Assessor, das hat Er wieder auf seine Herzallerliebste geredet.
LANGEN.

Weit davon entfernt, Mama! wollt ich vielmehr heut alles vermeiden, was uns auf diesen Punkt führen könnte.

JUSTITZRÄTHIN.

Vermeiden! heut vermeiden! nur heut! nein, sagen Sie lieber jezt gleich heraus, was Sie auf dem Herzen haben – ich muß es heut noch wissen.

LANGEN.
Es möchte zu spät werden.
JUSTITZRÄTHIN.

Wir könnens desto geschwinder expediren: wenns ist, was ich vermuthe, so bin ich mit einem Wort fertig.

LANGEN.

Das fürcht ich eben; Sie sind nicht gelassen genug die Sache in ihrer ganzen Wichtigkeit zu überlegen; Sie würden gleich in Eifer gerathen –

JUSTITZRÄTHIN.

Ganz und gar nicht, Herr Assessor; ich wüßt in langer Zeit mich keines Tags zu erinnern, an dem ich weniger leicht aufzubringen gewesen wäre; ich bin heut so ruhig, so gelassen, so kaltblütig, daß ich mir ordentlich zu Ueberlegung wichtiger Dinge gemacht scheine. – Erkläre dich, ich befehl dirs.

LANGEN.
Sie wissen, daß ich Ihnen von je er gehorsam war –
JUSTITZRÄTHIN.
Das weiß ich; das weiß ich! Zur Sache.
[126]
LANGEN.
Sie sind ja schon aufgebracht, noch eh ich rede.
JUSTITZRÄTHIN.
Sehn Sie das, Herr Assessor? ich versichre Sie aber des Gegentheils – wollen Sie mich Lügen strafen?
LANGEN.
So bitt ich denn nur mich nicht zu unterbrechen.
JUSTITZRÄTHIN.
Das muß wirklich was sehr wichtiges seyn, gut, ich versprechs.
LANGEN.

Sie wissen, Mama! ich wiederhohl es, daß ich Ihnen von je her gehorsam war, nicht aus Pflicht allein es war, sondern weil ich selbst Vergnügen darinn fand. Immer war ich bemüht Ihren Befehlen sowol, als Ihren Wünschen zuvorzukommen. –

JUSTITZRÄTHIN.
Heut zum Exempel mit den lumpichten zehn Dukaten?
LANGEN.
Sie wollten mich ja nicht –
JUSTITZRÄTHIN.
Nur weiter! das mußte heraus; sollte ich denn daran ersticken?
LANGEN.

Mein angenehmstes Geschäft war Ihnen Proben meiner zärtlichsten Ergebenheit zu geben, Versicherungen Ihrer Gegenliebe zu verdienen. Nach Kräften hab ich mich von je her bemüht Ihre Ruhe und Glückseligkeit zu befördern. Ich berühre dies nur um Ihnen zu zeigen, daß mein jetziges Ansuchen nicht die Würkung eines verhärteten, selbstischen, nur für sich [127] lebenden Herzens ist. In dem Glücke derer, die mich umgeben, blüht erst das Meinige. Sollten diese Gesinnungen nicht auch die Ihrigen seyn? Gewiß, Mama! Sie können unmöglich – ich hab zu viele Proben vom Gegentheil – Sie können unmöglich hart genug seyn mir eine Bitte, eine billige Bitte zu versagen, von der das Wohl meiner ganzen Zukunft, mein Leben, mein Alles abhängt. Sieht ihr starr in die Augen, da sie ganz gelassen scheint, fährt er fort. Ich liebe – das wissen Sie: und so sehr Sie auch schon über den Gegenstand meiner Liebe geeifert haben, so hab ich dennoch mein Herz an keine Unwürdige verschenkt. Kennten Sie sie nur erst, liebste Mama! Sie würden sich gewiß keine bessre Tochter wünschen können. Ihnen zu gefallen wird ihr einziges Bestreben seyn. – Willigen Sie, ich bitte –

JUSTITZRÄTHIN
verstellt gelassen.
In deine Heyrath –
LANGEN
furchtsam erwartend.
Ja.
JUSTITZRÄTHIN
wie oben.
Mit des Kutschers Tochter? – Nach einer Pause nach und nach zur Furie schwellend. Nein!
LANGEN
in einem gesetzten Ton.
Die Gründe, wenn ich bitten darf – – Halb bitter, halb stolz. Gründe! – Sie sagen mir keine!
JUSTITZRÄTHIN
heftiger.
Nein, Nein!
LANGEN.

Zu Ihren Füßen, Mama! bitte, beschwör ich Sie, wenn Sie nur einen Funken von [128] Liebe für mich, für sich selbst haben; schonen Sie meiner, stürzen Sie mich nicht in Verzweiflung; ziehn Sie Ihr Wort zurück, sonst kann ich für nichts stehn.

JUSTITZRÄTHIN
giebt ihm einen Stoß, stampft dreymal mit dem Fuß, und sagt in einem wüthenden Ton.
Nein! – Nein! – Nein! –
LANGEN
springt auf.

Ich danke – so hab ich auch Ihre Einwilligung – Sie lösen die Bande, die ich immer verehrt habe; – ich bin frey und werde meine Freyheit benutzen.

JUSTITZRÄTHIN.
Deine Mutter wird es zu verhindern wissen. Geht ab.
LANGEN.

Mutter! meine Mutter! Werner, wo war meine Mutter? haben Sie ihren Schatten nur da gesehn, so zeigen Sie mir den Fleck, daß ich sie küsse, die mir heilige Stelle. – Ist die Furie fort? – Werner, ist sie fort? –

WERNER.

Sie sind ausser sich, Freund, das muß nicht seyn. – Sie wurden zu geschwind hitzig – Sie entbrannten –

LANGEN.
Sahn Sie die Blicke nicht, Werner! die sie auf mich herabschoß, als ich so flehend vor ihr lag?
WERNER.

Seys! – Sie konntens aber voraus sehn; Sie kannten sie, Sie sagten, Sie wären zu allem gefaßt; – warum hielten Sie nicht beym ersten Nein

[129]
LANGEN.
Müssen Sie mir den gräßlichen Ton nochmals ins Ohr zurückschallen?
WERNER.

Warum hielten Sie da nicht ein? warteten einen bessern Augenblick ab? – vielleicht hätt es Ihnen morgen, vielleicht übermorgen –

LANGEN.

Vielleicht übers Jahr – vielleicht nie geglückt – euch kalten Sebalds! Geht hastig ab, Werner ihm nach.

4. Akt

[130] Vierter Akt.

Zimmer in Kutscher Walzens Haus, Fridericke arbeitend, Lenchen am Kopfputz begriffen: Langen kommt herein, stürzt auf Fridericken zu, umarmt sie.

LANGEN.
Glücklich, Rickchen! – wir sind glücklich: – Sie sind die Meine, sobald wir wollen.
FRIDERICKE.
Gewiß?
LANGEN.
Ganz gewiß, Beste! ich bin völlig frey; Herr, zu thun was ich will.
FRIDERICKE.
Noch glaub ich zu träumen – hat Ihre Mutter sich so schnell –
LANGEN.
Mutter? – ich habe keine Mutter mehr, Rickchen: ich hab sie verloren.
LENCHEN.
Gottes Barmherzigkeit! sie ist so plötzlich gestorben?
LANGEN.
Für mich.
FRIDERICKE
die ihn starr angesehn.
Langen! – Langem! wie kommen Sie mir vor? – was soll ich von Ihnen denken?
LANGEN.
Was? – daß ich ein Narr war, mich so lang in Fesseln gekrümmt zu haben.
FRIDERICKE.
Langen!
LANGEN.

Daß ich aber nicht länger der Sklave des eigennützigsten Stolzes bleiben, daß ich ein freyer Mensch seyn, meine Freyheit benutzen will.

[131]
FRIDERICKE.

Ich verkenne Sie, Langen, in diesem stürmischen Ton – es ist nicht der Ihrige – und zumal, wenn Sie Ihre Mutter verloren hätten.

LANGEN.

Ich hab, ich hab – ich schwörs Ihnen; ich hab – auf immer hab ich sie verloren – doch nein, Sie können Recht haben, man verliert nur, was man gehabt hat.

LENCHEN.
Die Frau Justitzräthin war doch gestern noch ganz wohl.
LANGEN.
O die ists noch.
LENCHEN
zu Fridericken.
Du! da versteh ich kein Wort von.
FRIDERICKE.

Langen! ich bitte Sie, – bey unsrer Liebe bitt ich Sie, reden Sie deutlich, nicht durch Räthsel – mein Herz prophezeiht mir zwar Unglück –

LANGEN.
Sagt ich nicht, Sie wären die Meinige, sobald wir wollten – ist das Unglück?
FRIDERICKE.
Sobald diese Verbindung Ihnen Ihre Ruhe kosten soll – ja!
LANGEN.
Das soll sie nicht, mein gutes Rickchen – sie soll sie befördern.
FRIDERICKE.

So, lieber Langen! das war wieder der rechte Ton; den behalten Sie bey: Wenn der Kopf in Gährung ist, kann man nichts überlegen, und Sie machen mich doch stark vermuthen, daß wir Ueberlegung nöthig haben.

[132]
LANGEN.
Ich nicht – ich hab schon alles überlegt, meinen ganzen Plan gemacht; – mein Entschluß ist gefaßt.
FRIDERICKE.
Und wie?
LANGEN.

Wie? wie Sies von meiner Liebe erwarten können; noch heute, in dieser Stunde noch wollen wir die Ringe wechseln, so geschwind als möglich die übrigen Vorkehrungen machen, und sobald die nöthigen Ceremonien vorbey sind, werden Sie meine Gattin, meiner Mutter zum Trotz.

FRIDERICKE
gerührt.
Ihrer Mutter zum Trotz.
LANGEN.

Ja, ja! ich wiederhols – meiner Mutter zum Trotz! Nichts soll mich von meinem Entschluß abbringen: Mein Freund Werner wird den Augenblick hier seyn, dem Verspruch von meiner Seite beyzuwohnen; Ihr Vater mag den ersten besten Freund oder Nachbar herbeyrufen das übrige werd ich besorgen.

FRIDERICKE.
Ihrer Mutter zum Trotz! – das wird mein Vater nie zugeben.
LANGEN.
Immerhin! so heurathen wir uns auch Ihrem Vater, der ganzen Welt zum Trotz!
FRIDERICKE.

Der kürzste Weg! – Langen, Sie sind fürchterlich heute; fühlen gewiß nicht, was Sie sagen: den Fluch der Eltern mit in die Eh nehmen, heißt sich und seine ganze Nachkommenschaft unglücklich machen wollen; und dazu will ich wenigstens nichts beytragen.

[133]
LANGEN.
Sie schlagen also meine Hand aus? –
FRIDERICKE.
Eh ich sie so theuer erkaufen wollte – ja!
LANGEN.

Gut, recht gut! – jezt bin ich ruhig; es wird mir bald wohl seyn. – Ich glaub, ich sprach vorher im Eifer. Lenchen! sprach ich so? Ich bitte beyderseits, mir zu verzeihen; – ich liebte, schmeichelte mir, wieder geliebt zu seyn; der Traum ist verschwunden; ich bin wieder kaltblütig. Während diesem nimmt er einen Kamm vom Tischchen, und bricht im Sprechen immer einen Zahn nach dem andern ab.

LENCHEN
die so eben mit ihrem Kofputz fertig geworden.
Sie verderben mir ja ganz meinen Kamm. Sehn Sie die Zähne hier liegen?
LANGEN.

Wie gieng das zu? das that ich doch sonst nie. – Pfui, Langen! must nichts so nach und nach zerstören, auf einmal, mit einem Wort, mit einem Druck must dus zernichten, zu Pulver zermalmen können – Wirft ihn weg. nicht wahr, Mademoiselle Fridericke? – So, nicht einmal einer Antwort mich zu würdigen! Wirft sich auf einen Stuhl.

LENCHEN
zu Fridericken.

Du, ich geh, es wird mir Angst. Läuft ab. Folgt eine Pause, in der Fridericke bald arbeitet, bald ihre Rührung zu verbergen sucht; Langen läuft hastig das Zimmer auf und ab, will einigemal sprechen, hält wieder ein; wirft sich auf einen Stuhl. Walz und Karl führen einen alten Juden herein; Lenchen trägt ihm ein Körbchen nach.

[134]
JUD
noch hinter der Scene.
Au weyh, mein Fuß! mein Fuß!
WALZ.

Nur fort, herein; ich will sehn, wies aussieht. Sapperment! Spaß ist Spaß, aber einen Menschen einem Kettenhund in den Rachen zu jagen, ist kein Spaß: wenns auch zehnmal nur ein Jud ist: Setz dich.

LENCHEN.
Wie ists denn zugegangen, Vater?
JUD.
Au weyh! au weyh!
WALZ.

Halts Maul, du Naseweis! wie ists gangen – das frägt man sein Lebtag nicht, bis erst geholfen ist. – Will geschwind laufen, der Bestie ein paar Haar ausraufen; sorg eins von euch für etwas Leinwand. Geht ab.

FRIDERICKE.
Hier ist just was bey der Hand, Vater.
KARL.

Wie ists gangen? das ist wieder so ein Cavalierspaß, wie ich zu Haus mehrere erlebt habe; ich habs von weitem gsehn; ists nicht ein Edelmann, der droben logirt?

LENCHEN.
Ja, ja! mein Vater sagt als: ein Neugebackner fürs Geld.
KARL.

Das sind öfters die schlimmsten; – der hat an der Thür gestanden, und da kam der Jud und redt mit ihm – was? weiß ich nicht.

JUD.
Nu mein! ich hab nach em fremden Herrn gefrogt. Au weyh! au!
[135]
KARL.
Und drauf wieß er ihn grad am Hundsstall vorbey: da fuhr das Teufelsvieh raus und biß ihn –
JUD.
Gott behüt! ich glab bis ufn Knochen.
KARL.
Lachte der verschammerirte Schelm nicht? –
WALZ
der wiederkommt und das letzte gehört hat.

Der Teufel wird ihm auch lachen, wenn er ihn einmal auf der Schleuder hat! Zeig den Fuß her, Jude!Verbindet ihn. Fridericke und Lenchen machen sich dabey allerhand zu schaffen. Jetzt probier, ob du wieder gehn kannst.

JUD
probierts.

Au weyh! es thuts nit, kann nit drauf stehn ämol – ach ich armer Mann! Wau soll ich was zu acheln kriegen?

LENCHEN.
Er kann ja mit uns essen.
KARL.
Sie essen ja nicht ghauscher.
LENCHEN.
Was ist das?
FRIDERICKE
sucht, ohne daß es die Umstehenden gewahr werden, Geld in der Tasche.
Was hat er dann in dem Korb hier? Nähert sich ihm, unterm Schein, es zu betrachten.
JUD.

Nu mein! allerhand, mein schönes Jungferle; wollen Sie was kafen – Schöne Dosen, Uhrbänder, Stockbänder, Etuis, Sackspiegel, hübsche Schnallen allerlä Gattung, eingelegte Messer, Scheeren, Nadelbüchschen, seidene Strümpf, Halstücher –

[136]
WALZ.

Das soll gewiß schon auf Rechnung des Brautstaats gehn – Nu meintwegen. – Aber, Sapperment, Herr Assessor! jetzt werd ich Sie erst gewahr; – sitzt er nicht da, als wenn er unserm Herr Gott den Eßig ausgesoffen hätte.

FRIDERICKE
giebt die Waaren zurück, drückt ihm aber heimlich was in die Hand.

Dießmal kann ich nichts brauchen; Er kommt doch wohl wieder, wenn sein Fuß wieder geheilt ist, da will ich sehn.

JUD.
Nu mein! Sie sind gar zu gütig – gar zu gnädig; ich dank Ihnen –
FRIDERICKE
winkt ihm zu schweigen.
Er scheint schon sehr alt zu seyn.
JUD.
O ich bin schon über neunzig Jahr passirt, mein schönes Jungferle!
WALZ.
Neunzig Jahr! – so alt werd ich wohl nicht –
LENCHEN.
Warum nicht, Vater?
WALZ.
Das will ich dir sagen, wenn ich todt bin.
FRIDERICKE.
Und hat er sich immer vom Hausirengehn genährt?
JUD.

Gott behüt! ich war ein wohlhäbiger Mann, hatte drey, vier Leute unter mir stehn, ein großes Gewerb –

WALZ.
Nun, wie hats denn so auf einmal den Krebsgang genommen?
JUD.

Schaut: 'sgreicht mer zwar nit zur Ehr, jetzt seh ichs wohl ein; aber der Jungferle do [137] kann i nichts verbergen. Ich war halt in meiner Jugend in ä Schickselchen vernarrt, die mein Aeti nit leiden konnt, habs endlich zur Frau genommen, und er hat mers verboten ghabt, und do hat er mer halt den Fluch gegeben – o ä gräßlichen Fluch!

LANGEN
der vorher stier in eine Ecke sah, aufspringend.
Wie? was? dein Vater hat dir geflucht, Jude?
JUD.
So ists, Herr Assessor!
LENCHEN
zu Fridericken.
Hör, der kennt ihn.
LANGEN.
Wegen eines Mädchens dir geflucht, das du geliebt, geheurathet hast?
JUD
zu Lenchen.
Freylich kenn ich ihn: hat mer schon manchmal was geschenkt, der gute Herr!
LANGEN.
So antwort, Jude, wegen eines Mädchens –
JUD.
So schön, wie die Esther – aber er fluchte mer doch. –
LANGEN.

Fridericke, hören Sies, geflucht hat er ihm; sein Vater hat ihm geflucht, und dennoch ist er im neunzigsten Jahr noch so munter und stark. – Solche Flüche treffen vermuthlich die Luft nur.

JUD.

O er hat mich wohl auch troffen, Herr Assessor, ich habs empfunden. – Mein Vermögen gieng auf einmal fort, als hätts der Wind verweht –

[138]
LANGEN.
Mag! hast du doch noch Kopf und Hände, dein Brod zu verdienen.
JUD.
Sauer genug! wenns nicht noch hie und da so gnädige Herzen gäb, wie Sie und –
FRIDERICKE.
Lebt seine Frau auch noch?
JUD.

Ja! wenn die noch am Leben wär, so wollt ich gern betteln gehn im Nothfall, alles ertragen; aber sie ist mir läder gleich im ersten Kindbett gestorben, und hat mir einen Krüppel hinterlassen, den ich nun schon sechzig Jahr und drüber hab in der Stube füttern müssen. – Mei! ich darf nit dran denken. –

LANGEN
sich vor die Stirne schlagend.
Im ersten Kindbett gestorben! –
FRIDERICKE
zu Langen.
Hat seins Vaters Fluch nur die Luft getroffen, Langen? hörten Sie? –
LANGEN.

Hätt ichs nie gehört! – ich war so seelig in meiner Zuversicht – jetzt schwindt alles, alles! – ewige Finsterniß liegt mir vor den Füßen – Mit mir ists aus.

WALZ.
Was hat er denn? Sapperment! ich ab ihn vor schon gefragt.
LANGEN.

O nichts, Herr Walz! gar nichts! – Ein wenig Kopfweh – will nach Haus gehn, ein paar Pillen verschlucken, das vertreibts. – Hier, Jude, hast was für deine Lektion – Wirft ihm Geld hin. besser ich, als alle! Will abgehn.

[139]
FRIDERICKE
umarmt ihn, und hält ihn zurück.
Langen! ums Himmelswillen, warten Sie erst, bis Sie gelaßner sind.
JUD.
Nu mein! Ich hoff doch nicht, daß meine Erzählung den lieben Herrn –
WALZ.
Ich versteh nichts davon –
LENCHEN.
Wenn wir allein wären, wollt ichs Ihm wohl sagen, Vater.
LANGEN.

Gelaßner? kann man gelaßner seyn, als ich jetzt bin? – aber freylich, der Gedanke nicht immer, vielleicht niemals mehr so, wie jetzt, athmen zu können – o der fällt auf, wie brennend Pech!

WALZ.

Karl komm! wir wollen ihn in dein Zimmer führen; da kann er sich ein wenig erholen, vielleicht gehts hernach besser.

JUD.
Nu mein! ich dank euch allerseits recht sehr; seyds ja gar brave Leute.
WALZ.
Der verbuchte Windbeutel von einem Federhut! Packt mit Karl den Juden an.
JUD.
Au! au! das thut weih!
LENCHEN.

Wart er: ich will ihm seinen Korb nachtragen. Draus kann ichs Ihm besser erzählen, Vater. Geht den vorigen nach, und ab.

FRIDERICKE
küßt Langen.
Langen! mein Langen!
LANGEN
küßt sie wieder.
Mein bestes liebes Rickchen! – Noch einen, nur einen Kuß noch! den lezten.
[140]
FRIDERICKE
macht eine Bewegung rückwärts.
Nein, Fritz! den geb ich Ihnen heut nicht.
LANGEN.

Grausame! must du denn Liebkosungen, Reitze, Zärtlichkeit, Empfindung, alles aufbieten mich rasend zu machen?

FRIDERICKE.
Ich machte Sie rasen, Himmel!
LANGEN.

Nein, du nicht, Rickchen! du nicht. Dein Verlust, meine Mutter die Frau Justitzräthin! warlich ein schöner Titel! er tönt so voll – hat so was harmonisches – Frau Justitzräthin! möchtst nicht auch Frau Justitzräthin werden, Rickchen? Zu Wernern, der herein kommt. Sie haben sich vergebens bemüht, Herr Werner! Aus dem Verspruch wird nichts! Rickchen will mich nicht –

FRIDERICKE.
Langen! wie?
LANGEN.
Meiner Mutter zum Trotz heyrathen.
FRIDERICKE.
Und hab ich Unrecht? – der JudWeint.
LANGEN.

Der Jud! nun freylich der Jud! Sie haben Recht, meine Mutter hat Recht, die ganze Welt hats; – aber ich hab auch nicht Unrecht, und weiß, was ich zu thun habe.

WERNER.

Beruhigen Sie sich, Bester! ich habe Ihnen wichtige, angenehme Sachen zu sagen – Zu Fridericken. Und auch Sie werden nicht lange mehr Ursach haben zu weinen – helfen Sie mir nur hier unsern Freund besänftigen – [141] So lang alles bey ihm über und über kocht, darf ich nichts sagen – Der Uebergang –

LANGEN.
Zur Wuth, wenn auch ein Freund unsre Erwartung täuscht, ist – leicht.
WERNER.
Von mir haben Sie nichts zu befürchten; ich setze meine Ehre zum Pfand.
FRIDERICKE.

Langen, ich dächte, wir trauten ihm, zwar seh ich den Herrn zum erstenmal; aber ich vermuthe, daß es der Freund ist von dem Sie mir so vieles gesagt haben.

WERNER.

Wenn ich noch nie ein Recht auf diesen Titel gehabt habe, so hab ich heute; – Zu Langen. Mademoiselle kann die Ihrige werden – Ihre Mutter willigt ein.

LANGEN.
Rickchen! ists möglich? – Freund und das ist ihr Werk! Schutzengel! Halbgott! mehr noch.
WALZ
noch unter der Thüre.

Ihn soll das heilige tausend Kreuz Bataillon – Hätt ich nur den blauen Rock noch an, daß ich recht fluchen dörft! – Herr, Sapperment! da hör ich schöne Sachen – ist das recht, so daher zu schleichen wie ein Blindschleich, und –

LANGEN.
Vater, bester Vater! ich schweb – bin im Himmel!
WALZ.
Ich wollt dich himmeln, wenn ich unser Herr Gott wär, und du mir ein Mädel verführen wolltest.
[142]
FRIDERICKE.
Das ist ihm nie in Sinn gekommen, Vater!
WALZ.

Halts Maul, du Bohnenstange, du Wachspüppchen! weist den Henker, was ihm all schon in Sinn gekommen ist. Sapperment! hat er dich nicht wollen desertiren machen, he! meynst ich weiß es nicht? – Drum wußt ich nicht, warum der Kerl vor so da saß, als hätt er Teufelsdreck gefressen;Nimmt Fridericken bey der Hand. weil das Mädel hier noch einen guten Blutstropfen von seiner Mutter und mir in sich hat, und nicht gleich mit ihm fort hat wandern wollen, da bekam der Mußie Kopfweh, wollt Pillen fressen, der Teufel soll dir sie drehen, wart! Auf Wernern loß, läßt Fridericke gehn. Wer ist Er; he! ist Er sein Helfershelfer, oder was ist Er? Sapperment! Herr, ich schmeiß Ihn zum Fenster hinaus, wenn ich was merk, versteht Er mich? Mein Mädel darf mir nicht debauchirt werden –

FRIDERICKE.

Vater, liebster Vater! beleidigen Sie doch unsern Schutzengel nicht. Der Herr brachte Langen die Einwilligung seiner Mutter.

WALZ.

Das ist eine große Sache! Sapperment! die Einwilligung seiner Mutter! – wenn sie nicht gewollt hätte, so hätt sie samt ihrem Sohn können zum Henker gehn: ich geb niemand ein gut Wort drum, dich los zu werden; will dir schon einen an dern Mann schaffen, mein Liebchen. Schmeichelt ihr.

[143]
FRIDERICKE
weinend.
Es giebt nur Einen Langen, mein Vater!
WALZ.

Was Langen! ists der nicht, so ists ein andrer; wer ein Wort deintwegen verliehrt, verdient dich nicht.

WERNER.

Rechnen Sie doch, ich bitte, dem Herrn Assessor dasjenige nicht auf, was ihm selbst schon das Herz fast abgedrückt hat.

WALZ.

Puh! ist das vielleicht der Notar, der euren Winkelcontrakt hat aufsetzen sollen, weil er dem so das Wort spricht? – Sapperment, noch eins! Karl! Jakob! Will zur Thür hinaus rufen.

LANGEN
zieht ihn zurück.

Beschimpfen Sie meinen Freund nicht; ich bin schuldig, ich erkenns, habs erkannt, hab mir alle die Vorwürfe, die Sie mir machen können, schon selbst gemacht! allein, wessen ist eine unglückliche Liebe nicht fähig; verzeihn Sie mir und seyen Sie stolz darauf einen solchen Engel zur Tochter zu haben.

WALZ.

Was Engel! mit mir muß der Herr nicht wie ein verliebter zuckersüßer Haas schwätzen – Mein Mädel ist ein Mädel –

LANGEN.

Und ein gutes Mädchen! dessen Tugend die Meinige beschüzt hat – Und Sie sind ihr, sind mein Vater! – Werner hat mir die Einwilligung meiner Mutter ausgewürkt – o das ist ein Freund, Herr Walz, das ist ein Freund!

WALZ.
Würklich! Beguckt ihn. Wie sieht denn das Wunderthier aus?
[144]
WERNER.

Wenn sich alle edle weichgeschaffne Seelen, die für einander gemacht sind, immer hier träfen, mein Herr! so wie Langen und ich uns getroffen haben, ächte Freundschaft würde gewiß nicht so selten seyn.

WALZ.
Gut gesprochen! Herr, er muß auch mein Freund seyn.
WERNER.
Topp! wenn Jungfer Fridericke –
WALZ.

Seys! die mag der Assessor als Geißel unsrer Allianz in Verwahr nehmen. Stummes Spiel zwischen Langen und Fridericken. Aber Sapperment! jezt sagen Sie mir doch, was hat denn eigentlich die Frau mit dem langen Titel gegen meine Tochter einzuwenden gehabt?

LANGEN.

Vernünftige Gründe konnte sie keine anführen, und alberne Vorurtheile, dächt ich, muß man nicht aufwärmen. Erzählen Sie uns lieber, wie Sie es angegriffen haben, sie auf unsre Seite zu bringen.

FRIDERICKE.
Wofür? genug, daß ich jetzt die Ihrige werden darf.
WALZ.
Wenn der Gukuk nicht wieder was in Weg führt.
LANGEN.
Mit meiner Mutter Consens und dem Ihrigen, Herr Walz! ist mir vor nichts bange.
LENCHEN
kommt.
Ihr Bedienter will Sie sprechen, Herr Assessor!
[145]
WALZ.

Hast du ihn nicht grad hereinschicken können? bey ehrlichen Bürgersleuten braucht sich niemand erst melden zu lassen.

LENCHEN.
Ich sagts ihm auch, Vater! aber er will mit seinem Herrn allein sprechen.
LANGEN.

Immer macht er den Geheimnißvollen! sagen Sie ihm nur: ich wollt ihn hier sprechen, Jungfer Schwester.

LENCHEN.

Jungfer Schwester? – doch nicht unserm Vater zum Trotz? – pfui, Herr Bruder, das war ein häßlicher Gedanke! Geht ab.

WALZ.
Sieht ers! so gehts, wenn man nicht den graden Weg geht: da wird man sogar der Kinder Spott.
LANGEN.
Hab ich doch noch zu rechter Zeit eingelenkt?
WILHELM
kommt, zieht Langen bey Seit.

Sie sind gesucht worden, mein Herr! Auf Befehl Ihro Majestät der Kaiserinn, sollen Sie sogleich vor ihr erscheinen.

FRIDERICKE.
Sie erblassen, Langen! Was gibts? was ists?
LANGEN.
Ich soll sogleich vor Ihro Majestät der Kaiserinn erscheinen.
LENCHEN.

Und darüber erschrecken Sie? Ey, ey, Herr Bruder! ist das der Mann, der vorher die ganze Welt fressen wollte? der auf einmal, mit einem Wort, mit einem Druck alles zernichten, [146] zu Staub zermalmen wollt? – und jetzt zittern Sie, einer so gnädigen, so guten Monarchin unter die Augen zu treten! Ich wollte ja –

WALZ.

Ich wollte ja – freylich! wie dus verstehst, Gelbschnabel. – Ich bin gewiß keiner von den Furchtsamen, Sapperment! ich nehms mit mehr als einem auf, und habs bewiesen – aber wenn ich vor meinen Landesherrn treten soll, so klopft mein Herz allemal stärker; ich fühl so etwas, so etwas – das ich nicht sagen kann. – Wenns denn vollends eine Dame ist – da bin ich so klein –

LANGEN.
Wer brachte denn den Befehl?
WILHELM.

Ein Herr, den ich nicht kenne; er wollte durchaus wissen, wo Sie wären; wollte mit mir gehn, Sie aufsuchen helfen: ich mußt ihm hoch und theuer versprechen, es Ihnen gleich zu wissen zu thun, und heiligst versichern, daß ich nicht eigentlich wüßte, wo Sie wären; sonst hätt er mich nicht allein gehn lassen.

LANGEN.
Hat ihn meine Mutter gesehen?
WILHELM.

Nein; sie ist schon eine ganze Stunde aus: im Herweg hab ich sie von weitem sehn nach Haus gehn; sie sah wider Gewohnheit ganz munter aus –

LANGEN.

Gut – ich komme gleich. Wilhelm ab. Himmel! ein so unerwarteter, so dringender Befehl, was mag der wohl auf sich haben?

[147]
LENCHEN.
Was anders, als etwas angenehmes? kommt er denn nicht von unsrer guten Kaiserinn?
FRIDERICKE.
Lenchen hat Recht. Warum wollen Sie sich denn ohn alle Ursach ängstigen?
LANGEN.

Gott gebs! – Werner! wenn Sie mich betrogen hätten – Verzeihn Sie, es war nur so ein Gedanke, der mir durch die Seele fuhr – Aufs Wiedersehn: gleich nach der Audienz bin ich wieder hier.

FRIDERICKE.
Thun Sies ja, mein lieber Langen! gleich nach der Audienz. Ich werd Sie mit Ungedult erwarten.
LANGEN.

Und ich keinen Augenblick Ruhe haben, bis ich Sie wieder seh. Adieu! – Rickchen, bey Gott! gleich nach der Audienz, oder – nie mehr.Ab.

WALZ.

Kleine, mach Anstalt zum Mittagessen; ich will indessen bey meinen Leuten noch ein wenig die Rond machen. Er und Lenchen ab.

FRIDERICKE.

Oder nie mehr! – Ich muß gestehn: ganz wohl ist mir bey der Sach auch nicht, wenn ich mich gleich so gestellt habe. Sollte die Einwilligung seiner Mutter auch wohl von Herzen gegangen seyn? Ich trau ihr kaum halb; sie war zu erbittert auf unser Haus –

WERNER.

Sie müßte ein Teufel seyn, wenn sie sich so hätte verstellen können; unmöglich! die Vorstellungen, die ich ihr machte, waren so dringend, [148] daß sie ihnen Gehör geben mußte. Anfangs freylich machte sie mir allerhand Einwürfe, die ich aber um so viel eher übern Haufen werfen konnte, da ich kaltblütig und bey der Sache selbst nicht intereßirt war. Sie fieng an zu wanken; ich drang besser in sie, schilderte die Verzweiflung ihres Sohns, die unglücklichen Folgen, die sie haben könnt, mit so lebendigen Farben, daß sie vollkommen nachgab, und mich im gelassensten, ruhigsten Ton von der Welt bat, ihrem Sohn zu sagen, sie hätte ihre Gesinnung verändert; sobald sie wieder nach Haus käme, würde er nicht ohne Erstaunen ihren wahren Entschluß erfahren. –

FRIDERICKE.

Desto besser! so kann ich also meinen Langen ganz ruhig erwarten. – Wenn je noch was vorfallen sollte, so verlaß ich mich auf Sie, Herr Werner; ich kenne Sie erst von heute, aber Sie haben sich mein ganzes Zutraun eigen zu machen gewußt.

WERNER.

Ich werd es zu verdienen suchen; wenn ich was zu Ihrer Beruhigung, zu Ihrem und Langens Glücke beytragen kann, werd ich gewiß Ihren Wink nicht erst erwarten. Geht ab.

FRIDERICKE.
Bald werden wir uns also öfters zu sehn bekommen.

5. Akt

[149] Fünfter Akt.

Ein großer öffentlicher Platz: auf jeder Seite zwo breite Straßen gegen einander über; eine davon ganz im Grund. Verschiedene Personen gehn in der Mitte des Platzes spatzieren. Werner und Wilhelm kommen linker Hand aus der vordersten Straß heraus.

WILHELM
auf die hinterste Straße von der nemlichen Seite deutend.

Sehn Sie! da muß er herauskommen, und die Straße hier Auf die vorderste gegenüber zeigend. führt grad an die Reitschule. Er kann Ihnen unmöglich entgehn.

WERNER.

Gut! ich will ihn erwarten. Gerechter Gott! wo will das noch hinaus? Hat ers dann von der Mutter selbst gehört, daß sie einen Fußfall vor der Kaiserinn gethan hat?

WILHELM.

Nein! ihr Herzpüppchen, die Mamsell Caroline, hats im Haus herumposaunt, und ist dabey herumgesprungen, wie ein Ziegenbock.

WERNER.
Das gleicht ihr; es ist just so ein Geschöpf, wie die Alte.
WILHELM.

Ich muß wieder nach Haus gehn, sonst krieg ich mein Theil, wenn sie mich mißt. – Den Heimweg werden Sie jetzt doch finden?

WERNER.
Wollt, ich dörft ihn gar nicht mehr suchen: geh er nur.
WILHELM
im Fortgehn.
Kommen Sie zu Tisch?
[150]
WERNER.

Schwerlich! – ich bin satt bis an Hals, wenn ich mir das Vipernzeug nur denke. Wilhelm ab. Solche Bosheit im weiblichen Geschlecht, im seynwollenden schönern Theil der Schöpfung! Gott – Gott! Geht unruhig und gedankenvoll auf und ab, sieht öfters nach der Straße, wo Langen herkommen soll. Auf einmal kommt Walz rechter Hand aus der vordersten Straße heraus: sobald er Wernern sieht, ruft er ihm zu.

WALZ.
Das ist schön, Sapperment! recht schön; es kommt immer besser.
WERNER.
Wie? haben Sies auch schon erfahren, Herr Walz?
WALZ.
Ob ichs erfahren habe? Zum Henker auch! Ist nicht in meinem Beyseyn, mir unter der Nase paßirt?
WERNER.
In Ihrem Beyseyn hätte sie Bosheit genug gehabt, so was auszuführen?
WALZ.

Herre! was schwätzt er von Bosheit? ich laß meiner Monarchin nichts nachreden. Sie meynts allemal gut mit uns, wenn wirs gleich nicht einsehn.

WERNER.

Ich sprach nicht von Ihrer Monarchin; ich verehre sie so gut, wie Sie immer. – Ich dachte, Sie wüßtens schon: von der Justitzräthinn.

WALZ.

Justitzräthinn? Was kümmert mich die! die könnt meintwegen, sobald sie wollt, hinfahren, wo der Pfeffer wächst. – Von meiner [151] Tochter hab ich gesprochen, Herre! von meiner Tochter, die sie mir in Arrest genommen haben.

WERNER.
Ihre Tochter in Arrest?
WALZ.

Ja doch, meine Tochter: vom Essen weg haben sie mir sie in ein Kloster geführt; als ich fragte: warum? wieß man mir, statt aller Antwort einen kaiserlichen Befehl vor, und da mußt ich – verstummen.

WERNER.

Freund! Langen! – nein, das erträgt er nicht! – dem Streich erliegt er. Ganz gewiß ist das schon eine Folge des Fußfalls –

WALZ.
Was für ein Fußfall? – Wer hat einen Fußfall gethan?
WERNER.
Die Justitzräthinn – bei der Kaiserinn, die Heyrath zu hintertreiben.
WALZ.

So! – O Herre ich kann auch knien, ich kann auch einen Fußfall thun! stehenden Fußes will ich hin, will mir mein Kind wieder losflehen, will ein Gelübde thun, daß sie Langen nicht kriegen soll – mein gutes, liebes Kind, den Trost meines Alters, das Ebenbild seiner Mutter. – O wer doch ein alt Weib wäre, und recht flennen dörft!

WERNER.

Dadurch könnten Sie zwar sich, aber weder Langen noch ihrer Tochter helfen. – Folgen Sie mir Herr Walz, und warten Sie bis Langen wie der zurückkommt. Ich hoff immer, [152] es soll ihm geglückt haben, der Monarchin die wahre Beschaffenheit der Sachen vorzutragen.

WALZ.
Wenn er das gekonnt hat!
WERNER.
Verliebt genug ist er um beredt zu seyn.
WALZ.

Die wahre Beschaffenheit der Sachen! da steckts: wer weis, wie falsch die verfluchte Schlange sich erfrecht hat, Ihro Majestät meine Tochter und mich abzumahlen: sie ist Teufels genug um uns für die Verführer ihres Sohns ausgegeben zu haben; und wenn sies gethan hat, so hat sies in ihren Hals n'ein gelogen. Hätten sich die beiden Leute nicht so herzlich geliebt, Assessor hin, Assessor her, ich will ein Schurke seyn, wenn er jemals mein Jawort gekriegt hätte.

WERNER.

Eben deswegen Herr Walz müssen wir erst von Langen hören, wie die Audienz abgelaufen – Ihre Tochter ist ja gut aufgehoben.

WALZ.

Immerhin! sie ist doch nicht bei ihrem Vater: das arme Kind fiel in Ohnmacht, als sies fortschleppten; – Vater! Langen! war alles, was sie sagte – weg war sie.

WERNER.

Kein Wort mehr, guter Alter! kein Wort mehr; sonst möcht ich mein Daseyn verfluchen; und dennoch kann ich euch, kann ich Langen vielleicht noch was nützen. – Dort seh ich ihn kommen; mit starken Schritten kommt er – entfernen Sie sich, ich beschwöre Sie, sie [153] möchten sich verreden, und ich muß ihn erst ausforschen, eh er alles erfahren darf. Gott! wie werd ichs ihm vorbringen.

WALZ.

Ey was vorbringen! man sagts ihm grad heraus, ohne lang um den Brey herumzugehn – bin ich doch Vater, und hat kein Mensch gefragt, wie man mirs vorbringen wollte. Geht linker Hand in die vorderste Straße hinein, Werner auf Langen los; führt ihn an der Hand hervor.

LANGEN.
Lassen Sie mich, oder kommen Sie mit: ich hab meinem Rickchen eine starke Scene zu beschreiben.
WERNER.
Den Innhalt weis ich schon.
LANGEN
will sich losreissen.
So! also waren Sie mit vom Komplot! – Vorher muthmaßt' ichs nur, jetzt weis ichs gewiß.
WERNER.
Freund! wie können Sie sich so was denken?
LANGEN.

Mißbrauchen Sie doch dies edle Wort nicht! und wenn Sie nicht mit mir zu meiner Geliebten, zu meinem Kutschersmädchen wollen, so lassen Sie mich. – Schande, Schande! weis den Streich, den mir meine Rabenmutter spielen will, und kommt während der Zeit mich mit süßen Hoffnungen einzuschläfern. – Pfui dem –

WERNER.

Sie verkennen mich Langen! aber ich vergebs Ihnen; kanns aber heiligst betheuren, daß ich Ihrer Mutter so viel Verstellungskunst selbst nicht zugetraut hätte.

[154]
LANGEN.

Armer Mensch! läßt sich von einem Weib am Narrenseil herumführen. Wer sollts ihm ansehn, daß er so dumm ist. Haben Sie noch kein Weib sonst gesehn?

WERNER.
O ja!
LANGEN.

Und wissen nicht, daß der Satan selbst nicht erfindrischer an Kunstgriffen und Diebsränken seyn kann, als dis betrügrische Geschlecht, wenn Eigennutz, Stolz, Neid und andre dergleichen ihm eigene Triebfedern sich ins Spiel mengen? – Der kluge Kopf!

WERNER.
Sie machen doch Ausnahmen?
LANGEN.

Ja, und eben weil ich die mache, und machen muß, eben deswegen, Herr! soll mein Rickchen, mein Kutschersmädchen die Meine werden, und sollt sich die ganze Welt gegen mich verschwören, sollt ich in Wäldern mit ihr herum irren, von Wurzeln und Wasser leben, wilde Thiere mit der Faust erschlagen, mir und meinem Rickchen Kleider zu verschaffen! – Zum leztenmal; jetzt lassen Sie mich; jeder Augenblick, den ich hier verziehe, ist verschwendet, dahin geschleudert, meiner Liebe, meiner Ruhe abgestohlen.

WERNER.

Die Zeit wird mich rechtfertigen, Langen – Jezt beschwör ich Sie, mir nur noch mit drey Worten zu sagen, wie die Audienz abgelaufen?

LANGEN.

Das geht Sie nun nichts mehr an! – Doch ja, Ihnen und Allen, die ihre Pflichten so [155] wenig kennen, zur Schande, muß ich Ihnen nur mahlen, wie huldreich, gnädig, menschenfreundlich die beste Monarchin mit mir gesprochen hat; wie sanftmüthig selbst die Verweise waren, die sie mir gegeben: wie nachdrücklich sie mir den ganzen Umfang meiner Pflichten gegen meine Mutter erklärte; wie liebreich, wie gütig sie alle die Einwürfe anhörte, die mir meine Liebe eingab. Selbst der Enthusiasmus und die Hitze, mit der ich meine Sache vertheidigte, mißfiel ihr zwar, aber beleidigte sie nicht. – Wär etwas vermögend mir meine Liebe aus dem Herzen zu reißen, Gott weis es, so hätt es diese Unterredung seyn müssen, aber sie hat zu tiefe Wurzeln gefaßt. – Thränen wollten mein Auge schwellen, als ich ihr sagen mußte, ich könnte dismal ihrem Befehl nicht gehorchen, müßte mirs in Ehrfurcht gefallen lassen, wenn sie mir das Brod wieder nähm, das ich lediglich ihrer Gnade zu danken hätte, wollte lieber arm und unglücklich seyn, als meinem trauten Mädchen meiner Liebe entsagen. Hättet ihr alle nur den zehnten Theil von dem Gefühl, das in ihren Augen glänzte, es wär nicht so weit mit mir gekommen. – Jetzt können Sie der Frau Justitzräthinn Rapport abstatten; ihr habt mich zum letztenmal gesehn. Reißt sich los, und eilt in die vorderste Straße rechter Hand hinein.

WERNER.
Nicht so eilig Langen! Ihr Mädchen –
[156]
LANGEN
im Forteilen.

Erwartet mich – das Verbot der Monarchin war nicht stark genug mich von diesem Besuch abzuhalten, was wollt ihr denn?

WERNER.

Ein Wort nur! – Ihr Rickchen – Sie werden verzweifeln – Fort ist er, und hat mich nicht gehört. Gott wie schwarz muß ich ihm vorkommen! Will ihm nachgehn, steht wieder still, gedankenvoll da.

BETTELWEIB
ein Kind auf dem Arm.
Gnädiger Herr, ein kleines Allmosen um Gottswillen – will auch für Sie beten.
WERNER.
Seyd ihr Mutter?
BETTELWEIB.

Ja, mein schöner junger Herr, von drey Kindern, dis ist das kleinste, die andern laufen in der Welt herum, weis nicht wo?

WERNER.

Man sollt euch die Kehle zuschnüren, die Brüste mit glühenden Zangen auspfetzen, und die Lücken mit Pech und Schwefel füllen; und ihr wollt für mich beten? – für euch! für euch!

BETTELWEIB.
Gottes Barmherzigkeit; wer sollte denn für dis kleine Würmchen hier sorgen?
WERNER.

Wer für eure zwey andre auch sorgt. – Seyd ihr nur deswegen Frau geworden, um Kinder auf die Welt zu setzen, und sie alsdann jedem Unfall, jedem Unglück Preis geben?

BETTELWEIB.

Ja, mein gnädiger Herr, das waren ungerathne Jungens, liefen aus der Lehre fort, bestahlen ihre Meister; das mußt ich denn [157] ersetzen, und da behielt ich nicht einmal das Hemd auf dem Leibe.

WERNER.
Menschheit! Menschheit! – Da! Giebt ihr was, geht der Straße zu, in die Langen gegangen.
BETTELWEIB.
Der Himmel belohns Ihnen!
WERNER
bebt, als er um die Ecke herum will, zurück, gleich darauf wird Langen in einer Sänfte über den Platz nach der Straße gegenüber zu getragen.
Freund! Langen kehrt das Gesicht weg. Langen! es ist Ihnen doch kein Unglück zugestoßen?
LANGEN.
Zweymal schon: als ich geboren wurde, und als ich Sie zum Freunde nahm.
WERNER.
Haben Sie etwa gar Hand an sich selbst – Brauchen Sie Hülfe? – Warum hörten Sie mich nicht?
EIN OFFICIER
der in einiger Entfernung der Sänfte nachgieng, und hier sich ihr nähert.

Mein Herr! hier ist der Ort nicht mit meinem Gefangenen zu sprechen; sein Arrest wird ganz leidlich seyn, Sie können ihn in seinem Zimmer besuchen. Das Volk fängt an zu gaffen.

WERNER.
Langen Ihr Gefangener!
OFFICIER.

Auf Befehl Ihro Majestät mußt ich ihn an des Kutschers Haus erwarten, sonst allenthalben wär er frey geblieben; hier mußt ich ihm den Arrest ankündigen. Zu den Trägern. Fort! sonst gibts ein Auflauf. Zu Langen. Die Vorhänge können Sie zuziehn: so bald Sie wollen.

[158]
LANGEN.

Nein, mein Herr! ein armer Sünder, der zum Hochgericht geführt wird, muß sich von Jedermann unter die Augen sehn lassen, selbst von seinen Verräthern. Sänfte ab; Officier nach.

WERNER.
Sein Mädchen im Kloster! – Er im Arrest! – Und das will eine Mutter seyn! Ab.

6. Akt

[159] Sechster Akt.

Langens Studierstube. Die Thüre des Nebenzimmers ist etwas offen. Werner sitzt am Schreibtisch und ist beschäfftigt, Papiere in Ordnung zu bringen.

WILHELM
kommt aus dem Nebenzimmer.

Aber um Gotts willen, Herr Werner! warum gehn Sie nicht auch und ruhen ein wenig; jetzt, da mein Herr selbst schläft, hätten Sie die beste Gelegenheit dazu: – Wenn Sie so fort machen, wo solls hinaus? Sie müssen auch liegen bleiben, und dann gnade Gott uns Armen!

WERNER.
Er meynts gut mit mir, Wilhelm! ich danke ihm.
WILHELM.

Bedenken Sie nur selbst: in den drey Wochen, die mein Herr so traurig und elend da liegt, haben Sie gewiß keine dreymal sechs Stunden in Ordnung geschlafen.

WERNER.

Wer kann helfen, mein guter Wilhelm! was seyn muß, muß seyn. Es ist schon zwey, dreymal nach verschiedenen Schriften geschickt worden: wer soll sie denn aussuchen, wenn ich es nicht thue? – Bringt einen geschriebenen Quartband aus einer Schublade hervor. Das ist ja meine eigene Handschrift – Gott! wie kommt die – meine Abhandlung – Wilhelm! ich dachte, die wäre schon bald gedruckt; er hat ja das Geld davor gebracht; wie kommt sie denn wieder hieher?

[160]
WILHELM.

Geld, Herr Werner! hab ich so wenig gebracht, daß mir vielmehr der Buchhändler das Manuscript wieder an meinen Herrn zurück gab.

WERNER
betroffen und nachdenkend.

In diesem Zug erkenn ich ihn ganz wieder: Edle wohlthätige Seele! – Gerechter Gott! kannst du denjenigen so im Unglücke sehn, der, gleich dir, stets für andre zu sorgen bedacht war! – Wilhelm, bestell er den Pack Akten hier an seine Addresse. Wilhelm ab; bald darauf kommen Justitzräthinn und Caroline zur Haupthüre herein: als sie Langen nicht sehn, gehn sie auf das Nebenzimmer los.

WERNER.
Wo wollen Sie hin? er schläft.
JUSTITZRÄTHIN.
Ich werd Sie doch nicht um Erlaubniß fragen, wenn ich meinen Sohn besuchen will.
WERNER.

Man sollte Wunder denken, wie sehr er Ihnen anliegt – aber jetzt können Sie ihn nicht sehn; der Doktor hats verboten.

JUSTITZRÄTHIN.
Das Verbot gilt mir nicht; – ich bin seine Mutter.
CAROLINE
in einem naseweisen Ton.
Und ich seine Schwester.
WERNER
wirft Carolinen einen verächtlichen Blick zu; zur Justitzräthin.
Sie habens ihn fühlen lassen!
CAROLINE.
Mama, sieh Sie: der Christian darf an seinem Bett sitzen, aber uns will man nicht zu ihm lassen.
[161]
JUSTITZRÄTHIN.
Dem wird der Doktor wohl ein Privilegia gegeben haben.
WERNER.

Er hat nicht nur ein Privilegium, sondern sogar Befehl, soviel möglich um ihn zu seyn, weil der noch allein fähig ist, ihn etwas zu zerstreuen.

JUSTITZRÄTHIN
zur Caroline.
Komm, wir wollen sehn, ob er sanft schläft.
WERNER
stellt sich ihnen in Weg, in einem gesetzten Ton.

Madam! ich rath Ihnen: wenn ich nicht Gewalt brauchen soll, so gehn Sie keinen Schritt weiter. – Misgönnen Sie dem armen Schlachtopfer Ihrer tollen Eitelkeit etwa gar das bischen Schlaf, das ihm der Himmel schenkt? – Seit so langer Zeit ist das wieder der erste, der ihm die Augen zudrückt.

CAROLINE.

Mama! nicht wahr, wenn der Bruder stirbt, da müssen wir trauren, und da bekomm ich ein schwarzes Kleid?

JUSTITZRÄTHIN.
Freylich – ich hoff aber, es soll nicht so weit kommen.
WERNER.

Das ist noch das geringste, was Sie zu befürchten haben; und, weh Ihnen! wenn einst die Gewissensbisse zu spät – Caroline will sich hinter ihm hineinschleichen. Schlangenbrut! willst du zu rück bleiben! – Reißt sie zurück.

CAROLINE.
Mama! Mama! Weint, und verbirgt das Gesicht an ihrer Mutter.
[162]
JUSTITZRÄTHIN.

So! also wär ich wohl die Schlange? Gut, mein Herr! mein Sohn wird nicht immer krank seyn, und alsdann werd ich mir Satisfaxion zu verschaffen wissen.

WERNER.
So viel Sie wollen; wär er auf diese Gefahr nur wieder gesund!
JUSTITZRÄTHIN.

Er wärs schon längst, wenn ihr ihm nicht immer neue Grillen in Kopf setztet: – könnt ich immer um ihn seyn, ich wollt ihn bald –

WERNER.
Vollends ins Grab geärgert haben.
JUSTITZRÄTHIN.
Aber kommt mir der verdammte Kerl mit dem großen Schnurrbart nur wieder über die Schwelle! –
WALZ
der bey den letzten Worten zur Thür herein kam, ohne daß ihn jemand sah, laut.
Bin ich etwa dadurch gemeint?
JUSTITZRÄTHIN UND CAROLINE.
Ah!
WERNER.
Sachte! ums Himmels Willen, sachte! weckt ihn nicht.
WALZ.

Eurer rothen Haar wegen komm ich beym Guckuk nicht her: das dörft ihr euch nicht einbilden. Wollt lieber den Teufel sehn, als euch Fratzengesichter. Käms nit drauf an, den armen Jungen wieder zurecht zu bringen, dem ihr den Kopf verrückt habt, hol mich dieser und der! wenn ich einen Tritt in euer Haus thun möchte.

[163]
JUSTITZRÄTHIN.

Schon gut! schon gut! ich hätt ihm den Kopf verrückt? weiß besser, wers gethan hat. Mit Carolinen ab.

WALZ.

Hast Zeit, daß du gehst. – Ich bin niemands Feind, Herr Werner! aber der Frau, Stück vor Stück könnt ich ihr die Seel aus dem Leibe reissen sehn.

WERNER.
Hälfs für was?
WALZ
guckt ihn bedenklich an.
Da hat der Herr wieder Recht. – Meintwegen; Gott mags richten. Ist der Doktor heut schon da gewesen?
WERNER.
Noch nicht! vermuthlich hat die Reih unser Quartier noch nicht getroffen.
WALZ.

Möcht doch keinen Doktor haben, der in der Kutsch Visiten macht, und wenn er mich noch dazu bezahlen wollt. – Muß man sichs nicht ordentlich für eine Gnade schätzen, wenn sie sich fürs doppelte Geld zu einem bemühn.

WERNER.
Dafür kann man sich auch auf sie verlassen.
WALZ.

Ey was verlassen; ist der Herr etwa auch auf dem irrigen Wahn; als müßt ein Doktor zwölf Pfund Ziegenhaar auf dem Kopf schleppen, vor lauter Runzeln nicht mehr aus den Augen sehn, und ohne Krücken kaum fortkommen können, wenn er was leisten soll? – Ich sag Ihnen: ein junger Mensch, der etwas gelernt hat, und sein Glück noch erst machen will, giebt sich [164] mehr Mühe, und studirt seinen Kranken weit besser, als die alten Graubärte, die schon ganze Kirchhöfe voll kurirt haben.

WERNER.
Hie und da mag der Fall wohl wahr seyn.
WALZ.
Hat der Assessor heut schon gebadet?
WERNER.
Keine zwölf Pferde hätten ihn ins Wasser gebracht.
WALZ.
Ihr seyd mir rechte Leut! mit drey Worten hab ich ihn drinn.
WERNER.
Dafür sind Sie auch Rickchens Vater.
WALZ.
Leider!
WERNER.
Warum, leider?
WALZ.

Ach Herre! das kann er nicht begreifen, wie schwer es ist, Vater zu seyn, wenn mans recht seyn will. Da bin ich im Kloster gewesen: Zehrt sich das arme Mädel nicht ab, daß es ein Jammer ist; so dürr, wie der Schatten an der Wand, und so blaß, wie ein Innschlittkuchen – Ich werd auch noch zum Narren! – Das arme Ding frißt seinen Gram so ganz in sich hinein –

WERNER.
In kurzem, hoff ich, soll das alles sich ändern; der Herr Staatsrath –
WALZ.
Sind Sie bey ihm gewesen?
WERNER.

Freylich, und hab ihm alles erzählt, alles vorgestellt; er war ganz gerührt. Der Zustand des armen Langen hat ihm beynahe [165] Thränen ausgepreßt, und über die heimtückische Bosheit seiner Mutter hat er die Zähne geknirscht.

WALZ.

Er will sich also unsrer annehmen, will dafür sorgen, daß ich mein Mädel wieder bekomme? der brave Herr!

WERNER.

Sobald der Hof von Schönbrunn zurückkommt, will er Ihro Majestät die Sache im rechten Licht zeigen; er meynts gar gut mit Langen: wenns auf ihn ankäm, müßt gewiß die Justitzräthin für ihre verwegne Verläumdung die Stelle Ihrer Tochter ersetzen. – Eins nur müssen wir noch besorgen; – Langens Feinde haben ausgesprengt, seine Krankheit wäre untheilbar; auf allen Fall will ers deswegen vom Medico attestirt haben, wie es eigentlich um sein Gesundheitsumstände aussieht.

WALZ.

O ein Attestat soll uns der Pillendreher gleich aufsetzen. Ich hör einen Wagen anfahren: vielleicht ist ers.

WERNER
geht ans Nebenzimmer, sieht hinein, Christian kommt herausgeschlichen.
Schläft dein Bruder noch? Christian!
CHRISTIAN.

O ja! er dreht sich aber so unruhig herum; ein paarmal hat er ordentlich gelacht, aber im Schlaf nur: hernach hat er mit den Händen gefochten, als wenn er Händel hätte; endlich hat er lang, gar lang geweint, aber nur im Schlaf, und jetzt ist er still geworden.

[166]
WERNER.
So bald er erwacht, mein Sohn, so ruf mich.
CHRISTIAN.
Das will ich thun, Herr Werner!
WERNER
geht dem Doktor entgegen.
Endlich hat unser Patient etwas Ruhe wieder; seit zwo Stunden ungefähr schläft er.
DOKTOR.
Das hat meine Medicin gethan: ich dachte mirs wohl. Hat er heut wieder einen Paroxismum gehabt?
WALZ.
Er ist ja ganzer sechs Tage nicht draus gekommen.
DOKTOR.
Da hat man gewiß meine Verordnung nicht recht befolgt.
WALZ.

So macht ihr Herren es immer: geht was gut, so hats eure Kunst gethan; gehts übel, so muß der Fehler sonstwo stecken.

DOKTOR.
Ganz gewiß hat er wieder was in die Augen bekommen, das ihn rappelköppisch gemacht hat.
WERNER.

So viel mir möglich war, nicht: ich hab sogar seine Mutter und Schwester entfernt, weil ihn ihr Anblick allemal aufbringt.

DOKTOR.

Wohl gethan, mein Herr! sehr wohl gethan; aber nicht genug, Sie müssen ihm gar keine Zeit lassen, auf seine Lieblings-Ideen zu kommen.

WALZ.

Ja, wer das könnte! Ein Wort, ein Nichts kann ihm drauf helfen. Wenn man meynt er ist am ruhigsten, so gehts wieder desto ärger an.

[167]
DOKTOR.
Ganz gewiß werden die kalten Bäder nicht ordentlich gebraucht.
WALZ.
Ja doch! ich setz ihn allemal selbst hinein.
DOKTOR.

Sorgen Sie ja, daß er seinen Trank auf die Minute nimmt; – per epicrasin laxantia sind in solchen Umständen –

WALZ.
Wenn ich nur einmal Besserung sähe, es wird vielmehr immer ärger.
DOKTOR.

Das macht, weil er im Gemüth nicht ruhig ist; wenns erst da geholfen wäre, so sollt sich das andre schon geben, denn wie der weise Vater Galenus schon gesagt hat: cessante causa, cessat effectus.

WALZ.

Das wars eben Herr Doktor, – das wars. Wissen Sie was, wir haben ein schönes Mittel dahin zu gelangen, Sie müssen uns aber helfen.

DOKTOR
will fortgehn.

Ganz gehorsamer Diener! Recepte, Konsultationen; so viel Sie wollen, aber das andre ist meines Amts nicht.

WALZ.
Es wird nicht bezahlt, nicht wahr?
WERNER.

Still Herr Walz! Mein Herr Doktor, es kommt nur drauf an, uns gegen billige Belohnung ein Attestat zu geben, daß die Krankheit meines Freunds mehr im Gemüth als im Körper sitzt.

[168]
DOKTOR.

Ja, so läßt sichs hören! – Den Statum morbi aufsetzen, das kann ich schon gegen billige – wie Sie gar wohl bemerkt haben. Den Augenblick! Setzt sich an den Schreibtisch, indem er das Papier zurecht legt. Man hat mich zwar schon dreimal in ein gewisses Haus zu einer Frau rufen lassen, die seit drey Tagen in Geburtsschmerzen liegt, sie kann aber noch ein Stündchen warten; warum lassens die Leut auf die lezte Extremität kommen, und schicken nicht eher? Schreibt.

WALZ
stampft mit dem Fuß, und schlägt sich vor die Stirn.
Sapperment!
DOKTOR.
Was fehlt ihm guter Freund?
WALZ.
Da wars, als gäb mir Einer einen Stich ins Herz.
DOKTOR.

Sanguis crassus, sanguis crassus, mein Freund! dickes, zähes Geblüt. Eine Aderlässe, je früher, je besser, das zieht das böse Geblüt vom Herzen. Schreibt immer fort.

WALZ.
Haben Sie oft Ader gelassen? Werner winkt ihm zu schweigen.
DOKTOR.
Manches Jahr funfzehn, zwanzig und mehrmal.
WALZ.
Sapperment! das hätt ich mir mein Lebtag nicht eingebildt.
WERNER.
Ihrer gesunden Gesichtsfarbe und robustem Körper nach, meynt Herr Walz.
DOKTOR.

Ja meine Herren! und ich hab mit alle dem doch recht tüchtig in meiner Jugend gelebt; [169] und ich war lang jung, meine Herren! sehr lang, aber die Diät, die Diät –

WALZ.
Die anzupreisen ist doch wohl Ihres Amts auch nicht?
DOKTOR.

Gesunden freylich nicht! bey guten Freunden aber thut man schon was übriges. – Hier, Herr Werner Giebt ihm den Statum morbi.

WERNER.
Ich danke indessen – Mit dem Kranken –
DOKTOR.

Fahren Sie so fort, wie bisher; nur keine Aergernis! nur keine Aergernis! Empfehle mich.Geht ab, Werner bis an die Türe mit.

WALZ
speyt ihm nach.

Die Zipfelperücke hätt ich ihm vom Kopf reisen mögen! dem – Sapperment! ist der Kerl nicht hartmäuliger und unempfindlicher als ein Karrengaul, der zehn Jahre in der Mühle getrieben hat.

WERNER
ruft.

Wilhelm! Wilhelm! – er ist wohl noch nicht zu Haus – Nun es ist auch besser ich trags hernach selbst hin.

CHRISTIAN.
Herr Werner, der Bruder!
LANGEN
kommt im Schlafrock heraus, blaß und hager, mit stierem Blick.

Halt – wohin, wohin eilst du? Geliebte! Rickchen! mein trautes Rickchen! – Bleib! bleib – du fliehst mich – – wo ist sie hin? Kerls wohin gieng sie, wollt ihr reden? – Wie sie da stehn, als hätt sie der Donner gerührt! – zittert, zittert nur; der Wurm nagt euch am [170] Herzen – Gewissen, Gewissen! das tobt, nicht wahr? – Junge, du warst bey mir da drinn, red! wo steckt sie?

CHRISTIAN.
Ich hab niemand gesehn, lieber Bruder.
LANGEN.

Niemand gesehn, niemand? und kanst doch die Augen so sperr weit aufklotzen; – Schurke! bist auch wider mich? Nimmt ihn vor der Brust und wirft ihn ein paar Schritte von sich; Werner und Walz wollen auf ihn zu, und ihn halten, er wirft einen dahin, den andern dorthin. Wer seyd ihr, daß ihr mich halten wollt? Mark, Mark fehlt euch in Knochen, und mir kochts über und über. – Schaft mir mein Rickchen, da – da wars; ihr habt mirs entrissen. – Ha! du Schlangenseele! Auf Wernern los. bist du auch da? Meine Mutter hat ja eingewilligt, nicht wahr? so sags doch, sie hat eingewilligt – Packt ihn. sags, sags, oder ich drück dich zu Staub –

WERNER.
Das that sie – dem Schein nach.
LANGEN.

Wie du ein Freund bist – der Otternbrut! Walz hat ers gehört, sie hat eingewilligt Rickchen ist die Meine – wo ist sie? – heraus mit ihr – heraus sag ich, du alter Schnurrbart, Haar für Haar reiß ich dir ihn aus – Fällt über ihn.

WALZ.

Hülf, Hülfe! Sapperment er erwürgt mich; wills meinem Mädel sagen, wie Sie ihren Vater traktiren. Werner eilt nach Hülfe der Thür zu, da Langen den Walz hier los läßt, kehrt er wieder um.

[171]
LANGEN.

Vater! – bist du auch Vater – was ist ein Vater? – ein Tyrann, Wütrich, Scheusal, Kindermörder – komm, sey auch mein Vater, schlag mir das Hirn ein, und stutz deinen Schnurrbart damit auf – Sieh, hier steh ich – Fängt an zu zittern, sinkt nach und nach in die Knie, weint, ringt die Hände, scheint endlich zu beten.

WALZ.
Ums Himmels willen, rufen Sie doch Leut, die ihn aufs Bett schleppen –
WERNER.

Er fängt schon an ruhiger zu werden; wir können ihm die Erniedrigung erspahren; er zieht sichs doch zu Herzen. Langen will aufstehn, kann nicht; Werner und Walz helfen ihm auf den Sopha; er hängt den Kopf, sucht das Gesicht zu verbergen.

WERNER.
Wie ist Ihnen, bester Freund?
LANGEN
seufzt schwer.
WERNER.
Wie ist Ihnen?
LANGEN
sieht ihn starr an, drückt ihm die Hand, und verbirgt das Gesicht wieder.
Ich hab Sie schon wieder beleidigt, mein Bester!
WERNER.
Ich wüßte nicht – seyen Sie unbekümmert.
LANGEN.

Doch! ich weis, was Sie für mich gethan haben, was Sie noch thun, und mach Ihnen täglich Vorwürfe, unverdiente Vorwürfe, die ich meinem ärgsten Feinde nicht machen sollte.

WERNER.
Ich weis, daß Sie besser von mir denken.
[172]
LANGEN
sich aufrichtend, auf den Kopf deutend.

Alles hohl hier; leer, dumpf – Ha! lieber Walz, was macht mein Rickchen; mir träumte ich säh es, schlöß es in meine Arme, wie seelig war ich nicht! Hätte der Traum doch nie aufgehört! – Liebt es mich noch?

WALZ.

Wie sein eigen Leben! – und ich lieb Sie auch, Herr Assessor! wenn Sie mich gleich haben stranguliren wollen. Gibt ihm die Hand.

LANGEN.

Verzeyhen Sie – wie gesagt, An die Stirne deutend. hier fehlts: – da spühr ichs mein Lebtag. – Christian Der schleicht sich wieder näher herbey, weil er merkt, daß er wieder ruhig ist. weist du jetzt, was die Wuth heist?

CHRISTIAN.
Ja Bruder, soll ichs Buch hohlen? es liegt im Schlafzimmer.
WERNER.
Jetzt nicht, Christian; erzähl lieber ein hübsch Histörchen.
CHRISTIAN.

Von den zwey jungen Leuten, die sich so gern gehabt haben, und die sich in – – wie heist die Stadt in Frankreich, wo so viel Seidenzeug und Gold- und Silberstoff gemacht wird? –

WERNER.
Lion.
CHRISTIAN.
Und die sich in Lion mit einanderer schossen haben, soll ich?
WALZ.
Pfui, Mußie Christian, das muß ja so traurig seyn, wie die Sterbglocke; was lustigs –
[173]
LANGEN.
Erzähl, erzähl Junge!
CHRISTIAN.

O es ist wohl lustig zu hören, wie sie sich erst schneeweis angethan, sich allebeyde mit rosenfarbnen Bändern geziert, und sehn Sie, sich auch so Bänder um den Hals geschlungen, und an die Pistolen gebunden und mit einander gebetet haben, o das ist wohl artig!

WALZ.
Aber das Erschießen Mußie Christian, das Erschießen!
CHRISTIAN.

Ey da wurden sie doch mit einander begraben, weil ihre Eltern nicht haben wollten, daß sie beysammen leben sollten.

LANGEN.

Herzensjunge! – Engelskind! komm, laß dich umarmen, dich an diesen Busen drücken, den du zerfleischest Wilhelm bringt Wernern ein Billet, geht gleich wieder ab; während Langen sich mit dem Jungen beschäftigt, brichts Werner auf, sieht nach der Unterschrift.

WERNER.
Ha! vom Staatsrath! Walz drängt sich hart an ihn an, und versuchts, ihm über die Schulter zu lesen.
LENCHEN
kommt.

Vater! Vater! So bald Langen Lenchen sieht, macht er sich von Christian los, fängt an zu weinen, und geht ins Nebenzimmer; Christian schleicht ihm nach.

WALZ.
Halts Maul jetzt – Wart. Liest wieder mit.
LENCHEN.
Es hat Eil, Vater! nur ein paar Worte.
[174]
WALZ.
Sapperment! so wart doch: jetzt weiß ich kein Wort mehr, was ich gelesen habe.
WERNER.

Freun Sie sich! freun Sie sich! Langen wird uns wieder geschenkt; wir sind alle geborgen – hören Sie:

LENCHEN.
Vater, um Gotts willen! die Aebtißin schickt mich –
WALZ.
Wenn du nicht schweigst, Plaudertasche, so schick ich dich und sie –
WERNER.

Hören Sie: Liest. »Eines Geschäffts wegen wurd ich nach Schönbrunn berufen. Ich ergriff die Gelegenheit, Ihrem Freund, an dem ich Talente und ein gutes Herz schon längst entdeckt hatte, das Wort zu reden. Eine bloße wörtliche Wiederholung dessen, was Sie mir gesagt haben, war ohne weitere Beweise hinreichend unsrer gnädigsten Monarchin die schlechten Beweggründe der Justitzräthin zu enthüllen. Kaum, daß Sie sich vorstellen konnte, wie Eitelkeit und Stolz eine Mutter zu solcher Bosheit und Hartherzigkeit verleiten könnte. – Ich habe den Auftrag bekommen, sie zur Vernunft zu bringen; giebt sie den Vorstellungen, die ich ihr machen werde, kein Gehör, so bin ich bevollmächtigt, Gewalt zu brauchen. Sie kann sichs zur Gnade schätzen, daß sie noch die Alternativ hat. – Ihr Freund wird aus der Kanzley das Dekret als Justitzrath mit 500 Fl. mehr Besoldung, als er jetzt hat, zur Aussteuer erhalten; seine Geliebte[175] ist in dem Augenblick frey: der Befehl ist deswegen schon gegeben. Ich bin stolz darauf zu Ihrer allerseitigen Beruhigung etwas beygetragen zu haben.

von Dowell,

Staatsrath.«

WALZ.
Heysa! es leb die Kaiserin Königin! es leb unser Kaiser!
LENCHEN.
Kommt die Schwester wieder nach Haus, Vater?
WALZ.

Heut noch, Kleine! heut noch Langen – Da er ihn nicht sieht, zu Wernern. eilen Sie doch, es ihm zu sagen; es wird ihn gewiß freun Werner ins Nebenzimmer. Jetzt red, was soll ich?

LENCHEN.
Den Augenblick zur Aebtißin kommen; meine Schwester macht ihr ganz angst.
WALZ.
Warum? was gibts? was ist vorgangen?
LENCHEN.

Ach! sie sagt, sie hätt in drey Tagen nicht so viel gegessen, als ich im Auge leiden könnte, und seit er fort wäre, könnte man keine Sylbe aus ihr bringen.

WALZ.
Wenn das alles ist; – jetzt will ich sie schon wieder essen und reden machen, wart nur!
LENCHEN.
Wenn sie heim kommt, wollen wir sie recht sehr bitten.
WALZ.

O ich weiß noch ein besser Mittel: wenn ich sie jetzt hab, so führ ich sie der alten Vettel hier zum Trotz erst hieher, da kurir ich [176] dann zwey auf einmal – ich freu mich schon im Voraus; Geht mit Lenchen fort; hält plötzlich ein. doch, wart! wir wollen ihr von der ganzen Veränderung nichts sagen, bis sie erst hier ist; daß du ja reinen Mund hältst! Justitzräthin kommt ganz furchtsam herein.

LENCHEN.
Er darf nicht sorgen, Vater! Geht mit Walzen ab.
JUSTITZRÄTHIN
grüßt sie höflichst.
Ich vertreib Sie doch nicht?
WALZ.

Ganz und gar nicht: bin mein Lebtag keinem aus dem Weg gangen, will bey Ihnen nicht anfangen. Ich will nur Succurs holen. Ab.

LANGEN
stützt sich auf Wernern, kommt aus dem Nebenzimmer.

Groß, ich bekenns, unaussprechlich groß ist die Gnade unsrer besten Monarchin; aber ich fühl so was in mir, das mich förchten macht, sie komme zu spät.

WERNER.

Träumer, der Sie sind! warum sollte denn – Langen sieht seine Mutter und macht im ersten Augenblick eine Bewegung, zurückgehn zu wollen.

JUSTITZRÄTHIN.

Bin ich dir so verhaßt, Fritz! daß du mich nicht mehr vor Augen sehn magst? – Ich kann dirs nicht übel nehmen: es ist wahr, ich hab mich nicht so gegen dich aufgeführt, wie eine Mutter sich gegen ihren Sohn aufführen muß – ich hab dich unglücklich gemacht, um deine Gesundheit, um deine Ruhe gebracht – jetzt fang ichs an einzusehn, und bereu es; aber solltest du, guter [177] Junge! der du sonst meinen Schwachheiten so nachzugeben wußtest, solltest du völlig vergessen haben, daß ich deine Mutter bin? ich bin sie ganz wieder, bereue meine Thorheit, und bitte dich auf den Knien, wenn du's haben willst, um Verzeihung –

LANGEN
eilt auf sie zu, umarmt sie, fällt selbst auf die Knie.
Kein Wort mehr, Mama! – beste Mama! den Segenskuß, den Kuß des Friedens! –
CHRISTIAN
springt herbey.

Mama! Bruder! mir auch – mir auch! Sie küssen ihn. Wirst mich jetzt noch mehr in die Ecke werfen, Bruder?

LANGEN.
Nie mehr.
JUSTITZRÄTHIN.

Morgen des Tags will ich mich wieder vor den Thron unsrer Monarchin dahinwerfen, meine Narrheit und Eitelkeit bekennen, und an eurem Glück arbeiten, sollt ich selbst unglücklich drüber werden. Ihnen, Herr Werner, hab ich diese Rückkehr zur Tugend zu danken; Ihre Standhaftigkeit hat mich zum Nachdenken gebracht; die gutherzige Grobheit deines künftigen Schwiegervaters und der Kaltsinn aller, die mich sahen, haben mir vollends die Augen geöffnet: jetzt, Herr Werner! helfen Sie mir nur noch das wieder gut machen, was ich aus Stolz und falscher Ehrsucht verdorben habe.

WERNER.
Es ist schon alles geschehe – gnädige Frau! –
[178]
JUSTITZRÄTHIN.
Spotten Sie meiner? – ich verdients –
WERNER.

Das wollt ich eben nicht – Es freut mich, daß ich Ihren Beyfall zum Voraus habe – haben Sie etwa schon Nachrichten vom Herrn Staatsrath? –

JUSTITZRÄTHIN.
Nicht die mindsten; ich schwöre –
WERNER.

Desto mehr Ehre macht Ihnen Ihre freywillige Rückkehr – lesen Sie dieses – Justitzräthin liest; da sie bald fertig, macht Langen einige fürchterliche Bewegungen, fährt auf; sie wirft für Schrecken das Billet weg.

LANGEN.

Gott! – was seh ich? blaß – todtbleich – Rickchen – Geliebte! – wie sie sich windet, die Wonnegeberin! sich krümmt, – die Augen dreht und erstarrt – Ha! jetzt schwebt sie da oben – wink nur, wink nur, gute Seele! o ich folge dir – gleich! – Mutter, Freund, Liebe! Beste! einen Dolch – gebt mir einen Dolch – Schutzengel, Schöpfer! seyd ihr mir dann – Ha! wie sie knirscht, daß ich ihr noch nicht gefolgt bin! – soll ich keinen Dolch – kein Messer bekommen? – Sie wollen ihn halten. So, erdrückt mich, erstickt mich – ihr Wohlthäter – ihr Herzensfreunde! in der Ewigkeit will ichs euch noch danken – ich komm – Himmelreines Mädchen! – zürne nicht, daß ich so langsam bin – Dolch – Dolch! einen [179] Dolch – ein Messer her – ist denn kein Mitleiden auf Erden mehr –

Wechselsweis abgebrochen.
JUSTITZRÄTHIN.
Mein Fritz! liebster Fritz! beruhige dich! du träumst.
WERNER.

Langen! welch ein Schattenbild trügt Sie? Sie bringen ihn endlich, aber mit Müh auf den Sopha; die Thür öffnet sich, kommt herein: Walz, Lenchen, und Fridericke weiß angekleidet mit rosenrothen Schleifen.

FRIDERICKE
unter der Thür schon.
Wo? – wo ist er? – Erblickt ihn, stürzt in seine Arme. Geliebter! Langen! wie glücklich –
WALZ.

Was die Liebe nicht kann! – Den ganzen Weg dacht ich, sie schnappt mir in der Kutsch auf: jetzt springts, wie ein Reh.

LANGEN
nach einer Pause.

Träum ich – hab ich geträumt – Rickchen! bist du es selbst, die ich umarme – ists wieder ein Schattenbild – nein, es ist mein trautes, mein liebes Rickchen selbst – so eben sah ich dich dort über uns schweben, in Engelsgestalt –

FRIDERICKE.

Hätt ich sterben können, ohne Sie nochmals zu sehn, ich hätte nicht bis heute gelebt.Sie sieht die Justitzräthin, und wendet das Gesicht weg.

WALZ.

Brauchst sie nicht mehr zu fürchten, Schatz! sie muß in eure Verbindung willigen, nicht ob sie will –

[180]
JUSTITZRÄTHIN.
O ich will, Herr Walz! recht gern!
FRIDERICKE
steht sie alle bedächtlich an; ihr Blick verweilt am End auf Langen.
Verbindung!
WERNER.
Ueberzeugen Sie sich selbst, meine Freundinn! und lesen Sie Gibt ihr das Billet.
JUSTITZRÄTHIN
zu Walz.

Ich hab Ihnen viel Verdruß gemacht, Herr Walz; doch hoff ich, Sie werden eben so gut seyn, mir zu vergeben, als Herr Werner und mein Sohn es waren: einem schwachen Werkzeug, wissen Sie wohl –

WALZ.

Zum Guckuck auch! – Schwache Werkzeuge! – wenn Sie sich einmal was in Hirnkasten gesetzt haben, kann der Stärkste nicht fertig mit Ihnen werden. – Je nun! wenn die zufrieden sind – kann ichs auch seyn.

FRIDERICKE
läßt das Blatt dahinfallen.

Zu spät! – Langen – Drückt ihn an sich. zu spät – gestern schon – Gift – Verzweiflung Sinkt auf den Sopha zurück.

WALZ.

Himmel! raßt sie? Kind, raßt du – Gott! Hülfe! den Doktor, Kleine! den Feldscheer! lauf, lauf! Lenchen ab.

JUSTITZRÄTHIN
umarmt sie, mit Thränen in den Augen.
Meine Tochter –
FRIDERICKE
küßt ihr die Hand.

Meine Mutter! Tod liegt im Gedanken – ein Tag zu spät – Langen! Sie haben Ihre Mutter wieder – Jetzt – jetzt Bester! den letzten Kuß! – den [181] allerletzten, und dann nie keinen mehr – Will sich aufrichten; kann nicht mehr. Langen fällt auf sie hin; sie stirbt in der Umarmung. Er bleibt unbeweglich liegen.

WERNER.
Himmel! vergieb ihr, sie stirbt –
CHRISTIAN
kniet sich in eine Ecke, weint und betet; Feldscheer, Wilhelm und Nachbarn kommen herein, reissen Langen von ihr –.
LANGEN
sieht sie starr an.
– So! – just so sah ich sie vorher – Engel! hier komm ich! Entspringt plötzlich ins Nebenzimmer.
WERNER
ihm nach.
Gott er will sich den Hals abstürzen! Wilhelm, Nachbarn, Christian auch hinein.
FELDSCHEER
auf Fridericke deutend.
Hier ist alle Hülfe zu spät; –
WERNER.
Ums Himmelswillen! so helfen Sie da; vier Mann können ihn nicht erhalten. Feldscheer hinein.
JUSTITZRÄTHIN.

So! das hab ich gekonnt! ha ha ha! – O ich kann noch mehr, ich! Zu Wernern. Sehn Sie, sehn Sie! das ist mein Werk, ha ha ha! nicht wahr, das hätten Sie hinter mir nicht gesucht? ha ha ha!

WERNER.

Sie erschrecken mich – bey Gott, Madam! schöpfen Sie Luft! – ich beschwöre Sie: verlassen Sie diesen traurigen Anblick – um Ihres Sohnes willen! – Eilt wieder hinein.

JUSTITZRÄTHIN.

Sohn, ja Sohn! wo ist der? – als wenn ich ihm nicht selbst auch den Dolch ins [182] Herz gestoßen hätte! – hört, wie er um Hülfe, um Rache schreyt – Besser, besser, mein Sohn! du must brüllen, daß die Erde sich unter mir aufthun, der Himmel sich auf mich herabstürzen möchte: – Jetzt ist mir dein Schreyn nur noch Flötengesang. – So! so, Fritz! – das war ein Ton! ha! der greift an die Seele – wühlt in den Adern – spornt zu großen Thaten an – wart – wart, Fritz! ich räch dich und den Engel da Tanzt hinaus: zu Lenchen, die hereinkommt. Siehst du ihn, Mädchen, den Engel dort? siehst ihn? den hab ich gemacht. Geh, tanz mit ihm! o die Engel tanzen gar schön. Ab.

WALZ
der versteinert da stand, geht schleunigst ab.
Mir will das Herz bersten.
LENCHEN
kniet vor ihrer Schwester.

Todt? – Fridericke! ganz todt? – du lieber Gott! das hat sie sich ja prophezeyt – liebste Schwester! verzeih mir, wenn ich nicht weine – ich kann nicht. – Adieu – mit diesem Kuß, adieu! Ab.

JUSTITZRÄTHIN
kommt wieder.

Pfui! wo ich hingeh, sind lauter weibische weinerliche Geschöpfe; – kein Mensch will lachen, und ich bin doch so aufgeraumt – Tral-tal-de-ral-de tal-lera –

FELDSCHEER
zu Wernern.
Mit dem ists aus – der kann nicht wieder zurecht kommen!
WERNER
die Hand über die Augen haltend.
Gott! Gott!
[183]
JUSTITZRÄTHIN
auf den Feldscheer losgehend.

Ha! das ist doch noch ein Menschengesicht, dessen Züge nicht so verzerrt da liegen. – – Welcher Thaten rühmst du dich, Kerl, um so froh auszusehn? – Kannst du was Großes wagen? – Hast du Bosheit genug, auf die spätste Nachwelt deinen Namen fortzupflanzen? – du staunst mich an, Dratpuppe –Schüttelt ihn. siehst du – das hab ich gethan Auf Fridericke deutend. und dort – Auf die Kammer weisend. das hab ich auch gethan. – Bin ich nicht eine Heldin, red Hund! bin ichs nicht? – so muß ichs an dir werden. Zieht eine Sackpistole hervor, schießt auf ihn, fehlt, wirft sie weg – Werner, der bisher an nichts Theil nahm, fällt ihr in den einen, Feldscheer in den andern Arm.

FELDSCHEER.
Weib! bist du auch toll?
JUSTITZRÄTHIN.

Himmel! Hölle! Tod! für mich, für mich war sie geladen – jetzt ists aus mit mir – bin weder kalt noch warm mehr – hab so viel Unglück hier ausgeheckt – und kann jetzt nicht einmal schießen, ohne zu zittern –

WERNER.
Danken Sie Gott drum; sonst hätten Sie noch ein Vergehn mehr zu bereuen.

Ende.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Wagner, Heinrich Leopold. Dramen. Die Reue nach der That. Die Reue nach der That. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-898D-5