Die Jungen

Ich sah oft junge Staatsanwälte,
Die zielbewußt vor Torheit fliehen,
Sich üben in Gesinnungskälte,
Und – vor sie lernen – schon erziehen.
Sie haben früh, noch eh' sie's kennen,
Den Glauben an das Volk verloren,
Von dem sie vollbewußt sich trennen
Mit hohem Sinn und feuchten Ohren.
Die Denkungsart der Untertanen
Macht sie zu harten Pessimisten.
Sie folgen ihres Vorteils Fahnen
Im neuen Kurs als gute Christen.
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Sie sprechen schon von »Ziel und Zwecken
Des Staats«, von »reiflichem Ermessen«,
Von Mitteln, Sünder »abzuschrecken«,
Von »wohlverstand'nen Interessen«.
Von »falscher Milde« hört man Worte
Und von »Exempel statuieren«.
Wie fährt durch eine junge Pforte
Die Weisheit in die Welt spazieren!
Seh' ich so einen jungen Sprecher,
Halb Lausbub' und halb Staatserhalter,
Gefällt mir besser ein Verbrecher,
Als solchen dürren Sinns Verwalter.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Thoma, Ludwig. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. So war's einmal. Die Jungen. Die Jungen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-5206-3