Festesfreude

Als sich seinerzeit der Kurfürst
Brandenburgs zum König krönte
Und sich die Allongeperücke
Mit dem Diadem verschönte,
Ward genehmigt, daß im Volke
Ehrfurchtsvolle Freud' entbrannte,
Weil von nun an »Dero Liebden«
»Seine Majestät« sich nannte.
Unser Los verknüpft bekanntlich
Eng sich dem des Potentaten,
Darum wurde zu des Pöbels
Lustbarkeit ein Ochs gebraten,
Reiter sprengten durch die Straßen,
Warfen Geld in jede Ecke;
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Hoch- und Höchstdieselben lachten,
Wenn der Mob sich wälzt' im Drecke.
Heute, nach zweihundert Jahren,
Ist man nicht mehr so entzunden.
Wenn sie oben Feste feiern,
Spürt man nichts im Volke drunten.
Heute stehen an den Türen
Des geschmückten Königschlosses
Andre Bettler; lest die Namen
Im Organe Rudolf Mosses.
Männchenmachend, schweifewedelnd
Sitzt die Schar der Pudelhünde,
Und sie harren voll Begierde,
Daß man ihren Namen künde.
Keine Münzen, aber Orden,
Vogelbilder, schwarze, rote,
Werden unter sie geworfen,
Und sie balgen sich im Kote.
Und sie tänzeln und sie springen
Vor dem hohen Potentaten;
Lächelnd sehen wir dies Treiben,
Und kein Ochse wird gebraten.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Thoma, Ludwig. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. So war's einmal. Festesfreude. Festesfreude. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-51CF-7