Ludwig Thoma
Magdalena
Ein Volksstück in drei Aufzügen

[8]

Personen

Personen.

    • Thomas Mayr, genannt Paulimann, Gütler.

    • Mariann Mayr, sein Weib.

    • Magdalena, beider Tochter.

    • Jakob Moosrainer, Bürgermeister.

    • Lorenz Kaltner, Aushilfsknecht bei Mayr.

    • Benno Köckenberger, Kooperator.

    • Barbara Mang, Taglöhnerin.

    • Martin Lechner, Bauernsohn.

    • Valentin Scheck, Bauer.

    • Johann Plank, Bauer.

    • Ein Gendarm.

    • Bauern, Weiber, Knechte, Mägde, Schuljugend.

1. Akt

1. Szene
Erste Szene
Thomas Mayr tritt von rechts langsam ein, in Hemdsärmeln. Er hat die blaue Arbeitsschürze vorgebunden und aufgeschlagen. Er nimmt seinen Hut ab und hängt ihn an einen Haken des Kleiderrahmens. Mariann hebt etwas müde den Kopf und lächelt ihm zu.

MARIANN.
Bist du da, Thomas?
THOMAS.
Amal nachschaug'n, wia's dir geht.
MARIANN.
Daß du weg'n meiner von der Arbet weggehst?
THOMAS.
I ko di net allaweil alloa lass'n.
MARIANN.
Dös hätt's net braucht. Kummt ja d' Nachbarin fleißig rüber.
THOMAS.
No ja, es treibt mi halt hoam.
MARIANN.

D' Nachbarin sagt, im Stall is all's in Richtigkeit, und an Gart'n hat s' mir aa 'gossen. Sie is scho a guat's Leut.

THOMAS.
Ja – ja.
[9]
MARIANN.
Wia steht's denn im Feld drauß'n? Kimmt d' Gerst'n guat rei?
THOMAS.
Net b'sunders; an Hagel spürt ma stark.
MARIANN.
Dös is arg.
THOMAS.
Von mir aus! Was frag i danach?
MARIANN.
Geh weiter! Was host d' denn?
THOMAS.
I sag's, wia's is; dös bekümmert mi ganz wenig.
MARIANN.
So muaßt d' net red'n; du bist ja sunst net so g'wesen.
THOMAS.
Sunst! Ablenkend. Und was machst denn du? Geht's a bissel leichter mit'n Schnauf'n?
MARIANN.
M – m – es is allaweil dös gleiche.
THOMAS.
Hat der Dokta nix g'sagt, daß er dir helfa ko?
MARIANN.
Er red't halt so rum, weil er mir d' Wahrheit net sag'n mag. Pause.

Thomas setzt sich auf die Bank vor den Ofen, legt die Arme auf die Knie und schaut vor sich hin, dann wendet er sich Mariann zu.
THOMAS
bekümmert.
Muatta, moanst d', du werst gar nimma?
MARIANN
schlicht.

Na, Thomas. Und es is g'scheiter aa, wenn's bald z' End geht. Schau, was is denn? Zu der Arbet taug i do nix mehr, und i mach dir grad Kosten.

THOMAS.
Daß du jetzt weg muaßt!
MARIANN.

Sag selber, was tua i do, wann i zu nix mehr nutz bin? Mi bekümmert's a so, daß du für'n Dokta so viel zahl'n muaßt.

THOMAS.
Wer red't von dem?
MARIANN.
Und mei Leich kost' di no mal a schöns Geld.
THOMAS.
Da braucht di nix reu'n.
MARIANN.
Wenn ma si do an jed'n Grosch'n hart verdeana muß.
THOMAS.
Es braucht di net reu'n; für wen soll denn i spar'n?
MARIANN
in sich gekehrt.
Ja – ja. Pause.

Thomas rückt mit der Bank näher zu Mariann und nimmt ihre Hand in die seine.
THOMAS.
Wia lang san mir beinander g'wesen, alte Mariann?
MARIANN
mit einem guten Lächeln.

Auf Martini san's sieb'nadreiß'g Jahr g'wesen, und etla Woch'n davor hast du's Sach übernomma g'habt.

THOMAS.
Mit viel Schuld'n, han? Und hast di do traut mit mir?
MARIANN.
Und du di mit mir. I hab ja aa nix g'habt als a Paar feste Händ.
[10]
THOMAS.
Is viel Arbet g'wes'n umadum, und is letz g'wesen, aber do schö.
MARIANN.
Und hat mi koan Tag net g'reut.

Pause.
THOMAS.
Und jetzt willst d' geh?
MARIANN.
Woll'n? I wer halt aa net g'fragt.
THOMAS
herzlich.
Bist mei guate Kameradin g'wesen.
MARIANN.
Dös Zeugnis muaßt d' mir geb'n, gel?Ihre Hände betrachtend. G'arbet hab i allaweil gern.
THOMAS.
Und hast all's in Ordnung g'halt'n.
MARIANN
still.
All's?
THOMAS.
Was si halt'n laßt. Stärker betonend. Ja, Muatta.
MARIANN.
Aba jetzt werd's Zeit, daß i Feierabend mach.
THOMAS.
Und mi laßt d' alloa ...
MARIANN.
Vielleicht ... Stockt. Vielleicht bist d' do net ganz alloa?
THOMAS
finster.
Laß 's guat sei; über dös soll'n mir net red'n.
MARIANN.

I muaß red'n mit dir. I hab jetzt so viel Zeit zum Nachdenk'n, schaug – – und da denk i mir oft, ob mir net aa schuld san, daß unser Madl schlecht worn is.

THOMAS.
Wia denn? Hat de bei uns a schlecht's Beispiel g'habt?
MARIANN.
Aba in d' Stadt hätt'n mir's net nei' lass'n soll'n.
THOMAS.

Hamm mir net lang gnua g'red't, und sie hat net anderst mög'n, und d'Bauernarbet is ihr allaweil z' hart g'wesen.

MARIANN.
'Weil sie schwach g'wesen is; jo, Thomas, von kloan auf.
THOMAS.
Muaß sie desweg'n schlecht sei? Es gengan andere aa'r in d' Stadt und bleib'n brav.
MARIANN.
Mir wiss'n ja net, was sie so weit bracht hat und was an Madl unterkemma is.
THOMAS.
Da gibt's koan Ausred.
MARIANN.

Wenn s' aba jetzt von alle Türen wegg'jagt werd, muaß si do bei uns unterschliaf'n derf'n ... Fängt bitterlich zu weinen an. Unser Kind!

THOMAS
steht auf, geht zu Mariann und legt die Hand auf ihre Schulter.
Laß's guat sei, Alte! Geh ... mach's net no ärger! Du bist a so von nix andern krank wor'n.
MARIANN.
Wia dös in der Zeitung g'standen is, da is mir ei'wendig was g'rissen.
THOMAS.
Um de is wert!
[11]
MARIANN.
Muaßt d' net schimpf'n!
THOMAS.
I schimpf net.
MARIANN.

I bin halt d' Muatta und hab s' auf d' Welt bracht und hat mir oft derbarmt, als a Kloana ... und jetzt derbarmt s' mi erst recht.

THOMAS
setzt sich wieder auf die Ofenbank, seufzt und schaut düster vor sich hin.
Dös derlebt ma an die Kinder!
MARIANN.

I siech s' oft vor meiner, wia s' an Kopf ans Fenster druckt und einaschaugt zu mir, ob s' denn gar nirgends mehr dahoam is ... Wenn s' amal kummt und klopft drauß'n ... bitt dir gar schö ... tua s' net verjag'n!

THOMAS.
Mir san g'straft auf dera Welt!
MARIANN
nach seiner Hand greifend.
Tua s' net verjag'n! I woaß g'wiß, sie kummt amal und suacht a Hilf.
THOMAS.
Ja ... sie kummt amal.
MARIANN.

Wenn sie an Weg suacht, der z'ruckführt aus dera Abscheulichkeit ... und sie hat's ja net von uns, daß s' schlecht bleib'n muaß ...

THOMAS.
Mariann ...
MARIANN.
Und wenn i nacha nimma da bin, muaßt du für mi denk'n, daß ...
THOMAS
unterbricht sie.
Mariann, i bin net bloß weg'n deiner vom Feld hoamganga ...
MARIANN
den Kopf langsam nach ihm wendend.
Was sagst d'?
THOMAS.
I hab no weg'n was andern hoam müass'n.
MARIANN
erschreckend.
Is scho wieder was ...?
THOMAS.
Brauchst net derschreck'n ... es is nix Neu's g'schehg'n.
MARIANN.
Aba mit da Leni was?
THOMAS.
Der Bürgermoasta hat mir de Botschaft bracht ..., daß d' Leni hoamkimmt ...
MARIANN.
Hoam? Zu uns?
THOMAS
sehr gedrückt.
Ja ... Pause.
MARIANN
zögernd und leise.
Thomas ... is 's was Schiach's?
THOMAS.

A Schand is, Muatta ... Er sucht zitternd ihre Hand, mit unterdrücktem Schluchzen. Sie kummt am Schub. Beide schweigen.

MARIANN
leise.
Vata!
THOMAS.

Sieb'nadreiß'g Jahr hamm mir hart g'arbet und san rechtschaff'n g'wesen, und hat uns jeder de Ehr lass'n müass'n [12] ... und jetzt, weil mir alt san, g'hör'n mir zu de schlecht'n Leut!

MARIANN.
Dös ko neamd mit Wahrheit sag'n ...
THOMAS.
Glaubst du, dös sag'n net alle?
MARIANN.
Sie wer'n's für an Unglück o'schaug'n.
THOMAS.
Na. Weil dös no koan troff'n hat. De sehg'n bloß d' Schand.
MARIANN.
Für de neamd was ko.
THOMAS.

Mir hamm s' aufzog'n; und lobt ma oan für guate Kinder, nacha farbt aa d' Schand ab. Es is net anderst.

MARIANN.
In unsern Haus is so richtig zuaganga wia'r in an jed'n.
THOMAS.
Wer siecht nei'?
MARIANN.
Na muaß unser Herrgott wiss'n, daß mir's Madl zum Guat'n hamm richt'n woll'n.
THOMAS.

Aba d' Leut wissen's net. Mögst du hör'n, was heut g'red't werd im ganzen Dorf? Steht auf. I net. Scho, wia mir's der g'sagt hat! Der Schandarm bringt dei Madl daher! So dreckig hat er mir's hing'schmissen!

MARIANN
vor sich hinsehend.
Wann kummt s' denn?
THOMAS.
Woaß i? Grimmig. I hab scho g'moant, i paß ihr an Weg ab und hau s' z'ruck.
MARIANN
ängstlich.
Des sell derfst d' net!
THOMAS.
Hab koan Angst! Der Bürgermoasta hat mir's schon ausdeutscht, daß i 's Recht net hab.
MARIANN.

Wo soll s' denn hin, wann s' mir z'rucktreib'n? Soll'n s' fremde Leut mit Füaß'n tret'n? A Viech müaßt di derbarma.

THOMAS
geht an ein Fenster und schaut hinaus, Mariann den Rücken zukehrend.
MARIANN.
Wer soll s' denn auf'n recht'n Weg bringa, wann's mir net tean?
THOMAS
sich halb umkehrend.
De liegt drin im Grab'n, und mir ziag'n s' nimma raus.
MARIANN.

Du woaßt dös net a so ... Ös Mannsbilder wißt's dös net a so. I hab's Deandl aufzog'n und hab ihr 's Bet'n g'lernt mit'n Red'n.

THOMAS.
Dös hat de all's vergess'n ...
MARIANN.

Auf a Zeit – vielleicht. Aba ganz vergißt sie so was net. Kleine Pause. Wia s' 's erst'mal mit da Prozession ganga [13] is, da is sie hinter'n Pfarra daher trappelt, so fromm als wie de andern. Und wia'r i ihr dös weiße Kleidl anzog'n hab, da fragt sie mi: Is wahr, Muatta, daß i mit'n Himmivata geh derf? Ja, sag i, Lenerl, heunt gehst amal mit'n Himmivata.

THOMAS
ohne sich umzuwenden.
Was woaß de no davo?
MARIANN.
Es fallt ihr scho wieda ei.
THOMAS
aufgeregt das Fenster öffnend.
Horch!
MARIANN
sich aufrichtend.
Kimmt 's Deandl?
THOMAS
hat sich hinausgebeugt.
Na. Es hat mi täuscht.
MARIANN.
O mei, Thomas! Dös is a schware Stund!
THOMAS
setzt sich wieder.

Wia'r uns der Bua tot aus'n Holz hoamtrag'n is wor'n, da hab i g'moant, es is uns des Ärgste g'schehg'n. Heut woaß i, daß dös a Leicht's war.

MARIANN.
Muaß 's Madl vo Prittlbach rüber?
THOMAS.
Ja. Z'erscht derf s' im Schubwag'n fahr'n.
MARIANN.
Nacha kummt s' jetzt den Weg daher, den s' so oft als Schuldeandl ganga is.
THOMAS.
Mit an Gendarm daneb'n, und vielleicht laff'n ihr d' Kinder nach.
MARIANN.

Wenn i aufsteh' kunnt, gang i ihr entgeg'n, und tat an Schandarm bitt'n, daß er s' mir laßt, und mir fand'n scho an Weg, wo uns neamd sehg'n kunnt.


Es klopft.
THOMAS.

Hat's net klopft? Es klopft nochmal. Thomas steht auf, mit gepreßter Stimme. In Gott's Nam! Er geht zur Türe, als diese geöffnet wird und Kooperator Köckenberger auftritt. Köckenberger spricht in singendem, salbungsvollem Ton.

2. Szene
Zweite Szene
KÖCKENBERGER.
Gelobt sei Jesus Christus!
THOMAS.
In aller Ewigkeit, Amen.
KÖCKENBERGER.
Hier ist eine Kranke, der ich Trost spenden soll?
THOMAS
nach Mariann hin nickend.
Dös is sie.
KÖCKENBERGER.
Man hat mir aufgetragen, einen Besuch bei Euch zu machen.
MARIANN.
I dank halt schö, Hochwürden.
THOMAS.
San Sie g'wiß der neue Herr Koprata?
KÖCKENBERGER.
Ja ... jawohl. Zu Mariann. Dem Anscheine nach sind Sie in einem bedenklichen Zustande?
[14]
THOMAS.
Seit sechs Woch'n liegt sie und kummt allaweil mehra von der Kraft.
MARIANN.
Ma muaß nehma, was kummt.
KÖCKENBERGER.
Man muß es mit christlicher Geduld hinnehmen, ja, und muß seine Gedanken vom Irdischen abwenden.
MARIANN.
Wollen S' Ihnen net setz'n, Hochwürden?

Thomas bringt einen Stuhl und stellt ihn gegenüber von Mariann hin. Köckenberger setzt sich und faltet die Hände im Schoß, die Finger gerade ausgestreckt.
KÖCKENBERGER.
Man muß seine Gedanken gänzlich abwenden von den Vergänglichkeiten dieses Lebens.
MARIANN
demütig.
So guat's geht ...
KÖCKENBERGER
eifrig.

Nicht so gut es geht, sondern vollkommen. Sie müssen erfüllt sein von einer grenzenlosen Sehnsucht nach dem Jenseits ... Thomas ist still hinausgegangen.

3. Szene
Dritte Szene
MARIANN
demütig.
Ja, Hochwürden.
KÖCKENBERGER.

Sie müssen einsehen, daß die Güter dieser Welt nichts sind im Vergleich zu dem Schatze, den es zu erringen gilt.

MARIANN.
Mir liegt gor nix dro, daß i sterb'n muaß.
KÖCKENBERGER.
Wie?
MARIANN.
I sag, daß i gern sterbat, wenn i ...
KÖCKENBERGER
eindringlich.

Sie verstehen mich immer noch nicht. Sie sollen sagen, daß Ihre Seele nach jenen Herrlichkeiten dürstet.

MARIANN.
Es is bloß weg'n oan ...
KÖCKENBERGER
unterbricht sie.
Sie sollen mit einer wahren Ungeduld behaftet sein, dorthin zu gelangen.
MARIANN
die Hände faltend.
Ja ... Hochwürden.
KÖCKENBERGER.

Denn nur so kommt man in den Zustand der heilsamsten Reue, und man soll sich auch ein Bild machen von der schrecklichen Pein, die den Unbußfertigen erwartet. Mariann nickt ehrfürchtig, Köckenberger rückt eifrig auf dem Stuhle hin und her. Diese ist über alle menschliche Vorstellung entsetzlich, und selbst der heftigste Schmerz, den man etwa hier erleiden muß, gibt uns keinen Begriff von jenen Qualen.

[15]
MARIANN.
Ja – Hochwürden.
KÖCKENBERGER.

Jene Unglücklichen hören nichts als Heulen und Wehklagen; sie sehen nichts als Feuer, sie fühlen nichts als Feuer; sie befinden sich in einem Ozean von brennendem Pech.


Er nimmt die Brille ab und putzt sie.
MARIANN.
Derfat i Eahna net was frag'n?
KÖCKENBERGER.
Fragen? Was wollen Sie fragen?
MARIANN.
Ob S' mir koan Trost net wiss'n in a Sach, de mi recht bekümmert. Es is weg'n unsern Kind.
KÖCKENBERGER.
Eine Tochter?
MARIANN.
Ja. Hamm S' g'wiß scho was g'hört?Köckenberger zuckt die Achseln. Und lauter Schlecht's.
KÖCKENBERGER.
Man hat mir erzählt, daß sie in der Großstadt untergegangen ist.
MARIANN.

Untergegangen? Schweigt und blickt vor sich hin. Es is hart, an dös glaab'n. Für a Muatta gar z' hart.

KÖCKENBERGER.
Es mag wohl bitter sein, aber in Ihrer Lage sollten Sie nicht mehr daran denken.
MARIANN.

Net dro denk'n! Wenn's Nacht werd und staad, hör i 's Madl ruaf'n, grad so, wia's als a Kind nach meiner g'schriean hat, i sollt eahm helf'n, und i moa, i muaß auf und zu ihr geh.

KÖCKENBERGER
etwas unruhig.
Ja – – ja.
MARIANN.
Wissen S', Hochwürden: wenn ma'r a Kind aufziagt, de Angst bleibt in oan.
KÖCKENBERGER.
Das ist begreiflich, aber ich möchte Ihretwegen, daß wir uns zu jenen andern Dingen wenden.
MARIANN.
Derf i 's Eahna net verzähl'n? Vielleicht sehg'n Sie do an Ausweg.
KÖCKENBERGER
beunruhigt.
N – ja ...
MARIANN.
Sie san do a studierter Herr, bal S' aa no jung san.
KÖCKENBERGER.

Wenn es Sie erleichtert: in Gottes Namen; aber wir hätten unsere Gedanken auf Besseres richten können ... und ...

MARIANN
ohne auf ihn zu hören.

Leni hoaßt s', Magdalena. Und is als Kind recht liab g'wen und guat zum hab'n. Daß s' in der Schul net recht weiter kumma is, des sell is wahr.

KÖCKENBERGER.
Und habt Ihr sie zur Frömmigkeit angehalten?
MARIANN.

Wia's der Brauch is bei uns, und is nix übersehg'n wor'n. Freili, wia s' herg'wachs'n is, hat s' koa Freud zu da [16] Bauernarbet g'habt; sie is ihr z' hart g'wen.

KÖCKENBERGER.
Das ist es eben.
MARIANN
demütig.
Wie moanen S', Hochwürden?
KÖCKENBERGER.
Der Müßiggang ist die Quelle schlechter Begierden, sagt der heilige Bernhard.
MARIANN.

Sie is viel krank g'wesen von jung auf.Köckenberger zuckt die Achseln. Mir hamm s' zua'r a Nahterin in d' Lehr geb'n, und da hat sie si recht g'schickt zoagt, und späterszeit'n hat sie durchaus in d' Stadt nei' woll'n, weil halt da der Verdeanst größer waar.

KÖCKENBERGER
uninteressiert.
M – mh.
MARIANN.

Und da is sie etliche Jahr drin g'wes'n, und mir hamm des Beste glaabt. Aba nacha hat sie an Mensch'n kenna g'lernt, der hat ihr's Heirat'n versprocha und hat s' um ihre paar Grosch'n bracht und hat s' verlass'n.

KÖCKENBERGER
wie oben.
M – hm.
MARIANN.
Und nacha – – ja nacha muaß sie völlig an Verstand verlor'n hamm.
KÖCKENBERGER.
Und hat sich der Sünde ergeben?
MARIANN.
Is ins Unglück kemma – ja.
KÖCKENBERGER.
Sie ist vom Gericht gestraft worden?
MARIANN
leise.
Ja. Am Johannistag hat uns d' Nachbarin d' Zeitung bracht. Da is drin g'standen.
KÖCKENBERGER.
Das sind die Folgen.
MARIANN.
Glaab'n Sie net, Hochwürden, daß mir s' wieder z'recht bring'n?
KÖCKENBERGER.
Ich weiß nur, daß Unlauterkeit eine Hauptstraße ist zum ewigen Untergange.
MARIANN.

Weil i mir denk, unser Herrgott ko net so schnell ferti sei mit an Mensch'n, und es müaßt eahm selber 's Herz weh toa, wann er siecht, daß so a G'schöpf nimmer in d' Höh derf.

KÖCKENBERGER
unmutig.

Liebe Frau, ich kann Ihnen da gar nichts sagen. Wirklich nicht. Vor allem nichts, was Ihnen ein Trost wäre.

MARIANN.
Und i hätt'n braucht, wenn dös arme Madl jetzt daher kummt.
KÖCKENBERGER
aufmerksam geworden.
Wer kommt?
MARIANN.
Ja, Hochwürden ... dös is uns aa no aufg'setzt. D' [17] Leni werd heut no herbracht.
KÖCKENBERGER
aufstehend.
Heute? Jetzt? Mariann nickt. Köckenberger nimmt seinen Hut.
KÖCKENBERGER.
Dann muß ich freilich gehen, und ich will lieber ein anderes Mal nachschauen.
MARIANN.
Weil d' Leni kummt?
KÖCKENBERGER.

Es ist mit meinem Kleide nicht vereinbar, und ich weiß auch wirklich nicht ... Er ist zur Türe gegangen. Also ein anderes Mal. Ab.

4. Szene
Vierte Szene
MARIANN.
Da derf'n Sie net bleib'n?

Sie sieht vor sich hin und wischt in Gedanken verloren über die Decke. Thomas kommt leise herein, bleibt stehen und sieht ihr eine kurze Weile zu. Sie sieht auf und nickt ein paarmal ernst.
THOMAS.
Der is g'schwind aus'n Haus.
MARIANN.
Vor uns laff'n d' Leut davo, Thomas.
THOMAS.
So? Der aa?
MARIANN.
Von sein G'wand hat er g'sagt, daß 's net da rei' paßt. Wenn ma da aa koa Derbarma find't!
THOMAS.

Arm gnua, wer's braucht! Na siecht er, wia rar dös is. Kleine Pause. D' Nachbarin hat mir grad g'sagt, daß sie nimmer kemma ko.

MARIANN.
Desweg'n?
THOMAS
bitter.

O na! Weil s' am Feld sei muaß, weil s' dahoam sei muaß. Und weil ... und weil! Aba ja net desweg'n! Jed's Wort a Lug und so hi'g'red't, daß ma's g'wiß kennt.

MARIANN.
Dös hätt i net glaabt von ihr.
THOMAS.
Ja, moanst denn du, sie ruck'n net allsamt weg? So weit, daß eahna Bravheit net o'stößt an uns?
MARIANN.
Jetzt host d' gar neamd im Stall, und mitt'n in der Arndt?
THOMAS.
Ah was!
MARIANN.
Wann i nur auf kunnt!
THOMAS.

Sei froh, daß d' da herin hockst. Siehgst wenigstens net, wia si d' Leut z'sammricht'n zu dera Gaudi.

MARIANN.
Han?
THOMAS
heftiger.

's ganz Dorf is lebendi. Als wenn a G'witter [18] am Himmel stand, fahren s' vom Feld eina mit halbe Fuhren. Daß sie's nur ja net versamma!

MARIANN
ängstlich.
Weg'n der Leni?
THOMAS.

Weg'n was sunst? So was muaß ma do sehg'n, wia's an Mensch'n schlecht geht! Derf's de braven Leut gruseln.

MARIANN.
Dös is aba net schö.
THOMAS.

Da bist g'stimmt, dös is des Allerschönst, wenn ma'r an andern sei Schand siecht. Da ko ma sei Ehrbarkeit an d' Sunn außa hänga. Er geht gegen das offene Fenster im Hintergrund zu, bleibt aber einige Schritte davor stehen und schaut hinaus. Da! Brauchst d' net weit schaug'n, wia d' Weiberleut am Zaun beinand stengan.

MARIANN.
Woher sie's no wiss'n?
THOMAS.

Frag an Bürgermoasta! Gegen das Fenster zu redend. Ja! Gafft's no her und schlagt's d' Händ z'samm! Es is scho a so, daß beim Paulimann d' Bagaschi dahoam is ... Er tritt zurück und setzt sich auf die Ofenbank. Waar i a großer Bauer, na hätt ma's vielleicht hoamlicher mach'n könna, aba so derf ma de Leut a Freud lass'n.

MARIANN
sehr ängstlich.
Wenn nur 's Ärgste vorbei waar!
THOMAS.
Da gibt's koa Vorbei. Mir san nix mehr, dös is gar wor'n.
MARIANN
schwach.
I hab so Angst!
THOMAS
stützt den Kopf in die Hände.
No nimma naus geh müass'n, und 's Dach über oan ei'fall'n.
MARIANN
leise.
Thomas!
THOMAS.
Han?
MARIANN.
Geh, zünd an Wachsstock o und les mir was für!
THOMAS
erschrocken aufspringend.
Fehlt's so weit, Muatta?
MARIANN
sehr schwach.
I woaß net ... so Angst hab i.
THOMAS.
Und i muaß di no derschreck'n!
MARIANN.
Ja no ... du ko'st ja aa nix dafür.

Thomas ist zu dem Wandschrank gegangen und holt daraus einen Wachsstock, ein Gebetbuch und seine Brille. Er stellt den Wachsstock auf den kleinen Tisch neben Mariann, zündet ihn an und setzt sich auf den Stuhl, auf dem Köckenberger gesessen war, und schlägt das Gebetbuch auf.
THOMAS.
Was soll i les'n, Muatta?
MARIANN.
I hab's a so ei'g'mirkt ... Gebet in einer schweren [19] Stund ...
THOMAS
schlägt auf und liest nun langsam und stockend vor.

Allergütigster Herr und liebreichster Heiland, in meiner tiefsten Not rufe ich zu dir, o Herr, daß du dich in deiner unendlichen Liebe erbarmen mögest ... mögest.

MARIANN
hat die Hände gefaltet.
Erbarme dich unser ...
THOMAS.

Und mich stärkest in dieser schweren Stunde meines Lebens ... meine Seele ist traurig in mir und will sich nicht trösten lassen ... lassen ...Er horcht auf, da von ferne her Lärm zu vernehmen ist, der näher kommt. Gram und Trübsal wollen mich übermannen, und bitter sind die Leiden, die ich erdulde. Hilf mir, o Herr, nach deiner Barmherzigkeit ... Der Lärm kommt immer näher. Man hört Schreien und Pfeifen.

THOMAS
steht auf, gepreßt.
Jessas – Maria!
MARIANN
greift nach seiner Hand.
Bleib bei mir!
THOMAS.

Muatta – dös geht uns o ... Er legt das Buch weg und löscht das Licht aus und steht regungslos, nach dem Fenster hinsehend. Der Lärm ist nun ganz nahe. Man hört Rufe. D' Paulimann Leni! Schaugt's hi! D' Paulimann Leni! Dazwischen Lachen, Pfeifen, Schreien. Die Türe wird geöffnet, und herein tritt Leni, gefolgt von einem Gendarm. Leni bleibt stehen und heftet die Blicke auf den Boden. Sie trägt schlechte städtische Kleidung, einen Strohhut mit einer großen, geschmacklosen Bandschleife, in der Hand eine kleine Tasche. Ihr Gesicht ist gerötet, und ihre Zeugstiefelchen sind stark verstaubt. Thomas tritt ein paar Schritte vor und sieht sie finster an.

5. Szene
Fünfte Szene
GENDARM.
Sie sind der Gütler Thomas Mayr?
THOMAS.
Ja.
GENDARM.
Ich muß auf Befehl die minderjährige Magdalena Mayr hierher bringen und selbe Ihnen übergeben. Ab.
6. Szene
Sechste Szene
THOMAS
tritt näher an Leni heran, losbrechend.
Bist d' da – du? Faßt sie am Arm. Kimmst du so hoam? Du!
LENI
sich losmachend, wehleidig.
N ... no!
[20]
MARIANN
mütterlich.

Leni! Außen Stimmengewirr. Man sieht Weiber und Kinder, die sich an die Fenster drängen und hört Worte. Do steht s'! Schau hi, do steht s'!


Thomas geht an das offene Fenster und schreit hinaus.
THOMAS.
Habt's ös da was zum gaff'n? Macht's, daß weiter kemmt's, oder i hau enk mit da Goaßl weg!

Einen Augenblick Stille, dann lautes Geschrei und Gelächter.
LENI
stampft mit dem Fuße auf und dreht sich gegen das Fenster zu.
Nein! So was G'scheert's!Die Leute entfernen sich, es wird still.
MARIANN
hat während der ganzen Zeit unverwandt Leni angesehen.
Leni!
LENI
trotzig.
Is ja wahr! So a g'scheerte Bande!
MARIANN.
Geh her zu mir!
THOMAS
faßt Leni hart am Arm.
Host d' net g'hört?
LENI
schmollend und wehleidig.
Laß mi do geh!
MARIANN
beschwichtigend.
Geh, Thomas!
THOMAS
sehr barsch zu Leni.
Zu da Muatta gehst hi, und tua den Huat runter – – oder i hilf dir.
LENI
schmollend.

I tua'n scho runter. Sie nimmt den Hut ab und nestelt an ihrem Haar. Der Hut fällt auf den Boden, und Thomas stößt ihn mit einem Fußtritt unter die Ofenbank. Dann geht er langsam hinaus.

7. Szene
Siebente Szene
LENI.
N ... no! Mein Huat!

Sie hebt ihn auf und putzt ihn ab.
MARIANN.
Kumm zu mir her!
LENI
sich trotzig nähernd.

Is ja wahr! Was braucht er denn mit mein Sach a so umgeh und glei mit'n Fuaß stössen! Sie ist langsam zu Mariann herangekommen und richtet an ihrem Hut. Mariann sieht sie bekümmert an.

MARIANN
gütig.
Madl, is dir recht schlecht ganga?
LENI.
Wenn d' Leut so ordinär san! Was geht's denn überhaupts de Leut o?
MARIANN.
Net dös! Ob's dir in da Stadt drin schlecht ganga is?
LENI.
Besser scho als wia do, wenn s' oan nachlaffa und schrei'n ...
[21]
MARIANN
müde.
Du redst allaweil vo dem! Geh, sitz di her zu mir!
LENI.
Warum denn?
MARIANN.
Weil i red'n muaß mit dir, schau!
LENI
setzt sich zögernd auf den Stuhl neben Mariann.
MARIANN
faßt sie bei der Hand.
Madl, was hoscht mir denn g'macht?
LENI
schmollend.
Jetzt schimpf mi net du aa!
MARIANN.
I schimpf di net. Helf'n möcht i dir, daß d' wieder rechtschaff'n werst ...
LENI
schnupft auf und schaut zur Seite, dann trotzig.
I hab no neamd nix g'stohl'n ...
MARIANN.
Du muaßt wieder zu da Reinlichkeit kemma und arbet'n und dei Brot redli verdeana.
LENI.
Dös ko neamd sag'n, daß i was g'numma hab.
MARIANN
streichelt ihr die Hand.

Du vastehst mi scho, Madl. Un du derbarmst mi ja so viel! Wenn i di o'schau, ziagt's mir's Herz z'samm ...

LENI
die Achseln rückend.
N ... no!
MARIANN.

I siech di vor meiner, wia's d' no dös kloane Schuldeandl warst ... und wenn i aa net all's vasteh, was d' to host ... i hab koan Zorn über di ... na, g'wiß net, Madl ... grad Mitleid.

LENI
halb weinerlich.
Was host d' denn allaweil?
MARIANN.

Weil i Tag und Nacht denk'n muaß, wia du so weit kemma bist ... Kleine Pause. Gel, des hat di so ausanand bracht, wia di der sell in Stich hat lass'n ...

LENI
lebhafter.
Der Schuft!
MARIANN.
Und wia'r a dir dei Geld g'numma hat.
LENI.
Der gemeine Mensch! Ausspuckend. Pfui Teifi!
MARIANN.
Aba schau, wenn di dös aa recht runterkümmert hat, nacha ...
LENI
lebhaft unterbrechend.

Überhaupt's g'hört er ins Zuchthaus, und dös hat mir a feiner Herr g'sagt, der wo sie auskennt auf de Gerichtssach'n. Hochdeutsch nachahmend. Indem es ein Betrug ist, hat er g'sagt.

MARIANN.
Freili muaß dös a schlechta Mensch g'wes'n sei, aba ...
LENI.

Weil er mir mei Sparkassabüachl g'nomma hat, damit [22] daß er's aufhebt, und weil's uns mitanand g'hört, hat er g'sagt, wann mir heiret'n.

MARIANN
streichelt ihr wieder gütig die Hand.
Hast dir was derspart g'habt, Madl?
LENI.

Dreiadachz'g Mark und zwanz'g Pfenning san's g'wesen, und i hab's unterschreib'n müass'n, daß eahm dös Geld g'hört, weil's überall so is, hat er g'sagt, wann ma heiret.

MARIANN.
Da bist d' arm dro g'wesen.
LENI.

Und ... und nacha hat er 's Geld rausg'numma und is durchbrennt. Wieder hochdeutsch. Und das ist ein schwerer Betrug, hat der Herr g'sagt ... nach dem Gesetze.

MARIANN.

Aba schau, wann di dös aa recht runterkümmert hat ... dös, was d' nacha to host, hat nix besser g'macht.

LENI.
Weil mi überhaupt's nix mehr g'freut hot.
MARIANN.
Hättst d' no richtig weiter g'arbet, da hättst ehnder drauf vergess'n.
LENI.
Zu was soll ma denn arbet'n, wenn oan' 's Geld auf de Weis g'numma werd?
MARIANN.
Oder waarst d' hoamganga!
LENI.
Was hätt i denn dahoam to?
MARIANN.

Muaß jetzt aa sei ... Leni schaut verdrossen zu Boden. Aba no, was vorbei is, könna mir nimma anderst macha, und du muaßt halt tracht'n, daß jetzt wieda all's recht werd.

LENI.
Geh, fangst d' scho wieda o!
MARIANN.
I hab nimma viel Zeit, und mir müass'n do über dös red'n.
LENI
schmollend.
Da soll ma hoam geh, wenn ma nix als wia g'schimpft werd.
MARIANN.
Koa unrecht's Wort kriagst d' von mir.
LENI.

Ja ... und d' Leut laff'n oan' nach, als wann i was g'stohl'n hätt. Überhaupt's, was geht's denn de o?

MARIANN.
Fang net wieda von dem o!
LENI.
Na! De geht's alle mitanand nix o! Was brauch'n mir de Nama geb'n und a so nachi schrei'n?
MARIANN.

Moanst d' net, für uns is no ärger g'wesen? ... Leni schweigt trotzig und schnupft auf. Für dein brav'n Vata, der si seiner Lebtag g'schund'n und plagt hat, und hat nia nix Unrecht's to?

LENI.
Für was braucht er denn nacha mein Huat so umanand [23] schmeiß'n?
MARIANN
stützt müde den Kopf mit der Hand und schaut vor sich hin.

Kleine Pause.
LENI.
I hab'n aa zahl'n müass'n ...

Kleine Pause.
MARIANN.
Host du über dös nachdenkt, was jetzt sei werd?
LENI.
N ... na.
MARIANN.
Was d' jetzt o'fanga willst?
LENI.
I waar net hoam kemma, wenn i net müass'n hätt ...
MARIANN.
Daß d' nimma in d' Stadt nei derfst, dös muaßt d' do selber wiss'n?
LENI.
Halt auf a paar Jahr net.
MARIANN
dringend.

Deiner Lebtag nimma, Madl; dös muaß aus sei, und du derfst koan Gedank'n mehr an dös hamm. Es handelt sie um dös, daß du g'sund werst! Daß d' wieder sauber werst!

LENI
weinerlich.
Gel, na sagst d', du schimpfst net.
MARIANN
wieder milder.

Wia mir de Botschaft von deiner Straf' kriagt hamm, bin i krank wor'n, und siehgst scho, wia'r i dro bin.

LENI
weinerlich.
Du werst scho wieder g'sund.
MARIANN.

Na, dös wer i nimmer. Aber i sag's net desweg'n, daß i dir's vorhalt. I hab an Vata bitt, er soll di dahoam lass'n, wenn i nimmer da bin.

LENI
sieht zur Seite und schweigt.
MARIANN.
Und di bitt i, daß d' dahoam bleibst und brav werst. Dös muaßt ma auf d' Hand vasprech'n.
LENI.
Anderne, wo's viel ärger treib'n, san net g'straft wor'n.
MARIANN
dringender.
Madl, vasprich mir's ... es is ja bloß weg'n deiner ...
LENI.
I ko aba de Bauernarbet gar it.
MARIANN.
De lernt si scho, wenn ma den recht'n Fleiß dazua hat, und da Vata geht dir scho an d' Hand.
LENI.
Du host aba selber allaweil g'sagt, daß i z' schwach bin dazua.
MARIANN
seufzend.

I wollt, i hätt's nia g'sagt! ...Dringend. Siehgst denn net, daß d' wieder rechtschaff'n wern muaßt? Bleib dahoam, arbet, vergiß all's, was amal unsauber g'wesen is ... da ... gib mir d' Hand drauf!s


Sie hält ihre Hand hin. Leni legt die ihrige zögernd hinein. Sie sieht dabei zu Boden und schnupft ein paarmal auf.
MARIANN.
Halt dei Versprech'n ... vielleicht werd's no recht!
[24]
LENI.
J ... ja.
MARIANN
zärtlich.
Ruck näher her zu mir!
LENI.
I bin ja do!
MARIANN.
Ganz her!
LENI
rückt mit ihrem Stuhl ein paarmal vor, so daß sie nun dicht bei Mariann sitzt.
MARIANN
nimmt sie bei der Hand, sehr gütig.

Woaßt d' no, wia's d' den erst'n Winta in d' Schul ganga bist, nach Prittlbach, und du bist so a kloana Zwazzel g'wesen ... und amal hat's so g'sturmt und g'schneit, daß i Angst kriagt hab, und i bin dir entgeg'n ganga, und beim Leitner bist d' hinter an Holzschupf'n g'stand'n und hast grad g'woant. Und da hab i g'sagt: Lenerl, tuast di fürcht'n? Und du host g'sagt: Jetzt nimma, weil i bei dir bin. Woaßt d' dös no?

LENI.
Dös is scho so lang her!
MARIANN.
Aba g'sagt hast d'as, und heut kunnt'st d'as wieder sag'n.
LENI
verständnislos.
Was?
MARIANN.
Daß d' di nimmer fürchst, weil's d' bei mir bist.
LENI.
I fürcht mi ja net. Kleine Pause.

Mariann streichelt in Gedanken verloren Lenis Hand. Dann spricht sie wieder leise und gütig.
MARIANN.

Und woaßt d' no, wia dei Schulkameradin, de kloane Kramerlis'l, g'storb'n is, und i bin mit dir ins Haus nüber, und d' Lis'l is in Sarg drinna g'leg'n. Woaßt d' dös no?

LENI.
Geh, was du für alte G'schicht'n daher bringst! ...
MARIANN.

Und da hab i dir verzählt, daß d' Lis'l jetzt nimma in d' Schul geht, sondern als a Engel singa derf, und da host du g'sagt: »Dös möcht i aa.«

LENI
ganz teilnahmslos.
So?
MARIANN.

I bin so derschrock'n, weil i mir ei'bild't hab, wia dös waar, wann du so im Sarg drinna liegetst mit an wachsgelb'n G'sichtl ... Verloren vor sich hinblickend. Selbigs Mal waar mir dös als des größte Unglück fürkemma ... I hab wohl net g'wußt, daß so was des beste Glück sei kunnt ...

LENI.
Was für a Glück?
MARIANN
sich besinnend.

Na ... na, Madl! I wünsch dir nix Schlecht's. Muaßt d'aba oft z'ruck denk'n an Kinderzeit'n und an dei alte Muatta ...

LENI.
I denk scho dro ...
[25]
MARIANN.

Woaßt d'as no, wia'r i dir 's erstmal Pfüad Good g'sagt hab? 's erstmal, wia's d' furt bist ... und ... i hab dir an Seg'n geb'n? ... Sie führt ihre Hand an Lenis Stirne und macht ihr mit dem Daumen das Zeichen des Kreuzes auf Stirne, Mund und Brust, dabei die Worte sprechend. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes – Amen! Leni blickt stumpfsinnig zur Seite. Da bedeckt Mariann ihr Gesicht mit der Hand und fängt lautlos und bitterlich zu weinen an.


Vorhang.
[26]

2. Akt

1. Szene
Erste Szene
THOMAS
knurrig.
Host du koa Arbet in der Kuchel?
LENI.
I muaß zum Ess'n herricht'n.
THOMAS.
Vor'm Spiegel da?
LENI.
Weil ma 's Band aufganga is.

Leni geht an den Tisch, sie holt aus der Schublade Löffel heraus und legt sie neben die Teller, die dort stehen.
THOMAS.
Im Stall war i drauß; host d' wieder an Barren net ausg'wasch'n ...
LENI.
I geh nacha umi.
THOMAS.
Nach jeder Mahlzeit g'hört a putzt, und so will i's hamm. Net, daß i jed'n Tag red'n muaß.
LENI.
I putz'n nacha glei, wenn i in der Kuchel ferti bin; i gib ma g'wiß de größt Müah' ...
THOMAS.
Und wenn i net nachschau, g'schiecht nix.
LENI.
Hat d' Mangin aa g'sagt, daß i mi ganz guat g'stell zu der Arbet ...
THOMAS.
De muaß 's ja wiss'n ...

Er stellt sich an ein Fenster und schaut hinaus. Kleine Pause.
LENI.
Vata, der Jud Männlein hat dir nachg'fragt.
THOMAS
ohne sich umzuwenden.
So?
LENI.
Und der Bürgermoasta is aa da g'wesen.
THOMAS
sich umdrehend.
Was will denn der?
LENI.
Er hat mir nix g'sagt, als daß er wieder kerkummt, und g'fragt hat a, wann du hoamkimmst.
[27]
THOMAS.
Möcht i scho wiss'n, was der bei mir suacht.
LENI
gesprächig.

Wia'r a bei uns außi ganga is, hab i g'sehg'n, daß er zum Wirtshaus ummi is, und da is der Männlein heraußd g'stand'n, und g'rad gnädi hamm sie's mitanand g'habt, und zu uns hamm s' herg'schaugt.

THOMAS
hat sich wieder dem Fenster zugekehrt.
Was geht denn dös mi o?

Pause.
LENI.
Vata, gel, der Männlein möcht' dir gern abkaff'n?
THOMAS.
Ko scho sei.
LENI
zaghaft.
Dös sollt'st aba net toa.
THOMAS
sich umwendend.
Han?
LENI.
Dös sollt'st net toa, daß d' 's Sach hergibst.
THOMAS.
Z'weg'n was net?
LENI.
I moan halt, es is do g'scheiter, du b'haltst as.
THOMAS.
Weil di du so guat zu der Arbet schickst?
LENI.
I gib ma ja g'wiß de größt Müah ...
THOMAS.

Dös siech i. Jetzt is d' Muatta vier Woch'n tot, und wia schaugt's denn aus bei uns? Moanst d', i hab koane Aug'n?

LENI.
Wo schaugt's denn so aus?
THOMAS.

Du merkst as freili net. Und nacha de Dreingab', daß i a Taglöhnerin neb'n deiner hamm muaß, de di o'lerna soll.

LENI.
Sie lobt mi aba recht und sagt, daß i's jetzt scho ganz guat ko.
THOMAS.
Von dem G'red hab' i was!
LENI.
Derfst g'wiß glaab'n, daß i gern mei Arbet tua ...
THOMAS.

Geh, hör ma'r auf! A Stund im Tag tuast d' so, als wenn's d' an Eifer hättst, und in der nächst'n hockst wieda umanand, oder stehst vor'n Spiagl ...

LENI.
Nach und nach lern i's scho bessa ...
THOMAS.
Wenn 's Sach amal hi is. Na! Dös G'red' hat koa Hoamat.
LENI
weinerlich.
Was is denn nacha, wenn's d' verkaffst?
THOMAS
setzt sich auf die Ofenbank.

Ja ... was is nacha? So is nix, und anderst weerd's nix ... Pause. Wenn ma mit dir red'n kunnt, und wenn's an Wert hätt, na saget i, genga ma furt von da ... wo anderst hi, wo di neamd kennt ... und neamd was woaß von dir ...

[28]
LENI.
N ... no!
THOMAS.

Aba mit dir was Neu's o'fanga, dös waar ja no schlechta, und so weit kunnt'n ma gar net geh, daß uns 's G'red net nachlaffet.

LENI.
Gar so arg sollt'st d'as na do net macha!
THOMAS.

Net, moanst d'? I sollt's halt a so o'schaug'n kinna wia du und nix g'spür'n vo dem, was um mi rum is!

LENI.
D' Muatta hat's aa g'sagt.
THOMAS
schaut finster vor sich hin und schweigt.
LENI.
Am letzt'n Tag hat sie's no g'sagt, daß ma dös vergess'n muaß, was amal g'wesen is ...
THOMAS.
Vergess'n ... ja ...
LENI.
Und daß ma sunst net auf a Neu's o'fanga ko, wenn ma dös Alte net guat sei laßt ...
THOMAS.
Dös host d' dir g'merkt, aba sunst net recht viel.
LENI.
Und daß mir beinand bleib'n soll'n, hat s' g'sagt und hat di no so bitt'.
THOMAS
aufstehend.

Ja ... glaabst denn du, wenn dös net waar ... wenn i net an d' Muatta denkat ... glaabst du, i gab de Leut da an Hanswurst'n ab? Er ist nach vorn gegangen. Tag für Tag an Verdruß und mi versteck'n, als wenn i was g'stohl'n hätt' oder an jed'n was schuldi waar? Na! Er wendet sich gegen Leni. Und wenn's d' Muatta net g'wißt hätt ... und wenn's i net wisset, daß du im Dreck derstickst, wenn i di weg laß ...

LENI.
I will aba gar net weg.
THOMAS
mißtrauisch.

Daß du jetzt auf oamal vom Bleib'n redt'st? De erst Zeit host d' allaweil furt woll'n und host d' soviel von deiner Nahterei g'sagt?

LENI.
Selbig's Mal hab i's halt aa net so überdenkt.
THOMAS.
Hätt' ma di no um Gott's Will'n bitt'n müass'n, daß d' net davolaffst und dahoam bleibst?
LENI.
Jetzt vasteh i's halt bessa ...
THOMAS.
Was vastehst d'?
LENI.
Halt, daß ... halt, daß 's do g'scheiter is, wenn i do bin und arbet ...
THOMAS
trocken.
So an Ei'sehg'n host du auf oamal?
LENI.
Und weil d' Muatta g'sagt hat, i sollt di net alloa lass'n.
THOMAS.
So?
[29]
LENI
weinerlich.
Und jetzt is all's für nix, und du willst verkaff'n!
THOMAS.
Mach du dei Arbet und mach 's richti, und dös ander is mei Sach!
2. Szene
Zweite Szene
Lenz tritt ein, hemdärmelig, eine alte Soldatenmütze in der Hand.

LENZ.
Guat Morg'n, Paulimann!
THOMAS.
Was gibt's?
LENZ.

I hab dir sag'n woll'n, daß i mit'n Möslacker firti bin, und i möcht wiss'n, was d' jetzt o'schaffst.

LENI
die Lenz freundlich zugelacht hat, ohne daß dieser darauf achtet.
Guat Morg'n, Lenz!
LENZ
trocken und ohne nach ihr hinzusehen.
Guat'n Morg'n! Wieder zu Thomas. I hätt ma denkt, ob i net an der Bachleit'n ackern soll?
THOMAS
überlegend.
An der Bachleit'n?
LENZ.
Wenn's d' an Rogg'n o'bau'n willst, waar's jetzt g'rad recht und gang leicht.
THOMAS.
I ho's selber toa woll'n, aba wann du scho firti bist, is mir aa recht.
LENZ.
Du kunnt'st halt vierzehn Tag mit der Saat wart'n, daß si der Bod'n setzat.
THOMAS.
Also pack du's o!
LENI
wieder sehr freundlich.
Lenz, mir ess'n fei bald! Net, daß d' wieda z' spat kimmst.
LENZ
gleichmütig.

Is scho recht. Zu Thomas. Nacha fang i heunt namittag o damit. Er geht zur Türe und bleibt stehen. Was i sag'n will, wia lang brauchst du mi no, Paulimann?

THOMAS.
Warum? Willst du scho wieda geh?
LENZ.

Ja – woll'n ... A guate Holzarbet kunnt i kriag'n ... und du host mi ja g'rad zu der Aushilf g'numma.

LENI
lebhaft.

Geh! Du ko'st do leicht bleib'n bei ins, wann di da Vata net gern her laßt! Host as vielleicht net schö?

LENZ
ohne im geringsten auf sie zu achten, zu Thomas.
Woaßt scho: a guate Akkordarbet laßt ma net gern aus.
[30]
THOMAS.
Ja – ja.
LENZ.
Und i kunnt mir a schön's Geld dabei verdeana.
THOMAS
etwas bitter.
Und gar z' gern bist d' wohl net da.
LENZ
dreht seine Mütze verlegen in der Hand.
Warum? Mir hat nia nix g'fehlt bei dir.
THOMAS
resigniert.
I vasteh di scho.
LENZ.
Wiaso?
THOMAS.
I vasteh di guat.
LENI.
Geh, werst d' do net so eig'nsinnig sei! Bleib halt bei ins, wann ma dir all's tuat.

Lenz schenkt ihr keinen Blick.
THOMAS.
Mir waar's recht, wenn's d' da g'wesen waarst, weil i d' Dreschmaschin kriag.
LENZ.
Daß i halt scho mit'n Eichmüller g'red't hab ...
THOMAS.
Ja no, i ko di net aufhalt'n.
LENZ.
Weil i scho g'red't hab damit ...
LENI
sehr freundlich.
Überleg da's no ... Lenz öffnet die Türe.
LENI.
Und 's Ess'n is fei bald firti!
LENZ.
M – hm – ja ... Ab.
3. Szene
Dritte Szene
LENI
eifrig.
Sollt'st 'n do bessa zuared'n, daß er bleibt!
THOMAS.
Da is nix mehr zum red'n!
LENI.
Ma legt eahm do nix in Weg! Daß er so g'schwind furt will?
THOMAS.
Er werd's scho wiss'n.
LENI.
Weil du g'sagt host, du vastehst'n guat?
THOMAS.
Daß er in dem Haus net sei mag. Dös is net hart zum vasteh' ...
LENI.
Warum denn, bal er's ganz schö hot?
THOMAS.
Wia oft glaabst d' denn, daß der o'g'red't werd um dös? Was er hör'n muaß von seine Kameraden?
LENI.
Ja no!
THOMAS.
Und de ältern Leut wern eahm aa an Deuter geb'n.
LENI.
Was braucht er si um dös z' kümmern?
THOMAS.
Es is net a jed's a so, daß eahm all's gleich is.
LENI.
Du host halt no net richti mit eahm g'red't.
THOMAS.
Daß di du um dös bekümmerst?
LENI.
Weil du scho oft g'sagt host, daß er gar so fleißi is und [31] si auskennt mit der Arbet.
THOMAS.
Na werd's aa wahr sei.
LENI.
Und g'sagt host, daß ma net leicht amal so an braven und nüachtern Mensch'n auftrifft ...
THOMAS.

I schick'n ja net furt. Oda glaabst du, i freu mi auf de Zeit, wo i mit dir alloa haus'n muaß? Leni schweigt. Wenn i den ganz'n Tag von dahoam weg bin, dös ko ja schö wern.

LENI.
Vielleicht moant er, du verkaffst scho bald ...
THOMAS.
Ah was!
LENI.
Dös werd überall'n verzählt. Hat's ja mir aa d' Mangin g'sagt.
THOMAS.
Dös is des wenig'st.
LENI.
Er werd halt moana, daß er do net bleib'n ko.
THOMAS.
Und i moan, du werst jetzt in da Kuchel was z' toa hamm.
LENI.

I geh scho. Macht ein paar Schritte zur linken Türe hin, und bleibt wieder stehen; einschmeichelnd. Waar's net g'scheiter, du redest mit eahm, wenn du 's Anwes'n b'halt'n willst?

THOMAS.
Na! Dös waar net g'scheiter.
LENI.
Daß er si do auskennat!
THOMAS.
Wann di no du auskenna tatst!
LENI.
I sag's ja bloß weg'n deiner, weil's d' do z' alt bist, daß d' de ganz Arbet alloa machst.
THOMAS.
A solchene Sorg' host du um mi? Dös hätt' dir ehnder ei'fall'n soll'n.
LENI.
Und wenn's d' a richtige Hilf host, nacha b'halt'st aa 's Sach liaba.
THOMAS.
Jetzt geh amal zua!

Leni geht zögernd bis zur Türe und wendet sich hier wieder um.
LENI.
Und ... Stockt. Und ... nacha kunnt ja dös aa 'r amal sei ...
THOMAS.
Was?
LENI
verschämt.
No ... daß i heirat.
THOMAS
verächtlich.
Du?
LENI.
Warum nacha net?
THOMAS.
Wen denn? Wer sollt denn di heirat'n? A Handwerksbursch? Und da g'rad der schlechtast!
LENI
weinerlich.
N ... no! Jetzt redt'st scho wieda aso mit mir!
[32]
THOMAS
nähert sich ihr.

Bist du so dumm, oda g'stellst di g'rad aso? Leni blickt zu Boden und zupft an ihrem Rock. Woaßt du net, daß du allssammete verspielt host?

LENI.
I tua do nix mehr!
THOMAS.

Is dir dös nia ei'g'fall'n, wia's d' dös Leb'n g'führt host? Daß 's aus is? Daß 's nix mehr gibt für di?

LENI.
D' Muatta hat ganz anderst g'red't ...
THOMAS.

Aba von dem nix, daß d' Leut dir z'liab all's vergess'n. Wenn wirkli a Mensch so hirnrissig waar, oder so schlecht, daß er di heirat'n möcht', glaabst denn du, ma lasset enk in d' Kirch eini?

LENI.
De hätt'n aa net 's Recht dazua.
THOMAS.

Host d' scho viel über dös nachdenkt? Wia's d' mit da Musi ausruckst und de ganz Freundschaft ei'lad'st? Woaßt d' scho an Hochzeita?

LENI.
Ma derf do red'n ...
THOMAS.

Dappig red'n – ja. Er setzt sich auf die Ofenbank. Ah mei! Es is scho bald a so, wia d' Muatta g'sagt hat, daß mehra dei Dummheit schuld war als wia d' Schlechtigkeit.

LENI
hat etliche Male aufgeschnupft.
Wenn ma si de größt Müah gibt und muaß si allaweil des Alte fürhalt'n lass'n.
THOMAS.

Du host as scho hinter deiner? Gel? Winkt ihr mit der Hand ab. Geh zua, und mach dei Sach' und traam vo was andern! Leni geht ab und zieht die Türe zögernd hinter sich zu.

4. Szene
Vierte Szene
THOMAS
schaut vor sich hin, und schüttelt manchmal den Kopf.
Na! ... Mögst d'as net glaab'n! De woaß heut no net, was s' to hat ... Es klopft. Herein!
5. Szene
Fünfte Szene
Bürgermeister Lechner tritt von rechts ein, mit dem Hut auf dem Kopfe. Thomas bleibt sitzen.

BÜRGERMEISTER.
S' Good, Paulimann!
THOMAS.
S' Good.
BÜRGERMEISTER.
I bin heut scho amal da g'wesen und hab dir [33] nachg'fragt.
THOMAS
gleichgültig.
So?
BÜRGERMEISTER.
Weil i mit dir a weni was z' red'n hätt. Host d' Zeit?
THOMAS
immer kurz angebunden.
Vo mir aus red!
BÜRGERMEISTER
nimmt den Hut ab und behält ihn in der Hand.

I kimm net als Bürgermoasta, i kimm g'rad aso ... Er setzt sich auf einen Stuhl, der neben der Türe steht. Bal's dir recht is, sitz i mi a weng nieder.

THOMAS.
Meinetweg'n ...
BÜRGERMEISTER.
Wie geht's dir nacha? Bist d' halt recht verlass'n?
THOMAS.
M – hm.
BÜRGERMEISTER.
Es is a Kreuz, oaschichtig sei, wenn ma'r amal älter werd und ma is dös halt gar nimmer g'wohnt.
THOMAS
schaut ihn an, ohne zu antworten.

Pause.
BÜRGERMEISTER.
Es hat uns allesamt recht bedauert, daß dei Mariann so bald sterb'n hat müass'n. Allesamt im Dorf.
THOMAS.
So?
BÜRGERMEISTER.
Weil ma des Weibet's gern g'habt hat; is scho wahr.
THOMAS.
Du aa?
BÜRGERMEISTER.
I mach da koan Ausnahm; derfst d'as g'wiß glaab'n.
THOMAS.
I ho's g'merkt.
BÜRGERMEISTER
ohne darauf zu hören.

Weil a jeder sagt, daß sie a brav's Leut g'wes'n is, und a richtig's Leut, und a fleißige Hauserin. Durchaus!

THOMAS.
Sagt's ös?
BÜRGERMEISTER.
Alle mitanand. Und red't ihr neamd was Schlecht's nach weg'n dera Sach.
THOMAS
feindselig, aber ruhig.
Was für a Sach?
BÜRGERMEISTER.

No – woaßt d' scho. Aba ma denkt si, dös hätt an andern aa passiern könna, und is scho de best'n Leut' g'schehg'n, daß amal a Kind net g'rat.

THOMAS.
Was geht's denn enk o?
BÜRGERMEISTER.
Z'letzt g'hört ma do z'samm in der Gmoa und bekümmert si um dös, wann den ander'n an Unglück trifft.
THOMAS
höhnisch.
A – freili!
[34]
BÜRGERMEISTER.

Und nacha red't ma halt; net? Weil ma'r a Derbarmnis hat mit enk. Mit dir aa. Derfst d'as g'wiß glaab'n, Paulimann!

THOMAS.
Bist du desweg'n kemma?
BÜRGERMEISTER.
Han?
THOMAS.

Ob du desweg'n kemma bist, daß d' mir dei Derbarmnis da eina bringst in d' Stub'n? De ko'st drauß'd lassen. I mag 's net.

BÜRGERMEISTER.
Du host an Zorn auf mi, aba da host du koan Ursach dazua.
THOMAS
bitter.
Na! Gar koane.
BÜRGERMEISTER.

Was i als Bürgermoasta hab toa müass'n, des sell derfst d' mir net für übl hamm ... dös waar des gleiche g'wen bei an jed'n.

THOMAS.
Net wahr is.
BÜRGERMEISTER
begütigend.

Ja no, über dös kon i net streit'n, Paulimann. Aber des sell muaßt du glaab'n, i derf als Bürgermoasta net hantier'n, wia'r i mog. I ho meine Vorschrift'n.

THOMAS
winkt verächtlich mit der Hand ab.
Hör' ma'r auf!
BÜRGERMEISTER.
Du werst as net anderst wiss'n.
THOMAS.
I woaß, daß ma's so und a so macha ko.
BÜRGERMEISTER.
Dös is! Dös hat ma davo, bal ma si für an Amt hergibt.
THOMAS.
Is scho recht, ja!
BÜRGERMEISTER.

I sag mei Sach', wia'r i's denk, weil i an aufrichtiga Mensch bi ... und i moan dir's nur guat, und hat koana a größers Bedauern mit dir, als wia'r i.

THOMAS.
Na mach i mei Danksagung ... Er steht auf. San mir jetzt firti?
BÜRGERMEISTER.
I hab ja no gar net o'g'fangt.
THOMAS
setzt sich wieder.
Ah so ... Host d' no was anders zu'n auspack'n als wia dei Kümmernis?
BÜRGERMEISTER
lauernd.
Ma hört, daß du verkaff'n willst?
THOMAS.
I?
BÜRGERMEISTER.
Ja. Daß da Jud Männlein dein Hof kriag'n soll zum Z'trümmern?
THOMAS.
Da woaßt du mehra wia'r i.
BÜRGERMEISTER.
Hat ma's da Männlein selber ei'b'stand'n ...
THOMAS.
Desweg'n braucht's it wahr sei.
[35]
BÜRGERMEISTERS.

Ma hört dös nämli von alle Leut ... Und ... ah ... da hab i mir denkt, vor dei Anwes'n z'trümmert werd, es kunnt's oana in der Gemeinde kaff'n und beinand lass'n.

THOMAS.
Host d' dir denkt?
BÜRGERMEISTER.
A richtiga Mensch, der wo a Geld auf da Hand hot und di baar auszahl'n ko.
THOMAS.
Der richtige Mensch waarst du?
BÜRGERMEISTER.
I sag net na ...
THOMAS.
Da hätt'st du aa de Fahrt, über de mir g'stritt'n hamm ...
BÜRGERMEISTER.
Ah mei!
THOMAS.
Wo's d' an Prozeß vaspielt host.
BÜRGERMEISTER.
Dös hon i lang vagess'n.
THOMAS.
Du bist der net, der wo so was vergißt ... Host's aa wieder hoamzahlt.
BÜRGERMEISTER.

Dös hat koan Bezug auf dös ...Da Thomas verächtlich mit der Hand abwinkt. Na! Durchaus gar it! Und de G'schicht'n hamm koan Wert. Du kennst mi, daß i zahl'n ko, und machst a schön's Angebot.

THOMAS
barsch.
I mach koans.
BÜRGERMEISTER
begütigend.
Überlegst da's halt. Es muaß ja net heut sei!
THOMAS.
Es werd gar nia.
BÜRGERMEISTER
wie oben.

So muaßt d' jetzt aa net red'n, schau! Und net g'rad bockboanig sei! Du derfst ma's glaab'n, i moans nur guat mit dir.

THOMAS
höhnisch.
Des sell woaß i.
BÜRGERMEISTER.
Und verkaff'n muaßt d' ja do.
THOMAS.
So? Muaß i?
BÜRGERMEISTER.

Was willst d' denn sunst? Du bist alt, tuast dir hart mit'n Wirtschaft'n, und morg'n ko'st d' sterb'n. Was is denn nacha, bal de ander ... Mit dem Kopf nach der Türe links hinnickend. 's Anwes'n erbt? Und muß's auf Schnall und Fall hergeb'n. Da werd s' net viel dafür kriag'n.

THOMAS.
Wenn sie's hergibt.
BÜRGERMEISTER.
Du bild'st dir do net ei', daß de am Haus bleib'n ko?
THOMAS.
Dös werst d' ihr net verbiat'n kinna.
BÜRGERMEISTER.
I alloa net.
[36]
THOMAS
erregter.
Und alle mitanand net.
BÜRGERMEISTER.
I sag net vom Verbiat'n, aba i moan, si tat si a weng hart, wenn's neamd im Dorf leid'n will.
THOMAS
lauter.
Ah! So viel Kuraschi habt's ös geg'n an oa'schichtig's Weibsbild!
BÜRGERMEISTER.
Geh zua! Dös Dischkrier'n hat koan Wert.
THOMAS
schreit.
Na muaßt ma du net so kemma, als wann's d' ma du 's Häusl abdrucka kunntst!
BÜRGERMEISTER.
Von dem hon i nix g'sagt.
THOMAS.
Hint'n rum, wia ma's g'wohnt is von dir ...
BÜRGERMEISTER.
Es is net guat red'n über de Sach, und dir brauch i nix sag'n; du woaßt as so guat als wia'r i!
THOMAS.
Gar nix woaß i!
BÜRGERMEISTER
erregter.

Wenn's d' as net anderst hamm willst, na sag' i dir's pfei'g'rad. Deutet mit der Hand nach der Türe. De Schand tuat uns weh, daß so oane im Dorf is.

THOMAS
schreit laut.
Dir?
BÜRGERMEISTER.
Da gibt's koan, vom Pfarra bis zum letzt'n, der net dös nämli sagt.
THOMAS.
Vo mir aus red't's zua!
BÜRGERMEISTER.
Weil ma dös net woaß, so lang Berghofen steht.
THOMAS.

Red't's zua, sag i! Schimpft's beim Bier, wenn s' b'suffa seid's ... Da! Er schnalzt mit Daumen und Mittelfinger. Net so viel paß i auf.

BÜRGERMEISTER.
Du bist aa net alloa Herr auf da Welt!
THOMAS
schlägt auf die Bank.
Aba da herin! Wen kümmert dös, was in mein Haus is?
BÜRGERMEISTER.
Sie geht aa naus unter d' Leut ...
THOMAS.
Net wahr is!
BÜRGERMEISTER.
War s' net in der Kirch'n?
THOMAS
zwingt sich zur Ruhe.
Beim Begräbnis von ihra Muatta. Hätt s' enk frag'n müass'n, ob s' ihr de letzt Ehr geb'n derf?
BÜRGERMEISTER
kalt, die Achseln zuckend.
Ma siecht's net gern.
THOMAS
schreit.
Waarst d' halt wegblieb'n! Du und de ander Bande! I hätt enk net braucht.
BÜRGERMEISTER
immer zurückhaltend.

Mit'n Schimpf'n is gar [37] nix g'richt. Du tuast g'rad so, als wenn's d' mi net verstand'st ... I möcht di hör'n, wenn dös bei an andern fürkemma waar.

THOMAS.
Da wurd'st weni hör'n ...
BÜRGERMEISTER.
M ... hm ... is scho recht ...
THOMAS.
I hab mi um mei Sach kümmert, und net um ander Leut. Und dir stand's aa besser o!
BÜRGERMEISTER
höhnisch abwinkend.
Ah – was!
THOMAS.
Paß no du auf dei Haus auf!
BÜRGERMEISTER
wie oben.
Geh zua! Für dös kriagst d' nix!
THOMAS.
Magst d'as net hör'n? Gel? Hat net dei Madl a ledigs Kind?
BÜRGERMEISTER.
Dös geht neamd was o.
THOMAS.
Ah so! Da is 's anderst!
BÜRGERMEISTER
erregter.
G'stell di net a so! Du woaßt recht guat, daß dös net herg'hört.
THOMAS.
Da hat dir dei G'scheitheit nix g'holf'n.
BÜRGERMEISTER.

Daß junge Leut' Dummheit'n macha, dös woaß ma, und wenn's oan aa net freut, dös kummt amal vom Jungsei ... aba desweg'n is mei Resi do rechtschaff'n.

THOMAS
höhnisch.
Und brav!
BÜRGERMEISTER
sehr erregt.

Und brav! Jawohl! De hat ihra Lebtag von der ehrlich'n Arbet g'lebt und net vo da Schlechtigkeit. Und was sunst is, dös geht den o, der wo s' amal heiret ... aba sunst neamd.

THOMAS.
Na muaßt d' di aa net um mi bekümmern.
BÜRGERMEISTER.
I tat mi scho net kümmern, wann i net a Verantwortung hätt'.
THOMAS.
A Verantwortung host du für mi?
BÜRGERMEISTER.

Na, aba für dös, daß de Sach' net gar z'weit geht. Du woaßt net, gel, daß mir bei alle Gemeinden rundum an Nama kriag'n, weil's des erstmal is, im ganz'n Bezirk, daß so oane da is.

THOMAS.
Was liegt denn da mir dro?
BÜRGERMEISTER.
Aber ins! Geh' nüber ins nächste Dorf! Schrei'n dir's de Buab'n auf da Straß'n nach, was mir san.
THOMAS.
No zua!
BÜRGERMEISTER.
Ja! No zua! Unsere Bursch'n derleid'n net gar so viel!
THOMAS
schreit.
Ah so! Host da s' scho wieda abgricht? Host [38] da s' scho wieda aufg'hetzt?
BÜRGERMEISTER.

Da braucht's koa Hetz'n ... de steck'n scho lang d' Köpf z'samm und frag'n, warum g'rad unser Dorf dös schlechtast sei muaß. Und dös geht mi o als Bürgermoasta.

THOMAS.
Freili! Wenn's d' dir a so nimma gnua bist für a Schlechtigkeit, na kimmst d' als Bürgermoasta.
BÜRGERMEISTER.
Du werst mir koa Schlechtigkeit nachweis'n kinna!
THOMAS
immer erregter.

Sei staad ... du! Di kenn i guat. Du host ma's nia verziech'n, daß amal der kloa Bauer Recht kriagt hat geg'n den groß'n ...

BÜRGERMEISTER.
Jetzt kam er mit dem daher!
THOMAS.

Weil's wahr is! Lüag du ander Leut' o mit deine scheinheilig'n Sprüch! Mi net. I woaß lang, was du für oana bist!

BÜRGERMEISTER.
Hab i dei Weibsbild aufzog'n?
THOMAS.
Auf da Paß bist g'stand'n und host g'wart, ob's d' mi net treff'n ko'st.
BÜRGERMEISTER.
Hab i dei Weibsbild aufzog'n?
THOMAS.

Und g'rad taugt hat's dir ... gel? Wia de G'leg'nheit kemma is ... Du host g'wißt, wia arm und krank mei Wei da herin g'leg'n is ... und host a Lustbarkeit g'macht aus meiner Schand!

BÜRGERMEISTER.
Bin i schuld ...?
THOMAS
laut schreiend.
's Mäu halt! Bist du net von oan Haus zum andern g'loff'n, und host 's ei'g'sagt, wia r' a Hochzeit?
BÜRGERMEISTER.
Dös muaßt du beweis'n!
THOMAS.
Ja du! Und mitt'n beim Tag hat's sei müass'n, damit das ganze Dorf sein Spaß g'habt hat ...
BÜRGERMEISTER.
Schimpf de in da Stadt, de s' raus g'schickt hamm!
THOMAS.
Waar's an anderer g'wesen, du hätt'st Mittel und Weg g'fund'n ...
BÜRGERMEISTER.

I bin net bewandert g'wesen in dera Sach. 's nachst Mal mach i 's besser, wenn s' da s' wieder amal hoamschick'n ...

THOMAS
geht auf den Bürgermeister los.

Derfst du mi auszahna? Der Bürgermeister tritt zurück. Wenn s' ma s' 's nachst Mal hoamschick'n, sagst du? Und z'erscht host ma droht mit [39] deine Lausbuab'n, de des Weibsbild net da lass'n woll'n!

BÜRGERMEISTER.
I laß mi vo dir schlecht macha ...
THOMAS.

Und i mi zum Lapp'n! In mein eigna Haus! 's nachst Mal machst d'as anderst, host d' g'sagt? Mach's wieder so! Er macht noch einen Schritt auf den Bürgermeister zu. Aber es is nimma wia selbigsmal, wo i mi net rühr'n hab derf'n.

BÜRGERMEISTER.
Schrei zua! I geh ...
THOMAS.

Und sag de andern, sie soll'n ma wieda Haberfeldtreib'n ... aber der erst, der mir zum Fensta rei schreit ... den schiaß i nieder wia'r an Hund ... Packt den Bürgermeister an der Brust. Sag's eahna!

BÜRGERMEISTER
schrill.
Laß aus, sag i!
THOMAS
ihn schüttelnd.
Hol deine Hetzhund! Du Pharisäer, du scheinheiliger! Der Bürgermeister macht sich frei.
BÜRGERMEISTER.
Vo dir laß i mir koan Nama net geb'n ... Er geht zur Türe. Von so an net ...
THOMAS.
Hol s' allsamt!
BÜRGERMEISTER.
Dös ander werst d' ja sehg'n!
THOMAS.
Probiert's as no! Der Bürgermeister schlägt die Tür zu.
6. Szene
Sechste Szene
Leni kommt von links und bleibt an der Türe stehen.

LENI.
Was gibt's denn?
THOMAS
schaut zornig nach der Türe rechts, durch die der Bürgermeister abgegangen ist, ohne auf Leni zu achten.
Di kenn i und deine Hoamlikeiten, du Feinspinner ... aber jetzt is 's anderst ...
LENI.
Hat's was geb'n?
THOMAS
bemerkt sie erst jetzt.
Was suachst denn du do?
LENI.
Wann ma'r enk bis in d' Kuchel außi schrei'n hört ...
THOMAS.
Dös werd di nix o'geh ...
LENI.
Hat da Bürgermoasta mit dir g'stritt'n?
THOMAS.

M – hm – ja ... g'stritt'n ... Grob. Waarst d' no herin g'wes'n und hättst d' all's g'hört ... vielleicht gang dir a Liacht auf!

LENI.

Soll i 's Ess'n einabringa? Thomas ist ans Fenster gegangen und dreht ihr den Rücken zu, ohne zu antworten. Von rechts [40] tritt Lenz ein und hängt seine Soldatenmütze an den Rahmen.

LENI
freundlich zu Lenz.
Geh fei nimma außi! Es is scho zun Mittag macha ...
LENZ
gleichgültig.
I woaß scho ... Leni links ab.
7. Szene
Siebente Szene
LENZ
sich räuspernd.

I hab ma 's jetzt überlegt, Paulimann ... Thomas, der die Hände nach rückwärts verschränkt hält, wendet sich nicht um und gibt keine Antwort.

LENZ.
I ko de Akkordarbet net hint lass'n ...
THOMAS
sich langsam umdrehend.
Han?
LENZ.
I sag, daß i de Holzarbet o'nimm, weil's halt für'n ganz'n Winter is.
THOMAS
mürrisch.
Ja ... ja.
LENZ.
Und nacha steh i bei dir auf Micheli aus ...
THOMAS.
Mein'tweg'n gnua!
LENZ.
Weil du g'sagt host, i soll no dableib'n, wenn d' Dreschmaschin kummt, aba ...
THOMAS.
G'wiß net! I halt di net auf.
LENZ.

Ja no ... i hab ma denkt, wann du notwendi an Aushilf brauchst, kunnt ja mei Bruada auf a Zeitlang kemma ...

THOMAS.
I brauch'n net. Lauter. I brauch überhaupt's neamd!
LENZ
freimütig.
Dös waar mir z'wider, wann mir net guat ausanand kummat'n ...
THOMAS.
Warum net im Guat'n?
LENZ.
No ... daß du an Zorn hätt'st auf mi, weil i net bleib ...
THOMAS.
I hab koan Zorn ...
LENZ.
Mir kimmt's aso für ...
THOMAS.

Dös moanst d' grad ... Bitter. Mei Liaba, i will net, daß im Dorf umanand g'red't werd, als wann oana in dem schlecht'n Haus da z'ruckg'halt'n wurd' ...

LENZ.
I hoaß dei Haus net schlecht ...
THOMAS.
Net!
LENZ.
Na ... und i red a nix rum ...
THOMAS.
Nacha red'n anderne.

Er wendet sich wieder um.
LENZ
gekränkt.

Vo dem woaß i nix ... und bekümmer mi net drum ... Hat ma no neamd nachsag'n kinna, daß i was aus 'n Haus trag ... Kleine Pause.

[41]
THOMAS
sich umwendend.
Du! Du kimmst do mit de junga Bursch'n z'samm?
LENZ.
Moanst d', weg'n dem?
THOMAS.
I moan was anders. Sagst d' eahna, sie soll'n sie net auf'n Bürgermoasta verlass'n ...
LENZ
versteht ihn nicht.
Was?
THOMAS.
Ja ... ja ... sie soll'n sie net z'viel trau'n, sagst d' eahna!
LENZ.
I vasteh di net ...
THOMAS.

Denkst d' halt a weng nach! Und dös sag' eahna von mir: es kunnt amal schlechter ausgeh', als sie glaab'n ...

LENZ.

Was woaß denn i von de Bursch'n? I laff net damit rum. Er bricht ab, da Leni mit dem Essen hereinkommt. Sie stellt die mit Kraut und Knödeln gefüllte Schüssel auf den Tisch.

8. Szene
Achte Szene
LENI.
Geht's halt her!

Thomas geht langsam an den Tisch und setzt sich auf die Bank, das Gesicht dem Zuschauerraum zugewendet. Lenz bleibt rechts, Leni links vom Tische stehen. Lenz macht das Kreuz und spricht mit eintöniger Stimme das Gebet.
LENZ.

Himmlischer Vater, segne uns Speis' und Trank, die wir von deiner großen Güte empfangen haben ... Leni betet nun auch laut mit ... und gib uns Gnade und Gedeihen dazu, damit wir zu deinem Lobe gereichen mögen. Amen! Beide machen das Kreuzeszeichen und setzen sich, Lenz rechts, Leni links. Thomas hat nicht mitgebetet, sondern finster vor sich hingeschaut.

LENI
zu Thomas.
Vata – fang o!
THOMAS.
Was?
LENI.
Ess'n sollst d' ...
THOMAS.
Ja ... iß! Er stößt den Teller zurück, steht auf und geht links ab.
9. Szene
Neunte Szene
LENI
ihrem Vater nachsehend.

Was hat a denn?Lenz gibt keine Antwort. Er nimmt sich Kraut und Knödel aus der Schüssel und fängt zu essen an.

[42]
LENI.
Woaßt du, warum er so zorni is?
LENZ
mit vollem Munde.
I net.
LENI.
Der Bürgermoasta is voring da g'wes'n, und da müassen s' was g'habt hamm mitanand.
LENZ
antwortet nicht, sondern ißt weiter.
LENI.

I bi ganz daschrock'n ... a so is zuaganga ...Sie nimmt sich heraus und ißt; Pause. Wia schmeck'n dir nacha de Knödl?

LENZ.
Wia s' halt schmeck'n.
LENI.
De hab fei i kocht.
LENZ
gleichgültig.
So? Pause.
LENI.
Du, Lenz, was hab' da denn i to?
LENZ.
Nix.
LENI.
Daß d' nacha so häßli bist auf mi?
LENZ
gleichgültig.
I?
LENI.
Ja ... red'st nia mit mir, und wann i di was frag', gibst d' ma gar it o!
LENZ
mit vollem Mund.
I hab koa Zeit zun Red'n.
LENI.
Net amal an Gruaß gibst d' ma z'ruck.
LENZ.
Da is mir nix bekannt.
LENI.

Erst gestern bist d' hintern Stadel ganga, und i hab dir nachg'schrian ... ob's d' net was zun Vespern mitnehma magst ... und du host gar it umg'schaugt.

LENZ.
I muaß auf mei Arbet schaug'n.
LENI
schmollend.
So viel Zeit hätt'st d' scho g'habt ... aba sie wern die halt aufg'red't hamm geg'n mi?
LENZ
grob.
Mi red't neamd auf.
LENI.
Ja ... i woaß scho. I hab di scho g'sehg'n am Sunntag.
LENZ.
Siehgst mi jetzt aa!
LENI.
I hab di scho g'sehg'n, wia's d' nach da Kircha bei da Glonner Marie hibei g'stand'n bist.
LENZ.
Ko leicht sei.
LENI.
Wia si de draht hot, als wenn s' woaß Gott was für oane waar!
LENZ
brummt.
M – hm.
LENI.

G'rad gnädi hat's des Weibsbild g'habt, und gar net g'wißt hat s', wia s' geh muaß vo lauta Ei'bildung.

LENZ
gibt keine Antwort und ißt.
LENI.
Und nacha, wia'r i bei da Tür außi bin, habt's herg'schaugt und habt's g'lacht.
[43]
LENZ.
So?
LENI.
Jawohl! I hab's deutli gnua g'sehg'n.
LENZ.
Werd ins halt was g'freut hamm.
LENI.
De moant vielleicht, sie derf mi auszahna.
LENZ.
Du werst ihr 's Lacha net verbiat'n könna.
LENI.

De braucht si gar it so aufführ'n, über mi ... De soll si no selber bei da Nas'n nehma! Kleine Pause. D' Mangin sagt's aa, daß de gar koan Ursach net hat. Lenz nimmt sich wieder aus der Schüssel heraus.

LENI.
Von dera werd gar nix Guat's g'red't.
LENZ.
Von mir aus.
LENI.

Ja ... is dös vielleicht net wahr, daß zu da Glonner Marie a jeder an's Kammerfensta hat kemma derf'n?

LENZ
höhnisch.
Dös nimmst ihr du für üb'l?
LENI.

I sag g'rad, daß si de net so aufführ'n braucht über mi. Pause. Vielleicht bist du aa scho bei ihr g'wen?

LENZ
trocken.
Na.
LENI
neckisch.
Du sagst as halt net?
LENZ
kauend.
Sag'n tat i 's aa net.
LENI.
Da brauchetst dir fei nix ei'bild'n auf de! Mit ihre Summermirln!
LENZ.
I bild ma scho nix ei.
LENI.
Und mit ihre fuchsrot'n Haar! Da gibt's scho anderne.
LENZ
grob.
Herrgott! Laß mi amal mit Ruah ess'n! Was paß denn i auf d' Weibsbilder auf?
LENI
neckisch.
Paßt du gar it auf?
LENZ.
Waar ma z'dumm!

Leni steht auf und rückt in die Bank hinein neben Lenz.
LENI
kokett.
Dös glaab i dir fei net, daß du dir gar nix bekümmerst um d' Madeln.
LENZ.
Na glaabst d'as halt net!
LENI.
Du bist a recht a Hoamlicher ... gel? Du g'stellst di g'rad aso, als wann's dir nix o'gab.
LENZ.
M – hm ... ja ...
LENI
stößt ihn mit dem Ellenbogen an.
Wia muaß denn oani ausschaug'n, de wo dir g'fallt?
LENZ
grob.
Jetz sag i dir's no'mal, daß i zun Ess'n herin bi und net zun Dischkrier'n.
LENI
dumm verschämt.
Du bist aber oana! Pause.
[44]
LENI
zutulich.
Du, Lenz, host dir's net anderst übalegt?
LENZ.
Was?
LENI.
No ... mit'n Furtgeh?

Sie lacht Lenz an, der nicht darauf achtet; Leni rückt näher zu ihm.
LENI.
Wer woaß, wia's amal geht, wenn's d' dableibst!
LENZ.
I bleib net.
LENI.

Du werst halt glaab'n, daß da Vata verkafft!Lenz antwortet nicht. Er verkafft aba net, sinst hätt a mir scho was g'sagt ... Pause. Leni wartet auf Antwort und fährt erst fort, da Lenz unbekümmert weiter ißt. Und weil er si mit'n Bürgermoasta so z'kriagt hat, woaß i's g'wiß.

LENZ.
Was geht denn dös mi o?
LENI.

I hab ma denkt, du gehst desweg'n ... Stockend. Und wann's d' as inne werst, daß da Vata 's Anwes'n b'halt, hab i ma denkt, nacha bleibst d'.

LENZ
höhnisch.
Moanst du?
LENI.
No ja ... weil's nacha do anderst is ...
LENZ.
Da bischt weit irr.

Leni scheint die Zurückweisung etwas zu verstehen, zieht ihren Teller von ihrem früheren Platz zu sich herüber und ißt ein wenig.
LENI.

Host d' no gar nia Obacht geb'n, daß da Lechner Martl jed'smal nach'n Feierabend beim Zaun hibei steht?

LENZ.
Na.
LENI.
Und er schaugt allaweil nach mir umma.
LENZ.
Schaugst d' halt wieda hi.
LENI.
I mag net ... aba wahr is. Dumm kokett. I glaab, der möcht was.
LENZ.
I vergunn's eahm.
LENI.

Geh! Wia du daher red'st ... Hätt'st d' mi halt in da Stadt drinna sehg'n soll'n ... in mein blau'n Kleidl mit rote Schnür ... da bin i fei schö g'wen!

LENZ.
So?
LENI.

Anderst scho als wia d' Glonner Marie mit ihr'n g'scheert'n Kopftüachl ... und an woll'na Unterkittl.

LENZ
brummt etwas Unverständliches, indes er mit vollen Backen kaut.
LENI.

Und Hemmata han i g'habt ... net so grob, als wia de ... Zupft an ihrem Ärmel. ganz feine ... Vielleicht hätt i dir guat g'falln ...

LENZ
sehr grob.
G'wiß net!
[45]
LENI
immer noch zutulich.
Hätt'st mi no g'seg'n!
LENZ
mit der Hand abwehrend.
I dank schö dafür!
LENI
halb beleidigt.
N ... no!
LENZ.
Solchene hab' i ma gnua g'seg'n, wia'r i Soldat war.
LENI.
Was für solchene?
LENZ
legt seine Gabel weg.
Wia du oane warst! Aba i hab mi nia abgeb'n damit. Da bin i ma z' guat g'wen für solchene!
LENI
weinerlich.
Sei do net gar so abscheuli zu mir! Was hab i dir denn to?
LENZ.
I sag da's g'rad, daß di amal auskennst!
LENI.
Von erst'n Tag o bin i freundli g'wen zu dir und ho dir nia koan unrecht's Wort geb'n.
LENZ.
M – ja!
LENI.
Und is dös vielleicht net wahr, daß i dir dei Sach' g'flickt hab?
LENZ.
Hab i dir's o'g'schafft?
LENI.
Vergelt's Gott hätt'st d' aa sag'n derf'n, und so grob brauchet'st d' net sei mit mir!
LENZ
erregter.
Weil i mei Ruah hamm möcht! Leni schnupft ein paarmal auf und macht ein weinerliches Gesicht.
LENZ.

Moanst d', i merk's net scho lang, daß du mir schö tuast? Aba du spannst as net, daß mir dös z'wider is!

LENI
sehr weinerlich.
Dös is dir z'wider?
LENZ.

Ja. I muaß da's scho pfei'grad sag'n, weil's d'as sunst net kennst! Glaabst denn du, i mag mit dir ins G'red kemma?

LENI
weinend.
Hör amal auf!
LENZ.
Waar mir scho z' dumm, daß de Bursch'n hinter mir drei'lach'n, g'rad als wann i was hätt mit dir!
LENI
mit erstickter Stimme.
N ... no!
LENZ.
Du muaßt da scho an andern raussuacha! Koan richtig'n Mensch'n net! Da behaupt i mein Charakta ...
LENI
wischt sich mit dem Handrücken über die Augen.
LENZ.

Und daß d'as woaßt, desweg'n geh'n i ... weil ma dös z' dumm werd. Bloß weg'n deiner mag i nimmer bleibn!

LENI
zornig, unter Tränen.
Geh halt zua! I brauch di net ... i ho scho anderne g'fall'n ... i wer scho oan find'n.
LENZ.

Find no zua! Er leert mit dem Löffel den Teller aus, schleckt ihn ab und legt ihn auf den Tisch. Aba mir werst d' jetzt mei Ruah lass'n.

[46]
LENI.
I brauch di net.
LENZ.

Is scho recht ... Er steht auf und fängt wieder eintönig zu beten an. Himmlischer Vater, wir danken dir, daß du uns Unwürdige gespeiset hast und deiner Gnaden teilhaftig machest und nimmer aufhörest, deine Wohltaten gütig mitzuteilen. Amen!Er geht nach der Türe und nimmt seine Mütze vom Nagel herunter.

LENI
sich hastig die Tränen abwischend.
Geh no weita! Mi hamm scho Besserne mög'n als wia du! An dir liegt ma gar nix dro!
LENZ
geht ohne Antwort hinaus.
LENI
ihm nachschreiend.

An dir liegt ma gar nix dro! Sie sieht nach der Türe, legt sich in den Tisch hinein und fängt laut zu weinen an.


Vorhang.
[47]

3. Akt

1. Szene
Erste Szene
BARBARA.
Guat Morg'n, Leni!
LENI.
Guat Morg'n!
BARBARA.
I ho di g'rad frag'n woll'n, ob's d' mi net brauchst.
LENI.
Heut net.
BARBARA.
Bist d' scho firti mit da Arbet?
LENI
mürrisch.
I bin scho firti. Pause.
BARBARA.
In da Kircha bin i g'wen; da hat's heut anderst viel Leut geb'n.
LENI.
So?
BARBARA
gesprächig.

Ja, weil da neue Koprata zun erst'nmal predig'n hat derf'n, durch dös, weil da Herr Pfarra krank worn is. De ganz Kirch'n is g'steckt voll g'wen. Leni antwortet nicht und packt ihr Nähzeug zusammen.

BARBARA
anzüglich.

I woaß gar it, was er g'habt hat. Grad von Ärgernis hat er predigt. In geziertem Hochdeutsch. Daß diesen Übles geschiecht, die wo Ärgernis geben. Waar scho bald aso g'wen, als wann er auf was g'spitzt hätt'.

LENI
gleichgültig.
Was moanst d'?
BARBARA.

No ja! Weil er grad allaweil 's Argernis daher bracht hat. Und d' Glonner Marie hätt'st d' sehg'n soll'n. De hätt' si aso bald an Hals auskegelt, so hat s' oiwei umag'schaugt auf mi her.

LENI.
Vo mir aus.
BARBARA.

Weil s' eahm denkt hamm werd, i sag da's wieder. Aba de bal i amal alloa derwisch, nacha frag i s', ob sie vielleicht [48] glaabt, frag i s', daß bloß ander Leut an Ärgernis geb'n und ob's z' Berghofa net mehra gibt, frag i s', de wo si aus dera Predigt was außa nehma hätt'n kinna. Ja ... aso frag i s'.

LENI.
Zweg'n meiner brauchst d'as net frag'n.
BARBARA.
Weil's wahr is. Zweg'n was muaß denn de oiwei zu mir umaschaug'n?
LENI.
Vielleicht müassen si de Berghofer nimmer gar so lang ärgern über mi.
BARBARA.
Was host d' denn?
LENI.
A so halt!
BARBARA.
Du red'st ja, als wann's d' nimma dableib'n mögst.
LENI.
Mög'n! Mög'n tua i g'wiß net.
BARBARA.
So waar i net. Erst recht gab i net nach. Du host dei Straf ausg'halt'n, und de andern geht's nix o.
LENI
müde.
J – ja.
BARBARA.
Und von so oana lasset i mir scho durchaus gar nix g'fall'n, de wo si z' allererst schama müaßt.
LENI
steht auf und nimmt Nähzeug und Bluse an sich.
BARBARA.
Was feit denn dir?
LENI.
Nix.
BARBARA.
Dös sagst d' grad; i kenn's guat.
LENI
ungeduldig.
N ... na! Mir feit nix.
BARBARA.
Und nacha brauchst d' mi heut net?
LENI.
Na.
BARBARA.
I hätt da gern g'holfa.
LENI.
Da Vata ißt heunt aso net dahoam. Er geht auf Arnbach umi, hat er g'sagt, zu sein Bruada.
BARBARA.
Ja ... und ...
LENI.
Und der ander steht heunt aus.
BARBARA.
Der Lenz?
LENI.
Ja.
BARBARA.

Siehgst d'as, na is 's do wahr! Weil d' Hotzin zu mir g'sagt hot, da Lenz, hat s' g'sagt, bleibt aa koan Tag nimmer da drent, sagt s'. So? Heunt steht er aus?

LENI.
Is ja Micheli!
BARBARA.
Daß der auf oamal geht?
LENI.
Er werd scho an andern Platz hamm.
BARBARA.
D' Leut hamm g'sagt, daß er überhaupts ganz bleib'n möcht, und du host as ja aa'r amal glaabt.
[49]
LENI.
I?
BARBARA.

No ja! Weil mir halt g'red't hamm über dös. Net? Und i hab nix anders net denkt, als daß er's so an Sinn hot.

LENI.
Geh, laß ma mei Ruah!
BARBARA.
Weil du g'sagt host, wer woaß, wia's amal geht, und daß er dir g'fall'n tat.
LENI.
Der?
BARBARA.
Net grad oamal hamm ma davo g'red't, daß er a sauberner Bursch is und ... wia ma halt red't.
LENI
heftiger.
Der is ma z' g'scheert!
BARBARA.
Ah so?
LENI.

Ja. Auf den paß i gar nix auf! Der braucht si nix ei'bild'n. Da hon i scho Feinere kennt als wia den!

BARBARA
neugierig, lauernd.
Is er g'wiß grob g'wen geg'n deiner?
LENI
wieder verschlossen.
I woaß it, vo was du oiwei red'st.
BARBARA.
No ... weil's d' halt 's letzt Mal ganz anders g'sinnt g'wen bist ... net? Ma sagt grad vo dem ...
LENI.
Jetzt bin i aso g'sinnt.
BARBARA.

I sag dös, daß er aa nix Guats hot, wann er liaba a Deanstbot bleibt und si von de Leut aufhetz'n laßt ...

LENI.
Von mir aus tuat er, was er mag.
BARBARA.
Nacha geh'n i.
LENI.
Adjä!
BARBARA.
Braucha tuast d' mi net, host d' g'sagt?
LENI.
Na!

Barbara Mang wendet sich zum Gehen und macht ein paar Schritte gegen die Türe rechts, bleibt stehen und kehrt sich wieder Leni zu, die langsam nach links abgehen will.
BARBARA.
Du! Paß auf!
LENI
mürrisch.
Wos denn!
BARBARA
lauernd.
D' Leut red'n vom Lechner Martin, als wann's da was geb'n hätt'.
LENI
hastig.
Von Lechner?
BARBARA.

I hab nix glaabt, weil i dös überhaupts net mag, dös G'schwatz überanand, und weil i sag, daß d' Leut überhaupts gern lüag'n.

LENI
verlegen, erschrocken.
Hamm s' ...? Was hamm s' denn g'red't?
BARBARA
mit gespielter Entrüstung.

Dös mag i dir gar net [50] sag'n ... na! De machen's a bissel gar z' braun ... und Sach'n bringen s' daher, wo si inseroans gar nimma auskennt ...

LENI.
Hätt' vielleicht da Lechner Martin was sag'n mög'n über mi?
BARBARA.
I woaß aa net so g'nau ... Lauernd. Warum? Bist du mit eahm beinand g'wen?
LENI
wieder bockig.
Waar ma scho z' dumm!
BARBARA.

Dös sell lasset i mir net g'fall'n, daß mi oana so rumziagt ... g'rad hauf'nweis san d' Leut beinand g'stand'n, und Ausdrück hamm s' g'habt.

LENI.
Geg'n meiner?
BARBARA.

I mag dir's net sag'n ... und überhaupts bin i wegganga, weil i dös net leid'n ko, wann's a so hergeht ...

LENI.
Vo mir aus sag'n s', was s' mög'n. I muaß ja net da sei!
BARBARA
lauernd.

Host du 's Furtgeh in Sinn?Leni rückt unwillig die Schultern. Du host ja nix z' fürcht'n, bal's net wahr is!

LENI.
I wer mi von de G'scheert'n da aso herstell'n lass'n!
BARBARA.
Arg is scho, wia unverschämt de Leit daher red'n ...
LENI
mit einem plötzlichen Entschlusse.
Du, Barbara ... Du derfst aba neamd nix sag'n!
BARBARA
eifrig.
G'wiß net! Du kennst mi guat für dös!
LENI.
Du host amal g'sagt, daß du den Spenser von da Muatta hamm mögst?
BARBARA.
Den greana?
LENI.
I gib dir'n ... für a paar Mark.
BARBARA.
Aba dei Vata?
LENI.
Der braucht's ja net z' wiss'n ... und 's G'wand von da Muatta g'hört mei.
BARBARA
zögernd.
A paar Mark, host d' g'sagt?
LENI.

I mag net oiwei da hocka ohne an Pfenning Geld ... und wann i furt bi, glaabt da Vata halt, i hab an Spenser mitg'numma.

BARBARA
neugierig.
Mögst du scho bald weg?
LENI
wieder unwillig.
Frag mi net aso aus! ... I geh scho amal.
BARBARA.
I ho jetzt koa Geld net bei mir ... bring i dir's halt nacha umma.
LENI.
Gibst d' ma's in da Kuchl.
BARBARA.
Is recht ... aba net, daß i an Vadruß kriag ...
LENI
hat nach der Türe hin gehorcht, halblaut.
Sei staad!
[51]
2. Szene
Zweite Szene
Thomas tritt ein von rechts, sonntäglich gekleidet. Er nickt kurz zum Gruß und hängt seinen Hut an den Rahmen.

BARBARA
laut und freundlich.

Also na geh'n i ... und wann's d' mi brauchst, sagst d' ma's. Pfüad Good, Leni! Zu Thomas. Pfüad Good, Paulimann! In da Kircha bist d' heut net g'wen?

THOMAS.
Na.
BARBARA.
Hätt'st d' den neu'n Koprata predinga g'hört.
THOMAS.
M – hm ... ja ...
BARBARA.
Nacha pfüad Good beinand! Ab rechts.
3. Szene
Dritte Szene
THOMAS
zieht seinen Rock aus und hängt ihn an den Nagel.
Morg'n in da Fruah muaßt d' mit in d' Bachleit'n zu'n Ruab'n klaub'n.
LENI
kleinlaut.
Ja.
THOMAS.

Nach da Fuattazeit. Und heut an Na'mittag, wann i in Arnbach bin, daß d' ma net aus'n Haus gehst! I will nix hör'n.

LENI.
I geh net außi.
THOMAS
der sie jetzt erst ansieht.
Was host denn du? Was machst denn du für a Trentsch'n?
LENI.
I mach koane.
THOMAS.
Weil i 's net siech! Is mir gesta'n scho so fürkemma.
LENI.
Wenn ma oiwei ei'g'sperrt is!
THOMAS.
Ah so! Dös hat sein Grund ... und laß da no nix traama, daß 's anderst werd!
LENI.

N ... na! Lenz tritt von rechts ein, feiertäglich angezogen. In der linken Hand trägt er seinen Hut, mit der rechten trägt er einen kleinen Koffer, den er neben der Türe hinstellt. Bei seinem Eintritt zieht Leni den Kopf ein, sieht ihn scheu an und geht still nach links ab.

4. Szene
Vierte Szene
THOMAS
freundlich.
Bist d' zum Geh' g'richt?
LENZ.

Ja. Er zieht sein Dienstbuch aus der Tasche. Wenn's d' [52] so guat waarst und tatst mir a Zeugnis schreib'n ...

THOMAS
nimmt das Buch.
An Lohn host d' kriagt?
LENZ.
Feit si nix.
THOMAS
im Buch blätternd.
Drei Monat bist d' da g'wesen ... und hast dei Arbet richti g'macht. I muaß di lob'n.
LENZ.
I bin aa gern da g'wen.
THOMAS.
Gern? Ja – ja.
LENZ
verlegen den Hut drehend.
Wann i 's an Eichmüller net zuag'sagt hätt', und überhaupts ... wann i net ...
THOMAS.
Is scho recht, Lenz. Mir brauchst d' nix verzähl'n.
LENZ.
Na, is wahr! Wann si dös net aso auftroffa hätt' ...
THOMAS.

Du bist a richtiga Bursch und host dein Stolz ... und host recht, daß d' gehst. Er geht näher zu ihm heran. Glaabst denn du, wann's bei mir net mehr brauchet, als daß i mein Koffer nahm und an Huat aufsetzet, glaabst denn du, i bleibet?

LENZ
verlegen.
Ja ... no!
THOMAS.

Na, mei Liaba! Am erst'n Tag waar' i furt, und mi hätt' neamd mehr g'sehg'n in Berghof'n.Legt das Dienstbuch auf den Tisch. Es is nix Schön's, in an Haus leb'n, wo d' Leut koa Ehrbarkeit mehr suacha.

LENZ.
Dös muaßt d' na aa net glaab'n!
THOMAS.

Net? Mög'st du mir a Zuckerl geb'n? Aba dös friß i net. I g'spür's am Buckel, wenn ma d' Leut nachschaug'n.

LENZ.
Auf de passet i net auf.
THOMAS.

Dös sagst d' aso ... aba du selber host das ja nimmer derlitt'n, daß d' Leut mit de Aug'n blinzeln, wann s' di frag'n, wia's da bei mir g'fallt! Und di braucht nix druck'n ... Ja, Mensch! Schand tuat weh.

LENZ
verlegen.
Geh ... Paulimann! Wann's d' mir jetzt 's Zeugnis schreibest!
THOMAS.

Ja so! Gel, 's Zeugnis? Er nimmt das Buch und legt es wieder hin. Daß du überhaupts oans willst vo mir? Waar 's net g'scheidter, in dein Büachl stand mein Nama gar net drin?

LENZ.
I brauch mi nix z' schama ... i hab mei Sach to.
THOMAS.
I sag's ja grad weg'n deiner ... aba wann's d' willst, schreib i's.

Er geht an den Wandschrank, holt Tinte und Feder und seine Brille, die er aufsetzt, während er sich an den Tisch setzt.
THOMAS.
Auf 'n erst'n Juli bist d' kemma?
[53]
LENZ.
Ja.
THOMAS.

Den Tag woaß i no guat. Schreibt. Lorenz Kaltner ist bei mir eingestanden zur Aushilfe den ersten Juli ... Er setzt aus. ... Selbigsmal is grad da Dokta dag'wen und hat ma's g'sagt, daß 's schlecht steht bei da Mariann ... Die Frau, hat er g'sagt, hat sich in ihrem Leben zu viel geplagt ... ja, dös hat ma davo!

LENZ.
I ho mir aa nix Guat's denkt, weil s' so schwach g'wen is ...
THOMAS.

Schwach g'wen ... ja! Gibt sich einen Ruck und schreibt wieder. Also ... den ersten Juli und ist ausgetretten den ersten Oktober ... und war sehr treu und fleißig. Er legt die Feder hin. Dös schreibt ma heuntingtag's bei an jed'n ... aba bei dir is 's wahr.

LENZ.
I mach halt mei Danksagung, Paulimann.
THOMAS.

Nix zum dank'n. Dös Beste kon i dir net neischreib'n, daß du dir nia was host o'kenna lass'n, vor mir und da Mariann net ... von dera G'schicht.

LENZ.
Da hon i koa Recht it g'habt.
THOMAS.

Aba G'leg'nheit. Und de lasset si net a jeda auskemma. Er gibt ihm die Hand. Für dös dank i dir no b'sunders, und wann dir aa nix dro liegt, sag' i's do, daß i vor dir an Respekt hab.

LENZ
fährt sich verlegen durch die Haare.
Ja no ... i sag' dir aa Vergelt's Gott!
THOMAS
gibt ihm das Dienstbuch.
Da hast d' dei Büachl, und i wünsch Glück überall'n.
LENZ
herzlich.
I dir aa ... daß 's da guat geht, Paulimann!
THOMAS
resigniert.
Werd ma guat geh', ja! Wann i jetzt an Karr'n alloa schiab'n muaß!
LENZ.
I hätt' ja g'moant, du sollt'st mein Bruada auf a Zeit ei'stell'n.
THOMAS.

Daß er nach drei Tag den nämlich'n Grund zum Geh' hat wia du heunt? Na! Liaba racker i mi z'samm ... und wann's nimmer geht ... mir is 's net z' fruah. Na! I woaß, du moanst as guat ... aba i bleib alloa. Jetzt pfüad di!

LENZ.
Adjes!
THOMAS
ist ans Fenster getreten und schaut hinaus.

Lenz bleibt an der Türe stehen und dreht verlegen seinen Hut in beiden Händen. Er kämpft sichtlich mit einem Entschlusse.
[54]
LENZ.
Paulimann!
THOMAS
sich halb umwendend.
No was?
LENZ
etwas stockend.

Du host neuling zu mir g'sagt, daß i weg'n de Bursch'n ... daß i de Bursch'n warna sollt, wenn's grad was ... a so ... an Sinn hätt'n ...

THOMAS.
Selm war i zorni. I woaß scho, daß dös grad an Bürgermoasta sei G'red war.
LENZ
entschiedener.
I woaß net, ob dös bloß a G'red' is.
THOMAS
sich ganz umwendend.
Han?
LENZ.

Mir g'fallt de Sach net. Seit gestern is grad, als wenn oana in a Wespennest nei'sticht. De Bursch'n hamm was.

THOMAS
überrascht, aber ruhig.
Ah, so moanst d'?
LENZ.
Es is net sauber.
THOMAS
drohender.
Laß s' no! Sie wer'n si net gar so leicht toa mit mir.
LENZ.
Wenn aba ... Stockend. ... wenn's aba anderst geht, als du moanst?
THOMAS.
Es werd so geh', daß i mei Recht behaupt'. A Buaberei laß i net ausüab'n an mir.
LENZ
unsicher.
Ja ... scho! Freili net! Aba ...
THOMAS.
Da brauchst d' koan Angst hamm.
LENZ.
Es gibt halt Sach'n, wo ma si net dageg'n rühr'n ko!
THOMAS.
Sach'n?
LENZ.
Du woaßt halt no net, was 's geb'n hat?
THOMAS
lauter.
Geb'n? Mit da Leni was?
LENZ.
I ko aa net red'n über dös ...
THOMAS
dringender.
Aba du woaßt ... daß was fürkemma is?
LENZ.
Dös sag'n s' dir bald gnua.
THOMAS
schreiend.
Herrgott! Mensch, marter mi do net her!
LENZ.
Schau!
THOMAS.
Red! sag i, und lass' mi net im Ung'wiss'n! San dir de Bursch'n so viel wert?
LENZ.
Net de Bursch'n. Na ... aba schau, i ko da aa nix geg'n d' Leni red'n ... sie hat ma nia nix to ...
THOMAS.
Ja, muaß i di lang bitt'n um dös?
LENZ
in sichtlicher Aufregung.
Na! Des sell geht net!
THOMAS.
Aba o'fanga host d' kinna ... und mi hermartern!
LENZ.
Weil i mir denkt hab ... i muaß di warna ... und dös ander sag'n s' dir scho.
[55]
THOMAS
sehr dringend.
Lenz! Red aus! Jetzt muaßt d' all's sag'n.
LENZ.
I ... i ko net.
THOMAS.
Na laß bleib'n!
LENZ.
Weil ...
THOMAS.
Geh zua! Sag i. Lenz geht langsam zur Türe hinaus.
5. Szene
Fünfte Szene
Thomas sieht ihm nach und bleibt unschlüssig stehen. Er faßt einen Entschluß, geht zur Türe, nimmt seinen Hut vom Nagel und setzt ihn auf; bleibt wieder stehen, die Hand an der Türklinke, und schaut finster vor sich hin. Er geht zum Tisch, legt seinen Hut hin, sinnt nach und geht zur Türe links, öffnet sie und ruft hinaus.

THOMAS.
Leni!

Pause. Es kommt keine Antwort.
THOMAS
lauter und ungeduldig.
Herrgott! ... Leni!
LENIS
Stimme von außen, verdrossen.
Was denn?
THOMAS
grob.
Da geh amal eina! Er tritt von der Türe zurück; Leni kommt scheu und langsam herein.
6. Szene
Sechste Szene
LENI.
Was willst d' nacha?
THOMAS
schaut sie finster an.

Mir hamm was z' red'n mitanand: kimm no her! Leni kommt zögernd näher und heftet die Blicke auf den Boden.

THOMAS.
Mir hat wer g'sagt, daß 's was geb'n hat mit dir ...
LENI
furchtsam.
Mit mir?
THOMAS.

Mit dir – ja! Schau ma no ins G'sicht! I brauch bloß naus geh', hat wer g'sagt, nacha derfrag' i 's von an jed'n ...

LENI
aufsehend, lebhafter.
Hat da Lenz ...?
THOMAS.

Der – oder an anderner. Kleine Pause. Muß i nausgeh' und frag'n? Er sieht Leni drohend an, die wieder zu Boden sieht. – Pause.

THOMAS.
An Antwort will i!
LENI
zögernd und furchtsam.
I woaß net, was du moanst ...
[56]
THOMAS
faßt sie beim Arm, sich zur Ruhe zwingend.

Du! Wenn's d' aa net viel Verstand host, des sell werst d' begreif'n, daß dir 's Lüag'n nix mehr hilft!

LENI
weinerlich.
I woaß aba net ...
THOMAS
mit unterdrückter Heftigkeit.

Wenn's was geb'n hat ... sag's! Es is bessa, als i derfrag's da drauß'n. Er wartet auf Antwort. Leni schweigt und sieht nicht auf.

THOMAS.
Is g'wes'n, was mag – red! Mach's mit mir aus!
LENI.
I woaß net, was du moanst ...
THOMAS
zornig und verächtlich.
Ah! Lüag du! Er geht zum Tische hin und nimmt seinen Hut, wendet sich aber wieder gegen Leni.
THOMAS.
Bist d' amal aus 'n Haus?
LENI
eifrig.
Mit koan Schritt net, weil du g'sagt host, i derf net außi, und ...
THOMAS.
Na is wer bei dir g'wen?
LENI
wieder zaghaft.
N ... na!
THOMAS
auf den Boden stampfend.
Ob wer bei dir g'wesen is?
LENI
weinerlich.

Dös is scho ausg'schamt, daß da Lenz so was behaupt' geg'n meiner, und daß a mir so was o'hängat, vor er geht, und ...

THOMAS
sie verächtlich ansehend.

Na muaß i d' Wahrheit drauß'n hör'n. Er setzt seinen Hut auf und geht zur Türe. Indem er sie öffnet, tritt sein Nachbar Johann Plank ein. Leni ist zuerst zögernd, dann rasch nach links abgegangen.

7. Szene
Siebente Szene
THOMAS
überrascht und unruhig.
Bist du da?
PLANK
verlegen und aufgeregt.

Ja ... i bin da ... hat mi net recht g'freut, 's Hergeh' ... aba weil i mir denkt hab, mir san allaweil guate Nachbar'n g'wen ... bin i jetzt herganga ...

THOMAS.
Was is?
PLANK
hat den Hut abgenommen und glättet sich verlegen mit der Hand die Haare.

I sag dir all's ... aba net, daß d'moanst, i bin gern her ... i ho ma denkt, es is dir liaba, wann i mit dir red, vor de andern kemma ...

THOMAS.
De andern?
[57]
PLANK.
No ja ... der Bürgermoasta ... und i woaß net, wer vom Ausschuß no mitgeht ...
THOMAS.
Zu mir her?
PLANK.
Freili ... zu dir ...
THOMAS
heftig.
Da muaß da Bürgermoasta erst sehg'n, ob i 'n einalaß!
PLANK.

Paß auf ... laß da sag'n ... i verzähl dir all's ... Nach da Kirch' is da Ausschuß z'sammkemma, und da hamm s' de G'schicht fürbracht.

THOMAS
aufgeregt.
Von mir was?
PLANK.
Vo dir? ... Na! Von dir net ... aba ... ko'st da 's leicht denk'n.
THOMAS
mit dem Daumen nach der Türe deutend.
Vo dera?
PLANK
nickt bejahend, dann kratzt er sich heftig hinterm Ohr.
Ah! Es is a Kreuz! Es is a Kreuz! I sag's ja, wenn ma Kinda hot, woaßt d' nia, wia's amal geht.
THOMAS
stampfend.
Mach zua!
PLANK.
No ja ... sie hamm de G'schicht fürbracht ... Hat denn dir no neamd was g'sagt?
THOMAS.
An Deuta hab' i kriagt ... Schneid net lang' um!
PLANK
spricht stockend mit Pausen.

Wia muaß i da's sag'n? Seit gestern auf 'n Abend is 's im Dorf, als wann d' Imp'n auskemman ... An Lechner sei Martl ... kennst 'n scho ... hat de G'schicht ausanand bracht ... no ja ... er is bei deiner Leni g'wen ... sie ... hat'n in d' Kammer ei'lass'n ... waar ja net so weit g'feit ... aba ... wia soll i da's sag'n ... no ja, sie hat a Geld von eahm verlangt.

THOMAS
schreit.
Plank!
PLANK
freier.

Da Martl is von ihr weg zum Bäcker Hans'n umi ... und verzählt's an Kamerad'n, und der verzählt's wieda ... und gestern nach Feierabend is scho des ganz' Dorf aufmahrig g'wen ...

THOMAS
ruhiger.
Vo wem hast du's?
PLANK.
Vo wem hab's i? Vo dem ... und dem ... von an Dutzed.
THOMAS
schreit wieder.
A Lug is!
PLANK
kratzt sich hinterm Ohr.
Ja schau!
THOMAS.

Da, wo du stehst, is vor etla Tag der Bürgermoasta g'stand'n! Hätt' ma d' Ohr'n voll g'red't, daß i verkaff'n muaß [58] ... daß ma d' Leni net im Dorf leid't ... mit die Bursch'n hätt' a ma droht ... und jetz' waar's a so!

PLANK.
Nachbar ... i sag da ...
THOMAS.
Dös trifft a bissel schö z'samm ... na, mei Liaba! Den Feinspinna kenn i ... a Lug is ...
PLANK.
Laß da sag'n ...
THOMAS.
Er braucht bloß 's Mäu aufmacha ... und ös müaßt's as glaab'n!
PLANK
sich wieder hinterm Ohr kratzend.
Es is a Kreuz! Es is a Kreuz!
THOMAS.
Aba i kimm eahm hinter seine Gang', dem Judas! Und auf da Stell sag i 's eahm ...

Er will zur Türe. Plank vertritt ihm den Weg.
PLANK.

Geh ... laß mi aa was sag'n ... Du woaßt, i bi dei Feind net ... schau. Thomas! So was ko der Bursch it aus der Luft greif'n ... da is er gar it der Mensch dazua ... der war eahm net hell gnua ...

THOMAS.
Der net! Aber der ander, der dahinter steckt ... Den kennst du z' weni!
PLANK.
Wia kunnt dös sei!
THOMAS.
Den kennst du z' weni!
PLANK.

I sag dir do! In da Fruah, von da Kamma weg is er zu'n Bäcker Hansen g'laffa und hat's brüahwarm verzählt. Der Bursch hot eahm gar it denkt, daß a so a Ramasuri d'raus werd!

THOMAS
schweigt und schaut finster vor sich hin.
PLANK.

Und ... es is hart zu'n sag'n ... i will di g'wiß net beleidig'n ... aba nach dem, was scho amal passiert is ... braucht's oan z'letzt net gar a so wundern.

THOMAS
auffahrend.
Da hab i enk!
PLANK.
Sag selm ... es is ja an Unglück, aba ...
THOMAS.
Ös moant's, so oane is leicht nunterstöß'n, de scho im Rutsch'n is.
PLANK.
Wer sollt dös toa?
THOMAS.
De ko ma leicht mit Füaß'n tret'n, de scho am Bod'n liegt ...
PLANK.
Nachba!
THOMAS
in großer Erregung.

Und i ... moant's ös ... muaß zuaschaug'n mit bundne Händ ... wia ma s' ... wia ma s' auf'n Mist wirft ...

[59]
PLANK
fährt sich über die Haare.
Es is a Kreuz!
THOMAS.
Dös g'ringste Viech tat si wehr'n ... i derfat's nöt ... moant's ös.
PLANK.
Was sollst d' da sag'n?
THOMAS
faßt Plank am Arm und zieht ihn zum Lehnstuhl hin, der an der linken Wand steht.

Sie sind im Laufe des heftigen Gespräches schon auf die linke Seite hinübergekommen. Plank! Dir is aa dei Bäurin g'storm, und de mei hat ihr aufg'wart ... bis z'letzt ...

PLANK.
I woaß wohl ... i woaß wohl ...
THOMAS
in höchster Erregung, schlägt auf die Stuhllehne.

Da! Da herin is mei alte Mariann g'leg'n ... Dös Letzte, was s' g'sagt hat ... laß 's Madl net furt! ... Wia ihra Hand in der mein kalt wor'n is ... no amal hat sie s' druckt ... und is a Bitt g'wesen ... Laß 's Madl net furt! ... Schreit. Ja ... glaabt's ös ... i wehr mi net?

PLANK.
Ja ... mei Mensch ... du muaßt ...
THOMAS.
Nix muaß i! Zur Türe rechts herein kommen der Bürgermeister und Valentin Scheck.
8. Szene
Achte Szene
PLANK
auf die Eintretenden blickend.
Da san s' scho.
THOMAS
hat sich gefaßt und geht entschlossen auf den Bürgermeister zu.
Host du was z' toa da herin?
BÜRGERMEISTER
ruhig und fest.
Ja! I hab was z' toa. Fragend zu Plank. Du host scho g'red't mit eahm?
PLANK.
I hab eahm halt g'sagt, was fürkemma is ...
THOMAS
zum Bürgermeister.
Was du z'sammg'log'n host!
BÜRGERMEISTER.
Z'sammg'log'n? I?
THOMAS.
Ja du! Wann du's aa no so fei o'gehst ... i kenn di!
SCHECK.
Paulimann! Dös sell hat koan Wert! Du muaßt'n hör'n.
THOMAS.
I hab'n scho g'hört ...
SCHECK.
Dös werst du wiss'n, daß mir richtige Leut san ... Da gibt's nix mit Lüag'n und a so ...
PLANK
zu Thomas.
Laß 'n sei Sach fürbringa!
[60]
BÜRGERMEISTER.
Es is bald ausg'red't. I hab an Ausschuß z'samm g'ruaf'n, weil dös mit deiner Leni fürkemma is.
THOMAS
schreit.
Du lüagst!
BÜRGERMEISTER
nun auch zornig.

Dös werd sie aufweis'n. Weil's fürkemma is, sag' i ... und weil de Bursch'n ganz off'n z'sammstengan und Drohunga daher bring'n.

THOMAS.
Mir?
BÜRGERMEISTER.
Dir! Ja ... daß s' liaba 's Haus ei'reiß'n, als dös Weibsbild im Dorf lass'n ...
THOMAS.
Laß s' kemma!
BÜRGERMEISTER.

Na! Dös woll'n mir net! Für dös san mir da, daß koa Unglück rauskimmt ... desweg'n hon i an Ausschuß z'sammg'ruaf'n.

THOMAS.
Und host deine Lug'n fürbracht.
SCHECK.
Dös hat a net ... Mir hamm aso all's g'wißt.
PLANK
ruhig.

Du muaßt as glaab'n, Thomas, daß dös ganze Dorf überanand is. Thomas steht mit geballten Fäusten da und schaut Plank und die andern finster an.

BÜRGERMEISTER.
Mir hamm den Bursch'n herkemma lass'n ... an Lechhner Martl ... und der hat de Sach b'steh' müass'n.
SCHECK.
Auf a G'red' alloa hätt'n mir nix geb'n ... und überhaupts ...
BÜRGERMEISTER.
Da lass'n mir uns nix nachsag'n.
THOMAS
heftig.
Red aus!
BÜRGERMEISTER.

Und der Ausschuß sagt ... alle mitanand ... Zu den beiden andern. Is it wahr? ...Plank und Scheck nicken zustimmend ... daß da nix anders gibt ... daß du dei Leni weg toa muaßt ...

THOMAS
höhnisch.
Auf da Stell?
BÜRGERMEISTER
ruhig und gewichtig.
So schnell, als d' ko'st, Paulimann.
SCHECK.
Sinst geht de G'schicht net guat.
BÜRGERMEISTER.
Und mir kennan da koa Verantwortung net übernehma.
THOMAS
sich zur Ruhe zwingend.
Ös kemmt's zu mir ins Haus ...
SCHECK.
Mir san für dös do.
THOMAS
schreit ihn an.

Jetzt red i! ... Zum Bürgermeister. Ös kemmt's zu mir her, in mei Haus ... und sagt's ... du bischt [61] net Herr da herin ... du muaßt dös Weibsbild ... du muaßt dei Kind nausjag'n auf d' Straß'n ... Losbrechend. Ja, bin i enker Lapp ... Derft's ös Schindluada treib'n mit mir?

PLANK.
G'wiß net! Dös will neamd.
THOMAS
keuchend.

Net? Z'erscht bringt mir der da ... Auf den Bürgermeister zeigend. ... dös Weibsbild ins Haus ... schreit mei Schand im Dorf rum ... bringt s' da rei zu da krank'n Muatta ... i derf mi net wehr'n ... na! I muaß s' hamm ... und heut kummt er, i derf s' in mein Haus nimmer g'halt'n ... i muaß leid'n, daß s' draußd im Dreck derstickt ... Derf mi der zum Narr'n halt'n? Schaugt's mi z'erscht o! I vertrag nimma viel ...

BÜRGERMEISTER
schreit.
Bin i all's schuld? Woaßt du koan andern als mi ...?
THOMAS.
Koan andern als di!
BÜRGERMEISTER.

Nacha geh zu de G'richtsherrn! Frag' de, was 's G'setz is! Warum s' dei Weibsbild aus der Stadt g'haut hamm ...

THOMAS.

Und hamm sie s' nausg'haut, na is s' jetzt da! Immer heftiger. Da herin in mein Haus! Dös ma'r i vadeant hab' mit meine Händ! Und wo s' dahoam is ... host d' g'hört ... dahoam!

PLANK
legt ihm beschwichtigend die Hand auf die Schulter.
Geh! So könna mir it red'n!
THOMAS
ihn abschüttelnd.

So net! Na! Hörst du net, daß er 's G'setz daher bringt? Is dös mit 'n G'setz, daß ma bei oan ins Haus ei'bricht? ... Sich aufrichtend. Und koan will i mehr hamm da herin! Macht's, daß naus kommts ... alle mitanand, sag i!

BÜRGERMEISTER
sich zum Gehen wendend.
Na g'schiecht, was mag! I geh!
PLANK
hält ihn auf.

Net! Bleib! Beschwörend zu Thomas. Paulimann! du muaßt an Zorn net Herr sei lass'n! Dös hat koan Wert! Schau, mir hamm ja das größt' Derbarma mit dir!

SCHECK.
Weil a jeda woaß, daß du a richtiga Mensch bist ...
THOMAS.

Und enker Hanswurst! Moant's ös! Daß si der ... Auf den Bürgermeister zeigend. vor mi hi'stellt und mir an Befehl gibt ...

BÜRGERMEISTER.

Von an Befehl is nix g'sagt wor'n ... aba i [62] woaß, daß de Bursch'n Ernst macha. Schaug naus, siehgst as bald gnua!

THOMAS
schreit.
Bist du fürs Gesetz?
BÜRGERMEISTER.
I muaß Acht hamm, daß a Ruah is in da Gmoa ... dös is mei Pflicht.
THOMAS
schreit.
Bist du fürs Gesetz?
BÜRGERMEISTER
auch schreiend.
I bin für dös, daß brave Leut net ins Unglück kemma weg'n schlechte ...
THOMAS
auf ihn losstürzend.
Derfst du mi schlecht hoaß'n, du Kerl!
SCHECK
dazwischen springend.
Halt! Aso geht dös it!
PLANK
Thomas haltend.
Laß guat sei!
BÜRGERMEISTER
zornig.
San mir schuld, daß du a schlecht's Mensch host? Hättst d'as anderst aufzog'n!
THOMAS.
Ah, kimmst d' jetzt so? Zoagst d' jetzt dei G'sicht her?
PLANK
energisch zum Bürgermeister.
Du hörst mit'n Schimpf'n auf!
BÜRGERMEISTER.
Muaß i mi an Kerl hoaß'n lass'n? In an sellan Haus?
THOMAS.

Schimpf zua! Vielleicht sagst d' Wahrhet aa no ... daß koan anderner Mensch de Bursch'n aufg'hetzt hat wia du ... mit deiner abkart'ten Lug!

BÜRGERMEISTER.
Mit meiner Lug ...
PLANK.

Jetza ... dös hat koan Wert ... Dem Bürgermeister abwehrend: ... Laß mi red'n ... Thomas, du derfst ma's glaab'n, es muaß an End hergeh ...Scheck, der nahe bei der Tür gestanden ist, geht von den andern unbemerkt hinaus.

9. Szene
Neunte Szene
THOMAS
bitter zu Plank.
Tuast du aa mit?
PLANK.

Weil's sei muaß! Mir kinnan do net zuaschaug'n, daß dös Ärgste g'schiecht ... Da Thomas eine ungeduldige Bewegung macht, eindringlicher. Was kam da raus, wann's de Kamerad'n mit da G'walt probier'n?

THOMAS.
I müaßt ma 's Recht nehma lass'n?
PLANK.
's Recht!
THOMAS.
Vielleicht net? In mein Haus?
[63]
PLANK.
Aba du werst aa net leid'n, daß so was g'schiecht in dein Haus!
THOMAS.
Was g'schiecht?
PLANK.
Geh! Mögst ja du selm nimma drin bleib'n.
THOMAS
sieht ihn schweigend an.
PLANK.

Und mir müass'n ins dageg'n stell'n. Dös muaßt ei'sehg'n ... Dös derf amal it sei ... und is no nia g'wes'n. Mir hamm Kinder im Dorf.

BÜRGERMEISTER
grob einfallend.
Und mir leid'n amal koane, de si mit da Schand 's Brot vadeant.
THOMAS
auffahrend.

Hat de koa ehrlich's Brot bei mir? Willst du dös sag'n? Von der Straße heran dringt Lärm, der schon vorher undeutlich zu hören war; er schwillt jetzt stark an.

BÜRGERMEISTER
nach dem Fenster deutend.
Es sag'n 's dir scho de andern. Frag de da drauß'n!
THOMAS
wild um sich blickend.

Ah ... so is 's g'moant? Hast da s' herb'stellt? Plank stellt sich ihm in den Weg. Weg von da Tür! In diesem Augenblicke wird die Türe aufgerissen; Scheck kommt mit Martin Lechner herein. Ihnen nach drängen einige Burschen. Thomas bleibt regungslos stehen.

10. Szene
Zehnte Szene
Der Bürgermeister geht den Eindringenden entgegen.

BÜRGERMEISTER
fest und ruhig.
Da Lechner Martl bleibt do ... aba ös andern geht's naus!
EINER VON DEN BURSCHEN.
Mir san Zeug'n für dös ...
BÜRGERMEISTER
energischer.
Naus! Sag i. Sie ziehen sich zurück, und Scheck schlägt die Türe zu.
11. Szene
Elfte Szene
Scheck schiebt Lechner Martin vor.

SCHECK.

Da! Jetzt geh no füri und red! Vor den Fenstern sammeln sich viele Leute an, hauptsächlich Burschen; aber auch Weiber und Bauerndirnen. Der Lärm ist allmählich verstummt. Thomas ist ein paar Schritte zurückgetreten und sieht den[64] Burschen finster an. Martin redet zuerst stockend, später wird er dreister.

BÜRGERMEISTER
zu Lechner.
Host d' g'hört, du sagst jetzt dei Sach, als wia bei ins!
LECHNER.
Warum net? I sag's, wia's war, und brauch ma nix z' fercht'n.
BÜRGERMEISTER.
Dös brauchst aa net!
LECHNER.

Überhaupts hätt' i nix g'sagt, wenn net des ander g'wen waar ... aba dös geht na do it, daß ma'r a Geld verlangt!

THOMAS
scharf.
Wer hot a Geld verlangt?
LECHNER
frech.
Dei Leni! Daß d'as woaßt!
BÜRGERMEISTER.
Laß di auf nix ei und verzähl!
LECHNER.

Da is net viel zum verzähl'n. I ho mit ihr o'bandeln woll'n ... no ja ... wia's halt is ... net ... und de erst Zeit hot s' mir net o'geb'n ... aba ... am Donnerstag ... no ja ... da bin i zu ihr in d' Kamma ... net ...

SCHECK.
Und nacha?
LECHNER.

Und ... no ja ... nacha hat sie zu mir g'sagt ... i soll ihr a paar Markl geb'n ... indem ... daß sie koa Geld gar it hot ...


Alle schweigen. Thomas streicht sich mit der Hand die Haare in die Stirne und wiederholt die Bewegung immer wieder wie geistesabwesend.
LECHNER
wieder verlegener.

I hätt's liaba net verrat'n ... aba de Bursch'n sag'n allsammete, daß i recht g'habt ho ... weil dös amal ausg'schamt is.

BÜRGERMEISTER
ruhig zu Thomas.
Glaabst du, daß der lüagt?
LECHNER.
Des werd sie net laugna kinna ... und überhaupts kon i schwör'n auf dös!

Von außen wird wieder dumpfer Lärm vernehmbar. Thomas, der auf den Bürgermeister nicht hört, faßt Plank am Arm.
THOMAS
heiser.
Hans!
PLANK
gut zuredend.
Schau, jetzt muaßt d' wohl toa, was recht is.
THOMAS
ruhig, mehr für sich hin.
Was recht is ... gel?
PLANK.
Ko'st ja dem Weibsbild net helfen.
THOMAS
wie oben.

Und derf net halt'n, was i der alt'n Mariann versproch'n hab ... muaß zuaschaug'n, wia ma s' nausjagt ...

PLANK.
Was is aso?
THOMAS.
Nausjagt auf d' Straß'n, daß s' schlechta z'grund geht wia des ärmst Viech.
[65]
PLANK.
Geh, Thomas! So is 's koa Leb'n für di!
THOMAS
wischt sich mit dem Ärmel über die Stirne.

Is wohl koans mehr. Der Lärm auf der Straße, der in dumpfes Murmeln übergegangen ist, schwillt stärker an und geht plötzlich in wildes Johlen und Pfeifen und Schreien über. Man sieht die Leute sich lebhaft nach der linken Seite der Bühne wenden und mit den Armen gestikulieren.

BÜRGERMEISTER
ist an das Fenster geeilt und reißt es auf, schreit.
Was is dös? Schamt's enk net?
VIELE STIMMEN.
D' Leni! D' Leni! Da is s'!
BÜRGERMEISTER
beugt sich weiter hinaus; sehr laut.
Ös da!
DIE STIMMEN.
Da is s'! D' Leni!
BÜRGERMEISTER
überschreit den Lärm.

Sepp! Sepp! Du führst dös Weibsbild rei! Und ös laßt's as in Ruah! Habt's g'hört? Der Lärm legt sich. Der Bürgermeister tritt vom Fenster zurück.

BÜRGERMEISTER.
De soll's jetzt laugna, wenn s' ko.
SCHECK.
Is sie drauß'd g'wen?
BÜRGERMEISTER.
De werd glei do sei ...
12. Szene
Zwölfte Szene
Die Türe geht auf; Leni kommt herein, hinter ihr fünf, sechs Bauernburschen, die nachdrängen. Draußen drücken sich die Leute an die Fenster, an dem offenen stehen sie Kopf an Kopf. Leni kommt zögernd vorwärts; sie trägt das Kleid, in dem sie heimgekommen ist, auch den Hut mit der schwarzen Schleife und die Handtasche. Die Haare sind unordentlich gekämmt und etwas zerzaust. Sie bleibt furchtsam stehen und zieht den Kopf ein.

BÜRGERMEISTER.
Aha! De hat weglaff'n woll'n.
THOMAS
ruhig; zum Bürgermeister.

Du red'st koa Wort! Er geht auf Leni zu. Du! Auf Lechner deutend. Woaßt du, was der sagt? Leni wendet ihren Kopf langsam nach Lechner hin und schaut zu Boden. – Pause.

THOMAS.
Daß du a Geld von eahm verlangt host.
LENI
sehr furchtsam.
Is net wahr!
LECHNER
grob.
Wos? Wia ko'st denn du so lüag'n?
LENI
wie oben.
Net wahr is.
[66]
LECHNER
auf sie zutretend.
Host d' net g'sagt ... a paar Markl muaßt d' hamm ... hast d' g'sagt ...
THOMAS
reißt Lechner heftig zurück.
Weg da, Kerl! Ruhiger zu Leni. Willst du lüag'n, wenn dir a jeda d' Schuld vom G'sicht runter lest?
LENI
mit verhaltenem Weinen.
Weil i furt hab woll'n ... weil's ma do nix hilft ... weil i schlecht bleib'n muaß ...
THOMAS
schreit.
Du!
LENI
wie oben.
Weil mi da Lenz aa schlecht g'hoaß'n hat ... und weil i koan Pfenning g'habt hab zum Furtgeh' ...
THOMAS
schreit.
Und host mir dös to!
LENI.

Weil da Lenz g'sagt hat ... Thomas hat blitzschnell sein Messer gezogen und sticht sie nieder. Sie bricht mit einem schwachen Schrei zusammen. Alle weichen entsetzt zurück. Plank ruft. Jessas Maria! Draußen kreischen die Weiber, die Burschen rufen. Er hat s' derstocha!


Dann plötzliche Stille.
THOMAS
dumpf.
Jetzt reißt's as naus in d' Schand!

Vorhang.

Notes
Erstdruck: München (Langen) 1912. Uraufführung am 12.10.1912 in Berlin, Kleines Theater.
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TextGrid Repository (2012). Thoma, Ludwig. Magdalena. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-506F-9