[689] Allerseelen

Nun welkt, was einstens grün war, Philippine.
Nach dem Gesetze der Vergänglichkeit
Weist die Natur uns ihre Sterbemiene.
Auch uns, Geliebte, droht es seinerzeit!
O schaue rings um dich! Mit ernsten Lettern
Schreibt es der Herbst in unser Lebensbuch:
Wir werden nach und nach uns ganz entblättern,
Dann, Philippine, kommt das Leichentuch.
Sieh dort am Rand des Waldes: immer gelber
Färbt sich die Linde; gestern war sie grün.
Und sprich, Geliebte, merkst du es nicht selber,
Daß unsre Triebe minder heftig glühn?
Die Glocken läuten dumpf. 's ist Allerseelen.
Man wendet seinen Sinn den Toten zu.
Wie bald wird eines von uns beiden fehlen!
Entweder ich – entweder oder du!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Thoma, Ludwig. Allerseelen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-502A-1