550. Altenoythe.

a.

Früher hatten der Junker zu Altenoythe und die Stadt Friesoythe auf den beiderseitigen Gründen die Jagdberechtigung und ließen sie je durch einen Jäger ausüben. Im sechzehnten Jahrhundert begab es sich einst, daß die beiden Jäger auf der Bokgast unweit Friesoythe zusammentrafen und gleichzeitig auf einen und denselben Hasen schossen. Der Hase fiel und jeder der beiden Jäger beanspruchte denselben für sich. Sie gerieten darüber in einen Streit, der damit endete, daß der Jäger des Junkers den Jäger der Stadt niederschoß. Der Junker von Altenoythe mußte zur Sühne für diese Tat seines Jägers der Stadt Friesoythe eine [356] nicht unbedeutende Fläche Landes auf der Bokgast abtreten. Der Mörder selbst mußte nach seinem Tode in Gestalt eines Hasen auf dem Hofe des Gutes Altenoythe wiedergehen und stellt sich auch bei Tage auf dem Hofraum auf. Doch ward man seiner mächtig, indem man in einen Ständer des Hauses ein Loch bohrte, den Hasen hineinbannte und dann das Loch zupflöckte. Als später das »Junkernhaus« zum Abbruch verkauft wurde, kam ein Teil desselben an einen Einwohner von Neu-Vrees im Hannöverschen. Als der Käufer zu Neu-Vrees sich aus den alten Baumaterialien ein Haus zurichten ließ, wurde auch der Ständer mit verarbeitet. Bei dieser Gelegenheit wurde das Loch zufällig wieder geöffnet, und der Hase sprang heraus und lief davon. Seitdem soll sich der Hase bei Tage im Felde bei Neu-Vrees und des Nachts bei einem Hause zu Neu-Vrees aufhalten. – Auf dem Gute Altenoythe befindet sich eine Allee, die Junkernallee genannt. Über diese Allee reitet des Nachts der Sprengepiel nach Eggershausen und weiter nach Friesoythe.

b.

Am Wege von Friesoythe nach Altenoythe, kurz vor lezterem Dorf, steht auf einem Hügel ein Kreuz, das von einer Korken, uralten Linde beschattet wird. Das Kreuz wird Junkers Kreuz genannt, weil Hügel und Kreuz Eigentum des Junkers auf dem Gute Altenoythe gewesen sein sollen. Die Anlage, früher von jedermann angestaunt, hat infolge des Baues der Landstraße Friesoythe-Edewecht viel von ihrem alten Reize verloren. Hier soll sich der erste Altenoyther Violonist niedergelassen haben. Auf der Suche nach einem Wohnplatz durchstreifte er die Wildnisse unseres Nordens, kam hierher, fand den Ort paradiesisch schön und schlug hier seinen Wohnsitz auf. So entstand Altenoythe. (Bei Herstellung der neuen Chaussee wurde der Kreuzhügel stark beschnitten. Man stieß dabei auf Urnen, die aber mehr oder weniger alle in Scherben gingen. Nicht weit davon wurden in dem neuen Wege viele Menschengebeine, untermischt mit Ziegelbrocken, bloßgelegt. War beim Kreuze früher eine Kapelle mit Kirchhof gewesen oder waren hier zu Pestzeiten Leichen beerdigt oder moderten hier die Gebeine der im Treffen von 1623 gefallenen Mansfelder?)

c.

In Reinshaus ist ehemals eine Ritterburg gewesen. Platz und Graben sind noch einigermaßen erhalten. Nordöstlich vom Burgplatz hat an der Lahe eine Wassermühle [357] gestanden. Noch jetzt spricht man dort von Mühlenweg, Mühlenwiese, Mühlenstück. Südlich vom Burgplatz, in der Nähe des jetzigen Wohnhauses, ist die »Rüstkammer« gewesen, in welcher Waffen, Pferdegeschirr usw. aufbewahrt wurden. Einst wurde in einer stürmischen Nacht die Burg vom Feinde angegriffen. Dieser hatte Baumstämme über den Graben gelegt und sich so den Weg zur Burg gebahnt. Bei dieser angelangt, legten die Angreifer Feuer an den Bau. Als die Flammen hoch emporschlugen, riefen sie: »Junker, Junker, dei rohe Hoahn dei krait!« Die Bewohner hatten wegen des stürmischen Wetters erst von der ihnen drohenden Gefahr etwas gemerkt, als das Haus an allen Ecken und Enden brannte. Was aus ihnen geworden, weiß man nicht, nur heißt es, Junker Griese (549a) rumore noch heute in stürmischen Nächten unter den auf dem Burgplatze befindlichen Steinen, und wehe dem, der sich dann dorthin wage.

d.

Vor etwa 150 Jahren ist ein Kaufmann abends bei einer Wirtschaft in Westerscheps eingekehrt, um nach kurzem Aufenthalte weiter nach Altenoythe-Friesoythe zu reiten. Der Wirt hat dem Fremden, der viel Geld bei sich geführt, den Rat gegeben, zu bleiben. Dieser hat aber weiter wollen und gebeten, man möge ihm einen zuverlässigen Führer mitgeben. Dem Führer haben sich draußen zwei Männer zugesellt, die den Kaufmann auf falschem Wege tief ins Moor hineingeführt, dort getötet, die Barschaft an sich genommen und Roß und Reiter in eine Moorkuhle versenkt haben. Die drei Mörder sind eines unnatürlichen Todes gestorben. Vor 50 Jahren hat man am Tatorte Menschenhaare und Pferdeeisen gefunden.

e.

Wolfstange ist ein 1/2 km breiter und 21/2 km langer Sandstreifen, der sich ins Moor hinein erstreckt. Dieser ist früher bewaldet gewesen, und in dem Dickicht haben Wölfe gehaust. Ein Wolf hat einst zwei Schäfer angefallen. Diese sind nach einem nahe gelegenen Schafkoven gelaufen, haben den sie verfolgenden Wolf zwischen Tür und Türrahmen eingeklemmt und so erdrosselt.

f.

Vor vielen Jahren lebte in Altenoythe ein Bauer Speckmann. Er hatte einen alten Hund, der seine Dienste nicht mehr verrichten konnte. Zu diesem sprach er eines Tages: Du mußt sehen, wie du anderwärts dein Brot verdienen magst, ich kann dich nicht mehr gebrauchen. Der Hund bat um Gnade, jetzt wo er alt sei, solle er verstoßen werden, das habe er doch[358] nicht verdient. Er bettelte so lange, bis der Bauer schließlich sagte: Du kannst bleiben, wenn du mir den verdammten Hühnerdieb, den Fuchs, zur Strecke bringst. Der Hund eilte zum Hause hinaus, zum sogenannten Kündel und legte sich vor das Fuchsloch. Es dauerte nicht lange, und der Fuchs kam aus einer Höhle heraus. Als er den Hund vor der Mündung liegen sah, dachte er: Der alte Kerl muß in meine Küche hinein, der ist zum Verzehren noch gut genug. Und schnell band er seinen Schwanz an den des Hundes und fing an, diesen in das Loch zu ziehen. Als der alte Philax merkte, was mit ihm geschehen sollte, nahm er seine letzte Kraft zusammen und fing auch an zu ziehen. Und er zog nicht bloß den Fuchs aus seiner Höhle heraus, er schleppte ihn bis zum Hause seines Herrn. Der Fuchs wurde getötet, und der Hund bekam das Gnadenbrot bis zu seinem Ende.

Spuk in Köllners Kamp: 179w, bei Voßbergs Hause: 176p, auf dem hohen Esche: 180d. Nachspuk: 182e. Entenjagd: 194v.


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Strackerjan, Ludwig. 550. Altenoythe. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0005-33E0-D