[216] Miserere!

Tausendstimmig
Und aber tausendstimmig
Klagt und schreit es empor:
»Herr, erbarme dich unser!
Siehe:
Tausendfältig
Und aber tausendfältig
Drückt des Daseins Noth uns,
Zerfleischt uns unerbittlichen Schwunges
Des Schmerzes Geißel.
Und wenn wir hinsinken
Und aushauchen
Mit dem letzten Odemzug den letzten Seufzer:
Emporgewachsen schon
Ist wieder ein Geschlecht
Zu gleicher Drangsal,
Zu gleicher Noth ...
Ende, o ende die Qual –
Miserere domine!«
Aber ungehört
Verhallt der himmelstürmende Aufschrei.
[217]
Niederscheint gleichgiltig die Sonne,
Leben weckend.
Befruchtender Regen fällt,
Die Saaten grünen,
Es blühen die Bäume und tragen Früchte,
Und Ernte um Ernte nähret die Qual ...
Von Zeit zu Zeit nur,
Unerwartet und wie zum Hohn,
Sprengen vorüber mit wahllos zerschmetterndem Hufschlag
Die apokalyptischen Reiter.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Saar, Ferdinand von. Miserere!. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-AE20-D