[71] Liebeslied

Wien im Herbstmond 1780.


Ich labe gern an deinen holden Wangen,
An deinem Mund, o süsses Klärchen, mich,
Kann stundenlang an deinen Blicken hangen,
Bin in der Welt nie froher, als um dich.
Ich mag so gern an deine Brust mich schmiegen,
Die sich empor zu meiner Wange bläht,
Und lauschen so in wonnigem Vergnügen,
Bis spät der Mond am hohen Himmel steht.
Denn süss, o süss sind treuer Liebe Freuden:
Das blinde Glück mag seinen Überfluss,
Mag Ruhm und Macht, an wen es will, vergeuden!
Mir gnügt ein Blick, ein Händedruck, ein Kuss.
[72]
O lass uns stäts in trauter Eintracht leben,
Bis einst der Tag, der trübe Tag, erscheint,
An dem zugleich der Erde wir entschweben,
Und eine Gruft im Tod uns noch vereint!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Ratschky, Joseph Franz. Liebeslied. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8C85-5