Ferdinand Raimund
Der Diamant des Geisterkönigs
Zauberspiel in zwei Aufzügen

Personen

[66] Personen.

    • Longimanus, Geisterkönig.

    • Pamphilius, sein erster Kammerdiener.

    • Fee Aprikosa.

    • Fee Amarillis.

    • Erster Zauberer.

    • Zweiter Zauberer.

    • Ein Feuergeist.

    • Erste Drude.

    • Zweite Drude.

    • Der Winter.

    • Der Sommer.

    • Der Herbst.

    • Der Frühling.

    • Die Hoffnung.

    • Kolibri, ein Genius.

    • Koliphonius, ein böser Genius, Wächter des Zaubergartens.

    • Die Stimme des singenden Baumes.

    • Zephises, ein Magier, als Geist.

    • Eduard, sein Sohn.

    • Florian Waschblau, sein Diener.

    • Mariandl, Köchin.

    • Ein Nachbar von Eduard.

    • Veritatius, Beherrscher der Insel der Wahrheit.

    • Modestina, seine Tochter.

    • Aladin, sein erster Höfling.

    • Amine, eine Engländerin.

    • Osillis,
    • Amazilli,
    • Bitta,
    • Lira, vier verschleierte Mädchen.

    • Ein Herold.

    • Zauberer. Feen. Luftgeister. Feuergeister. Genien. Gefolge des Geisterkönigs. Verwünschte im Zaubergarten. Eduards Nachbarn. Inselbewohner. Zwei Diener des Herolds. Zwei Mohren. Wache.
    • [66]

1. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt
Vorhalle im Palaste des Geisterkönigs. Zauberer. Feen. Geister. Einige mit Bittschriften. Ein Feuergeist.

CHOR.
Sollen wir noch lange harren?
Bald verläßt uns die Geduld!
Sind wir Geister seine Narren?
Unverzeihlich ist die Schuld.
FEE APRIKOSA.
Welche Beleidigung, Damen so lange warten zu lassen, als wären sie seine Domestiken!
ALLE.
Das ist unerhört!
ERSTER ZAUBERER.
Ich frage, wie kann man ein Geisterkönig sein und so lange schlafen?
ZWEITER ZAUBERER.

Und ich frage, wie kann man vernünftig sein und so unvernünftig reden? Geisterkönig ist er, er muß für uns alle wachen, folglich muß er auch für uns alle schlafen.

ERSTER ZAUBERER.
Seine Pflicht heischt aber, unsere Bitten zu hören.
FEE AMARILLIS.
Und er kümmert sich gar nicht um uns, spart seine Gunst nur für die Menschen auf.
ERSTER ZAUBERER.
Er hat schon ungeheure Schätze der Luft entzogen und sie der Erde zugewendet.
ZWEITER ZAUBERER.

Sehen Sie, darum bauen sich die Leute jetzt so viele Luftschlösser. Wenn nicht das Sterben bei ihnen noch Mode wäre, so gings dem Volk besser als uns.

FEE APRIKOSA.

Was wollen Sie denn? Er hat ja erst gestern einen Menschen, den er auf der Erde kennengelernt hat, [67] unter die Geister aufgenommen, weil ihn bei dem letzten Wetter der Blitz erschlagen hat.

ERSTER ZAUBERER.
Ja richtig, er heißt Zephises, war Taschenspieler und soll noch dazu ein blitzdummer Kerl sein.
ZWEITER ZAUBERER.
Sehr natürlich! Dumm war er so schon, der Blitz hat ihn auch getroffen, also ist er blitzdumm.
FEE AMARILLIS.
Der Zauberkönig verschwendet zu viel.
FEE APRIKOSA.

Und richtet er nicht das ganze Reich nach der Erde ein? Wir werden noch alle Moden von Paris und Wien herauf bekommen.

FEE AMARILLIS.

Ja, wenn nur an seinem Zauberhofe noch französisch gesprochen würde, das wäre doch nobel, aber seit er in Wien war, spricht er wienerisch, und wir sollen es nachmachen.

ZWEITER ZAUBERER.
Ich habs schon nachgemacht.
FEE AMARILLIS.
Schämen Sie sich, wenn man das im Auslande erfährt. Das wird entsetzlich werden.
ERSTER ZAUBERER UND FEE APRIKOSA.
Ja, unerhört!
ZWEITER ZAUBERER.

Ich weiß, es kommt ein Krieg aus bloß wegen dem. Aber wissen Sie, er denkt halt so, und so sollen manche denken: besser schön lokal reden als schlecht hochdeutsch.

FEE APRIKOSA.
Kurz, die Menschen haben ihn ganz verdorben, er ist nicht mehr zu kennen.
ERSTER ZAUBERER.
Er läßt sie ja scharenweise zu sich heraufkommen und gewährt ihnen ihre Bitten.
ALLE.
Wahr ists!
FEUERGEIST
ganz rot gekleidet, rotes Gesicht und rote Hände, er hat die ganze Szene behorcht.

Potz Pech und Schwefel, das ist zu viel! Ich bin ein Feuergeist, Oberfeuerwerker und Kanonier des Zauberkönigs! Wer kann sagen, daß seit drei Jahren eine menschliche Seele in seinen Palast gekommen ist? Bin ich nicht auf seine Kosten nach Neapel gereist, um den Vesuv aufzunehmen und einen ähnlichen über seinen Palast zu bauen? Ist das nicht geschehen? Potz Blausäure und Vitriolöl!

[68]
FEE APRIKOSA.

Und warum ist es geschehen? Damit wir ihn nicht so oft belästigen und mit unsern Wolkenwagen jetzt durch den Krater fahren müssen wie die Hexen durch den Rauchfang.

FEUERGEIST.

Nein, potz Pech und Schwefel! damit er von der Menschheit Ruhe bekommt, die sein Vertrauen gemißbraucht und sich durch verschiedene magische Künste in sein Reich filoutiert hat, um ihn mit Betteleien zu belästigen.

ZWEITER ZAUBERER.
Ja, ja, so ist der Kaffee.
ERSTER ZAUBERER.
Ei was, das müssen Sie Narren weismachen –
FEUERGEIST.

Aber ins Teuxels Namen, das tu ich ja. Und wers nicht glauben will, den sollen alle Congreveschen Raketen –

ZWEITER ZAUBERER
gleich einfallend.

Nu, nu, mein Herr Feuergeist und Oberkanonier, moderieren Sie sich nur! Sie zünden ja sonst den Palast an mit Ihren Raketen.

ALLE.
Werft ihn hinaus. Hinaus mit ihm!
FEUERGEIST.
Was? einen Feuergeist hinauswerfen?
ZWEITER ZAUBERER.
Da haben wir schon andere hinausgeworfen.
FEUERGEIST.

Beim Brand von Moskau, das ist zu viel – Mit geballter Faust. Wer mir in die Nähe kommt, dem werf ich eine Leuchtkugel an den Kopf, daß ihm das bengalische Feuer aus den Augen spritzen soll –

2. Auftritt
Zweiter Auftritt
Pamphilius. Vorige.

PAMPHILIUS
im abgemessenen Tone, ganz, als Höfling des Zauberfürsten, tritt mitten ein.
He, he! Was ist denn das? Sie halten ja ein völliges Stiergefecht im Vorgemach des Zauberkönigs.
ERSTER ZAUBERER
voll Freundlichkeit.
Ah, unser lieber Pamphilius!
ALLE WEIBER.
Unser schöner Pamphilius. Schmeicheln ihm.
[69]
ZWEITER ZAUBERER.
Grüß Sie der Himmel, Herr von Pamphilius! Drängt die Weiber weg und umarmt ihn.
PAMPHILIUS.

Ich komme, Ihnen zu melden, daß der Beherrscher seine vierundzwanzigstündige Ruhe beendiget hat und sich alsobald mit unglaublicher Schnelligkeit aus dem Bette begeben wird.

ERSTER ZAUBERER.
Ah scharmant!
BEIDE FEEN.
Der liebenswürdige Herr –
ZWEITER ZAUBERER.
O fidelibus! fidelibus!
FEUERGEIST.

Jetzt reißt mir die Geduld. Herr Pamphilius! potz Pech und Schwefel, ich bin ein treuer Diener des Zauberkönigs, ich kann nicht schweigen.

PAMPHILIUS.
Was haben Sie denn für einen Lärmen, Herr Oberfeuerwerker?
FEUERGEIST.
I potz Pech und Schwefel –
PAMPHILIUS.
Bleiben Sie mir nur mit Ihrem Pech vom Leibe, ich picke schon am ganzen Körper.
ZWEITER ZAUBERER.
Er muß glauben, wir sind Schuster.
FEUERGEIST.

Nun! so hören Sie ohne Pech und Schwefel, daß diese ehrsame Versammlung ein schlechtes Gesindel ist, das über den Geisterfürsten schimpft und ihm vorwirft, daß er alles den Menschen anhängt.

ALLE.
Das ist nicht wahr.
FEUERGEIST.
Was? Ich schwörs bei allen Zündmaschinen von England –
PAMPHILIUS.

Und ich bei allen Löschmaschinen von Frankreich, wenn Er Sein unsinniges Feuer nicht moderiert, laß ich Ihn so durchwässern, daß Er an mich denken soll. Hinaus mit ihm!

ALLE.
Hinaus mit Ihm!
FEUERGEIST.

Ich gehe! Aber beim griechischen Feuer des Cardanus, das meld ich dem Zauberkönig. Potz Feuerzeug und Zunderbüchsen! Schwefelgeist und Salmiak! Geht ab.

3. Auftritt
[70] Dritter Auftritt
Vorige ohne Feuergeist.

PAMPHILIUS.
Reden Sie einer nach dem andern! Was hats gegeben?
ERSTER ZAUBERER.
Gepriesener Pamphilius, Sie sind nun schon eine lange Zeit in den Diensten des Geisterkönigs.
PAMPHILIUS.
Auf Martini wirds zweitausend Jahr.
ERSTER ZAUBERER.

Haben Sie nicht selbst bemerkt, daß er Menschen mit Wohltaten überhäuft, die sie mißbrauchen und ihm mit Undank lohnen? Und uns versagt er so vieles.

PAMPHILIUS.
Da haben Sie recht.
ZWEITER ZAUBERER.
Ja, und wärs nicht besser, wenn er sich von uns infam undankbar lohnen ließ' als von andern?
ERSTER ZAUBERER.
Schweigen Sie.
ZWEITER ZAUBERER.
Ich kann meine Meinung sagen, ich war auch einmal ein starker Geist, jetzt bin ich halt ausgeraucht.
FEE APRIKOSA.
An allem ist die Fee Diskantine schuld, ihre schöne Stimme hat ihn bezaubert.
PAMPHILIUS.

Also das ist die einzige Klage gegen den Zauberkönig? Nun, da muß ich Ihnen schon aus dem Traume helfen. Es ist war, Diskantine hat durch ihren Gesang vieles für die Menschen von ihm erwirkt, da sie aber mit ihrer Protektion auf lauter Unwürdige stieß, ist er darüber so erzürnt, daß er sie auf die Spitze eines Berges verbannt und dort in einen Baum verwandelt hat.

ZWEITER ZAUBERER.
Was Sie sagen!
PAMPHILIUS.

Weil ihn aber ihre herrliche Stimme oft so entzückte, so wollte er ihr dieselbe auch als Baum nicht entreißen.

ERSTER ZAUBERER.
Also singt dieser Baum?
PAMPHILIUS.

Alles vom Blatt. Doch hat er den Ausspruch getan, daß von dem Augenblicke an kein Sterblicher sich seinem Palaste nähern dürfe, ehe er nicht diesen Berg, ohne sich umzusehen, erstiegen und einen Zweig von dem singenden Baume abgebrochen hat.

[71]
FEE AMARILLIS.
Und was nützt dieser Zweig?
PAMPHILIUS.
Er schützt vor allen Gefahren und geleitet sicher in sein Reich.
ZWEITER ZAUBERER.
Wollen Sie mir nicht sagen, mein Scharmantester, wenn sich einer umschaut, was ihm geschieht?
PAMPHILIUS.

Sogleich, mein Stupidester – Er wird entweder in ein Tier oder in eine Blume verwandelt. Der böse Genius Koliphonius ist dort angestellt mit zweitausend Rubel jährlich, damit er durch einen listigen Hokuspokus die Leute zum Umschauen bringt – gelingt es ihm, so sind sie in seiner Macht, und dann läßt er sie auch nicht mehr aus. Er hat in der kurzen Zeit schon einen prächtigen Tiergarten beisammen. Und nun? was sagen Sie jetzt von dem Zauberkönig, ist er in Ihren Augen gerechtfertigt?

ALLE.
Hoch lebe der Zauberkönig!
PAMPHILIUS.
Also folgen Sie mir, ich will Sie melden.
CHOR.
Wie uns die Freude glühend belebt,
Wie sich die Hoffnung mächtig erhebt,
Schnelle Gewährung wird unser Lohn,
Bringen die Bitten wir vor den Thron.
Jauchzet den König aus seiner Ruh,
Ewiges Vivat töne ihm zu.

Alle gehen ab.
4. Auftritt
Vierter Auftritt
Zauberkabinett. Longimanus liegt in einer idealen Bettstätte, reich verziert, in welche statt dem Bettgewande Wolken eingebettet sind. Genien sind beschäftiget, seine Kleider zu ordnen, ein Waschbecken herzurichten, dann bleiben sie in horchender Gruppe stehen, sein Erwachen abzuwarten. Longimanus regt sich, die Genien entfliehen, die Musik endet.

LONGIMANUS
im Schlafrock mit goldenen Zaubercharakteren, wirft die Tuchet von Wolken von sich, setzt sich im Bette auf und gähnt.

Ach ja! Wie viel Uhr ists denn schon? Sieht auf eine Stockuhr, welche neben seinem Bette auf einem goldnen Tischgen steht. Siehst dus, [72] siehst dus, schon halber elf Uhr! Ich hab halt schon wieder vergessen, daß ich den Wecker aufgezogen hätt. Und der Pamphilius weckt mich auch nicht auf.Läutet. Pamphilius! Wo steckt er denn?

5. Auftritt
Fünfter Auftritt
Pamphilius. Voriger.

PAMPHILIUS
springt schnell herbei.
Was steht zu Befehl Euer Großmächtigkeit?
LONGIMANUS.

Wo schliefst denn herum? Warum hast mich nicht aufgeweckt? Und wer hat mir denn heut Nacht aufgebettet?

PAMPHILIUS.
Ich, mächtigster Sultan der Welt.
LONGIMANUS.

Daß du mir keine so feuchten Wolken mehr einbettest. Ich will trocken liegen, ich glaub gar, du hast Regenwolken erwischt. Und was hör ich denn für eine Wurlerei draußen im Vorzimmer?

PAMPHILIUS.

Allerhand Feen und verschiedene Zauberer sind draußen, auch einige Hexen und anderes niederes Geistergeschnattel.

LONGIMANUS.
Und was wollen s' denn schon wieder?
PAMPHILIUS.
Ihre Bitten und Klagen zu deinen hochmächtigen Füßen niederlegen.
LONGIMANUS.
Das kann nicht sein, ich bin noch zu sehr vernegligiert. Bring Er mir nur die Bittschriften herein.

Pamphilius geht ab.
6. Auftritt
Sechster Auftritt
Longimanus allein.

LONGIMANUS.

Das Volk hat nichts als Streit miteinander, ich kann mich gar nicht erretten, auf die Letzt werd ich noch ein eigenes Zeughaus errichten, wo nichts hineinkommt als lauter Scheckeln und Haslinger.

7. Auftritt
[73] Siebenter Auftritt
Pamphilius mit Schriften. Voriger. Pamphilius übergibt die Schriften.

LONGIMANUS.

Was hab ich denn so Wichtiges jetzt sagen wollen? – ja, einen Sessel. Pamphilius bringt einen Sessel. Longimanus setzt sich. Das werden wieder schöne Gschichten sein. Liest. Da haben wir s ja, nichts als schuldig sein s' einander. »Die Fee Tritschitratschi hat von dem Zauberer Rutschiputschi einen Talisman zu leihen genommen und will ihn nicht zurückstellen.« Sie soll ihn zurückgeben, ich befiehls, auf der Stell! Nimmt eine andere Schrift. »Die zwölf Himmelszeichen haben untereinander eine Rauferei ghabt. Der Schütz hat dem Steinbock ein Aug ausgeschossen, dieser ist in die Wage gesprungen und hat sie mitten voneinander gerissen. Die Zwillinge haben sich dareingemischt und wären beinahe von dem Löwen zerrissen worden, wenn sie sich nicht hinter die Jungfrau versteckt hätten. Alle sind beschädigt. Der einzige Krebs hat sich zurückgezogen. Man bittet, sie reparieren zu lassen.« Das wird wieder was Schönes kosten. Nimmt die dritte Schrift. Was ist denn das, was wollen denn die schon wieder da? »Die zwei Vorsteherinnen der ehrsamen Drudenzunft bitten für ihr Gremium um Wiedereinsetzung ihres vorigen Amtes auf der Welt.« Du verdammte Bagage! Die Druden wollen wieder auf die Welt hinunter. Den Augenblick laßt du mir s' hereinkommen.


Pamphilius geht ab.
8. Auftritt
Achter Auftritt
Longimanus allein.

LONGIMANUS.

Das wäre eine schöne Pastette! Manchen Menschen drucken schon seine Schulden nieder, er braucht gar keine Drud. Von innen wird geklopft. Aha! Nur herein! Nur herein!

9. Auftritt
[74] Neunter Auftritt
Voriger. Pamphilius. Die zwei Druden, ganz in schmutziges Grau gekleidet, mit offnen Schleiern das Haupt und die Brust verhüllt. Das Kleid ist unten mit Zeichen des sogenannten Drudenfußes garniert, auch tragen sie einen als Medaillon auf der Brust. Das Gesicht mit alten Weiberlarven bedeckt. Sie stürzen Longimanus weinend zu Füßen.

DIE DRUDEN.
Mächtiger Herrscher, erbarme Dich!
LONGIMANUS.

Schau, wie fein! Grad die saubersten haben s' ausgsucht. Womit kann ich dienen, meine schönen Damessen?

ERSTE DRUDE.

Herr! Es sind nun schon fünfzig Jahre, daß du uns von der Erde zurückberufen hast, und wir wissen nicht, wodurch wir das verschuldet haben.

LONGIMANUS.
Ja, meine liebe Fräulein Drud, mir ist leid, aber es kann nicht anders sein.
ERSTE DRUDE.
Höre unser Flehen! Gib uns wieder unsere Macht, die Menschen sehnen sich nach uns.
LONGIMANUS.

Ob du still bist, oder nicht! – Was fällt euch ein? Es redt gar kein Mensch mehr was von ihnen, denkt gar kein Mensch mehr an sie, und jetzt wollen s' auf einmal wieder ihre vorige Druckfreiheit haben! Anno 1824 eine Drud! Die Leute müßten einem nur auslachen.

ERSTE DRUDE.
Aber hat man uns denn nicht sogar durch eine Oper verewigt: Das Neusonntagskind!
LONGIMANUS.

Ah was Oper, was Sonntagskind! Die Leut sind oft die ganze Wochen kindisch, nicht nur an einem Sonntag. Es nutzt nichts! Ich hab nichts gegen euch, ein jeder Stand verdient Achtung, also auch eine Drud.

ERSTE DRUDE.

Aber haben wir denn nicht stets unsere Schuldigkeit getan? Hier sind unsere Attestaten von dem Genius der Träume.

LONGIMANUS.

Ja, das ist wahr, ihr wart brave Druden, habt die Leut sekkiert, daß es eine Schand und ein Spott war. Aber jetzt ists vorbei, ihr habts eure Pension, und da könnts zufrieden sein. Und jetzt hinaus an der Stell!


Beide Druden küssen ihm weinend das Kleid und gehen ab.
10. Auftritt
[75] Zehnter Auftritt
Longimanus. Pamphilius.

LONGIMANUS.

Und jetzt ists gar für heute mit der Klagerei, ich zürn mich zu viel. Die andern sollen übermorgen kommen, oder aufs Jahr. Laß mir jetzt den Zephises herüberkommen, den ich unter die Geister aufgenommen habe. Was macht er denn?

PAMPHILIUS.
Er sitzt mit drei Feuergeistern bei einem Wolkentisch und spielt Whist mit ihnen.
LONGIMANUS.

Whist spielen s'? Ist ein schönes Spiel, das Whist, wenn man nur nicht so viel ausgmacht wurd dabei. Mich haben s' einmal auf der Erden unten aus fünf Kaffeehäuser hinausgworfen, weil ich gar so schlecht gespielt hab. Ja! damals war ich noch ein rechter Wüstling, aber jetzt freuts mich nimmermehr. Na, so laß mir ihn nur herüberkommen, wenn er auch ein paar Fisch verliert, wegen so ein paar Forellen wirds nicht aus sein, um Goldfisch spielen s' doch nicht.


Pamphilius geht ab.
11. Auftritt
Elfter Auftritt
Longimanus allein.

LONGIMANUS.

Ich habe ihn recht gern, den Zephises! Wie ich vor zwanzig Jahren auf der Erden herumgereist bin, so hab ich ihn in Ägypten kennen gelernt, wo er die Zauberei studiert hat, er war just im dritten Jahr Magie. Dann bin ich mit ihm nach Österreich, hab ihm ein Haus und einen Garten gekauft und sein Zauberkabinett eingerichtet. Na, da ist ihm seine Frau gestorben – war eine recht hübsche Frau –, und weil er gar so lamentiert hat, hab ich ihm versprochen, wenn er stirbt, ihn unter die Geister aufzunehmen, und jetzt höre ich auf einmal, daß ihn der Blitz erschlagen hat, da hab ich ihn also durch meine Geister gleich heraufexpedieren lassen. Da kommt er ja schon!

12. Auftritt
[76] Zwölfter Auftritt
Zephises. Voriger.

ZEPHISES
als Geist im weißen Zaubertalar, mit schwarzen Charakteren.
Fürst der Lüfte! Wo soll ich Worte des Dankes finden?
LONGIMANUS.

Ist schon so gut! Nur keine Komplimenten unter guten Freunden. Mich freuts von Herzen, alter Schwed! Hat er dich einmal erwischt, der Tod, beim Zwiefachel? Richtig, da auf der Seiten hat er ihn gstreift, der Blitz, da schwefelt er ein bissel. Wie gfallts dir denn bei mir heroben? Haben wir nicht eine frische Luft?

ZEPHISES.

Herr, darf ich es dir gestehen, daß selbst in dem Wonnemeer von Herrlichkeiten, das mich in deinem Zauberreiche umfließet, mein Vaterherz doch einen tiefen Schmerz empfindet, den es dir nicht verhehlen kann?

LONGIMANUS.
Aha! Fährt mit der Hand an Zephisens Stirn vorbei. Hat ihn schon erwischt! Zuckt schon!
ZEPHISES.

Als du uns armen Sterblichen die Gnade deines Besuches gewährtest, hat deine Milde mich mit großen Schätzen beschenkt.

LONGIMANUS.
Ja richtig! Hast die alle angebracht?
ZEPHISES.

Nein, Herr! Ich habe sie in meinem geheimen Kabinett verborgen und dieses mit einem Zauber belegt, daß kein Sterblicher es öffnen kann, wenn ich ihm nicht die Mittel dazu anzeige.

LONGIMANUS.
Nun, in mein Reich brauchst keine Schätze, da lebt man von der Luft, daß nur eine Freude ist.
ZEPHISES.
Hab ich denn nicht einen Sohn, den ich hilflos zurückgelassen habe?
LONGIMANUS.
Du hast einen Sohn?
ZEPHISES.
Erinnerst du dich nicht mehr des kleinen Eduards?
LONGIMANUS.

Richtig! Er hat ja zu meinen Füßen gespielt und hat mich immer in die Waden gezwickt, wie ich damals noch welche ghabt hab.

ZEPHISES.

Ein schneller Tod hat mich der Erde entrissen, ich konnte meinem Sohne kein Zeichen meines letzten [77] Willens hinterlassen, darum erhöre mein Flehen, sende ihm einen deiner Geister, lasse ihm die Geheimnisse jenes Kabinettes enthüllen und erlaube dann, daß er sich selbst vor deinen Thron werfen und die Gewährung einer Bitte erflehen darf, die seinem Vater nicht mehr vergönnt war, an dich zu wagen.

LONGIMANUS.

Das kann nicht sein, zu mir darf er nicht herauf, wenn er nicht einen Zweig mitbringt von meinem musikalischen Baum, ich möcht ihn recht gern einmal sehen, den klein Eduardel, aber ich kann mein Wort nicht umstoßen.

ZEPHISES.
Mein Sohn wird keine Gefahr scheuen, sich dir zu nähern.
LONGIMANUS.
Das geht mich nichts an.
ZEPHISES.
Rette ihn nur vor Mangel und Verzweiflung.
LONGIMANUS.

Siehst dus, jetzt wird dir bang, aber so gehts, manche Eltern, die Geld haben, lassen den Kindern nichts lernen. Gschicht nachher ein bissel ein Unfall, und ein solcher Mensch soll sich selbst etwas verdienen, steht der Talk da. Da werden wir gleich helfen. Pamphilius!

13. Auftritt
Dreizehnter Auftritt
Pamphilius erscheint. Vorige.

LONGIMANUS.

Gschwind, zu den sein Sohn ein paar wohltätige Geister hinunter, er wird ihnen schon sagen, was sie zu tun haben.

PAMPHILIUS.
Ja, es ist nur fatal –
LONGIMANUS.

Ich weiß schon, freilich ists fatal, sie sind jetzt alle in der Arbeit, es ist keiner zu Haus. Aber das nutzt nichts, es muß einmal sein, schau halt, daß du wo ein paar zusammfangst. Allez!


Pamphilius geht.
ZEPHISES.
Herr, wie soll ich dir danken?
LONGIMANUS.

Hält's Maul! He, Pamphilius, noch eins! Pamphilius kehrt schnell um. Den wievielten haben wir denn heut?

[78]
PAMPHILIUS.
Den 25. Dezember.
LONGIMANUS.

Warum nicht gar? Du verdammte Gschicht! Ich hab schon immer nachgedacht: Dezember! und ihr habt ein Donnerwetter ghabt, dich hat der Blitz erschlagen, statt daß es schneien soll?

PAMPHILIUS.

Ja, großer Sultan! Das ist jetzt die allgemeine Klage der Menschen, daß es im Winter warm ist und im Sommer kalt.

LONGIMANUS.

Ja, für was zahl ich denn meine Jahrszeiten, wenn sie mir so eine Konfusion machen? Da muß ich ja mit dem polnischen Donnerwetter dreinschlagen. Pamphilius, geschwind, laß mir den Winter heraufkommen. Pamphilius geht schnell ab. Halt! Pamphilius kehrt schnell um. Die andern Jahrszeiten auch, geschwind!

PAMPHILIUS.
Na, heute lauf ich mir noch die Füße aus der Wurzel. Verdammter Dienst! Läuft schnell ab.
LONGIMANUS.

Hat ein recht ruhiges Brot bei mir, der Pamphilius, er halt aber aus, wie ein russisches Pferd. Jetzt lauft er schon zweitausend Jahr und hat noch gsunde Huf, er kriegt keinen Spat, keine Steingallen, nicht einmal Mauken hat er noch ghabt.

14. Auftritt
Vierzehnter Auftritt
Die Vier Jahreszeiten. Vorige.
Der Winter tragt einen schwarzen Pelz, Pudelmütze, einen kleinen Stutzen, ganz beschneiet. Der Sommer im nankingenen Frack, Beinkleid, einen modernen Strohhut, mit Kornblumen darauf, und ein Parasol in der Hand. Der Herbst, mit dicken Backen und wohlbeleibt, hat eine grüne Wirtsjacke, Fürtuch, Käppchen mit Weinlaub besteckt, unter dem Arm ein kleines Fäßchen, worauf Most steht, in der Hand eine sehr große Traube. Der Frühling, ein junges Gärtnermädchen, mit Rosen auf dem Hut und einen Rosenstock im Arme: treten furchtsam ein.

LONGIMANUS.

Nur näher da, ihr vier Haimonskinder! Was muß denn ich hören? Warum betragt ihr euch nicht, wie es sich für rechtschaffene Jahrszeiten schickt? Was ist denn das für ein liederlicher Lebenswandel? Mousieu Winter, [79] schämt Er sich nicht? so ein eisgrauer Mann, und fangt auf einmal an, hitzig zu werden! Warum hats eingeschlagen im Dezember? Ich wills wissen!

WINTER
im Baßton.

Euer Gstreng, ich kann nichts dafür. Der Sommer tut mir alles mit Fleiß, er möcht gern alles wissen, und da blitzt er immer herüber auf mich.

LONGIMANUS.

Der Sommer soll sich gar nicht rühren, der ist seit einigen Jahren wie ausgewechselt. Ich glaub, er verlegt sich aufs Trinken, weil er immer so naß ist.

HERBST.

Euer königliche Durchlaucht, ich bitt ums Wort! Der Sommer kann nichts dafür, der Winter laßt ihm kein Ruh. Wann er übrige Eiszapfen hat, so schickt er ihm s' herüber, daß in Sommer schauert. Nachher fangen s' zum disputieren an, der Sommer kommt in Zorn, und so gibts alle Tage ein Wetter.

SOMMER
ganz, affektiert.

Ja, das ist auch wahr, der Herbst ist noch mein einziger Freund, er putzt mich wieder heraus, die Leute schimpfen über mich, und ich kann nichts dafür.

LONGIMANUS.

Und jetzt basta! Ich will haben, daß ihr euch vertragen sollt. Auf die Letzt verderbts mir da mein Frühling auch noch, das ist noch die bravste. Das ist so noch mein liebste Jahrszeit, der Frühling. Kneipt sie in die Wange und gibt ihr ein Goldstück. Da hast was, auf a Kipfel, du Tausendsasa du!

FRÜHLING.
Ich küß die Hand, euer Gstreng! Ich werd mich schon gut aufführen. Küßt ihm die Hand.
LONGIMANUS.

Und jetzt marschierts! Und wenn ich noch einmal ein Klag hör, so weiß ich, was ich zu tun hab. Besonders der Sommer, nimm Er sich zusamm, wenn aufs Jahr in Baden nicht alle Quartier verlassen sein, so schau Er zu. Und der Winter auch, daß heut noch schneit und morgen der Eisstoß geht. Jetzt hinaus. Alle vier Jahrszeiten gehen ab mit Bücklingen. Komm, mein lieber Zephises, jetzt werd ich für deinen Sohn sorgen, ich werd ihn glücklich machen, aber das sag ich dir, wenn du dich unterstehest, ihm einen heimlichen Wink oder Rat zu geben, [80] so hast dus mit mir zu tun. Und jetzt kannst mit mir ein kleins Gabelfrühstück einnehmen, ich hab ein bisserl ein Eingemachtes von ein jungen Krokodil angeschafft.


Beide ab.
15. Auftritt
Fünfzehnter Auftritt
Geheimes Kabinett des Zephises. Die Hinterwand, an der sich keine Möbel befinden, ist mit magischen Zeichen und Figuren bemalt. An der Seite wird ein Zaubertisch herausgeschoben, worauf ein kleiner Zauberer steht, neben ihm eine Glocke, auf welche er mit einem Hammer schlägt. Auf der entgegengesetzten Seite eine Tür.
Florian Waschblau kommt mit einer Butten auf dem Rücken, worin sich verschiedene Kleidungsstücke befinden, stellt sie beim Eintritt nieder.

FLORIAN.

Arie

Ich bin der liebe Florian,
So heißen mich die Leut,
Und wenn mich jemand brauchen kann,
Bin ich gleich bei der Schneid.
Im Kopf hab ich auf Ehr nicht viel,
Noch weniger im Sack,
Nur daß ich nichts als essen will,
Das ist mein größte Plag.

Ich ghör nur der Mariandel zu,
Auf d' Nacht so wie beim Tag,
Und wissen S', warum ich das tu?
Weil mich sonst keine mag.
Und foppt mich einer, was er kann,
So fühl ich keinen Neid,
Denn fangen d' Leut zum Lachen an,
Das ist mein größte Freud!

Ja, ja, mein lieber Florian, jetzt wirst du halt bald fort müssen aus dem Haus, wo dir die Tage in einem ewigen Rausch hingeschwunden sind. Mein armer junger Herr, wie wirds dem gehen? Keinen Kreuzer hat uns der Alte hinterlassen als das einschichtige Haus. Wann er nur wo [81] was zu leihen kriegte, aber nicht einmal einen Satz übers Haus kann er machen. Es ist ja ganz verrufen, wer wird denn ein Haus kaufen, wo die Hexen, wie die Schwalben, aus und ein gflogen sein? Ich weiß nicht, was er anfangen wird. Um mich ist mir nicht bang, ich werd mich schon wo anlehnen lassen an eine Planke, oder wo. Wenn ich nur ihn unterzubringen wußt, auf einem Comptoir bei einem Sauerkräutler, oder wo – Er ist in der größten Verzweiflung! Gestern hat er geweint, hat mir das letzte Dreiguldenzettel gegeben und hat gsagt, ich möcht davon vier Gulden unter die Armen austeilen, und mit dem, was überbleibt, soll ich hingehen, wo ich will. Ich kann ihn aber nicht verlassen, es ist unmöglich! Ich hab erst unlängst eine schöne Gschicht glesen, von einem römischen Löwen, der sein Herrn, dem Anton Trokles, so anhänglich war, und wenn ein solches Tier so handeln kann, so werd ichs doch auch noch zwegen bringen. Ich hab schon angfangt: ich hab alle meine Kleider zusammgepackt, hab auch der Mariandel, unserer Köchin, ihren ganzen Kasten ausgräumt, hab von dem Milichweib da diese Butten zu leihen gnommen, damits nicht ausgeplauscht wird, hab die Kleider recht hineingstampft, und weil in das Kabinett, was unserm alten Herrn sein Zauberlabratorium war, selten wer kommt, so hab ich den Juden herbestellt, dem verkauf ich s', und das Geld steck ich heimlich in mein Herrn sein Brieftaschel. Sieht auf den kleinen Zauberer. Jetzt hat der kleine Spitzbub alles ghört. Wirst denn du wem was sagen davon? Der kleine Zauberer deutet Nein mit dem Kopfe. Der sagt einem alles. Wird mein Herrn ein Unglück zustoßen? Zauberer deutet: Nein. Etwan mir? Zauberer deutet: Ja. Florian drohend. Du! Wie viel dumme Streich werd denn ich noch machen? Der Zauberer schlägt auf die Glocke eins, zwei, drei, dann recht schnell und oft hintereinander. Hörst auf, du verdammter Kerl! Hält ihm die Hand. So lang leb ich gar nicht.

16. Auftritt
[82] Sechzehnter Auftritt
Voriger. Mariandl klopft von außen.

FLORIAN.
Aha, das ist der Jude. Öffnet, Mariandel tritt ein. Nein, schauts, ist a Jüdin.
MARIANDL.

Ach ich unglückliche Person, was fang ich an? Da steht er herin, statt daß er im Haus acht gibt. Ach, warum hat mich der Himmel gstraft, daß ich einen solchen Einfaltspinsel zu einem Liebhaber hab.

FLORIAN.
Das wird doch eine schöne Stichlerei sein!
MARIANDL.

Was stehst denn da? – Was stehst denn da, du miserabler Mensch, und mir räumen s' derweil den ganzen Kasten aus. Ich bin bestohlen!

FLORIAN.
Hör auf! Haben s' dir etwan dein übeln Humor gstohlen?
MARIANDL.

Nein, meine Kleider, mein Wäsch, meine reiche Hauben – Ich bitt dich, der Diebstahl – die schöne Wäsch!

FLORIAN.
Nein, mein Schatz, das ist a wilde Wäsch!
MARIANDL.
Und meine guten Perl.
FLORIAN
für sich.
So? Die hab ich auch erwischt? Das hab ich nicht einmal gewußt.
MARIANDL.

Ich glaub gar, du lachst noch? Jetzt geh ich gleich zum gnädigen Herrn und erzähl ihm alles. Dem Dieb muß nachgsetzt werden. Will ab.

FLORIAN.
Halt sag ich, – du bleibst da! Ich kenn den Dieb.
MARIANDL.
Was?
FLORIAN.
Es ist ein sehr guter Freund von mir.
MARIANDL.

So? Du schlechter Mensch, auf die Letzt bist du ein Räuberhauptmann? Ich gib dich an, auf der Stell. Will fort.

FLORIAN.
Da bleibst, sag ich, oder –
MARIANDL.
Das nutzt nichts – ich will mein Sachen haben –
FLORIAN.
Das Sachen ist da –
MARIANDL.
Wo?
FLORIAN.
In der Butten.
MARIANDL.
Ah Spektakel! Heraus gibst du mirs!
FLORIAN.
Nur Geduld.
[83]
MARIANDL.
Daß mir nichts zermudelt wird.
FLORIAN.

Ist alles in der schönsten Ordnung. Er leert die Butten um, seine und ihre Kleider fallen in der größten Unordnung heraus. Ganz kalt. Such dir deine Sachen heraus.

MARIANDL.
Aber Florian, was hast denn gemacht, bist denn besessen?
FLORIAN.
Still, Marianne! Du wirst wissen, daß unsere Herzen verbunden sind?
MARIANDL.

Ja, leider bin ich so unglücklich, dein Geliebte zu sein! oh, was war ich für ein Talk! Was hab ich für Partien ausgeschlagen! Ich hätt vor kurzen noch können so ein reichen Ochsenhändler heiraten, war eine reiche Frau worden, die so viele Ochsen ghabt hätt, und an dir hab ich nur einen einzigen.

FLORIAN.

Wer's Wenige nicht ehrt, ist's Mehrere nicht wert. Doch nichts mehr über diesen Gegenstand, er ist zu subtil, um ihn lange zu besprechen. Wir sind jetzt sieben Jahr in diesem Haus, ich hab dir diese Sachen geschafft, folglich kann ich s' auch wieder an mich reißen, ich hab sie wollen von hier wegschicken.

MARIANDL.
Wohin?
FLORIAN.

Nach Judenburg. Kurz, ich hab sie wollen an einen polnischen Juden verkaufen, um unserm jungen Herrn für den Augenblick aus seiner Verlegenheit zu helfen. Wir sind seine zwei einzigen Dienstboten, wir müssen ihm einmal zugetan sein.

MARIANDL.

Aber Florian, schau, was treibst? Warum hast denn mir nichts gsagt, so hätten wir Mittel gmacht. Von der Pistolen hast ihm auch den Hahn heruntergschrauft, er hat mich gfragt, wo er hingekommen ist.

FLORIAN.
Den Hahn? Hättst du gsagt, du hast ihn abgestochen, weil du keine Hendel mehr ghabt hast.
MARIANDL.
Na, jetzt bin ich schon wieder ruhig! Pack nur die Kleider zusammen, der Herr kommt.
17. Auftritt
[84] Siebzehnter Auftritt
Eduard. Vorige.

EDUARD
verdrüßlich.
Was macht ihr hier? Laßt mich allein.
MARIANDL.
Schau ihn nur an, wie er aussieht.
FLORIAN.

Was er vorn für eine Blassen hat. Gnädiger, schaffen Sie vielleicht einen Malissengeist oder ein darniederschlagendes Pulver?

EDUARD.
Ich danke euch, geht nur.
FLORIAN.

Der arme Mann! Gnädiger, wenn Sie sollten in Ohnmacht liegen, dürfen Sie nur läuten, wir werden gleich da sein.

EDUARD.
Willst du mich böse machen? Faßt sich. Geh, Florian!
FLORIAN.
Florian hat er gesagt, hast das ghört? Das ist ein Unglück.
MARIANDL.
Nun, wie soll er denn zu dir sagen! wenns du so heißt? etwa Annamiedel? So geh nur einmal!
FLORIAN.
Mariandl, mit dem ists zu, der lebt uns keine hundert Jahr mehr.

Beide ab.
18. Auftritt
Achtzehnter Auftritt
Eduard.

EDUARD
allein.

Nun bin ich allein, ganz allein im wahren Sinne des Wortes, denn meines Vaters Tod hat mein ganzes Glück zernichtet. Welche Wunder umgeben mich seit meiner Kindheit! Sein Körper ist durch übernatürliche Mächte plötzlich vor unsern Augen verschwunden. Er hat mir oft versprochen, nach seinem Tode große Reichtümer zu hinterlassen, doch im ganzen Hause findet sich keine Spur eines Vermächtnisses. Was soll ich beginnen? Ich finde auch keine Hilfe bei Freunden, als den Sohn eines berüchtigten Zauberers flieht mich jedermann, was soll aus mir werden? Entsetzliche Lage! Verzweiflungsvolles Los! Wirft sich in einen Stuhl. Es wird von unten, wie an eine Tür, geklopft. Wer pocht? Herein!


[85] Die Hoffnung, auf einen goldenen Anker gestützt, kommt aus der Versenkung.
HOFFNUNG
ist ideal gekleidet, spricht sehr lebhaft und munter.

Sie pardonieren, mein Herr, daß ich die rechte Tür verfehlte, doch ein Frauenzimmer, die so viele Geschäfte hat wie ich, nimmt das nicht so genau. Nun, so heißen Sie mich doch willkommen! Sie sind ja ganz verblüfft.

EDUARD.
Welch eine angenehme Erscheinung! Mir wird so wohl in ihrer Nähe!
HOFFNUNG.
Wie? Kennen Sie mich nicht, junger Herr?
EDUARD.
Ich habe wirklich nicht die Ehre –
HOFFNUNG.

O pfui! Sagen Sie das nicht! Eine Person nicht kennen, die in allen Kalendern und Taschenbüchern schon bis zum Überdrusse abgebildet ist. Kennen Sie mich wirklich nicht? Ich habe Sie als Kind auf meinen Armen getragen, als Knabe Ihre Schmerzen versüßt, wenn Sie die Rute bekommen sollten, als Jüngling Ihnen die Leiter gehalten, wie Sie zu Ihrem Liebchen auf die Terrasse gestiegen –

EDUARD.
Ach, Sie sind –
HOFFNUNG.
Die Hoffnung, untertänigst aufzuwarten, nicht nur die Ihrige, sondern die der ganzen Welt.
EDUARD.
Oh, so laß mich zu deinen Füßen stürzen, Tochter des Himmels –
HOFFNUNG.

Langsam, mein Herr, nicht so rasch! Sieh, sieh, wie exaltiert. Hat Sie meine Feindin, die Furcht, schon verlassen, weil Sie so schnell wieder zu meiner Fahne schwören? Wissen Sie vielmehr, daß das sehr unartig ist, eine Dame vor sich stehen zu lassen, ohne ihr einen Sitz anzubieten? Oder glauben Sie, weil sich so viele Leute auf mich stützen, daß ich keiner Stütze bedürfe? Nein, mein Herr, einen Sitz. Eduard reicht ihr einen Sessel. So! Nun stellen Sie sich in der ersten Position vor mich und hören Sie, was ich Ihnen zu sagen habe.

EDUARD.
Ich bin ganz Ohr.
HOFFNUNG
hustet.

Monsieur! Ich habe Ihnen ein sehr artiges Kompliment von meiner Schwester auszurichten. [86] Was glauben Sie wohl, wer das sei?Eduard zuckt die Achsel. Das Glück.

EDUARD.
Das Glück? welch einen schönen Namen bringen Sie vor mein Ohr!
HOFFNUNG.

Das könnte mich eifersüchtig machen.Mit einem Seufzer. Doch ich bin es gewohnt, von ihr verdrängt zu werden. Sie hat versprochen, Sie in Protektion zu nehmen, ich könnte Ihnen zwar sagen, daß sie eine leichtfertige Person ist, die sich sehr stark schminkt und nur von ferne schön ist, doch Sie werden mir nicht zumuten, daß ich imstande wäre, meine Schwester auszurichten. Jetzt zu meinem Auftrag. Meine Schwester läßt Ihnen sagen: Sie möchten sans façon in jener Ecke des Zimmers den Boden öffnen, einen goldenen Schlüssel herausnehmen und damit diese Wand aufsperren, das übrige wird Ihnen wie gebratene Hühner von selbst in den Mund fliegen. Ich aber habe die Ehre, mich als Ihre ergebene Dienerin zu empfehlen.

EDUARD.
Wie? Sie könnten mich verlassen –
HOFFNUNG.

Ihr Glück beginnt – meine Rolle ist ausgespielt. Hüten Sie sich, daß Sie mich nicht bald wieder rufen. Oder glauben Sie, ich habe nichts zu tun, als mit Ihnen die Zeit zu verschwätzen? In diesem Augenblicke bin ich zu Millionen bestellt, die nach mir schmachten. Advokaten, die ihre Prozesse gewinnen wollen, arme Gefangene, die auf Erlösung hoffen, Ehrgeizige, die mich jede Minute zu sprechen wünschen, des Heeres der Verliebten gar nicht zu gedenken, welches mich durch namenlose Aufforderungen fast zu Tode martert: Darum adieu – nun küssen Sie mir die Hand, Sie hoffnungsvoller junger Mann, adieu! Sie Loser, vergessen Sie nicht wieder auf ein Frauenzimmer, welches die Plage auf sich hat, Sie durch Ihr ganzes Leben begleiten zu müssen. Macht ihm einen Knix und geht durch die Tür ab.

19. Auftritt
[87] Neunzehnter Auftritt
Eduard.

EDUARD
allein.

Sonderbare Erscheinung! Soll ich ihr Glauben schenken? Sie ist ein Frauenzimmer – nun, war ich der einzige Mensch in dieser Welt, der sein Glück einem Frauenzimmer zu verdanken hätte? Laß sehen, schöne Hoffnung! Wir wollen dich auf die Probe setzen, ob deine launichten Versprechungen weniger täuschen als die heroischen Liebesschwüre unserer heutigen Mädchen. Dort ist der Fleck. Öffnet ein kleines Türchen im Boden. Wahrhaftig! Bald hätte ich meinem smaragdenen Engel Unrecht getan. Hier ist der Schlüssel. Vivat, Eduard! Schnell ans Werk! Öffnet die Wand, welche in die Höhe schwebt und einen Rahmen zurückläßt, durch welchen man in eine dunkelblaue mit Gold verzierte runde Halle sieht, in welcher auf jeder Seite drei alabasterne mythologische Figuren in Lebensgröße stehen auf ebensolchen Piedestalen, auf welchen die Worte: Dukaten, Louisdor, Taler, Souveraindor, Perlen, Granaten stehen. Mitten aber steht ein leeres rosenrotes Piedestal, welches den halben Kreis schließt, worauf kein Wort steht, aber eine Pergamentrolle liegt. Die ganze Gruppe muß gut beleuchtet sein. Bin ich in einem Feenpalaste? Sind diese Schätze mein? Ist es ein Traum? Öffnet eines von den Türchen der Piedestale, man sieht Goldmünzen aufgehäuft. Nein! O goldene Wirklichkeit! Was bedeutet diese Pergamentrolle? Entfaltet sie und liest. »Teurer Sohn! Die Schätze, welche du in diesem geheimnisvollen Gewölbe entdeckest, waren mein Eigentum, sind nun das deinige. Die sechs Statuen sind von hohem Werte. Ich habe sie in einer huldvollen Stunde durch die Gnade des Geisterkönigs zum Geschenke erhalten, mache einen weisen Gebrauch davon. Doch sollte bei dem glücklichen Überfluß an Wünschen, zu denen dich deine Jugend befeuert, auch der in deiner Brust aufsteigen, daß du die siebente Statue besitzen möchtest, welche von rosenrotem Diamante und der größte Schatz ist, den du auf Erden besitzen kannst, so wende dich bittend an den Zauberkönig. Du wirst in meinen magischen Werken, die ich dir hinterließ, die genaueste Anleitung finden, auf welchem Wege [88] du zu den Stufen seines Thrones gelangen kannst.« Legt die Schrift wieder hin. Welch eine Reihe von Wundern drangt sich an meinen erstaunten Sinnen vorüber. Tritt heraus, die Wand schließt sich. Ist es Wahrheit, diese plötzliche Veränderung meiner Glücksumstände? ich war ein Bettler, jetzt bin ich ein Krösus! Doch was ist das für eine siebente Statue von rosenrotem Diamant? Welch ein dunkles Verlangen beherrscht mich, auch sie zu besitzen! Ach, warum kann ich nicht in dieser Minute zu des Geisterkönigs Füßen sinken! Gab es denn keinen wohltätigen Genius, der mich augenblicklich in seine Nähe bringen könnte?


Die Figur des kleinen Zauberers auf dem Tische verwandelt sich in den kleinen Genius Kolibri.
KOLIBRI
kann vor Tränen kaum reden.
Ich!
EDUARD.
Welch ein holder Knabe! Wie heißest du, lieber Knabe?
KOLIBRI
immer weinerlich und verdrüßlich.
Ich bin der kleine Kolibri.
EDUARD.
Und was bist du denn?
KOLIBRI
verdrüßlich.
Ein Genius, siehst du denn das nicht?
EDUARD.
Aber warum bist du so verdrüßlich?
KOLIBRI.
Weil mich meine Mutter ausgezankt hat.
EDUARD.
Warum?
KOLIBRI.
Damit ich dir helfen soll.
EDUARD.
Und willst du mir denn nicht helfen?
KOLIBRI.

I ja – aber ich hab gerade mit den andern Genien um goldene Äpfel gespielt, und da hat mir meine Mutter gescharrt, ich möcht es stehen lassen und zu dir herabgehen, weil der Zauberfürst es befohlen hätte, und weil ich nicht gleich ging, so hat sie mich derb ausgemacht.

EDUARD.
Du armes Kind! Wer ist denn deine Mutter?
KOLIBRI.
Eine Fee, die von ihren eigenen Mitteln lebt.
EDUARD.

Nun sei nur ruhig! Sieh, wenn du mir hilfst, so verspreche ich dir nicht nur einen, sondern viele hundert goldene Äpfel.

KOLIBRI.

plötzlich freudig. Ist das wahr? Ach, das ist schön. Springt vor Freuden. Jetzt gib acht, wie ich mich ansetzen werde.

[89]
EDUARD.
Sage mir, auf welche Weise kannst du mir denn helfen?
KOLIBRI.

Ich werde dir die Mittel zeigen, durch welche du zum Geisterkönig gelangst. Du mußt vorher einen hohen Berg ersteigen, und das weitere werd ich dir schon noch heimlich stecken. Du hast viele Gefahren zu bestehen, wir machen eine Luftreise. Wirst du auch standhaft bleiben?

EDUARD.

Gefahren stählen den Mut! Mein Verlangen nach dem Zauberschatze wird immer glühender. Komm und geleite mich.

KOLIBRI.

Oh, das geht nicht so geschwinde, es ist gar ein weiter Weg, ich muß mich erst um eine Landkutsche umsehen. Du darfst dich nicht fürchten, daß ich dich umwerfe, ich bin ein guter Postillon, und blasen will ich, daß dir die Ohren zerspringen werden.

EDUARD.
Nun gut, ich will mich reisefertig machen.
KOLIBRI.

Du kannst dir auch einen Bedienten mitnehmen, denn du scheinst mir ein sehr kommoder Herr zu sein. Also es bleibt dabei. Leb wohl! In einer Viertelstunde komm ich wieder zurück. Und wegen der Äpfel – Ein Mann ein Wort!


Eduard reicht ihm die flache Hand hin. Kolibri schlägt ein und geht gravitätisch ab.
EDUARD
allein, freudig.

Bravissimo! Das geht ja prächtig! Schlag auf Schlag! Mein Glück fängt an, mutwillig zu werden, und so viel ich merke, so habe ichs mit lauter lustigen Geistern zu schaffen, da muß ja mein Frohsinn erwachen.

20. Auftritt
Zwanzigster Auftritt
Mariandel. Florian kommt mit einem Trupp Nachbarsleute herein. Voriger.

CHOR.
Kommt herein! Kommt herein!
Werden schon willkommen sein.
Feinde schleichen sich hinein,
Freunde treten rüstig ein.
[90]
FLORIAN.
Gnädiger! Da haben Sie s', losglassen hab ich s'. Jetzt reden S' mit ihnen.
EDUARD.
Was treibst du denn, daß du mir diesen Trupp Menschen ins Zimmer bringst?
MARIANDL.

Ja, ich bitt Euer Gnaden – er wird närrisch. Die Leute! Zu Florian. Ich bringet noch mehr, wenn ich wie du war –

FLORIAN.
Ja, woher nehmen und nicht stehlen? Ich hab die überall zusammgsucht und hab s' hergetrieben.
EDUARD
zornig.
Was wollen sie denn aber hier? Dummrian!
FLORIAN
zum Nachbar.
So red der Herr!
EIN NACHBAR.

Gnädiger Herr, der Florian hat uns zusammgruft und hat uns Ihre Verlegenheit erzählt, Sie waren gegen uns immer ein guter Herr, der uns manchmal ein Glasel Wein zahlt hat, wenns auch mit dem alten Herrn nicht richtig zugegangen ist, das macht nichts. Wenn wir Ihnen helfen können, und können Ihnen ein Dienst erweisen, so schaffen S' mit uns, wir sind ja Ihre Nachbarn, wer weiß, wer unsern Kindern einmal was tut.

ALLE.
Ja, ja! Schaffen S' nur, gnädiger Herr!
EDUARD.

Ihr guten Leute, nehmt meinen herzlichen Dank! Ich kann zwar keinen Gebrauch von euren freundschaftlichen Gesinnungen machen, doch ich werde sie dankbar in mein Herz schreiben. Es hat sich ein Vermächtnis meines Vaters vorgefunden, das mich bestimmt, noch heute eine große Reise anzutreten, und wenn ich glücklich zurückkehre, will ich den ersten Abend meiner Ankunft in eurem fröhlichen Zirkel hinbringen.

ALLE NACHBARN.
Vivat! Unser Nachbar soll leben!
EIN NACHBAR.

So nehmen Euer Gnaden halt nichts für ungut, und nachher hab ich noch eine Bitt: werfen S' auf den Florian da auch kein Ungnad, er meints nicht bös, und er ist gar ein gutes Schaf.

FLORIAN
für sich.
O du gemeiner Kerl!
EIN NACHBAR.
Und jetzt reisen S' recht glücklich, und kommen S' gsund wieder zurück.
ALLE.
Glückliche Reise! Gehen mit Bücklingen ab.
21. Auftritt
[91] Einundzwanzigster Auftritt
Eduard. Florian. Marianne.

EDUARD.

Florian! Du hast meinen Entschluß gehört, mache dich reisefertig, du wirst mich begleiten. Dir, Marianne, übergebe ich die Schlüssel meines Hauses, ich kann mich auf deine Treue verlassen.

FLORIAN.
Besser als ich!
MARIANDL.
Also Euer Gnaden wollen wirklich fort? Und der Florian geht auch mit?
FLORIAN.
Ja, der Florian geht auch mit, und die Florianin bleibt da.
EDUARD.
Nur muß ich dich benachrichtigen, daß unsere Reise durch die Luft geht.
FLORIAN.
Für mich just recht, ich bin ohnedem ein lüftiges Bürschel.
EDUARD.

Also nehmt euren zärtlichen Abschied, und dann Mut, Florian! In einer Viertelstunde geht es den Sternen Zu. Geht ab.

22. Auftritt
Zweiundzwanzigster Auftritt
Mariandl. Florian.

MARIANDL.

Ah Spektakel! Also ist unser junger Herr auch mit die Geister im Bund? Und du willst wirklich mit ihm durch die Luft fahren? Wie lang bleibts denn aus alle Zwei?

FLORIAN.
Einige Vierteljahr.
MARIANDL.
So lang? Wenns aber herunterfallts?
FLORIAN.
Dann sind wir eher da.
MARIANDL.
Nein, die Angst steh ich nicht aus, ich spring ins Wasser.
FLORIAN.
Willst du mich zur Witwe machen?
MARIANDL.
Du unempfindlicher Mensch! Ist dir gar nicht leid um mich?
FLORIAN.

Schau, Mariandl, ich hab dich gwiß gern, du bist mein drittes Leben, aber wenns mein Herrn gilt, so verkauf ich alle Mariandel, wie s' sein, um zwei Groschen.

[92]
MARIANDL.

Ich siehs schon, ich muß nachgeben. Geh nur auf deine Luftreise, aber gib wenigstens acht auf dich, daß du mir nicht etwa wo in ein Luftloch fällst, und brichst dir ein Arm oder ein Paar Fuß.

FLORIAN.
Gibst mir kein Andenken mit?
MARIANDL.
Ja was denn?
FLORIAN.
Ein Zehnguldenzettel.
MARIANDL.
Du hast ja mein Herz. Leb wohl.
FLORIAN.
Bhüt dich Gott, und denk an mich, wannst eine übrige Zeit hast.

Duett
FLORIAN.
Mariandel, Zuckerkandel
Meines Herzens, bleib gesund.
MARIANDL.
Floriani, um dich wan i,
Wenn du fort bist, jede Stund.
FLORIAN.
Selbst mein Leben will ich geben,
Wenn ich tot bin, für dich hin.

Beide.
MARIANDL.
Selbst sein Leben will er geben,
Wenn er tot ist, für mich hin.
FLORIAN.
Selbst mein Leben will ich geben,
Wenn ich tot bin, für dich hin.
MARIANDL.
Wirst du, mein Florel, treu mir bleiben,
Weil dich mein Herz auch nie vergißt?
FLORIAN.
Ich werd mit nächster Post dir schreiben,
Daß du mein Herzensbünkerl bist.
MARIANDL.
Ich mache dich zum einzgen Erben,
Wenn dich mein Auge nimmer sieht.
[93]
FLORIAN.
Wann du vielleicht derweil willst sterben,
So gib mir lieber alls gleich mit.
MARIANDL.
Erst wenn ich kann ans Herz dich drücken,
Dann strahlt mein Auge hell und klar.
FLORIAN.
Da wirst du gwiß nichts Neus erblicken,
Denn ich bleib stets der alte Narr.
MARIANDL.
Oh, das wird ja prächtig,
Da spring ich hochmächtig
Vor Freuden in d'Höh
Als wie a jungs Reh!
FLORIAN.
Dann gehst du zum Sperl
Mit dein lieben Kerl,
O jegerl, o je!
Das wird a Gaudee!
BEIDE.
Dort zechen wir beide beim fröhlichen Schmaus.
FLORIAN.
Und wenn ich ein Rausch hab, so führst mich nach Haus!
MARIANDL.
So geh doch, so geh doch! Ich führ dich nach Haus.

Beide.
FLORIAN.
Und wenn ich ein Rausch hab, so führst du mich z' Haus.
MARIANDL.
Und wenn du ein Rausch hast, so führ ich dich z' Haus.

Beide ab.
23. Auftritt
[94] Dreiundzwanzigster Auftritt
Kurze Gegend, mit Schnee bedeckt, vor Eduards Hause. Man hört eine Musik mit Posthornbegleitung die das Anfahren eines Postwagens ausdrückt. Kolibri, als Postillon gekleidet, fährt in einer Postkalesche, mit zwei russischen Füchsen bespannt, an, er bläst sein Posthorn, steigt ab, schnallt mit der Peitsche und strampft mit dem Fuße vor der Haustür.

KOLIBRI.
Mordkreuztausend Bataillon! Die Schnellfuhr ist da, aufgemacht! Klopft an die Haustür.
EDUARD
kommt aus dem Hause in einem grünen Oberrocke mit Pelz ausgeschlagen.
Ah mein kleiner Wagenlenker, schon hier? Bravo! Das heiß ich Wort halten!
KOLIBRI.
Ja, bei uns geht alles auf der Post. Es ist ja spät, sonst fahren wir in die Nacht hinein.
EDUARD
ruft.
Florian, tummle dich!
FLORIAN
von innen.

Komm schon! Tritt ein, reisefertig, einen Livreefrack und einen warmen Spender darüber. Fäustlinge, eine Reisemütze. Er trägt mehrere Schachteln, zwei Parapluies, einen Stiefelknecht, einen Bettpolster und eine Kaffeemühle in den Armen. Alles in der Ordnung!

EDUARD
lacht.

Du verdammter Kerl! Was hast du dir alles aufgeladen? Wirst dus gleich zurücklassen? Du siehst ja aus wie ein Packesel!

FLORIAN.
Ich muß doch das Notwendigste mitnehmen.
KOLIBRI.
Gleich laß es zurück! Bist du nicht allein schwer genug mit deinem Plutzerkopf?
FLORIAN.

Wegen meiner! Wirft die Sachen ins Haus. Das wird eine schöne Reise werden, nicht einmal einen Koffer, und der Postknecht! sein Posthörndl ist größer als er, den verlieren wir unterwegs.

24. Auftritt
Vierundzwanzigster Auftritt
Mariandl. Vorige.

MARIANDL
aus dem Hause, hat eine runde Schachtel, worin ein Gugelhupf ist, und einen großen Waschkorb.

Um des Himmelswillen, Euer Gnaden werden doch nicht so fortfahren? Nehmen[95] Euer Gnaden doch ein bisserl Wäsch mit. Es ist alles aufgschrieben: zwölf Hemder, acht Paar Strumpf, zwanzig Halstüchel, zwei Dutzend Halskrägen –

KOLIBRI.
Mordbataillon! Das können wir nicht brauchen! Einsitzen! Die Pferd wollen nicht mehr stehn.
MARIANDL
küßt Eduard die Hand.
So wünsch ich Euer Gnaden halt ein glückliche Reise! Ich werd schon das Haus hüten.
EDUARD.
Steig ein, Bursche!
FLORIAN.
Mariandel, bleib gsund!
MARIANDL.

Florian, mach dich gut zusamm, daß du mir kein Eselshusten kriegst. Da hast ein alts Pelzpaladinl von mir. Sie gibt ihms um. Und in der Schachtel da ist ein Gugelhupf, aber beiß dir keinen Zahn aus. Stellt die Schachtel vor sich hin. Und jetzt leb wohl, lieber Florian! Vielleicht seh ich dich nimmermehr.

FLORIAN.
O Mariandel, mir druckts mein Herz ab.Weint.
MARIANDL.
Nicht wahr, du wirst mich nicht vergessen?
FLORIAN
weinend.
Nein! Wo ist denn der Gugelhupf?
MARIANDL.
Florian!
FLORIAN
weint stärker.
Den Gugelhupf!
MARIANDL.
Könntest du in mein Herz sehn!
FLORIAN.
Sein Weinberl drin?
MARIANDL.
Nu, da hast ihn, du Vielfraß. Gibt ihm die Schachtel.
KOLIBRI
stampft.
Jetzt weiter in Teuxels Namen!

Haut Florian mit der Peitsche unter die Füße und treibt ihn so auf den Löffel.
Alle sitzen auf, und unter den Ausrufungen.

Florian, leb wohl! Mariandl, denk an mich! Fahren sie unter Posthornschall ab.
25. Auftritt
Fünfundzwanzigster Auftritt
Mariandel allein.

MARIANDL.

Jetzt sind s' fort, und mich arme Köchin lassen s' allein in der Brisil! Wenn nur mein Florian nicht krank wird, er ist gar so kleber, ich hab ihm mit Fleiß sein [96] Brust recht eingmacht, weil s' so schwach ist. Er hat das Frühjahr ohnedem eine Kur gebraucht, hat Molken getrunken und Plutzerbirn dazu gegessen, damits ihn nur ein wenig abledigt. Wann s' aber glücklich zurückkommen, so will ich eine Mahlzeit kochen, die sich gewaschen hat.


Arie

Die Ehre ist fürwahr nicht klein,
Recht eine gute Köchin z' sein,
Doch wenn ihr d' Lieb im Köpfchen schnalzt,
Gschiehts, daß die Suppe sie versalzt.

Wenn hübsche Herren bei uns speisen,
Muß unser Herr die Zimmer weisen,
Doch oft, mit ganz zerstreutem Sinn,
Stehn s' mitten in der Küchel drin.

Da sagen s' gleich: »Schöne Mariandel,
Oh, gib mir doch dein liebes Handel!«
Doch ich, ich dreh mich nicht herum
Und rühre meine Zuspeis um.

Will einer Liebe mir beweisen
Und Küsse von den Lippen speisen:
Bei dem wird meine Treue kund,
Dem wisch ganz höflich ich den Mund.

Geht ab.
26. Auftritt
[97] Sechsundzwanzigster Auftritt
Tiefe Gegend mit einem hohen Berg, auf welchem sich ein breiter Weg hinaufwindet, so, daß er drei Etagen bildet. Oben am Ende des dritten Weges ein Portal mit der transparenten Aufschrift: Zaubergarten. Weiter entfernt sieht man im Perspektiv den Vesuv des Zauberkönigs rauchen. An den Kulissen sind lauter hervorragende Hügel angebracht, an diesen sowohl als am Fuß des Berges wachsen viele farbige Blumen in Gestalt der Sonnenwende, statt dem mittern Kopf aber sind kleine Menschengesichter gemalt.
Bei Verwandlung der Bühne ist das Theater rückwärts mit mehren Tieren besetzt, ein indianischer Hahn, einige Affen, ein Bär, ein Fleischerhund usw., welche alle auf den Gesang des Baumes horchen. Der Baum singt eine beliebige Polonaise gleich bei der Verwandlung.
Koliphonius tritt auf mit einer Gießkanne und einem Korb mit Früchten. Wie er hereinkommt, schweigt der Baum. Er hat ein weites Kleid, mit roten Flammen garniert, und eine Schlangenkrone auf dem Haupte.

KOLIPHONIUS.

Nun, vierfüßiges Gesindel, wie stehts? Die Tiere versammeln sich um ihn. Jetz muß ich meine Verwunschenen füttern! Ein schönes Institut! Toren, warum habt ihr so bewegliche Köpfe gehabt, die zum Umschauen gemacht waren? Der Koliphonius ist gar ein feiner Kerl. Alle hab ich sie noch in mein Netz gebracht. Keiner ist zum Zauberkönig gelangt. Da! Und jetzt trollt euch. Gibt ihnen die Früchte preis, sie waden langsam damit ab. Die Tiere waren Männer, jetzt wollen wir die bezauberten Blumen begießen. Das waren lauter eitle Frauenzimmer, die den Geisterkönig um ewige Schönheit bitten wollten. Begießt sie. Was seh ich? Beim neunarmigen Styx, dort kommen Menschen an! Heißa, Koliphonio, nimm dich zusammen! Ihr sollt mir nicht entwischen. Frisch ans Werk! Tut eure Schuldigkeit, ihr singenden Zweige, lockt sie hinauf. Singt! bezaubernde Melodien singt, singt Rossinische! Sie locken ja ins Schauspielhaus, so werden sie auch hier ihre Wirkung nicht verfehlen. Ab.

27. Auftritt
[98] Siebenundzwanzigster Auftritt
Kolibri. Eduard. Florian.

EDUARD.
Also hier ist dein berüchtigter Zauberberg?
FLORIAN.
Was dort für ein tiefes Rezepiß hinuntergeht.
EDUARD.
Und jener feuerspeiende Berg, sagtest du, ist die Wohnung des Geisterkönigs?
FLORIAN.
Logiert der in einem Rauchfang?
KOLIBRI.
Dort ist seine Wohnung.
EDUARD.

Und diesen Berg muß ich ersteigen, ohne umzublicken? Und dem höchsten Baum in jenem Garten muß ich einen Zweig entreißen?

KOLIBRI.

Ja! Doch muß ich dich jetzt verlassen und darf dich erst wiedersehen, wenn du glücklich vollendet hast.


Baum singt einige Takte aus einer bekannten Rossinischen Oper.
EDUARD.

Was hör ich für angenehme Melodien! Ich kenne euch, ihr habt mich oft vergnügt. Baum singt einige Takte von Mozart. Halt! das ist Mozart! O meine vaterländischen Töne, ihr könnt nicht nur vergnügen, ihr könnt auch begeistern. Lebt wohl! Ich besteige den Berg.

KOLIBRI.
Hüte dich! Sieh dich nicht um, ich darf dich nicht beschützen. Zu Florian. Komm, Bursch!
FLORIAN.
Marsch, Bursch! Ich bleib bei meinem Herrn.

Kolibri geht ab.
Melodrama.
Eduard beginnt den Weg. Er betritt den ersten Weg. Vier reizende Nymphen tanken hinter ihm her und suchen ihn durch Winken und Tanzen um Umsehen zu bringen, endlich formieren sie bei einer Ferma in der Musik eine ihn umschlingende und zurückhaltende Gruppe.
EDUARD
reißt sich los, ohne sich umzusehen, und ruft.

Laßt mich, Bajaderen! Die Nymphen verschwinden schnell. Eduard betritt den zweiten Weg, es wird plötzlich finster. Der Donner rollt und schlägt vor ihm in einen Baum ein, welcher einen Augenblick brennt. Pause in der Musik. Du schreckst mich nicht! Vorwärts!


Der Baum verlischt, die Bühne wird wieder hell.
[99] Eduard betritt den dritten Weg, ein Grieche mit gezücktem Dolche verfolgt ein.
MÄDCHEN
welches sich an Eduard von rückwärts anklammert und.
Hilfe! Hilfe! Ruft.
EDUARD
reißt sich los und ruft.
Zurück! Beide versinken. Viktoria, es ist gelungen! Eilt in die Pforte.

Man hört durchs Sprachrohr

KOLIPHONIUS' STIMME. Verdammt!

Die Musik drückt den Triumph aus.
FLORIAN
hat während der ganzen Szene seine Empfindungen mimisch ausgedrückt, macht einen Rundsprung.

Juchhe! Das ist ein Mandel mit Kren, mein Herr! Und ich soll hier stehen bleiben wie ein Spatzenschrecker? Nein! Hinauf auf den Lepoldiberg! Vielleicht erwisch ich auch eine bezauberte Nagelwurzen oder was. Er eilt auf den Berg. Musik. Ein Oberländler. Vier Küchenmädchen mit Linzerhauben und schwarzen Vortüchern machen das vorige Spiel. Pause in der Musik. Zurück! ihr Kuchelbären!


Die vier Mädchen verschwinden.
Er tritt den weiten Weg an, ihm entgegen treten zwei Mann ideale Soldaten mit angeschlagenem Gewehr.
DER KORPORAL
daneben kommandiert.
Schlagt an! Habt Acht! Gebt Feuer!

Auf das Wort »Feuer« fällt Florian aufs Gesicht vorwärts nieder. Die Soldaten schießen über ihn weg und verschwinden.
FLORIAN
rafft sich auf und ruft.
Weit davon ist gut vorm Schuß!

Er betritt den dritten Weg.
EIN KELLNER
hält ihn zurück und ruft.
Meine zehn Gulden!
FLORIAN
schlägt rückwärts aus.

Zurück, Ungeheuer! Und wirft ihn nieder. Kellner entflieht. Triumph! Es ist gelungen! Er will ins Portal.


In dem Augenblick erscheint.
MARIANDELS GESTALT
durch sie selbst vorgestellt, hinter ihm und ruft.
Florian! Florian!
FLORIAN
schaut sich schnell um und ruft.
Mariandel!

Er will auf sie zu, sie verschwindet, eine Furie reißt ihn rückwärts nieder.
[100]
KOLIPHONIUS
erscheint am Fuß des Berges.
Er ist mein! Verwandle dich in einen Pudel!

Eine Hundshütte erhebt sich über Florian, er läuft als Pudel über den Berg herab und sucht ängstlich seinen Herrn.
In dem Augenblick kommt.
EDUARD
frohlockend, den Zweig in der Hand, aus dem Garten über den Berg und ruft.

Florian! Florian! Der Pudel springt an ihm hinauf und liebkoset ihn. Pause. Was ist das, was will der Pudel?

KOLIBRI
tritt heraus.
Es ist dein Diener!
EDUARD.

Unglücklicher, was hast du getan? Pause. Ich will dich auch so nicht verlassen. Komm, Sinnbild der Treue! Fort von diesem Ort. Nimmt den Pudel bei dem Halsband und will ihn fortziehn.

KOLIPHONIUS
ruft.
Halt! Er bleibt hier! Mein ist der Hund! Ich bin hier Herr.
EDUARD.
Mit meinem Leben will ich ihn verteidigen – er bleibt nicht hier.
KOLIPHONIUS.
Nicht? Verwandelt sich in einen Jäger. So erschieß ich ihn.

Bückt sich, sein Gewehr aufzunehmen und spannt den Hahn. Kolibri winkt. Plötzlich springen wenigstens acht bewegliche Pudel, ebenso gezeichnet wie Florian, auf die Bühne und bilden mit ihm ein Tableau, das ganze übrige Theater aber ist auf allen Bergen und Seitenhügeln mit lauter so flachgemalten Pudeln angefüllt, welche sich nach Verhältnis der Tiefe perspektivisch kleiner zeigen, in komischen Gruppen, und das Tableau vollenden. Koliphonius will zielen, prallt zurück.
EDUARD.

Bravo, Kolibri! Jetzt schieß den rechten, wenn du ihn kennst, aber schnell, denn alle nehm ich sie mit mir!

KOLIPHONIUS.
So will ich sie alle verderben.

Winkt. Die Bühne verfinstert sich. Blitze leuchten, heftiger Regen. Das Wasser schwillt immer höher, Kolibri und Eduard befinden sich mitten auf einem Fels, welcher sich aus dem Wasser emporhebt und hoch herausragt. Die Pudel schwimmen um ihn herum. Pause in der Musik.
EDUARD.
Er ist verloren!
KOLIBRI.
Wirf ihm den Zweig zu.
EDUARD
wirft den Zweig ins Wasser und ruft.

Florian, apport! Der Pudel sucht ihn zu haschen, arbeitet sich mit dem Zweig in dem [101] Mund auf den Felsen hinan, wo Eduard steht. Wie er oben ist, ruft Eduard unter der Musik. Er ist gerettet!


Der Fels verwandelt sich in ein Segelschiff und fährt mit den Dreien davon.
KOLIPHONIUS
ruft.
Fluch und Verderben über euch!

Der Pudel bellt im Fortfahren mit Wut auf ihn heraus. Die Kortine fällt.
Ende des ersten Aufzuges.

2. Akt

1. Auftritt
Erster Auftritt
Palast des Longimanus mit einem Seitenthron. Longimanus sitzt auf dem Thron. Um ihn mehrere Dienstbare Geister.
Großer Tanz von idealen Geistern, am Ende eine Gruppe.

ALLE.
Heil Longimanus!
LONGIMANUS.

Ist schon gut, schon gut! Bedank mich aufs allerschönste. Für sich. Freut mich recht, daß mir haben heute einen kleinen Tanz gemacht, weil morgen mein Namenstag ist.


Die Geister ab.
2. Auftritt
Zweiter Auftritt
Pamphilius. Voriger.

PAMPHILIUS
überreicht dem Longimanus einige Visitkarten.
Zauberer Vanill, Fee Maraschino!
LONGIMANUS.

Aha! Kommen schon die Billetter angestochen. Liest: La Fée Marasqin et sa famille. Monsieur Vanille, Professeur de la Magie. Ich laß mich bedanken, meine Empfehlung. Auf mein Namenstag freu ich mich immer, wie ein Kind, bloß wegen die Zugbilletter. Nimmt ein Zugbillet. Da schau einmal, wie man bei dem Kerl anzieht, reckt er den Fuß in die Höhe. Lacht. Ist das nicht prächtig?

[102]
PAMPHILIUS
lacht auch.
O scharmant! Das ist ein herrlicher Gedanke.
LONGIMANUS.

Wie den Neujahrstag, den hab ich auch so gern, wann die Leut glückwünschen kommen. Warum? Weil man gwiß überzeugt ist, daß ihnen von Herzen geht. Man hört den Pudel außen bellen. Wer bellt denn da draußen?

PAMPHILIUS
sieht hinaus.
Ein großmächtiger Pudel!
LONGIMANUS.

Will er mir vielleicht auch zum Namenstag gratulieren? Schau doch hinaus. Pamphilius geht ab. Wenn der mir seine Aufwartung ma chen wollt, das war wirklich zu viel, da müßt ich protestieren.

3. Auftritt
Dritter Auftritt
Pamphilius. Vorige.

PAMPHILIUS
kommt zurück.

Herr! Zephises' Sohn hat die Reise nach dem Zaubergarten glücklich vollendet und wagt es, sich dir zu Füßen zu werfen.

LONGIMANUS.

Hör auf! Das ist ein Tausendsasa! Hat sich nicht umgschaut! Auf die Letzt hat er gar das Rheumatische im Hals, daß er den Kopf nicht hat umdrehen können. Er soll hereinkommen, aber sein Vatern sagst, daß er nicht herüber kommt, er darf nicht reden mit ihm. Aber wegen was hat er denn einen Pudel?

PAMPHILIUS.

Vielleicht ist er ein Pudelnegoziant. Ich werd ihn gleich hereinschicken. Geht an die Kulisse und läßt Eduard herein.

4. Auftritt
Vierter Auftritt
Eduard. Vorige.

EDUARD
hält den Zweig in der Hand und stürzt zu Longimanns' Füßen.
Mächtiger Zauberfürst –
LONGIMANUS.

Ich bitt recht sehr, stehen Sie auf, ist alles zu viel. Hebt ihn auf. Zu Pamphilius. Bring Er Sesseln! Pamphilius setzt zwei runde Stühle. So! Jetzt geh nur hinaus! Pamphilius geht ab. Und jetzt nehmen S' Platz!

[103]
EDUARD.
Sonne der Welt! Du beschämst und zermalmst mich durch deine Güte.
LONGIMANUS.

Warum nicht gar! Reden S' nur frei heraus, von der Leber weg. Mit was kann ich Ihnen dienen? Sie sind also der kleine Eduardl?

EDUARD.
Ja, ich bin die arme Waise –
LONGIMANUS.

Nu, wenigstens in Ihrem Waisenhaus müssen S' eine gute Kost gehabt haben. Sie sind recht auseinander gegangen.

EDUARD.

Nur durch das Vermächtnis meines unglücklichen Vaters bin ich seit kurzer Zeit in den Besitz jenes großen Reichtums gelangt, den er durch deine hohe Gunst erhalten hat. Ich bin hier, dich um eine große Gnade anzuflehen, doch bevor ich diese Bitte wage, liegt eine andere mir –


Der Pudel bellt.
LONGIMANUS.

Ja apropos! Du hast ja einen Kameraden bei dir. Laß mir ihn doch herein. He, laßts den Pudel herein. Der Pudel springt herein, zuerst auf Eduard und liebkost ihn, dann um Zauberkönig. Nun, mich freuts, Ihre Bekanntschaft zu machen. Das ist ein spaßiger Kerl. Wie spricht der Hund? Schau! Gibt keine Antwort. Ah, den müssen Sie mir zum Präsent machen, ich werd ihm gleich die Ohren schneiden lassen. He –


Der Pudel fängt um lamentieren an und verkriecht sich hinter Eduard.
EDUARD.

Um alles in der Welt nicht! Eben das Schicksal dieses armen Pudels war es ja, worüber ich dich um Gnade anflehen wollte.

LONGIMANUS.
Das ist doch schrecklich, was das Schicksal treibt, jetzt kommts gar über die Pudeln.
EDUARD.

Dieser Ärmste ist mein Diener, seine Anhänglichkeit an mich verleitete ihn, den Zauberberg nach mir zu besteigen, und ein einziger Rückblick hat ihn in diese schreckliche Lage versetzt.

LONGIMANUS.

Wie ist er denn dem Koliphonio ausgekommen? Hat gwiß wieder das kleine Spitzbübel, der Kolibri, [104] sein Hokuspokus gmacht. Dem Buben laß ich noch einmal einen Schilling geben.

EDUARD.
Habe Mitleid, schenke ihm seine vorige Gestalt wieder.
LONGIMANUS.

Nun wegen meiner, so laß ihn da in den Zauberkasten hinein. Bitt hineinzuspazieren.Er öffnet den Kasten und läßt den Pudel hinein und sperrt zu. Zu Eduard. Und jetzt rufe ihn dreimal beim Namen.

EDUARD.
Florian! Florian! Florian!
FLORIAN
im Kasten.

Na, aufmachen da, sapperment! Eduard öffnet den Kasten. Florian kommt im größten Zorn heraus. Ah, das ist ja impertinent, wie kann man denn mit einem Menschen so umgehen! Morddividomini! Stoßt plötzlich gegen den Zauberkönig und fällt ängstlich auf beide Knie nieder. Ui jeges! Ich bitt tausendmal um Verzeihung, Euer Langmächtigkeit!

LONGIMANUS.

Das ist ein zorniger Nickel – so gehts, wenn man manchen Leuten Gfälligkeiten erweist, so sein s' noch recht grob dafür.

EDUARD.
So bedank dich doch, unartiger Bursche! Dem Geisterkönig verdankst du deine jetzige Gestalt wieder.
FLORIAN.
Ich küß die Hand, Euer Hochmächtigkeit!
LONGIMANUS.

Ich weiß nicht, ob er viel profitiert hat bei seiner Verwandlung, er ist mir als Pudel viel gescheider vorkommen als jetzt. Also weiß Er jetzt, wie einem Pudel zu Mute ist?

FLORIAN.

Ah! das war ja ein Hundsleben, das möcht ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen. Aber wie ist denn mein Mariandel daherkommen?

LONGIMANUS.

Das war nicht Seine Mariandl, mir haben Markiandeln genug im Vorrat, wenn wir eine wünschen. Punktum! Künftig gscheidter sein.Zu Eduard. Also mein lieber Eduard, den hätten wir. Was willst denn noch, mein Kind?

EDUARD.
Laß mich niedersinken und –
LONGIMANUS.
Der Mensch hat so schwache Nerven, alle Augenblick sinkt er.
EDUARD.

Du hast meinem Vater sechs Statuen zum Geschenke gemacht, doch die siebente, kostbarste – mächtiger [105] Zauberkönig, zürne nicht, wenn ich mich erkühne, ihren Besitz als das höchste Glück dieser Erde von deiner unerschöpflichen Großmut zu erflehen.

LONGIMANUS
macht große Augen und sagt mit Gewicht.

Die siebente Statue willst du? Ja, die hat einen Wert, da krieget man schon in einem jeden Versatzamt was darauf.

EDUARD.
Oh, schenke sie mir.
FLORIAN.
Rucken S' heraus damit!
LONGIMANUS.

Nur Geduld! Weißt du was? Umsonst ist der Tod! Wenn man etwas haben will, so muß man auch etwas dafür tun. Nicht wahr?

FLORIAN.
Ja, springen muß man immer was lassen.
LONGIMANUS.

Also Schwierigkeit gegen Schwierigkeit. Du sollst die diamantene Statue haben, aber – du mußt mir dafür ein Mädchen aufsuchen, welches in ihrem achtzehnten Jahr ist und noch in ihrem Leben keine Lüge über ihre Lippen gebracht hat.

FLORIAN.
Da kriegen wir s' nicht, die Statue!
EDUARD.

Hoher Herr! Du machest eine große Anforderung an mich schwachen Sterblichen, doch ich will auch das Unwahrscheinliche wagen für den Besitz dieses Zauberschatzes.

LONGIMANUS.

Du willst also? Eh bien! Wann du sie aber gefunden hast, so bringst du sie augenblicklich hieher und erwartest mich am Fuß meines rauchenden Palastes. Unterstehst du dich aber, einen Augenblick mit ihrer Übergebung zu zögern, so ist dein Leben verloren. Ja, schau mich nur an! Ich mach kein Spaß! Augenblicklich, da kommt kein Pardon.

EDUARD.

Ich füge mich deinem Ausspruche. Doch wie wird es mir möglich werden, diese Priesterin der Wahrheit zu erkennen? Wie kann ich erfahren, ob ein Mädchen auch nicht im Scherze noch gelogen hat? Wer im ganzen Hause wird mir das sagen können?

FLORIAN.
Nur beim Hausmeister erkundigen.
LONGIMANUS.
Da hast du recht. Da muß ich dir ein Kennzeichen geben.
[106]
FLORIAN.
Fragen S' nur mich allemal, ich werd Ihnens schon sagen.
LONGIMANUS.
Richtig, durch den sollst dus wissen, weil er gar so eine Freud damit hat, unser Freund.
FLORIAN.
Ja, ich bitt Euer Herrlichkeit – ich gfreu mich schon.
LONGIMANUS.

Wenn du ein Frauenzimmer prüfen willst, so ergreife ihre Hand, hat sie schon einmal gelogen, so wird dieser Bursche da im ganzen Körper entsetzliche Schmerzen empfinden.

FLORIAN
ganz erstarrend.
Mich trifft der Schlag!
LONGIMANUS.
Es wird ihn reißen, stechen, kurz, alles mögliche, was er sich nur wünschen kann.
FLORIAN.
Ich bitt, das ist wirklich zu viel.
LONGIMANUS.
Und je mehr Lügen als eine in ihrem Leben gesagt hat, desto mehr Schmerzen wird er empfinden.
FLORIAN.
Sie verzeihen, aber ich muß hinaus. Will fort.
EDUARD.
Halt! Warum denn?
FLORIAN.
Mir wird nicht gut.
LONGIMANUS.
Du bleibst da.
FLORIAN.
Euer Herrlichkeit, das geht nicht – das bringet mich ja ins Spital.
LONGIMANUS.
Schweig! Also – wo sind wir geblieben? Richtig – desto mehr Reißen wird er –
FLORIAN.

Ich halts nicht aus. Will fort. Hören Euer Herrlichkeit mit dem Reißen auf, oder es reißt mich hinaus. Wer wird denn bleiben in so einem rheumatischen Dienst?

LONGIMANUS.

Langsam! Auf Regen folgt Sonnenschein. Wenn du aber eine findest, die noch nie gelogen hat, so wird er ein außerordentliches Wohlbehagen empfinden. Es wird ihm so leicht sein und so froh als wie einem Menschen, der 's erste Mal einen Langaus tanzt.

FLORIAN.

Ja, wenn er sieben Jahr die Gicht ghabt hat. Nun, ins Himmelsnamen, lassen wir uns halt eine Weile herumreißen.

EDUARD.
Sei ruhig, Florian! Wenn ich mein Ideal gefunden habe, so will ich dich reichlich belohnen.
[107]
FLORIAN.
Mich? O je, wo bin ich da schon? bis dorthin reißts Ihnen a dreihundert Bediente zsamm wie nichts.
LONGIMANUS.
Und jetzt machts, daß ihr weiter kommt. Wie willst denn fahren? wart! Ruft. He!

Pamphilius kommt.
5. Auftritt
Fünfter Auftritt
Pamphilius. Vorige.

LONGIMANUS
zu Pamphilius.

Laß ihnen meine zwei alten Drachen einspannen, die ich vor meinem Galawagen hab, das sind doch ein paar sichere Tier.

PAMPHILIUS.
Mächtiger Herrscher, das ist unmöglich! Der Handige hat sich einen Flügel gebrochen.
LONGIMANUS.

Da hast es ja. Das ist von dem gschwinden Fahren. Jetzt darf ich wieder langmächtig suchen, bis ich einen gleichen dazu krieg. Weißt du was? Fahr du in einem Luftballon, und wo er mit dir niedergeht, dort probier dein Glück. Gehts hinüber in die Schupfen um einen Luftballon. Der Kolibri soll kutschieren. Pamphilius geht ab. Also viel Glück – für ein schöns Wetter werd ich schon sorgen. Und wollt ihr andere Kleider, nur drüben mein Schneider sagen, in fünf Minuten sind sie fertig.

EDUARD.

Hoher Geisterfürst! Mit mutigem Vertrauen trete ich meine Reise an, mein höchstes Glück liegt in deiner Hand. Verbeugt sich und geht ab.

FLORIAN.

Mächtiger Zauberfürst und wohlgeborner Zechmeister der löblichen Geisterzunft! Mit der erbarmungswürdigsten Tremarola tret ich meine Reise an, haben Sie Mitleid mit meiner schwachen Konstitution, und denken Sie, daß ein Mensch keine solche Schmerzen mehr auszustehen vermag, der sich erst vor kurzem noch so herumgepudelt hat. Will ab.

LONGIMANUS.

So wart Er noch ein wenig! Das ist ein närrischer Mensch! Es geschieht Ihm ja nichts, wegen was lamentiert Er gar a so?

FLORIAN.

Sehen Euer Herrlichkeit, mir ist nur, wenn ich [108] eine verrissene Physiognomie bekäme, meine Mariandl schauet mich in ihrem Leben nicht mehr an.

LONGIMANUS.
Was ist denn das für eine Person, die Mariandl? Ist s' denn gar so hübsch?
FLORIAN.

No, wann S' was gspannen, das ist eine barbarische Schönheit. Die ganze Welt darf man ausreisen, es gibt keine – Ach, ich glaub nicht, daß man in der Wallachei eine findt.

LONGIMANUS.
Nu, bravo! Die muß Er mir einmal aufführen.
FLORIAN
lacht.
Ah nein! Euer Herrlichkeit sind gar ein Gspaßiger! Sie könnten mir s' abwendig machen.
LONGIMANUS.
So sei Er nur nicht so kindisch, was fallt Ihm denn ein?
FLORIAN.

Nein, nein! Was nützt denn das? Ich gib s' nicht aus der Hand. Wer mir meine Mariandel stehlet, der war ein Kind des blassen Todes! Ha! da würde ja gerauft! Euer Herrlichkeit sind ein stattlicher Mann, aber die Schlag möcht ich Ihnen nicht wünschen, denn meine Mariandel ist meine einzige Passion!


Arie

D' Mariandel ist so schön,
D' Mariandel gilt mir alls,
Und wenn ich s' nur erwischen kann,
Fall ich ihr um den Hals.
Es gibt zwar der Mariandeln viel
Auf dieser weiten Welt,
Doch keine, die so herzig ist
Und die mir so gefällt.

D' Mariandel ist so zart,
Ja, ich gesteh es frei,
Bis sie ein halbes Knödel ißt,
Derweil hab ich schon drei.
Und wenn ich oft recht hungrig bin,
Zerspringt ihr fast das Herz,
Da lauft s' nur gschwind in d' Kuchel 'naus
Und kocht mir einen Sterz.

[109] D' Mariandel ist so treu
D' Mariandel ist so frumm,
Und wenn ich s' nicht bald z' sehen krieg,
So bring ich mich noch um.
Denn wer nur a Mariandel hat,
Der weiß es so wie ich,
Nicht wahr? so oft man an sie denkt,
So gibts eim einen Stich!

Ab.

Repetition

D' Mariandel ist gar gscheid,
D' Mariandel ist nicht dumm,
D' Mariandel meint, in Wien dahier
Wär's beste Publikum!
Drum glaub ich der Mariandel auch,
Sie hat mich nicht vexiert,
Ich hab auf ihren Spruch vertraut
Und hab mich nicht geirrt!

Ab.
LONGIMANUS
allein.

Jetzt haben s' schon Zeit ghabt, daß sie gegangen sind. Nicht einmal sein Schalerl Kaffee kann man mit Ruhe trinken. Ruft. Pamphilius!

6. Auftritt
Sechster Auftritt
Pamphilius. Voriger.

LONGIMANUS.

Die neuen Bücher, die ich aus der Leihbibliothek gekriegt hab, tragst ins Lesekabinett hinüber und bringst alles in Ordnung, ich will lesen.

PAMPHILIUS.
Befiehlst du auch einen aromatischen Rauch im Zimmer?
LONGIMANUS.

Später kannst du mir ein bißl einen blauen Dunst vormachen. Und jetzt hinüber, richt alles her. Mein Tischel, vier Wachskerzen, und dann das Buch von der Agnes Bernauerin. Das Stück les ich jetzt schon vierzehnmal, [110] und ich weiß immer noch nicht, warum sie s' denn eigentlich ins Wasser geworfen haben. Jetzt komm, Pamphilius.


Beide gehen ab.
7. Auftritt
Siebenter Auftritt
Platz, von hohen schönen Gebäuden umschlossen, doch alle ohne Fenster, im griechischen Geschmack erbaut, rückwärts die Statue der Tugend mit verhülltem Haupte und einem Lilienstengel in der Hand. Rechts der Eingang in den Palast des Veritatius. Links vorne eine Erhöhung von steinernen Stufen, worauf ein Sitz sich befindet, hinter dem die Statue der Wahrheit steht. Eine nackte Figur mit der Sonne auf der Brust.

CHOR VON EINWOHNERN.
Stille, stille! Harrt bescheiden,
Bis des Hornes Ruf ertönt.
Schrecklich muß der Freche leiden,
Der des Herolds Wort verhöhnt.

Was wird er uns wohl verkünden,
Was muß vorgefallen sein?
Doch wir Werdens bald ergründen,
Seht, hier tritt er ja schon ein.
8. Auftritt
Achter Auftritt
Vorige. Zwei Diener des Herolds treten voraus und stoßen dreimal in ihr goldenes Horn, welches der römischen Tuba gleicht. Dann tritt der Herold in die Mitte.

HEROLD.

Rezitativ

Bewohner des sittlichen Landes!
Ich bin erschienen, euch zu verkünden
Die Befehle unsers Herrschers.
Schon wenn die nächste Stunde, tönt,
Müßt ihr euch hier auf sein Geheiß versammeln.
Er wird ein Mädchen heut bestrafen
Und sie verscheuen aus des Landes Grenzen,
Weil sie die Sitten frech verhöhnt,
[111] Die doch mit Milde uns beglücken
Und die allein sind unsres Landes Stolz.

Arie mit Chor.
HEROLD.
Hier im einsam stillen Lande,
Wo der goldne Friede thront,
Webt die Freundschaft feste Bande,
Wird die Liebe süß belohnt.
CHOR.
Webt die Freundschaft feste Bande,
Wird die Liebe süß belohnt.
HEROLD.
Darum wandelt, meine Brüder,
Mit Bedacht zur Arbeit hin,
Nur der Vorsicht weihet Lieder,
Denn die Hast bringt nie Gewinn.
CHOR.
Nur der Vorsicht weihet Lieder,
Denn die Hast bringt nie Gewinn.

Alle gehen ab.
Die Musik geht nach dem Chor in eine fröhlichere über, ohngefähr eine artige Variation über das Thema: »Es reisen drei Schneider zum Tor hinaus, adie!«
9. Auftritt
Neunter Auftritt
Der Luftballon, welcher eine dunkelblaue Kugel vorstellt, aber nicht mit den gewöhnlichen Streifen, sondern über quer ein paar weiße Borduren hat und zwei weiße Flügel, welche zu beiden Seiten angebracht sind, geht langsam nieder.
Eduard, Kolibri als Luftfahrer mit einem rosenroten Fähnlein und Florian steigen ans dem dar anhängenden goldenen Schifflein. Eduard trägt eine grüne Ziviluniform, weißes Beinkleid und Federhut. Florian rote Livree mit Goldborten.

KOLIBRI.
Also hier wären wir. Mongolfier hat seine Schuldigkeit getan. Jetzt vollende du das Weitere.
EDUARD.
Wo sind wir denn eigentlich?
KOLIBRI.

Das wirst du schon erfahren, ich handle ganz zu [112] deinem Besten. Kolibri ist nicht dumm. Jetzt verlasse ich dich, und wenn du mich brauchen wirst, werde ich gleich bei der Hecke sein. Nimmt einen anderen Ton an und den Hut ab. Euer Gnaden, bitt um mein Trinkgeld!

EDUARD.
Ja richtig! Hier, mein kleiner Fährmann!Gibt ihm ein Goldstück.
KOLIBRI.

Euer Gnaden verzeihen, ich habe noch was gut von der ersten Station, wissen S', mit die Füchseln? Es waren zwei Goldfüchsel, und Sie haben mir nur eines gegeben. Hält ihm das Goldstück vor.

EDUARD
gibt ihm noch eins.
Ja so! Bist du denn so geldgeizig?
KOLIBRI.

Das versteht sich! Ich muß mir ja was zusammensparen auf meine alten Tag. Empfehl mich gar schön. Macht einen Kratzfuß und steigt in den Luftballon, der mit ihm sogleich fortfährt.

EDUARD.

Eine sonderbare Stadt! Es ist alles so stille in den Straßen, als ob sie unbewohnt wäre. Nun Freund Florian, warum so betrübt? Gefällts dir hier nicht?

FLORIAN
der durch die ganze Szene sehr trübselig aussah und öfters nachzudenken schien.
Nein! Für mich blühen auf diesem Boden keine Rosen!
EDUARD
böse.
So sei nur nicht so einfältig! Es wird dir ja den Hals nicht kosten.
FLORIAN.

Oh, ich bitte – schweigen Sie! Glauben Sie, das ist ein Spaß, wenns einem was wegreißt? So weit hab ichs gebracht! Das ist das Los des Schönen auf der Erde!

EDUARD.
Jetzt befehl ich dir, zu schweigen und an jenem Palast zu läuten, daß wir hören, wo wir sind.
FLORIAN.
Na, es ist recht. Ich will alles tun. Verzweiflung, nimm dein Opfer. Er läutet an.
10. Auftritt
Zehnter Auftritt
Aladin, der Aufseher des Palastes, öffnet die Tore und tritt heraus. Vorige.

ALADIN.

Was seh ich? Fremdlinge? Durch welche Zaubermacht seid ihr hierhergelangt, und was begehret ihr von uns?

[113]
EDUARD.

Willst du, würdiger Unbekannter, mir wohl vorher die Frage beantworten, wo ich mich eigentlich befinde?

ALADIN.

Du befindest dich in dem Lande der Wahrheit und der strengen Sitte, und dein Fuß berührt den Boden unserer Hauptstadt.

EDUARD.
Freue dich, Florian, wir sind unserem Ziele nah.
FLORIAN.
Ich wollte, ich war noch weit von meinem Ziel.
ALADIN.
Hier ist der Palast unseres Herrschers, ich bin nur sein Diener.
FLORIAN.
Ist auch nur ein Bedienter.
EDUARD.

Willst du mich bei deinem Herrscher melden? Ich bin weit über dem Meere ein Prinz aus dem Lande der Aufrichtigkeit und habe mit meinem treuen Diener Florian verbeugt sich. in einer neuerfundenen Luftmaschine die Reise in euer Land gemacht, um mir eine Braut nach Hause zu führen, die ich durch treue Liebe und ungeheure Reichtümer zu beglücken gedenke.

ALADIN.
Deine Gesinnungen sind gut, und ich werde sie unserm Herrscher treu berichten.
EDUARD.
Doch jetzt mache mich auch mit den Gewohnheiten eures Insellandes bekannt.
FLORIAN.
Ja, erzählen S' uns ein bissel was.
ALADIN.

Auf unserer Insel wirst du den Streit vergebens suchen, wir haben gar keinen Verkehr mit irgendeinem Lande. Feste geben wir nie, wir glänzen nur durch Wahrheit.

FLORIAN.
Das ist sehr schön von Ihnen.
ALADIN.
Einsam ist es in den Straßen, denn man geht nur aus, wenn es sehr notwendig ist.
EDUARD.
Doch ich sehe keine Fenster an den Häusern.
ALADIN.
Die gehen in den Garten, die Aussicht ist zurück.
FLORIAN.
Sie werden halt die Augen rückwärts haben, weil s' vorne zu viel Aufsehn machten.
ALADIN.

Mit großer Strenge wird bei uns die Lüge bestraft, je nachdem sie nachteilige Folgen verursacht, doch ist man gegen Weiber nachsichtiger als gegen Männer. Verleumdung kennen wir nur dem Namen nach auf der Insel der Wahrheit und Sittsamkeit.

[114]
FLORIAN.

Erlauben Sie, mein Teurer, wenn einer in seiner Sittsamkeit etwas stiehlt, so wird er doch ganz bescheiden eingeführt?

ALADIN.
Wer fehlt, muß gestraft werden.
FLORIAN.
Und da bekommt er hernach seine soliden fünfzig Strichel?
ALADIN.

Das geschieht nicht. Wir schlagen nur die Kleider des zu Bestrafenden, nicht den Mann, und das ist bei uns die größte Schande.

FLORIAN.

Das geschieht überall. Man schlagt auch nur die Kleider, aber man wartet so lange, bis sie derjenige anhat, den wir – Macht die Pantomime des Prügelns.

EDUARD.
Wie ist es rücksichtlich eurer Heiraten?
ALADIN.

In ihrem zwanzigsten Jahre werden unsere Mädchen verheiratet. Keine darf allein ausgehen, wenigstens vier, auch darf sich keine umsehen.

FLORIAN.
Das heißt, sie dürfen niemand über die Achsel ansehen.
ALADIN.
Und gehen immer in Begleitung von zwei Mohren.
EDUARD.

Ich danke dir für deine Auskunft und bedaure diese Unglücklichen, sie würden wahrscheinlich noch edlere Geschöpfe werden, wenn man ihren Handlungen weniger Zwang auflegen möchte.

ALADIN.

Bedauern? Sprich dieses Wort nicht aus in Gegenwart meines Herrschers, bei dem ich dich jetzt melden werde. Im Lande der Wahrheit ist niemand zu bedauern als der, den die Götter mit Blindheit geschlagen haben, den unbedingten Wert unserer Handlungen nicht einzusehen. Ab in den Palast.

FLORIAN.
Geh' der Herr zu.
11. Auftritt
Elfter Auftritt
Eduard. Florian.

EDUARD.

Aus allem, was ich gehört habe, schöpfe ich wenig Hoffnung, ein Mädchen hier zu finden, welches die strenge Anforderung meines zauberischen Gönners erfüllen wird. [115] Solch ein unnatürlicher Zwang erweckt Verschlossenheit, und Verschlossenheit ist die Mutter der Lüge. Doch sieh, dort kommen einige Frauenzimmer. Ich will mein Glück versuchen. Florian, halte dich standhaft.

FLORIAN.

Um alles in der Welt, Gnädiger, sind Sie menschlich! Denken Sie, so lang als sie eine bei der Hand halten, halten Sie mich beim Schöpf, nur gleich wieder auslassen.

12. Auftritt
Zwölfter Auftritt
Vier verschleierte Mädchen erscheinen von zwei Mohren begleitet. Sie prallen bei Eduards Anblick etwas zurück. Vorige.

EDUARD
fällt auf ein Knie.

Zur Ersten. Tulpe der Schönheit, verzeihe einem Fremdling, der es wagt, dir seine höchste Verehrung darzubringen.

FLORIAN.
Mir ist, als wenn ich ausgführt würde.
OSILLIS.
Ein artiger Mann.
AMAZILLI.
Welch sonderbare Tracht!
EDUARD.
Erlaube mir, deine reizende Hand zu küssen. Ergreift ihre Hand.
FLORIAN
schreit.
Ui jegerl! Auslassen! Schwächer. Auslassen! Seufzt.

Eduard läßt ihre Hand los.
OSILLIS
erschrickt.
Was ist das? Zu Florian. Was ist dir, Fremdling?
FLORIAN.
Nichts! Ist schon vorbei! Wir wissen schon, wieviels geschlagen hat.
OSILLIS.
Aber du erschreckest uns durch –
FLORIAN.
Ist ja nicht wahr, ist alles erlogen.
EDUARD.
Verzeihe ihm, und auch du, holdes Mädchen! Ergreift die Hand der Zweiten.
FLORIAN.

Auweh! auweh! auweh! Die lügt noch stärker. O sapperment! Eduard läßt die Hand aus. Florian ganz ermattet. Ach, das ist eine Komödie!

EDUARD.
Schweig, Bursche!
OSILLIS.
Ist er wahnsinnig?
EDUARD.
Nein, schöne Mädchen! Tritt wischen die beiden andern und ergreift zugleich ihre Hände.
[116]
FLORIAN.
Um alles in der Welt! Ich halts nicht aus! Ich geh zugrund!

Die Mädchen reißen ihre Hände los und entsetzen sich.
OSILLIS.
Welche Verwegenheit! Flieht, Schwestern, das ist ein Rasender!

Alle vier Mädchen entfliehen mit den Mohren in den Palast.
13. Auftritt
Dreizehnter Auftritt
Eduard. Florian.

EDUARD.
Nun Freund Florian, was sagt dein Barometer?
FLORIAN.

Der steht auf Lügen. Ich werd ein miserabler Mensch! Wenn wir zurückkommen, dürfen S' mich gleich auf siebenzehn Jahr nach Gastein oder ins Bründelbad schicken.

EDUARD.
Armer Schelm, du dauerst mich.
FLORIAN.

Das ist eine sittsame Bagage. Die zwei letzten müssen schon gelogen haben, bevor sie auf die Welt gekommen sind, es ist nicht möglich sonst.

EDUARD.
Die Forderung grenzt aber auch an Unmöglichkeit. Doch wir wollen unsere Hoffnung nicht aufgeben.
FLORIAN.
Ja, geben wir s' nicht auf, die Hoffnung!Deutet aufs Reißen.
EDUARD.
Willst du, daß wir dieses Land verlassen und in ein andres ziehen?
FLORIAN.

Ach, hören S' auf, sie lügen überall, also ists doch gscheiter, ich geh hier zugrund, als wenn ich wegen dem noch eine Weile wohin reisen soll.

EDUARD.
Es wird ja doch nicht überall so arg sein.
FLORIAN.

Ja, ist schon recht! Jetzt, wenn S' erst auf eine treffen, die einen reichen Liebhaber hat, den sie vor einen Narren hält, die können erst lügen! Da reißts mich in der Mitten voneinander.

EDUARD.
Still! Man kommt.
14. Auftritt
[117] Vierzehnter Auftritt
Aladin. Vier Mann Wache mit Pfeilen. Vorige.

ALADIN.

Fremdling! Der Herrscher wird in diesem Augenblicke hier erscheinen, um öffentliches Gericht zu halten, und bei dieser Gelegenheit will er dich bewillkommen und deine Bitten hören.

EDUARD.
Nimm meinen Dank für deine Botschaft.
ALADIN.

Doch haben wir Befehl erhalten, deinen Diener in das Irrenhaus zu bringen und ihn mit Ketten zu belasten, wie es für einen Rasenden geziemt.

FLORIAN.
Was? Mich wollen s' in den Narrenturm sperren, und ich bin gscheider als sie alle –
ALADIN.
Ergreift ihn.
FLORIAN.

Ich sags ja, wo ich hinkomm, halten mich die Leute für einen Narren. So nehmen S' Ihnen doch an um mich, es wird sich doch einer um den andern annehmen.

EDUARD.

Halt! Er ist mein Diener, und niemand hat ein Recht auf ihn als ich. Ich stehe für seinen Verstand und für sein künftiges Betragen gut.

FLORIAN.
Ja, wir setzen was ein.
ALADIN.
Wohl! Doch bei dem kleinsten Anfall werden wir unsere Befehle vollziehen.
EDUARD.
Also hüte dich!
FLORIAN.
Jetzt muß ich mir noch eine Ehr draus machen, wanns mich reißt.
ALADIN.
Fremdling! Folge mir, bis ich dich dem Beherrscher vorstellen darf. Geht mit Eduard ab.
EDUARD
im Abgehen.
Florian, nimm dich in acht.Ab.
FLORIAN.

Reden Sie nichts auf mich, Sie haben auch schon ausgedient bei mir. Allein. Ich unglückseliger Mensch, was fang ich an? Wenn ich auch durchging', es nutzt nichts, denn wenn er in England eine bei der Hand nimmt, so fangts mich in Holland zum reißen an. Es ist kein Mittel, als sukzessive hin zu werden, immer matter, bis es aus ist.


[118] Quodlibet

Werd ich denn hier sterben müssen?
Soll ich nicht die schöne Gegend
Drauß bei Währing wiedersehen?
Nimmermehr am heitern Ufer,
Beim Kanal spazieren gehn?
Nein, du armer Michel,
Der Tod kommt mit der Sichel! –
Wie traurig ist doch mein Geschick!
Mir blüht auf dieser Welt kein Glück,
Kein Mädchen, das stets Wahrheit spricht,
O jegerl, gfallt mir nicht die Gschicht. –

Welche Lust gewährt das Reißen,
Wenn eine recht stark lügt.
Glaubn Sies mir!

Ach, ist es denn gar so schwer,
Ein Mädchen z' finden,
Die ein treues Herz besitzt,
Das man kann ergründen?
O närrische Leute, o komische Welt!

Sonst war es ganz anders!
Da gab es noch Mädchen,
Die saßen am Rocken
Und spannen am Rädchen.
Jetzt putzen und zieren sie sich wie die Affen
Und lassen sich hinten und vorne begaffen.
Hab ich nicht recht?
Nu, wenn S' erlaubn!

Und meine Mariandel, die wird zu Hause fragen:
Was macht denn der Florel, sag, ist er recht gsund?
Er liegt im Spital drauß, ist ganz auf den Hund.
Ist das wahr?
Der arme Narr!
Lieber Herr Franzel,
Nur jetzt kein Tanzel!
[119] Denn erster Liebe Kraft
Bleibt ewig Leidenschaft!
Und ihr Florel, meint sie,
Gilt ihr alls, meint sie,
Von Amstetten, meint sie,
Bis Herrnals, meint sie,
Gibts kein Mann, meint sie,
So wie er, meint sie,
Ich war schön, meint sie, au contraire!

Drum will ich lustig sein
Und mich des Lebens freun!
Nur in dem Landel,
Wo mein Mariandel
Sehnsuchtsvoll wartet,
Möcht ich schon sein.

Denn mir liegt nichts an Stammersdorf und an Paris,
Nur in Wien ists am besten, das weiß man schon gwiß.
Man weiß, daß in hundert Jahrn auch noch so is!
Aber, ob wir nicht gstorbn sein, das weiß man nicht gwiß.
Drum, wenn ich hier sterben sollt und Sie nimmer sich,
So bitt ich halt gar schön, so denken S' an mich!
15. Auftritt
Fünfzehnter Auftritt
Man hört einen Marsch. Alles Volk erscheint und stellt sich in einen halben Zirkel, dessen Mitte frei bleibt. Die Frauenzimmer stehen vorne und unverschleiert. Wenn alles steht, erscheint Veritatius mit seiner Tochter Modestina. Aladin. Wachen. Dann Eduard und Florian.

CHOR.
Stellt euch um der Wahrheit Thron,
Sprecht der frechen Lüge Hohn.
VERITATIUS
besteigt mit Modestina seinen erhabenen Stuhl.

Volk dieser Stadt! Ich habe dich versammeln lassen, um Zeuge zu sein bei der Verbannung eines Geschöpfes, welches schon seit langer Zeit durch ausgelassene Manieren die Gebräuche unserer Insel mit Füßen tritt.

[120]
ALLE.
Hoch lebe Veritatius!
VERITATIUS.

Doch bevor wir den Vorhang dieser unangenehmen Szene eröffnen: Aladin, führe den Fremden vor. Aladin geht und bringt Eduard und Florian. Sei mir willkommen, Fremdling. Du bist also der Herr vom Lande der Aufrichtigkeit? – Was ist denn das für eine pitoyable Figur, die dort an deiner Seite steht?

EDUARD.
Es ist mein Diener. Deutet Florian, daß er sprechen soll.
FLORIAN.
Bin so frei, meine ergebenste Aufwartung zu machen.
VERITATIUS.

Das ist ein spaßiger Kerl, ich muß über ihn lachen. Lacht. Zu den Übrigen. Man lache auch ein wenig über ihn.


Alle lachen.
FLORIAN.
Das ist eine dumme Nation!
VERITATIUS.

Und nun zur Sache. Ich habe gehört, daß du dir eine Braut erkiesen willst, und weil du mir so wohl gefällst, auch aus vornehmem Stande bist, so stelle ich dir hier meine Tochter vor.

MODESTINA.

Fremdling! Gewohnt, den Befehlen meines Vaters zu gehorchen, reiche ich dir mit Freuden meine Hand, wenn du mich vorher überzeugest, daß dein Edelmut sie verdient.

FLORIAN.
Ui jegerl, ich freu mich schon.
EDUARD.
Nimm meine Huldigung, Holdeste deines Geschlechtes.

Ergreift ihre Hand. Florian empfindet großen Schmerz, sucht ihn aber durch unartikulierte Töne und Lippenbeißen zu verbergen. Eduard sieht auf Florian, dieser deutet: Nein! er laßt ihre Hand mit Anstand los.
MODESTINA.
Er gefällt mir recht wohl.

Dumpfer Lärm von außen, man hört.
AMINENS STIMME.
Laßt mich, laßt mich!
16. Auftritt
Sechzehnter Auftritt
Amine. Wachen. Vorige.

AMINE
stürzt herein, hinter ihr Wache.

Laßt mich, ihr abscheulichen Männer! Stürzt zu Veritatius' Füßen. Gütiger Herr! [121] Was hat die arme Amine verbrochen, daß sie solchen Mißhandlungen preisgegeben wird? Ich bin ja ein armes, unschuldiges Mädchen, das noch niemanden auf dieser Welt etwas zu Leide getan hat.

VERITATIUS.

Wie kannst du es wagen, vor mein Auge zu treten, ohne daß ich dich rufen ließ? Ausgelassenes Geschöpf, über dessen Verbrechen sich alle Bewohner dieser Stadt entsetzen.

AMINE.

Aber in was bestehen denn meine Verbrechen? Daß ich über die spitzige Nase deines Türstehers gelacht habe, daß ich auf der Straße herumgelaufen bin, meinen Papagei zu fangen, daß ich mein Haupt mit keinem Tuche umwinden will, weil ich Kopfschmerzen davon bekomme und daß ich endlich keine traurige Miene machen kann, weil ich ein fröhliches Herz im Busen trage, sieh, das kann ich nicht lassen, lachen muß ich, und wenn du noch lange so zornig auf mich blickest und deine Augenbrauen so hinaufziehest, so werde ich wieder recht zum lachen anfangen müssen.

VERITATIUS.

Welch unerhörte Frechheit! Man ärgere sich mit mir! Pause. Nein, man ärgere sich nicht, es will sich nicht geziemen, daß wir wegen dieser Verbrecherin in Ärger geraten. Als eine arme Waise hat man sie hier aufgenommen, weil ihr Vater, ein englischer Kapitain, mit seinem Schiffe an dieser Insel strandete und seinen Tod in den Wellen fand, und diese an das Land geschwommene Person wagt es, das Ärgernis einer ganzen Stadt zu werden? Man ergreife sie, setze sie in ein Schifflein und treibe es hinaus in die See, fernhin von dem Lande der Wahrheit, damit die Wellen das Spiel mit ihr treiben, das sie nur zu lange mit uns getrieben hat.


Die Wachen wollen sie ergreifen.
ALADIN.
Führt sie fort.
EDUARD.
Halt! Für sich. Ein unwiderstehliches Gefühl reißt mich hin, sie auf die Probe zu stellen.
FLORIAN.
Ah, das ist ja entsetzlich, das nimmt ja gar kein Ende.
[122]
EDUARD
laut.
Erlaube mir, mächtiger Herrscher, eine einzige Frage an dieses Mädchen zu stellen.
VERITATIUS.
Man stelle sie.
EDUARD.
Gutes Kind, hast du Vertrauen zu mir?
AMINE.
Ach ja, du hast kein übles Gesicht und scheinst ein guter Mensch zu sein, Amine fühlt das gleich.
EDUARD.
Reiche mir deine Hand.
AMINE.
Hier hast du sie. Gibt sie ihm.
FLORIAN
fängt an, einen unendlichen Frohsinn und eine innere Lustbarkeit auszudrücken.
Das ist schon die Rechte. Nehmen wir s' mit.
ALLE.
Was soll das bedeuten?
AMINE.
Ach, nimm dich um mich an, ich bin gewiß nicht schuldig!
EDUARD.

Nein, das bist du nicht, du gutes Mädchen. Wahre Sittsamkeit besteht nicht bloß durch äußere Form, sie wohnt im Innersten des Herzens, und Ungezwungenheit und Naivität dürfen immer ihre lieblichen Schwestern sein.

VERITATIUS.
Habt ihr ihn verstanden?
ALLE.
Ja!
VERITATIUS.
Ich nicht. Man verstehe ihn auch nicht!
EDUARD.

Höre mich, Veritatius! Ich verzichte auf die Hand aller Mädchen deines Landes, laß mir Amine, und ich führe sie als meine Gemahlin mit mir in mein Reich.

MODESTINA.
Wie? Du wagst es?
ALLE.
Entsetzlich!
VERITATIUS.

Ruhig! Man schweige! Sieh, Verblendeter, weil du es wagst, meine Gastfreundschaft durch solchen Undank zu lohnen, so will ich dich auch dafür bestrafen. Du sollst sie haben, aber augenblicklich meidest du dieses Land und tuest ihm nie wieder die Schande an, es zu betreten.

EDUARD.
Dank deiner Güte! Kolibri! Lichte die Anker, schwelle die Segel!
KOLIBRI
fährt mit dem Luftballon nieder.
Komm schon, bin schon da.
[123]
EDUARD.

Und nun komm, Amine, und du, Veritatius, trauere, denn ich entführe dir ein seltnes Kleinod, dessen Wert du nicht zu schätzen wußtest.


Musik ertönt. Eduard, Amine, Florian und Kolibri steigen ein und fahren fort, Veritatius geht mit seiner Tochter und Aladin in den Palast zurück. Die übrigen bleiben zurück.
CHOR.
Fahret, fahret fort!
Steuert durch die Welt
Bis zum Ort, bis zum Ort,
Wo euch Reue quält.

Ein Fallschirm kommt herab, worauf steht: »Körbchen für die Schönen dieses Landes.« Zwei Genien steigen aus und teilen goldene Körbchen an die Frauenzimmer aus.
CHOR.
Seht die frechen Laffen hier,
Körbchen uns zu spenden!
Rache kocht im Busen mir,
Blutig soll es enden!

Heftiger Schlag in der Musik. Sie wollen auf die Genien, diese heben die Finger warnend auf: ein augenblickliches Tableau. Die Genien ziehen aus den Körbchen verschiedene Schmuckwaren hervor, die Weiber ergreifen sie freudig. Die Musik und die Singstimmen sehr piano.
CHOR.
Doch piano, haltet ein!
In dem Land der Sitten
Muß man fein manierlich sein.
Hier wird nicht gestritten.
Drum verlasset diesen Ort,
Höret auf zu tosen,
Traget eure Körbchen fort,
Füllet sie mit Rosen.

Alle schleichen behutsam ab. Die Genien fliegen wieder ab.
17. Auftritt
[124] Siebzehnter Auftritt
Fürchterlicher Wald. Nacht. Blitze leuchten. Man hört das Brausen des Vulkans.
Eduard, Amine, Kolibri, Florian treten ein.

KOLIBRI.
Wir sind am Ziele, dort ist der Vesuv.
AMINE.
Welch ein fürchterlicher Wald!
KOLIBRI.
Siehst du dort den Rauch?
FLORIAN.
Aha, da ist eine Ziegelbrennerei!
KOLIBRI.

Narr! Es ist der Feuerberg, dorthin geht die Reise. Eduard, lebe wohl! Ich reite jetzt als Kurier voraus und bereite alles zu deinem Empfang.Ab.

18. Auftritt
Achtzehnter Auftritt
Vorige ohne Kolibri.

AMINE.
Was soll das alles heißen, warum stehst du so in dich gekehrt? Hat dir Amine etwas zuleide getan?
EDUARD.

Ja, Amine, du bereitest meinem Herzen bitteren Schmerz. Für sich. Mein Unglück ist entschieden: ich liebe sie.

AMINE.

Ich verstehe dich nicht, du sprichst so dunkel. Sieh, ich weiß nicht warum, aber ich habe dich in dieser kurzen Zeit so lieb gewonnen, daß ich niemand auf dieser Erde weiß, dem ich so gut sein könnte wie dir, und du hast doch auf der ganzen Reise verdrüßliche Miene gemacht. Komm, ziehen wir weiter, und ging' es durch den Feuerberg, ich ziehe überall mit dir.

EDUARD.

Es ist umsonst, ich muß es ihr entdecken.Stark. So wisse, armes Geschöpf, ich habe dich betrogen. Du wirst nicht meine Gemahlin.

AMINE.
Nicht?
EDUARD.

Nein. Siehst du jenen Feuerberg, wo die Blitze durch den Rauch sich winden? Dort wird deine Wohnung sein, jenem Geisterfürsten hab ich gelobt bei meinem Leben dich zu überliefern.

AMINE.

Das hast du getan? Du? Wehmütig. Nein, das ist [125] unmöglich! Du lügst – und das mußt du nicht, Amine hat noch nie gelogen.

EDUARD.
Oh, hättest du es getan, so wären wir beide glücklicher!
AMINE.

Wirklich? nun, so will ich das in Zukunft wieder gutmachen und mir recht viele Mühe geben, es zu lernen, wenn ich nur weiß, daß dich das glücklich macht.

EDUARD.

Zu spät, ich kann nicht mehr zurück. Amine, du mußt mir folgen. Ich habe diesen Schwur geleistet, bevor ich dich noch kannte. Wenn ich dich dem Zauberkönige nicht überliefere, so stürzt der Augenblick, in dem ich diesen Entschluß fasse, mich tot zu deinen Füßen nieder.

AMINE.

Schrecklich! Schrecklich! Ach, warum hast du mich nicht den Wellen überlassen? Jetzt vielleicht schon wär ein ewger Friede in Amines Brust. Doch ich sehe das Entsetzliche deiner Lage ein und füge mich meinem unerbittlichen Geschicke, das von Kindheit an mich schon so hart verfolgt. Hier ist meine Hand, führe mich zu dem Zauberkönig.

EDUARD.
Treffliches Mädchen!
FLORIAN
der sich während der ganzen Szene zurückgezogen hatte und ganz ruhig war, kommt vor.

O mein lieber gnädiger Herr, ich halts nimmer länger aus! Überliefern S' mich dem Zauberkönig statt ihr, und geben S' ihm halt ein paar hundert Gulden auf, oder noch was: unser alter Herr war ja alleweil ein gscheidter Mann, und voller Zauberei war er auch, vielleicht kann der uns helfen? Machen S' ein Beschwörung, kitzeln wir ihn wo heraus bei einem Loch, wie einen Grillen, daß er uns einen guten Rat gibt.

EDUARD.

Ja, du hast Recht, Florian, diesen Gedanken hat dir ein wohlwollender Geist eingehaucht. Höre mich, Vater, wenn du die Stimme deines Sohnes noch erkennest, steig herauf zu mir und rette mich von meiner Verzweiflung. Vater, Vater, höre mich! Es donnert. Freude, Amine, er hat mich gehört, er kommt!

19. Auftritt
[126] Neunzehnter Auftritt
Zephises kommt aus der mittleren Versenkung in seinem vorigen Geisterkleide. Vorige.

EDUARD.
Geist meines Vaters, rate deinem unglücklichen Sohne – was soll ich beginnen?
ZEPHISES
mit ernster Miene.
Ich bin dein Vater Zephises und habe dir nichts zu sagen als dieses. Verschwindet wieder.
EDUARD
spricht langsam.
Er ist mein Vater Zephises –
FLORIAN.
Und hat uns nichts zu sagen als dieses. Nun, das können wir ja tun, riskiern tun wir nichts dabei.
EDUARD
rasend.

Treibt die Hölle ihren Spott mit mir? Wohlan, geendet sei das Spiel. Longimanus, ich löse dir mein Wort. Schrecklicher Donnerstreich. Die Bühne verwandelt sich in eine Felsengegend, in der Mitte erhebt sich der Vulkan, Lava strömt aus dem Krater, fließt über den Berg und bildet um den Fuß einen feurigen See. Alle Elemente sind in Aufruhr. Musik. Wo bist du, Opfer meiner Verzweiflung? Amine!

AMINE.
Himmel, welch ein fürchterlicher Anblick!
EDUARD.
Mir ist er es nicht, ich bin mir selbst das Entsetzlichste. Geisterkönig, ich rufe dich, erscheine!

Heftiger Donnerstreich, auf welchen eine totale Stille folgt, – und unter sanfter Musik verwandelt sich die Szene, die Kulissenfelsen werden grüne Hügel, mit Blumen besät, der Vesuv wird ein grünender Berg, der statt der Lava farbige Blumen auswirft, die man auch statt den Streifen der Lava sich herabwinden sieht. Das Lavameer wird ein Silbersee. Endlich springen aus dem Krater des Berges sechs feuerfarb angezogene Geister, die einen Grotesktanz ausführen.
20. Auftritt
Zwanzigster Auftritt
Der Geisterkönig erscheint mit Gefolge. Vorige.

LONGIMANUS.

Nun, bin ich ein galanter Kerl, oder nicht? Du hast glaubt, ich werd meine Braut mit Donner und Blitz empfangen? Nein! Narren hats geregnet, Blumen sind da!

EDUARD.
Seine Braut?
AMINE.
Himmel!
[127]
LONGIMANUS.
Du hast also doch eine gfunden? Siehst dus, wann ich was sag! – Was für eine Landsmännin?
AMINE
furchtsam.
Eine Engländerin.
LONGIMANUS.

Also ein Wasserkind. Bravo! Nun also? die Sache ist in Ordnung, nicht wahr? Zu den Feuergeistern. Führt sie hinein.

EDUARD
für sich.

Nein, diese Qual ist zu groß.Laut. Halt! Longimanus, du darfst sie mir nicht entreißen! Laßt sie hier!

LONGIMANUS
macht große Augen und erstarret fast vor Zorn.
Was ist das für ein Diskurs? Strenge. Den Augenblick hinein mit ihr.

Die Feuergeister führen sie fort.
EDUARD.
Kehrt zurück oder – Er will nach.
LONGIMANUS
winkt: Donnerschlag.

Gewitterwolken fallen vor, aus welchen fliegende Ungeheuer Eduard entgegengrinsen. Sein schon da. Was ist denn das? Was unterstehst denn du dich? drohen? du Bursch, du hergelaufener, oder hergeflogener! Wie er gekommen ist, hat er schon ein Geschrei gehabt, daß ich ihn bis ins dritte Zimmer hinein ghört hab, und jetzt untersteht er sich gar und begehrt ordentlich auf mit, mir. Ah, da muß ich bitten!Scharf. Red, was willst?

EDUARD.
Gnade, Longimanus! Fällt auf ein Knie.
LONGIMANUS.

Und Longimanus sagt er nur in der Geschwindigkeit so zu mir, als wenn wir schon hundert Jahr bekannt wären.

EDUARD.

Verzeihung, mächtiger Geisterfürst! Ich bin ein Wahnsinniger, ich kann ohne Aminen nicht leben! Habe Mitleid und schenke mir ihre Hand.

LONGIMANUS.

Untersteh dich nicht, ein Wort mehr zu sagen! Jetzt schauts ihn an, macht der auf einmal einen Ernsthaftigen. Dreht die geöffnete Hand. Ein Wahnsinniger ist er? Geh, geh, geh, geh, du Spaßiger! Was du begehrt hast, wirst erhalten. Du hast dir Reichtum gewünscht, du wirst ihn finden. Du kriegst den Diamant und ich das Mädel, so hat ein jeder seinen Schatz.

EDUARD.

O Zauberfürst, nimm alle deine Schätze zurück, ich will sie nicht, ich verlange sie nicht, gib mir Aminens Hand, und ich will auf alles verzichten.

[128]
LONGIMANUS.

Jetzt fangt er gar zum Handeln mit mir an, als ob wir auf dem Judenplatz wären. Was mir ausgemacht haben, dabei bleibts, du bekommst die diamantene Statue, und sonst nichts, und damit du gschwind nach Haus kommst, so werd ich kutschieren. Allons! Winkt. Die Wolken erheben sich, und es präsentiert sich Zephisens Zaubersaal mit den sechs Statuen. Auf dem roten Postament, worauf jetzt das transparente Wort: Diamant geschrieben ist, steht Amine im rosafarben Kleide mit einem reich mit Flittern gestickten Schleier, der ihr Gesicht nicht verhüllt, sondern im hübschen Faltenwurf um den ganzen Körper fließt, ihre Figur muß sehr grell beleuchtet sein. Da ist sie, ich übergib sie dir. Wir sind quitt.

EDUARD
ohne hinzusehen.
Ist sie mein Eigentum?
LONGIMANUS.
Ja!
EDUARD.

So will ich sie vernichten, denn sie ist die Ursache meiner Verzweiflung, ich will sie nicht haben, ich zerschlage sie! Eilt mit Wut gegen die Statue.

AMINE
steigt von dem Gestelle und sinkt in seine Arme.
Eduard, ich bin dein!
EDUARD.
Amine, meine Amine!
FLORIAN.
Schau, er mag sie nicht zerschlagen.
EDUARD
stürzt feurig zu Longimanus' Füßen.
Herr, wie soll ich dir danken?
LONGIMANUS.

Ja, jetzt! Gelt, ich hab dich erwischt, du Tausendsapperment! Ich hab dich nur auf die Prob gstellt, wenn dir das Geld lieber gwesen wär als sie, hättest du sie in deinem Leben nicht bekommen. Da hast du s' jetzt. Ein Weib, wie die sein wird, ist der schönste Diamant, den ich dir geben hab können.

FLORIAN.
Vivat! Jetzt hol ich meine Mariandl.

Will ab.
21. Auftritt
[129] Einundzwanzigster Auftritt
Kolibri. Mariandl. Nachbarsleute. Vorige.

KOLIBRI.
Da bring ich Gäste zur Hochzeit.
EDUARD.
Kommt, Freunde, nehmt teil an meiner Freude.
MARIANDL.
Florian!
FLORIAN.
Mariandl, du bist mein! Du bist zwar kein Diamant, aber – wo bist her?
MARIANDL.
Aus Prag.
FLORIAN.
Bist ein böhmischer Stein.
LONGIMANUS.

Und damit wir einen Tanz bei der Hochzeit haben, so sollen Auf die Statuen deutend. die ein wenig herumspringen.


Die sechs Statuen steigen von den Postamenten und tanzen unter dem Ritornell.
Schlußgesang
Beginnt mit Tanz, dann.
MARIANDL.
Der kleine Liebesgott –
FLORIAN
singt alles nach.
Der kleine Liebesgott –
MARIANDL.
Treibt mit uns allen Spott –
FLORIAN.
Treibt mit uns allen Spott –
MARIANDL.
Kaum trifft er uns ins Herz –
FLORIAN.
Kaum trifft er uns ins Herz –
MARIANDL.
So fliegt der kleine Schelm davon.
FLORIAN.
Er fliegt davon.
CHOR.
Der kleine Liebesgott
Treibt mit uns allen Spott,
Kaum trifft er uns ins Herz,
So fliegt der kleine Schelm davon,
Er fliegt davon.
MARIANDL.
Die allerschönste Sach –
FLORIAN.
Die allerschönste Sach –
MARIANDL.
Sprichst du denn alles nach?
[130]
FLORIAN.
Sprichst du denn alles nach?
MARIANDL.
So hör doch einmal auf!
FLORIAN.
So hör doch einmal auf!
MARIANDL.
Du dummer, dummer Tölpel du!
FLORIAN.
Du Tölpel du!
CHOR.
Die allerschönste Sach –
Spricht er denn alles nach?
So hör doch einmal auf,
Du dummer, dummer Tölpel du!
Du Tölpel du!

Zwischentanz. Gruppe.
MARIANDL.
Bin ich nur Frau hernach –
FLORIAN.
Bin ich nur Frau hernach –
MARIANDL.
Dann sprichst du gwiß nicht nach –
FLORIAN.
Dann sprichst du gwiß nicht nach –
MARIANDL.
Ich red den ganzen Tag –
FLORIAN.
Ich red den ganzen Tag –
MARIANDL.
Und du verhältst dich mäuschenstill.
FLORIAN.
Ja mäuschenstill!
CHOR.
Ist sie nur Frau hernach,
Dann spricht er gwiß nicht nach,
Sie redt den ganzen Tag,
Und er verhält sich mäuschenstill,
Ja mäuschenstill!
FLORIAN.
Drum bitt ich nur geschwind –
MARIANDL.
Drum bitt ich nur geschwind –
FLORIAN.
Wenn Sies zufrieden sind –
MARIANDL.
Wenn Sies zufrieden sind –
FLORIAN.
Wir machen jetzt ein End –
MARIANDL.
Wir machen jetzt ein End –
FLORIAN.
So bleibt ihr doch das letzte Wort.
MARIANDL.
Das letzte Wort.
[131]
CHOR.
Drum bitt ich nur geschwind,
Wenn Sies zufrieden sind,
Wir machen jetzt ein End,
So bleibt ihr doch das letzte Wort,
Das letzte Wort.

Tanz. Am Schlüsse gruppiert sich alles. Die Statuen besteigen wieder die Postamente, Amine auf dem mittleren, Eduard kniet vor ihr Longimanus steht
auf der anderen Seite. Florian kniet vor Marianne. Die Nachbarn gruppieren sich mit freudigem Erstaunen.
Der Vorhang fällt.
Ende.

Notes
Entstanden Herbst 1824. Erstdruck in: »F. Raimund: Sämtliche dramatische und poetische Werke«, erster Band, Wien (Rohrmann und Schweigert), 1837. Uraufführung am 17.12.1824, Theater in der Leopoldstadt, Wien.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Raimund, Ferdinand. Der Diamant des Geisterkönigs. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-8BBF-9