Auff eben denselben

B.N.


Wie artig trifft der mensch doch mit den blumen ein/
Die heute prächtig stehn und morgen doch verschwinden!
Da lust und traurigkeit in stetem wechsel seyn/
Und sich die farben nur auff kurtze zeit verbinden.
Was arbeit kost es nicht/ eh man das dürre feld
Kan zu der nutzbarkeit der blumen tüchtig machen?
Was mühe steht es nicht/ eh wir die blinde welt
Und ihre phantasey recht wissen auszulachen?
Und wenn die blumen nun in vollem purpur stehn/
Und hier die lilien/ dort silberne narcissen/
Und da die tulipen mit samen schwanger gehn/
So wird die gantze pracht durch wind und sturm zerrissen:
So wenn wir kaum den schaum der erden angeblickt/
Und erst die balsam-krafft der bücher angerochen/
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So wird uns durch den tod der kluge kopff verrückt/
Und unser leben so wie blumen abgebrochen.
Drüm zieht ihr traurigen die müden thränen ein/
Weil unser wesen doch nicht eher kan bestehen/
Als biß wir endlich auch wie dürre blätter seyn/
Und unsre glieder so wie blumen untergehen.
Der todte tritt nunmehr in himmels-garten ein/
Und wie die blumen sich verdoppeln in der erden;
So wird er/ weil er nicht kan irrdisch fruchtbar seyn/
Im himmel allererst zur vollen blume werden.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Neukirch, Benjamin. Auff eben denselben. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-60E3-2