Bittgedicht an Heinrich Reichsgraf von Brühl

Ach! Hochgebohrner Brühl!
hilfft denn kein Bitten nicht?
Und ist denn gar kein Mensch der vor mein Elend spricht?
Was soll ich Arme thun? Soll denn des Müllers wegen
Mein Recht gekräncket seyn? Kann Dich mein Jammer regen?
Ist denn mein Hab und Guth desswegen nicht mehr mein,
Weil es der Müller will? Es jammert einen Stein
Und gleichwohl kan mein Leid doch keine Hertzen rühren
Ach lass Dir dissmahl doch mein Recht zu Hertzen führen
Es sieht das gantze Land alleine nur auf Dich
Mein Recht ist offenbahr, und dennoch soll ich mich
Davon verstossen sehn. Ach! lass Dich doch erbitten
Ich habe ohne Schuld ja schon genug gelitten,
Den Schaden thut mir ja kein Mensch nicht wieder gut
Ich zittre, HErr! davor, und diss mein redlich Blut
Das muss vor Hertzeleid in meinen Adern wallen
Und durch die Augen gehn. Lass nur diss Wort erschallen
Dass ich auf meinen Platz mein Brod behalten kan
Und gieb dem Rath Befehl, es geht ja sonst nicht an.
Weiss denn mein König nicht durch mein vielfältges Klagen
Was mir mit Recht gehört? Du kannst es Ihm ja sagen
Warum vorziehst Du denn? Es stehet ja bey Dir
Den Vortrag frey zu thun, wir alle sind schon hier
Viel hundert Thaler hab ich albereits verlohren
Der Müller, der nur lügt und sich dazu verschworen
Und fest entschlossen hat: mein Untergang allein
Soll seiner Raserey ein FreudenOpfer seyn
Der hintergehet Dich und will es nur erzwingen
Mich um mein Haab und Guth, doch durch Befehl, zu bringen
Denn wenn ich länger nicht zum Spiel Erlaubniss hab
So bringt er mich gewiss dadurch an Bettelstab,
Ich muss, denn Haab und Guth ist an dem Bau gewendet
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Nichts ist in meiner Hand, wenn sich die Noth nicht endet
So wird mein gantzes Werck zerrissen und zerstört
Wenn Da nicht für mich sprichst, dass mich der König hört.
Ich bitte Dich zuletzt um des Augustus Nahmen,
Um Seinen kalten Leib von dem die Kräffte kahmen
Die Deine Wohlfurth so vollkommen schön gebaut
Dass man Dich itzo noch zu Seinem Ehren schaut.
Ich bitte dem August der lebet und regieret
Und der an seiner Statt den KönigsZepter führet
Dass Er mir gnädig ist, und mir den SchauspielPlatz
Eröffnen lassen mag. Das ist der grösste Schatz
Den ich erhalten kan, ich will mich nur, mit Ehren,
Als wie ein Unterthan zur Nothdurfft drauf ernehren.
Augustus Nahmen, den Er mir, als König, schrieb
Wird, Hochgebohrner Herr, Dir doch gewiss mehr lieb
Als wie der Müller seyn. Vergieb mir meine Klagen
Ich weiss Dir warlich nun nichts kläglichers zu sagen.
Verzeihe wenn die Noth Gesetz und Eisen bricht.
Sind meine Worte schlecht, vorwirff sie darum nicht
Ich werde Lebenslang Dich ehrerbiethigst ehren
Und Deinen hohen Ruhm, in Demuth, auch vermehren.

Hochgebohrner Herr!
Ew. Hochgebohrn: Excell:

demüthige

Friderica Carolina Neuberin,

Principalin der deutschen Comoedianten


Leipzig
d. 17. Mäy
1734.
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Nimm Hochgebohrner Brühl!
von mir diss leichte Blat
Das leyder! nichts als schon bekanten Inhalt hat
Ich zittre dass ich Dich so sehr damit muss plagen,
Allein was soll ich thun? Ich muss mein Elend klagen.
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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Neuber, Friederike Caroline. Gedichte. Bitt- und Glückwunschgedichte. Bittgedicht an Heinrich Reichsgraf von Brühl. Bittgedicht an Heinrich Reichsgraf von Brühl. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5FDA-C