[Bittgedicht an die Maria Josepha, Königin von Polen]

Josepha Königin
aus Kayserlichen Bluthe,
Dein Nahme Standt und Stamm macht Deiner schlechsten Magd
noch Hofnung, daß man sie von ihren Haab und Guthe,
nicht ohne ihre Schuld aus Deinem Lande jagt.
Ein Joseph ließe dort ein ganz Egypten speißen
als Herr in diesen Land gab er den frembden Brod,
wenn seine Brüder auch im Mangel zu ihm reißen,
so scheints, als will er nicht und hilfst doch ihrer Noth
es bricht sein mildes Herz, ihm jammern seine Brüder,
wenn unterdeßen gleich ihr Herze furchtsam klagt:
Der Mann sprach hart mit uns! sie kommen dennoch wieder,
wenn sie die Hofnung führt da sie ein Mangel plagt.
Daß Gott mit Joseph war, und alles was er thate
von Gottes Weißheit auch sein Glück und Recht erhielt,
zeigt, als er dazumahl bey seynem König bathe
für böße Brüder die das Bruder Recht verspiehlt
und voller Boßheit sich an ihm versündigt hatten,
der König doch Befehl sie zu versorgen gab;
des weißen Josephs Spruch kahm ihnen wohl zustatten
man nahm von ihnen gleich ihr hart Verbrechen ab;
Man sorgte für ihr Brod, man ließ sie redlich leben,
ein milder Joseph dem sein reines Herze brach
hat ihnen statt der Straf großmüthiglich vergeben.
Josepha Königin! ach sprich dem Joseph nach!
Dein hoher Nahme ist vom Kayser Joseph kommen,
durch dessen Hohe Krafft Dich Deine Weißheit ziert
von deßen Hoheit auch Dein Wohlseyn zugenommen,
daß iezt Dein Hoher Wehrt ein Land ein Reich regiert;
[150]
Du sprichst Dein Hohes Wort für keine solchen Sünder
wie dorten Joseph that, nein! aus Gerechtigkeit
sprichst Du Lands Mütterlich für so viel Landes Kinder
die alle redlich sind. Rührt Dich mein Herzeleid,
rührt Dich mein wahrer Schmerz mit unumschranckter Gnade
mit einen milden Geist der die bedrängten hört?
so hinderst Du daß man mir also schade
daß unser redlich Werck mit Jammer wird zerstöhrt.
Ach! soltest Du nur erst der Sachen Umstand wißen
Ach! wäre Dir nur erst das ganze Werck bekannt,
Du würdest uns gewiß in Deine gnade schließen
Du ließest uns gar nicht aus Deinem treuen Land;
Du nähmst Dich unser an, Du hälffst die Unschuld schüzen
Dein Königliches Herz wär selbst für uns bemüht,
war Dir es nur bekannt was wir dem Lande nüzen,
wie unser Schauplaz Schand und leere Poßen flieht;
mit was für Ehrfurcht wir uns ordentlich bestreben
zu Deines Landes Ruhm die Kunst recht zu erhöhn
es könt unmöglich seyn Du göntest uns das leben
wir würden ganz gewiß bey Dir in Gnaden stehn;
So sind wir ganz versteckt vor Deinem Hohen Augen,
man macht uns Dir verhaßt, wir sind vielleicht verklagt,
Hier spricht kein Mensch für uns, daß muß zum Zeugniß taugen
wir wären gar nicht wehrt daß man uns Schuz zusagt.
Ach Große Königin sieh uns nur einmahl spiehlen
sieh nur von unsrer Kunst ein Lust ein Trauerspiehl!
Denn wird Dein reiner Geist selbst diese Wahrheit fühlen
und sagen es geschieht den Leuten doch zu viel!
wir wollen alle gern für unsre Kosten kommen,
wir wollen Dir mit nichts verhaßt beschwerlich seyn
da ich zu Deinen Thron die Zuflucht hab genommen,
so sage nicht erzürnt zu meinen Bitten nein!
Du trittst ja keinen Wurm wenn er Dir nichts kan schaden,
Dein Königlicher Fuß zieht sich gewiß zurück,
schenck uns als Würmern doch in Deinen Hohen Gnaden
was Gott und Fleiß uns giebt, durch einen Gnaden Blick!
Laß mich nicht unerhört von Deinem Throne gehen
es kostet Dir ein Wort mehr will ich nicht von Dir
Laß Deine große Gnad uns ihre Würkung sehen,
Du schenckst so vielen Brod, Josepha laß es mir!
Ich will uns nur damit zu Deinem Ruhm ernähren
und weil ich leben kan, mit allergrößten Fleiß
nach meiner Schuldigkeit Dein Hohes Herz verehren.
Sprich noch ein Wort für uns! daß es Dein König weiß;
und da sich über Ihn so viele Menschen freuen
und wir in diesem Fall fast nur die einzgen sind,
die voller Herzeleid bey Ihm um Gnade schreyen
so sprich! Dein Vorspruch gilt; daß ich Genade sind. –
[151]
Wenn Große Königin dieß Blatt zu Deinen Füßen
in tiefster Ehrfurcht fällt, und Dir mein Elend klagt,
so dencke daß die Noth mich recht hat zwingen müssen
denn ohne diese bin ich furchtsam und verzagt.
Bey Deiner Gnade nur ist Hofnung mir zu rathen,
ein Ja ist schon genug; mein Bitte ist gerecht,
Du hilfst ja allen gern, so rett auch mich von Schaden
vergieb mir! Bring ich Dir gleich meine Worte schlecht. –
[605]

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TextGrid Repository (2012). Neuber, Friederike Caroline. Gedichte. Bitt- und Glückwunschgedichte. [Bittgedicht an die Maria Josepha, Königin von Polen]. [Bittgedicht an die Maria Josepha, Königin von Polen]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5FD6-3