Rede,


bei Gelegenheit der Kirchweihe zu ***

gehalten.


In derselben Zeit gingen die Jünger des Leichtsinns in den Garten des Herrn ** Bräuers und arbeiteten fröhlich und vergnügt, bis die Sonne sich hinter die Berge verbarg. Einer aber unter ihnen war, der da sprach: Wahrlich, wahrlich sage ich Euch: der Welten Untergang ist nicht mehr ferne; denn schon sehe ich im Geiste die Häuser im Kreise sich vor mir herumdrehen, und die verheißene Sündfluth wird bald erfolgen. Als sie [199] vom Hause gingen, siehe, da lief ihnen viel Volk nach und staunte; er aber wandte sich um und sprach: Was lauft ihr mir nach –, gehet hin in den Weinberg des Herrn, von dem wir kommen, und saugt den prophetischen Geist in euch, wie wir gethan, und ihr werdet hellsehen in die Zukunft. Amen.


Sei, – schreibt der Apostel Paulus an die Korinther, – sei auf deiner Hut, du Volk des Herrn, und arbeite zeitig in dem Weinberge Christi, auf daß du dir die Anwartschaft in den Himmel erwirbst; und also spreche auch ich zu euch, meine Christen: arbeitet zeitig in dem Weinberg des Herrn und sammelt euch Verdienste – aber wie kann man das? – eine andere Frage! – Doch kurz ist sie beantwortet, nur drei Worte sind es, meine Lieben! aber inhaltsschwere; sie heißen: Beten, Fasten, Almosengeb'n – dies sind die drei Weinberge, die ihr bearbeiten müßt, daher ich also zuerst das Beten, dann aber mein Lieblingsgeschäft, das Almosengeben, betrachten, an's Fasten aber ganz auf die Letzt gedenken werde.

[200]

Vom Beten.

Do hobt's an Groschen, bet's sechs Vaterunser und sechs Ave Maria für mi, weil i a fauli Sau bi und net selba beten mog. Prächti, 6 in 3 kr. geht net, also zu Pfenning gemacht – 6 in 12 geht zweimal – war also für'n Vaterunser zwei Pfennig, und die sechs Ave Maria dazu gerechnet, kommet also das Vaterunser eppes über ein Pfennig – a schöni Wirthschaft, so handelt's ös mit unserm Herrgott – geh, zohlt's 'n glei gor wie an jeden Hausknecht, wenn er enk a G'fälligkeit thut, a halbe Bier – kommt's um a paar Pfenning leichter zu – o ös Tausatsaframents-Lumpen, wos habt's ös für an Begriff von der Anbetung Gottes! Do hob'n die Kerl Rosakränz, daß bei der ganzen Steuervermessung im Königreich Bayern koan Feldmesser a größri Messketten hot, und wenn's nacha den runter-g'rissen hob'n, und hobn a so neunzgmal gegri, und nomal gegri und allemal gegri seistes Maria g'schrien, daß'n Zipf krieg'n möchten, damit ma's 'nafhört; wo d'Sternputzen ihna auf d'Nosen runter sch** – no hobn's ihr Schuldigkeit thon, itzt [201] Herr und Vater: itzt host dein Traktament; – dafür bist aber so gut und schickst den so viel 1000 fl. in der Lotterie, als er Paterln in seiner Meßketten hot, damit er der Lump no größer wird; den schickst a schöns Wetter, weil er gern morg'n auf'n Gertfinga Kirta fahren möcht; den dritten schickst an Regen u.s.w. Sie san a net faul und schlog'n anander glei mit'n Kreuz, dös an Rosenkranz hängt, recht in d'Votzen nein, quasi wie mit an Votzring, wenn d'Lumpen raufa af'n Kreuzweg und dergleichen Unfug mehr. So ist das wahre Beten – o meine Leut, o meine Leut, was habt's ös für a Beten! Wie oft hob i enk schon g'sagt, daß darin die wahre Anbetung Gottes nicht besteht, wenn ma unsern Herrn d'Vaterunser ausmeßt und austhoalt, als wie enkern Knechten d'Kücheln in der Erntezeit, wo jeda schon sein b'stimmte Zahl hot und net mehr und net weniger. – Schaut's, wir hob'n ja so viele und schöne Betbücher; wenn's ja so dumm seids, wos i enk ja recht gern glab'n will, und könnt's von enk selba koan ordentlis Gebet z'sammbringa, so kaft's enk a solches Gebetbuch, und lest sis mit an Andacht.

[202] So viel von der Anbetung Gottes, und itzt non a Bißl wos von die Heilinga. Wie oft hob i enk net schon g'sagt, die Heilinga bet't ma net on, sondern ma verehrt's nur – aber 's nutzt nichts, da hob'n sie schon ihre g'wissen Heiligen, als wie Bettelstudenten, den ma Kosttäg gibt – und so kriegt denn z.B. der heili Florian als Feuerspritzen- und Kübeldirektor alle Tag sein magers Vateruuserl, dafür aba mußa allweil kritlisch am Hausgibl drobn sitzen, damit, wenn herunt aus Liederlichkeit und Lumperei a Feuer auskommt, er glei mit seinen Kübeln recht höllisch dreinpfeffert und löscht. So der heili Sebastian, der is a ihr Pest-und Pestilenzverwalter; der kriegt a alli Tog sein raunzis Vaterunserl, damit, wenn a so a Sau mit Fressen und Saufen sein Mog'n ong'stopft hot, derselbe mit'n Schubkarrn quasi hint nein fahrt und den Dreck all'n rauskarrlt, und die valegn Waar, die d'Säu schon seit Johr und Tog durch Fraß und Füllerei drin hobn in ihren Ranzen, damit s'mehr afs neue ihr Saulebn fortführn könna. – Ja dös war mir a Verehrung; i hob Respekt vor der heilign Aplonia, wenn sie si den Zahn mit a glühenden Zanga hot ausreißen lassen –[203] damals war die Chirurgie non net auf den Standpunkt wie jetzt – mir is recht, wenn der heili Crispinus an Lederer sechs Leder g'stohln hat, und 'n arma Leut'n Schuh draus g'macht – thut's itzt oana? – dortmals hat's bayrische Strafg'setzbuch no net existirt – i hob Respekt vor die 11,000 Jungfrauen, denn i wüßt mas heut zu Tag nimma z'samma z'bringa, wenn i's ganz Land durchwandert – oba auf di Art, onbeten wie ös – gelts, itzt laßt wieda an heiligen Wendelin beim Bildhauer macha – für wos i a gut – is der alte non glück gut, wenn ma hint ausputzet, und laßt'n a frische Nosen onsetzen – kaft's enk dafür an heiliga Geist, kommt enk net so hoch und habt's doch wos Gscheid's weil itzt doch Pfingsten bald kommt; net daß i allemal an Schulmaster sein Pfifferling hobn muß, der schon fast koane Federn mehr in 'n Schwanz hot – wenn i Predi halt in Pfingstsonntag – also von der Verehrung der Heilinga nur so viel non, daß man sich auf die Art, wie sis ös verehrt, kein Brucken in den Himmel – apropo! da fällt ma just wos ein: wenn bis Samsta acht Tog der Steg übern Sauweiher net g'macht is, und es geht ma wieder [204] wie'n letzten Sunta, wo i sammt'n Meßner bald eini g'falln wär, so gebt's Acht, no geh i selba auf's Landgericht, – er wird g'wiß bald g'macht, ich woaß g'wiß – also nun wieder zu mein Vortrag zu kommen – damit baut's ös enk koan Brucken in Himmel, dös sag i enk schon; mog itzt nix mehr z'thuon hob'n mit di Heiligen; i hob's enk g'sagt, wie mas verehrt, und geh daher zu mein zweiten Theil des Vortrages zum


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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Müller, Karl Theodor. Vom Beten. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-5576-F