Die Helden des Dampfes

Die Helden des Dampfes

(Mit hoher Wahrscheinlichkeit von Karl May verfaßt). In: Schacht und Hütte. Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für Berg- Hütten- und Maschinenarbeiter. 1. Jg. Nr. 2. S. 14–15. – Dresden: H.G. Münchmeyer (1875). Reprint in: Karl May (Hrsg.): Schacht und Hütte. Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für Berg- Hütten- und Maschinenarbeiter. Mit einer Einführung von Klaus Hoffmann. Hildesheim, New York: Olms Presse 1979.

[14] Die Helden des Dampfes

Wie bei fast jeder andern großen Erfindung geschehen ist, hat man auch die Geschichte der Dampfmaschine möglichst weit in das graue Alterthum hinaufzurücken gesucht. Man braucht zwar nicht gerade den Staub der Bibliotheken aufzuwühlen und in vergilbten und zerfressenen Pergamenten herum zu suchen, um zu der Ueberzeugung zu gelangen, daß die alten Griechen und Römer den Dampf ebenso gut gekannt haben wie wir; aber von einer Wahrnehmung, welche Jeder am Kochfeuer des Heerdes machen kann bis zur Regulirung und Ausbeutung dieser gewaltigen Kraft in der heutigen Dampfmaschine ist ein sehr weiter Weg, welchen zurückzulegen lange Jahrhunderte erforderlich waren.

Die erste Idee zu einer Dampfmaschine könnte man gewissermaßen dem griechischen MathematikerHeron von Alexandrien, welcher 130 Jahre vor Christi Geburt lebte, zusprechen. Er construirte eine hohle Metallkugel, welche theilweise mit Wasser gefüllt und, nachdem dies durch die Wärme des Feuers in Dampf verwandelt worden war, durch die Rückwirkung beim Ausströmen desselben in Bewegung gesetzt wurde. Trotzdem damals mehrere ähnliche Curiositäten auftauchten, welche auf die Wirkung des Dampfes fußten, bedurfte es doch großer Geister wie Galilei, Toricelli u.A., welche die Finsterniß durchbrachen, das Wesen und die Eigenschaften der athmosphärischen Luft in den Bereich ihrer Forschung zogen und somit auch eine genaue Einsicht in die Natur und Wirkungsweise des Dampfes vorbereiteten.

Zwar hat man geglaubt, daß die Maschine, womit am 17. Juni 1543 der spanische SchiffscapitainBlasco de Garay im Hafen von Barcelona vor Kaiser Karl V. ein Schiff ohne Ruder in Bewegung gesetzt habe, auf Herons Prinzip gegründet sei; aber Andere haben über die wirkliche Existenz eines derartigen Schiffes sehr gegründete Zweifel erhoben.

Erst Salomon de Caus, Ingenieur und Architekt des Königs Ludwig XIII. von Frankreich sprach sich 1615 bestimmt und mit Sachkenntniß darüber aus, wie man sich der Expansivkraft des Wasserdampfes bei Construktion einer hydraulischen Maschine zu bedienen habe. Aber wenn er auch in seinem Buche den Satz aufstellt: »Das Wasser kann mit Hilfe des Dampfes über sein Niveau steigen,« so kann dieses Wort doch unmöglich Veranlassung geben, ihn mit solchem Aplomp, wie er von Bailles und selbst dem berühmtem Arago angewendet wurde, als den Erfinder der Dampfmaschine anzuführen.

Dasselbe gilt auch von dem Italiener Giovann Branca, welcher in einem von ihm herausgegebenen Werke von einer mit Wasser gefüllten Kugel redet, welche zur Erzeugung des Dampfes dient und mit Hilfe deren ein Rädchen in Bewegung gesetzt wird. Ebenso muß dem von den Engländern so oft genannten Sommerfett, Marquis von Worchester, das Erfinderrecht abgesprochen werden. Zwar steht zu vermuthen, daß er das Modell einer von ihm entworfenen Maschine angefertigt habe; aber die versprochenen Abbildungen derselben sind nie erschienen.

Indessen hatte der Magdeburger BürgermeisterOtto von Guerike 1654 die Luftpumpe erfunden und die ungeheuere Kraft des Luftdruckes nachgewiesen. In Folge dessen regte sich das Verlangen, diese Kraft industriell zu verwerthen; jedoch blieben alle darauf bezüglichen Versuche [14] lange erfolglos, bis endlich Dionys Papin (geboren 1650, gestorben 1710) die Idee zu einem Apparate faßte, welcher an die heutige Kolbendampfmaschine erinnert.

Das Gefäß, worin er seinen Dampf langsam condensirte, war Kessel und Cylinder zugleich, und konnte sich deßhalb unmöglich zu bedeutender Arbeitsleistung eignen. Auch der Apparat des Engländers Savary (1698) zeigte sich wegen seiner riesigen Größe und des enormen Verbrauches an Brennmaterial als unpraktisch, und erst den beiden Engländern Newcome und Cawley ist durch eine Verbindung des Papin'schen und Savary'schen Apparats die Einführung der mit Kolben arbeitenden Dampfmaschinen zu verdanken.

Während dieselben von Verschiedenen verbessert wurden lieferten Fahrenheit, Réaumur undCelsius ihre Thermometer, und Professor Black in Glasgow brachte die für das Dampfmaschinenwesen so nothwendige Lehre von der Wärme und deren Benutzung zur wissenschaftlichen Anschauung. Zu seinen eifrigsten Schülern gehörte auch James Watt, mit dessen Leben wir uns in der nächsten Nummer beschäftigen wollen.

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Die Helden des Dampfes. James Watt

(Mit hoher Wahrscheinlichkeit von Karl May verfaßt). In: Schacht und Hütte. Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für Berg- Hütten- und Maschinenarbeiter. 1. Jg. Nr. 3–4. S. 22–23 u. 30–31. – Dresden: H.G. Münchmeyer (1875). Reprint in: Karl May (Hrsg.): Schacht und Hütte. Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für Berg- Hütten- und Maschinenarbeiter. Mit einer Einführung von Klaus Hoffmann. Hildesheim, New York: Olms Presse 1979.

[22] Die Helden des Dampfes

James Watt

Dem ehrbaren und biederen Blockmaker und Shipchandler (Blockdreher und Schiffslieferant) Watt zu Greenock in Schottland wurde am 19. Januar 1736 ein Söhnlein geboren, welches bestimmt war, auf dem Felde der Industrie sich den Namen eines Helden und einen Kranz reicher Lorbeeren zu erringen.

Der kleine James, zu deutsch Johann, gehörte keineswegs zu den Wunderkindern, welche schon in den ersten Tagen ihres Daseins mit brillirenden Gaben glänzen und dann in Folge geistiger und der davon in gewisser Beziehung abhängigen körperlichen Frühreife das Leben rasch durcheilen und meist in ein frühzeitiges Grab sinken, vielmehr zog er sich durch sein stilles, nachdenkliches Wesen und unablässiges Sinnen den Verdacht zu, ein träger und beschränkter Kopf zu sein. Aber bereits in seinem sechsten Jahre beschäftigte er sich mit den Aufgaben des Euklid, und die ungewöhnlichen Ideen, welche er schon in diesem Alter blicken ließ, zeichneten sich durch scharfe Ein- und klare Uebersicht vortheilhaft aus. Sogar eine kleine Elektrisirmaschine soll er sich in dieser Zeit construirt haben, mit welcher er den Seinen manche Ueberraschung bereitete. Was eben ein Häckchen werden will, das krümmt sich bei Zeiten.

Er war anfangs für eine wissenschaftliche Laufbahn bestimmt; da aber seine Eltern die dazu nöthigen Kosten nicht aufzubringen vermochten, so trat er in eine mechanische Werkstätte ein, welche er im achtzehnten Lebensjahre mir einer Stelle bei dem berühmten Mechaniker Morgan in London vertauschte.

Damals brauchte er zur Reise nach London volle zwölf Tage und ahnte wohl schwerlich, daß man sie später mittelst seiner Erfindung in noch nicht zwölf Stunden zurücklegen werde. –

Nur kurze Zeit später, im Jahre 1758, erhielt er an der Universität Glasgow die Stelle eines Inspektors der Modellsammlung und errichtete, was ihm der damalige Zunftzwang außerhalb des Universitätsgebäudes verwehrte, nun in demselben ein Geschäft als Mechaniker für Maschinenmodelle, Uhren etc.

Durch das Genie, welches er in seinen Arbeiten zeigte, wurde er mit den hervorragendsten Gelehrten bekannt, unter welchen sich auch der später so bekannt gewordene Dr. Robison befand, dessen Einfluß sehr anregend und wohlthätig für Watt wirkte und der ihm auch das Projekt einer Dampfmaschine zum Treiben von Wagen anvertraute. Aus [22] jener Zeit stammt auch das Urtheil eines seiner intimsten Bekannten, welches uns einen Blick auf seinen Charakter und in sein Wesen gestattet.

»Ich wurde,« erzählte er, »durch einige Freunde bei ihm eingeführt und erwartete, einen einfachen Arbeiter in ihm zu sehen. Ich fand auch einen solchen; aber wie sehr fühlte ich mich überrascht, als ich bei näherer Prüfung einen Gelehrten in ihm entdeckte, der, nicht älter als ich, die Fähigkeit besaß, mich über alle Gegenstände der Mechanik und Naturkunde, wonach ich fragte, aufzuklären! Von da an trugen wir jede Schwierigkeit, welche mir oder meinen Gefährten aufstieß, ihm vor, und er war auch stets der Mann, uns aufzuklären; aber für ihn wurde jede solche Frage Veranlassung zu neuem und ernstem Studium, und er ruhte nicht eher, als bis er sich entweder von der Unhaltbarkeit des Gegenstandes überzeugt, oder daraus gemacht hatte, was sich möglicherweise machen ließ. Diese Eigenschaften, verbunden mit der größten Bescheidenheit und Herzensgüte, bewirkten, daß alle seine Bekannten ihm mit eben so großer Liebe und Anhänglichkeit zugethan waren.«

Schon in den Jahren 1762 und 1763 beschäftigte sich Watt anhaltender mit dem Wesen und der Anwendbarkeit des Dampfes; aber erst das darauf folgende Jahr öffnete ihm die Pforte zu der Laufbahn, auf welcher er seinen rund um die Erde schallenden Ruhm erntete.

Es wurde ihm nämlich von dem Professor Andersen das Modell einer Newcome'schen Dampfmaschine für Wasserhebung zur Reparatur anvertraut und er entdeckte daran Fehler, mit deren Abstellung er sich sofort und eingehend beschäftigte. Hierbei kam er auf die hervorragendste seiner Entdeckungen, nämlich die Verdichtung des Dampfes in einem besonderen Gefäße (dem Condensator) zu bewirken, welches vom Dampfcylinder gänzlich geschieden war und mit ihm nur durch eine enge Röhre in Verbindung stand. Hieran reihte sich die anderweite Verbesserung, daß er den Kolben des Dampfcylinders nicht mehr durch die atmosphärische Luft, sondern ebenfalls durch den Druck des Dampfes niedertreiben ließ. Zu diesem Zwecke ließ er den Dampf abwechselnd unter und über dem Kolben eintreten und erzeugte den luftleeren Raum, der hierzu nöthig war, durch seine neue Condensations- (Verdichtungs-) Methode.

Im Jahre 1768 unterstützte ihn ein gewisser Dr.Roebuk, welcher die ausgedehnten Kennealkohlenwerke des Herzogs von Hamilton in Betrieb hatte, mit Geld, so daß es ihm möglich wurde, sein Geschäft aufzugeben und sich als Civilingenieur zu etabliren. Nun, dort in Kennealhouse, brachte er noch in demselben Jahre seine erste Maschine mit einem 18zölligen Dampfcylinder in Gang und wurde 1769 hierfür patentirt.

Roebuk war förmlich mit ihm associrt und sollte zwei Drittel des Reingewinns erhalten. Bald aber trat er in Folge zerrütteter Vermögensverhältnisse freiwillig zurück, und es glückte Watt, in der Person des ehrenwerthen und reichen Matthias Boulton aus Soho bei Birmingham einen Theilnehmer zu finden, welcher, wie man sagt, volle 50,000 Pfund Sterling für das Unternehmen auslegte.

Diesem speculativen Manne gelang es im Jahre 1775, Watts Patent bis auf das Jahr 1800 zu verlängern, und nun begannen die großen Erfolge des Letzteren in Ausführung der zahlreichen Dampfmaschinen, welche aus der Fabrik von Soho hervorgingen.

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[30] Die erste größere Dampfmaschine von 50 Zoll Kolbendurchmesser wurde schon 1776 von der neuen Firma Watt und Boulton für ein großes Wasserpumpwerk in Staffordshire geliefert, 1778 eine ähnliche von 58 Zoll Durchmesser nach Ketley in Shropshire. 1782 folgte die erste Dampfmaschine für die Manchester Baumwollenspinnerei und nach nur wenigen Jahren waren alle Londoner Bierbrauereien mit Watt'schen Dampfmaschinen versehen.

Watt's erste Maschinen waren hauptsächlich zum Heben des Wassers in den Bergwerken bestimmt, weßhalb der Pumpenkolben unmittelbar an der Balanciere gehängt wurde. Die sich hierbei ergebenden Unregelmäßigkeiten wurden dadurch gehoben, daß er die gradlinige Bewegung des Kolbens in einekreisförmige verwandelte und durch Anwendung der Drosselklappe die Dampfmenge regulirte. Ebenso erfand er die doppelt wirkende Dampfmaschine, bei welcher der Kolben nicht nur nieder-, sondern auch in die Höhe getrieben wird, und bekannt ist ja das Watt'sche Parallelogramm, jene sinnreiche Construktion, welche dazu dient, die gradlinige Bewegung des Kolbens zu bewerkstelligen.

Obgleich er in späteren Jahren das von ihm gegründete Geschäft seinem Sohne überließ, gab er doch seine Studien nicht auf, und seine Zeitgenossen verdanken ihm noch vielfache wissenschaftliche Arbeiten, Entdeckungen (Briefcopierpresse) [30] und physikalische Versuche, z.B. über die Dichte, Spannkraft und latente Wärme des Dampfes, über Dampfheizung, chemische Zusammensetzung des Wassers, Bleichen mit Chlor etc., so daß ihn viele gelehrte Gesellschaften zum Mitgliede wählten.

Noch in seinen letzten Lebensjahren hatte er die Freude, große Dampfschiffe, mit seinen Maschinen ausgerüstet, nach allen Weltheilen fahren zu sehen und schloß auf seinem reizenden Landsitze Heathfield bei Birmingham am 25. August 1819 in einem Alter von 84 Jahren seine für die Mit- und Nachwelt unberechenbar wohlthätige Wirksamkeit.

Voll dankbarer Anerkennung errichtete man ihm in der »Ruhmeshalle Englands,« der Westmünsterabtei, eine von Chantrey gearbeitete Bildsäule, deren von Lord Brougham verfaßte Inschrift also lautet:


»Nicht um einen Namen zu verewigen, welcher fortdauern muß, so lange die friedlichen Künste blühen, sondern um zu zeigen, daß die Menschenkinder gelernt haben, Diejenigen zu ehren, welche deren Dankbarkeit im höchsten Grade verdienen. Der König, seine Minister und viele der Edlen und vom Hause der Gemeinen des Reiches errichteten dieses Denkmal


James Watt,


welcher die Kraft eines schöpferischen, in wissenschaftlicher Forschung früh geübten Geistes wandte auf die Verbesserung der Dampfmaschine, dadurch die Hilfsquellen seines Landes erweiterte, die Kraft des Menschen vermehrte und sich zu einem hervorragenden Platz erhob unter den berühmtesten Männern der Wissenschaft und der wahren Wohlthäter der Welt.«

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Die Helden des Dampfes. Robert Fulton

(Mit hoher Wahrscheinlichkeit von Karl May verfaßt). In: Schacht und Hütte. Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für Berg- Hütten- und Maschinenarbeiter. 1. Jg. Nr. 7. S. 53–54. – Dresden: H.G. Münchmeyer (1875). Reprint in: Karl May (Hrsg.): Schacht und Hütte. Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für Berg- Hütten- und Maschinenarbeiter. Mit einer Einführung von Klaus Hoffmann. Hildesheim, New York: Olms Presse 1979.

[53] Die Helden des Dampfes

Robert Fulton

Zu Anfang dieses Jahrhunderts standen sich eines Tages zwei Männer in den Tuillerien gegenüber, von denen der Eine in höchst reservirter Haltung einer beredten Demonstration des Anderen zuhörte, und am Schlusse derselben mit mitleidigem Achselzucken erwiderte:

»Au Vicêtre!«

Der Vicetre, jetzt Staatsgefängniß, diente damals als Irrenhaus, und die beiden Männer waren Napoleon Bounoparte und der Amerikaner Robert Fulton, welcher Ersteren für sein Projekt, Schiffe mit Hilfe des [53] Dampfes zu bewegen, gewinnen wollte. »Au Vicêtre, geh' in's Irrenhaus!« war also die Antwort. Aber als kaum ein Jahrzehnt später der gefangene corsische Löwe an Bord des Northumberland nach St. Helena transportirt wurde, soll er sich jenes Gespräches erinnert und schmerzlich ausgerufen haben:

»Als ich Fulton aus den Tuillerien wieß, habe ich meine Kaiserkrone weggeworfen!«

Robert Fulton war nach Einigen 1768, nach Anderen 1769 zu Little-Britain, Grafschaft Lancaster in Pennsylvanien geboren und sollte Goldschmied werden. Da er in der Lehrzeit ein bedeutendes Talent zum Zeichnen entwickelte, so fand er einige wohlhabende Gönner, mit deren Hilfe er nach London zu seinem Landsmanne, dem berühmten Maler Benjamin West kam, um in dessen Atelier sich in der Kunst desselben auszubilden.

Nach einiger Zeit indeß sah er ein, daß er auf diesem Felde nie etwas Großes werde leisten können und trat deßhalb in eine geschäftliche Verbindung mit dem Mechaniker Ramsey, dem Erfinder des Turbinenbootes. Seine Geschicklichkeit erwarb ihm Ansehen und einflußreiche Bekanntschaften, so daß er bald einen Ruf nach Paris erhielt, um Panoramen einzurichten. Diese Arbeit brachte ihm pecuniäre Mittel, in derem Besitze es ihm leichter wurde, seinen mechanischen Projekten nachzuhängen.

Aus dieser Zeit stammt seine Erfindung einer Marmor- und Polirmühle, einer Seilermaschine wie auch des Torpedo, mittelst dessen Schiffe angebohrt und gesprengt werden können. Vorzüglich aber war sein Denken auf die Herstellung eines Schiffes gerichtet, welches mit Hilfe der Dampfmaschine bewegt werden könne.

Schon im Jahre 1803 machte er auf der Seine bei Paris verschiedene Versuche mit einem Dampfboote, dessen Geschwindigkeit freilich nicht zufriedenstellend war, und da die von Napoleon erfochtenen Siege damals das ganze französische Volk berauschten, so fanden seine Bestrebungen überhaupt nicht viel Anklang.

Er ging deßhalb nach England, sah sich aber auch nicht befriedigt und kehrte nach Amerika zurück.

Hier baute er in New-York ein Dampfschiff, welches im Frühjahr 1807 fertig und mit einer Watt'schen Maschine von 20 Pferdekräften versehen wurde. Es hieß »Clermont« und versuchte am 30. Oktober seine erste Fahrt auf dem Hudson zwischen New-York und Albany. Es brauchte sowohl zu der 120 Seemeilen langen Hin- als auch Zurückfahrt allen schlimmen Wahrsagungen zum Trotze nur 32 Stunden und hatte sie ohne Unfall zurückgelegt. Es diente fortan als Passagierboot zwischen den beiden genannten Städten und wurde im nächsten Winter auf 140 Fuß Kiellänge vergrößert. Somit gebührt also Fulton das Verdienst, den Dampf der Schiffahrt dauernd unterthänig gemacht zu haben.

Nach vieler Mühe erlangte er vom Kongresse das alleinige Patent zur Dampfschifffahrt auf den bedeutendsten Flüssen der vereinigten Staaten; doch mußte er das Privilegium für die meisten derselben um geringen Preis verkaufen, da er sich in Geldverlegenheit befand.

Auf Grund seiner Angaben ließ die Regierung nun auch eine Dampffregatte von 32 Kanonen bauen, welche 145 Fuß lang, 55 Fuß breit und mit einem Wasserrade versehen war, welches durch eine Maschine von 120 Pferdekräften in Bewegung gesetzt wurde. Das Schiff hatte zwei Masten, zwei Bugspriete und vier Steuerruder, um ohne Wendung beliebig vor- und rückwärts fahren zu können.

Leider sah er dieses erste Kriegsdampfschiff nicht auf den Wogen schwimmen, sondern starb am 24. Februar 1815 mit Hinterlassung einer Schuldenlast von mehr als 100,000 Dollars. Seine Kinder wurden in Anerkennung seiner Verdienste vom Staate mit einer klingenden Dotation bedacht.

»Au Vicêtre, ins Irrenhaus mit ihm!« – Wie oft mag der Blick des entthronten Kaisers über die weite Fläche der nie ruhenden See geschweift sein, und wenn dann mit jedem anlegenden Schiffe ein neues Zeugniß von Englands Seemacht vor seinem Auge auf den Wogen schaukelte und die Gespenster von Abukir und Trafalgar in seiner Erinnerung auftauchten, so hat er wohl auch denken müssen an Robert Fulton, dessen Erfindung es ihm allein ermöglicht hätte, England, seinen ärgsten Feind, zu demüthigen.

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TextGrid Repository (2012). May, Karl. Aufsätze, Reden, offene Briefe und Sonstiges. Die Helden des Dampfes. Die Helden des Dampfes. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0004-3102-D