Die glükliche Reise.

Herr von Ehrenwerth bemerkte, daß seine geliebte Braut Louise von Blum bey der förmlichen Unterschreibung ihres Ehevertrags durch die Menge der Verwandten und Zeugen etwas unruhig und niedergeschlagen wurde. Er wünschte sie zu zerstreuen, und hofte, daß ein Spaziergang in dem Garten ihres Herrn Vaters die beste Würkung thun würde. Es freute sie würklich sehr, in die freye Luft und von niederdrückenden Komplimenten wegzukommen. Doch gieng sie an dem Arm ihres würdigen Bräutigams in Nachdenken versenkt, durch einen bedekten Laubgang, gegen die Seite des Gartens, von wo man die Anlage eines angränzenden neuen Hauses und Englischer Anpflanzungen sehen konnte. Sie bemerkten durch die Hecke den Gärtner und Baumeister vor einem Tisch, auf welchem die Zeichnungen ihrer vereinigten Künste lagen, und hörten dabey, daß sie sich schon im Geist freuten, wie viele Ehre sie von der guten Ausführung des schönen Plans haben würden. Der Gärtner fragte den Baumeister;


[118] Wie lange Zeit haben Sie nöthig um das Haus in seiner ganzen Zierde wohnbar herzustellen?


Da mögen beynah drey Jahre umgehen, denn ich möchte alles vollkommen haben.

Der Gärtner erwiederte mit Munterkeit, daß ihn dieses sehr freue, weil er hoffe, daß alsdann alles Gesträuche blühend seyn würde.

Louise hatte mit Vergnügen zugehört: ihr schönes Aug sah bald nach den Blättern der Zeichnung auf dem Tische, bald nach dem Platz des neuen Hauses und Gartens. Ehrenwerth aber heftete seine Blicke auf sie, drükte endlich ihre Hand an seine Brust, indem er zugleich ausdrucksvoll sagte:


Theure Louise!

Der Ton machte sie aufmerksam nach ihm sehen; alle Züge von seinem Gesicht schienen ihr bedeutend, noch mehr da er ihr nur schweigend winkte, daß sie nach der Ruhebank gehen wollten, von welcher man, weil sie etwas erhöht war, alles übersehen konnte: sie machte zugleich das End des Blumischen Garten mitten unter sich wölbenden Aesten alter Linden; die schüchterne Braut war über diese Art von Ernst etwas ängstlich, denn sie bemerkte, daß ihr Geliebter bey Annäherung zu der Bank auch einen bedeutenden Blick auf die alte Bäume und den rückwärts [119] liegenden Garten warf, dann aber einige Zeit nachdenkend auf die Arbeiten des neuen Stückes schaute: Er hatte sich schweigend gesezt, wandte sich aber gegen die ihn mit den Sorgen der Liebe beobachtende Louise, welche in einem sanften auf ihn sich heftenden Blick zu fragen schien:


Lieber! was ist in deiner Seele?

Er verstand diese stille Frage, faßte ihre Hand zwischen seine zwey Hände:


Vergeben Sie, mein Engel! daß ich Ihnen mit den so sichtbaren Bewegungen meiner Seele, eine Art von Unruhe gegeben habe, und erlauben Sie mir, Ihnen die Ursache zu sagen. Ihr Geist war von dem Geräusch der Gesellschaft und den Ceremonien niedergedrükt: ich führte Sie zu Ihrer Erholung hieher, Sie giengen so gerne mit, und schienen so dankbar für die Erleichterung zu seyn, welche ich Ihrem sanften Herzen gegeben hatte, daß schon diese Bemerkung auf mich würkte, und den innigen Wunsch in mir erregte, daß ich doch, da Sie mit so vollem Vertrauen aus dem väterlichen Hause mir folgen, immer im Stand seyn möge, jeden Kummer, und jedes Mißvergnügen von Ihnen zu entfernen, wie ich es heute thun konnte.

[120] Louise fühlte, daß die Erklärung des Stillschweigens ihres Geliebten, mehr wahre Zärtlichkeit in sich faßte, als wenn er ihr tausend süsse und schöne Sachen vorgesagt hätte: ihr holdes Lächeln, und das leichte Anschmiegen ihres Arms an den Arm von Ehrenwerth, sagte auch ihm, daß ihre Seele den Werth der Gesinnungen seiner Seele fühle. Er fuhr fort:


Sie denken wohl, daß dieser Wunsch mich bis an das End des Laubengangs beschäftigte, wo wir durch die Stimmen des Gärtners und Baumeisters in unsern stillen Empfindungen unterbrochen wurden. Wir belauschten sie durch die grüne Wand. Der Ernst, mit welchem meine Louise die Bau- und Gartenrisse betrachtete, die Blicke, welche Sie auch von Zeit zu Zeit auf den Grund des Baues warfe, brachte plözlich den Gedanken in mich, daß unser Heurathsvertrag auch ein wahrer Umriß des Baues eines neuen Hauses und Pflanzung einer neuen Familie sey.

Louise bog erröthend ihren Kopf gegen Ehrenwerth hin, und verbarg sich halb an seiner Brust; er umfaßte sie mit einem Arm, und schloß sie in sich –


Seyn Sie ruhig, süsse Liebe! mein Mund wird nie etwas sagen, welches die Reinigkeit ihrer [121] Seele, oder das heilige Band verletzen könnte, mit welchem die Natur und die Gesetze unser Leben und unser Schiksal vereinigen werden. Der Himmel bewahre mich vor der Stunde, in welcher ich Ihnen den Schleyer der Sittsamkeit entreissen, und zugleich das feinste Vergnügen der wahren Liebe zerstören würde! Lassen Sie hier unter dem Schatten der Bäume, die Ihre würdige Voreltern pflanzten, im Anblick des Gartens Ihres väterlichen Hauses, dessen Obst und Gemüse meine Louise ernähren halfe, Ihren Karl einen glüklichen hofnungsvollen Blik auf die Stelle werfen, wo unser Haus und unser Garten stehen wird.

Von diesem Entwurf hatte Louise nichts gewußt – sie sah schnell auf, und fragte mit der Begierde, dieß, was sie gehört hatte, bekräftigt zu wissen.


Unser, mein Lieber?


Ja, meine Beste! denn ich will, daß Ihre Eltern die Zeugen meines Lebens seyn sollen.

Eine Thräne des Danks und der Freude glänzte in Louisens Aug, Ehrenwerth küßte sie auf, und sagte, daß er nun noch etwas wünschen möchte, welches völlig von dem Willen seiner geliebten Louise abhienge –


Was ist dieses, mein Karl! denn gewiß, wenn es in meiner Gewalt ist, so soll es geschehen.


[122] Ich möchte, daß wir bis zu End des Baues einige Reisen machten, und da besonders auf das Bild glüklicher Gatten, Kinder und Unterthanen Achtung gäben, damit wir diese Modelle fremden Bestrebens nach Tugend und Wohlthun mit nach Hause brächten, wie man die Modelle zierlicher Geräthe mit sich bringt.

Louise von Blum zeigte durch eine freudige Einwilligung, wie sehr vieles Vergnügen sie selbst bey diesem Wunsch empfände, und sagte ihm dabey, daß sie ihn bäte, er möge alle Ausgaben des eitlen Putzes, wofür sein väterlich Geld nach Lion oder Paris geschikt werden müßte, allein zu diesem viel edlern Gebrauch bestimmen.

Auch diese Erklärung vermehrte die seelige Aussichten von Ehrenwerth auf glükliche Tage, und er sorgte nun mehr für einen bequemen Reißwagen, und gute Reißkleidung, als für eine Galla-Gutsche, und Staatspuz – denn aller Hochzeitprunk wurde zu Louisens höchstem Vergnügen völlig zurükgestellt, und die Vermälung stille vollzogen, nach welcher sie ihren schönen Reiseplan auszuführen ihren Weg antraten. Italien, Frankreich und Engelland nahmen drey Theile ihrer Abwesenheit hinweg, den vierten widmeten sie Teutschland – überall [123] in Städten, wo die Handwerksleute im Wohlstand zu seyn schienen, und in denen, wo sie kummerhaft aussahen – in Dörfern, wo gut bestellte Aecker, reiche Viehweiden, und wohlgebaute Häuser ihrem menschenfreundlichen Aug Vergnügen gaben, und in denen, wo magere Felder und Kühe, Leimhütten und zerrissenes Gewand sie schmerzten, hielten sie sich auf. Ehrenwerth forschte unter den Männern, und seine Louise bey den Wirthinnen nach. In Orten, wo sie gesunde muntere Kinder sahen, in andern, wo der Anblick hagerer, blasser Gesichter unter der aufwachsenden Jugend ihnen Thränen auspreßte – überall suchten sie den Grund zu erfahren, und Ehrenwerth machte seine Bemerkungen über die Verschiedenheit des Erdbodens, welchen die Leute bewohnten, und der Herrn, welche sie beherrschten. Manche Städte und Länder hatten sie durchreißt, ohne befriedigt zu werden, als der Zufall sie nöthigte, in einem kleinen Dorfe liegen zu bleiben, dessen neue Ziegeldächer durch hohe Obstbäume hervorschimmerten. Sie wunderten sich über die schöne Form des Wirthshauses, welches zwey Stockwerke hoch war, und von beyden Seiten Altanen hatte, die von Linden beschattet wurden; die Zimmer, die Betten und Wirthsleute waren reinlich und artig, die Bauernhäuser hatten was einfach zierliches, und [124] waren immer durch Hof und Garten von einander geschieden. Ehrenwerth fragte: ob das Dorf erst neu angelegt sey?


Ach mein Herr! es mußte wohl neu erbauet werden, nachdem das Feuer alle Strohhütten verbrannt hatte. –


Ihr müßt aber reiche Leute haben, weil alles so schön hergestellt wurde?


Reiche Leute? nein, mein Herr! aber ehrliche, fleißige Leute, und die beste Herrschaft in der Welt dabey –


Wer ist dann eure Herrschaft?

Die Frau von Wahren und ihre Kinder.
Wo wohnen diese?
Da oben, Herr! auf dem kleinen Hügel in dem alten Schlößgen, das Gott ewig seegnen wolle.
Warum habt Ihr eure Herrschaft so lieb?

Hier erhob der Wirth seine Hände und Augen: –


Warum? ach Herr! fragen Sie alle Alte und alle Kinder im Dorfe: warum? – die werden es Ihnen sagen, denn es ist keines darunter, das nicht Gutes genoß: ich will aber nur eins erzählen, weil Sie nach den Häusern fragten. Die Hütten stunden von zweyhundert Jahren her so nah beysammen, [125] daß der Wind die Flamme auf alle verbreitete, und ohngeachtet der Hülfe unserer Nachbarn kein Haus stehen blieb; unser Herr weinte über uns, und tröstete uns. Er hatte von seinem Vater, der kurz verstorben war, alles Holz und alle Steine zu einem neuen Schloß da liegen, die Kalchgruben waren schon angelegt, und die Fundamente halb ausgegraben. – Den Tag nach dem Brand ließ er uns alle in den Hof kommen, gab uns Brod und einen Trunk Wein, der uns recht erquikte. Dann sagte er: Liebe Leute! Gott hat euch eure Wohnung genommen, und mir die meinige erhalten. Ich gebe euch allen Vorrath, der zu meinem neuen Schloß bestimmt war. Ich will mit Freuden aus meinem alten Haus auf eure neue Wohnungen blicken; folgt mir nur darinn, daß immer eure Höfe und Gärten zwischen die Häuser kommen, damit ein neues Unglück nicht so groß werden kann, als das leztere. – Denken Sie, Herr! wie uns war, und wie wir ihm dankten! Sagen Sie, ob wir unsere neue Häuser und das alte Schloß ohne Seegen anblicken können?

[126] Ehrenwerth nahm seine gerührte Gemalin bey der Hand –


Louise! dieß ist eine Herrschaft, wie wir zu sehen wünschten.
Ja, mein Karl! wir wollen sie besuchen und auch segnen.

Der Wirth nikte freundlich nach ihr, und sagte:


Das ist brav, meine schöne junge Dame! recht brav. – Ich will Ihnen auch erzählen, was unsere gnädige Frau that. – Sie gieng in die Stadt, und blieb vier ganzer Tage aus, wir raumten auf, und unser Herr stekte die Plätze zu den neuen Häusern, und machte die Risse, denn er war zu seiner Freud ein grosser Baumeister: unsere Nachbarn schikten Zimmerleute und Maurer genug mit einer freundlichen Brandsteur, von der wir den Arbeitslohn zahlen konnten. Aber unsere liebe gnädige Frau kam mit zwey Schiff voll Hausrath gefahren, den sie in der Stadt zusammen gekauft hatte. Der Herr verwunderte sich selbst darüber, und fragte sie, wo sie das alles her hätte.


Von meinen übrigen Glanzsteinen, sagt sie – mein Hals und mein Kopf können wohl ohne Diamanten seyn, aber unsere gute Leute müssen Hemden und Betten haben.


[127] Unser Herr küßte und drükte sie dafür, und sie sezte dann alle unsere Weibsleute an das Nähen. In der einen grossen Scheune schliefen die Weiber und die Kinder: in den Waschkesseln wurde gekocht, und wir Männer schaften am Bau; der Pfarrer bekam seine Wohnung im Schloß, und weil der alte Herr schon die Schloßkapelle neu und groß gebaut hatte, so sagte der unsere, dieß soll auch die Pfarrkirche seyn, – und ließ nur das Schulhaus auf seine Kosten herstellen, weil an der Kinderzucht so viel gelegen ist: da ward uns allen geholfen, wir waren glüklich, aber unser lieber Herr ist vor zwey Jahren gestorben, und hat uns mit seinen Kindern zu Waisen gemacht.


Lieber Mann! sagte Herr von Ebrenwerth, ich kann ohnmöglich abreisen, ohne eure gnädige Frau zu sehen: könnt ihr wohl die Erlaubnis erhalten, daß ich und meine Gemalin zu ihr kommen? –


O ja! und dann sehen Sie morgen die Johannisweinlese bey dem Schulfest. Das ist recht schön.

Eine Weinlese, guter Freund! in einem Land, wo kein Wein wächst, und dazu im Sommer? –

Ich sagte ja Johanniswein, und Sie werden es morgen sehen. –

[128] Ehrenwerth und seine Gemalin freuten sich über das Irrfahren ihres Gutschers, wodurch sie zu dieser angenehmen Entdeckung gekommen waren. – Er sagte:


Auf diese Art spülte ein Regen die Erde von den schönen böhmischen Granaten weg, welche von einem nachdenkenden Reisenden bemerkt wurden, und seit dem eine neue Quelle des Erwerbs für die Unterthanen, und ein neues Vergnügen des Putzes für die Reiche geworden sind.

Der Wirth war indessen noch auf das Schloß gegangen, und hatte der Frau von Wahren die neue Gäste angezeigt. Es war der edlen Frau immer angenehm, Fremde zu sehen, nicht nur weil sie gastfrey war, sondern auch, weil sie sagte, daß sie Menschen aus entfernten Gegenden bey ihrer Kinderzucht eben so gut benützen könne, als neue Bücher. – Der Gedanke aber, daß Herr von Ehrenwerth sich verirrt habe, erwekte auch ihre Menschenfreundlichkeit, um die Reisende durch ihr gutes Bezeugen schadloß zu halten. Sie gab also dem Wirth einen Bedienten mit, welcher die Fremde auf den andern Tag zum Frühstück und Mittagessen einladen, und dabey ein wenig besehen mußte, indem ihr Geist auch aus der rohen unvollkommnen Beschreibung das [129] wahre Bild herausschimmern sahe. Die Lobrede, welche der Bediente über die Höflichkeit und über die artige Personen des Herrn und Frau von Ehrenwerth hielte, gab ihr die Vorbedeutung, daß es Menschen von feinem Gefühl und Sitten seyn müßten. Sie empfieng auch beyde mit einem so gefälligen Wesen, daß es sie doppelt freute, diese Frau kennen zu lernen. Frau von Wahren kam ihnen aus einem artigen Gartensaal entgegen: sie schien vierzig Jahre zu haben, ihre Bildung, Lächeln, Blick und Geberden waren mit der sanften Würde einer zärtlichen Familienmutter durchdrungen, der Ton ihrer Stimme war der von einer liebenden Seele; Ehrenwerth küßte ihre Hand mit dem Gefühl eines edlen Mannes, welcher dem Urbild der thätigen Tugend sich nähert. Seine holde Gemalin blikte mit Rührung auf diese Hand, faßte sie auch, und sagte bewegt, indem sie sie mit ihren beyden Händen drükte:


Ach das ist die edle Hand, welche ihre Juwelen für die Kleidung der armen Unterthanen hingab!

Frau von Wahren staunte, das fremde Paar mit dem überfliessenden Gefühl der Verehrung ihrer Menschenliebe vor sich zu sehen, und sie empfand zugleich das innige Vergnügen, eine neue Probe [130] der noch immer daurenden Dankbarkeit ihrer Unterthanen zu hören. Wie eine Mutter ihren neuverheuratheten Sohn, und liebenswürdige Schwiegertochter bewillkommen würde, so that sie es auch. Indem sie die Hände von beyden Ehrenwerth zusammen hielt, jedes von ihnen, wie sie sich gegen sie bükten, auf die Stirne küssend, sagte sie: –


Gott segne Sie, edles blühendes Paar! Ihre Gesinnungen für mich sind mir willkommen, wie ein Kranz von unsterblichen Blumen mir willkommen seyn könnte! Mögen Sie auf der ganzen Reise Ihres Lebens immer Nahrung für die schöne Empfindsamkeit Ihrer Herzen finden. – Aus welchem Lande sind Sie?

Ehrenwerth sagte ihr den Namen der teutschen Gegend, wo sie herstammten, und wo sie wohnten. – Darauf wurden sie in den Saal geführt, welchen unsere Louise gleich bey dem ersten Blick zu dem Model eines Gartensaals in Ehrenheim erwählte. Er stellte eine hohe, mit Rosen und Geißblatt durchschlungene Gitterlaube vor, in welcher der Maler das täuschende seiner Kunst in Zeichnen und Farbenmischung so vortreflich gebraucht hatte, daß man auf den zu Tisch und Stühlen bestimmten Plätzen bey den in der Wölbung angebrachten Fenstern nicht anders denken konnte, als in einer [131] blühenden Laube zu seyn. Drey grosse Glasthüren gaben die Aussicht nach dem Felde, dem Gemüßgarten und dem kleinen Traubenhügel. Der einen Thüre gegen über stand in einer Vertiefung ein vortrefliches Bild der Flora, und zwischen den Nebenthüren auf jeder Seite drey Stufen hohe Fußgestelle, mit Urnen besezt, bey einer auf der lezten Stufe ein Genius, der mit einem Arm den Fuß der Urne umfaßt, seinen Kopf mit Liebe und Trauer an sie lehnt, und mit dem andern die Aufschrift zeigt:


Blicke der Edlen! verweilt auf dem Aschenkrug des liebevollen, weisen Menschenfreunds – Georg von Wahren!

Der Genius, welcher bey der gegen über stehenden Urne angebracht ist, scheint selbst zu lesen, und hält sich im Vorbiegen an der Ecke des Fußgestells eine Hand auf der Brust, um anzudeuten, daß er die Aufschrift in seine Seele fassen will –


Mein Leben sey Vorbild von Freuden der Tugend, und mein Tod Hingang zu ihrem Genuß!

Eleonore von Wahren.


Auf der Vorderseite der Fußgestelle fanden sich die Brustbilder, in halb erhabener Arbeit. Ehrenwerth betrachtete mit stillem Staunen und Rührung diese lehrende Denkmale, und seine Louise bog sympathetisch[132] mit der Stellung des Genius, bey Eleonorens Urne eine ihrer schönen Hände ihrem Herzen zu. Frau von Wahren sagte bescheiden:


Diese zwey Stücke sind ein freundliches Geschenk des besten Bruders, der jemals lebte, welchen Sie auch bey unserm Frühstück sehen werden: dieser kleine Saal aber ist der einzige Theil meines Hauses, wo neue Kunst und alte Schönheit vereint sind. –

In dem hörten sie gehen und triplen, sahen sich um, und erblikten einen Mann von der edelsten Gestalt, der an jedem Arm ein blühendes niedlich gekleidetes Frauenzimmer hatte: – zwey kleinere Knaben und Töchterchen hüpften daneben gegen den Saal. Bey Erblickung der Fremden stunden sie stille, und wurden genannt Herr von Ruhmthal, Obristhofmeister an einem grossen fürstlichen Hofe; die zwey Fräulein waren seine Nichten, Emilie von Wahren, und Caroline von Ruhmthal, so wie auch einer von den Knaben, und die holde kleine Mina von Wahren, und der andre ein Ruhmthal war. Reinere jugendliche Seelen, reinere Säfte und Augen voll Feuer und Geist mit dem offenherzigen Wesen der Kindheit verbunden, hatten die Ehrenwerth nie gesehen; alle waren nur in weissen Nessel gekleidet, alle weisse Strohhüte und verschiedene [133] Arten von Bänder darum geschlungen, und eben solche Gürtel bezeichneten ihre feine ungezwungene Gestalten. – Man setzte sich zum Frühstück, die junge Leute aber giengen mit Obst und Brod in der Hand in dem Garten herum. Bald brachte eines etliche Wießblümchen niedlich geordnet, ein anders Erdbeeren aus seinem eigenen Feldgen, und am Ende kamen die zwey Knaben, und stellten ein Zwerchbäumchen voll schöner Kirschen in einem artigen Topf zu den Füssen der Frau von Ehrenwerth, und lächelten ihr freundlich zu. – Sie dankte, und lobte das Bäumchen, indem sie sagte:

Es wäre so angenehm und artig, wie sie beyde – Gleich erwiederte einer –


O nein! das Bäumchen ist besser als wir, denn es trägt schon Früchte für die Mühe, welche wir uns damit gaben –


Das werden Sie gewiß auch thun, wenn Ihre Blüthe vorbey ist – sagte Hr. von Ehrenwerth, indem er beyde umfaßte –


Ja, wenn kein schlimmer Zufall, oder böse Menschen die Blüte verderben, wie es oft bey Bäumchen geschieht, wenn sie der Gärtner nicht immer bewachen kann.


[134] Was kann dann einem Kirschenbaum alles geschehen? – fragte Ehrenwerth –

Nun erzählten beyde wechselweiß kurz und artig die Geschichte der Kirsche, und die Sorge, welche man für sie tragen müsse. Ueber die Deutlichkeit und Ordnung der physischen Gärtnerbegriffe erstaunt, sagte Ehrenwerth noch –


Was denn die Menschen einem kleinen Baum Böses thun würden?


Ach! wenn er nun noch ganz klein und schwach ist, und sie rütteln aus Muthwillen an seinem Stämchen, so wird es locker; seine Würzelchen reissen entzwey, und da wird es auch in dem besten Boden nicht feste: wenn sie es dann auch, weil es weich ist, biegen und krümmen, so bekommt es keinen schönen Wuchs –

Hier richtete sich der allerliebste Knabe mit der so reizenden Anmuth der Jugend in die Höhe, und fuhr fort –


Oft auch reißt man einem schön blühenden Aestchen seine Blümchen ab, um auf einen Augenblick seinen Hut damit zu zieren, und da kann ja dieses Aestchen keine Früchte bringen –

Louise neigte sich mit einer Thräne der Rührung im Auge zu Frau von Wahren:


[135] Gott seegne die Blüthe, welche Sie in den Seelen dieser Kinder besorgen! –

Ihr Gemal aber fragte weiter –


Sie haben bey dem Gedanken des Verderbens der Blüthe von Ihnen selbst gesprochen, wie meinten Sie das?


Wie Ihre schöne Dame sagte, das Bäumchen sey eben so hübsch als wir, da fiel mir ein, daß die Mamma uns bey der Kirschenblüthe sagte, unser Lernen und unser Gehorsam schmücke unsere Jugend, wie die Blumen die Bäumchen, und wann wir einst groß wären, und viel schönes wüßten, und viel gutes thun würden, so wären das die nüzliche Früchten von unsrer Folgsamkeit, und der Lohn für ihre Mühe. –

Der liebe Knabe sah diesen Augenblick den andern an, daß er auch gern sprechen möchte, und sagte ihm freundlich nikend:


Karl erzähl das übrige.


Ja die Mamma sagte dann, die Erziehung der Kinder sey wie die Sorge des Gärtners: da kämen aber oft erwachsene Menschen, und sagten den Kindern thörichtes Zeug, und machten mit uns guten, unschuldigen Geschöpfen schädliche Scherze, weil sie uns als [136] kleine Puppen zu ihrem vorübergehenden Zeitvertreib ansehen – dadurch würde das Festhalten an guten Lehren verhindert, und die Wurzeln, mit welchen die schöne Tugend in unsern Herzen keimen sollte, abgerissen, oder auch der Wuchs des zunehmenden Geists verdorben, – und Leute, die zwey oder drey gute Eigenschaften auf einer Seite, und auf der andern Fehler hätten, wären die, an welchen die Blüthe des Guten im Scherz verdorben worden sey. –

Der erste sezte noch hinzu:


Die Mamma wolte, daß man die Güte und Unschuld der Kinder eben so viel ehren als lieben müsse.

Ehrenwerth küßte die Knaben –


Glükliche edle Kinder! wie viel gutes wissen Sie? – Gott lasse Sie fortwachsen wie Ihre Bäume! – und segne diese leitende Hand –

indem er sich zu Frau von Wahren bükte. –

Die Knaben liefen fort; die zwey ältere Fräulein aber sezten sich nach dem Frühstück unter eine Thüre, wo sie in dem angenehmsten Einklang auf zwey Mandolinen spielten, und dazu sangen.

Alle dieß war ein so feines Gemische der schönen Natur und Kunst, daß Frau von Ehrenwerth oft sagte: –


[137] Sie könne es nicht beschreiben, indem es ihrer Feder dabey gienge, wie Malern, die auf ihrer Palette die Farben nicht finden konnten, welche die Natur auf die Wangen einer schönen Dame gelegt hatte. –

Nun kamen zwey Jünglinge von sechzehn bis siebenzehn Jahren in Reitkleidern in den Saal, und wurden als die älteste Söhne von Ruhmthal und Wahren vorgestellt.


Den lezten, sagte Frau von Ehrenwerth, hätte ich, ohne seinen Namen zu hören, erkannt; denn sein Blik auf die Urne von Georg Wahren, bey welcher wir stunden, war der Blick eines Sohns, dem die Asche seines Vaters heilig ist. –

Sein Oheim faßte ihn bey der Hand, und sagte gegen Louise und ihren Gemal:


Dieß ist auch ein Georg von Wahren, der einst ein Denkmal verdienen wird. –

Hier bemerkte ich, fährt das Tagbuch der Frau von Ehrenwerth fort:


daß die Bescheidenheit einen edlen Jüngling verschönert, wie die Schamröthe ein sittsames Mädchen noch reizender macht. Denn die Rosenfarbe, welche sich jähling über die Züge des jungen Wahren verbreitete, war herrlich, da er zugleich die Hand seines Oheims küßte, [138] und von dieser hinweg seinen Mund auf das Brustbild seines Vaters heftete: der Ausdruck des Gefühls der Würde der Tugend ergoß einen Glanz über ihn, welcher mich der Wiederschein seines ihn umgebenden Schuzgeistes zu seyn dünkte. – Denn wenn unser Engel bey einer bösen oder unedlen That die Augen schließt, und von uns abwendet, o so muß er auch mit stralenden Blicken der Freude auf uns sehen, wenn schönes und gutes in unserer Seele entspringt, und in unserm Leben sich ausbreitet.

Der junge muntre Ruhmthal war zu den zwey artigen Fräuleins gegangen. Ehrenwerth bemerkte, daß beyde junge Herrn eine Officierskleidung hatten, und fragte, ob sie zu Kriegsdiensten bestimmt seyen;


Nein, mein Herr! sagte von Wahren, aber ich möchte wohl diese Uniform mein ganzes Leben tragen, weil sie immer eine sichtbare Erinnerung aller der guten Grundsätze bliebe, welche ich in diesem Rocke erhielt. Denn ich hatte das Glück, unter Pfeffels Zöglingen zu seyn.

Davon hörte ich schon vieles, sagt Ehrenwerth. Georg fiel ein –


[139] Und gewiß lauter Gutes. – Wenn Sie ihn sähen, den liebreichen Mann, der Freude und Kenntnisse mit den besten Gefühlen der Religion verbunden, in die Seelen seiner Zöglinge legt, gegen alle ein zärtlicher Vater ist, und gerne seinen Geist durch eine Umarmung in sie versetzen möchte! –

Frau von Wahren näherte sich und sagte:


Von was spricht mein Georg so eifrig? es ist ja sonst seine Gewohnheit nicht? –

Von Herrn Pfeffel in Colmar – beste Mamma! ich werde niemals kalt von dem Manne reden können.


Es würde auch lieber Sohn eine schlimme Anzeige seyn, und ich hoffe, er solle dir immer eben so ehrwürdig bleiben, als er mir geworden ist. –


Sie haben ihn also gesehen? sagte Louise. Ja ich sah ihn in meinem Hause, welches mir um so viel werther geworden ist: Meine Blicke ruhten auf den geistvollen Zügen seines Gesichts, in welchem selbst die erloschene Augäpfel eine Seele zeigen, die mit dem höchsten Schmerz und mit der grösten Beschwerde kämpfen kann, bis sie Tugend und Verdienst erobert hat. – Mit welcher Zufriedenheit, dachte ich, muß der Ewige auf dich blicken, da ich Sterbliche, immer segnend[140] und bewundernd, deine gelassene Heiterkeit betrachte! – Gerne hätte ich die Gewalt gehabt, eines meiner Augen ihm zu geben, wie süß wäre diese Theilung mir gewesen! – als ich dabey noch an die viele, unnutze und schädliche Sehende dachte, und die edle Thätigkeit dieses Mannes dagegen maaß; – so wurde mir Pfeffel der gröste liebste Mann, und die schöne Anwendung der Geschichte des Belisarius, welche von einer liebenswürdigen Dame Hedwig Louise von Pernet, geborne von Kemeter gemacht wurde, freute mich um so mehr: – Sie schrieb bey einem Besuch in Colmar so artig: –


»Wenn dort vom blinden Belisar ein edler Knabe Führer war, so seh ich hier so viele edle Knaben zum Führer ihres Wohls den blinden Pfeffel haben.« – Ich dachte hinzu:


Belisars Knabe führte ihn nach Brod, – und Pfeffel leitet vierzig auf den Weg des wahren Verdienstes. Er ward mir das, was die alte Weise uns sind: – Sie sehen uns nicht, aber ihr Geist belehrt uns. – Was ein Vorbild ist dieser Mann von gelassenem Ertragen eines grossen Verlusts, – von treuer Mühe, das übrig gebliebene Gute wohl und dankbar anzuwenden! – Er umarmte meine Söhne, – o wie innig [141] wünschte ich ihnen den Blick seiner Seele in den moralischen Gefilden zum Einsammeln jeder edlen und guten Gesinnung des Herzens!

Die Damen sprachen unter sich fort, und Herr von Ruhmthal nahm Ehrenwerth mit sich in das kleine Wäldgen, wo sie sich unter eine Eiche setzten, von der man das Dorf und die ganze Gegend übersehen konnte. –


Ich muß, sagte Ruhmthal, meine nähere Bekanntschaft mit einer Schuzrede für mich und meine Schwester anfangen. – Sie werden heute schon vieles bemerkt haben, welches einer Art von Schwärmerey ähnlich sieht, weil wir in vielen Dingen aus dem angenommenen Ton unsers Zirkels herausgegangen zu seyn scheinen, da wir doch nichts anders gethan haben, als daß wir den Muth faßten, in dem, was uns gut schien nach den Gefühlen unserer Herzen zu handeln, ohne die Vorschrift von dem, was uns gefallen solle, von andern anzunehmen. Wir haben dabey immer die Klugheit beobachtet, unsere Lieblings Ideen nur auf unsern Landgütern herrschen zu lassen, wo man ohnehin der Wahrheit und der Natur näher ist, als in den Städten. Ich selbst gehe an meinem Hof[142] den gewöhnlichen Gang in allem, was das äusserliche betrift, und habe das Vergnügen, bey meinem gefälligen Schonen der schwachen Seite der Menschen unvermerkt gutes zu thun. – Ich bin unverheurathet geblieben, um den Kindern meines Bruders und meiner Schwester um so mehr Liebe beweisen zu können. – Alle werden hier erzogen. Beobachten Sie selbst, was es für glükliche und liebenswerthe Geschöpfe sind, die würklich den Frühling ihres Lebens zwischen ihren Gespielen, den blühenden Blumengebüschen, hinbringen, welche die zärtlichste beste Frau für sie pflanzte, und sie auch nach Wohlgefallen pflücken läßt. Alle Jahre komme ich zweymal auf einige Wochen her, und geniesse den Sommer und Winter der Natur unter den Kindern meiner geliebten Geschwister. Ich schicke die Bücher, die Bildersammlung und die Lehrmeister, welche meine theure Schwester verlangt: – ich besorge durch verschiedene Handschriften Nachrichten und Neuigkeiten, welche sie mir vorschreibt. Ihr vortreflicher Gemal hat die erste Grundzüge der edlen Rechtschaffenheit in die Söhne gegraben, und meine Schwester hat ihnen das moralische Gefühl [143] und feine gesellschaftliche Wesen gegeben: das Ganze ist mit Wahrheit, sanfter Heiterkeit und tausendfachen kleinen und grossen Kenntnissen verbunden, ohne welche, wie Sie es gewiß bemerkt haben, selbst das zerstreute Leben der grossen Höfe bey Jugend und Wohlstand tödtend langweilig wird, oder, wenn Alter und Unglück kommt, den Hofmann einsam und elend leben macht. –

Auf diese Art öfnete einer der feinsten edelsten Männer sein Herz. – Hätte ihn Ehrenwerth auch nicht aus den Zügen der großmüthigen Dienste gekannt, die er angesehenen, aber bedrängten Familien im verborgenen mit aller Feinheit der Schonung und Edelmüthigkeit geleistet hatte, so würde er ihn durch seine Gespräche, durch seine Arbeiten für das gemeine Beste, und durch sein Bezeugen gegen Schwester, Nichten und Hausgenossen kennen gelernt haben. – Wenig Minister vereinigen den gleichen Grad Geist mit Güte der Seele; – wenige lieben ihren Fürsten, wie Ruhmthal seinen würdigen Fürsten liebt. Beyde neue Freunde giengen unter vertrauten Gesprächen zum Mittagessen nach dem Schlosse, und um vier Uhr fieng das kleine Schulfest an.

[144] Alle Kinder der vier Dörfer zogen mit ihren Schulmeistern und einer ländlichen Musik in den Schloßhof. Sie hatten alle grüne Leinenwämsgen ohne Ermel; die von ihren weissen Hemden aber waren, wie ihre Strohhüte, mit grünen Bändern gebunden, und die Mädchen hatten alle weisse Schürze. – Dieser Putz und die Gesundheit und Frölichkeit der Kinder war ein sehr ergötzender Anblick. – Die zwey ältere junge Herrn giengen in leichten grünen Kleidern, auch mit Strohhüten, als Weingärtner zu ihnen, und liessen den Mädchen kleine weisse Hängkörbchen, den Jungen aber artige neue Tragbütten austheilen; die zwey Söhne des Beamten wurden zu Pritschmeister bestellt. Herr von Ruhmthal sagte auch, es sey das Sinnbild ihrer künftigen Gewalt. – Sie zogen nun alle, in Begleitung ihrer Verwandten, nach dem kleinen in Absätze getheilten Hügel, der mit lauter Johannistraubenstöcken besezt war. Die herrschaftliche Kinder giengen mit den Damen durch den Garten. Ehrenwerth vermißte den kleinen Wilhelm Wahren, und blieb etwas zurück, um ihn zu erwarten. Bald sah er ihn an der Hand eines Greisen aus dem Seitengebäude des Schlosses kommen, und bemerkte zugleich die Sorgfalt, mit welcher der holde sechsjährige [145] Knabe den alten Mann zu führen schien. Ehrenwerth blieb stehen, und fragte:


Führen Sie den lieben Alten auch zu der Weinlese?


Ja, das ist unser guter Jakob, der schon dem Großpapa diente, und meinen Papa, meinen Bruder und mich auf seinen Armen herumtrug. Er sagte gestern, er hätte in Wahrheim vieles gesehen, aber keine Weinlese: da habe ich ihn geholt – da soll er zusehen, und auch einen Spaß haben.


Baron Wilhelm! sagte Ehrenwerth, Sie verdienen glükliche Tage, und getreue Freunde, weil Sie dem guten alten Jakob diese dankbare Liebe erzeigen. – Hat Sie das jemand gelehrt? –


Nein, aber die Mamma erzählte uns einst bey einem Küstgen voll spanischer Rosinen und Feigen, die wir alle so gerne essen, vieles von dem Lande, wo sie gewachsen sind, und als ein Bedienter das Küstgen, so sehr schwer war, zu der Beschliesserin trug, so fielen ihr die spanische Bedienten bey, und sie sagte, wie diese so glücklich wären, weil sie nie verlassen würden, und daß man gute alte Bediente ehrte und besorgte; ja daß man in vornehmen Häusern stolz darauf sey, wenn man sagen [146] könne, ich habe noch so viele Leute von meinem Vater, von meinem Großvater. – Da dachten wir gleich an den alten Jakob – der war bey dem Großpapa, und gewiß immer so brav, als ein Bedienter in ganz Spanien. Das freute die Mamma: sie sagte, das wäre recht, daß wir nicht nur die Rosinen und Feigen, sondern auch die Tugenden der Spanier annehmen wollten.

Thränen waren dem alten ehrlichen Jakob über seine Wangen geträufelt, und er schüttelte bewegt, mit seiner zitternden Hand, die Hand des jungen Herrn. Endlich sagte er –


Ach! in der ganzen Welt giebt es keine solche Herrschaft, und solche Kinder. Die Tugend eines Herrn macht auch rechtschaffene Leute. Ich habe manchen ehrlichen Bauer und Handwerkerssohn durch seinen bösen Herrn verderben sehen, der hinter dem Pflug oder bey der Handarbeit ein braver Mann geworden wäre. –

Mit diesen Reden waren sie auf den Hügel gekommen. Herr von Ruhmthal gieng ihnen entgegen, und gab Jakoben die Hand:


Grüß euch Gott! alter Freund! wollt Ihr auch die junge Leute bey der neuen Freude sehen? – [147] Ja, gnädiger Herr! die Weinlese ist wohl neu, aber Ihre Gnade für mich ist sehr alt –


Ihr seyd immer der gute ehrliche Jakob – hat euch mein Pathe Wilhelm geholt?


O der vergißt mich nie – es freut mich auch recht, daß ich so den Geist meines seeligen Herrn in seinen Kindern sehe. – Ich hoffe bald bey ihm zu seyn, und daß mich dann Gott ihm alles erzälen läßt, was ich noch erlebt habe.

Hier drükte ihm Ruhmthal die Hand zum Schweigen, weil Frau von Wahren kam, welche noch immer durch das Andenken an ihren Gemal zu sehr gerührt wurde. – Man sezte sich, und sah die kleine Weinleser mit den herrschaftlichen Kindern zu der Arbeit anweisen. – Frau von Wahren sagte zu Ehrenwerth und Louisen:


Es ist eine Art Kinderey, was ich da machte: aber als ich meinen Zöglingen die Geschichte des Weins erzählte, so zeigten sie eine so grosse Begierde, eine Weinlese zu sehen, daß ich meine Liebe zu den Johannisbeeren, von denen ich schon viele gepflanzt hatte, zu dem kleinen Entwurf dieser Weinlese gebrauchte. Zwey Jahre lang mußten meine gute Kinder darauf warten, und nun habe ich das Schulfest damit verbunden. Urtheilen Sie selbst, (indem sie auf die kleine Leser zeigte) [148] ob es mich reuen kann, der Unschuld einen Festtag bereitet zu haben.

Es war ein würkliches Fest, denn die Freude, das Staunen, und die reizende Aemsigkeit der Kinder waren allerliebst anzusehen, besonders da keine erwachsene Personen unter sie durften. Eine einfache Musik wechselte mit dem Singen folgender, noch mehr einfachen Verse ab, welche der liebreiche Pfarrherr für die Weinleser gemacht hatte:


Brüder! pflükt die kleinen Trauben
Munter ab in diesen Lauben,
Heut zum erstenmal.
Sehet, wie in allen Gängen
Roth und weisse Beere hängen,
Schön, und ohne Zahl.
Weit von uns entfernet leben
Leute bey den grossen Reben,
Nah bey Sonnenglut –
Müssen Erd auf Berge tragen,
Stöck anbinden, Pfähl einschlagen,
Haben's gar nicht gut.
Man sagt auch, der Winzer müsse
Frost und Hagel, Regengüsse,
Fürchten, wie der Baur.
[149]
Würmer tödten ihre Reben,
Und sie sollen Zehend geben
Troz dem Reif und Schaur. –
Haben öfters Wein im Keller,
Aber bey dem Käse-Teller,
Keinen Bissen Brod –
Müssen Geld und Korn sich borgen,
Und des Rükbezahlens Sorgen
Mehren ihre Noth.
Brüder! liebet Feld und Wiesen!
Könnt' ich heut ein Loos mir kiesen,
Ich blieb Ackersmann.
Denn auf unsern Waizenfluren
Seh ich meines Fleisses Spuren
Mit Vergnügen an.
Lasset bey Johannisbeeren
Euch der Winzer Arbeit lehren.
Jeder Mensch hat Müh.
Herren, Könige und Fürsten
Müssen hungern, müssen dürsten,
Sterben müssen sie.
Wenig Bauren ist gegeben,
Unter Wahrens Stamm zu leben
Glüklich, wie wir sind.
[150]
Zeiget Redlichkeit und Treue,
Dank und Seegen auf das neue –
Alte, Jung und Kind. –

Auf der Wiese war eine Kelter aufgeschlagen, und dort stunden auch Bütten, wohin die Träger die Träubgen bringen mußten. Ihre Namen und die Zahl der Bütten wurden aufgeschrieben, und im ganzen nichts ausgelassen, was den guten Kindein einen völligen Begriff von der wahren Weinlese geben konnte. Einige Jungen wurden auch etwas gepritscht: – die Mädchen aber bogen am Ende des Lesens artige Johannistraubenzweige, als Laubkränze um die Hüte der Buben, und um ihre eigene. Ruhmthal, Ehrenwerth und die Damen verlangten auf ihre Hüte nur einen Laubstrauß, weil die Kränze, sagten sie, allein den Arbeitern gehörten. Alsdann zogen sie mit einander nach der Wiese, und sahen dort, weil würklich Träubchen genug gesammelt waren, um zwey flache Bütten zu füllen, auch bey einer Traubenlage das Eintretten, wo ein schöner Knabe von sechs Jahren mit weissen Strümpfen in der Bütte herumtrippelte: – nachdem wurde der ganze Vorrath gekeltert, und der Most zu versuchen gegeben, welcher sehr gut und angenehm war, weil der Hausmeister, [151] welcher sich bey dem Aufschütten der Trauben zu thun machte, indem er die Jungen anwiese, unvermerkt Zucker dazu gethan hatte. Während der Most ausgepreßt wurde, tanzten alle junge Leute in einem Reyhen um die Kelter, die Bütten, und die dabey sitzende Herrschaft herum. – Jedes Kind bekam einen Kuchen und einen neuen zinnernen Becher voll Most. Sie sezten sich in einen halben Cirkel, den Bänken ihrer Herrschaft gegen über in das Graß. Der Pfarrherr sagte ihnen am Ende, sie hätten diese Freude dem guten Zeugnis zu danken, welches ihre Schulmeister von ihrem Wohlverhalten gegeben: – sie sollten fortfahren, fleißig zu lernen, und gut zu seyn. – Sie waren alle aufgestanden, und blikten bald ihren Pfarrer, bald die Schulmeister und die Herrschaft dankbar an. Herr von Ruhmthal winkte ihnen, und gab zugleich seinem Neffen Georg und Fräulein Emilia einen Beutel mit kleiner Denkmünze, die er hatte prägen lassen, welche in Silber 30 Kr. wog. Auf einer Seite war die Bibel, eine Korngarbe, eine Sichel, Rechen und Hacke; die andere aber hatte die Aufschrift: – Sey fromm und fleißig. Nur auf den Stücken, welche Emilia den Mädchen gab, war anstatt der Hacke ein Spinnrocken: unten stund Wahrheim 1780. – Mit freudig gerührtem [152] Herzen dankten die Eltern und Kinder. Mit allen wurde freundlich gesprochen, den Alten ein Glaß Wein gereicht, während die Kinder noch in Reyhen tanzten. Als der Abend kam, giengen sie frölich nach Hause. – Sie konnten es wohl beyde, die das Fest gaben, und die, welche es genossen. Denn gewiß der offene Himmel über ihnen konnte nirgend kein schöners Fest sehen, als dieses war.

Unserm Ehrenwerth und seiner Louise wurde in dem gastfreyen Schlosse ein Zimmer angewiesen, und Herr von Ruhmthal zeigte, wie sehr er wünsche, sie einige Tage in Wahrheim zu sehen. Gerne nahmen sie die Einladung an, indem sie zugleich freymüthig die Hauptursache ihrer Reisen erzälten, und hinzu sezten: –


»Daß sie sich bey dem gewünschten Ziel gerne verweilten.«

In dem Schlosse war würklich alles noch in dem alten Geschmack und Bauart eingerichtet, ausgenommen in dem Zimmer der Söhne, welches freundliche grüne Papiertapeten hatte, und mit den Brustbildern der edelsten Alten besezt war. Stühle und Schränke hatten schöne Formen, wie es sich auch bey den Fräulein fand, nur daß dieser ihr Zimmer mit Vasen und Blumenkränzen geziert, und die Fenster mit Blumentöpfen besezt waren. – Das [153] gemeinsame Gesellschaftszimmer aber hatte in weissem Tafelwerk eine Reihe Bilder alter Ritter und Damen, nach den Jahren geordnet, welches wegen der Abändrung der Puz – und Kleidermoden sehr unterhaltend war. Herr und Frau von Wahren hatten sichs zur Pflicht gemacht, die Schatten der Ahnen zu ehren, auf deren erworbenes Schild und Kleinod man ohnehin seinen Stolz und Vorzüge gründete.

Den andern Morgen, als man bemerkte, daß die Ehrenwerthe munter waren, kam Ruhmthal mit ihnen zu frühstücken, und von seiner Schwester zu sprechen, während die vortrefliche Frau nach ihrer Gewohnheit mit den beiden Fräulein in ihrem ganzen Hause nach sah. – Die zwey ältere junge Herren reißten mit ihrem Hofmeister ab. Wilhelm hieng mit der innigsten Liebe und Trauer an dem Hals seines Bruders, welcher ihn mit Zärtlichkeit an sich drükte, und zum Gehorsam gegen die Mamma und seine Lehrer ermahnte: –


Ich will jetzo auch recht viel neues lernen, dann komme ich, und theile es meinem Wilhelm mit.

Der Kleine kam zu Ehrenwerth, und erzälte dieß mit vieler Freude, zeigte dabey die Flecke seiner Backen, wohin sein Bruder ihn geküßt habe, und


[154] hier, sagte er – sehen Sie da auf meiner Achsel, wo etwas Puder liegt, da ist eine Thräne von meinem Georg hingefallen, wie er mich noch einmal aufhob und küßte, da er so leiße, leiße sagte, Gott erhalte dich! so wie ich auch leiße, leiße sprechen muß, wenn ich weinen möchte, und doch nicht will.


Wo ist denn Ihr Georg und August Ruhmthal hingereißt? –


O das will ich Ihnen gleich weisen, denn sie haben ihren Weg und die Stadt da gelassen.

Damit lief er fort, und brachte den Karl Ruhmthal mit zwey Rollen Papier, die eine die Postkarte von Teutschland, die andre der Grundriß von Göttingen. Da zeigten sie den Weg, erzählten, wie es bey Reisen gienge, und wie vielerley Länder sie durchpaßirten, bis sie nach Göttingen in das Haus des vortrreflichen Herrn Professor Feder kämen, der alle gute junge Leute so sehr liebe, und sie noch besser mache, wie die Mamma bey den Grafen von Stadion gehört habe. – Nun sagte er auch, was eine hohe Schule und ein Professor sey.


Wer hat das alle gesagt? fragte Louise.


Georg, als ich ihm gestern einpacken half, und traurig war, da zeigte er uns alles, und sagte mir, daß er mich auch einmal hinführen [155] wolle, und wenn er sich nun durch seinen Fleiß gute Freunde gemacht hätte, so würden mich auch alle lieben, weil ich ein Wahren sey.


Das ist gewiß, wenn der ältere Bruder ein rechtschaffener junger Edelmann ist, so hoft man es auch von dem jüngern.


Wissen Sie aber auch, warum alle Leute meinen Georg lieben?


Weil er ein artiger und vernünftiger junger Herr ist. –


Ja wohl – das ist er aber geworden, weil er dem Papa in allem ähnlich seyn wollte, und in allem folgte. –


Haben Sie Ihren Papa auch gekannt?

Ernst und gerührt sagte er –


Ach! nur sehr wenig, aber er liebte mich, und eh er zu Gott gieng, mußte mich die Mamma noch auf sein Bette setzen, wo er mich küßte und segnete, damit ich leben bliebe, und ein braver Wahren würde. Er küßte die kleine Mina auch, aber diese weiß gar nichts, weil sie nicht grösser war als eine Puppe.


Dieser Segen Ihres Papa wird gewiß erfüllt werden, wenn Sie alles thun, was Ihre Mamma von Ihnen fodert, denn sie kennt [156] alles, was für ihren Wilhelm schön und gut ist.


O sie weiß auch alles, was für alte und grosse Leute gut ist, denn sie erzält es uns immer, wenn die Besuche weg sind. – Ich freue mich schon darauf, wenn Sie nun wieder abreisen, dann weißt uns die Mamma das Land, wo Sie wohnen, und sagt, was da für ein Hof ist, und was Sie und Ihre Gemalin lernen mußten, um liebenswürdig zu seyn.


Finden Sie uns denn würklich liebenswürdig – Dieß müssen Sie sehen, denn wir lieben Sie alle. –

Nun kam Frau von Wahren. Der kleine hüpfte zu ihr, sah nach ihrer Uhr, küßte ihre Hand, und eilte freudig hinweg. Seine Frau Mutter sah ihm mit der Sorge im Aug nach, bis er über den Saal und dem langen Gang hinweg war. Ehrenwerth und seine Louise lobten das schäzbare Kind, die Mutter hörte beyde mit süsser Zufriedenheit an. – Sie bemerkten aber besonders die einnehmende Mischung der reinen kindlichen Gefühle seines Alters mit so deutlichen Begriffen des Verstands verbunden.


Sie haben viele edle Mühe angewandt –


Ich wüßte nicht, daß meine Mühe so groß war. Nachdem mein theurer Gemal und [157] ich einige Punkte festgesezt hatten, so wurde alles leicht.

Dörften wir wohl, geliebte Frau von Wahren! um die Erklärung dieser Punkte bitten, sagte Louise? –


Das werde ich gerne thun, beste junge Hausmamma! – Mein Gemal und ich lasen alle Erziehungsschriften. Natürlich machten wir Schritt vor Schritt Auszüge, so wie etwas mit unserm Geist, unsern Neigungen und Umständen paßte, und da webten wir mit gleich starker Zärtlichkeit für unsere Kinder einen neuen Plan zusammen. – Wir wollten sie in den Jahren Kinder seyn lassen, in denen es die Natur selbst will, und dabey ihre Neigungen beobachten. Zugleich gelobten wir, die Unschuld und Unwissenheit der Jugend mit Ehrfurcht anzusehen, und niemals weder in Scherz noch Ernst etwas mit ihnen zu sprechen, oder vor ihnen zu sagen, wodurch nur der entfernteste Anlaß einer bösen Empfindung in ihre Seele, oder eine schiefe Idee in ihren Kopf kommen könnte. – Wir machten auch eine sorgfältige Wahl von Hausbedienten, und meine Kinderstube war meine Welt, bis Herr Brechter, ein verdienstvoller [158] Mann, der zu früh starb, und zu wenig bekannt war, mir mit vieler Weisheit den Rath gab, nicht immer um meine Kinder zu seyn, sondern ein Stück der Wand des anstossenden Kabinets so einzurichten, daß ich alles hören könne, was vorgienge: – Dahin sollte ich mich begeben, wenn die eigentliche Spielstunden unter den Kindern anfiengen, und beobachten, was sie in dieser Art Freyheit, und in der Freude des Spielens, von dem Blick der Obergewalt entfernt, sagen und thun würden: – ich könnte auch alsdann die Leute, welche sie umgeben, besser beurtheilen: aber dieses müsse ein Geheimniß bleiben, bis meine Kinder mich einst um Rath fragten, wie sie meine Enkel erziehen sollten. Ich folgte dem vortreflichen Mann, und habe einen grossen Nutzen daraus gezogen, indem ich verborgnen Hang in diesem, Abneigung in jenem fand, Zorn, Neid, Sanftmuth und Tücke in ihren Spielen entstehen sah, und allmählig dagegen arbeiten konnte. Denn die verdienstvolle Schrift der Madame d'Epinai war damals noch nicht geschrieben, aber wir waren so glüklich, durch die Liebe für unsere Kinder zu ihrem Besten erleuchtet zu werden.

[159] Dieses ist billig – sagte Ehrenwerth, und zu seiner Louise winkend – denn wenn die Liebe zu der Mutter uns so viel Scharfsinn gab, alle Beschwerden zu überwinden, und alle Gemüther der Familie zu gewinnen, warum sollte man für den Besiz seines Glüks mehr gethan haben, als für das Wohl der Kinder dieser erworbnen Geliebten? Wie machten Sie es aber mit dem Unterricht? – denn Ihre Kinder wissen so viel.


Dieser war in den ersten Jahren immer zufällig, und der Gegenstand mußte von den Sinnen herkommen, oder zu ihnen geführt werden können.

Wie, und warum wollten Sie das?


Warum! – weil unsere Sinnen von der Natur zuerst entwickelt werden, und weil unsere Sinnen das einzige Werkzeug sind, durch welches wir unsern Geist und Seele zeigen. – Mein Wilhelm und meines Bruders Karl haben Ihnen die Geschichte des Kirschbaums erzählt – dieß ist ein Stük meines sinnlichen Unterrichts. Beyde essen gerne Kirschen. – Da lehrte ich sie die Bäume kennen, der Gärtner muste ihnen von seiner Arbeit damit erzählen, es wurde ihnen der Keim an einem Kern gewiesen, dann gestekt, [160] von dem Pfropfen gesprochen und gezeigt: so bekamen sie den ganzen Lebenslauf ihres Freundes, des Kirschbaums, in ihr Gedächtniß. Da wir nun alles, so ihnen nüzlich seyn konnte, nach der Stärke des Verstands ihres Alters einrichteten, so gaben mir die Blumen, welche immer das Sinnbild der Jugend waren, den Anlaß, auch Zwergbäumchen zu ziehen, an denen unsere Kinder die Blüthe und den Wachsthum ihrer Kenntnisse bemerken und lernen konnten. –

Aber Sie haben auch mit dem Kirschbaum so viele Moral verbunden –


Das that ich immer bey einem Anlaß, wo die Freude, so ich ihnen machte, ihr Herz auch für das geöfnet hatte, was ich ihnen sagen wollte. Denn meine Moral sollte durch Empfindung in die Seele kommen, nicht durch Auswendiglernen allein mit Worten in den Kopf gelangen.

Sie hielten also zu diesem Unterricht keine eigene Stunden –


Nein, zu allem, was das Herz rühren sollte, wurde auf schikliche Gelegenheit acht gegeben, und nie zu lang, selten mit den nemlichen Worten davon gesprochen. –

[161] Haben Sie gar keine gemessene Stunden?


O ja zu allem, was Grundlage zu Wissenschaft und Berufsarbeit ist, damit sie die selige Gewohnheit erlangen möchten, ihren Geist zu beschäftigen, und ihre Pflichten zu erfüllen: Unser Herz aber muß zu allen Zeiten thätig seyn. – Wir antworteten auf alle ihre Fragen, aber dann wurden sie wieder gefragt: der Wiz erhielt den Beyfall des Lächelns, aber ein Zug der Güte des Herzens eine Umarmung. Kinder in den Städten sind oft dem doppelten Unglück unterworfen, daß Eltern und Vorsteher den Mangel des feinen Verstandes bestrafen, als ob es Bosheit des Herzens wäre, und den Wiz als eine Tugend belohnen, und daß überhaupt die erste Jugend mehr zu glänzender als nüzlicher Kenntniß angehalten wird. Wir hatten den Muth, das lezte dem ersten vorzuziehen. Von dem nüzlichen zierlich und gut zu reden, war alle Sprachkunst, die wir sie lehrten. Der gröste Vortheil, welcher das sichere Glück meiner Kinder gründete, war, daß sie die Natur und den natürlichen Menschen kennen lernten, eh sie durch Kunstwerke zerstreut und lüstern gemacht, oder durch gekünstelte Menschen [162] irre geführt wurden. – Die ursprüngliche Gleichheit der Menschen lehrte ich sie in dem lezten Wochenbette meiner Schwägerin, da gerad auch eine arme Frau ein eben so kränkliches Kind gebohren hatte. Ich führte sie von der Wiege, worinn der Sohn des vornehmen Herrn geweint hatte, zu der, wo der arme Bauerjunge schrie, so fuhr ich fort von der Wiege an bis zum gehen und sprechen lernen, zu den Schul- und Arbeitsjahren, endlich zu der von Gott eingesezten Ordnung der Stände von dem Bauern bis zum König, – den Herren, die schützen, Weisen, die lehren, und denen, die arbeiten und folgen müssen, wie auch von ihren Pflichten vor Gott und der Welt zu reden. – Es waren immer selige Stunden, die ich mit den guten Geschöpfen verlebte, besonders die mit den ältesten Kindern, denn da hatte ich meinen edlen Wegweiser noch. Seine Eintheilung war so schön: er sprach von den Pflichten der Männer, ich von ihren Verdiensten: er lobte die Tugenden meines Geschlechts, und ich sagte, was wir zu thun schuldig seyen, wenn wir sein Lob erhalten wollten. – O Frau von Ehrenwerth! [163] Gott bewahre Sie vor dem Jammer, Waisen zu erziehen! Dabey umarmte sie Louisen mit einer Thräne, und gieng schnell weg: – gerührt und stumm sahen sie ihr nach. – Ruhmthal sprach zuerst:


Nicht wahr, meine Schwester ist Ihnen lieb?


O mehr, viel mehr, sagte Louise – Sie ist mir ehrwürdig, und ich segne den Tag, wo ich nach Wahrheim kam. –

Sie bedauerten aber, die vortrefliche Frau an ihren Verlust erinnert zu haben. – Ruhmthal beruhigte sie und sagte:


daß sie bald und ganz gelassen zurückkommen würde, weil sie jeden Kummer als eine Aufforderung, Tugend zu zeigen, und jede Schwierigkeit als Ermuntrung ansehe, die Kräfte ihres Verstandes zu üben. Und dann sagt sie: Wer hat alles, was er wünscht? – und wenn es jemand hat, wo soll dieser seine Ergebung in den Willen des Himmels, und wann der Gesunde seine Gedult in Schmerzen zeigen? –

Den nemlichen Augenblick meldete man dem Herrn von Ruhmthal, die beyde Maler wären gekommen, und fragten nach ihm. – Er ließ dem Hausmeister wissen, die zwey Herren in die für sie zubereitete Zimmer zu führen.


[164] Es ist mir lieb, daß sie schon da sind. Denn nun können Sie sehen, wie meine Schwester einen Zufall benüzt.

Es waren zwey sehr geschikte Leute in Pastel und Oelgemälden, die auch einige Stücke in vortreflich gearbeiteten Rahmen bey sich hatten. Ehrenwerth und seine Louise mußten versprechen, so lange zu bleiben, bis der Pastelmaler ihre Bilder gemacht haben würde. Sie verlangten hingegen eine Kopie von dem Familiengemälde in Oel, welches schon in der Stadt mit dem Bild des Georg angefangen war. –

Nun mußten die Arbeiten der Künstler, auf die Bitte der Frau von Wahren, beyden Herrn zu Unterredung über die Kunst und Kunstwerke dienen. Der Pastelmaler kopirte sehr geschwind und niedlich das in Oel gemalte Portrait von Georgen. Es freute die junge Leute alle, es so schön und so schnell entstehen zu sehen. – Jedes wollte den Bruder haben; jedes erhielt eine Kopie. Da war Freude, sie liefen zu den Wärterinnen und Leuten im Hause, den Georg zu weisen. – Bald aber entstund ein Jammer, da waren Farben verflogen, eines so gar verwischt, daß man nur noch den Umriß sah, – dieses wurde Stoff zum Unterricht über die Verschiedenheit der Pastel- und Oelgemälde, besonders [165] weil erstere den Kindern am besten gefallen hatten. – Bey diesen Unterredungen dienten der Frau von Wahren auch kleine vorsezliche Abwesenheiten aus dem Saale, zu fragen:


Lieber Karl, oder Wilhelm, mein Sohn! was wurde indessen gesprochen? habe ich was nüzliches versäumt?

Dadurch wurden sie aufmerksam erhalten, lernten Auszüge machen, und erzählen. – Einige Gemälde, welche die schönste Rahmen hatten, wurden aufgehängt, und vom Bild und Rahme gesprochen, ohne etwas von der Unterredung besonders an die Kinder zu wenden. Diese bewunderten das schöne Schnizwerk, und die Vergoldung; – Wilhelm holte den Hausmeister, Karl die Hausleute, welche auch meist von den schönen Einfassungen sprachen. Den andern Morgen waren die Bilder heraus, und die Rahmen allein aufgehängt. Die liebe Geschöpfe kamen zum Frühstück, und staunten die Wand an. Karl sagte zuerst:


Liebe Mamma! wo sind die schöne Bilder hingekommen?


Die beyde Herrn nahmen sie in ihr Zimmer. Aber da helfen ja die Rahmen nichts in dieser Stube? –


[166] Der Oheim sagte, die Einfassungen hätten euch so wohl gefallen, er könne die Gemälde für sich betrachten, und euch eure Freude lassen. Es ist würklich viel schöne Arbeit an den Rahmen, sie sind so verschieden geschnizt – in dieser die Perlenschnür, da artiges Laubwerk, die Schleife hier oben so niedlich geschlungen, das Gold da ohne allen Glanz – hier ist es grünlich, und dort schimmernd polirt. –

Alles wurde gezeigt und bemerkt. Die Kinder sahen und hörten zu. Wilhelm fiel doch lebhaft ein:


Aber Mamma! sie waren mit den Bildern viel schöner.
Warum, Lieber! es fehlt ja den Rahmen nicht das mindeste –
Das ist wahr, aber sie sind leer.
Seh diese hier noch einmal recht an, sie freute dich gestern so sehr, bist du denn veränderlich? –

Er sah einige Augenblicke hin, und sagte:


Ich kenne sie schon, da sind nun nichts als lauter goldene Perlen auf allen vier Seiten; aber auf dem Bilde waren Bäume und Berge, ein Wasserfall, und das schöne Schloß in der [167] Ferne. Ich möchte es wohl auch alle Tage sehen wie der Oheim. –

Ruhmthal umarmte ihn freundlich: –


Das ist gut, Lieber! du sollt auch das Gemäld haben.


Und mir, rief die kleine Charlotte, schenken Sie das Bild mit dem Schaaf, welches der kleine Junge hält, und dem ein Mädchen Graß zu essen giebt. –

Carl kam auch, und bat darum mit dem Zusatz –


Da wollten sie die Geschichte der Schaafe dabey lesen, welche Herr Oheim von dem hübschen Fräulein schrieb. –

Ehrenwerth gieng selbst, die zwey Bilder zu holen. Sie wurden dann ohne Rahme und mit der Rahme betrachtet. Frau von Wahren sagte:


Jetzo, liebe Kinder! wissen wir alle, was der Unterschied zwischen leeren Zierrathen ist, welche allein genommen das Auge ermüden: wenn aber unser Verstand etwas nützliches dabey zu betrachten findet, so genießt man ein doppeltes Vergnügen.

Nach einiger Zeit verlohren sich die Herren alle aus der Stube: – Da sagte sie noch zu den ältern Fräulein, den Carl und ihren Wilhelm in den Armen haltend: –


[168] Ich will euch, da wir allein sind, noch etwas sagen. – Ihr wißt, daß die Bediente aus Mangel einer guten Erziehung, und die Kinder wegen ihrer Jugend unwissend sind, und der Papa sagte immer, unwissende Leute lieben den Glanz mehr als Wahrheit, und werden deswegen so oft betrogen: – war es nicht gestern so? – Ihr und unsere gute Hausleute lobtet die Rahmen so sehr weit über die Gemälde. Aber es freute mich, daß ihr gleich so unruhig nach den Bildern fragtet. – Ihr habt gesehen, daß die zwey vernünftige Männer die Bilder auch ohne die Einfassung liebten, weil sie wußten, wie viel schönes ihr Verstand darinn finden würde. Mein Wilhelm hatte recht – auf der Rahme ist immer das nemliche, und also nicht so viele Kunst und Fleiß: der Oheim muß auch viel mehr Geld für die Gemälde geben, als für die Einfassungen.

Die Rahme ist doch recht schön an den Bildern – sagten die Kinder.


Wißt ihr, warum?

Wegen des vielen Goldes und des artigen Schnizwerks –


[169] Ja etwas, aber besonders deswegen, weil sie nur eine Farbe haben, und nicht zu schmal und nicht zu breit sind –

Da nun die Kinder dieß nicht so leicht faßten, so wurde eine sehr breite Blendrahme mit Goldpapier überpapt, und ein Bild darein befestigt; ein ander kleines Bild mit einer sehr schmalen Einfassung, und ein drittes mit einer in mehreren Farben gemalten Rahme ihnen vorgelegt, und darüber gefragt und gesprochen. Sie wußten am Ende aus Empfindung von dem schönen des schiklichen, und dem unangenehmen des unschiklichen zu reden. Weil man bey der färbigen Rahme nicht wüßte, was man zuerst ansehen solle – das Gemäld oder Einfassung, sie wollten lieber gar keine haben. Sie fühlten, daß eine goldene Rahme erst gefalle, wenn sie fleißig und nett gearbeitet sey, und daß zu viel Zierrath die Sachen verderbe, nicht verschönere. – Und so lehrte sie ihre Frau Mutter das Denken durch die Sachen, welche ihrem Alter angemessen waren.

Frau von Ehrenwerth, welche nun selbst Mutter werden sollte, war auf alles begierig, was die Erziehung betraf. Sie hatte also nicht vergessen, daß Karl Ruhmthal etwas von der Geschichte der Schaafe gesprochen, welche der Oheim [170] geschrieben; und sie erinnerte ihn daran. Gleich lief er, und brachte das Papier: –


Ich will es Ihnen lesen, aber wir wollen uns zu dem schönen Bild mit dem Schaafe setzen, daß wir es ansehen. Das erstemal lasen wir es, gerade wie unsere lebende Schaafe in den Hof von der Weide zurükkommen –

Frau von Wahren sagte hier:


Wäre es nicht besser, wenn du eine schöne Abschrift machtest? – da erhielte die Frau von Ehrenwerth ein Andenken von meinem Karl, welches ihr gewiß recht lieb seyn würde. –

Louise versicherte es, und er sagte so gleich:


Da können Sie auch die Geschichte nicht vergessen, und sie dann Ihren Kindern lesen.

Als er weg war, und die Fräulein auch zu ihren Lehrstunden giengen, so sagte Frau von Wahren:


Sie werden in der Schaafgeschichte einen ganz andern Gang der Gedanken und des Tons finden, als ich habe. Ich that alles, um meine Kinder zu belehren, ohne sie zu ermüden, und bat daher meinen Bruder und Freunde um ihre Gedanken über mancherley Sachen, die ich als Nachrichten von dem, was andre Kinder lernen müßten, oder schon wußten, bey den meinen gebrauchen konnte. – [171] Die Verschiedenheit des Vortrags, der ihnen bald gefiel, bald widrig war, gab mir Anlaß sie zu gewöhnen, einstens nur auf den innern Werth zu sehen, und wenn dieser gut wäre, sich vor der Ungerechtigkeit zu hüten, es ganz allein zu verwerfen, weil die Form oder der Ton nicht nach ihrem Model sey. – So lernten sie urtheilen, wählen und entschuldigen. Keine von meinen Töchtern wollte den Charakter der Charlotte, welcher in dem Gespräch vorkommt. Alle wollten Herrn Pramers freundliche Vorstellungen, – und so schafte mir alles Stof zum Unterricht. –

Nachmittag entstund bey den jungen Damen eine grosse Freude, weil die zwey Kisten mit dem Geschenk ankamen, welches Herr von Ruhmthal für seine älteste Nichte zu einem Hausvorrath bestimmte. – Ihre Vermälung mit Herrn von Schönau führte sie auf einen Landsiz. – Ihr Gemal liebte alles, was Englisch war, und unser edelmüthiger Herr von Ruhmthal richtete sich in seinem Geschenk nach diesem Geschmack, indem es alle silberne und alle porcellanene Gefässe zu einem Englischen Frühstück verfertigen ließ, welche in den zwey Kisten anlangten. Sie waren mit himmelblauem Seidenzeug ausgeschlagen, und in einem [172] die Theemaschine von Silber mit niedlichen vergoldeten Zierrathen, die verschiedene Zuckertassen, zwey Milchkannen und Theetöpfe, die Löffelgen, die Teller, die Thee- und Milchsiebgen so artig geordnet, zwölf der schönsten Dresdner Tassen, mit zwey Theebüchsen, weiß mit einem Kranz von Vergißmeinnicht und Rosenknospen eingefaßt, in der Mitte der Namenszug der Braut. Die zweyte Kiste hatte Porcellanteller von der nemlichen Art, Schüsseln zu Cremes, zu Obst, silberne Körbchen zum Brod, Buttergefässe, Löffel, Messer, alles von der äussersten Schönheit. – Als man dieses alles gesehen und bewundert hatte, sagte Ruhmthal zu seinen Nichten: –


Nun, liebe Kinder! weiset auch, was eure Liebe und eure Geschiklichkeit für die Schwester Charlotte verfertigte –

Sie giengen lächelnd hinweg, und brachten miteinander einen grossen Korb, der aus weissen Seiden-Geflechten gemacht, und mit Blumengewinden eingefaßt ware. In diesem lag einer der feinsten Strohhüte, mit einem blauen Band, und Rosen geziert, eine batistene Schürze mit den kostbarsten Brüßler Spitzen besezt, ein grosses Halstuch von eben der Art, und ein völlig fertiges Englisches Hauskleid, von welchem die Ermelmanschette von [173] den nemlichen Spitzen waren; das Kleid und den Rock aber von himmelblau und weiß schimmerndem Seidenzeug, hatten beyde Fräulein mit zerstreuten, weissen und rothen Rösgen, und ihren Blättern so niedlich gestikt, daß würklich die Blumen nur angeheftet, da zu hängen schienen: – ein eben so schöner Arbeitsack von weissem Grund, mit allem Arbeitzeug, Maaßstab, und was dazu gehört, von Gold, vortreflich gearbeitet – eine gestikte Brieftasche mit den Bildern der zwey liebenswürdigen Künstlerinnen geziert, gabe dem ganzen herrlichen Geschenk den vollen Werth, welchen die Liebe des Oheims darauf legen wollte. Alles war von so viel Geschmack als Kostbarkeit, und mußte der Braut ein grosses Vergnügen geben, da ihr Oheim sie versicherte, er hätte lange gewünscht, wieder einmal eine Tasse Thee nach Englischem Gebrauch von einer artigen Dame eingeschenkt zu trinken, und er hofte, dieses Vergnügen durch die geliebte Besitzerin dieses Theegeräthes zu geniessen.

Da Frau von Ehrenwerth den Fräulein vieles über ihre Geschiklichkeit gesagt, so unterhielt sie sich noch länger mit ihnen auch von andern Kenntnissen, und fand ihren Geist und Herz mit allem Schönen und Nüzlichen geschmükt, was irgend eine adeliche Dame bey Hofe, und auf ihrem [174] Landsiz wissen kann, und wissen solle. Sie schriebe darüber ihrem Bruder: –


Es sind zwey Grazien, die in dem Schoos der reinen Natur von der sanften Weisheit erzogen werden. – Bemühe dich, liebster Bruder! dem edelsten unter den edlen ähnlich zu werden, und dann hoffe eine Emilia von Wahren zu deiner Belohnung. Unsere Reise war glüklich, weil wir jede Absicht erreichten, und nicht nur mit gesammelter Kenntniß fremder Verdienste, sondern mit dem Unterricht einheimischer Tugend begabt, nach Hause kommen. Wir haben in Wahrheim das Urbild glüklicher Gatten, Kinder und Unterthanen gesehen, – wir sind überzeugt, daß Tugend und Geist in mancherley Gestalten unter den Menschen wandeln, und immer in den Zügen der Wahrheit und Güte kenntbar sind. Selig ist das Loos dessen, welcher beyde immer in edlen wohlthätigen Gesinnungen um seine Seele schweben fühlt!

[175]

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). La Roche, Sophie von. Erzählungen. Moralische Erzählungen. Erste Sammlung. Die glükliche Reise. Die glükliche Reise. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-DAC0-6