August von Kotzebue
Die beiden Klingsberg
Ein Lustspiel in vier Akten

[326]

Personen

Personen.

    • Graf Klingsberg, Vater.

    • Graf Adolph von Klingsberg, sein Sohn.

    • Gräfin Woellwarth geborne Klingsberg, seine Schwester.

    • Lieutenant Baron von Stein.

    • Henriette, seine Schwester.

    • Madame Amalie Friedberg.

    • Krautmann, Pachter auf den Gütern des Grafen.

    • Frau Wunschel, Zimmervermieterin.

    • Balthasar Schwalbenschweif, Kammerdiener des alten Grafen.

    • Ernestine, Kammermädchen der Gräfin.

    • Jacob, Bedienter der Gräfin.

    • Eine Magd.

    • Bedienter des Grafen.

1. Akt

1. Szene
Erste Szene
Graf – Balthasar.
Balthasar steht in weißer Jacke und weißer Schürze hinterm Stuhl an der Toilette und erwartet seinen Herrn; der alte Graf im Pudermantel tritt gähnend aus seinem Schlafzimmer, setzt sich und gähnt abermals laut. – Während dieser Szene wird Klingsberg frisiert.

GRAF.
Nun? warum antwortest du nicht?
BALTHASAR.
Ew. Gnaden haben ja noch nichts gefragt.
GRAF.
Dummkopf! hast du mich nicht gähnen gehört?
BALTHASAR.
Das wohl.
GRAF.
Nun, wenn ich gähne, so heißt das immer soviel, als: gibt's nichts Neues in der Stadt?
BALTHASAR
auf die Toilette deutend.
Da liegt ein Billett von der kleinen Italienerin.
GRAF
nachlässig.

Von der Comachini? Das kann nichts Neues enthalten, ich bin gestern den ganzen Abend bei ihr gewesen. Öffnet und liest es flüchtig. Zärtlichkeit – Treue – Wirft es weg. so gut, als gelesen. Was haben wir für Wetter?

BALTHASAR.
Die Sonne scheint.
GRAF.
Um zwölf Uhr anspannen.
BALTHASAR.
Sehr wohl.
GRAF.
Weißt du sonst nichts?
BALTHASAR
nach einigem Besinnen.
Der Graf Eisenberg hat sich ein herrliches neues Pirutsch machen lassen.
GRAF.
Wieviel kostet es?
BALTHASAR.
Dreihundert Dukaten.
GRAF.
Schöner als meins?
BALTHASAR.
Ich glaube fast.
GRAF.
So muß ich ein neues haben.
[327]
BALTHASAR.
Das glänzt, das flimmert!
GRAF.
Das meinige soll vierhundert Dukaten kosten.
BALTHASAR.
Viel Geld! Mit einem Seufzer. Die Witwe Funk, welcher Ew. Gnaden die Pension geben, ist gestorben.
GRAF.
So? hinterläßt sie Kinder?
BALTHASAR.
Zwei arme Würmer.
GRAF.

Und was bin ich denn? Ein armer Goldkäfer, das kommt am Ende auf eins heraus. Wir gehören doch alle zum Insektengeschlecht.

BALTHASAR.
Die Mutter war fleißig, konnte ein Stück Brot verdienen. Nun haben die Kinder gar nichts.
GRAF.
So muß man die Pension verdoppeln. Hörst du? Verdoppeln.
BALTHASAR
indem er mit der einen Hand das Haar kämmt und mit der andern sich eine Träne aus den Augen wischt.
Ich danke!
GRAF.

Nun, nun, raufe mir die Haare nicht aus. Ich habe so nicht viel mehr übrig. Pause. Aber sage mir doch, Patron, warum bei dir das Pirutsch Nr. 1, und die arme Witwe erst Nr. 2 war?

BALTHASAR.
Was Sie an den Kindern tun, glänzt und flimmert ja nicht.
GRAF
ohne alle Feierlichkeit.
Wer weiß, Balthasar, wo auch das einmal glänzen wird. Ist meine Schwester schon aufgestanden?
BALTHASAR.
Noch nicht.
GRAF.
Sie hat ein allerliebstes Kammermädchen.
BALTHASAR
ohne Teilnahme.
Ja!
GRAF.
Eine kleine, spröde Hexe!
BALTHASAR.
Der junge Herr Graf hat auch schon darüber geklagt.
GRAF.
Mein Sohn? Immer geht mir der Wildfang ins Gehege.
BALTHASAR.
Er weiß vermutlich nicht, daß Ew. Gnaden noch immer ein Gehege haben.
GRAF.
Das darf er auch nicht wissen; hörst du? Der Respectus parentelae möchte darunter leiden.
BALTHASAR.
Von mir soll er nichts erfahren.
GRAF
in den Spiegel schauend.
Hier, Balthasar, ich sehe da wieder einige graue Haare. Nimm die Zange und reiße sie aus.
BALTHASAR.

Ach Herr Graf! wenn ich alle die weißen Haare herausreißen soll, so mache ich Sie wahrhaftig zum Kahlkopf.

[328]
GRAF.
Tölpel! Hätte ich meinen Lafleur noch, der hätte mir so etwas nicht gesagt.
BALTHASAR.
Ich bin nur ein Deutscher.
GRAF.

Aus Patriotismus habe ich den zierlichen Lafleur weggejagt, und den derben Balthasar Schwalbenschweif dafür in meine Dienste genommen. Welch ein fürchterlicher deutscher Name!

BALTHASAR
gutmütig.
Herr Graf! ich habe auch ein deutsches Herz.
GRAF.
Hast du, Patron? Nun so verwahre es gut. Das ist heutzutage eine Rarität.
2. Szene
Zweite Szene
Vorige – Bedienter.

BEDIENTER.
Der Pachter Krautmann bittet um die Gnade –
GRAF.

Krautmann? Ist er endlich da? Er soll hereinkommen. Geschwind! Bedienter ab. Heda, Balthasar Schwalbenschweif! Biete heute deine ganze Kunst auf! Ich habe dir neulich ein Frauenzimmer kennengelernt; der Henker weiß, wer sie ist, und wie sie zu meinem Pachter gekommen sein mag. Stille.

3. Szene
Dritte Szene
Vorige – Krautmann.

GRAF.
Guten Morgen, ehrlicher Krautmann! wie gehts?
KRAUTMANN.
Schlecht und recht, Ew. Gnaden.
GRAF.
Was macht deine Frau und deine Kinder?
KRAUTMANN.
Sie beten, arbeiten und lieben sich untereinander.
GRAF.
Hast du meinen Auftrag vollzogen?
KRAUTMANN
zuckt die Achseln.
Ja!
GRAF.
Warum zuckst du die Achseln dabei?
KRAUTMANN.
Weil – Ew. Gnaden verzeihen – weil ich es nicht gern getan habe.
GRAF.
Warum nicht?
KRAUTMANN.
Ich habe dabei so viel lügen müssen. Unsereins ist das nicht gewohnt.
BALTHASAR.
Gnädiger Herr! Der Mann verwahrt auch eine Rarität.
[329]
GRAF.
Schweig! Nun Krautmann? Du hast also das Frauenzimmer – wie nennt es sich doch gleich?
KRAUTMANN.
Madam Friedberg.
GRAF.
Recht. Du hast sie zur Frau Wunschel gebracht?
KRAUTMANN.
Ja.
GRAF.
Ist sie mit ihrem Zimmer zufrieden?
KRAUTMANN.
Ach die gute Seele! Die ist mit allem zufrieden.
GRAF.
Weiß sie schon?
KRAUTMANN.
Nichts weiß sie; ich weiß ja selbst nichts.
GRAF.
Ja so!
KRAUTMANN.
Ich meine, der Herr Graf haben sie kommen lassen, um sie anständig zu versorgen.
GRAF.
Allerdings.
KRAUTMANN.
Anständig und ehrlich; nicht wahr, gnädiger Herr?
GRAF.
Du bist ein impertinenter Frager! – War sie bereitwillig, dir zu folgen?
KRAUTMANN.
O ja! Sie hat die Stunde mit Sehnsucht erwartet.
GRAF.
Ein gutes Zeichen! Hat sie alle ihre Sachen mitgenommen?
KRAUTMANN.
Die arme Frau! Wie sie geht und steht; viel mehr hat sie nicht.
GRAF.
Sehr arm! desto besser.
KRAUTMANN.

Arm, aber brav, sehr brav! Das wird heute abend ein Lamentieren unter meinen Kindern geben, wenn ich nach Hause komme, und die gute Frau Friedberg nicht wieder mitbringe.

GRAF.
Sage ihnen nur, sie wäre gern in der Stadt geblieben.
KRAUTMANN.
Ja, das mag wohl sein. Als wir die Türme von weitem erblickten, hatte sie eine große Freude.
GRAF.
Siehst du?
KRAUTMANN.
Sie hat einen Bekannten in der Stadt, den sie gern sprechen möchte.
GRAF.
Einen Bekannten? Ei!
KRAUTMANN.
Einen gewissen Lieutenant Stein.
GRAF.
Und gar einen Lieutenant?
KRAUTMANN.
Sie hat mir seine Adresse gegeben, und mich gebeten, ihn auszukundschaften.
GRAF.
Untersteh dich!
KRAUTMANN.
Ich würde ihn ohnehin nicht finden; weiß selbst kaum Weg und Steg in der großen Stadt.
GRAF
indem er die fertige Frisur im Spiegel beschaut.

Also [330] ein Lieutenant? – Gute Nacht, Gewissensskrupel! Eine hübsche junge Frau, die einen Lieutenant aufsucht, ist wahrscheinlich keine Vestalin – Jetzt pudre mich, Balthasar, und vorzüglich da – Auf die grauen Haare deutend. Du verstehst mich.

BALTHASAR.
Ich verstehe! Beide ab.
4. Szene
Vierte Szene
KRAUTMANN
allein.

Ein guter, braver Herr! Aber immer noch so jung! Es gibt Leute, die sich die Jugend in ihrem Leben nicht abgewöhnen. – Ich denke doch, es soll keine Gefahr mit ihm haben. Denn wenn ich das wüßte, lieber wollte ich das Frauenzimmer auf meinem Buckel wieder nach Hause tragen. Nicht doch! Sie hat so was Vornehmes, so was Ehrenfestes: sie wird ihn schon drei Schritte vom Leibe halten, und merkt er das nur erst, was gilts? dann wird er väterlich an ihr handeln, so wie an uns allen.

5. Szene
Fünfte Szene
Krautmann – Adolph.

ADOLPH.
Ist mein Vater schon aufgestanden?
KRAUTMANN.
Schon? Es ist ja Mittag. Der gnädige Herr Papa läßt sich pudern.
ADOLPH.
Wer seid Ihr, guter Freund?
KRAUTMANN.
Der Pachter Krautmann von Liliendorf.
ADOLPH.
So, so! Was bringt Ihr Gutes?
KRAUTMANN.
Zwei Rehböcke und ein Frauenzimmer.
ADOLPH.
Ein Frauenzimmer? Hegt mein Vater auch solches Wild in seinen Revieren?
KRAUTMANN.
Es ist eine unglückliche Person: der gnädige Herr Papa wollen sie christlich versorgen.
ADOLPH.
Vermutlich ein altes Weib?
KRAUTMANN.
Blutjung.
ADOLPH.
So? Und schön?
KRAUTMANN.
Wie ein freundlicher Morgen.
ADOLPH.
Ei! wie seid Ihr denn dazu gekommen?
KRAUTMANN.
Durch Zufall.
ADOLPH.
Ist sie auf Euerm Grund und Boden gewachsen?
[331]
KRAUTMANN.
Nein! Madame Friedberg ist eine Fremde.
ADOLPH.
Friedberg? Woher?
KRAUTMANN.

Das weiß ich nicht. Es war gleich nach der Weinlese, da kam ein Herr mit zwei Frauenzimmern auf einem elenden Fuhrwerke in unser Dorf. Sie hatten auch eine alte Magd bei sich, die war auf den holprichten Landstraßen so zusammengeschüttelt, daß sie nicht weiterkonnte; wir meinten alle, sie würde den Geist aufgeben. Ich sah den Jammer eine Weile mit an, und erbot mich, die Magd ins Haus zu nehmen und zu verpflegen. Das war ein langes Deliberieren. Es kam den Leuten schwer an, sich zu trennen. Ich pflege immer zu sagen: Unglückliche sind wie das Eisen, das im Feuer zusammengeschmiedet wird. Nun die Alte wollten sie nicht gern unter Fremden allein lassen. Da entschloß sich endlich Madame Friedberg zurückzubleiben, aus Pflicht und Dankbarkeit, wie sie sagte, weil die Alte sie erzogen hatte.

ADOLPH.
Und der Fremde?
KRAUTMANN.

Dem kam das Scheiden blutsauer an. Er wollte mir Geld zurücklassen. Als ich aber die dürre Börse sah, und die verhungerten Gesichter, da schämte ich mich und nahm nichts. Hernach weinten sie noch ein langes und breites. Wir andern im Hause weinten alle mit. Der Fremde versprach, bald wiederzukommen, und fuhr mit dem andern Frauenzimmer davon.

ADOLPH.
Und ist nicht wiedergekommen?
KRAUTMANN.
Noch nicht.
ADOLPH.
Und hat auch nicht geschrieben?
KRAUTMANN.

Geschrieben mag er wohl haben. Madam Friedberg hat etliche Briefe empfangen und hinterdrein immer ein paar Tage lang rote Augen gehabt.

ADOLPH.
Der Fremde war vielleicht ihr Mann?
KRAUTMANN.
Vielleicht.
ADOLPH.
Habt Ihr nicht darnach gefragt?
KRAUTMANN.
Nein.
ADOLPH.
Warum nicht? Das hättet Ihr tun sollen.
KRAUTMANN.

Gnädiger Herr! Bei uns auf dem Lande ist es Sitte, wenn wir merken, daß einer einen wunden Fleck am Körper hat, so tappen wir nicht gern darauf herum, denn wenn man dergleichen auch noch so leise berührt, es tut doch immer weh.

ADOLPH.
Wißt Ihr auch, Alter, daß Eure Geschichte sehr interessant ist?
[332]
KRAUTMANN.

Interessant? Das soll wohl soviel heißen, als eigennützig? Nein, das bin ich nicht. Keinen Heller habe ich gefordert. Die alte Magd ist vor etlichen Tagen gestorben; ich habe sie anständig begraben lassen, habe einen Sarg von Tannenholz bezahlt und einen schönen Kranz obendrauf, denn sie war eine gottesfürchtige alte Jungfer.

ADOLPH.
Sie ruhe sanft!
KRAUTMANN.

Nein, interessant bin ich gar nicht. Als der gnädige Herr Papa zu uns auf die Jagd kamen, und mir die Ehre antat, in meinem Hause zu frühstücken, da hat er mir auch Geld angeboten, weil die Madame Friedberg ihm gleich wohl gefiel; aber der alte Krautmann kann wohl noch umsonst dem Armen ein Stück Brot zuschneiden, und wer weiß, wo es mir an meinen Kindern einmal vergolten wird.

ADOLPH
beiseite, – ungeduldig.
Schwätzer! Laut. Und mein Vater wird also in Zukunft für Madame Friedberg Sorge tragen?
KRAUTMANN.
Das wird er. Es tut mir leid! Ich hätte sie gern selbst behalten.
ADOLPH.
Und wo ist sie jetzt? Hier im Hause?
KRAUTMANN.
Nein.
ADOLPH.
Wo denn?
KRAUTMANN.
Je nun, junger gnädiger Herr! ich weiß nicht, ob ich das sagen darf.
ADOLPH.
Warum nicht?
KRAUTMANN.
Es ist mir zwar so eigentlich nicht verboten worden.
ADOLPH.
Nun also?
KRAUTMANN.
Aber mit dem Herrn Papa hat es nichts zu bedeuten. So ein alter, respektabler Herr!
ADOLPH.
Und ich bin ein junger respektabler Herr.
KRAUTMANN.
Ja, ja, respektabel allerdings, – ich meine nur –
ADOLPH
scheinheilig.
Ihr meint doch nicht etwa, daß ich dem Frauenzimmer nachstellen würde?
KRAUTMANN.
Je nun – die Jugend –
ADOLPH.
Pfui, da bin ich ganz anders; da kennt Ihr mich gar nicht.
KRAUTMANN
gutmütig gläubig.
Wirklich?
ADOLPH.
Ehrbarkeit ist meine Haupttugend.
KRAUTMANN.
In der Tat?
ADOLPH.
Die Weiber schelten mich spottweise den jungen Sittenprediger.
[333]
KRAUTMANN.
Wahrhaftig?
ADOLPH.
Und in der Stadt nennen sie mich nur den keuschen Joseph.
KRAUTMANN.
Wer Ihnen das ansähe! Mit dem Stocke hinterwärts drohend. Nun wart, laßt mich nur nach Hause kommen!
ADOLPH.
Wieso?
KRAUTMANN.

Da sind meine Mädchen neulich zum Jahrmarkt in der Stadt gewesen, und wie sie nach Hause kamen, so wollten sie überall gehört haben, der junge Herr Graf liefe jeder Schürze nach.

ADOLPH.
Abscheuliche Verleumdung! Apropos, habt Ihr hübsche Töchter?
KRAUTMANN.

Ich sollte sie wohl nicht rühmen, denn ich bin Vater; aber das darf ich schon sagen: es sind ein paar hübsche, flinke Mädels.

ADOLPH.
Und die Jagd zu Liliendorf ist gut? nicht wahr? Ich werde doch auch nächstens einmal hinauskommen.
KRAUTMANN
verbeugt sich.
Viel Ehre!
ADOLPH.

Also die Madame Friedberg – wo ließen wir sie? – denn ich muß Euch sagen, ich habe Gutes mit ihr im Sinne; notabene, wenn ich finde, daß sie eine sittsame, tugendhafte Person ist.

KRAUTMANN.
Das ist sie, bei meiner armen Seele.
ADOLPH.

Das freut mich. Meine Tante soll darum wissen. Ihr kennt doch meine Tante? Es ist eine reputierliche, schon etwas bejahrte Dame; die führe ich selbst in das Haus – wo war es doch gleich?

KRAUTMANN
zutraulich.
An der Ecke bei der Frau Wunschel.
ADOLPH.
Ganz recht; bei der Frau Wunschel.
KRAUTMANN.
Im dritten Stock, – rechter Hand.
ADOLPH.
Scharmant!
KRAUTMANN.
Gott sei gedankt, daß die wackere Madame in so gute Hände geraten ist.
ADOLPH.
In die besten von der Welt.
6. Szene
Sechste Szene
Vorige – Der alte Graf.

GRAF.

Bist du noch hier, Krautmann? – Guten Morgen, mein Sohn! Adolph küßt ihm die Hand. Geh, Alter, geh an deine Geschäfte und grüße mir die ganze Gemeinde zu Liliendorf.

[334]
KRAUTMANN.

Da werde ich wieder eine Freude anstellen, wenn ich mich den Abend mit meiner Pfeife unter die Linde setze. Jung und alt versammelt sich, sooft ich aus der Stadt komme. Ein jeder will von unserm guten Grafen erzählen hören, und dann ziehen sie die Mützen ab, und wünschen ihm für seine Liebe Gottes Segen zur Vergeltung. Nun, der Himmel hat es schon vergolten; er gab Ihnen einen wackern Sohn, einen zweiten Joseph. – Gott befohlen, gnädiger Herr! Ab.

7. Szene
Siebente Szene
Graf – Adolph – hernach Bedienter.

GRAF.
Du ein Joseph? Was will er damit sagen?
ADOLPH.
Er weiß vermutlich nicht, daß ich Adolph heiße.
GRAF
klingelt.
– Bedienter tritt ein. Chokolade!
ADOLPH.
O ich bitte, lieber Vater, lassen Sie für mich auch bringen!
GRAF
zum Bedienten.
Zwei Becher!
ADOLPH
ihm nachrufend.
Vier Becher!
GRAF.
Bist du so hungrig?
ADOLPH.
Wie ein Wolf.
GRAF.
Hast du nicht soupiert?
ADOLPH.
Verdammt wenig und verdammt schlecht.
GRAF.
Wo warst du?
ADOLPH.
Der Zufall führte mich zu der kleinen Tänzerin Comachini.
GRAF
stutzt.
Wie?
ADOLPH.
Sie wird von einem alten Herrn unterhalten, den sie nicht nennen darf.
GRAF.
So?
ADOLPH.

Eben da wir uns zur Tafel setzen wollten, ein böhmischer Fasan lachte mich schon freundlich an, – führte der Henker den alten Herrn die Treppe herauf.

GRAF.
Und du?
ADOLPH.

Ich war mit einem Sprunge im Hinterzimmer beim Kammermädchen – auch ein artiges Geschöpf! Man schickte uns den Abhub von der Tafel; aber der alte Herr muß noch einen vortrefflichen Appetit haben, denn er hatte den böhmischen Fasanen rein aufgegessen.

GRAF.
Und dann?
[335]
ADOLPH.

Um zwölf Uhr trollte er sich nach Hause; aber nun war es schon zu spät, um ins Speisehaus zu schicken. Die Comachini machte tausend Entschuldigungen, ich lachte und hungerte.

GRAF.

Es geschah dir schon recht. Nimmt verstohlen das Billett von der Toilette und zerreißt es mit unterdrückter Wut. Und den Namen des Fasanenfressers wollte sie dir nicht sagen?

ADOLPH.

Durchaus nicht. Es wird wohl so ein alter reicher Podagrist sein, der die Erinnerungen seiner schönen Jugend bei ihr mit Gelde aufwägt.

GRAF.

Ja, ja, so wirds wohl sein. Aber du, mein Sohn, du solltest dich schämen! eine solche Lebensart! Ich habe nichts dagegen, daß du dem schönen Geschlecht huldigst; aber nur mit Auswahl, mit Delikatesse.

ADOLPH.
Ich komme auch nur selten zur Comachini.
GRAF.
In meiner Jugend habe ich auch wohl gern hübsche Mädchen gesehn; aber immer mit Anstand.
ADOLPH.

Mit Anstand! recht Papa! – Ich habe vor einiger Zeit ein Frauenzimmer kennen lernen, das selbst einen Perikles bezaubern würde.

GRAF
aufmerksam.
Jung und hübsch?
ADOLPH.

O was sind – jung und hübsch – für unbedeutende Worte, um eine Gestalt zu bezeichnen, zu welcher die Helenen, die Aspasien, die Chlorinden, die Danaen nur einzelne Züge leihen konnten!

GRAF
für sich.
Teufelsjunge! lauter Pulver! – Laut. Nun so erzähle doch!
ADOLPH.
Ein schmachtendes Auge.
GRAF.
Schwarz oder blau?
ADOLPH.
Blau. Wangen und Lippen wie Morgenrot übergossen.
GRAF
der immer lüsterner wird.
Und die Lippen? ein wenig aufgeworfen?
ADOLPH.
Einladend zum Kuß; ihre ganze Gestalt so wellenförmig.
GRAF.
Wellenförmig? Das mag ich wohl leiden.
ADOLPH.
Und die Hand! Die Hand!
GRAF.
Nun? die Hand?
ADOLPH.
Man muß sie lange drücken, ehe man einen Knochen fühlt.
GRAF.
Ich liebe solche Hände.
ADOLPH.
Und der Fuß – o Papa! der Fuß! –
[336]
GRAF.
Nun? der Fuß?
ADOLPH.
Was soll ich von dem Fuße sagen?
GRAF.
Klein? schmal?
ADOLPH.
Zu wenig!
GRAF.
Nett? niedlich?
ADOLPH.
Zu wenig!
GRAF.
Narr! so rede!
ADOLPH.
Über einen solchen Fuß muß man gar nicht reden, den muß man nur sehen, und – wenn man darf – küssen!
GRAF.
Darfst du das?
ADOLPH.
Leider nein! Sie ist bei allen ihren Reizen so sittsam, so schüchtern, daß man verzweifeln möchte.
GRAF.
Du bist sehr verliebt!
ADOLPH.
Zum Sterben.
GRAF.
Sei ruhig! Du wirst nicht sterben.
ADOLPH.
Wenn das Mädchen von Stande wäre, wahrlich, Papa, ich könnte –
GRAF.
Einen dummen Streich machen?
ADOLPH.
Vielleicht den klügsten meines Lebens.
GRAF.
Wer ist sie denn?
ADOLPH.
Sie näht, sie stickt, sie macht allerlei Putz.
GRAF.
Und du kaufst ihr wohl fleißig ab?
ADOLPH.
Ich muß ja wohl, denn Geschenke nimmt sie nicht.
GRAF.
Hm! das ist brav! Ich möchte ihr schon auch etwas abkaufen. Wo wohnt sie? Ganz allein?
ADOLPH.
Bewahre! Sie hat einen Bruder, dem gehe ich aus dem Wege.
GRAF.
Oder er dir?
ADOLPH.
Ach nein! Er sucht hier, ich weiß nicht, was. Er ist selten zu Hause.
GRAF
beiseite.
Selten zu Hause? Laut. Und die armen Leute wohnen vermutlich sehr schlecht?
ADOLPH.
Sie wollen es nicht besser.
GRAF
forschend.
In einer engen Gasse?
ADOLPH.
Freilich! In der Winkelgasse am Markte.
GRAF.
Ach! Vermutlich bei dem Gewürzkrämer?
ADOLPH.
Nein, es ist ein Seifensieder. Das ganze Haus stinkt wie die Pest.
GRAF
beiseite.
So, so! Also nur der Nase nach –
ADOLPH.
Und wenn einmal Feuer da auskäme – die schmalen hölzernen Treppen, – der vierte Stock –
GRAF.
Der vierte Stock? Das ist verdammt hoch!
[337]
ADOLPH.

Freilich so ein alter Herr, wie der Anbeter der Comachini, muß es wohl bleiben lassen, da hinaufzuklettern.

GRAF.
Nimm dich nur selbst vor der Schwindsucht in acht.
ADOLPH.
Vor der Auszehrung wollen Sie sagen; denn ich liebe hoffnungslos.
GRAF
nimmt sich zusammen.
Beim Lichte betrachtet, mein Sohn! was willst du da?
ADOLPH.
Ach ich weiß es selbst nicht.
GRAF.
Zeitvertreib?
ADOLPH.
Es ist mehr als das.
GRAF.
Ein sittsames Mädchen verführen?
ADOLPH.
Das nicht, nein, wahrlich nicht! Das sollte mir herzlich leid tun.
GRAF.
Ja hinterdrein! Höre, Adolph! es ist meine Pflicht, dir zu raten: Bleib dort weg!
ADOLPH.
Das würde sehr schwer werden.
GRAF.
Sieh, ich meine es gut mit dir. Ich kenne die Welt.
ADOLPH.
Ich möchte sie auch gern kennenlernen.
GRAF.
Man verliert an solchen Orten seine Zeit.
ADOLPH.
Man kann sie nicht besser verlieren.
GRAF.
Sein Geld.
ADOLPH.
Immerhin!
GRAF.
Und oft noch mehr.
ADOLPH.
Das Herz, wollen Sie sagen? Je nun, dazu wurde es ja geschaffen.
GRAF.
Nicht zum Verlust, sondern zum Tausch.
ADOLPH.
Desto besser!
GRAF.

Beim Tausch gehts aber zuweilen wie in dem berühmten Spiele, wo man die Karten mit dem Nachbar wechselt; man gibt oft etwas Besseres weg, als man zurückempfängt.

ADOLPH.
Auch umgekehrt.
GRAF.

Überhaupt, mein Sohn, haben Karten und Herzen viel Ähnlichkeit miteinander. Von außen anzusehen alle glatt und rein; es müßte denn schon oft damit gespielt worden sein, – aber wer darf eher hineinsehen, als bis sie herumgegeben sind? Da hat sich denn mancher mit großen Erwartungen hingesetzt, und wenn er's beim Lichte besieht, so ruft er kleinlaut: ich passe!

ADOLPH.
Besser passen, als Kodille verlieren.
GRAF.

Hast du dich vielleicht schon zu tief eingelassen? – Sieh, Adolph, vier Treppen sind zwar hoch, verdammt hoch; [338] aber aus väterlicher Liebe – die Mühe soll mich nicht verdrüßen; ich will zu ihr gehen – ich will ihr sagen –

ADOLPH.

Wer ein Mädchen liebt, muß es ihr selbst sagen. Der dritte Mann würde nur Prosa aus einer Ode machen.

GRAF.
Die Odenliebhaber taugen selten viel.
ADOLPH.

Wenn ich so alt werde, wie Sie, lieber Papa, so will ich mich denn auch zur Prosa herabstimmen. Mit bescheidnem Scherz. Unterdessen bin ich gekommen, Ihnen anzukündigen, daß ich bald wieder Geld brauchen werde.

GRAF.
Du brauchst viel Geld.
ADOLPH
küßt ihm die Hand.
Sie sind reich und gut! Will gehen.
GRAF.
Wohin?
ADOLPH.

Ich habe wichtige Geschäfte. Ich habe gestern einen süperben neuen Schimmel gekauft, den muß ich heute im Prater produzieren, dann zur Baronin Sollenheim, um mit ihr auf das gestrige neue Stück zu schimpfen, – dann ein wenig auf dem Graben stehen und gaffen, – dann ein Dutzend Krapfen essen, – dann auf die Reitschule, – dann aufs Kaffeehaus, dann große Toilette, – o, ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Ab.

8. Szene
Achte Szene
KLINGSBERG VATER.

Mein leibhaftes Ebenbild! – Ils sont passés ces jours de Fêtes! Aber der Comachini hätte ich eine solche Verräterei nicht zugetraut. Sieht in den Spiegel. Ich bin doch immer ein Mann, der – Nein, Signora, mit uns ists aus! Diesmal habe ich glücklicherweise den Fasan noch erwischt, ein andermal müßte ich ihn bezahlen, und mein Sohn würde ihn speisen. Serviteur très humble! Aber nur Geduld! Ich werde ihm auch einen Streich spielen. Das hübsche Mädchen in der Winkelgasse, beim Seifensieder im vierten Stock –

9. Szene
Neunte Szene
Graf – Ernestine.

ERNESTINE.
Meine gnädige Gräfin läßt fragen –
GRAF.

Willkommen, allerliebstes Tinchen! Hast du dich endlich [339] einmal zu mir verirrt? Komm näher! Setz' dich! Laß uns schwatzen, plaudern, küssen –

ERNESTINE.
Bewahre der Himmel! Der Respekt –
GRAF.

Bleib mir damit vom Leibe! Es ist mir nichts fataler, als wenn ein hübsches Mädchen Respekt vor mir hat.

ERNESTINE.
Meine gnädige Gräfin –
GRAF.

Deine Gräfin ist gnädig, und du bist schön, und schön war von jeher mehr, als gnädig. Also ohne Umstände!

ERNESTINE.
Gnädiger Herr! Das würde sich nicht schicken.
GRAF.

Ei was! Die Menschen sind auf der Welt, um sich ineinander zu schicken; das ist die wahre Schicklichkeit. Drum gib mir fürs erste einen Kuß!

ERNESTINE.
Erlauben Sie mir, Ihnen die Hand zu küssen.
GRAF.

Pfui! das wäre ja die verkehrte Welt. Meinst du, wir wären in Amerika, wo die Männer sich zu Bette legen, wenn die Weiber in die Wochen kommen? Mir, mir gib dein weißes, rundes Händchen!

ERNESTINE
steckt die Hände unter die Schürze.
Ach gnädiger Herr! Sie beschämen mich!
GRAF.

Kind, das sind schlechte Manieren! Wer wird die Hände unter die Schürze stecken? Das sieht aus, als ob man eben aus einer kleinen Landstadt arriviert wäre.

ERNESTINE.
Ich weiß in der Tat nicht –
GRAF.

Wie hübsch du bist? Ja, das merk ich. Da sieh in den Spiegel, kleiner Schelm! Sage mir nur, wo du die verdammte Sprödigkeit her hast? Was bist du für eine Landsmännin?

ERNESTINE.
Eine Berlinerin.
GRAF.

So? sind denn die Berlinerinnen alle so spröde? Das war doch vormals nicht. Ich bin auch einmal in Berlin gewesen.

ERNESTINE
naiv.
Das ist wohl schon sehr lange her?
GRAF
etwas verlegen.
Hm! ja!
ERNESTINE.
Als der gnädige Herr noch jung waren?
GRAF.

Freilich war ich jünger, als jetzt. Doch, um zu lieben, wird man nie zu alt. Was die Sonne in der physischen Welt ist, das ist die Liebe in der moralischen; beide erwärmen auch Greise. Dich, niedliches Geschöpf, habe ich geliebt seit der Stunde, als du mit meiner Schwester aus dem Wagen stiegst. Du bist so flink, so gewandt – noch gestern sah ich dich über den Kohlmarkt trippeln. Apropos! es war gestern kühl, windig und du so leicht gekleidet, als ob du zum Tanze gingest.

[340]
ERNESTINE.
Ich bin das so gewohnt.
GRAF.

Nein, nein, das darf nicht sein! Du würdest dich erkälten: Husten, Schwindsucht, Tod, – das wäre jammerschade! – Warte mein Kind! Ich habe einen türkischen Schawl gekauft; verstehst du mich? Für dich gekauft; rot, wie deine Lippen, und weich, wie deine Hand. Verzeih nur einen Augenblick, ich bin gleich wieder bei dir. Ab.

10. Szene
Zehnte Szene
ERNESTINE
allein.

Für mich? Mir will er ein Geschenk machen? Ich glaube fast. Aber wofür? – Daß ich die Runzeln nicht sehen soll? – Ja, da muß er den Schawl über den Kopf hängen. Sonderbar! alt werden will jedermann; aber alt scheinen niemand.

11. Szene
Eilfte Szene
Ernestine – Adolph.

ADOLPH.
Tinchen! Bist du da? Ich habe dich im ganzen Hause gesucht. Was Henker machst du hier?
ERNESTINE.
Die gnädige Gräfin schickt mich –
ADOLPH.

Sieh, ich will ausreiten, mein Roß ist schon gesattelt, aber ich kann nicht eher von der Stelle, bis ich einen Kuß von dir bekomme.

ERNESTINE.
Dann lassen Sie nur wieder absatteln.
ADOLPH.
Ei ja doch! Seh ich denn aus, wie ein Mensch, der sich abweisen läßt?

Will sie umarmen.
ERNESTINE
sich sträubend.
Herr Graf! ich schreie.
ADOLPH.
In Gottes Namen!
ERNESTINE.
Ich sage es Ihrer Tante!
ADOLPH.
Ich sage es ihr selber.
ERNESTINE.
Der Papa wird gleich hier sein.
ADOLPH.
Und wenn der Teufel dazu käme!
ERNESTINE.
Das ist ein gottloser Mensch Nun, um Sie nur loszuwerden! Reicht ihm den Backen.
[341]
12. Szene
Zwölfte Szene
Vorige – Graf tritt eben mit dem Schawl heraus, da der Kuß gegeben wird.

GRAF.

So? Vortrefflich! Ernestine schreit und läuft davon; Adolph tritt etwas verlegen zurück, und reißt sich geschwind die linke Manschette ab. Ich dachte, du wärst schon im Prater?

ADOLPH.
Ich wollte soeben –
GRAF.
Ist das schicklich? – In des Vaters Vorzimmer?
ADOLPH.
Verzeihen Sie, lieber Papa!
GRAF.
Meinst du, daß bei mir solche Dinge vorgehen?
ADOLPH.
Ich wollte nur –
GRAF.

Deine Tante schickt das unschuldige Mädchen da herüber, weil sie weiß, bei mir geht alles anständig zu, und weil sie nicht vermuten kann, daß der Herr Windbeutel von Sohn nicht einmal seines Vaters Zimmer verschont.

ADOLPH.
Ich hatte mir da eben eine Manschette zerrissen und wollte Tinchen bitten, sie wieder anzunähen.
GRAF.

So? Allerliebst! Ein Kuß ist doch keine Nähnadel? Reißt ihm unwillig die Manschette aus der Hand. Ei, ei mein Sohn! Das ist nicht delikat, sich mit Kammermädchen abzugeben! Hast du jemals dergleichen von mir gesehen?

ADOLPH.

Ich bitte um Verzeihung – ich werde mich in Zukunft hüten. – Vielleicht hatten der gnädige Herr Vater einen Auftrag an die gnädige Tante, – und nun ist das dumme Mädchen fortgelaufen – vielleicht wollten Sie ihr eben diesen Schawl übersenden?

GRAF
verlegen.
Nun freilich – freilich wollt' ich das.
ADOLPH.
O so erlauben Sie, daß ich –
GRAF.
Nein, nein, es hat Zeit.
ADOLPH.

Ich bitte – ich würde untröstlich sein, – lassen Sie mich wenigstens meine Etourderie in etwas wiedergutmachen. Die gnädige Tante will ausfahren – es ist kühl, – sie wird den Schawl nötig haben. Ich fliege zu ihr!


Nimmt den Schawl halb mit Gewalt und läuft davon.
GRAF
bleibt stehen und betrachtet die Manschette.

Verdammter Bube! Küßt das Mädchen, – bringt den Schawl meiner alten Schwester, und läßt mir eine zerrissene Manschette!


Ende des ersten Akts.

[342]

2. Akt

1. Szene
Erste Szene
Amalie sitzt und hat den Kopf in die Hand gestützt – Frau Wunschel steht vor ihr im Plaudern begriffen.

FRAU WUNSCHEL.

Wie ich Ihnen sage, meine liebe Madame! Nicht länger als fünf Jahre habe ich mit meinem Manne gelebt, fünf Jahre, zwei Monate und einen Tag; so steht es auch auf seinem Leichensteine, der mir sieben Taler kostet; der Steinmetz Walter hat ihn verfertigt: die Geduld sitzt rechter Hand mit einem Kreuzlein auf dem Rücken; das sollte denn meine traurige Person vorstellen; ach ja! Ich habe wohl viel Geduld mit ihm haben müssen. Mit Kindern hat Gott unser Ehebette nicht gesegnet, aber von Krämpfen bin ich, leider, gar sehr geplagt worden. Es kam wohl einmal ein Arzt, ein hübscher Mensch, grundgelehrt, der wollte mir etwas verschreiben; aber mein Alter hatte kein Zutrauen zu ihm, weil er so gar jung war, und so habe ich denn nichts geerbt, als dieses Haus, davon ernähre ich mich schlecht und recht, wie es bei solchen schweren Zeiten zu gehen pflegt. Gott sei Dank! ich kann nun wohl nicht klagen, die Zimmer stehen selten leer. Hier hat noch vor kurzem ein russischer Fürst gewohnt, ein stattlicher Mann, mit einem Stern auf der Brust; er wusch sich alle Morgen mit Schnee, und sprach kein Wort deutsch. Als er fortging, hat er mich auf die Backen geklopft, und hat mir noch zwei Dukaten extra geschenkt; das ist denn so eine Sprache, die man überall versteht. Aber meine liebe Madame! Sie hören mich ja gar nicht? Ich gebe mir alle Mühe, Sie aufzumuntern, so sauer es mir auch ankommt, denn ich habe es ein wenig auf der Brust, und das viele Reden ist sonst meine Sache nicht. Fein munter, junges Frauchen, den Kopf in die Höhe; am Boden findet man keinen Trost. Hinauf muß man schauen, wenn man Hilfe sucht, ja da oben, wo die lieben Engelein musizieren und die Auserwählten alle so schön singen, wie der Musje Marchesi.

AMALIE
die gar nicht auf sie hörte.

Aber sagen Sie mir nur, [343] liebe Frau Wunschel, wo bleibt der Pachter Krautmann? Schon drei Stunden ist er weg.

FRAU WUNSCHEL.

Ei, der hat seine Geschäfte. Wer weiß, ob er vor Abends zurückkommt? Und was soll er denn hier? Ich denke, es geht Ihnen nichts ab. Befehlen Sie nur, es soll alles geschafft werden; dazu bin ich instruiert. Wollen Sie einen extra schönen Kaffee? Im Kaffeekochen suche ich weit und breit meinesgleichen. Ich mische auch keine Zichorie darunter, nein, das tue ich nicht. Man hat jetzt so allerlei Dinge, die man für Kaffee ausgibt: Möhren und Rüben, Erbsen und Eicheln, und Gott weiß, was alles. Ja, du lieber Gott! es sieht wohl braun aus, aber es schmeckt doch immer wie Arznei. Freilich ist der Kaffee sehr teuer, seitdem die Holländer Jamaika verloren haben, welches eine Stadt sein soll, noch größer als Wien.

AMALIE.
Ich bat ihn doch so sehr, den Lieutenant Stein aufzusuchen.
FRAU WUNSCHEL.

Ja, mein Gott! Wo soll er ihn denn suchen? Die Stadt ist groß; Lieutenants gibts genug, aber sie sind schwer zu finden. Das ist den ganzen Tag bald hier, bald dort, das hat Amourettchen: das läuft den hübschen Mädchen nach.

AMALIE.
Der, von dem ich rede, gewiß nicht.
FRAU WUNSCHEL.

Ach liebe Madame! Lehren Sie mich doch die Herrn Lieutenants nicht kennen; sie sind alle auf einen Schlag, man darf keinem trauen. Ich hatte auch einmal eine Geschichte mit einem Lieutenant; doch in allen Ehren. Ich war damals siebzehn Jahr alt, und trug so eine gewisse polnische Mütze, wie sie damals Mode waren; die Mütze stand mir unvergleichlich; hier um die Stirne lief ein Gebräme von Marderfell, und an der linken Seite hing eine goldne Quaste herunter; wenn ich ein wenig mit dem Kopfe wackelte, so spielte die Quaste so schalkhaft auf meiner Schulter.

2. Szene
Zweite Szene
Vorige – Adolph tritt unbemerkt ein.

FRAU WUNSCHEL
fährt fort, ohne ihn zu merken.

Nun, was geschieht? Der Satan hat sein Spiel mit Quasten, wie mit Herzen. Ich gehe in der Dämmerung über den Vorsaal, [344] plötzlich faßt mich ein junger Herr bei der Hand – Adolph faßt in diesem Augenblicke ihre Hand; sie schreit. Ach!

ADOLPH.
Schrien Sie damals auch so?
FRAU WUNSCHEL.

Wer ist der Herr? Was will der Herr? Warum schleicht der Herr so herein, wie der Marder ins Taubenhaus?

ADOLPH.
Nur nicht so böse, meine liebe alte Taube! Bin ich hier bei der Frau Wunschel?
FRAU WUNSCHEL.
Frau von Wunschel; allerdings.
ADOLPH.
Ew. Gnaden verzeihen! Ich suche Madame Friedberg, und nach der Beschreibung habe ich sie gefunden.
AMALIE.
Mich?
FRAU WUNSCHEL.
Madame Friedberg empfängt hier keine Besuche.
ADOLPH.
Aber doch wohl von dem Grafen Klingsberg?
AMALIE.
Klingsberg?
FRAU WUNSCHEL.
Ja, wenn der kommt –
ADOLPH.
Er ist schon da.
FRAU WUNSCHEL.

Wirklich? Sind der Herr Graf schon auf der Treppe? Sr. Gnaden sind ein wenig schwerleibig. Ich muß doch geschwind hinaus, ihn zu bewillkommen. Ab.

3. Szene
Dritte Szene
Adolph – Amalie.

ADOLPH.

Madame, mein Vater hat sich ein Verdienst um die ganze Stadt erworben, als er Sie überredete, Ihre Wohnung bei uns zu wählen.

AMALIE.
Ihr Herr Vater? Mich überredet?
ADOLPH.

Es war wirklich ein wenig neidisch von Ihnen, so viele Liebenswürdigkeit in eine Bauerhütte zu vergraben.

AMALIE.
Mein Herr! ich verstehe Sie nicht.
ADOLPH.

Man hat Ihnen vielleicht einen übeln Begriff von der Hauptstadt beigebracht; man hat Ihre holde Sittsamkeit alarmiert; aber sein Sie ruhig, – ein solches Auge, ein solcher Blick ist der Stempel der Tugend, der überall auch dem determiniertesten Wildfang Ehrfurcht einflößen würde.

AMALIE.
Noch einmal, mein Herr! Ihre Worte sind mir ebenso rätselhaft, als Ihr Besuch.
ADOLPH
sie zärtlich anblickend.
Dann wünsche ich, daß mein Auge glücklicher sein möge, als meine Zunge.
[345]
4. Szene
Vierte Szene
Vorige – Frau Wunschel.

FRAU WUNSCHEL.

Wo wären denn der Graf? Ich bin bis unten vor der Haustüre gewesen, da ist keine Katze, viel weniger ein Graf. Was soll das vorstellen? He? Will man mich in meinem eignen Hause zum Narren machen? Weiß der Herr wohl, wer ich bin?

ADOLPH.
Nu, nu, liebe Frau Wunschel!
FRAU WUNSCHEL.

Was? liebe Frau? Der Henker ist seine liebe Frau! Mein Mann war Lauten- und Geigenmacher, und folglich ein Künstler. Seine Geigen waren so gut als die Cremoneser; er hat einmal eine verkauft an einen polnischen Starosten, der hat ihm siebzig Dukaten dafür gegeben, und hat die Geige mit nach Lappland genommen auf seine Herrschaften. Ich eine liebe Frau? Seht doch! Meines Mannes Geigen hatten einen Ton; wenn man nur einen Strich darauf tat, so liefen die Buben zusammen und greinten. Versteht mich der Herr? Und was meint der Herr? Was will der Herr? Was sucht der Herr?

ADOLPH.
Aber sagen mir Ew. Gnaden nur, warum Ew. Gnaden so toben?
FRAU WUNSCHEL
etwas besänftigt.

Ich tobe nicht; ich erbose mich nur ein wenig. Aber wenn man artig und zivilisiert mit mir spricht, so bin ich auch die politischste Frau von der Welt, und frage mit aller Menage: Wer ist der Herr?

ADOLPH.
Habe ich es Ew. Gnaden nicht schon gesagt? Ich bin der Graf Klingsberg.
FRAU WUNSCHEL.
Doch wohl nicht der Sohn – von –
ADOLPH.
Freilich, der leibhafte Sohn meines Vaters.
FRAU WUNSCHEL.
Ah – so! Dann habe ich allerdings zu deprezieren.
ADOLPH.

Hat nichts zu bedeuten. Mein Vater hat plötzlich eine Kolik bekommen, und mir daher aufgetragen, Madame Friedberg in seinem Namen willkommen zu heißen.

FRAU WUNSCHEL.

Eine Kolik? Das ist scharmant! Da kann ich helfen. Ich verfertige eigenhändig eine vortreffliche Wermuthessenz; das Rezept stammt noch von meinem Großvater her, der hatte einen Oheim, der einen Schwiegervater hatte, dessen Bruder ein weltberühmter Arzt war; wie hieß er doch nun gleich? Ein kurioser Name! So etwas Lateinisches.

ADOLPH.

Gleichviel! Ew. Gnaden werden meinem Vater eine [346] große Gnade erzeigen, wenn Ew. Gnaden die Gnade haben wollten, die Wermuthessenz auf der Stelle zu präparieren.

FRAU WUNSCHEL
sehr freundlich und mit vielen Verbeugungen.
Ew. Gnaden sollen sogleich bedient werden.
ADOLPH
der gleichfalls bei jeder Rede eine Verbeugung macht.
Ew. Gnaden geruhen zu eilen!
FRAU WUNSCHEL.
Wie Ew. Gnaden befehlen.
ADOLPH.
Ich habe Ew. Gnaden nur zu bitten.
FRAU WUNSCHEL.
Ew. Gnaden sind ein galanter Kavalier.
ADOLPH.
Ew. Gnaden gehorsamster Diener!
FRAU WUNSCHEL.
Ew. Gnaden untertänigste Dienerin! Ab.
5. Szene
Fünfte Szene
Adolph – Amalie.

ADOLPH.
Endlich sind wir die Schwätzerin losgeworden.
AMALIE.

Ehe Sie weiterreden, mein Herr, muß ich Sie durchaus um eine Erklärung bitten. Wer sind Sie, und welchen Anteil nehmen Sie an mir?

ADOLPH.
Ich bin Graf Klingsberg.
AMALIE.

So, höre ich, ist Ihr Name. Aber ich begreife nicht, es sind einige Worte gefallen, die mich auf dunkle Vermutungen leiten, auch die Wirtin schien sie zu verstehen –

ADOLPH.
Nun ja! Sind Sie nicht dieselbe Madame Friedberg, die eine Zeitlang beim Pachter Krautmann wohnte?
AMALIE.
Ja!
ADOLPH.
Auf meines Vaters Gütern?
AMALIE.
Ganz recht!
ADOLPH.
Und die mein Vater heute nach der Stadt kommen lassen, um sie anständiger zu versorgen?
AMALIE
höchst erstaunt.
Davon weiß ich nichts.
ADOLPH.
War nicht mein Vater vor einigen Wochen auf der Jagd zu Liliendorf?
AMALIE.
Ich erinnere mich dessen.
ADOLPH.
Hat er nicht mit Ihnen gesprochen?
AMALIE.

O ja! Er schien sich sehr gütig für mich zu interessieren; doch von einem solchen Plan war nie die Rede.

ADOLPH.
Das sieht ihm ähnlich. Er tut Gutes ohne Gepränge.
AMALIE.

Der Pachter Krautmann hatte Geschäfte in der Stadt. Auch ich wünschte eine Reise hieher zu machen, und begleitete ihn.

[347]
ADOLPH.
Das war alles verabredet.
AMALIE.
Verabredet?
ADOLPH.

Ich errate. Mein Vater hat gefürchtet, Ihre Delikatesse zu beleidigen, wenn er Sie vorher mit seinem Plane bekannt machte.

AMALIE
etwas ängstlich.

Mit welchem Plane? – Ich bin eine Fremde, Verlassene, und hoffe nicht, daß man hier unedel an mir handeln werde.

ADOLPH.

Nicht doch! Die Einwohner dieser Stadt ehren das Recht der Gastfreiheit. Mein Vater ist reich; er tut gern Gutes im verborgenen; er hat von Ihrem Unglück, von Ihrer Verlegenheit gehört, er hat diese Zimmer für Sie gemietet, wird für alle Ihre Bedürfnisse sorgen, und wünscht, daß Sie sein väterliches Wohlwollen mit kindlichem Vertrauen belohnen möchten.

AMALIE.
Herr Graf! Sie setzen mich in Erstaunen. Wodurch habe ich so viel Güte verdient?
ADOLPH.

Durch Ihre Schönheit, Ihre Sittsamkeit, durch alle die weiblichen Reize, die das Alter, wie die Jugend unwiderstehlich fesseln. Ich bitte Sie, Madame, sein Sie nicht verlegen um einen Dank; empfangen Sie mit eben dem Herzen, mit welchem er gibt, so werden Sie ihm den kleinen Aufwand tausendfach vergelten. Was wäre auch Reichtum, wenn man nur Diamanten, und nicht auch zuweilen eine dankbare Träne damit erkaufen könnte!

AMALIE.
Herr Graf! Ich bin so bestürzt –
ADOLPH.

Leben Sie ruhig! Die Zukunft mache Ihnen keine Sorge! Mein Vater ist alt, Sie können ihn verlieren; aber ich bin sein Erbe, und Sie werden nur dann erlauben, Sie als den schönsten Teil unseres Familienschmucks zu betrachten, den wir nie veräußern und vom Vater auf Sohn in Ehren halten.

AMALIE.
Diese Güte gegen eine Unbekannte –
ADOLPH.

Ich verstehe Sie. Wir wollen uns nicht in Ihr Geheimnis eindringen. Daß es wert sei, in einem so schönen Busen verwahrt zu liegen, dafür bürgt Ihr helles Auge, Ihr reines Gesicht. Nur nach und nach wollen wir Ihr Vertrauen zu gewinnen suchen. Erlauben Sie mir, dann und wann Ihre Einsamkeit zu teilen, gönnen Sie mir den Namen Ihres Bruders. Ich habe nie eine Schwester gehabt, und meine Einbildungskraft hat mir das trauliche Verhältnis zwischen Schwester und Bruder oft so reizend vorgestellt. Doch zwischen [348] edeln Seelen sind die Bande des Bluts überflüssig. Ich bin empfänglich für alles Gute und Schöne und hoffe darum Ihres Umgangs wert zu sein. Erlauben Sie, daß ich diese schöne Hoffnung durch einen brüderlichen Kuß auf Ihre Hand besiegle! Drückt ihre Hand feurig auf seine Lippen.

6. Szene
Sechste Szene
Vorige – Der alte Graf.
Der Graf reißt im nämlichen Augenblick geschäftig die Türe auf; als er sieht, was vorgeht, bleibt er mit offnem Munde stehen. – Adolph prallt zurück, verbeugt sich ehrerbietig gegen seinen Vater und schlägt die Augen nieder, – Amalie sieht beide wechselseitig voll Verwunderung an. – Pause.

GRAF.
Ja? Ist der Herr Sohn auch schon hier?
ADOLPH.
Ich hörte daß –
GRAF.

Der Teufel weiß, was du alles hörst! – Galant zu Amalien. Madame! Ich freue mich – Ironisch zu Adolph. Viele Menschen im Prater?

ADOLPH.
So ziemlich.
GRAF
zu Amalien.

Sein Sie mir willkommen in der Stadt, und willkommen in dieser einfachen Wohnung, die Ihren Verdiensten freilich nicht angemessen ist.

AMALIE.
Herr Graf.
GRAF
zu Adolph.
Und dein neuer Schimmel, fand er Beifall?
ADOLPH.
Außerordentlich. Es sind mir schon fünfzig Dukaten mehr dafür geboten.
GRAF.

So geh und gib ihn weg. Zu Amalien, doch immer mit Seitenblicken auf Adolph. Madame, ich habe gewünscht, die Launen des Schicksals in etwas wiedergutzumachen. Zu Adolph. Du wolltest ja auch noch Krapfen essen?

ADOLPH.
Der Appetit ist mir vergangen.
GRAF.
Die Gräfin erwartet dich zum Essen.
ADOLPH.
Ich habe keinen Appetit.
GRAF.

Es ist nicht wahr; du hast recht großen Appetit. Zu Amalien. Dieser junge Herr ist mir zuvorgekommen. Ich will nicht hoffen, daß er mit seiner gewöhnlichen Etourderie bei Ihnen eingedrungen ist?

AMALIE.
Der junge Herr ist die Bescheidenheit selbst.
GRAF.

Wirklich? Das freut mich! Besonders, da ich es zum [349] ersten Male höre. Leise und zornig. Pack dich zum Teufel! Laut und freundlich. Geh, mein lieber Sohn! – Geh!

ADOLPH.
Darf ich Sie nicht vorher an den Wagen begleiten?
GRAF.
Nein! nein!
ADOLPH.
Der gestrige Anfall vom Podagra –
GRAF.
Schweig!
7. Szene
Siebente Szene
Vorige – Frau Wunschel.

FRAU WUNSCHEL
mit Tropfen.
Aha! Da ist ja der alte Herr Graf selbst!
GRAF
murmelt zwischen den Zähnen.

Alter Herr Graf! Stampft während dieser Szene einigemal mit dem Fuße, wird aber jedesmal vom Podagra schmerzhaft erinnert.

FRAU WUNSCHEL
mit Knixen.

Ich freue mich ganz exécrable, Ew. Gnaden in meinem Hause aufzuwarten, und noch mehr freue ich mich, daß Ew. Gnaden eine so heftige Kolik haben.

GRAF.
Ich eine Kolik?
FRAU WUNSCHEL
ohne sich irremachen zu lassen.
Und mir solches Gelegenheit verschafft, Dieselben mit meiner Wermuthessenz bekannt zu machen.
GRAF.
Wermuthessenz?
FRAU WUNSCHEL.

Sie stammt her von dem berühmten Doktor, – der Name ist mir nunmehro beigefallen, – von dem berühmten Doktor Werguntius, und hat oft Wunder getan an Menschen und Vieh.

GRAF.
Was soll das heißen?
FRAU WUNSCHEL.

Ja, auch sogar das liebe Vieh, Ew. Gnaden können sich drauf verlassen. Denn als vor vier Wochen mein Pommerle krank wurde, das arme Tier hatte sich auf der Bastei den Magen erkältet, und krümmte sich gar gewaltig –

GRAF.
Ist die Frau von Sinnen?
FRAU WUNSCHEL.

Ei ei, Herr Graf! Was sind das für Redensarten? Wenn ich nicht wüßte und bedächte, daß man im Schmerz nicht Herr seiner Zunge ist, und daß Ew. Gnaden eine sehr wohl konditionierte Kolik haben –

GRAF.
Der Teufel hat die Kolik!
FRAU WUNSCHEL.
Weshalb ich diese köstliche Wermuthessenz alsogleich christlich bereitet.
[350]
GRAF.
Für mich?
FRAU WUNSCHEL
hat die Tropfen in einen Löffel gegossen, und geht ihm damit auf den Hals.

Ew. Gnaden belieben nur einen Löffel voll herunterzuschlingen. Das läuft wie Feuerstein durch den Magen in die Adern, in die Muskeln, in die Nerven, in die Knochen, geht aus den Knochen ins Blut –

GRAF.
Ist das Weib besessen?
FRAU WUNSCHEL.
Probatum est! Ich bitte zu schlucken.
GRAF.
Schafft mir die tolle Weibsperson vom Halse!
FRAU WUNSCHEL.

Wie? Ich eine tolle Weibsperson? Ist das der Dank für meine Gutmütigkeit? Kaum hat der junge Herr Graf den Mund aufgetan und erzählt, daß Ew. Gnaden die Kolik hätten, – –

GRAF.
Was? Er hat es erzählt?

Adolph will sich unbemerkt fortschleichen.
FRAU WUNSCHEL.
So bin ich gelaufen, die Treppe herauf, die Treppe hinunter –
GRAF.
Herr Sohn! Bleibe Er doch noch ein wenig hier!
FRAU WUNSCHEL.

Alle Schränke habe ich durchstört, alle Schachteln habe ich umgewandt. – Undank ist der Welt Lohn. Mein Pommerle hat mir doch die Hände geleckt, und mit dem Schweife gewedelt, und hat mich nicht so angeknurrt, wie gewisse Personen, die ich nicht nennen will, und die da meinen, weil die Kolik diesmal so schnell vorübergegangen, sie werde gar nicht wiederkommen. Aber ich prophezeihe, sie wird wiederkommen, ja, ja, sie wird wiederkommen, und wenn sie nur erst da ist, wenn gewisse Leute sich krümmen, wie ein Wurm an der Nadel, ich rühre weder Hand noch Fuß; nein, das tue ich nicht. Indem sie abgeht. Ich trage meine Wermuthessenz in mein Kämmerlein, ich verschließe sie in meine Hausapotheke, zur Satisfaktion für mich und den Doktor Werguntius, und wenn die ganze Welt an der Kolik zugrunde gehen sollte! Die letzten Worte hört man noch draußen.

8. Szene
Achte Szene
Vorige ohne Frau Wunschel.

GRAF.
Nun, Herr Sohn?
ADOLPH.
Ich erwarte Ihre Befehle.
[351]
GRAF
zu Amalien.
Madame! Dieser seltsame Auftritt, – ich schäme mich im Namen meines Sohnes.
AMALIE.
In der Tat, Herr Graf, alles, was um mich her vorgeht, – ich weiß nicht, was ich davon denken soll.
GRAF.

Daran ist einzig und allein dieser junge Herr schuld, der eben den Hut dreht, wie ein Bauerknabe. Es hat ihm beliebt, mir eine Kolik anzudichten, um seinem überlästigen Besuche einen Vorwand zu leihen. Schämst du dich nicht, Adolph?

ADOLPH.
Wenn Sie befehlen!
GRAF.
Stehst du nicht vor dieser fremden Dame da, wie ein Schulknabe?
ADOLPH.
Es kann einer solchen Dame nichts Neues sein, die Männer so vor sich stehen zu sehen.
GRAF.
Was muß sie von dir denken?
ADOLPH.
Daß sie einen großen Eindruck auf mich gemacht hat.
GRAF.
Deine Absichten – meinst du, man errate nicht –
ADOLPH.
Das Herz ist selten imstande sich zu verbergen.
GRAF.

Schweig! Halb für sich. Am Ende macht ihr der Bube noch gar eine Liebeserklärung in meiner Gegenwart. Zu Amalien. Ich warne Sie, Madame! Er ist der treuloseste Wildfang in der ganzen Stadt.

ADOLPH.
Vor einer Stunde vielleicht noch.
GRAF.
Possen! Possen! Selbst Ihre Reize würden ihn keinen Monat festhalten.
ADOLPH.
Ich zähle nur nach Jahren.
GRAF.
Heuchelei! verdammte Heuchelei! Geh und laß dich nie wieder hier treffen!
ADOLPH.

Madame! Sie wissen, daß man einem Vater nie widersprechen darf. Meine Zunge schweigt. Nur über meine Augen kann ich nicht gebieten, und was die Ihnen sagen, das glauben Sie!Ab.

9. Szene
Neunte Szene
Graf – Amalie.

GRAF
halb für sich.

Die Augen! Freilich hat er ein paar schöne Augen; die hat der Taugenichts von der Mutter geerbt, und nun gebraucht er sie, um den Vater zu prellen. [352] Aber diesmal soll es ihm nicht gelingen. Laut. Madame! Verzeihen Sie dem jungen Sausewind!

AMALIE.
Wirklich, Herr Graf, ich habe ihm nichts zu verzeihen.
GRAF.

Im Vertrauen: er ist noch nicht sein eigner Herr. Ich gebe ihm zwar, was er braucht, aber ich halte ihn doch ein wenig kurz; – verstehen Sie mich? Großen Aufwand kann er nicht machen. Er hat vielleicht geprahlt, was er alles für Sie tun könne, aber das sind lauter Fanfaronaden.

AMALIE.

Er hat mich bloß von den wohltätigen Gesinnungen seines Vaters unterrichtet. Er hat mir gesagt, daß ich auf Ihre Veranstaltung nach der Stadt gebracht worden, und daß es Ihr väterlicher Wunsch sei, mein Schicksal zu erleichtern.

GRAF.

Mein Wunsch? Allerdings! Väterlich? Daran erkenne ich den Schalk. Das Beiwort ist hier nicht zum besten gewählt.

AMALIE
erstaunt.
Wie, Herr Graf?
GRAF.

Liebes Kind! Lassen Sie uns aufrichtig miteinander reden! Sie gefallen mir, und ich wünsche Ihr Freund zu werden. Ich bin reich, nicht allzu jung, aber immer guten Humors. Ich habe ein Attachement für Sie, aus dem mit der Zeit wohl gar eine Passion entstehen könnte.

AMALIE.
Was ist das?
GRAF.
Es soll Ihnen an nichts fehlen. Ich habe nur eine Grille – auch die Freundschaft ist eifersüchtig –
AMALIE.
Mein Herr!
GRAF.

Ich weiß, daß Sie sich nach einem gewissen Lieutenant erkundigt haben. Vermutlich eine Liaison von ehedem? – Die muß aufhören.

AMALIE.
Gott! wie tief bin ich gesunken?
GRAF.

Nicht doch, mein Kind! Ich mache Ihnen ja keine Vorwürfe darüber; ich ignoriere alles, was vor unserer Bekanntschaft geschehen ist; nur wegen der Zukunft –

AMALIE.

Halt, Herr Graf! Ist etwas in meinem Gesichte, was einen so niederträchtigen Antrag rechtfertigt? Wenn das ist; – Gott weiß es! so lügt mein Gesicht. War es die gewöhnliche Sittenlosigkeit großer Städte, – mein Herr, ich verstehe diese Sprache nicht; war es Leichtsinn, so bedaure ich Sie alten Mann. Sind Sie ein Verführer mit grauen Haaren, so verachte ich Sie. Sie sprachen von Ihrem Reichtum, o! Sie sind arm. Der Lieutenant, dessen Sie erwähnen, ist [353] weit reicher als Sie. – Meinen Mangel wollen Sie benutzen, – das war unedel! Schande wollten Sie mir geben für Armut, – das war schlecht! – Ich könnte Sie schamrot machen, wenn ich Ihnen meinen wahren Namen nennte, aber der Name tut hier nichts zur Sache. In der Gräfin, wie in der Bettlerin, sollte weibliche Unschuld Ihnen heilig sein. Gehen Sie, und kommen Sie mir nie wieder vor die Augen! Ab ins Kabinett.

10. Szene
Zehnte Szene
GRAF
allein.

Was Teufel habe ich da gemacht? Ist das Ernst oder Spaß? Aber zum Henker! Ein Dämchen, das so in der Welt herumreist, und in großen Städten nach Lieutenants fragt, ist doch wohl kein Tugendspiegel. Halt! sagte sie nicht, der Lieutenant wäre reicher als ich? Aha! da steckt der Knoten! – Ich habe mich nicht deutlich genug expliziert; ich habe bloß im allgemeinen von Versorgung gesprochen. Dummkopf, der ich war! Ich hätte Summen nennen, Diamanten versprechen, Equipagen schicken sollen. Ja, mein Gott! wie konnte ich auch voraussehen, daß ich auf einen Lieutenant stoßen würde, der reicher ist als ich? Und ich glaube es nicht einmal; es ist nicht wahr, sie will mich nur durch Widerstand reizen. Das ist ihr denn auch so ziemlich gelungen. Die verdammten dreiundsechzig! Sie sprach von meinen grauen Haaren! Das war unhöflich! Doch nur Geduld! Ein Dutzend Diamanten in ihre blonden Haare, und sie schwört, daß die meinigen rabenschwarz sind. Ab.

11. Szene
Eilfte Szene
AMALIE
kommt schüchtern aus dem Kabinett, geht an die Tür und blickt hinaus.

Er ist fort! Ich fange an zu mutmaßen, wo ich bin, und was man mit mir im Sinne hat. Er wird wiederkommen, er und sein Sohn; dem muß ich vorbeugen. Setzt sich und schreibt in Hast ein kurzes Billett; – während sie siegelt. Aber wer wird es bestellen? – Meine Wirtin? – Darf ich ihr trauen? Doch ja! Sie scheint mehr dumm, als boshaft. Ruft durch die Tür. Frau Wunschel! – Sie hört nicht! – Frau von Wunschel!

[354]
12. Szene
Zwölfte Szene
Amalie – Frau Wunschel.

FRAU WUNSCHEL
draußen.

Gleich, liebe Madame! Tritt ein. Sind die Herren Grafen schon fort? Nun, meine liebe Madame, seit siebzehn Jahren habe ich mich nicht so geärgert. Vor siebzehn Jahren kam mein seliger Herr einmal betrunken nach Hause, und wollte mit aller Gewalt dem Stubenmädel einen Kuß applizieren, da habe ich mich auch rechtschaffen geärgert. Aber heute! Was? Ich eine tolle Weibsperson? Ich habe niederschlagend Pulver einnehmen müssen von Krebsaugen; die sammle ich selbst in den Monaten ohne R, da sind die Krebse am besten: Mai, Juni, Juli, August. Ich fahre dann zuweilen nach einer Mühle zwei Stunden von hier; der Müller ist mein Gevatter, und ein reicher Mann, seine Frau ist weitläufig mit mir verwandt.

AMALIE.
Sagen Sie mir, meine beste Frau von Wunschel, ist der Graf Klingsberg verheiratet?
FRAU WUNSCHEL.
Je nun, er hat einen Sohn, folglich auch eine Gemahlin, wenigstens gehabt.
AMALIE.
Ist sie tot?
FRAU WUNSCHEL.

Ja Kind, das weiß ich nicht. Die hohen Herrschaften sieht man hier selten beisammen, wenn sie auch verheiratet sind.

AMALIE.
Desto schlimmer, wenn die erhabensten Beispiele nicht besser wirken.
FRAU WUNSCHEL.

Liebe Madame! Hier ist man, wie in allen großen Städten, – verliebt ohne Liebe, man bleibt zu Hause ohne Häuslichkeit, – man hat Lustbarkeiten ohne Freude, und Geselligkeit ohne Freundschaft.

AMALIE.

Das böse Schicksal aller großen Städte. Jetzt bitte ich Sie inständigst, liebe Madame, dies Billett sogleich in das Hotel des Grafen zu senden.

FRAU WUNSCHEL
liest die Adresse.

»An die Frau Gräfin von Klingsberg.« Ja, wenn nun aber keine Frau Gräfin von Klingsberg mehr existiert?

AMALIE.
Mich däucht der Graf erwähnte ihrer; wo nicht, so wird es zurückgebracht.
FRAU WUNSCHEL.
Und was soll denn die Gräfin?
AMALIE.

Sie soll – ach, wenn doch der Pachter Krautmann zurückkäme, mir Nachricht brächte! – O Karl! Karl! wenn du wüßtest, in welcher Lage ich bin!

[355]
FRAU WUNSCHEL.

Ach! Was wollen Sie sagen, meine teure Madame? Man kommt in der Welt zuweilen in Lagen, – ich selbst Madame! kein Hering in der Tonne liegt so schlecht, als ich oft gelegen habe. Nur Mut gefaßt, nur die Arme in die Seite gestemmt, man drängt sich durch. Es kommt mir just so vor mit dem menschlichen Leben, als wie in der Komödie, wenn es recht voll ist; da steht man auch manchmal so eingepreßt, daß man kaum Atem schöpfen kann. Aber da habe ich meine eigne Methode: ich gebe jeden von meinen Nachbarn so ein Stückchen von meinen Ellenbogen zu fühlen, ganz sanft, ganz leise. Anfangs merkt er es kaum, nach und nach wird ihm das Ding doch verdrüßlich, und ehe eine Viertelstunde vergeht, hat er Platz gemacht. Amalie, der das Geschwätz überlästig wird, nähert sich langsam und nachdenkend dem Kabinett. – Frau Wunschel ist immer hinter ihr her. O Sie glauben nicht, liebe Madame, was so ein spitziger Ellenbogen, der ganz im stillen unaufhörlich bohrt, endlich für ein Loch zuwege bringt. Will man gerade durch mit Gewalt ja, das geht nicht; aber so tropfenweise, wie der Regen aus der Dachtraufe endlich einen Stein aushöhlt, – o da kann man es weit in der Welt bringen. Nur immer geduldig zugeschaut! Tropf! tropf! nur immer auf eine Stelle geschlagen, wenn auch ganz sanft, am Ende tut es doch weh. Da hätten Sie meinen seligen Herrn kennen sollen; der war wie Stahl und Eisen, und endlich habe ich ihn doch gebogen, wie eine Weidenrute.

AMALIE
in der Tür.
Ich wünschte allein zu sein.
FRAU WUNSCHEL.

Ei was allein! Warum nicht gar? Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei, das ist eine goldne Regel. Und wenn ich gleich nicht mehr soviel schwatzen kann, als vor zwanzig Jahren, so bin ich doch auch nicht ganz aufs Maul gefallen. Ja vor zwanzig Jahren, da hätten Sie mich hören sollen! Die letzten Worte verlieren sich in der Szene.

13. Szene
Dreizehnte Szene
Ein ärmliches Zimmer.
Henriette am Stickrahmen – Stein geht mit verschränkten Armen auf und ab.

HENRIETTE.
Willst du noch nicht gehen, Bruder? Es ist Zeit.
STEIN.

Ja freilich! Was wird es helfen? Ich werde wieder die [356] Runde machen, überall anklopfen und niemand zu Hause. Ich gehe so schwer daran.

HENRIETTE.
Das glaub' ich dir, guter Bruder!
STEIN.

O du weißt nicht, Schwester, wie das empört, wie das an der Wurzel nagt, wenn man sich fühlt, wenn Kopf, Herz und Geburt einem ehrlichen Manne Ansprüche geben, und er immer zurücktreten muß, weil das Tuch an seinem Rocke nicht länger halten will, wenn das Vorzimmergeschmeiß mit einer gewissen Lakaiengroßmut auf ihn herabschaut, ihm gleichsam aus Gnaden ein Plätzchen zum Stehen vergönnt, indessen das Gesindel auf seidenen Stühlen die Beine lang vor sich hinstreckt, und pfeift und trällert. O ich weiß es, ein solcher Kerl kann mich weder ehren, noch beschimpfen, ich weiß es, aber es ärgert mich doch.

HENRIETTE.
Du bist es nicht gewohnt.
STEIN.

Ja, wenn das Schicksal mich jemals wieder in Wohlstand versetzt, weiß Gott! so werde ich unter meinen Leuten strenge darauf halten: Höflichkeit gegen Fremde, sie mögen erscheinen in welchem Rocke sie wollen. Wenn denn auch ein armer Teufel seinen Wunsch nicht erreichte, wenn er doch nur liebreich empfangen wurde, so geht er vielleicht mit einer Träne im Auge, aber ohne Gift im Herzen.

HENRIETTE.
Du solltest lieber den ganzen Plan aufgeben.
STEIN.
Und wovon leben?
HENRIETTE.
Haben wir nicht bis jetzt gelebt? und sieh, hier ist noch Geld für eine ganze Woche.
STEIN.

Willst du mich schamrot machen? Von der Händearbeit meiner Schwester soll ich meinen Unterhalt erbetteln?

HENRIETTE
empfindlich.
Betteln? Karl!
STEIN.
Oder stehlen?
HENRIETTE.

Keins von beiden. Was sich in meinen Händen wie in meinem Herzen für dich regt, ist ja Schwesterliebe.

STEIN.
Auch die kann drücken.
HENRIETTE.
Nein, das kann sie nicht, das muß sie nicht!
STEIN.
Wen Aufopferung nicht drückt, der war ihrer unwert.
HENRIETTE.
Welch Opfer bringe ich dir? Daß ich mir arbeitend die Zeit verkürze?
STEIN.

Daß oft spät nach Mitternacht deine Lampe in der ganzen Straße am letzten brennt, ist das Zeitvertreib?

HENRIETTE.

Du meinst, ich tue zuviel? Dem läßt sich abhelfen. Wir holen Amalien; Gesellschaft erleichtert jede Mühe.

[357]
STEIN.
Hat die treue Seele nicht Elend genug mit mir getragen?
HENRIETTE.
Nur ohne dich trägt sie schwer.
STEIN.
Und darf sie unsere alte Christine verlassen?
HENRIETTE
zuckt die Achseln.
Freilich!
STEIN.

Dürfen wir jemals vergessen, daß diese redliche Magd in dem Augenblick, da der Feind uns geplündert hatte, ihren sauer ersparten Lohn hergab, damit wir fliehen konnten?

HENRIETTE.
Pfui, wenn wir das vergessen könnten!
STEIN.

Amalie muß also bleiben, wo sie ist. Zwar läßt ihr letzter Brief ein nahes Ende von Christinens Leiden hoffen, – o dann ist die bittere Trennung überstanden, die schon so viele Wochen dauert; dann weiß ich, wo ich neuen Mut mir hole, wenn des Schicksals heißer Wind über meine Lebenswüste fährt und ich ohne Kraft zu Boden sinke. Bis dahin rüttle mich die Not jeden Morgen aus dem dumpfen Schlummer, und treibe mich hinaus auf die Straßen, in die Paläste, und lehre mich die schwere Kunst, mein unverdientes Elend vor unverdientem Glück zur Schau zu tragen. Ab.

14. Szene
Vierzehnte Szene
HENRIETTE
allein.

Guter Bruder! Deine Schultern sind nicht schwach, aber ungewohnt zu tragen. Unglück war dir so selten, als den Einwohnern von St. Helena ein Gewitter; Großmütter und Tanten haben dich verzogen; der Reichtum hat dich verwöhnt. Ach! nur was man mit sich nehmen kann, was überall Zinsen trägt, Kopf und Fleiß sind wahrer Reichtum. Und die Männer, wo sie nicht mit dem Schwert durchfahren können, wo nur ausharren zum Ziele führt, da taugen sie nicht. Wir verstehen das besser! Wir leiden, schweigen, hoffen und siegen!

15. Szene
Fünfzehnte Szene
Henriette – Adolph.

ADOLPH
steckt den Kopf herein.
Nun, habe ich Wort gehalten?
HENRIETTE
steht auf.
Herr Graf!
[358]
ADOLPH.
Drei Tage, drei lange Tage bin ich ausgeblieben, weil ich selbst vor Ihren Grillen Ehrfurcht hege.
HENRIETTE.
Sie kommen vermutlich wegen der Weste?
ADOLPH.

Wegen der Weste? Nein, wahrhaftig nicht! Ich komme, Sie zu sehen, zu hören, zu lieben, zu bewundern, und alle Westen von ganz Europa sind mir gleichgültig.

HENRIETTE.
Wie oft habe ich Sie gebeten, diesen Ton zu ändern?
ADOLPH.
Es ist aber mein natürlicher Waldgesang. Soll der Fink eine Arie von Salieri trillern?
HENRIETTE.
Die Weste, die Sie bei mir bestellt haben, ist fertig.
ADOLPH.
So? Das ist mir nicht lieb.
HENRIETTE.
Sie schienen doch neulich –
ADOLPH.
Ja, ja, ich stellte mich ungeduldig, um oft nachfragen zu dürfen.
HENRIETTE.
Hier ist sie.
ADOLPH.
Schön! sehr schön! Und vermutlich wieder um ein Spottgeld?
HENRIETTE.
Drei Dukaten.
ADOLPH.
Dacht ichs doch!

Nimmt unvermerkt eine Hand voll Gold aus der Tasche, und schiebt sie unter ihre Arbeit.
HENRIETTE
wird es gewahr.

Nein durchaus nicht! Sie wissen, Herr Graf, Sie wissen es schon lange, daß ich nicht mehr annehme, als ich verdiene.

ADOLPH.
Als Sie verdienen? O wer wäre wohl reich genug, Ihnen soviel anzubieten?
HENRIETTE.
Nehmen Sie zurück!
ADOLPH.
Nein, ich tue es nicht!
HENRIETTE.
Ich bitte Sie!
ADOLPH.
Durchaus nicht!
HENRIETTE.
So lasse ich den ersten, besten Bettler heraufkommen, und schenke ihm das Geld.
ADOLPH.
Heraufkommen? Jetzt gleich?
HENRIETTE.
Auf der Stelle!
ADOLPH.

Und wollten mir das seltne Glück rauben, mit Ihnen allein zu sein? Nein, da wollen wir es dem Bettler bequemer machen.


Nimmt das Geld und wirft es zum Fenster hinaus.
HENRIETTE.
Was machen Sie?
ADOLPH.

Ich werfe das Geld zum Fenster hinaus, um Ihnen zu beweisen, daß es mir nicht einfallen konnte, durch Geld Ihnen eine Verbindlichkeit auflegen zu wollen. Meinen Sie, [359] ich kennte Ihren Wert nicht? Halten Sie mich für fähig, Eigenschaften gegen Geld auf die Waage zu legen? Ihre immer heitere Laune, Ihre Würde im Unglück – Ihre Sittsamkeit, – Ihr Fleiß, – Ihr Edelmut, – Ihre ganze Liebenswürdigkeit –

HENRIETTE.
Von allem dem ist ja nicht die Rede!
ADOLPH.
Ich bitte um Verzeihung, von allem dem ist recht sehr die Rede.
HENRIETTE.
Was werden die Leute auf der Straße denken?
ADOLPH.
Kein Mensch wird denken, daß die Dukaten aus dem vierten Stock herausgeflogen sind.
HENRIETTE.
Ich getraue mir gar nicht, an das Fenster zu treten.
ADOLPH.

Ist dergleichen denn hier etwas Neues? Es gibt hier Leute genug, die ihr Geld wegwerfen, wenn auch nicht immer zum Fenster hinaus.

HENRIETTE.
Sie sind ein seltsamer Mensch mit Ihrer Mischung von Güte und Leichtsinn, von Torheit und Vernunft.
ADOLPH.
Also halten Sie mich doch auch für ein wenig vernünftig?
HENRIETTE.
Ein wenig, ja!
ADOLPH.

Mehr verlange ich nicht; denn ich sehe täglich, daß die vielvernünftigen Herren unerträgliche Kreaturen sind.

HENRIETTE.
Sie haben die Kraft, sich selbst zu tragen.
ADOLPH.

Recht. Sie drehen sich um ihre eigne Axe und nur ein Komet könnte sie aus ihrer Bahn werfen. Sagen Sie mir, liebes, holdes Mädchen; – was nützt es zum Beispiel der Welt, ob Herr X. so glücklich gewesen, die Wurzel eines arabischen Worts zu entdecken, oder Herr Y. die Hieroglyphen von Persepolis zu entziffern? Hätte wohl einer von diesen Herrn seine Beine in Bewegung gesetzt, um Schönheit, Tugend und Verdienst vier Treppen hoch aufzusuchen? Und wenn er auch durch Zufall sich so hoch verstiegen hätte, vielleicht um einen neuen Saturnustrabanten zu entdecken, hätte er wohl Sinn für die Venus gehabt, deren Trabant ich zu sein die Ehre habe?

HENRIETTE.
Herr Graf! Nicht wahr, Sie halten mich für ein gescheutes Mädchen?
ADOLPH.
Ach ja!
HENRIETTE.
Wozu also die Schmeicheleien? Gescheute Frauenzimmer lieben das nicht.
[360]
ADOLPH.

Halten Sie mir's zugute! Ich schwimme und greife nach jedem Strohhalm. Im Grunde freut es mich, daß Schmeicheleien hier falsche Münze sind. Aber sagen Sie mir nur, wie ich es anfangen soll, Ihnen etwas Teilnahme für mich einzuflößen? Das heißt: etwas viel!

HENRIETTE.
Würden Sie das im Ernste wünschen?
ADOLPH.
Welche Frage?
HENRIETTE.
Dann sind Sie weniger gut, als ich glaubte.
ADOLPH.

Gut? Ich bin wahrlich gut! Ich war es immer, und bin noch besser geworden, seitdem ich Sie kenne. Mit aller meiner Lustigkeit, wie Sie mich da sehen, wenn ich des Vormittags bei Ihnen war, so kann ich ernsthaft sein bis auf den Abend.

HENRIETTE.
Und was macht Sie ernsthaft?
ADOLPH.

Allerlei! Daß ich gern immer bei Ihnen wäre, daß Sie das nicht wollen, vielleicht auch nicht können; daß es mit den Konvenienzen ist, wie mit den Neujahrswünschen, die allen Leuten unerträglich sind, und die man doch anhören und wiederholen muß. Daß das Schicksal oft ärgere Launen hat, als die alten Ägyptier, daß es mitunter Zwiebeln zu Göttern macht, und das wahre Verdienst in den Nilschlamm tritt, mit einem Worte: daß Sie keine Putzmacherin sein sollten, oder ich kein Graf.

HENRIETTE.
Es ist nun aber einmal so.
ADOLPH.
Leider!
HENRIETTE.
Und wenn Sie mir wirklich gut sind, so kommen Sie selten.
ADOLPH.
Bin ich denn unbescheiden? zudringlich?
HENRIETTE.
Das nicht. Sie sind mehr, weit mehr, als man auf den ersten Anblick vermuten sollte.
ADOLPH.
Ja, ja, Sie haben recht!
HENRIETTE.

Aber mein Bruder ist selten zu Hause, ich bin meist allein, und – Herr Graf – ich habe nichts, als meinen guten Ruf. Sie können ja auch ernsthaft sein, überlegen Sie das einen Augenblick! Legt ihre Hand auf seinen Arm. Ich habe nichts, als meinen guten Ruf. Mein Bruder ist unglücklich, aber ein Mann von Ehre. Die Ehre ist sein Trost, die Unschuld der meinige. Unser Bewußtsein kann uns freilich niemand rauben; aber die Welt sieht weder durch diese Mauern, noch in unsere Herzen. Kommen Sie selten, lieber Graf, so werde ich mich Ihres Andenkens freuen.

ADOLPH
gerührt.

Welch ein Ton! Welch ein Herz! warum bin [361] ich nicht, – warum kann ich nicht –Drückt ihre Hand feurig an seine Lippen. Henriette ist bewegt.

16. Szene
Sechzehnte Szene
Vorige – Stein tritt ein und stutzt.
Adolph und Henriette treten etwas verlegen auseinander, Stein geht vor, macht dem Grafen eine kalte Verbeugung, und sieht Henriette etwas befremdet an.

HENRIETTE
gefaßt und ohne Verlegenheit.
Der Herr Graf von Klingsberg, von dem ich dir einigemal erzählt habe.
STEIN.
Viel Ehre!
ADOLPH
noch etwas verlegen.
Sie sind so selten zu Hause.
STEIN.

Geschäfte. Ich komme da eben von einer wunderlichen Szene. Aus den Fenstern dieses Hauses hat irgendein Narr eine Hand voll Dukaten geworfen.

ADOLPH
frappiert.
Ein Narr?
STEIN.
Nun ja! Ein vernünftiger Mann macht sich schwerlich solchen Spaß.
HENRIETTE
ängstlich verlegen.
Bruder!
STEIN.

Die Straßenbuben balgen sich um das Geld. Es ist ein förmlicher Auflauf. Die Polizei hat sich darein gemischt.

ADOLPH
heftig.
Ich habe das Geld hinabgeworfeen, ich, mein Herr!
STEIN.
Sie!
ADOLPH.
Ich bitte den Narren zurückzunehmen.
STEIN.
Mein Herr, das war sehr unbesonnen!
ADOLPH.
Sie häufen Beleidigung auf Beleidigung.
HENRIETTE
sehr ängstlich.
Bruder! – Herr Graf!
STEIN.

Ich drücke mich noch viel zu gelinde aus. Mit steigender Wut. Großer Gott! meiner Schwester galten also die saubern Redensarten, die ich eben habe hören müssen? Meiner Schwester Fenster waren es also, auf welche die Buben mit Fingern zeigten?

ADOLPH
zu Henrietten.
Sie wissen alles; – reden Sie!
STEIN.

Was ist da zu reden? Ich weiß, daß hier nichts Unsittliches vorgegangen, denn ich kenne meine Schwester. Aber wer, außer mir, kennt meine Schwester? Unbesonnenheit gilt hier ebensoviel als Laster. Sie ist ein armes Mädchen; der reiche Graf kann hier nichts wiedergutmachen. Der reiche Graf hat mit seinen elenden Dukaten die kostbare [362] Ehre meiner Schwester zum Fenster hinausgeworfen! Mein Glück ist zertrümmert, und nun auch mein guter Name.

ADOLPH.
Sie vergessen sich!
HENRIETTE.
Bruder!
STEIN.

Ha! Und ich stehe noch hier? Und mein Degen ruht noch in der Scheide? Den Narren wollten Sie nicht dulden. Gut, mein Herr! ich nehme ihn zurück und setze einen Schurken an seine Stelle.

ADOLPH
greift nach dem Degen.
Ha! Genugtuung!
STEIN.
Sie mir!
HENRIETTE.
Um Gottes willen!
ADOLPH
ergreift ihn beim Arm.
Fort auf der Stelle!
STEIN.
Wohin es beliebt.

Beide stürzen hinaus.
HENRIETTE
ihnen nach.
Bruder! Bruder! Barmherzigkeit! Sinkt an der Türe nieder.

Ende des zweiten Akts.

3. Akt

1. Szene
Erste Szene
Adolph – Stein.

ADOLPH
tritt rasch auf.
Hier, mein Herr, hier stört uns niemand. Zieht den Degen.
STEIN.
Noch einen Augenblick, Herr Graf!
ADOLPH.
Keinen Augenblick! Noch nie hat ein Klingsberg so lange eine Beschimpfung auf sich sitzen lassen.
STEIN.

Ich gehe nicht von dieser Stelle, ohne Ihnen Genugtuung zu geben; darauf gebe ich Ihnen mein Ehrenwort; aber ich schlage mich auch nicht eher, bis ich geredet habe.

ADOLPH.
Keine Ausflüchte! Keine Entschuldigungen!
STEIN.

Ausflüchte? Entschuldigungen? Wofür halten Sie mich? Es ist nicht von mir, was ich reden will, sondern von zwei unglücklichen, liebenswürdigen Frauenzimmern.

ADOLPH.
Erst Blut, – dann Worte!
[363]
STEIN.

Dann möchte es zu spät sein. Kurz, Herr Graf, Sie können mich ermorden; aber meinen Degen ziehe ich nicht, bis Sie mich angehört haben.

ADOLPH.
Mit der Zunge waren Sie weit schneller.
STEIN.

Sagen Sie, was Sie wollen, Sie bringen mich nicht auf. Der Gang hierher hat mich kühler gemacht. Sie haben für niemand zu sorgen; ich habe Gattin und Schwester.

ADOLPH.
Wollen Sie sich hinter Schürzen verstecken?
STEIN
mit Aufwallung.

Herr! ich gab mein Ehrenwort, daß Sie Genugtuung erhalten. Jetzt lassen Sie mich reden; denn ich muß reden.

ADOLPH
stützt sich ungeduldig auf seinen Degen.
Nun so reden Sie!
STEIN.

Sie haben mich beleidigt; ich Sie. Mein Blut, oder das Ihrige wird uns versöhnen; – das ist abgetan. Sie sind Kavalier und reich. Meine Schwester versichert, Sie wären auch edler Empfindungen fähig. Ich bin arm und unglücklich; was soll aus Gattin und Schwester werden, wenn ich falle?

ADOLPH.
Das hätten Sie früher bedenken sollen.
STEIN.

Das ist nicht die Antwort eines edeln, reichen Mannes. Jetzt dürsten Sie nach Rache; in einer Viertelstunde ist das vorbei. Was würden Sie mir dann antworten, wenn ich dann noch fragen könnte?


Adolph nimmt den Degen untern Arm und sieht ihn eine Zeitlang forschend an. Stein schaut ihm düster ins Auge.
ADOLPH.
Ich werde für die Ihrigen sorgen.
STEIN.
Das hab ich erwartet.
ADOLPH.
Und nun –
STEIN.
Halt! Ich muß mich noch näher erklären.
ADOLPH.
Noch mehr Erklärungen?
STEIN.

Es gehört zur Sache. Die Meinigen sind fremd, verlassen in dieser großen Stadt. Hier bleiben sollen sie nicht. Ich verlange keine andere Hülfe von Ihnen, Herr Graf, als daß Sie die beiden Frauenzimmer durch einen sichern und anständigen Begleiter zu einer alten Verwandtin bringen lassen, die in Schwaben wohnt. Wollen Sie das?

ADOLPH.
Ja!
STEIN.

Hier ist mein Taschenbuch. Legt es zwischen beide auf die Erde. Wenn ich falle, so werden Sie darin die Beweise meines Standes und meines Unglücks finden.

ADOLPH.
Gut.
[364]
STEIN.

Geloben Sie mir Achtung für die Tugend meines Weibes und die Unschuld meiner Schwester; geloben Sie mir Schonung meines Kummers. Versprechen Sie mir, beide nicht zu sehen. Was Sie tun, geschehe durch einen Dritten. Wollen Sie das?

ADOLPH.
Ich will.
STEIN.
Ihre Hand darauf!
ADOLPH.
Hier ist sie!
STEIN.
Auf Ihre Ehre?
ADOLPH.
Auf meine Ehre!
STEIN.
In Gegenwart Gottes!
ADOLPH.
Genug!
STEIN.

Halten Sie Wort, so segne ich Sie sterbend, brechen Sie Ihr Wort, so klagt mein Blut Sie vor Gott an.


Zieht.
ADOLPH.
Sie sprachen von Ihrem Stande –
STEIN.
Ich trage Uniform, das sei Ihnen genug. Jetzt zur Sache!
ADOLPH.

Herr Lieutenant – Ihre Worte, – Ihr Benehmen – es macht mich stutzig. Sie haben eine liebenswürdige Schwester, ein braves, edles Mädchen. Ihre Frau kenne ich nicht, vielleicht ist sie der Schwester ähnlich. Zwei solche Geschöpfe in diesem Augenblick noch unglücklicher zu machen, als sie ohnehin schon sind, – es tut mir weh. Denn, was auch geschehen mag, Sie sehen selbst ein, für Sie kann der Erfolg nie günstig sein. Falle ich, so ist Flucht, oder Festung Ihr Los.

STEIN.
Ich weiß es.
ADOLPH.
Und das Los der Ihrigen?
STEIN
seufzt und wirft einen düstern Blick in die Zukunft.
Mein Entschluß ist gefaßt.
ADOLPH.

Ihre Lage ist schlimm, – drum will ich tun, was ich – bei Gott! – sonst nie getan haben würde. Ich will ein Wort der Entschuldigung, ein bittendes Wort statt blutiger Genugtuung gelten lassen. – Sie schweigen?

STEIN
nach einer Pause.
Ich schweige.
ADOLPH.

Nun, so habe ich mir nichts weiter vorzuwerfen. Doch halt! – wenn ich falle, – Sie sind arm, – hier ist Reisegeld.


Legt seine Börse zu dem Taschenbuche.
STEIN.
Ha! dieser Zug verbürgt mir Ihr Wort! Jetzt sterbe ich ruhig.

Sie fechten, Stein verteidigt sich nur schwach, und gibt nach einigen Stößen plötzlich die ganze Brust preis.
ADOLPH
erschrickt und zieht sich zurück.
Was soll das heißen?
[365]
STEIN
sich wieder in Positur legend.
Weiter! weiter!
ADOLPH.
Halt, mein Herr! Wollen Sie mich zum Meuchelmörder machen?
STEIN.
Haben Sie Genugtuung?
ADOLPH
stutzt und bedenkt sich einen Augenblick.

Ich glaube fast. Nimmt den Degen untern Arm und geht einmal auf und nieder. Ihr Leben war in mei ner Gewalt. War es nicht?

STEIN.
Das mag sein.
ADOLPH
geht abermals auf und nieder, und bleibt zum zweiten Male vor dem Lieutenant stehen.
Sie wollten sterben?
STEIN.
Ich bin Ihnen keine Rechenschaft schuldig.
ADOLPH.

Aber ich mir selbst. Geht zum dritten Male auf und ab. Mein Herr, ich erkläre Ihnen hiermit, daß ich Sie für einen toten Menschen halte, Steckt den Degen in die Scheide. und folglich darf ich jetzt ohne Indiskretion den Inhalt dieses Taschenbuchs untersuchen.


Nimmt das Taschenbuch auf.
STEIN.
Herr Graf, was tun Sie?
ADOLPH.

Herr Lieutenant! Ich bin ein Mann von Ehre. Antworten Sie mir als ein ehrlicher Mann: Sie forderten mein Wort auf die Versorgung Ihrer Gattin, Ihrer Schwester; – ich gab Ihnen mein Wort – und nun wollten Sie sich von mir umbringen lassen. Habe ich es erraten?

STEIN
mit bittrer Wehmut ausbrechend.
Ja! denn ich bin den Meinigen zur Last und habe keinen Bissen Brot mehr.
ADOLPH.

Genug! Sie haben mich beschimpft, dafür habe ich Sie totgestochen. Sie schweigen, – denn Sie sind tot. Ihres Vermächtnisses erinnere ich mich noch sehr wohl, sowie meines Versprechens. Wir wollen doch sehen, mein toter Herr, ob ich ein Schurke bin, wir wollen sehen. Jetzt habe ich ein Recht auf Ihr Vertrauen, Ihre Familie ist die meinige. Ich habe mein Wort gegeben, und bei Gott! ich werde es halten.

STEIN.

Sonderbarer Jüngling! Ja, Sie flößen mir Vertrauen ein. Aber mein Vertrauen kann nur dann der Bettelei unähnlich werden, wenn Sie mir vorher versprechen, mir nicht zu helfen.

ADOLPH.

Eine seltsame Bedingung! Wissen Sie auch, daß Sie mir gar keine Bedingungen vorschreiben dürfen? Sie sind tot, und dies Taschenbuch wird mich schon belehren, was ich zu tun oder zu lassen habe.


Öffnet es.
STEIN.
Ersparen Sie sich die Mühe! Ich bin –
ADOLPH
der unterdessen einen Brief aus dem Taschenbuche [366] genommen, liest die Adresse.

Sie sind – »Karl Freiherr von Stein, vormals Lieutenant unter den Kurtrierischen Truppen.« – Verwundert. Sind Sie das wirklich?

STEIN.
Ja.
ADOLPH.
Freiherr?
STEIN.
Ja.
ADOLPH.
Warum verschwiegen Sie das? Warum nannten Sie sich schlechtweg Stein? Und Ihre Schwester –
STEIN
bitter lächelnd.
Die Putzmacherin!
ADOLPH.

Ich verstehe. Adel bleibt Adel, er mag den Putz kaufen oder verkaufen. Der Edelmann, der mit der Tugend in den vierten Stock zieht, ist mir mehr wert, als der mit dem Golde im ersten wohnt.

STEIN.
So denken wenige.
ADOLPH.

Doch, doch! Man sieht es ihnen nur nicht immer an. Ich, z.E. – hätten Sie mir wohl zugetraut, daß ich allenfalls auch ohne Ahnen imstande wäre, der erste Edelmann in meiner Familie zu werden? Sie hielten mich für einen reichen vornehmen Wildfang, für weiter nichts, und bei Gott! Ich bin etwas mehr.

STEIN
drückt ihm die Hand.
Viel mehr!
ADOLPH.
Sehen Sie, dieser Händedruck – das ist eine förmliche Abbitte.
STEIN.
Sie ist es.
ADOLPH.

So schämen Sie sich Ihrer falschen Scham! Wenn ich früher gewußt hätte, daß Sie Baron sind, wäre es denn jemals soweit zwischen uns gekommen? Hätte ich dann wohl die Dukaten zum Fenster hinausgeworfen? Hätte ich nicht Ihrer Schwester statt der Dukaten die Hand geboten?

STEIN
erstaunt.
Herr Graf!
ADOLPH.

Was ist das zu erstaunen? Erschrecken sollten Sie vielmehr über das Unglück, dessen Urheber Sie zu werden im Begriffe standen. – Und Henriette! Sie sieht, wie meine Liebe von Tag zu Tage wächst, wie ich vergebens mit mir kämpfe, mich zerstreue; wie ihr Geist und Herz mich von der Liebe zu der Hochachtung führen, sie hört, wie oft ich klage, daß mein Stand, meine Verhältnisse mich von ihr trennen, sie hört und sieht das alles, und schweigt, – nennt sich Demoiselle Henriette Stein! – Nun warte nur, dir will ich auch den Kopf waschen.

STEIN.
Wir verloren unser ganzes Vermögen.
ADOLPH.

Das geht mich nichts an. Den Namen haben Sie [367] nicht verloren. Die Familie Stein ist eine der besten in Deutschland. Topp, Herr Bruder! schlagen Sie ein! Die Straßenjungen soll der Teufel holen, die keinen Respekt vor den Fenstern meiner Braut haben.

STEIN.
Sie scherzen, Herr Graf!
ADOLPH
ernst.

Nie mit einem Unglücklichen. Das waren Sie wenigstens. Von heute an sind Sie es nicht mehr. Ich weiß, Sie suchen Dienste. Vielleicht kann ich etwas für Sie tun; wo nicht, so hat mein Vater Geld für uns alle.

STEIN.
Ich lebe nicht von Almosen.
ADOLPH.
Was ein Bruder dem andern gibt, ist kein Almosen.
STEIN.
Herr Graf! Sie wollten im Ernst –
ADOLPH.
In allem Ernst die fröhlichste Begebenheit meines Lebens feiern.
STEIN.
Ein so rascher Entschluß in Ihren Jahren –
ADOLPH.

Zum Henker! Bin ich denn nicht alt genug, um zu heiraten? Und rasch ist mein Entschluß ganz und gar nicht. Ich sage Ihnen ja, daß der Gedanke mir schon tausendmal durch Kopf und Herz gefahren ist. Nur der Unterschied des Standes hielt mich zurück. Ich war wie ein Luftballon, der noch angebunden ist; die Stricke werden entzweigeschnitten, und ich fliege in die Höhe.

STEIN.

Wie? Sie hätten wirklich den wahren Wert dieses Mädchens erkannt? Sie wollten ohne Rücksicht auf Vermögen, ohne Scheu vor unserer jetzigen Lage –

ADOLPH.
Hin zu ihr, daß ich Sie überzeuge!
STEIN.

Zuvor noch einmal Verzeihung für mein Aufbrausen! Ich kam eben zum vierzigsten Male von der Tür eines Großen, wo übermütige Lakaien mich abgewiesen hatten. Ich war eben so voll Bitterkeit gegen die Menschen, so voll Wut gegen alles, was vornehm heißt, und nicht vornehm denkt. Hoffnungslos kehrte ich zurück, Verzweiflung füllte mein Herz, da hörte ich mit halben Ohren das Straßengeschwätz; in dieser Stimmung kam ich hinauf, und sahe, wie Sie meiner Schwester Hand an Ihre Lippen drückten; da erfuhr ich endlich die Geschichte mit den Dukaten, glaubte die Ehre meiner Schwester beleidigt, und – mein gepreßtes Herz machte sich Luft. Verzeihen Sie mir!


Umarmt ihn.
ADOLPH.
Alles, nur das nicht, daß Sie mich zu Ihrem Mörder machen wollten.
STEIN.

Es war der höchste Kleinmut, das Verzagen an jeder Hoffnung, das Verlöschen der letzten Funken meines Vertrauens [368] auf Gott! Im Überfluß erzogen, habe ich nie dulden gelernt. Den Meinigen zur Last, der Erde eine unnütze Bürde, sollte wenigstens mein Tod –

ADOLPH.

Genug! mit dem Unglücklichen sollte der Glückliche nicht rechten; denn ihm wird jede Tugend leicht, aber wo bleibt das Verdienst? Kommen Sie, Freund! Arm in Arm zu Ihrer Schwester, daß ich noch heute mit frohem Mutwillen diesen Beutel voll Dukaten Hebt ihn auf. zu ihrem Fenster hinausschüttle! Will gehen. O weh! Da überfällt mich plötzlich ein kalter Schauer. Wir haben eine Kleinigkeit vergessen. Wenn Ihre Schwester mich nicht mag? Wenn sie lieber Rosen auf Westen sticken, als auf meinen Lebenspfad streuen wollte? wie dann?

STEIN.
Der Ton, mit welchem sie von Ihnen gesprochen, läßt mich das nicht befürchten.
ADOLPH
indem er ihn untern Arm faßt und mit ihm abgehen will.
Ja? o wie? Erzähle mir, Bruder! wie war der himmlische Ton?
STEIN.
Noch eins, Herr Graf, Sie haben einen Vater.
ADOLPH
stutzt, läßt ihn los, – Pause.
Ja, und einen guten Vater.
STEIN.
Wollen und dürfen Sie einen so wichtigen Schritt ohne sein Wissen tun?
ADOLPH.
Nein!
STEIN.
Und muß seine Einwilligung nicht das erste Brautgeschenk für meine Schwester sein?
ADOLPH.
Ja, Sie haben recht! Erst zu ihm, dann zu ihr; das fordert meine Pflicht und Ihrer Schwester Ehre.
STEIN.
So ist's brav!
ADOLPH.

Er wird einwilligen. Meine Mutter war auch nur ein armes Fräulein. Es war auch so eine Geschichte. Die Tante hat mir das einmal erzählt – ja, ja, er wird einwilligen. Geben Sie mir nur Ihr Taschenbuch, daß ich ihm die Beweise Ihrer Geburt vorlegen kann.

STEIN.
Hier ist es.
ADOLPH.

Und nun auf baldiges Wiedersehen! Ihrer Schwester kein Wort, – oder noch besser: geben Sie ihr zu verstehen, – Sie hätten mich – durch und durch gebohrt, und dann geben Sie wohl acht, was das für Effekt macht? Ob sie schreit? ob sie Tränen vergießt? ob sie wohl gar ohnmächtig wird? – Ach, wenn sie ohnmächtig würde? Entzückender Gedanke! Ich könnte närrisch werden vor Freuden! – Bruder, [369] wenn sie etwa ohnmächtig wird, dann laß mich gleich auf der Stelle holen, – dann knie ich zu ihren Füßen, – dann erwacht sie, – dann erblickt sie mich, – dann fällt sie mir in die Arme – ich muß fort, sonst werde ich selbst noch ohnmächtig!


Ab.
STEIN.

Ich suchte den Tod, und fand das Glück meiner Schwester. Gute Henriette! Dir wird vergolten werden. Ab von der andern Seite.

2. Szene
Zweite Szene
Zimmer der Gräfin.
Gräfin – Ernestine.

GRÄFIN
Amaliens unerbrochenes Billett in der Hand haltend.
Wer brachte das Billett?
ERNESTINE.
Ein Knabe.
GRÄFIN.

Sonderbar! Liest die Adresse. »An die Frau Gräfin von Klingsberg.« – Ich bin ja keine Gräfin Klingsberg mehr.

ERNESTINE.
Ihro Gnaden waren es doch, und da in der ganzen Stadt keine Gräfin Klingsberg existiert –
GRÄFIN.
So meinst du, könnte ich das Billett mit gutem Gewissen öffnen?
ERNESTINE.
Allerdings!
GRÄFIN.
Ein Mißverstand muß freilich hier zum Grunde liegen.
ERNESTINE.
Und wie läßt sich der anders aufklären?
GRÄFIN.

Du hast recht! Erbricht und liest. »Eine unglückliche Fremde, die von Ihrem Gemahle und Ihrem Sohne verfolgt wird, bittet um Schutz. – Amalie, Baronin von Stein, geborne Gräfin von Wildberg.« – Nun beim Himmel! Das ist lustig! Ich bin schon seit zwei Jahren Witwe, habe in mei nem Leben keinen Sohn gehabt, und soll vor seinen Nachstellungen schützen! Mein Gemahl war freilich so ein Patron, aber er wird doch nicht als Gespenst –

ERNESTINE.
Ich vermute fast –
GRÄFIN.
Rede!
ERNESTINE.

Da die Frau Gräfin hier im Hause wohnen, so könnte es leicht sein, daß die Fremde Sie für die Gemahlin Ihres Herrn Bruders gehalten –

[370]
GRÄFIN.
Du hast recht. Aber was folgt denn daraus? Doch wohl nicht, daß mein Bruder –
ERNESTINE
schalkhaft.
Warum nicht?
GRÄFIN.
In seinem Alter –
ERNESTINE.
Wenn Ihro Gnaden es mir nicht ungnädig nehmen wollen: jung gewohnt, alt getan.
GRÄFIN.
Hast du Beweise?
ERNESTINE.
Ich hätte wohl –
GRÄFIN.
Heraus damit!
ERNESTINE.
Den Schawl, den Ihro Gnaden da umhaben –
GRÄFIN.
Nun?
ERNESTINE.
Er war eigentlich mir bestimmt.
GRÄFIN.
Dir?
ERNESTINE.
Er war der Preis eines Kusses.
GRÄFIN.
Den mein Bruder verlangte?
ERNESTINE.
Er geht mir überall nach, und sucht mich immer hinüberzulocken.
GRÄFIN.
Wie kommt denn aber der Schawl an mich?
ERNESTINE.
Ja, das weiß ich nicht.
GRÄFIN.
Wart, alter Korydon! die Torheit sollst du büßen.
ERNESTINE.
Und der junge Herr Graf ist auch so ein lustiger Herr.
GRÄFIN.

Ja, ja, es werden wohl meine saubern Verwandten sein, von welchen hier die Rede ist. – Höre Ernestine, den Schawl mußt du mir heute noch lassen. – Morgen ist er dein!

ERNESTINE
küßt ihr die Hand.
Ich danke!
GRÄFIN.

Jetzt müssen wir auf einen Streich denken, diese Dame – Baronin von Stein nannte sie sich? eine Unglückliche? – Sie kann auch wohl eine Betrügerin sein. Ist der Knabe noch draußen?

ERNESTINE.
Er wartet auf Antwort.
GRÄFIN.

Geh! Ich lasse der Unbekannten sagen, sie möchte zu mir kommen; jetzt gleich. Ernestine geht. Warte! Denkt nach. Wenn ich sie hieher kommen lasse, so könnte mein Bruder ihr begegnen, oder mein Neffe. – Besser ich fahre zu ihr. Zwar – schickt sich das? – Wenn sie nun eine gemeine Betrügerin wäre? – Gleichviel! Sie nennt sich unglücklich. Durch Menschenliebe sich täuschen lassen, ist keine Schande. Geh, frage nach ihrer Wohnung. Ich will selbst kommen. Ernestine ab.

[371]
3. Szene
Dritte Szene
GRÄFIN
allein.

So recht. Sich selbst finden der Herr Bruder nicht lächerlich; aber wehe einer alten Dame mit einem jungen Herzen! Da witzeln wir, da spötteln wir, – und den Weibern sollte man dergleichen schon verzeihen. Sie werden ja geboren, um zu lieben und geliebt zu werden; sie wollen auch sterben in ihrem Beruf. Aber so ein alter Herr der Schöpfung, so ein Amor mit einem Saturnuskopf, dem der Zephyr um die grauen Locken säuselt, und der lieber mit den alten Römern dem Gott Husten einen Tempel bauen sollte – Still!

4. Szene
Vierte Szene
Gräfin – Der alte Graf.

GRAF.
Guten Abend, Schwester! Ich komme, dich zu fragen, ob wir zusammen ins Theater fahren?
GRÄFIN.
Was gibt man heute?
GRAF.
Den Ring, von Schröder.
GRÄFIN.
Aha! Deine Geschichte?
GRAF.

Ich sehe das lustige Stück noch immer gern. Es hat mir einen Namen in der Welt gemacht; es hat mir lange nachher noch manchen Sieg erleichtert.

GRÄFIN.
Lange nachher? Du warst doch damals schon nicht ganz jung mehr.
GRAF.

Aber gesteh nur, Schwester, ich war ein liebenswürdiger Patron – und auch jetzt noch – man hat beaux restes.


Vor dem Spiegel.
GRÄFIN.
Wie alt bist du jetzt?
GRAF.
Ich habe mich wirklich zum Erstaunen konserviert.
GRÄFIN.
Wie alt bist du?
GRAF.
Besonders, wenn man bedenkt, daß ich mein Leben so ziemlich genossen.
GRÄFIN.
Wie alt bist –
GRAF.
Und daß die Strapazen im Kriege –
GRÄFIN.
Wie alt –
GRAF
ungeduldig.

Höre, Schwester, man merkt es dir an, daß du zwanzig Jahre auf dem Lande zugebracht hast; denn du hast keinen Funken gute Lebensart.

GRÄFIN.

Vergib! Ich glaubte mit einer Mannsperson zu reden; [372] oder meinst du – ach! Jetzt besinne ich mich – du hast recht, Bruder, ich habe dir noch nicht für dein artiges Geschenk gedankt.

GRAF.
Geschenk? welches Geschenk?
GRÄFIN.
Nun den allerliebsten Schawl, den du mir diesen Morgen durch Adolph schicktest.
GRAF.
Ach den?
GRÄFIN.
Er ist so weich, so warm!
GRAF.
So? Das freut mich.
GRÄFIN.
Sage mir nur, wie du auf den galanten Einfall kamst?
GRAF.
Je nun – ich – ging über den Graben und –
GRÄFIN.
Und dachtest an mich?
GRAF.
Natürlich an dich!
GRÄFIN.
Und da kauftest du für mich –
GRAF
verdrüßlich.
Ja, ja für Dich!
GRÄFIN.
Das war scharmant von dir! Dafür muß ich dich küssen!

Umarmt ihn.
GRAF.
O gehorsamer Diener!
GRÄFIN.
Es ist freilich nicht der Kuß eines jungen, hübschen Mädchens.
GRAF.
Ei wo denkst du hin? Die Zeiten sind vorbei. An so etwas denke ich nicht mehr.
GRÄFIN.
O das weiß ich, – das weiß ich! Solche Torheiten überlässest du jetzt deinem Sohne.
GRAF
mit komischem Seufzer.
Ja, meinem Sohne!
GRÄFIN.
Aber ich muß im Ernst darauf denken, mich zu revanchieren.
GRAF.
Ist nicht vonnöten.
GRÄFIN.

Ei ja doch. Ein so feines Merkmal deiner brüderlichen Aufmerksamkeit darf nicht unvergolten bleiben. Ich werde meinen ganzen Witz aufbieten, um dem Namen Klingsberg Ehre zu machen.Schlägt ihn mit dem Fächer auf die Schulter. Adieu, du kleiner Schelm! Ab.

5. Szene
Fünfte Szene
GRAF
allein.

Geh nur, alte Schachtel! – Ich habe dich herzlich lieb, aber jetzt bist du mir im Wege. – Ich glaube gar, sie belauert mich dann und wann? Ihr Ton war so zweideutig. So sind die Damen alle. In der Jugend lassen sie [373] sich die Cour machen und schlagen die Augen nieder; im Alter sperren sie sie weit auf, um zu sehen, wo andern die Cour gemacht wird. Horcht. Der Wagen fährt vor, – sie ist fort. – Jetzt zu der schelmischen Soubrette! Öffnet eine Seitentür. Tinchen! pst! Tinchen!

ERNESTINE
inwendig.
Wer ruft?
GRAF.

Hieher! Geschwind! Indem er sich die Hände reibt. Ein herrlicher Augenblick! Die Schwester ausgefahren, zwei Bedienten mitgenommen, der Wildfang von Sohn nicht zu Hause –

6. Szene
Sechste Szene
Graf – Adolph – dann Ernestine.

ADOLPH
tritt hastig ein.
Mein Vater!
GRAF.
Was? hat der Teufel dich auch schon wieder da?
ADOLPH.
Ich suche Sie überall; ich höre, daß Sie bei der Tante sind, und fliege herüber.
GRAF.
Fliege du mit dem Luftballon nach Ägypten!
ERNESTINE
kommt.
Der Herr Graf haben gerufen; was ist zu Ihrem Befehl?
GRAF
verlegen.
Ich? gerufen?
ERNESTINE.
So schien es mir.
GRAF.
Ach ja, ich wollte nur fragen, ob meine Schwester –
ERNESTINE.
Soeben ist sie ausgefahren.
GRAF.
So, so! Nun weiter wollte ich nichts wissen, mein Kind, gar nichts.
ERNESTINE.
Dann gehe ich wieder an meine Arbeit.

Ab.
GRAF.

Sage mir nur, du junger Überall und Nirgends! Was willst du von mir? Brauchst du wieder Geld? – Da, da hast du, und nun packe dich fort!

ADOLPH.
O diesmal bedarf ich etwas weit Kostbareres, – Ihren Segen.
GRAF.

Meinen Segen? In Gottes Namen! Der Himmel segne dich, und gebe dir einst zehn solche Buben, wie du einer bist. Ists nun genug?

ADOLPH.
Ich wünsche zu heiraten.
GRAF.

Heiraten? Soll mir lieb sein! Soll mir sehr lieb sein! Dann wirst du schon gezwiebelt werden. Nun, wen willst du denn heiraten?

ADOLPH.
Die junge Baronesse Stein.
[374]
GRAF.
Stein? Die kenne ich nicht.
ADOLPH.
Sie ist hier gänzlich unbekannt.
GRAF.
Das ist schlimm!
ADOLPH.
Sie ist sehr arm!
GRAF.
Das ist noch schlimmer.
ADOLPH.
Ihr Bruder war Lieutenant in kurtrierischen Diensten.
GRAF.
Ah! Lieutenant Stein! den kenn' ich so halb und halb.
ADOLPH.
Er sucht hier Dienste.
GRAF
beiseite.
Und wird gesucht.
ADOLPH.
Die Familie ist alt und gut.
GRAF.
Ich weiß.
ADOLPH.
Das Mädchen ist schön, edel, wohl erzogen.
GRAF.
Ein Engel, ein Engel! Ich weiß schon.
ADOLPH.
Kurz, bester Vater, es ist die hübsche Putzmacherin, von der ich diesen Morgen mit Ihnen sprach.
GRAF.
Was? Eine Putzmacherin? Die willst du heiraten?
ADOLPH.
Sie hören ja, daß sie von Stande ist.
GRAF.
Welche Märchen lässest du dir aufbürden?
ADOLPH.
Hier sind die Beweise.

Zieht das Taschenbuch hervor.
GRAF.

Adolph! höre mich an! Ich habe allen Respekt vor hübschen Putzmacherinnen; es ist eine Klasse von Menschen, die ich sehr wohl leiden mag; aber zur Schwiegertochter – basta!

ADOLPH.
Aber sie ist ja nicht, was sie schien.
GRAF.
Gleichviel.
ADOLPH
sehr bescheiden.
Ich weiß doch, daß mein Vater – einst – meine Mutter – für noch weit weniger hielt.
GRAF.
Schweig!
ADOLPH.

Soll die edle Seele verkannt werden, weil sie sich herabließ, für den Unterhalt ihres Bruders zu arbeiten? Soll Fräulein Henriette von Stein –

GRAF.
Henriette! Heißt sie Henriette?
ADOLPH.
Sie trägt den Namen meiner Mutter.
GRAF
mit einiger Rührung.
Deine Mutter war eine sehr brave Frau.
ADOLPH.
Und doch auch nur ein armes, unbekanntes Mädchen.
GRAF.
Ein Mädchen, wie deine Mutter war, findest du nicht in halb Europa.
ADOLPH.
So gehört Wien zu der andern Hälfte; denn ich habe sie gefunden.
[375]
GRAF.
Possen!
ADOLPH.
Sehen Sie sie nur, mein Vater! Sprechen Sie mit ihr!
GRAF.

Was kann das helfen? Sie wird mich einnehmen, o ja, das glaube ich wohl! Sie ist jung und hübsch, und ich bin dann auch kein Klotz. Aber ihre Märchen von Baronessen usw. die glaube ich dir doch nicht, die glaubt man nur in deinem Alter.

ADOLPH.
Die Beweise –
GRAF.
Und der Herr Bruder Lieutenant, der ist mir schon ganz fatal.
ADOLPH.
Er ist ein Mann von Ehre im strengsten Sinne des Worts.
GRAF.
Das mag er sein; aber er sucht Dienste und hat nebenher Amourettchen; das weiß ich.
ADOLPH.
Er?
GRAF.
Ja, ja, er! Das weiß ich!
ADOLPH.
Je nun, vielleicht, daß in glücklichern Zeiten –
GRAF.

Aber jetzt soll er das bleiben lassen; denn ohne Ceres und Bacchus friert Venus; das weiß jeder Schulknabe.

ADOLPH.
Auf mein Wort, bester Vater!
GRAF.
Du bist verliebt; auf dein Wort baue ich nichts.
ADOLPH.
Er denkt an kein Frauenzimmer.
GRAF.
So denken die Frauenzimmer an ihn.
ADOLPH.

Seine Papiere beweisen, daß er von tadelloser Herkunft ist, und daß seine Güter ein Raub des Feindes wurden.

GRAF.
Geschichten, die man jetzt täglich hört.
ADOLPH.

Leider, – und sonderbar genug! Tausend Unglückliche erregen weniger Mitleid als ein einzelner. Aber so denkt mein Vater nicht, – so fühlt er nicht.

GRAF.
Danke! danke!
ADOLPH.

Er wird seinem Sohne gönnen, was er selbst genoß: stilles Glück an der Seite eines armen, sittsamen Mädchens, das den Reiz der Liebe und die Würde der Tugend noch durch das Gefühl der Dankbarkeit verschönert und erhöht; das mich weder durch törichte Pracht ruinieren, noch durch Modegalanterien zum Gespötte machen wird.

GRAF.
Roman!
ADOLPH.
Es steht ja nur bei Ihnen, eine wahre Geschichte daraus zu machen.
GRAF.
Ich sehe wohl, ich komme nicht los. Laß mir die Papiere hier!
ADOLPH.
Sie wollen Sie untersuchen?
[376]
GRAF.
Bei Gelegenheit.
ADOLPH.
Sie wollen das Mädchen sehen?
GRAF.
Bei Gelegenheit.
ADOLPH
bittend.
Bald! Bald!
GRAF.
Jetzt geh!
ADOLPH.
Heute noch!
GRAF
ungeduldig.
Wenn du noch zwei Minuten hier verweilst, so tue ich es in meinem Leben nicht.
ADOLPH.
Ich gehe schon – und darf indessen meiner Braut sagen –?
GRAF.
Was, Braut? So weit sind wir noch nicht.
ADOLPH.

O Sie werden eine allerliebste Schwiegertochter haben. Geben Sie acht, bester Vater, Sie werden sich noch selbst in sie verlieben. Ab.

7. Szene
Siebente Szene
GRAF
allein.

Selbst in sie verlieben? – Ja, das will ich auch. Ich will es dir vergelten, Bursche, daß du mir so oft in den Weg trittst. Endlich ist die Luft wieder rein. Will ins Kabinett. Zum Henker! Die Türe ist verschlossen? Guckt durch das Schlüsselloch und ruft. Tinchen! Tinchen!

8. Szene
Achte Szene
Graf – Balthasar.

BALTHASAR.
Gnädiger Herr!
GRAF.

Hat der Satan schon wieder eine neue Qual für mich ausgesonnen? Was willst du, alter Schwalbenschweif? Fasse dich kurz!

BALTHASAR.
Die Ohrgehänge habe ich der Madame Friedberg abgeliefert.
GRAF.
Und sie hat sie angenommen?
BALTHASAR.
Ja.
GRAF.
Viktoria!
BALTHASAR.
Hier ist auch ein Billett.
GRAF.
Von ihr?
BALTHASAR.
Ja.
GRAF.
Gib her und pack dich fort! Balthasar geht schmunzelnd ab.
[377]
9. Szene
Neunte Szene
GRAF
allein.

Liest. »Die Wirtin vom Hause ist eine Schwätzerin« – das ist wahr! – »sobald es dunkel wird, finden Sie mich auf der Bastei« – Scharmant! – »An einem Schleier sollen Sie mich erkennen. Amalie Friedberg.« – Allerliebst! Ja, die Ohrgehänge haben Wunder getan! – Wie sagte sie doch? Parodierend. »In der Gräfin, wie in der Bettlerin sollte weibliche Tugend Ihnen heilig sein.« – Ja, ja, die Sprache kennen wir schon. »Gehen Sie, kommen Sie mir nie wieder vor die Augen!« – das heißt: – nicht ohne Ohrgehänge! Also wenn es dunkel wird? – Es ist ja schon dunkel! Gegen die Seitentüre. Gute Nacht, Tinchen! Für heute bleibst du einsam, wie Penelope, an deiner Stickerei. Aus Koketterie hast du die Türe verschlossen, und zur Strafe wirst du plantiert. Ab.

10. Szene
Zehnte Szene
Auf der Bastei – Nacht und Mondschein.

ADOLPH
allein.

Soll ich zu ihr gehen? Darf ich? – Ohne die Einwilligung meines Vaters? – Zwar bring ich Hoffnung mit – aber doch nur Hoffnung – keine Gewißheit! – Wenn er sich anders besönne, – wenn sie ihm nicht gefiele, – wenn er ein Machtwort spräche, – ich glaube wahrhaftig, ich würde unglücklich sein. Unglücklich? – Was ist das? Ich war es noch nie. Aber ich fange an zu fürchten, daß auch ich es werden könnte. – Ha, ha, ha! siehe da, der junge Klingsberg lustwandelt im Mondschein und seufzt! Ja, nun ist es richtig! er ist verliebt! entsetzlich verliebt! Setzt sich auf eine Bank, oder lehnt sich an die Mauer. Heiliger, keuscher Mond! Du hast nun schon viele hundert Jahre das närrische Zeug mit angesehen, was die Menschen unter deinen Augen treiben, sage mir nur, wie ist es möglich, daß du nicht lachst? – Ich bin verdrüßlich, und möchte meinen Verdruß gern an dir auslassen, du abgeschmackter Mond! Immer bist du freundlich, wie ein Hofmann, immer dasselbe Gesicht, wie ein Ehemann, immer der nämliche Spaziergang auf und nieder, wie eine Schildwache. Pause. Ah! das hilft mir nichts! Ich wollte, daß mir [378] irgendein Abenteuer aufstieße! So etwas Pikantes! Wenn auch einige Prügel dabei vorfielen, ich wäre eben recht in der Laune zu geben und zu empfangen.

11. Szene
Eilfte Szene
Adolph – Gräfin – Amalie beide verschleiert.

ADOLPH.

Sieh da, ein paar Frauenzimmer! wollen auch dem Monde die Cour machen. Ich glaube gar verschleiert? Still! Das wird interessant!

GRÄFIN
halbleise.
Nur Mut gefaßt! Wenn die Adresse richtig war –
AMALIE.
Er gab sie mir in seinem ersten Briefe.
ADOLPH
beiseite.
Es ist von Briefen die Rede.
GRÄFIN.
So muß mein Bedienter gleich zurück sein.
ADOLPH
beiseite.
Die Dämchen wollen mir weismachen, daß sie einen Bedienten haben.
GRÄFIN.
Und dann sehen Sie ihn noch diesen Abend.
AMALIE.
Ich zittre vor Angst und Freude.
ADOLPH
beiseite.
Die Stimmen sind mir nicht ganz unbekannt.
GRÄFIN.
Ruhig, liebe Baronin!
ADOLPH
beiseite.
Baronin? Ja, wer's glaubte!
AMALIE.
Ach gnädige Gräfin!
ADOLPH
beiseite.
Immer besser! Am Ende werden noch Fürstinnen daraus.
AMALIE.
Was wäre in dieser großen Stadt ohne Ihren Schutz aus mir geworden?
ADOLPH
beiseite.
Das nämliche, was die Mamsell jetzt zu sein scheinen.
12. Szene
Zwölfte Szene
Vorige – Jacob im Oberrock.

JACOB.
Ihro Gnaden! Ich habe seine Wohnung gefunden.
AMALIE
mit froher Aufwallung.
Gefunden!
ADOLPH
beiseite.
Was gefunden?
AMALIE.
War er zu Hause?
JACOB.
Ich glaube – ja.
AMALIE.
Ist er gesund?
[379]
JACOB.
Das weiß ich nicht.
ADOLPH
beiseite.
Zärtliche Besorgnis!
GRÄFIN.
Wir sind am Ziele.
ADOLPH
beiseite.
So?
GRÄFIN.
Ich werde Zeugin Ihres Entzückens sein.
ADOLPH
beiseite.
Kann unterbleiben. Entzückt ist man am liebsten ohne Zeugen.
GRÄFIN.
Jetzt gehen Sie, liebe Freundin! Ich sehe da von ferne eine dicke Figur.
ADOLPH
beiseite.
Dick? Das bin ich nicht.
GRÄFIN.
Ein weißer Mantel, etwas langsam und schwerfällig.
ADOLPH
beiseite.
Wen meint sie?
GRÄFIN.
Ich wette, es ist unser graubärtiger Ritter. Gehen Sie, mein Wagen steht unten am Tore.
ADOLPH
beiseite.
Auch Equipage?
GRÄFIN.
Sie fahren in meine Wohnung. Ich folge Ihnen bald in einem Mietwagen.
AMALIE.
Großmütige Frau!
GRÄFIN.
Nichts von Großmut! Ich decke nur Familientorheiten mit Schwesterliebe zu. Auf Wiedersehen!

Amalie geht mit Jacob ab.
ADOLPH
beiseite.
Die eine geht, die andre bleibt. Wie wird das enden?
GRÄFIN.
Er ist's! Das Podagra kämpft mit seiner Ungeduld.
13. Szene
Dreizehnte Szene
Vorige – Graf in einen weißen Mantel gehüllt, erscheint im Hintergrunde und hustet; die Gräfin beantwortet dies Zeichen.

ADOLPH
beiseite.
Husten? Aha! Nun das kann ich auch. Hustet.
GRAF
leise.
Sind Sie es, schöne Frau?
GRÄFIN
leise.
Ich bins!
ADOLPH
beiseite – horchend.
Ein Rendez-vous.
GRAF.
Geben Sie mir Ihren Arm! Der Platz ist hier so frei. Der fatale Mondschein! Und kühl ist es auch.
ADOLPH
beiseite.
Pfui, alter Herr! Wer wird frieren?
GRAF.
Ich denke, wir gehen.
[380]
GRÄFIN
mit verstellter Stimme.
Wohin Sie wollen!
ADOLPH
beiseite.

Ach nein! So haben wir nicht gewettet. Ich war der erste auf dem Platze, und soll nun das leere Nachsehen haben! Vertritt ihm den Weg. Wohin, mein Herr?

GRAF
mit dem Mantel übers Gesicht geschlagen, wodurch seine Sprache etwas unkenntlich wird.
Was geht das Sie an?
ADOLPH.

Ich kann kein Frauenzimmer entführen sehen, und am wenigsten von einem so dicken, alten Herrn, als Sie sind.

GRAF
beiseite.
Zum Teufel! das ist mein Sohn!
GRÄFIN
beiseite.
Mein Neveu! Vortrefflich!
ADOLPH.

Wie? Was soll das Geflüster? – Sie sehen mich entschlossen, heute abend in Ihrer Gesellschaft zu bleiben, wenn anders die Dame schön ist, woran ich nicht zweifle; und wenn Sie ein lustiger, alter Patron sind, woran ich auch nicht zweifle –

GRAF.
Junger Herr!
ADOLPH.
Daß ich jung bin, ist eben nicht mein größter Fehler.
GRAF.
Sie nehmen sich Freiheiten heraus –
ADOLPH.

Ich bin ja der bescheidenste Mensch von der Welt. Ein anderer an meiner Stelle würde Sie schon längst davongejagt haben.

GRAF.
Platz da!
ADOLPH.
Nicht von der Stelle!
GRAF
läßt den Mantel vom Munde fallen.
Impertinenter Junge!
ADOLPH
stutzt.
Was?
GRAF.
Geh mir aus dem Wege!
ADOLPH.
Was Teufel, – ich glaube wahrhaftig – diese Stimme – es ist mein Vater!
GRAF.
Der dich überall findet, wo du nicht hingehörst.
ADOLPH.
Ich bitte tausendmal um Verzeihung!
GRAF.
Geh zum Teufel!
ADOLPH.
Ich konnte unmöglich glauben –
GRAF.
Pack' dich fort!
ADOLPH
mit etwas Ironie.
Meinen alten dreiundsechzigjährigen Vater –
GRAF.
Schweig!
ADOLPH.
Um diese Stunde in solcher Gesellschaft –
GRAF
beiseite.
Ich möchte rasend werden!
ADOLPH.
Ha, ha, ha! Gestehen Sie's nur, lieber Papa, das Abenteuer ist doch verdammt lustig.
[381]
GRÄFIN
schlägt den Schleier zurück.
Adolph! Schämst du dich nicht?
ADOLPH.
Was? die Tante?
GRAF
läßt sie los.
Alle Teufel!
GRÄFIN.
Schämst du dich nicht, gegen deinen würdigen Vater einen so beleidigenden Verdacht zu äußern?
ADOLPH.
Sind Sie es wirklich?
GRÄFIN.

Nun ja! Was ist denn da zu verwundern? Der Abend ist schön. Dein Vater hatte Lust, einen Spaziergang zu machen. Nicht wahr, Bruder?

GRAF.
Ja, ja – freilich!
GRÄFIN.
Er wollte nicht allein gehen, und bat mich, ihm Gesellschaft zu leisten. Nicht wahr, Bruder?
GRAF.
Allerdings!
GRÄFIN.

Da kommt so ein Hans Hasenfuß, vertritt uns den Weg, sagt eine Sottise nach der andern, und meint am Ende wohl gar, der alte Vater sei ein ebenso leichtsinniger Mensch als der Sohn?

GRAF.
Ja, ja, es ist abscheulich, mir so etwas zuzutrauen!
GRÄFIN.
Ich habe mich über deine Geduld gewundert.
GRAF.
Mir, der ich in aller Unschuld und Ehrbarkeit mit meiner leiblichen Schwester spazieren gehe!
ADOLPH.

Ich bin ganz erstarrt! – Bester Vater! – Gnädige Tante! Ich weiß, hol mich der Teufel, – nicht, was ich sagen soll. Es war ein dummer Streich von mir, oder der Satan hat mir ein Blendwerk vorgemacht. Ich bin so beschämt!

GRÄFIN.
So geh und schäme dich zu Hausei
ADOLPH.
Untertäniger Diener! Ab.
14. Szene
Vierzehnte Szene
Graf steht verlegen und guckt in den Mond – Gräfin sieht ihn lächelnd an.

GRÄFIN.
So sieh mich doch an, Bruder!
GRAF.
Ich weiß recht gut, wie du aussiehst.
GRÄFIN.
Dasmal habe ich deine Ehre gerettet.
GRAF.
Danke!
GRÄFIN.
Madame Friedberg hat mir aufgetragen –
GRAF.
Verdammtes Weibervolk!
[382]
GRÄFIN.
Dir diese Ohrgehänge wieder zuzustellen.
GRAF.
Das hängt zusammen, wie Kletten.
GRÄFIN.
Die vermutlich durch ein Mißverständnis –
GRAF.
Schon gut. Gib nur her!
GRÄFIN.
Sind wir nun fertig?
GRAF.
Ja!
GRÄFIN.
Wollen wir einen Mietwagen nehmen?
GRAF.
Nein!
GRÄFIN.
Also zu Fuße?
GRAF.
Nein!
GRÄFIN.
Ich habe aber nicht Lust, hier länger Abenteuer zu suchen.
GRAF.
So geh!
GRÄFIN.
Ganz allein?
GRAF.
Du bist ja allein gekommen.
GRÄFIN.
Willst du noch einen Spaziergang machen?
GRAF.
Ja!
GRÄFIN.
Über die Sache nachdenken?
GRAF.
Ja!
GRÄFIN.
Du willst dich noch ein wenig abkühlen?
GRAF.
Nein!
GRÄFIN.
So empfehle ich mich dir.
GRAF.
Adieu!
GRÄFIN
klopft ihm schalkhaft auf die Schulter.
Mit der schlauen Liebe kosen
Darf man nicht am Krückenstab;
Nur der Jugend blühen Rosen,
Nur die Jugend pflückt sie ab.

Geht.
15. Szene
Fünfzehnte Szene
GRAF
allein.

Nach einer Pause. Nun zeige mir doch einer einen dummen Jungen, der dümmer aussieht, als ich. Mit Ohrgehängen habe ich kein Glück. Aber meinem Sohne, dem Satan, muß ich einen Streich spielen, und das auf der Stelle! Ab.


Ende des dritten Akts.

[383]

4. Akt

1. Szene
Erste Szene
Henriettes Zimmer.

HENRIETTE
allein.

Er kommt nicht! – Sollte mein Bruder mich getäuscht haben? – Sollte der Zweikampf unglücklich abgelaufen sein? Der Graf vielleicht verwundet, – nein, Karl sah heiter aus; wäre Blut geflossen, er hätte anders ausgesehen. Aber die Einwilligung des Vaters – wird er sie erhalten? Sei fleißig, arme Henriette! lege nicht die Hände in den Schoß, als ob du schon eine reiche Gräfin wärst; – er wird nicht einwilligen! – Doch, daß mein eigner Wert den guten Jüngling fesselte, – das, was ich ohne fremden Zusatz bin, – darauf darf ich doch ein wenig eitel sein? Ihr guten, reichen Mädchen! Die Männerscharen, die zu euern Füßen liegen, und reine Liebe heucheln, – o könntet ihr mit all eurem Golde ein Fensterlein in jede Brust erkaufen, wie würdet ihr erschrecken? Darum danke ich Gott, daß ich ein armes Mädchen werden mußte, um ein Herz zu finden, das meinem Herzen angehört, das kein Onkel Minister, und keine Tante Krösus mir erobert hat. Es wird geklopft. Wer kommt?

2. Szene
Zweite Szene
Graf – Henriette.

GRAF.
Komm' ich hier recht zu –

Stutzt, als er Henrietten gewahr wird, und verstummt.
HENRIETTE.
Zu wem?
GRAF
beiseite.
Wahrhaftig, was den Geschmack anbetrifft, da darf der Bube sich mit mir messen.
HENRIETTE.
Wen suchen Sie, mein Herr?
GRAF.
Ich, – ich suche ein schönes Mädchen und finde einen Engel.
HENRIETTE.
Was soll das heißen?
GRAF.
Sind Sie Demoiselle Stein?
HENRIETTE.
Ja!
GRAF.

Wenn Ihr Name und Ihr Herz von gleicher Materie [384] sind, so werden Ihre Augen viel Unheil in der Welt anrichten.

HENRIETTE.

Mein Herr, wenn meine Augen Ihnen diesen schalen Witz eingeflößt haben, so ist das freilich ein Unheil.

GRAF.
Bravo! Den Eindruck, den Ihre Schönheit beginnt, vollendet Ihr Geist!
HENRIETTE.
Darf ich fragen, warum Sie meinen Geist vier Treppen hoch suchten?
GRAF.
Um ihn zu bewundern.
HENRIETTE.

Weil doch in der Ferne alles größer scheint, so bin ich so eitel, Sie zu bitten, meinen Geist in Zukunft von Ferne zu bewundern.

GRAF.

Vergebens! Eine unsichtbare Kraft zieht mich an. Mir schwindelt, – ich widerstehe – Eitler Versuch! Fast möchte ich an die Wirbel des Descartes glauben.

HENRIETTE.
Ihr Kopf ist wenigstens kein Beweis gegen sein System.
GRAF.
Ach! Die Rede ist von meinem Herzen!
HENRIETTE.
Ich wünschte, mein Herr, die Rede wäre von gar nichts mehr.
GRAF.
Es klopft! es pocht!
HENRIETTE
mit Ironie.
Die vielen Stufen im zehnten Stufenjahre –
GRAF
beiseite.
Verdammt! das beißt! Laut. Bravo! Ich liebe die Repliken!
HENRIETTE.
Lieben Sie, was Sie wollen; nur mich nicht!
GRAF.
Gestehen Sie nur, Sie sind nicht, was Sie scheinen.
HENRIETTE.
Das kann nicht ein jeder von sich sagen. Sie, mein Herr, sind ganz, was Sie scheinen.
GRAF.
Das Zeugnis klingt ein wenig zweideutig.
HENRIETTE.
Ich dächte kaum.
GRAF.
Wenn ich es zu meinem Vorteil auslegen dürfte –
HENRIETTE.
Nach Ihrem Belieben; doch nicht eher, bis Sie mich verlassen haben.
GRAF.
Ich Sie verlassen? Welche Zumutung!
HENRIETTE.
Wenn mein Bruder nach Hause kommt –
GRAF.
Haben Sie viele Brüder?
HENRIETTE.
Nur einen.
GRAF.
Ist dieser eine schon lange Ihr Bruder?
HENRIETTE.
Mein Herr!
GRAF.
Verstehen wir uns doch nur recht, schönes Kind!
HENRIETTE.
Fort mein Herr! Wir werden uns nie verstehen.
[385]
GRAF.
Fassen Sie Zutrauen! Meine Erfahrung, meine Weltkenntnis –
HENRIETTE.

O, wenn die Welt so ist, so verdient sie ihr jetziges Schicksal; so ist es ein Sturm, der die vergiftete Atmosphäre reinigen wird.

GRAF.
Suchen wir Schutz im Tempel der Liebe!
HENRIETTE.
Mein Herr! Sie sind in der Wohnung der Unschuld, und sie sollte ebenso heilig sein, als ein Tempel.
GRAF
beiseite.
Wahrlich, wenn hier der Schein nicht trügt –
HENRIETTE.
Noch einmal, mein Herr! entfernen Sie sich!
GRAF
beiseite.
Fast möcht ich wünschen, das Sprüchwort Lügen zu strafen. Laut. Kennen Sie mich, Mademoiselle?
HENRIETTE.
Schon zuviel!
GRAF.
Und ich noch zuwenig. Beiseite. Wir wollen Sturm laufen.
HENRIETTE.
Ich warne Sie; trotzen Sie nicht auf meine wehrlose Einsamkeit. Ich rufe Leute herbei!
GRAF.
Wozu?
HENRIETTE.
Ich will allein sein. Diese Zimmer sind die meinigen.
GRAF.

Eben, weil diese elenden Zimmer die Ihrigen sind, verlasse ich sie nicht. Sie müssen schönere bewohnen. Man faßt keine Diamanten in Blei. Ich weiß, daß Sie für Geld arbeiten, daß Sie Putz machen. Welche Erniedrigung! Ein Frauenzimmer, dem zu gefallen die Grazien selbst Putzmacherinnen werden sollten, läßt sich herab –

HENRIETTE
von Zorn und Schmerz überwältigt.

Noch nie, mein Herr, ward ich so tief erniedrigt, als in diesem Augenblick. In Tränen ausbrechend. O wenn Armut zu solchen Anträgen berechtigt, wer darf noch behaupten, Armut sei kein Übel?

GRAF
beiseite.
Sie weint! Ich bin zu weit gegangen.
HENRIETTE.

Ich bin ein unglückliches Geschöpf! Ich habe schon viele Tränen vergossen, aber noch keine, die so bitter waren! Und wenn Sie noch so reich sind, mein Herr, diese Tränen können Sie nicht bezahlen.

GRAF
beiseite.
Das ist wohl nicht Verstellung. Laut und verlegen. Mademoiselle!
HENRIETTE.

Wenn Sie so alt wurden, und mein Geschlecht nie anders beurteilten, dann bedaure ich Sie, denn dann haben Sie die Liebe nie gekannt.

GRAF
beiseite.
Bei Gott! Die ist, was sie scheint!Laut. Mademoiselle, – ich bitte –
[386]
HENRIETTE.

Gab es aber einen Zeitpunkt in Ihrem Leben, wo tugendhafte Liebe Sie beglückte, hatten Sie vielleicht eine Gattin, welche der Schilderung nahe kam, die einer unsrer größten Dichter von der Würde der Frauen lieblich und wahr darstellte –

GRAF
gerührt und hastig.
Ja, ich hatte eine solche.
HENRIETTE.

So beschwöre ich Sie bei dem Andenken an diese Seele, die mit der meinigen verwandt ist, – haben Sie Achtung für meine Unschuld, denn sie ist mein ganzer Reichtum.

GRAF.

Mademoiselle – verzeihen Sie mir – ja, ich kannte eine solche Seele. In Ihrer Gegenwart hätte ich früher daran denken sollen, denn Ihre Gesinnungen, die Wärme, mit der Sie für Tugend und Unschuld sprechen, – alles ruft mir jenes holde Bild zurück! Und vielleicht ist es zum zweiten Male meine Bestimmung, da, wo ich nur Vergnügen suchte, das Glück des Lebens zu finden.

HENRIETTE.
Ich verstehe Sie nicht.
GRAF.

Mich jetzt zu nennen, verbietet mir ein drückendes Gefühl. Sie würden mir verzeihen um meines Namens willen, und das habe ich nicht verdient. Bald wird vielleicht die Zukunft Sie belehren, daß man wenigstens im zehnten Stufenjahre eine Sottise leichter wiedergutmachen kann, als im vierten.


Henriette will antworten, sieht aber Stein eintreten.
3. Szene
Dritte Szene
Vorige – Stein.

HENRIETTE
ein wenig hastig.
Mein Bruder!
STEIN.

Guten Abend, Schwester! Verbeugung gegen Klingsberg, welche dieser verlegen erwidert. Wer ist dieser Herr?

HENRIETTE
verlegen, weil sie ihres Bruders Hitze fürchtet.
Dieser Herr ist ein Fremder, der sich in der Wohnung irrte. Nicht wahr, mein Herr?
GRAF.
Ja wohl habe ich mich geirrt.
HENRIETTE.
Er suchte jemand, den er nicht fand.
GRAF.
Und fand hier, was er nicht suchte.
STEIN.
Wir sind selbst fremd hier, und werden Sie schwerlich zurechtweisen können.
GRAF.
Doch, doch, ich bin schon zurechtgewiesen worden.
[387]
STEIN.
So will ich Ihnen leuchten. Es ist dunkel auf der Treppe.
GRAF.
Darf ich den Zufall benutzen? Darf ich wiederkommen?
STEIN.
Mein Herr, Sie sehen wohl, daß wir nicht darauf eingerichtet sind, Gäste zu empfangen.
GRAF.

Der gute Wille ist die beste Einrichtung für Gäste, und ich wage zu hoffen, daß Sie mich noch recht gern hier sehen werden. – Hören Sie, Mademoiselle? recht gern!


Geht von Stein mit Licht begleitet.
HENRIETTE
beiseite.
Ich zweifle.
4. Szene
Vierte Szene
Vorige – Adolph stößt in der Türe auf die Abgehenden.

ADOLPH.
Ha! Mein Vater hier?

Zugleich.
HENRIETTE.
Sein Vater?
STEIN.
Sein Vater?
GRAF
beiseite.
Da haben wir's!
ADOLPH.
O ich errate, warum er hier ist. Gewiß kam er auf meine Bitte.
GRAF
beiseite.
Nichts weniger.
ADOLPH.

Um sich selbst von Henriettens hohem Werte zu überzeugen, um zu sehen, ob nicht bloß Leidenschaft mich blende?

GRAF.
Ja, ja – allerdings!
STEIN.

Herr Graf! Wir sind arme, ehrliche Leute, durch Geburt und Herz Ihrer Verbindung würdig; durch Rang und Reichtum tief unter Ihnen.

GRAF.
Ich weiß, – ich weiß. Beiseite. Da bin ich schön in der Klemme!
ADOLPH.
O Sie kennen meinen Vater nicht, wenn Sie seinen Edelmut bezweifeln.
HENRIETTE.
Herr Graf! – ich bin so beschämt!
GRAF.
Nun ja, das fehlte noch!
HENRIETTE.
Ich sehe nun wohl ein, daß Sie mich bloß prüfen wollten –
GRAF.
Ich bitte Sie, mein Fräulein, kein Wort mehr davon!
HENRIETTE.
Der Ton, welchen Sie gegen mich erkünstelten –
GRAF.
Vergessen sei alles, wozu die väterliche Besorgnis mich verleitete!
HENRIETTE.
Ich Törin konnte glauben –
GRAF.
Hören Sie auf, mein Mißtrauen zu bestrafen!
[388]
STEIN.

Ich will nicht hoffen, Schwester, daß dein Betragen gegen den Herrn Grafen einer Entschuldigung bedarf?

GRAF.
Keinesweges! Wir haben uns nur wechselseitig nicht gekannt.
ADOLPH.

O mein Vater! Sie sind die Güte selbst. In dem Augenblick, wo Sie Ursache hatten, über mich zu zürnen –

GRAF.
Schon gut; es ist vergessen.
ADOLPH.
Da ich auf der Bastei –
GRAF.
Genug, mein Sohn! Ich will nichts weiter davon hören.
ADOLPH.
In dem nämlichen Augenblick faßten Sie den Entschluß, mein Glück zu befördern –
GRAF.
Es freut mich, wenn du das erkennst!
ADOLPH.
Sie kamen hierher mit dem edelsten Vorsatz –
GRAF.
Nun, nun, laß es nur gut sein!
ADOLPH.
Sie scheuten sich nicht in Ihrem Alter vier Treppen hoch heraufzusteigen.
GRAF.
Da siehst du, was ein Vater für sein Kind tut.
ADOLPH.

Mit der Wärme eines Vaters, und der Vorsicht eines Greises erforschten Sie das Herz meiner Henriette.

GRAF.
Ja, ja, ich habe es erforscht.
ADOLPH.
Und was fanden Sie? Liebreiz des Körpers und Adel der Seele?
GRAF.
Beides! Beides!
ADOLPH.
Die Art, wie Henriette Sie empfangen, gestehen Sie, mein Vater, Sie hatten das kaum erwartet.
GRAF.
Du hast recht! – ich zweifelte.
ADOLPH.
Aber nun, – verschwunden ist jeder Zweifel – ich darf hoffen, – bester Vater – ich hoffe!
GRAF
beiseite.
Was soll ich machen? Verdammte Situation!
ADOLPH.
Sprechen Sie das Glück meiner Zukunft mit einem Worte aus! Nennen Sie dies holde Mädchen Tochter!
GRAF
geht auf Henrietten zu und bietet ihr die Hand.
Wollen Sie mich zum Vater? Henriette will ihm die Hand küssen, er zieht die Hand weg. Einen Kuß!
HENRIETTE.
Von ganzer Seele!
GRAF
wirft sie Adolph in die Arme.

Da! Küssen Sie den da von ganzer Seele! Stumme Umarmung der beiden Liebenden. Stein dankt Gott gerührt und umarmt sie beide. Graf beiseite. Ein alter Fuchs wird auch zuweilen gefangen.

EINE MAGD
bringt Stein ein Billett.
Ein Bedienter brachte dies! Ab. Stein öffnet es und liest heimlich.
ADOLPH.

Und nun, bester Vater. Meine Braut darf hier nicht [389] länger wohnen. Es ist weder bequem, noch schicklich. Ihre künftige Schwiegertochter muß mit Anstand in der Welt erscheinen. Nicht wahr?

GRAF.
Allerdings!
ADOLPH.
Der linke Flügel Ihres Hauses ist leer.
GRAF.
Ich verstehe dich!
ADOLPH.
Darf ich? Darf ich sie hinbringen?
GRAF.

Nein, das muß ich tun. Ich muß das schöne Kind in mein Haus einführen, und zwar noch diesen Abend, wenn ihr es anders gefällig ist.

ADOLPH.
Liebe Henriette!
HENRIETTE.
Das Andenken an diese kleine Wohnung wird mir doch immer sehr wert bleiben.
GRAF.
Aber ich bin zu Fuße.
ADOLPH.
Mein Wagen ist hier.
GRAF.
Desto besser! Er ist nur zweisitzig. Ich fahre, und du trabst zu Fuße nebenher.
ADOLPH.

Was gilt die Wette, ich bin doch früher zu Hause? Meine Henriette aus dem Wagen heben, sie die Treppe herauftragen, das lasse ich mir nicht nehmen.

GRAF.
Aber habt ihr auch bedacht, was daraus folgt?
ADOLPH.
Freude und Fröhlichkeit.
GRAF.
In acht Tagen muß eure Hochzeit sein.
ADOLPH.
Vortrefflich!
HENRIETTE.
So früh?
GRAF.

Kind, wenn wir unter einem Dache wohnen, und es länger dauert, so stehe ich Ihnen weder für diesen Buben, noch für mich selbst. Kommen Sie!


Faßt Henrietten unterm Arm und geht.
ADOLPH
zu Stein.
Komm, Bruder!
STEIN
der über das Billett in Nachdenken geriet.

Nur noch einen Augenblick! Ich habe da ein Billett empfangen, – ich weiß nicht – geh nur – geh nur! ich folge sogleich!

ADOLPH.
Ich bin trunken, berauscht! Wenn ich nur die Treppen nicht hinabpurzle! Ab.
5. Szene
Fünfte Szene
Stein – dann die Magd.

STEIN
entfaltet das Billett nochmals.

Was soll das heißen? Liest. »Eine Dame, welche großen Anteil an Ihrem Schicksal [390] nimmt, wünscht Sie noch heute zu sehen und zu sprechen. Überbringer dieses hat Ordre, Sie zu führen.« – Eine Dame? Ich kenne keine Dame in der ganzen Stadt. He, Mariane!Magd tritt ein. Wer brachte dies Billett?

MAGD.
Ein langer Mensch in einem Oberrock.
STEIN.
Wo ist er?
MAGD.

Er steht noch draußen. Als die Mamsell mit beiden fremden Herrn die Treppe hinabging, da drückte er sich in die Ecke, als ob er ein böses Gewissen hätte.

STEIN.
Laß ihn hereinkommen. Magd ab.
6. Szene
Sechste Szene
Stein – Jacob.

STEIN.
Wer ist Er, mein Freund?
JACOB.
Ein Bedienter.
STEIN.
Bei wem?
JACOB.
Bei meiner Herrschaft.
STEIN.
Wer ist Seine Herrschaft?
JACOB.
Eine Dame.
STEIN.
Wie heißt sie?
JACOB.
Das darf ich nicht sagen.
STEIN.
Was will sie von mir?
JACOB.
Das weiß ich nicht.
STEIN.
Woher kennt sie mich?
JACOB.
Das weiß ich nicht.
STEIN.
Irrt Er sich vielleicht in der Person?
JACOB.
Nein!
STEIN.
Er soll mich führen?
JACOB.
Ja!
STEIN.
Ist es weit?
JACOB.
Nein!
STEIN
für sich.

Eine sonderbare Aventüre! Ich sehe freilich wohl so ziemlich einem Glücksritter ähnlich, aber ich denke, für verliebte Abenteuer habe ich zu wenig Unverschämtheit und zu viel Hunger in meinem Gesichte. Laut. Wohlan, mein Freund! ich folge ihm! Beide ab.

[391]
7. Szene
Siebente Szene
Zimmer der Gräfin.
Gräfin legt Fächer und Handschuhe auf den Tisch – Ernestine nimmt ihr die Saloppe ab.

GRÄFIN.
Wird er kommen?
ERNESTINE.
Noch ist Jacob nicht zurück.
GRÄFIN.

Geschwind rufe mir die Fremde! Ernestine ab. Gräfin zieht ein Papier aus der Tasche, überliest es flüchtig, und legt es dann auf den Tisch.

8. Szene
Achte Szene
Gräfin – Amalie.

GRÄFIN.
Guten Abend, liebe Freundin! Wie? ich glaube gar rote Augen?
AMALIE.
In Ihrer Abwesenheit kam ich mir wieder so verlassen vor.
GRÄFIN.

Ruhig! Die Stürme sind vorüber; die Sonne scheint. Nimmt das Papier vom Tische. Was habe ich da in meiner Hand?

AMALIE.
Doch wohl nicht –
GRÄFIN.

Ihr Mann ist angestellt. Freilich für's erste nur mit einem kleinen Gehalt; doch sein Verdienst mag für die Zukunft sorgen.

AMALIE.
O Gräfin! Ich habe keine Worte –
GRÄFIN.

Die wären auch sehr überflüssig, denn ich habe nichts dabei getan, gar nichts. Im Gegenteil: der Minister hat mich ausgelacht, daß ich zu ihm kam, mich für eine Sache zu verwenden, die bereits abgetan war.

AMALIE.
Abgetan? Mein Mann schrieb mir doch vor wenig Tagen, er werde mit leeren Versprechungen hingehalten.
GRÄFIN.

Warum nannte er diese Versprechungen leer? Weil sein Kopf voll von Grillen war. Zweimal war genug für einen Menschenkenner, um den Mann, der vor ihm stand, zu durchschauen. Hernach ist er abgewiesen worden. Sehr natürlich! Sein Los war bereits entschieden, und hundert andere harrten noch der Entscheidung. Seit einigen Tagen schon war dies ausgefertigt. Der Minister, der auch ein Mensch ist, wollte das Vergnügen haben, dies Ihrem Manne persönlich einzuhändigen. Aber der ließ sich kaum noch im [392] Vorzimmer sehen, und wenn er fünf Minuten gewartet hatte, so lief er davon, als wenn ihm der Kopf brennte.

AMALIE.
Ach ja, so ist mein Karl, so kenne ich ihn.
GRÄFIN.

So sollte er aber nicht sein. Wen das Unglück heimsucht, der muß so lange zum Fenster hinausschreien, bis die Geduld auch bei ihm einkehrt. Kurz, Sie sehen, daß ich nichts bei der Sache getan habe, als den Kanzleiboten gemacht, und nun hoffe ich, werde er mir das Botenlohn mit einer frohen Stunde bezahlen.

ERNESTINE
eilig.
Er kommt. Ab.
AMALIE
außer sich.
Wer? Mein Mann? Will ihm entgegenlaufen.
GRÄFIN.
Halt! Halt! Haben Sie unsere Abrede vergessen?
AMALIE.
Ach meine Ungeduld! Meine Liebe!
GRÄFIN.

Die Liebe und dies Papier nehmen Sie mit sich in mein Kabinett. Die Ungeduld halten Sie im Zaum, bis ich Ihnen winke. Fort! Fort!

AMALIE.
Nur bald! bald.

Ab.
GRÄFIN.

Die Beförderung hat er verdient; jetzt wollen wir sehen, ob er auch das brave Weib verdient.Will klingeln, indem kommen aus der andern Seitentüre.

9. Szene
Neunte Szene
Graf – Adolph – Henriette – Gräfin.

GRAF.
Liebe Schwester! diesmal wirst du hoffentlich mit mir zufrieden sein.
ADOLPH.
Beste Tante! Ich stelle Ihnen hier meine Braut vor.
GRÄFIN.
Deine Braut?
GRAF.
Arm, aber brav, – sehr brav!
ADOLPH.
Fräulein Henriette von Stein.
GRÄFIN.
Von Stein?
GRAF.
Nun ja, von Stein. Stelle dich doch nicht, als ob du zu Salz worden wärest.
GRÄFIN.
Doch wohl nicht eine Schwester des Lieutenants von Stein?
HENRIETTE.
Ja, gnädige Frau!
GRAF
beiseite.
Die kennt den Lieutenant auch.
GRÄFIN.
Vortrefflich! Kommen Sie in meine Arme, liebes Kind!

Umarmt sie.
GRAF.
Endlich!
[393]
HENRIETTE.
Mein Herz soll mir Ihre Liebe verdienen.
GRÄFIN.
Hätte ich doch den Wildfang kaum eines so vernünftigen Streichs fähig gehalten.
GRAF
leise.
Welchen von uns beiden meinst du?
GRÄFIN.
Beide!
ADOLPH.
Meine gute Henriette hat mich ganz verwandelt.
GRÄFIN.
Dann ist sie eine mächtige Fee.
ADOLPH.
Sie trägt den Zauberstab im Auge.
GRÄFIN.
Daß nur nie Tränen um den Flattergeist dies schöne Auge füllen!
ADOLPH.
Warum von meinem Tode sprechen? Denn nur im Tode –
GRÄFIN.
Still! still! Das sind Redensarten!
ERNESTINE
kommt.
Er ist im Vorzimmer.
GRÄFIN.
Er soll einen Augenblick warten.

Ernestine ab.
GRAF.
Wer?
GRÄFIN.

Kinder! Ich habe euch alle herzlich lieb, aber jetzt kommt ihr mir ungelegen, denn ich muß eben ein Rendez-vous geben.

GRAF.
Du ein Rendez-vous?
GRÄFIN.

Warum denn nicht? Es gibt Leute, die funfzehn Jahre älter sind, als ich, und doch noch Rendez-vous geben.

GRAF.
Das war grob!
GRÄFIN.

Fort, fort, in mein Kabinett! Dem Herrn Neveu wird die Zeit nicht lang werden, und für dich, Herr Bruder, habe ich dort auch eine Gesellschaft.

GRAF.
Für mich? Laß doch sehen, ob du meinen Geschmack kennst.

Geht auf das Kabinett zu.
GRÄFIN.
Was gilt die Wette?
GRAF
öffnet die Tür und bleibt mit offnem Munde stehen.
Madame Friedberg?
ADOLPH
desgleichen.
Madame Friedberg?
HENRIETTE
schreit.
Amalie! Fliegt ins Kabinett.
AMALIE
inwendig.
Henriette!
GRAF.
Was Teufel!
ADOLPH.
Ein fataler Streich!
GRÄFIN.

Hinein! hinein! Verwundert euch drinnen, und schämt euch auch und bittet um Vergebung.Schiebt einen nach dem andern hinein. Gern möchte ich dabeisein und mich an euren Armensünderphysiognomien ergötzen, aber ich habe jetzt keine Zeit. Macht die Tür zu und klingelt dann. – Ernestine kommt. Laß ihn herein!


Ernestine ab.

[394]
10. Szene
Zehnte Szene
Gräfin – Stein.

STEIN
tritt mit einer Verbeugung ein.
Gnädige Frau!
GRÄFIN.
Herr Baron von Stein; nicht wahr?
STEIN.
So ist mein Name.
GRÄFIN.
Die geheimnisvolle Einladung wird Sie befremdet haben.
STEIN.
Ich leugne es nicht.
GRÄFIN.

Um jedem Mißverständnisse vorzubeugen, muß ich erklären, daß ich nicht in meinem eignen Namen handle.

STEIN.
Ich erwarte Ihre Befehle.
GRÄFIN.
Eine meiner Freundinnen, eine junge, schöne Frau, hat Sie oft gesehen, zu oft für ihre Ruhe.
STEIN.
Ich verstehe Sie nicht.
GRÄFIN.
Mich dünkt, für einen Mann von Welt rede ich doch sehr verständlich.
STEIN.

Ich kenne die Welt nur von der schlimmen Seite; aber hier hoffe ich nicht meine Erfahrungen zu vermehren.

GRÄFIN.

Gewiß nicht! denn von diesem Augenblicke an lächelt Ihnen das Glück. Meine Freundin wünscht Sie zu sehen – oft – täglich –

STEIN.
Mich?
GRÄFIN.
Sie hofft einen Freund in Ihnen zu finden.
STEIN.
In mir?
GRÄFIN.
Auf den sie ihre Sorgen werfen –
STEIN.
Auf mich?
GRÄFIN.
Mit dem sie ihre frohen Stunden teilen kann.
STEIN.
Mit mir?
GRÄFIN.

Nun ja doch, ja, mit Ihnen. Ist es denn so etwas Außerordentliches, daß ein Mann von Ihren Jahren und von Ihrer Gestalt einer hübschen Frau gefällt?

STEIN.

Gnädige Frau! Einer von uns beiden wird hier zum besten gehalten; und bei meiner Ehre, wir sehen doch nicht darnach aus, als wenn wir es verdienten.

GRÄFIN.
Wenn Sie noch zweifeln, so will ich Sie der Dame selbst vorstellen.
STEIN.

Ich muß mir das verbitten. Zur Unterhaltung tauge ich nicht, und zu jeder andern Bestimmung bin ich zu gut.

GRÄFIN.
Man hat mir gesagt, Sie wären arm?
STEIN.
Ich besitze doch noch etwas, das mir nicht feil ist, – meine Ehre.
[395]
GRÄFIN.
Eine Sache, aus welcher hundert andere sich gerade eine Ehre machen würden.
STEIN.
Ich bin nicht, wie hundert andere.
GRÄFIN.
Sie sind unglücklich?
STEIN.
Wie man es nimmt; – von außen, ja!
GRÄFIN.
Sie suchten Dienste?
STEIN
immer und durchgehends mit vieler Höflichkeit.

Doch nicht solche, als Ihro Gnaden mir anzubieten geruhen. – Haben Sie sonst noch etwas zu bestellen?

GRÄFIN.
Sie sind ein seltsamer Mensch! Meine Freundin ist nicht bloß jung und hübsch, sie ist auch reich.
STEIN.
Dazu wünsche ich ihr Glück; denn ohne Reichtum könnte sie leicht ärmer sein, als ich.
GRÄFIN.
Sie hat viele Bekanntschaften.
STEIN
mit leisem Spott.
Das glaube ich.
GRÄFIN.
Große Konnexionen. Sie könnte Ihnen bei Ihrem Gesuche behülflich sein.
STEIN.

Mein Hofmeister hat mich schon vor zwanzig Jahren gelehrt, daß ein Edelmann sich durch Verdienste emporschwingen müsse.

GRÄFIN.
Wahrhaftig, mein Herr, Ihre Begriffe sind hundertjährig.
STEIN.
Desto schwerer auszurotten.
GRÄFIN.
Gestehen Sie nur, es steckt noch etwas anders dahinter.
STEIN.
Seit wann bedarf die Ehre noch eines Hinterhalts?
GRÄFIN.
Sie lieben eine andere?
STEIN.
Das gehört nicht zur Sache.
GRÄFIN.
Also doch? Ich habe es erraten?
STEIN.
Wenn Ihnen daran liegt, es zu wissen, ja, ich bin verheiratet, sehr glücklich verheiratet.
GRÄFIN.
Nur verheiratet? O dann –
STEIN
der nur noch mit Mühe an sich hält.

Jetzt, gnädige Frau, errate ich Ihre Absicht. Sie wollten mich nur prüfen, ob ich wirklich ein Mann von Stande und Erziehung sei? Sie wollten versuchen, wieviel ich mir ohngefähr gefallen ließe, ohne die Grenzen des Wohlstandes zu übertreten. Sie haben gesehen, daß ich weiß, was ich einer Dame schuldig bin. Nun aber muß ich bekennen, daß ich sehr nahe an jener Grenze stehe. Ein Schritt weiter, und ich könnte mich vergessen. Erlauben Sie daher, da ich mich entferne.

GRÄFIN.

Mitnichten, mein Herr! Sie mögen beschließen, was [396] Sie wollen, aber sehen müs sen Sie meine Freundin, und ich wette, daß Sie dann anders sprechen.

STEIN.
Wetten? Ha, ha!
GRÄFIN.
Ich setze meinen Schmuck zur Wette, daß Sie Ihr noch heute die zärtlichste Liebeserklärung tun.
STEIN.
Sie haben gut wetten. Sie wissen, daß ich nichts gegen Ihren Schmuck aufs Spiel zu setzen habe.
GRÄFIN.
Doch, doch! Setzen Sie Ihren Degen!
STEIN.
Mein Degen und meine Gesinnungen sind von einerlei Metall.
GRÄFIN.

Das wollen wir doch einmal sehen, mein Herr Großsprecher! Öffnet die Kabinettüre und ruft. Kommen Sie, liebe Freundin! der Mann hat ein Herz von Kieselstein.

STEIN
beiseite.
Wo bin ich hingeraten?
11. Szene
Eilfte Szene
Vorige – Amalie – Graf – Adolph – Henriette.

AMALIE
in der Tür.
Karl!
STEIN.
Amalie!

Stürzt ihr entgegen; stumme Umarmung.
GRÄFIN
gravitätisch.
Mein Herr! Ich bitte mir Ihren Degen aus.
STEIN.
Amalie! Du hier?
AMALIE.
Und habe dir auch ein Geschenk mitgebracht.

Hält ihm das Dekret offen hin.
STEIN.
Träume ich?

Zugleich.
ADOLPH.
Glück zu, Bruder!
HENRIETTE.
Glück zu, Bruder!
STEIN.
Was ist das? Wo bin ich?
GRAF.
In meinem Hause, wo Sie herzlich willkommen sind.
STEIN.
Auch Sie hier, Herr Graf? Und diese Dame?
GRAF.
Ist meine lustige Schwester.
STEIN.
Gnädige Frau!
GRÄFIN.
Vergessen Sie nicht, daß Sie mein Gefangner sind.
STEIN.
Amalie! Durch welchen Zufall –
GRAF.

Das wollen wir jetzt nicht weiter untersuchen. Genug, wir sind da, und bleiben beisammen; nicht wahr, Kinder? Ihr wohnt alle in meinem Hause, damit ich es fein bequem habe; denn daß Ihr es nur wißt, in Zukunft mache ich Euch beiden die Cour.

GRÄFIN.
Meine Ernestine nicht zu vergessen.
[397]
GRAF.

Die mag dem Burschen die Manschetten, ausbessern. Zu Henrietten. Ich halte mich indessen an dich, liebes Mädchen, denn wenn der junge Herr vier Wochen verheiratet ist, so wird er mir wenigstens bei dir nicht mehr ins Gehege gehen – Aber wie sie da stehen Paar und Paar – verschlingen einander mit den Augen, – bekümmern sich weder um mich, noch um meine Bonmots. – Ach, ich sehe schon, Klingsberg hat ausgelebt! – Es bleibt ihm nichts weiter übrig, als seine alte Schwester! Nun so komm denn her, ma Soeur, und laß dich umarmen! Umarmt die Gräfin.


Ende

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TextGrid Repository (2012). Kotzebue, August von. Dramen. Die beiden Klingsberg. Die beiden Klingsberg. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B7B9-3