[115] An Young

Stirb, prophetischer Greis, stirb! denn dein Palmenzweig
Sprosste lang schon empor; dass sie dir rinne, steht
Schon die freudige Thräne
In dem Auge der Himlischen.
Du verweilst noch? und hast hoch an die Wolken hin
Schon dein Denkmal gebaut! Denn die geheiligten,
Ernsten, festlichen Nächte
Wacht der Freigeist mit dir, und fühlts,
Dass dein tiefer Gesang drohend des Weltgerichts
Prophezeyung ihm singt! fühlts, was die Weisheit will,
Wenn sie von der Posaune
Spricht, der Todtenerweckerin!
[116]
Stirb! du hast mich gelehrt, dass mir der Name Tod,
Wie der Jubel ertönt, den ein Gerechter singt:
Aber bleibe mein Lehrer,
Stirb, und werde mein Genius!

Notes
Entstanden 1752. Erstdruck in: Sammlung vermischter Schriften von den Verfassern der Bremischen neuen Beyträge zum Vergnügen des Verstandes und Witzes, Bd. III, 3. St., Leipzig (J.G. Dyck) 1753.
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Klopstock, Friedrich Gottlieb. An Young. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B460-3