[126] An Gleim

Der verkennet den Scherz, hat von den Grazien
Keine Mine belauscht, der es nicht fassen kann,
Dass der Liebling der Freude
Nur mit Sokrates Freunden lacht.
Du verkennest ihn nicht, wenn du dem Abendstern,
Nach den Pflichten des Tags, schnellere Flügel giebst,
Und dem Ernste der Weisheit
Deine Blumen entgegen streust.
Lass den Lacher, o Gleim, lauter dein Lied entweihn!
Deine Freunde verstehns. Wenige kennest du;
Und manch lesbisches Mädchen
Straft des Liedes Entweihungen!
[127]
Lacht dem Jünglinge nicht, welcher den Flatterer
Zu buchstäblich, erklärt! weiss es, wie schön sie ist!
Zürnt ihn weiser, und lehrt ihn,
Wie ihr Lächeln, dein Lied verstehn!
Nun versteht ers; sie mehr. Aber so schön sie ist,
So empört auch ihr Herz deinem Gesange schlägt:
O so kennt sie doch Gleimen,
Und sein, feuriges Herz nicht ganz!
Seinen brennenden Durst, Freunden ein Freund zu seyn!
Wie er auf das Verdienst dess, den er liebet, stolz,
Edel stolz ist, vom halben,
Kalten Lobe beleidiget!
Liebend, Liebe gebeut! hier nur die zögernde
Sanfte Mässigung hasst, oder, von Friederichs,
Wenn, von Friederichs Preise!
Ihm die trunknere Lippe trieft,
Ohne Wünsche nach Lohn; aber auch unbelohnt!
Sprich nur wider dich selbst edel, und ungerecht!
Dennoch beuget, o Gleim, dir
Ihren stolzeren Nacken nicht
[128]
Deutschlands Muse! In Flug' eilend zum hohen Ziel,
Das mit heiligem Spross Barden umschatteten,
Hin zum höheren Ziele,
Das der Himlischen Palm' umweht,
Sang die zürnende mir; tönend entschlüpfete
Mir die Laute, da ich drohend die Priesterin,
Und mit fliegendem Haar sah,
Und entscheidendem Ernst! sie sang:
Lern des innersten Hains Ausspruch, und lehre den
Jeden Günstling der Kunst; oder ich nehme dir
Deine Laute, zerreisse
Ihre Nerven, und hasse dich!
Würdig war er, uns mehr, als dein beglücktester
Freyheitshasser, o Rom, Octavian zu seyn!
Mehr als Ludewig, den uns
Sein Jahrhundert mit aufbewahrt:
So verkündigte ihn, als er noch Jüngling war,
Sein aufsteigender Geist! Noch, da der Lorber ihm
Schon vom Blute der Schlacht trof,
Und der Denker gepanzert ging,
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Floss der dichtrische Quell Friedrich entgegen, ihm
Abzuwaschen die Schlacht! Aber er wandte sich,
Strömt' in Haine, wohin ihm
Heinrichs Sänger nicht folgen wird!
Sagts der Nachwelt nicht an, dass er nicht achtete,
Was er werth war, zu seyn! Aber sie hört es doch:
Sagts ihr traurig, und fordert
Ihre Söhne zu Richtern auf!

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TextGrid Repository (2012). Klopstock, Friedrich Gottlieb. Gedichte. Oden. Erster Band. An Gleim. An Gleim. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-B2FE-2