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O ich mag rufen, schreien, wie ich will,
Es wird mein Angstruf nimmermehr vernommen;
Da oben bleibt es, wie da unten, still,
Wer sollte auch zu diesem Hügel kommen?
Denn meine Mutter ist romantisch nicht,
Und, alt und schwach, bleibt einsam sie zu Hause;
Wenn ihr das Herz ob meinem Tode bricht,
Sie birgt's und weint in der verschloßnen Klause.
Ja hätt ich ein verlaßnes Liebchen nun,
Das vor dem Morgenrot zu klagen käme,
Auf meiner kühlen Erde auszuruhn,
Und meinen Jammer wonnevoll vernähme!
Warum hab ich's der einen nicht gesagt,
Daß junge Liebe mir im Herzen sprosse?
Ich hab gezaudert und es nicht gewagt –
Die Krankheit kam und diese tolle Posse.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Keller, Gottfried. 11. [O ich mag rufen, schreien, wie ich will]. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-9D76-9