[79] Ein Stück Düsseldorf

Städtedichtung

Zu Düsseldorf am Rheine,
Jan Willem sitzt zu Pferd,
Wo bitterschön der Heine
Den Hippogryphen seine
Wildhufend graziosen
Gambaden meisternd lehrt.

Kein Denkmal

Henri der stechendweiche,
Den man so hoch verehrt,
Daß hin zu seinen Streichen
Nie mag ein Denkmal reichen,
Henri, der bitterhöhnend
Den frumben Rhein empört.
Der hat den Rhein besungen,
Wie niemals ist gehört,
Sein Lied ist hingedrungen,
Hat roh dich hoch gezwungen
In deiner breiten Jacke,
Dich, Spießer, aufgestört.

Heines Geburtshaus

Ein leichtsinnkrankes Höfchen,
Ein Bäumlein und ein Hahn,
Das Häuslein da ein Zöfchen,
Hecktisch Champagnerschäfchen –
Das Bäumlein will nicht wachsen,
Dir Hahn kein Morgen nahn.

Ein Denkmal

Jan Willem vorm alten Schlosse
Im Markte sonnig blank,
[80]
Auf Cinquecentorosse
Ein Medicäergenosse,
Zu Füßen, Preis des Volkes,
Der Grünfrau Kranz als Dank.

Geranienrote Dächer

Vom nahen Holland fanden
Die Bürger froh sich ein,
Die Giebelguirlanden,
Die sich zum Willkomm wanden.
Nach 70 Prunkkasernen
Nun neuer Jugendschein.

Jesuitenkirche

Die blauen Wolken oben,
Die duften wundersam,
Und haben sich verschoben
Ganz hoch sich aufgehoben –
Bunt in die Bilderscheiben
Die klare Sonne kam.
Hoch der Altäre Prunken
Wölbt sich wie Wolken hin,
Im Dunkel goldene Funken.
Abseits Gebet, versunken,
Krauswilde Schmiederanken
Ein Licht im Dämmern drin.
Ein Licht, wie droben knistert
Wo strahlend steigt ein Schatz,
Ein Licht hienieden flüstert
Wo mildiglich es düstert:
»Maria Schmerzensmutter,
Gib mir am Kreuze Platz!«

[81] Kneipe

Zu Düsseldorf am Rheine,
Da musiziert ein Haus,
Wie wirft es seine Scheine
So spät und ganz alleine
Hin über weiche Fluten
Und in die Nacht hinaus.
Und in dem alten Hause
Ein Trio findest du,
Trepphoch die Bauernklause:
Das Auge bohrt das grause –
Das ist allein das Eine –
Die Geig' geht immerzu.
Ein jammerstumm Gequäle,
Von allen Lastern krank
Hintastend Blickgeschwehle
Ein Ächzen in der Seele –
Gesund nur ist die Fiedel,
Und Hölle schlürft den Trank.
Ein Barde da der zweite,
Die Feder am Barett,
Tritt hin zu seiner Seite,
Sein Wams spannt in die Weite:
Ein deutscher Strom sein Singen,
Ein Strom nur etwas fett.
Sonst recht ein Minnesänger
Aus bunter Ritterzeit,
So recht ein Herzbedränger,
Ein Güldendankempfänger
In blauen Lockenprächten –
So frank, so frei, so weit.
[82]
Des Sinnes frohe Freite
Das blaue Auge warm,
Und ist ein Hochgeschreite,
Viel kühne Nackenbreite,
Die Glieder Mannesblüte,
Leicht, gut und ohne Harm.
Und neben Mährens Sohne
Am kleinen Tisch zu dritt,
Der trägt die Bürgerkrone,
Von Leichtsinn keine Bohne,
Der pustet Klarinette,
Trinkt dann gemessen mit.
Schwarz Buckel mit Manschetten
Setzt zu den Gästen sich,
Goldköpfig hochadretten,
In Themis Wagenwetten,
Als Advokat verschlagen,
Hochausbesitzerlich.
Agrarierzähren flossen
Als wie ein goldner Bach,
Noch eilig hingegossen,
Um zweie wird geschlossen,
Die Kellner gehn und räumen
Man fährt aus jähen Träumen –
Jach empor.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2012). Hille, Peter. Ein Stück Düsseldorf. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-69CE-A