Gefälligkeit

Aspasia, sie schenkte meinem Leben
Zwar einen Tag nur, einen Tag der Huld;
Doch warum mußte sie mir Tage geben?
Und litt ich nicht vielleicht aus eigner Schuld?
»Auch Andern,« sprach ich, »werd' ein schönes Leben!«
Und sah ihr Glück und sah es mit Geduld.
Die Andern, eben auch, wie ich, entlassen,
Verfolgten sie mit heft'ger Ungeduld.
»Wie?« sprach Aspasia; »mit Zank und Hassen
Wollt Ihr erzwingen Artigkeit und Huld?
Der Eine droht, der Andre will erblassen;
Unholde, traget Eurer Sitten Schuld!«
»Aspasia,« sprach ich, »nimm diese Rosen
Und sei mir hold, so lange Dir's gefällt!
Unwerth ist Dein, wer Dich mit Liebekosen
Und Forderung für seine Sklavin hält.«
Sie neigte sich, die Wange voller Rosen:
»Wer zu gefallen weiß, ist Herr der Welt.«

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TextGrid Repository (2012). Herder, Johann Gottfried. Gedichte. Gedichte. Zweites Buch. Gefälligkeit. Gefälligkeit. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-5B3F-E