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Wir sorglose, trunkene Männer,
Wir gaben das Herz aus der Hand;
Wir sind die Vertrauten der Liebe
Und geistig dem Weinglas verwandt.
Man schoss aus den Bogen des Tadels
Auf uns schon gar häufig und viel,
Seitdem durch des Seelenfreund's Braue
Wir glücklich getroffen das Ziel.
Das Brandmaal des Morgens, o Rose,
Du trägst's erst seit gestriger Nacht:
Wir aber, wir sind Anemonen,
Die mit auf die Welt es gebracht.
Gesetzt uns're Reue erweckte
Im Wirthe Betrübniss und Leid,
So heiss' ihn den Rebensaft klären:
Zum Widerruf sind wir bereit.
Durch dich nur wird Alles gefördert,
Ein Blick nur, o Führer, von dir,
Und unsere Ohnmacht zu allem
Erkennen, wie billig, dann wir.
Erblicke nicht stets wie an Tulpen
An uns nur Pocale und Wein;
Nein, blick' aufs Maal auch; wir brannten
Dem blutenden Herzen es ein!
Du sprachst: »All' die Farben und Bilder,
Hafis, was bedeuten sie dir?«
So lies doch nicht falsch und nicht irrig:
Ein Blatt, ein ganz reines, sind wir.

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Ḥāfeẓ, Šams o'd-din Moḥammad. 63.. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0003-2B1F-B