An das Frauenzimmer

Sagt mir doch, geliebte Schönen,
Ist euch Amor denn nicht sichtbar?
Oder sagt ihrs niemand wieder,
Weil er allzu oft erscheinet?
O! ihr dürft es nicht verbergen,
Wenn er euch gleich oft erscheinet.
Kann ein Gott euch Schande bringen?
Wenn er euch des Nachts belauschet,
Wenn er euch des Tages lokket:
O! so sagt es, euch zur Ehre,
Freunden oder Gönnern wieder.
Dann wird euch ein ieder loben.
Oder wollt ihrs mir entdekken:
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So will ich, ihr sollt es sehen,
Euch einmal den Amor fangen.
Dann könnt ihr mit goldnen Strikken
Ihn an euer Bette binden,
Daß er Wunsch und Klagen höre.
Dann könnt ihr ihm alles klagen
Und ihn eher nicht befreien,
Bis er sich mit euch versönet,
Bis er alle Kammersorgen
Mit der Kammerlust verwechselt;
Bis er sich in allen Stükken
Gütig, wie ein Gott, erwiesen.
O! wie werdet ihr die Güte
Des gefangnen Gottes preisen.
Ruft mich nur, wenn er erscheinet,
Denn ich weiß ihn gut zu fangen.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Gleim, Johann Wilhelm Ludwig. Gedichte. Versuch in Scherzhaften Liedern, erster Teil. An das Frauenzimmer. An das Frauenzimmer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-D844-1