Nicodemus Frischlin
Fraw Wendelgard
Ein new Comedi oder Spil, ausz glaubwürdigen Historien gezogen, von Fraw Wendelgard, Keyser Henrichs, desz ersten, ausz Sachssen, Tochter, vnd jhrem Ehegemahel, Graff Vlrich von Buchhorn, Herrn im Lintzgew, am Bodensee: was sich Anno 915. Vnd Anno 919. Mit jhnen zugetragen. Nützlich vnnd kurtzweylig zu lesen.

Widmung

[7] Der Durchleuchtigen, Hochgebornen Fürstin vnnd Frawen, Fraw Dorothea Vrsula, Hertzogin zu Wirtemberg vnd Teck, etc. Geborne Marggräffin zu Baden vnd Hochberg, etc. meiner Genädigen Fürstin vnd Frawen. GOTtes Gnad vnnd Segen, durch Christum vnsern eynigen Heyland vnd Seligmacher.

Dvrchläuchtige, Hochgeborne Gnädige Fürstin vnd Fraw, Mir zweiffelt nit, es werde sich E. F. G. Wie andere Christliche Gottsförchtige Fürstin vnd Frawen, auch viel belustigen mit Lesen, sonderlich mit der Heyligen Göttlichen Schrifft, die neben dem, das sie vns den Weg zu dem ewigen Leben, nach diesem zeitlichen Jammerthal weisen thut, auch allerley Tugenden vnd guten Sitten, zum Wolstandt dieses zergänglichen Lebens, fürschreibt, vnd deren scheinbarliche Exempel fürstellet. Ob nu wol selbige Exempel in Göttlicher Geschrifft viel eygentlicher beschriben, auch mehr ansehens haben sollen, dann die jenigen, welche in Heydnischen Büchern, oder auch andern Schrifften begriffen sein: jedoch, so seind auch diese nit vergeblich auffgeschrieben, vnd von den alten Scribenten ausgezeichnet worden: damit wir vnser thun vnd laßen, nach allen guten vnd löblichen Exempeln reguliren, anstellen, vnd zu allem Wolstandt an richten mögen. Deren schönen herrlichen Exempel eins, so ausserhalb der Göttlichen Geschrifft auffgeschriben worden, halt ich, gewesen sein, die Durchläuchtigst vnd Hochgeborn Fürstin, Fraw Wendelgart, Weyland deß gewaltigen mächtigen Römischen Keysers Henrichs deß Ersten Tochter, ein geborne Hertzogin auß Sachssen. Welcher Tugendt vnd Sitten hie inn dieser Teutschen Comedi fürgestelt vnd widerholt werden: Inmassen sie dann zuuor, von alten Geschichtschreiberen glaubwürdig beschrieben ist.

Dieweil nu ehegedachte Comedi vor dieser Zeit, zu Stutgardt gehalten worden, vnd E. F. G. neben vnd mit andern [7] selbige genädiglich vnd (so vil ich, als der Actor damals vermerckt) gern angehört, vnd dann viel Personen nu lange zeit darnach gefragt, vnd sie gern in Truck gesehen hetten, So hab ich den Autorem, von dem sie beschrieben, erbetten, das er mir solche zu publicieren gutwillig vergünnet vnnd erlaubt hat. Vnd ist mir kein zweiffel, ich werd nit allein den jenigen, so sie begert, hierinn wol gedient haben: sondern es solle auch diß mein angewendte Arbeyt E. F. G. nit vnangenäm sein. Wie dann dieselbig ich hiemit gantz vnderthäniglich will gebetten haben, mir diese meine vnderthänige Schrifft, zu Gnaden auff zunemen, vnnd mich in jhren gnädigen Befelch zuhaben. Actum Tübingen, an S. Jacobi Tag, Anno 1580.

E. F. G.

Vnderthäniger

M. Hieronymus Mesiger

von Stutgardt.

[8]

Prologus

Prologus.

Dvrchläuchtig, Hochgeborne Herrn,

Ewer F. G. zu Ehrn,

Auch diesem Frawenzimmer zart,

Recht Fürstlicher vnd Edler art,

Zu vnderthänigem gefalln,

Deßgleichen auch den andern alln,

Was Stand vnd Würd ein jeder sey,

Ein Grafe, Ritter oder Frey,

Hand wir auff dißmal fürgenommn,

Ein alte Gschicht vnd alts Herkommn,

Fraw Wendelgart auß Sachssen Land,

Vor alten zeiten wol bekannt,

Spielweiß zu halten in dem Saal,

Wie dem ergangen mit jhrm Gmahl.

Darumb merckt auff, vnd schweiget still,

Den Inhalt ich erzehlen will,

Wie sich die Gschicht hab zugetragn,

Vor vielen Jarn, in alten Tagn.

Als man jetzt zalt Neunhundert Jar,

Vnd Fünffzehen sags euch für war,

Ein reicher Graff in Torgew saß,

Der Herr deß gantzen Lintzgew waß,

Auch zu Montfort, vnd im Reinthal,

Zu Buchhorn hielt er sich damal,

Graff Virich mit seim Nam genannt,

Dem Keyser Conrad wol bekannt,

Auß Keyser Carlins Stamm geborn,

Der hett ein Gemahl außerkohrn,

Von Sächsischem Fürstlichen Stammn,

Fraw Wendelgart mit jhrem Nammn,

[9]

Die Hertzog Henrichs Tochter war,

Den Keyser Conrad nit ohn Gfahr,

Zum Römschen Keyser hat erwehlt,

Das er nach jhme würd gezehlt,

Man hat jhn Henrich Vogler gnent,

Ein gwaltigr Herr im Regiment,

Vnd als wir hörn von unsern Altn,

Hat er den erstn Turnier gehaltn,

Zu Maydenburg, ich sags fürwar,

Ist länger denn Sechshundert Jar.

Als nun Graff Vlrich wol gemelt,

Zu Buchhorn seinen Hofe hielt,

Begab es sich in gmeltem Jahr,

Nit ohne Schadn vnd groß Gefahr,

Das durch ein Kriegsmacht vberzogn,

Die Vngern mit jhre Flitschn vnd Bogn,

Das gantze Nortgew weit vnd breit,

Verhergten Land, Leut, Vieh vnd Weid,

Den zog ermelter Graff entgegn,

War aber im Streit vnden glegn,

Vnd lebendig gführt ins Hungr Land,

In dienstbarkeit vnd harten Stand,

Wie mit den Christen pflegn jetzund,

Die grewlichen Türckische Hund,

Vnd als mans hielt für gwisse Mär,

Das dieser Graff vmbkommen wär,

Da zog sein Gmahl, Fraw Wendelgart,

Das Fürstlich Frewlin keusch vnd zart,

Mit willen Bischoffs Salomon,

Der auch Abt was z Sanct Gallen schon,

Begab sich in ein Kloster Lebn,

Vnd wurd ein Cläußnerin da ebn,

Bei S. Wibraden Zell in Gott,

Da zu verharren biß in Todt,

Doch jhrem Herrn von eygner Haab,

Zu Buchhorn machet sie ein Grab,

Darinnen doch kein Cörper lag,

Auch ordnet sie jhm ein Jahrtag,

[10]

An dem sie mit jhr eygen Hand,

Den Armen gab in jhrem Land.

Als nun vier Jahr hin gflossen warn,

Vnd sie nit anderst hett erfahrn,

Dann jhr Graff Vlrich war vmbkommn,

Hat sie vom Abt vrlaub genommn,

Den Jahrtag wider zu begann,

Nach jhrem Brauch vnd guten Wahn,

Zog also selbs nach Buchhorn hin,

Gar trawriglich mit Mut vnd Sin,

Die Gottsfürchtig Fraw Wendelgart,

Hielt mit jhrm Son Graff Adelhart,

Graff Vlrich seelig sein Jartag,

Als einem Todten nach gmeiner Sag,

Vnd gab den Armen reichlich auß,

Almosen von dem Gottes Hauß.

Sieh zu, dazwischen kömpt jhr ebn,

Graff Vlrich, der war noch bey Lebn,

Vnd seiner Gfäncknuß worden loß

Doch kam er elend, nacknd vnd bloß,

Vnd eben auff denselben Tag,

Das ich euch bey der Warheyt sag,

Zu Buchhorn eyn zog, wie gemelt,

Der hett sich vndr die Bettler gstelt,

Vnd als er Wendelgart ersah;

In jhrem Weyler, da geschah,

Das er auch in eins Bettlers weiß,

Ein Gaab begert mit allem fleiß,

Fraw Wendelgardt jhn nit erkannt,

Da hielt er sie bey jhrer Handt,

Vnd küßt sie wider jhren willn,

Damit sein Liebe zu erfülln,

Behend die Diener lieffen her,

Vnd schlugen auff den Bettler sehr,

Da gab er sich bald zerkennen,

Fraw Wendelgart mit Namn nennen,

Zu stundt ward er von jhr erkannt,

Nam sie mit Frewden in sein Handt,

[11]

Vnd wider zu eim Gmahel an,

Mit willen Bischoffs Salomon,

Der sie von jhrer Kloster Glübt,

Deßhalb sie wäre noch betrübt,

Mit allen Frewden Absoluiert,

Vnd wider zu jhrm Gmahel führt,

Ein frölich Hochzeit da anfieng,

Nun schweigt, so werd jhr alle ding,

Nach längs erhören, wies erging.

Personen

Die Personen inn dieser Comedi.

    • Salomon, Bischoff.

    • Wendelgard, Gräffin.

    • Vlrich, Graff.

    • Lorentz, ein Bettler.

    • Heine, ein Bettler.

    • Adelhart, der jung Graff.

    • Häntzlein, ein Diener.

    • Fridlin, ein Diener.

1. Akt

1. Szene
Scena I.
Salomon, Abt zu S. Gallen, vnd Bischoff zu Costentz.

SALOMON.
Mein Gott vnd Herr ich dancke dir,
Das du dein Gnad erzeigest mir,
In all meim Leben biß in Todt,
Errettet hast auß aller Noht,
Vnd mich begabt mit Gwalt vnnd Macht,
Mit Haab vnd Gut ohn allen Pracht,
Darzu beschert ein hohen Adel,
Von Freyherre Stammen ohn Tadel.
Auch zwölff Abteyen hast beschert,
Deßgleichen nit bald ward gehört.
Hast mir darzu ein Bistumb gebn,
[12] Zu Costentz, vnd ein langes Lebn:
Dann ich erjagt sibentzig Jahr,
Vnd hab außgstanden manche Gfahr.
Ich hab gedienet Früh vnd Spath,
Fünff Königen mit trewen Rath:
Die all fünff Römisch Keyser warn,
Viel Glück vnd Vnglück da erfahrn.
Vor viertzig Jahren, als man zalt,
Achthundert achtzig, junger gstalt,
Dient ich dem König Ludwig gut,
Der was ein Herr mit sanfftem Mut,
Ein Frieden Fürst vnnd frommer Herr,
Von jhm war alle Falschheit ferr.
Sein vnwürdig Caplan ich war,
Nicht viel vber drey viertheil Jahr:
Bald meiner Dienst mich wol ergätzt,
Vnd zu eim Probst gehn Ellwang setzt.
Carlin der feißt auff jhn ist kommn,
Ein Schutz vnd Schirmer aller Frommn,
Hab jhm gedienet zehen Jahr,
So lang er Römscher Keyser war,
Zu Kämpten setzt er mich zum Abt,
Das Kloster er auch wol begabt,
Dann sich der Abt selbiges Ort,
Nit halten thät nach Gottes Wort,
Auff Carlin an das Reich ist kommn,
Vnd hat die Römsch Kron angenommn,
Arnolff der Römisch Keyser wehrt,
Der alle zeit das Reich hat gmehrt.
Als ich jhm dient nach seim Wolgfalln,
Ward ich ein Abt zu Sanct Gallen,
Vnd Bischoff z Costentz auch darzu,
Führt in meim Leben wenig Rhu.
Dann weil der Keyser Arnolff lebt,
Hat mir viel Vnglücks widerstrebt.
Auch bey Regierung seines Son,
König Ludwigs, dem ich auch hon,
Trewlich gedient bey zehen Jahrn,
[13] Hab manche Gfahr vnd Leyds erfahrn,
Sonderlich mit zweyen großn Herrn,
Hertzog Bechtold, vnd Erchingern,
Beyd Hertzogen der Schwabenland,
Vnd Alemannen wol bekannt.
Wan ich euch thete kein verdruß,
Wölt ichs vom Anfang biß zum Bschluß
Erzehlen, wie mirs ergangn wer,
Ihr solten hören Wunder mehr,
Wil mich gleich also setzen her.
Es seind jetzt sechs vnd zwentzig Jahr,
Das sichs zutragn, sags euch für war,
Das Keyser Arnolff vbergab,
Dem Bistumb Costentz grosse Hab,
Gehn Bodman ghörig dem Land Schwabn,
Warn Keyserlicher Kammer gaabn,
Dasselb die Fürsten sehr verdruß,
Vnd kamen beyd in ein bündnuß,
Mich in meim Kloster zu S. Galln,
Mit Heerskrafft heimlich vber z falln,
Auff das ich gewarnter Sach hin tüch,
Vnd in ein finster Wildnuß schlich,
Bericht den Keyser dieser Sachn,
Der kund sie albeyd hurtig machn.
Er bschickt sie beyd gehn Mentz an Rhein,
Da solt jhr keinr außblieben sein.
Vnd als sie wurden hoch beklagt,
Ihr keiner gnugsam Antwort sagt,
Führt mans gen Ingelhaim hingfangn,
Da war ein solchr Sententz ergangn,
Daß, wo der Ertzbischoff der Statt,
Vnd ich zugleich, für jhr Mißthat,
Nit betten hetten, wern sie beyd,
Vmbs Leben kommen, nit ohn Leyd.
Doch musten sie ein Vrfed gebn,
So lieb jhn wer jhr Leib vnd Lebn,
Mich in meim Bistumb bleiben lahn,
Vnd aller Vnruh müßig gahn.
[14] Als nu der Fried schier zwentzig Jahr,
Gewehret hett ohn all Gefahr,
Begab es sich zu folgendn zeitn,
Daß Keyser Conrad dann ward reittn,
Von Costentz zu Sanct Gallen her,
Vnd deß ich mich verwundert sehr,
Begert ein Kloster Brudr zu sein,
Ward auch hiemit geschrieben eyn.
Nun schickt sichs eben, daß auch her
Kamen, Bechtold vnd Erchinger,
Die zween Brüder, vnd Hertzog Frech,
Mit denen schimpfft ich in einr Zech,
Als mit mein Gestn vnd Haußwirten,
Ließ mit mein Jägern zwen Vichhirten,
Den frembden Herrn Gewild zutragn,
Da warend sie ein Beeren jagn,
Vnd als sie hetten den gefangn,
Kamen sie beyd mit her gegangn,
Zween starcker Männer wolgestalt,
Die hieß ich mit dem Beeren bald,
Gehn für der beyder Fürsten Tisch,
In meinem Namen liefern frisch.
Verhofft sie beyd damit zverehrn,
Vnd soltens mir zum besten kehrn.
Die Fürsten zogen dhütlin ab,
Vermeinten, es wern Edel Knab,
Vnd als sie da vernommen hetten,
Es wern Hirten für sie tretten,
Da schicktens mir den Bären widr
Vnd hielten mich nit gar für Bidr,
Erzürnten sehr vnd thäten wildt,
Biß sie zu letzt der Keyser stildt.
Glaubt mir als einem alten Man,
Es kan nit jeder Schimpff verstahn,
Vnd sonderlich für deinem Feind,
Wann der ist worden dein gut Freund,
So hüt dich wol vnd sieh dich für,
Vertraw jhm nit z viel, rath ich dir.
[15] Als nun der Keyser etlich Tag,
Bey mir hie zu Sanct Gallen lag,
Begabt ers Kloster mit einr Gab,
Warff Stamheim vnder meinen Stab,
Vnd zog daruon der Keyser from,
Gott wöl, daß er bald wider kom.
Nun bald darnach, als ich eynnam,
Den Flecken Stamheim, vnd dar kam,
Da widerstrebten mir die Knecht,
Auff dem Schloß Stamheim, wider Recht,
Vnd da ich solchs jhren Herrn klagt,
Bechtold vnd Erchingern vertagt,
Wurd ich von jhn beydn verspottet,
Vnd mir mein Vogt da außgrottet.
Nit lang hernach begab es sich,
Das sie vngefähr antraffen mich,
Auff einem Feld vnd ebner Bahn,
Da redt ich sie gantz freundtlich an,
Erinnert sie, was vor geschehn,
Vnd wie sie mein Freundschafft gesehn.
Als ich mich dieser Vnbil klagt,
Leutfrid der junge Vetter sagt,
Du loser Mönch, wolst dich viel rühmen,
Vnd deins gewalts nit viel mehr schämen,
So du an meine Vettern legst,
Vnd sie auff deiner Zungen tregst.
Zuckt drauff sein schwert, vnd auff mich her,
Als wer er ein ergrimter Beer,
Meinr Diener einr blieb auff dem Platz,
Ich ward gefangen in dem Hatz,
Vnd auff eim dürren Bawren Roß,
Gehn Diebolsburg geführt auffs Schloß,
Für etlich Hirten ritt ich hin,
Die neigten sich auß gutem Sin,
Bald wurdn jhn jhr Füß abghawen,
Habs selbs mit mein Augen gschawen.
Also lag ich im Schloß gfangen,
Nu wölt jhr hörn, wies weiter gangen,
[16] So wil ich kurtz erzehlen hie,
Ihr habts vielleicht gehöret nie.
Als ich auff Dieboltsburg lag hart,
Bertha, Erchingers Haußfraw zart,
That mir viel guts, war vnuerdrossn,
Sie hats hernachr wol genossen.
Die Fürstn aber beyde sammen,
Ihr flucht auff hohen Dwiel hinnammn,
Speißten das Schloß mit Notturfft gnug,
Versahens auch mit gutem fug,
Kein Müh vnd Arbeit thetens sparn,
Am dritten Tag, als solchs erfahrn,
Meins Vaters Bruders Son mit Nam,
Seyfrid von Ramschwag, bald er kam,
Mit grossem volck, vnd starcker macht,
Außspäht die Thäter in einer nacht,
Vnd vberfiel sie in dem Schlaff,
Führt sie gefangen wie die Schaff.
Ich bald meinr gfengnuß ledig war,
Vnd kam auß aller Angst vnd Gfahr.
Das Schloß Dwiel sich auch bald ergab,
Vnder mein Schirm vnd Bischoffs Stab.
Dahin ließ ich die Fürsten drey,
Verwahren in einr starcken Pastey.
Doch ward der frommen Fürstin gschont,
Die mich in Ehren nit verhont.
Es gschach diß gwaltig Niderlag,
Gleich eben an S. Pelagi Tag.
Burckhard der Schwaben Hertzog ward,
Dem lag ich an zwey Jahr sehr hard,
Das die drey Fürsten ledig würden,
Vnd kämen ab der Gfengnus bürden.
Ich aber nichts erhalten mocht,
Darzu Burckhard auch nichts erfocht.
Der Keyser ließ jhns Recht ergohn,
Ein Vrtheil streng vnd vngewohn,
Ließ sie enthaupten alle drey,
Berchtold, Erchingern vnd Leutfrey.
[17] Zu Aldingen fürwar ich sag,
Eben auff Sanct Angneßen Tag.
GOTT weiß wie vbel sie mich dauren,
Mich dünckt ich kön sie nit vertrawren.
Mein Gwissen kan nit rüwig sein,
So offt ich denck der Herren fein.
Ach GOTT hab Du jhr liebe Seel,
Das sie nit komn in todes Quel.
Der trawrig Fall geht mir zu hertzen,
Kom also her, nit ohne schmertzen,
Ob ich des Leids vergessen kund,
Ach das ich stürb, wer mirs so gsund.
Sieh dort kömpt her Fraw Wendelgart,
Die keusche Wittib from vnd zart,
Ein Hertzogin auß Sachssen gut,
Auß Fürstlichem Adel vnd Blut.
Sie ist ein Fraw wie Bertha war,
Die mir gedient in meiner Gfahr.
Ich weiß sie wirt jhrn Herrn klagen,
Den sie verloren vor Jar vnd tagen.
2. Szene
Scena II.
Wendelgard. Salomon.

WENDELGARD.
Ach lieber GOTT, Himmlischer Vatter,
Der menschen ein reicher wolthäter,
Wie offt ich denck an mein Gemahl,
Graff Vlrich selig mit vnfahl,
So in einr Schlacht vmkommen ist,
Durch der Gottlosen Vngar List,
Muß ich von hertzen trawrig sein,
Ach GOTT wie ist es mir ein Pein,
Die ich nu trag in diesen tagen.
SALOMON.
Hab ich nit gsagt, sie werd jhn klagen?
[18]
WENDELGARD.
Vier Jahr jetzt hingeflossen seind,
Als vberfielen vns die Feind,
Vnd kompt heut eben dieser Tag,
Das er in einer Schlacht erlag.
O GOTT, wie leid ist mir geschehen,
SALOMON.
Das kan ich bey der Wahrheit jehen.
WENDELGARD.
Zu leben mich damals verdroß,
Mich bald in diese Clauß ein schloß,
Zog von der Welt behend vnd schnell,
Vnd kam in S. Wibraten Zell,
Legt ab mein Kleider vnd mein zier,
Zog an den Weyler mit begier,
Mit Bischoff Salomons erlauben,
SALOMON.
Darumb solt jhr mir gwißlich glauben.
WENDELGARD.
Bin also kommen in den Orden,
Vnd in der Zell ein Cläußnerin worden.
Hab doch zuuor mein frommen Herrn,
Ein Jartag gstiff zu Lob vnd Ehrn,
Wol in dem Stättlin Buchhorn gnant,
Wie solchs an diesem Ort bekant.
Denselben Tag hab ich fürgnommen,
So bald ich werd gen Buchhorn kommen,
Gleich heut zuhalten guten Wohn,
Wann mir allein Abt Salomon,
Erlaubnuß giebt, wie ich verhoff,
SALOMON.
Bey mir stehn alle thüren off.
Wil jhr gleich hie entgegen gahn,
WENDELGARD.
Dort sieh ich jhn den heilgen Man.
Wirdiger Herr, ein kleine Bitt,
Die wöllet mir versagen nit.
[19]
SALOMON.
Andächtige Fraw, was ligt euch an?
WENDELGARD.
Vor Leyd ich kaum erzehlen kan.
Dann mir der heutig leidig Tag,
Ernewern thut mein alte Klag,
Da ich meins frommen Herrn gedenck,
Deß vnfals mich noch stätigs krenck.
SALOMON.
Ihr solt euch klagen nit zu hart,
Andächtige Fraw, mein Wendelgart.
Wer in Gott gstorben seliglich,
Der lebt in Gott auch ewiglich.
Ist kommen auß dem Jamerthal,
Ins ewig Reich vnd Himmels Saal.
Wer auff den Herren stetigs bawet,
Vnd Ihm allein von hertzen trawet,
Der vberwind all Kümmernuß,
WENDELGARD.
Ich dessen mich auch trösten muß.
SALOMON.
Wer gscheiden ist von diesem Leben,
Dem kan mans hie nicht wider geben.
Drumb kümmert nun euch nit so sehr,
WENDELGARD.
Allein ist jetzund mein beger,
Dieweil sein Jartag kommen ist,
Ihr wöllet mir zu dieser frist,
Ein Reiß gehn Buchhorn gern zulohn,
Daß ich sein Tag da mög begohn,
Wie ich dann selbs geordnet hab,
SALOMON.
Kein mangel hab ich jetz darab.
Vnd wöllent jhr dahin den Tag?
Mit meim willen es gschehen mag.
Drumb geht nur hin, verzieht nit langk,
WENDELGARD.
Ehrwürdiger Herr ich sag euch danck.
[20]
SALOMON.
Ein solche Fraw ist Ehren werd,
Vnd vber alles Gold auff Erd,
Die auch jhrs todten Mans gedenckt,
Vnd den in kein vergessen senckt.
Wie viel seind deren hin vnd wider,
Da noch nit kalt des todten Glider,
Sie nach eim andern Heurat trachten,
Vnd den Ehestand so gar ring achten.
Ihn wird aber gemeinlich der Lohn,
Daß sie bald grahten in Spott vnd Hohn,
Daruon ist gnug, ich geh daruon.

2. Akt

1. Szene
Scena I.
VLRICH.
Wie wandelbar ist menschen Glück,
So gar vnstät mit falschen Tück,
So gar verschlagen mit seinr Haab,
Das ich mich offt verwunder drab.
Ietz ist einr hoch, bald wirt er nider,
Ietz ist einr arm, bald reicht er wider.
Die Zeit bringt offt die roten Rosen,
Offt kommend auch herfür Zeitlosen.
Keinr soll dem Glück zu viel vertrawen,
Allein auff Gott den HERren bawen.
Dann wie sich das Aprillen Wetter,
Erzeigt je lenger je vnstätter:
Also das waltzend vnstät Glück,
Stößt alles hindersich zurück.
Deß nempt von mir ein Beyspiel ab,
Was ich für Glück erfahren hab.
Vier Jahr seind jetz geflossen hin,
Das ich gefangen worden bin,
In einer Schlacht, vnd weg geführt,
Ins Hungerland, vnd da tractiert,
[21] Gleich wie ein Knecht in allen sitten,
Hab sölche dienstbarkeit erlitten,
Das ichs nit gnug erzehlen kan,
Ihr secht mich selbs fürn Bettler an.
Nu hilfft mir Gott jetzt widerumb,
Das ich auß meinem Elend kum,
Allhier in mein Heb Vatterland,
Vnd nem wider her zu meiner Hand,
Mein Graffschafft vnd all Herrschafft eyn,
Die ich da hab am See vnd Rhein.
Dann ich bin der verloren Mann,
Graff Vlrich gnant, secht mich recht an.
Ein Herr des Turgows vnd Reinthal,
Lintzgow, Montfort vnd vberal,
Was da umb Buchhorn vmbher leit,
Kom jetzund her zu dieser Zeit,
Auß Hungern in der armen gstalt,
O Glück, wie bist so manigfalt.
Dir sol kein Mensch zviel vertrawen,
Allein auff Gott den Herren bawen.
Ich bin von Königlichem Stammen,
Vnd hab eins reichen Grafen namen,
Auß Keyser Carlins Blut geborn,
Vnd hielt mein Hoff zu Buchorn,
Ehe ich in diese Armut grieht,
O Gott, ein jeden darfür bhüt.
Es ist kein Mensch auff dieser Erden,
Er möcht ein armer Bettler werden.
Nu kom ich zu Sanct Gallen her,
Dann ich vernommen hab die Mär,
Daß mein Gemahl Fraw Wendelgart,
Vmb mich betrübt sey worden hart,
Vnd sich in ein Clausen gethan,
Wil jetzund also zu jhr gahn,
Als wenn ich kam in Botten weiß,
Ein Brieff jhr geben hin mit fleiß.
Muß doch dem Abt sölchs zeigen an,
Mich dünckt ich sehe jhn außer gahn.
[22] Ich kenn jhn wol, wil mich doch stellen,
Als kent ich nit mein alten Gsellen.
2. Szene
Scena II.
Salomon. Vlrich.

SALOMON.
Gehe hin vnd zeig Fraw Wibrad an,
Fraw Wendelgard sey auff der Ban,
Nach Buchhorn hin, habs jhr erlaubt,
Darmit jhr darnach werd geglaubt.
VLRICH.
Ich gehe hin zu vnd sprich jhn an,
Dann er ist gar ein freundlich Mann.
Ein guten Tag Gnädiger Herr,
SALOMON.
Danck hab mein Mann, wo kompst von ferr?
VLRICH.
Auß Sachssenland bin ich herkommen,
Von Hertzog Henrich, hab da gnommen
Ein Brieff an die Fraw Wendelgart,
Die von jhm her geboren wart.
Dere schickt jhr Vatter seinen Gruß,
SALOMON.
Fürwar ich dir das sagen muß,
Sie ist erst heut gehn Buchorn gangen,
VLRICH.
Was wirt sie dann guts da anfangen?
Ich bitt E.G. verargens mir nit,
SALOMON.
Sie ist hinzogen nach jhrem Sitt;
Ein Jartag da jhrm lieben Gmahl,
Zu halten heut, dann der Vnfahl,
Ihn vor vier jahrn hat auffgerieben,
Das er in einer Schlacht ist blieben,
Wie du vielleicht vorhin wirst wißen,
[23]
VLRICH.
Sie hat sich alzeit guts beflissen.
Ist auch also erzogen worn,
Von jhren Eltern hochgeborn.
Nu weil ich sie hie nit antroffen,
Vnd solchen weiten Weg bin gloffen,
So wil ich stracks auff Buchhorn zu,
E.G. ich Gott befehlen thu.
SALOMON.
Zeuch hin mein Man in GOTtes namen,
VLRICH.
Villeicht mir kommen wider zsamen.
Mein Gott wie hat der Man so gar,
Ietz mein nit können nemen war.
Wie hat man mein so gar vergessen,
Nu geh ich hin, mag weder essen,
Noch trincken hie, biß ich anschaw,
Fraw Wendelgard die edle Fraw.
SALOMON.
Solt ichs bey meinem Eyd verjehn,
Hab ich den Man vor mehr gesehn.
Ich solt jhn kennen an der Stim,
Wan ich sölch Red von jhm vernim.
Kan doch mich jetz erinnern nit,
Vergessen ist der alten Sitt.
Dans alter solchs mit sich brengt,
Das einr nit allen Sachen denckt.
Nun wird es jetzund vmb die Zeit,
Das man nunmehr in dkirchen leut,
Muß sehn das mein Conuentual,
Zu Lobgesang sich schicken all.
3. Szene
Scena III.
Lorentz. Heine.

LORENTZ.
Ja lieber Heine du sagst recht,
Vnd wenn der Haf an Boden dächt,
[24] So würd er nit bald vberlauffen,
Ich künd dir auch ein Kappen kauffen.
Hetst du dich gflissen in deinr jungend,
Guter Sitten, Künst vnd Tugend,
Du hetst bekommen Gut vnd Haab,
Vnd giengest nit am bettelstab,
Ietzund in deinen alten tagen,
HEINE.
Loß fauler Lentz, laß dir sagen.
Hetstu behalten Haab vnd Gut,
Vnds nit verthan auß Vbermut,
Du werest auch dahin nit grahten,
LORENTZ.
Mein Gsell, laß dir ein Wurst hie braten.
Du weist nit wie mein Sach ist gstanden,
Bist nit viel gweßt in frembden Landen.
HEINE.
Wie kanst das reden fauler Lentz,
Kein Kilweyh ist, kein Jahrmarckt jetz,
Da wir beysamen nit sein gwesen,
Vnd mit einander Bein auffglesen.
Hab kennt dein Ene, dein Vater auch,
LORENTZ.
Wo hast sie gesehn du alter Gauch?
HEINE.
Zu Rufach an dem Galgen hangen,
Dein Bruder an eim Stock da prangen,
Dein Mutter an einer schwartzen Saul,
LORENTZ.
Es ist nit war du geifer maul.
Dein Ene ligt zu Schletstatt noch,
Auff einem Rad, was leugstu doch?
So hat man deinen Bruder ghenckt,
Vnd dschwester in eim Sack ertrenckt,
So strich man dich mit Ruten auß,
Da du hetst brochen in ein Hauß,
Vnd gschnitten einr ein Seckel ab,
[25]
HEINE.
Mein hab du kein verdruß darab,
Weil mir die Warheit hie wilt sagen,
Was ich gethan in meinen tagen,
So zeuch mir du den Schlap von Ohren,
LORENTZ.
Ey helst mich dann für einen Thoren?
Daß ich mein Kopff entblössen solt,
HEINE.
Dein Ohren ich gern sehen wolt.
Schweig still, botz darm, mein Heintz schweig stil,
Das niemand hör, es ist sonst zviel.
LORENTZ.
Wir wöllens also bleiben lon,
Wie stet es jetzt mit deinem Son,
Dann ich mich noch erinnern kan,
Das er solt werden mein Tochterman.
Zu Bischoffszell gschach diese Red,
HEINE.
Ich weiß noch wol, dann wir allbed
Den willen haben drein gegeben,
LORENTZ.
Mich dünckt, sie fügen zsamen eben.
Mein Gret ist faul, dein Hans nit schafft,
Viel lieber in der Statt vmbgafft.
Sie han sich beyd an schelmen griben,
Vnd schon viel ehrlich Stück getriben.
Ich meint sie weren sich wol erneren,
HEINE.
Wils GOTT, so gschichts mit allen ehren.
Dann er mein Son jetz also bar,
Ein Prob gethan, sag dirs fürwar.
Dann als er bey einer nächsten Statt,
Ein reicher Kutler für ihn gaht,
Spricht er jhn vmb ein Almußn an,
Der Bürger steht da stille stan,
Zeucht rauß ein Seckel voller Cronen,
Wil jhn mit einem Fünfer lohnen.
[26] Mein Hans erhascht den Seckel bhind,
Laufft schnell daruon gleich wie der Wind.
Biß jener in sein Statt hinkommen,
Hat er sein flucht schon weit hinnommen.
Gräth jhm noch einmal solche Schantz,
Er kaufft seiner Gret ein Perlen Krantz.
Wie gfelt dir dieser Tochterman?
LORENTZ.
Mein Gret auch wol auffraumen kan.
Sie dienet zCostentz für eim Jahr,
Einr reichen Frawen, sags fürwar.
Dieweil sie jhr nit schaffen möcht,
Hat sie ein feinen List erdacht,
Vnd auff jhr Ring fein gnommen wahr,
Vnd was die Fraw an Gelt hett bar.
Als sie jhr gelegenheit ersehen,
Hat sie, wie vormals auch geschehen,
Das Trüchlein mit dem Gelt hingstolen,
Darzu zween Rock, sags vnuerholen.
Wie gfelt dir diese Sönin gut?
HEINE.
Gar wol, es ist ein junges Blut,
Vnd läßt der Hencker sie lang leben,
Man wird sie finden, sag ich eben,
In grosser Reichthumb vnd in Ehren,
Wer könd ein besser Handwerck lehren?
LORENTZ.
Was wirt deins Hansen Zugelt sein?
HEINE.
Jch gib jhm Basel vnd Straßburg eyn.
LORENTZ.
So wil ich meiner Tochter eben,
Costentz vnd Zürch zum Heurat geben.
Vnd nim mir nur ein gassen auß,
Darinn ich bettel von Hauß zu Hauß,
Daß jhren keins dahin sol kommen,
Die wil ich haben außgenommen.
[27]
HEINE.
Vnd ich zween Jarmärckt zu Lucern,
Vnd die reich Kyllweyh der Statt Bern.
LORENTZ.
Mein lieber Heine sieh dich vmb,
Ob jemand hinden nacher kum,
Daß wir vns schicken auff die Bahn,
HEINE.
Bey Gott, ich sieh dort einen Mann.
Nim flux dein Krucken vndern Arm,
Vnd bind die Schenckel also warm.
Du Lienlin führ mich an dem Stab,
Ich gsich jetz nichts, gang deinen trab.
4. Szene
Scena IV.
Vlrich, Lorentz, Heine.

VLRICH.
Nun bin ich jetz auff rechter Bahn,
Gehn Buchorn hin auff diesem Plan.
Wil gern sehen, ob mein Weib,
Mich kennen werd in solchem Leib,
In solcher gstalt vnd armuttey,
Sieh dort seh ich der Gferten drey,
Ein blinden Bettler vnd ein lamen,
Wir fügen vns hie fein zusamen.
Was gilts sie ziehen auff Buchhorn,
Dem Jartag zlieb den sie erkohrn.
Verhoffen da ein gute Beut,
Ich wil mich zu jhn gsellen heut,
Als wann ich auch ein Bättler wär,
Wil sie vor fragen newe Mär.
Glück zu jhr Gsellen wo wölt jhr hin?
LORENTZ.
Auff Buchorn zu steht vnser Sinn,
VLRICH.
Was wollt jhr gutes da verrichten?
[28]
HEINE.
Der Fragen darff es hie mit nichten.
Man wirt da heut ein Jartag halten,
Nach Brauch vnd Weiß der frommen alten.
VLRICH.
Was wirt das für ein Jartag sein?
HEINE.
Da gibt man vns Fleisch, Brot vnd Wein.
Vnd samlen sich die armen hin,
VLRICH.
Gehn Buchhorn steht jetz auch mein Sin.
LORENTZ.
Bist auch villeicht auß vnser Zunfft,
VLRICH.
Du redst nit gar auß vnuernunfft.
LORENTZ.
Ich sieh dirs an den Hosen an,
Du bist für war ein Bättelman.
Wo zeuchst dann her, auß welchem Land?
VLRICH.
Ich führ für war ein harten Stand,
Hab nit zu essen, nichts zu trincken,
Kein Gelt im Seckel, kan nit dencken,
Wann ich einmal hab gessen gnug,
HEINE.
Gsel dich zu vns mit gutem fug.
Kein mangel wirstu haben nit,
VLRICH.
Ich wil fürwar jetz heischen mit,
Ob ich mich einmal möcht erlaben,
LORENTZ.
Bey vns wirstu kein mangel haben.
Du darffst nit schaffen vnd nit sorgen,
Schlaff von dem Abend biß an Morgen.
Was du ein Tag hast zsamen bracht,
Verzehren wir biß Mitternacht.
Vnd kommen dann die Bettelweiber,
Mit jhren graden starcken leibern,
[29] Dann gehet herumb die Lederin Fläsch,
Biß das wir lären vnser Täsch,
Vnd trincken werdn, mich wol vermerck,
Da solt einr sehen Wunderwerck,
Dann gsehn die blinden, redn die stummen,
Vnd werden grad die lamen vnd krummen,
Vnd wirt das Spiel erst eben gantz,
Erhebt sich, bald der Betteltantz.
Wie gfelt dir vnser Bettelstand?
VLRICH.
Ihr habt fürwar ein gutes Land.
Bey vns ein grosser hunger ist,
Wer da nit schaffet zu der frist,
Dem gibt man auch zu essen nit,
HEINE.
GOTT geb demselben Land den Rit,
Ich wil dareyn mein tag nit kommen,
VLRICH.
Was habt jhr sonst für Mär vernommen?
LORENTZ.
Zu Bischoffszell ist Jahrmarckt gsein,
Ietz auff Pelagi Tag ich mein,
Vnd kurtz darvor auff Simon Jude,
Zu Lindow an dem Bodensee,
Da seind der Betler viel hin kommen,
Ich hat mein Weib auch mit mir gnommen,
Sonst auch meinr gsellen kamen zween,
Ich ließ sie mit mir vmbher gehn.
Zu Nacht wir in einr Schewren lagen,
Da fülten wir all vnsern Kragen.
Ietz wird bald zCostentz Kylweyh sein,
Da find man auch ein guten Wein,
Vnd gleich am dritten Tag hernach,
Ist Zürcher Kylweyh, mir ist gach,
Dahin zu ziehen alle zeit,
Ich bring daruon allweg mein Beut,
Sonst weiß ich keine Zeitung mehr,
[30]
VLRICH.
Ich hab jhr gnug, eylet nur sehr.
HEINE.
Wir seind doch schon hie bey der Statt,
LORENTZ.
Ich bin schier worden müd vnd matt.
Sieh da, wir vnser gsellen finden,
Mit jhren Weib vnd kleinen Kinden.
VLRICH.
Es sein der guten gsellen viel,
LORENTZ.
Nu ghören sie all zu dem Spiel,
Vnd werden mit vns vbern See,
HEINE.
Gott wöll, das es nu bald geschehe.
LORENTZ.
Wir sein doch schon zu Roschach hie,
Gehn Buchhorn kommen wir noch frü.
Laßt vns nit lang hie jenseit spahrn,
Vnd mit einander vber fahrn.
Seind wir die ersten bey der Spend,
Es gräth vns noch einmal zum End.
HEINE.
Mir ist vor langem worden gach,
VLRICH.
Fahrnd jhr für vbr, ich fahr euch nach.
Mein GOTT was ist das für ein Gsind,
Wie sein mir diß so arge Kind,
Wol grosse Lecker vnd böß Buben,
Geb man den Schelmen gschoren Ruben,
Vnd ließ sie schaffen Tag vnd Nacht,
Ich mein dasselb viel Wunder macht.
Nu wil ich mich gleich stellen hie,
Als hett ich Buchhorn gsehen nie,
Vnnd mich vnder die Lumpenleut,
Vermengen hie ein kleine zeit,
Biß daß die Spend wird außgegeben,
Dann wil ich mich verfügen eben,
[31] Vnd von meinr Frawen Tugendreich,
Die Spänd annemen mit zu gleich,
Als wenn ich auch ein Bettler wer,
Wil sie anschawen von der ferr,
Vnd bald jhr bringen newe Mär.

3. Akt

1. Szene
Scena I.
Adelhard, Wendelgard.

ADELHARD.
Ach mein Fraw Mutter Wendelgart,
Wie klagt jhr euch so sehr vnd hart,
Vmb vnsern lieben Vatter trew,
WENDELGARD.
Ach GOTT daß Leyd ist mir so new,
Als wenn er erst wer gestern gstorben,
Vnd in seinr Feinden Händ verdorben.
O trewer Gott, der trawrig Tag,
Ernewert mir mein alte Klag.
Dann wenn ich sein bin also braubt,
Neig ich zur Erd mein trawrigs Haubt.
Dann er mich also hat geliebt,
Das ich von jhm nie ward betrübt.
Mein will in seinem willen stund,
Kein Bitt er mir abschlagen kund.
Ich glaub nit das ein solche Ehe,
Sey weit vnd breyt gewesen mehe.
Ach Gott warumb leb ich auff Erden?
Wie kan ich jmmer frölich werden?
ADELHART.
Ach kümmert euch doch nit so sehr,
WENDELGARD.
O das er noch bey leben wer.
Wie freundlich wolt ich jhn empfähen,
Solt ich jhn nur einmal noch sehen.
ADELHARD.
Mir hat fürwar erst diese Nacht,
Der Schlaff im Trawme fürgebracht,
[32] Wie vnser lieber Herr vnd Vatter,
Mein aller freundlichster Wolthätter,
Ein Botten zu vns hab gesand,
Auß einem ferren weitten Land,
Daß er noch sey im frischen leben,
Vnd werd sich bald zu vns her geben.
WENDELGARD.
Falsch sein die Träwm vnd Nachtgesicht,
Ich gib jhn keinen glauben nicht,
Er lebt bey GOTT in sicher Hut,
Mir ist betrübet Sinn vnd Mut.
Ach daß ich nur sein Leichnam hett,
Damit ich jhm ein Ehr anthet.
Ein läres Grab hab lon machen,
Was dient mir das zu diesen Sachen.
ADELHART.
Deß Herren ist die gantze Erd.
Vnd wo einer begraben leit,
Wanns jhm nit besser wirt zur Zeit,
Ist er in Gott dem HERren gstorben,
Hat er ein gutes Grab erworben.
Vnd leg er gleich in tieffem Meer,
Drumb kümmert euch nun nit so sehr,
GOTT weiß die seinen hie auff Erden,
WENDELGARD.
Ach Gott hilff mir in mein Gferden.
Laß dir gefallen mein Andacht,
Die mich auff den Tag her hat bracht,
Mein frommen Herrn, dem tewren Mann,
Ietz sein Gedächtnuß zu begahn.
Gib jhm ein frölich aufferstentnuß,
Vnd vns ein rechte Gotts erkentnuß,
Daß wir nach diesem Jammerthal,
Bey dir leben in deinem Saal.
Nu wil ich jetz mein Adelhard,
Ach lieber Son, von edler art,
Die Spend außtheilen mit meiner Hand,
[33] Den armen leuten in dem Land,
Von meines liebsten Herren wegen.
ADELHARD.
Fraw Mutter ist es euch dann glegen,
Nach diesem Vnmut zuerlaben,
Vnds Morgenessen bey mir haben?
So wil ichs zubereiten lon,
WENDELGARD.
Schaff wie dirs gfelt mein lieber Son.
2. Szene
Scena II.
Vlrich, Adelhard.

VLRICH.
Nv bin ich jetz zu Buchhorn hie,
Wil thun als hab ichs gsehen nie,
Vnd ziehen ein Nebelkappen an,
Vnd strack dem Schloß zu fürthin gahn,
Mich vnder d Bettler eynhin mengen,
Vnd durch den armen hauffen trengen.
Botz guter Jahr, habs wolgethan,
Sieh ich nit dort mein lieben Sohn?
Es ist für war mein Adelhart,
Den triff ich an ohn all gefährt.
Ich gang hinzu vnd sprich jhn an,
ADELHART.
Was ist das für ein Bettelman?
VLRICH.
Gnädiger Her, ach standet still,
Vnd theilend mit vmb GOTteswill.
ADELHARD.
Gang dort zu jener Kirchen hin,
Da wirstu haben Brot vnd Wein,
Vnd was du dann begerest mehr,
VLRICH.
Verzeihet mir Gnädiger Herr,
Ich bin vor niemals hie gewesen,
[34]
ADELHART.
Dort wirstu deiner Bitt genesen.
VLRICH.
Ich kom erst her auß frembden Landen,
Vnd weiß nit wem ich nach soll wandern.
ADELHARD.
Geh hin, dort wirst Almusen hon,
VLRICH.
Mein GOTT, er geht dahin mein Son.
Er kent mich nit, hab kaum enthalten,
Die Zähern mein, laß gleich GOTT walten.
Wil gehn zur Kirchen in der gstalt,
Fraw Wendelgard ersehen balt.
3. Szene
Scena III.
Wendelgard, Lorentz, Heine, Vlrich.

WENDELGARD.
Dv Fridlin vnd du Hentzelin,
Du Aberlin vnd Cöntzelin,
Bringt her die Körb mit frischem Brot,
Den armen ztrost in jhrer Noht.
Tragt her ein guten newen Wein,
Vnd schenck den armen leuten eyn.
Nu kompt herzu jhr frommen armen,
Laßt ewer vmb Gotts willn erbarmen.
VLRICH.
Siehe dort sieh ich mein Wendelgart,
In jhrem Weyler frommer art.
O GOTT wie kan ich mich enthalten,
Mein Hertz möcht mir in stück zerspalten.
Nu misch ich mich in hauffen nein,
Kein mensch mich kent, wedr groß noch klein.
LORENTZ.
Gang weidlich hernacher blinder Tropff,
Wilt anderst füllen deinen Kropff.
Ich bin der erst auff dieser Bahn,
[35]
HEINE.
Ach gebend auch eim blinden Mann,
Ein GOTtes Gab vmb GOTtes willen,
LORENTZ.
Ach wölt mich meiner Bitt erfüllen.
HEINE.
Ach wöllent mir auch etwas geben,
Vergelts euch GOTT in jenem Leben.
LORENTZ.
Ach fromme Mutter stehet still,
Vnd gebt ein Gaab vmb Gottes will,
Daß euchs Gott der Herr trewlich vergelt,
In diesem Leben, vnd jener Welt.
WENDELGART.
Kom einer nach dem andern her,
Ich wil euch ewer Bitt gewehrn.
LORENTZ.
Ach sehend an den krancken armen,
Vnd lohnd euch vmb Gotts willn erbarmen.
Er kan nit auff den fassen stehn,
Muß her auff zweyen Krücken gehn.
WENDELGARD.
Nim hin diß Brot vnd diesen Pfennig,
LORENTZ.
Gnädige Fraw, es ist zu wenig,
Ich hab daheim neun kleiner Kind,
Sampt meiner Fraw, ein arms Gesind.
WENDELGARD.
Sehe hab dir noch drey Brot darzu,
LORENTZ.
Nu wer ich jetz und wol zu Rhu,
So hab ich weder Milch noch Schmaltz,
In meinem Hauß ein spretlin Saltz.
WENDELGARDT.
Seh da nim sieben Heller hin,
LORENTZ.
Ist wenig gnug, wo bleibt der Win?
[36]
WENDELGARD.
Gib her dein liderin Fläsch, mein Man,
LORENTZ.
Kein Wasser ich wol trincken kan.
WENDELGARD.
Da hab den Wein, denselben trinck,
Darbey meins frommen Herrn gedenck,
Graff Vlrichs seligs, der in Gott,
Verschieden ist durch seinen Todt.
VLRICH.
Mein trewer Gott, mein Schöpffer gut,
Empfallen ist mir Sinn vnd Mut,
Das ich sol hören diese Wort,
Von Wendelgard meim edlen Hort.
HEINE.
Ach gebt mir auch von ewer Haab,
Vmb Christus willn, ein GOTtes Gaab.
WENDELGARD.
Nim hin das Brot, vnd trinck den Wein,
Wölst meins Herren eyngedenck sein,
Graff Vlrichs seligs meins Gemahls,
Ders Leben ließ mit groß Vnfahl,
Wünsch jhm ein selig Aufferstentnuß,
Vnd vns ein rechte Gotts Erkentnuß.
VLRICH.
Ietz kan ich mich erhalten nit,
Ach gwerend mich auch meiner Bitt.
WENDELGARD.
Sehe hin, da hast ein Brot mein armer,
Gott wöll sein vnser aller erbarmer.
HEINE.
Ich hab mein Theil, ich gehe daruon,
LORENTZ.
Du must mich warlich mit dir lohn.
Wir wöllens mit einander verzehren,
Vnd darnach widerumber kehren.
WENDELGART.
Von dieser Kost drinck vnd iß,
[37] Vnd meines Herren nit vergiß,
Graff Vlrichs selign von Buchhorn,
Eins thewren Helden außerkohrn,
Was helstu mir mein Hand so lang?
VLRICH.
Nu ist mir jetz im hertzen bang.
Ach liebe Fraw habt kein verdruß,
Das ich euch gib ein solchen Kuß.
WENDELGARD.
Secht zu den stoltzen Bettler, secht,
Wo seind mein Diener, meine Knecht?
Schlagt jmmer zu den argen Wicht,
Das er jetz mein verschonet nicht,
Küsset mich vor allen menschen hie,
Solchs ist mir widerfahren nie.
4. Szene
Scena IV.
Hentzlin, Fridlin, Vlrich, Wendelgard.

HENTZLIN.
Daß dich botz Lufft als Bettlers sehend,
Wie bist so frech vnd hoch verwend,
Schlag jmmer zu, schlag Fridlin schlag,
VLRICH.
Ich bin gnug gschlagen diesen Tag.
FRIDLIN.
Ich muß dir noch ein huschen geben,
VLRICH.
Ihr schlagend ewern Herren eben.
FRIDLIN.
Seid wann seind Bettler Herrn worn?
(HENTZLIN.)
Wir haben jhm fein trucken gschorn.
Fahr hin mit deinem bettelstab,
VLRICH.
Nun zeuch ich d nebelkappen ab.
Ach liebe Fraw, mein Wendelgart,
[38] Wie zürnt jhr vber mich so hart.
Warumb laßt jhr mich schlagen so sehr?
Kent jhr Graff Vlrich nimmermehr?
Weil jhr so lang mich nie gesehen,
WENDELGARDT.
Ach GOTT wie wil mir da geschehen?
VLRICH.
Ihr Diener haltend ewer Fraw,
Bringt Wasser her, mein Diener schaw.
FRIDLIN.
Sie felt in ohnmacht hin vor Frewden,
VLRICH.
Nu gib ich auch fürwar ein blöden.
WENDELGARD.
Halt mich mein Diener, halt mich steht,
Biß mir die Ohnmacht als hingeht.
VLRICH.
GOTT sey gelobt, das ich zu stund,
Mein liebe Haußfraw find gesund.
Wie ist euch gschehn mein Wendelgart?
WENDELGARD.
O lieber Gmahel edler art.
Vor weinen ich nit reden kan,
Soll ich ansehen meinen Mann,
Den ich für todt erkennet hab,
Mein GOTT, wie frew ich mich darab.
Seid mir wilkommen lieber Herr,
Zu tausentmalen vnd noch mehr,
Ich hab gemeint jhr wern verlorn,
VLRICH.
Ach Wendelgardis hochgeborn,
Mein liebster Schatz auff dieser Erden,
Wie könt ich jetzund reicher werden,
Dann das ich E.L. anschaw,
O mein hertzallerliebste Fraw,
Laßt euch die arme gstalt von mir,
Abwenden nit ist mein begir.
Der Feind hat mich so zugericht,
[39]
WENDELGARD.
Ich frew mich ewers Angesicht,
Daß ich das wider sol anschawen,
Darumb solt jhr mir gwißlich trawen.
Laßt vns zu Adelhart hin gohn,
Zu vnserm allerliebsten Sohn,
Daß jhr ein andern Gschmuck anlegen,
Vnd ewer Gsundheit besser pflegen.
Vnd gleich die See hinüber fahren,
Auff Roschach zu, vns nirgend sparen.
Die vnuersehen Frewd meim Herrn,
Abt Salomon verkünden gern.
VLRICH.
Mein Wendelgart, wies euch gefelt,
Ich hab mein willn in ewren gstelt.
WENDELGARD.
Fridlin, theil auß die vberig Spend,
Vnd bring die außgaab fein zum end.
Kom bald vns nach auff Roschach zu,
Was dir gebürt dasselbig thu.
An armen leuten spar mir nit,
FRIDLIN.
Gnädige Fraw, helfft vnser Bitt.
Der Herr wirt an vns zürnen thun,
Das wir jhn so gschlagen hon.
Ach bittend jhn für vns vmb Gnad,
WENDELGARD.
Er alles schon verzigen hat.
VLRICH.
Seind nur zufrieden, liebe Leut,
Ihr gschlagen ein Bettler heut,
Solt jhr mich haben vor erkennt,
Ihr betten mir kein streich angwent.
FRIDLIN.
GOTT sey mein Zeug, ich habs nit gwüßt,
Ich dacht, es nett mein Frawen küßt,
Ein Bettelman, den solt ich schlagen,
[40]
HENTZLIN.
So kan ich bei meim Eyd auch sagen,
Das mir von hertzen Leid ist gschehen,
Da ich E.G. jetzt hab gesehen,
Solt sie mit streichen han empfangen,
Nach der ich hat ein solchs verlangen,
Nur jetzund in das vierte Jahr,
VLRICH.
So sag ich euch, mein Diener zwar,
Daß ich darumb mit nichten zürn,
Hab nit ein solches gehes Hirn.
Dann solches gschehen ist zu ehrn,
Meim lieben Gmahel, der zu wehrn,
Damit sie nit von einem Mann,
Geschendet werd, kans wol verstahn.
Drumb schweigt nu still, es ist verziegen,
(HENTZLIN.)
O treuer Gott straff alle Lügen.
Wie hat man vns so gwiß gesagt,
Das dieser Herr in dflucht gejagt,
Auff grüner Heyd umbkommen wer,
Nu kömpt er jetzund wider her.
Dir sey gedanckt in Ewigkeit,
Wer hett gedacht an diese Frewt?

4. Akt

1. Szene
Scena I.
Lorentz, Heine, Fridlin.

LORENTZ.
Ich hab mein Käplein zimlich bsungen,
HEINE.
Es hat mir auch nit vbel glungen.
Hets lenger gwert, ich sags fürwar,
Wer füller worn denn jenes Jahr.
LORENTZ.
Bey Gott es ist ein guter Wein,
[41]
HEINE.
Ach das man mir schenckt wider ein.
Mein lidirin Fläsch, wolt diesen Tag,
So lang dran lüpffeln, weil ich mag.
LORENTZ.
Die Fraw die wirt vns nit mehr kennen,
Thu nur den andern keiner nennen.
Ich dörfft drumb schweren einen Eyd,
HEINE.
Ich han die Hoffnung zu meim Kleyd,
Weil ich dasselb verendert hab,
LORENTZ.
Deßhalben han ich gleget ab,
Mein liderin Rock, vnd kom hieher,
Als wan ich nie da gwesen wer.
HEINE.
Botz marter Lentz, mir kommen zspaht,
Die Spend ein end schon gnommen hat.
Ich sieh die Frawen nimmermeh,
LORENTZ.
Mich dünckt ein Diener ich dort seh.
FRIDLIN.
Nu kommend her jhr arme Leut,
Wir haben nit viel vbrig Zeit.
Wo einer ist, der noch nit hett,
Empfangen hie, der kom zur Stett.
LORENTZ.
Ach lieber Herr, gebt mir Almusen,
Vmb GOTTes willen in meinen Busen,
Das euchs GOTT der Herr trewlich vergelt,
FRIDLIN.
Ich hab dich dafür auch gezelt.
LORENTZ.
Nein warlich nit, jhr jrrend euch,
FRIDLIN.
Heb dich hin weg, flux dich verkreuch.
Man hat dir geben, was dir gehört,
[42] Ich glaub, du meinst, ich sey bethört.
Du hast der Sachen mehr getriben,
LORENTZ.
Er hat sich auch an Schelmen griben.
FRIDLIN.
Zeuch hin, da wirst du nichts erlangen,
LORENTZ.
Ich hab bey GOTT vor nichts empfangen.
FRIDLIN.
Wie darffst so schwern, du arger Wicht,
Als hettestu empfangen nicht.
Man hat dir geben Brot vnd Wein,
Habs gsehen mit den Augen mein.
LORENTZ.
Man gibt vns hie das GOTT erbarm,
Wir bleiben dennoch jmmer arm.
FRIDLIN.
Der wer ein Narr, und gar nit klug,
Der allen Bettlern gebe gnug.
Wer wöll euch Bettler all erfüllen?
HEINE.
Ach gebt mir auch vmb Gottes willen.
FRIDLIN.
Du Schelm, du bist vor auch da gwesen,
Ich könt dich auß dem Zedel lesen.
LORENTZ.
Wie schneud ern an, gleich wie ein Hund,
Denckst nit an reichn Mann, den Kund,
Wie er dem armen Lazaro that,
FRIDLIN.
Was mutiert hie der grob Vnflat?
LORENTZ.
Ach sehend an den kranken Mann,
Der nimmer auffrecht tretten kan,
Muß sich anstüren an sein Krucken,
FRIDLIN.
Du hast ein Schelmen Bein im Rucken.
[43]
HEINE.
Ach schonend doch meiner blinden Augen,
FRIDLIN.
Es ghört darauff ein rässe Laugen.
Warum bleibst nit daheim zu Hauß,
HEINE.
O lieber Herr, wir müssen nauß,
Die Nahrung suchen, wo wirs finden,
Mit vnsern armen Weib vnd Kinden,
Es sey gleich Winter oder Summer,
FRIDLIN.
O mein gut Gsell, ich kenn dein Kummer.
Du bist ein Gsell, der schafft nit gern,
Es sey gleich Hewer oder Fern.
Ich kenn dich wol mein blinder Mann,
HEINE.
Ihr sehnd mich füra vnrechten an.
FRIDLIN.
Ich bin nit blind, gsich baß dann du,
Dein Gsellen ich auch mercken thu.
Ihr zieht den Rhein so auff vnd nider,
Vnd samlet Wurst, verkauffens wider,
Vnd ziehend die halben Hosen auß,
Vnd machend Bettelseck darauß.
Mit bettlen thun jhr euch ernehren,
Gibt man euch nit, ists lauter schweren.
Vnd sollt euch einer ein Bitt versagen,
Ihr wünscht jhn solt der Hagel erschlagen.
Fluck trollet euch jhr arge wicht.
HEINE.
Ach gebet mir nur noch ein Richt.
LORENTZ.
Die Knecht sein gmeinlich herber Leut,
Dann jhr Herrn zu aller zeit.
Wann schon ein Herr eim etwas günt,
Verhelts jhm doch das Hoffgesind.
FRIDLIN.
Gib Geissel her, ich wil mit streichen,
Beweisen hie viel Wunderzeichen.
[44]
LORENTZ.
Der Streich wil ich nit gwärtig sein,
HEINE.
Mir schmecket baß ein küler Wein.
FRIDLIN.
Sieh zu, wie lauffend Schelmen all,
HEINE.
GOTT wöll, das er den Halß abfall.
LORENTZ.
Der Hagel schlag den argen Knecht,
FRIDLIN.
Der lose Bettler mich verschmecht.
HEINE.
Botz Lufft, mein lieber Lentze schaw,
Wer geht dort mit der gnädign Fraw,
Vnd mit dem jungen Grafen her?
LORENTZ.
Es ist bey Gott vnd meiner Ehr,
Der heutig Mann, der mit vns gieng,
HEINE.
Wie wann er jetzund albeid fieng?
LORENTZ.
Ich fleuch bey Gott zum Thor hinauß,
HEINE.
Wil auch nit warten diesen Strauß.
2. Szene
Scena II.
Vlrich, Wendelgard, Adelhard.

VLRICH.
Mein liebe Haußfraw Wendelgart,
Vnd mein lieber Sohn Adelhart,
Ihr habt vernommen zu der frist,
Wies mir in Vngarn gangen ist,
Vnd wie ich bin erledigt worden,
So hab ich jetzund ewern Orden
Von euch hergegen wol vernommen,
[45]
WENDELGARD.
Ach das wir könnten zsamen kommen,
Vnd ich meines Glübts erlassen wer,
VLRICH.
An Bischoff wölln wir solchs begern,
So es mit ewern willen gschicht,
WENDELGARD.
Ja lieber Herr, dann anderst nicht,
Begehr ich jetzt, dann das ich kum,
Zu meinem Gmahel widerumb.
VLRICH.
Ich hab sichs gnug, wir wöllen all,
Nu ziehen hin, wol zu S. Gall,
Erbitten Bischoff Salomon,
Er wird nach vnserm willen thun,
Damit wir kommen bald in Rhu,
ADELHARD.
Da will ich gern helffen zu.
Dann mir kein grösser Frewd auff Erden,
Hett jemals könt begegnet werden,
Dann das ich meinen Vatter sehe,
Was gut wird sein, daßelb gescheh,
Allein ich vmb verzeihung bitt,
Weil ich euch vor erkennet nit.
Ihr wölt mir nit für vbel han,
Das ich euch also hin gelahn,
Dann für ein armen Bettelman,
Hab ich euch fürwar gesehen an.
VLRICH.
Mein lieber Sohn, mein Adelhart,
Wie frew ich mich zu dieser fahrt,
Daß sich die Sachn also geschickt,
Vnd GOTT mich widerumb erquickt,
In dem ich sieh mein Vatterland,
Vnd nu bin wider hie erkannt,
Erlößt auß meiner Dienstbarkeit,
Auß Angst vnd Sorg, vnd grossern Leid.
Hab wider gründen frisch vnd gsund,
[46] Vnd red jetz an mit meinem Mund,
Euch beydesam, mein Gmahl vnd Sohn,
ADELHART.
GOTT schickt vns diese Frewd vnd Wohn,
Nach trawrigkeit, die wir erfahrn,
Ietz lenger dann vier gantzer jahrn.
WENDELGARD.
Die Diener kommen auch hernach,
Nu sein wir alle zu Roschach.
Ihr zween habt achtung auff die Herrn,
In züchten vnd in allen ehrn.
Du Cöntzlin rüst die Gutschen zu,
Fahr vns hernach vnd hab kein rhu,
Damit wann wir auffsitzen woltn,
Nit lenger auff dich warten soltn.
ADELHART.
Führ du mir meinen Gaul hernach,
Weil ich mit meinem Vattern sprach.
VLRICH.
Nu weil wir seind auff dieser Fahrt,
So sag mir her mein Adelhart,
Was sich in diesen langen tagen,
Meins außbleibens hab zugetragen?
Denn was mein Elend hie anlangt,
Habt jhrs gehört vom anefang.
ADELHARD.
Viel seltzam Ding kan ich euch sagen,
Die gschehen sein in diesen tagen,
Im Land zu Schwaben vnd Thurgow,
Deßgleichen hie am Bodensee.
Drey Fürsten hat der Keyser lon
Enthaupten hie, ohn allen schon.
Vor zweien jahrn, als ich euch sag,
Gleich eben auff S. Agneß Tag.
VLRICH.
Wer seind die gwesen lieber Son?
Für war ich ein mitleiden hon.
Wülst mir sie alle drey benennen,
[47]
ADELHARD.
Ihr werdens zweiffels ohn wol kennen,
Es ist Berchthold vnd Erchinger,
Und Leutfrid, alle nach vnd ferr,
Bekannte Fürsten, gwaltige Herrn,
Es ist mir leid vmb jhre Ehrn,
Daß sie empfangen ein solchen Lohn,
VLRICH.
Was haben sie dann vbels thon?
ADELHARD.
Daß werd jhr von dem Bischoff hörn,
Ich mag daruon nit sagen gern,
Es ist für war ein trawrig Gschicht,
Deßgleichen zuuor ist gschehen nicht,
Wil gleich daruon jetz lassen ab,
Dann ich wol anderst zsagen hab.
VLRICH.
Ich jens viel lieber hören wölt,
ADELHARD.
Der Bischoff solchs viel baß erzehlt.
Dann diß ist von seint wegn gschehen,
Das kan ich für ein Warheit jehen.
VLRICH.
Was ist dann solchs in dieser Zeit,
Geschehen mehr, das sag mir heut?
ADELHARD.
Nit lang hernach als jhr warn gfangen,
Hat sich auch die Gschicht begangen,
Daß Ludwig König in Burgund,
Der lang zuvor starck widerstund
Dem welschen Keyser Berengar,
(Danns Reich, wie noch zertheilet war)
Wider sein gschwornen Eyd ist zogen,
Mit Wehr vnd Waaffen, Pfeil vnd Bogen,
Mit großer macht durchs Trientisch Gbürg,
Auff das er seinen Feind erwürg.
Nam ein die Statt, die weit bekannt,
So Dietterichs Bern wirt jetz genannt,
[48] Dem ist begegnet Berengar,
Mit seiner Macht vnd Heeresschar.
Hat diese Statt erobert wider,
Den König hielt er nit für Bider,
Stach jhm darauff beid augen auß,
Vnd schickt jhn widerumb zu Hauß.
Daß kan ich bey der Warheit jehen,
VLRICH.
Fürwar es ist jhm recht geschehen.
Warumb hielt er nit Trew vnd Eyd,
Er wer nit kommen in das Leyd.
Dann wer sein Eyd nit redlich helt,
Vnd seinen Feind so hinderstelt,
Begegnet jhm ein solche Schmach,
So ist es warlich Gottes Rach.
Drumb bleib ein jeder bey seim Eyd,
ADELHARD.
Nu glaub ich doch es werd jhm leyd,
Das er König Ludwig also grochen,
Vnd jhm sein beyde augen außgstochen.
Dann wie mir Zeittung ist zukommen,
Vnd ich von vielen hab vernommen,
So hat König Rudolff in Burgund,
Der jetzt regiert zu dieser stund,
Von Adelbert vnd Giselbert,
Zween Welschen Fürsten thewer vnd wert,
Empfangen nun die ander Bottschafft,
Das er hinkom mit Heereskrafft,
Nem eyn das Welsche Keyserthumb,
Vnd bring den Keyser Berengar umb.
Was gschehen werd, das bringt die Zeit,
VLRICH.
GOTT hat in seiner Hand Land vnd Leut. Er setzt ein Keyser wenn Er will, Gfelt er Ihm nicht, macht Er jhn still. Wie geht es sonst in Sachssenland, Mein Wendelgart, ists euch bekant? So wöllend mir dasselbig sagen,
WENDELGARD.
Es habend sich vor wenig tagen,
Zween gwaltig Heurat tragen zu,
Mit meinen lieben Schwestern zwo.
Dann Adelheit Graff Hugen hat,
Ein großen Herrn, Pariß der Statt.
So hat Gerburg, wie ich vernommen,
Den König Ludwig vberkommen,
Ein König vber gantz Franckreich,
Dem hat sie auch geboren gleich,
Zween schöner Söne, der ein Luthar,
Der ander Carlin gnennet war.
So hat jhrm Herrn Fraw Adelheid,
Geboren auch, als ich euch bscheid,
Ein jungen Son, Hug Schapler gnannt,
Das ist mir worden schrifftlich bkannt,
Vnd von eim glaubwirdigen Mund,
VLRICH.
Deß frew ich mich von hertzen grund.
WENDELGARD.
Doch ist in dieser Welt kein Frewd,
Darunder sich nit mischt ein Leyd,
Wie solchs geschieht zu jeder frist,
Dann seither auch gestorben ist,
Mein Anherr selig Hertzog Ott,
In Saxen abgangen durch GOTT,
VLRICH.
Gott hab sein liebe Seel, wünsch ich,
Eins wöllend noch berichten mich,
Wie lebt nu vnser lieber Schwehr,
Hertzog Henrich, der gwaltig Herr?
Ist er wol auff, ich möchts gern hörn?
ADELHARD.
Da hab ich jetzund gute Mährn,
Dann mir Graff Adolff Herr zu Bergen,
Ein Brieff her gsand durch einen Vergen.
Vnd schreibt, wie Keyser Conrad schwach,
Ihn zu eim Römischen Keyser mach,
[50] Hab jhm gschickt die Römisch Kron,
Den Apffel, Scepter, vnd wöll jhn hon,
Zu eim Nachkömling in dem Reich,
VLRICH.
GOTT wöll es gschehe diß zu gleich. Wiewol ich jhm von hertzen gund, Ein langes Leben, frisch vnd gsund. Doch müßen wir auch forthin gohn,
WENDELGARD.
Dort sich ich d Statt S. Gallen schon,
Mir ist die Reiß so leicht vnd klein,
Ich wolt darfür nicht gfahren sein.
VLRICH.
Daß macht allein das gut gespräch,
So wir getriben allgemach.
Nun wölln wir wider auff den Wagen,
Zusammen sitzen, vnd mehr sagen,
Von manchen Gschichten Alt vnd New,
ADELHART.
Mein Hengst der ist ein wenig schew.
Ich wolt sonst nebem Wagen reitten,
Wanns euch gfiel, wolt ich bey zeitten,
Voran ins Kloster zu dem Abt,
Dann er sich sonsten vbel ghabt,
So jhm ankommen frembde Gest,
Gar vnuersehn, es wer das best,
Man zeigt jhm diß zuforderst an,
VLRICH.
Mir gfelt die Sach, sey auff der Bahn,
WENDELGARD.
Wir wöllen gar bald nach hin kommen,
Mit meinem Herrn dem thewrn vnd frommen.
Der Fuhrman sol sich nirgend saumen.

5. Akt

1. Szene
Scena I.
Fridlin. Hentzlin.

FRIDLIN.
Der Bettler bin ich worden ab,
Sie brächten mich vmb Gut vnd Haab,
Bey jhnen ist kein Scham, kein Ehr,
HENTZLIN.
Ich habs erfahren hewr vnd fern.
Vnd wundert mich bey meinem Eyd,
Das mans nit jaget ab der Weyd.
Dann was den Armen in dem Land,
Solt geben werden von der Hand,
Das wirt den faulen Schlengeln zu theil,
FRIDLIN.
Bey jhnen ist weder Glück noch Heil.
Dann gmeinlich diß die Schelmen sein,
So man hat gstrichen vbern Rhein.
Vnd wann mans streichet wider nüber,
So führts der Teuffel wider hrüber.
Wann ich meim Herren rahten solt,
Ein trewen Rath jhm geben wolt,
So offt mir würd ein solcher Wicht,
Dörfft es kein lang bedencken nicht,
Ich ließ jhm eisin Spreng anschmiden,
Darzu ein Halßband wie eim Rüden.
Die hartste arbeit müßt er thun,
Darzu nit gnug zufressen hon.
Die Gassen fegen, Winckel raumen,
Stein zutragen, vnd sich nit saumen.
Kam also auß der Schelmen Zucht,
Ein guter nutz, so mans versucht.
Ist mir kein zweiffel, mancher Lecker,
Der jetzund sündigt etwas kecker,
So er vor augen seh die Noht,
Er würd sich hüten, als vorm Todt.
[52] Sonst wann man dschelmen außhin streicht,
So machen sie die Peen noch leicht,
Vnd sprechen vnuerholen frey,
Es sey der schelmen erste weyh.
Was gilts, ich wolt sie hurtig machen,
HENTZLIN.
Du redst nit vnrecht von den Sachen.
Ich hab offt gsehen manches Weib,
Mit schwangerem vnd grossem Leib,
Die sich mit jhrem Mann vnd Kinden,
In allen Ehren, ohne Sünden,
Gern betten gnert, wo nit Vnglück,
Ihr Sachen stiesse all zu rück.
Hett man denselben Leuten geben,
Was gwendet wirt auff Bettler Leben,
Mich dünckt, man hets viel baß anglegt,
FRIDLIN.
Diß hat mich offt zu Zorn bewegt.
Daß gmeinlich, wie das Sprichwort laut,
Der bösten Saw in jhre Haut,
Die besten Eychel werden muß,
HENTZLIN.
Wir gehen aber gmach zu Fuß.
Vnd weil wir diese Red han triben,
Sind wir ein gute dahinden blieben.
Graff Adelhart ist längst hineyn,
Die Gutsch wirt auch schon drinnen sein.
Sieh dort, der Abt ist rhausser gangen,
Er wil vielleicht die Gäst empfangen.
Wir gsellend vns zu anderm Gsind,
Wer vns da sucht, das er vns find.
2. Szene
Scena II.
SALOMON.
Mein Gott, was soll einr Wunder sagen,
Hets einer gsagt, vor zweyen tagen,
[53] Graff Vlrich von Buchhorn lebt noch,
Wer wolt eim solches glauben doch?
Als mir der jung Graff Adelhard,
Für gwiß jetzund anzeigen ward,
Man muß daraus freilich verstohn,
Daß es GOTT so hab geschehen lohn,
Damit er die from Wendelgart,
Ein thewre Fürstin frommer art,
Erforschen wöllen in dem Fall,
Was sie sich hielte vberall.
Der trewe GOTT der schimpfft also,
Mit seinen Kindern, macht sie fro,
Machts wider trawrig, wies jhm gfelt.
Wer auff den Herrn sein hofnung stelt,
Der soll auff dieser weitten Erden,
Ja nimmermehr zu schanden werden.
Nun wil ich jetzund gern anhören,
Wo Wendelgard sich hin wil kehren,
Ob sie jetzund jhr Kloster Leben,
Darein sie sich einmal begeben,
Auffsagen werd, vnd jhren Eyd,
Wöll brechen, oder mein Bescheid,
Darumb empfangen, sampt jhrem Herrn,
Ich wil mich haltn nach jhrm begern,
Gleich wol mich steln, als wers nit müglich,
Vnd solchs zu thun mir gar vnfüglich.
Sine dort kömpt sie mit jhrm Gemahl,
Den Weyler tregts, wie ich befahl.
3. Szene
Scena III.
Vlrich, Wendelgard, Adelhard, Salomon.

VLRICH.
Es ist noch ewer will, wie vor,
Mein liebster Gmahel, gehn zu Chor,
Oder widerkommen in mein Ehe,
Dann wie ich jetzt von euch verstehe,
[54] So ist kein ander hindernuß,
Allein der Abt s erlauben muß,
Vnd euch der Glübten machen quit,
WENDELGARD.
Mein liebster Gmahel anderst nit,
Dann ich mein Ehelich Glübde gethon,
Euch meinem Gmahel, vnd ob schon,
Den Witwenstand ich gschworen han,
So ists doch gschehen auß solchem Wahn,
Dieweil ich gmeind, jhr weret todt,
Darumb so hat es nu kein noht.
Ihr wöllet mich dann nimmermehr,
VLRICH.
O das verbiet mir GOTT der HERR.
Wie sol ich euch nit haben gern,
Die mir angthon hat so viel ehrn,
Vnd in meim Elend so geliebt,
Vnd sich von meinet wegn betrübt.
GOTT sey mein Zeug in jener Welt,
Werd jhr der Glübden ledig gzelt,
Ihr solt geniessen dieser Trew,
So war ich leb, ohn alle Rhew.
SALOMON.
Ich wil jhn hie entgegen gohn,
ADELHARD.
Dort seh ich den Abt Salomon.
WENDELGARD.
Wir wöllen jhn nu sprechen an,
SALOMON.
Seid mir wilkom, mein thewrer Mann,
Mein lieber Herr vnd bester Freund,
Seid mir wilkommen zu dieser Stund.
Was weinet jhr mein Wendelgart?
VLRICH.
GOTT grüß euch Herr fromb, streng vnd hart. GOTT grüß euch z tausendmal vnd mehr, Abt Salomon Ehrwürdiger Herr.
SALOMON.
Warumb habt jhr mich heut betrogen,
Vnd mir so artig fein gelogen?
Daß jhr herkompt auß Sachssenland,
Vnd seid von Hertzog Henrich gsand.
Was habend jhr mich da gezigen?
VLRICH.
Jch forcht, die Sach blieb nit verschwigen,
Ehe ich zu meinem Gmahel käm,
Würd jhr darnach nit angenäm.
Darumb wolt mirs verargen nicht,
SALOMON.
Mich hat gedeucht, ich solts Angsicht,
Vor gsehen han, vnd kennen noch,
Vnd stund in einem zweiffel doch.
Nun weil euch GOTT auß ewerm Band,
Hat wider gholffen ins Vatterland,
Vnd jhr zu mir seid kommen her,
Auß frembden Landen weit vnd ferr,
So kommend mit mir vber Tisch,
Da wil ich geben Fleisch vnd Fisch,
Brot vnd Wein, was ich kan haben,
Damit euch bey mir zu erlaben.
VLRICH.
Würdiger Herr, wir kommen nit,
Ihr gewehren mich dan meiner Bitt.
SALOMON.
Wann solches ist in meiner gwalt,
VLRICH.
Ihr sehet nu der Sachen gstalt,
Wie mein Gemahel Wendelgart,
Das Fürstlich Frewlein schön vnd zart,
Nit anderst gmeint, dann ich sey todt,
Darumb sie mir in dieser Noht,
Ein Jahrtag zu Ehrn angericht,
Mit eim Weyler jhr Angesicht,
Verhüllet als ein Kloster Fraw,
Ist zogen auß dem Land Torgow,
[56] Vnd sich in dieses Klosterleben,
Auß trawrigkeit willig gegeben.
Nu weil sie je auß falschem Wohn,
Diß alles, wie gehört, hat thon,
So ist an euch mein freundlich Bitt,
Ihr wöllends mir versagen nit,
Vnd sie mir wider sprechen zu,
Dann sonst hab ich weder rast noch rhu,
So lang ich jhr beraubet binn,
SALOMON.
Mein guter Freund, es hat den Sinn,
Vnd den Verstand, ein sölche Sach,
Das ich nit bald mich vnderfach,
Dann weil sie GOTT geschworen hat,
In dieser Zell ein Witwin Staat,
So wil sich das ein mal gebüren,
Ein Witwe Stand hinfür zuführen,
Wie solchs Sanct Paulus lehren thut,
Timotheum sein Jünger gut,
Vnd Moses am 30. Capittel,
Gleich im Anfang ohn alles Mittel.
Wenn jemand Gott ein Eyd thut schweren,
Verbind sein Seel damit dem HERren,
Der soll sein Wort dann schwechen nicht,
Vnd alles thun nach seiner Pflicht.
Vnd sagt darauff der edel Hort,
Von Ehelichen Weibern diese Wort:
Wann ein Fraw hat ein lieben Mann,
Vnd sie dem Herrn ein Glübd hett than,
Vnd jhre Seel darmit verbunden,
Vnd jhr Man schweiget zu den stunden,
So gilt jhr Glübt, vnd was sie gschworn,
Das sol sich halten ohn verlohrn.
VLRICH.
Mich dünckt, wie ichs hab hören sagen,
Von diesem Gsetz, in meinen tagen,
Es steh darbey, wann solchen Schwur,
Der Man auch hör, so gelt er nur.
[57] Dieweil ich dann war weit von hinnen,
Wie künd ich deß Glübds werden jnnen?
Wie könd ich meinen Gmahel hören?
SALOMON.
Nun helff ich euch bey glauben gern,
Wann nit drauff folgten diese Wort,
Die jhr villeicht auch han gehört,
Das Glübd einr Witwen, vnd einr Frawen,
So gscheiden ist, (solt mir drum trawen,)
Alls das sie bind auff jhre Seel,
Das gelt auff jhr ohn allen fehl.
ADELHARDT.
Wann ich zur Sachen auch dörfft reden,
Vor euch als meinen Herren albeiden,
So dünckt es mich, wie Moses lehrt,
Vnd ich zuvor offt hab gehört,
Im dritten Buch da steht geschrieben,
Ists mir anderst im Sinn geblieben,
Am letzten Capittel, denck ich recht,
Dann in der Gschrifft bin ich gar schlecht,
Wenn jemand Gott dem Herren schwert,
Vnd sich von seinem Glübt bekehrt,
So soll er dann mit Gelt vnd Gut,
Dem HERRN abkauffen Leib vnd Blut.
Drum lieber Herr Abt Salomon,
Wölt jhr darfür ein Schätzung hon,
Ich gib die hin für mein Herrn Vatter,
Für mein Fraw Mutter, mein wolthätter.
Die werden euch auch beid danckbar sein,
VLRICH.
Für war so steht der wille mein.
Vnd so jhr sie der Glübd erlaßen,
Wil ich mich halten aller maßen,
Nach ewerm willen alle Tag,
SALOMON.
Ich hab gehöret euwer Sag.
Nu muß ich wissen auch vorhin,
[58] Fraw Wendelgart, was sie im Sinn,
Ob auch so gschaffen sey jhr will,
WENDELGART.
Ehrwürdiger Herr, da sorgt nit viel.
Dann nett ich gewißt mein Mann noch leben,
Ich nett mich in die Klauß nit geben,
Wolt sein daheim erwartet han,
Drumb wölt mich meiner Glübt erlahn.
VLRICH.
Für sie wil ich in mein Reinthal
Den Zehend euch schencken auff dißmal.
Zu Höchsten vnd in selber gegne,
Was gute Güter vnd gelegne.
ADELHARD.
So wil ich auch herein vergaben,
Altstetten im Reinthal, den Schwaben,
Vnd dieser Gutthat für vnd für,
Sein eingedenck nach aller gebür.
So war Gott lebt der Allmächtig,
WENDELGARD.
Vnd ich mit meim Gebett andächtig,
Im Ehestand dienen Gott dem Herrn,
In Zucht, Keuschheit vnd allen Ehrn,
Als wenn ich gleich im Kloster wer,
Drumb helffend vns Würdiger Herr.
SALOMON.
Nu weil jhr dann je also wöllen,
Euch widerumb ehlich gesellen,
So wil ich jetz auß meiner Macht,
Darzu mich GOTTES Gnad gebracht,
Den Weyler wider von euch nemmen,
Vnd was einer Fürstin thut bequemmen,
Ietzund vor ewerm Herrn anthun,
Euch ewer Glübden gantz erlon.
Nu gebend beid die Händ zusamen,
Ich segne euch in GOTTES Namen,
Von newen ein, als recht Eheleut,
Wie vor auch gschehen vor dieser Zeit,
[59] Bestettig ewer erste Ehe,
Das sie hinfüro wol bestehe,
Was GOTT der HERR so fügt zusamen,
Das soll so bleiben in seim Namen.
Nu folgend mir in die Kirch hineyn,
Vnd lobend Gott den HERren mein,
Daß er die Sachen also gschickt,
VLRICH.
Nun bin ich jetzund wol erquickt.
Dem HERREN sey Lob Ehr vnd Preiß,
Der mir geholffen auff solche weiß.
Wir wöllend Ihm drumb danckbar seyn,
WENDELGARD.
Der Bischoff geht in d Kirch hineyn.
Wir wöllen mit jhm Gott den Herren,
Mit Lobgsang preisen vnd ehren.
ADELHARD.
Wir gehen jetz in d kirchen hin,
Vnd wie ich dessen brichtet bin,
So hat der Abt ein Hochzeit Maal,
Zurüsten lassen in seim Saal,
Wol in dem Kloster zu S. Gallen,
Fraw Wendelgard zu gefallen.
Dahin wirt er beruffen Gäst,
Aufftragen lassen auff das best.
Wo jemand ist, dem dieses Spiel,
Gefallen hat, ists jhm nit zviel,
So kom er auch, sey frölich mit,
Vnd hab da keim für vbel nit.
Ist aber jemand der was tadelt,
Er sey hoch oder nider gadelt,
Der mag Abt Salomon zugfallen,
Ein Reiß fürnemen zu Sanct Gallen,
Vnd dieser wahren gründlichen Gschicht,
Allda eynnemen bessern Bricht,
Ich geh daruon, verargt mirs nicht.
[60]

Epilogus

Epilogus.

So hat nun dieses Spiel ein end,

Darinn werden drey Stück ernennt,

Daß Erst, bey diesem Grafen gut,

Ein jeder faßt eins Helden Mut,

Ihm gleich zu sein mit rechtem Glantz,

Setz Leib vnd leben in die Schantz.

Beschütz vnd bschirm sein Vatterland,

Mit Hertz vnd Mut vnd gwerter Hand.

Vnd ob er gleich in Vnfal graht,

Kein sichernuß seins lebens hat,

So leid ers doch mit aller Gduldt,

Vnd harr allweg auff Gottes Huldt,

Der wirt jhm helffen zu seiner zeit,

Vnd jhm beystehn in allem streit,

Erretten auß seiner Feinde Hand,

Vnd widerbringen ins Vatterland.

Zum Andern, sollend sich anschawen,

Bey Wendelgard, all ehrlich Frawen,

Daß, was an jhr gefallen hat,

Sie auch beweisen mit der That,

Ihr trewe Lieb behalten rein,

In guter hut, vnnd in gemein,

GOTT fürchten in aller Zucht vnd Ehr,

Sein Wort behalten vnd sein Lehr,

So werden sie recht selig werden,

In jenem Lebn, vnd hie auff Erden.

Zum Letsten, lehrt vns Salomon,

Der from Bischoff mit seinr Person,

Was eines Bischoffs Ampte sey,

Vnd wie er sich soll halten frey,

In allem Leben, in allem Lassen,

Damit er wandl auff rechter Strassen.

Dann was diß gewesen für ein Mann,

Nach lengs ich euch erzehlen kan.

[61]

Von Ramschwag war der Herr geborn,

Ein edler Freyherr außerkorn,

Der sich von seiner ersten jugend,

Geflißen hat Zucht, Kunst vnd Tugend.

Dann zu Sanct Gallen er studiert,

Vnd da ein Geistlich Leben gführt.

Man zeigt auch noch auff diesen Tag,

Im selben Kloster, wie die Sag,

Ein gschrieben Buch auff Pergament,

Das er gemacht vor seinem End.

Er war verstendig, weiß vnd klug,

Darzu gelehrt mit allem fug,

Friedliebend, vnd darzu sanfftmütig,

Nit prächtig, vnd gar Ehrnbütig.

Vnd wie jhr von jhm selbst gehört,

So hat jhn GOTT also gemehrt,

Mit fünff Römischer Keyser Macht,

Den er gedient ohn allen Pracht,

In Kirchen, vnd in jhren Cantzleyen,

Das er zwölff gwaltiger Abteyen,

Vnds Costentzer Bistumb erlangt,

Damit er doch mit nichten prangt.

Hielt sich in seinem Kloster gern,

Thät sein Conuentuales lehrn,

Wie sich ein jeder halten solt,

Wenn er Gott trewlich dienen wolt.

Er laß jhn für, wie jetzund gschicht,

Auff einer Schul die wol angricht.

Wolt Gott es weren jhm geleich,

All Bischoff in dem gantzen Reich.

Es würd villeicht jetz beßer stohn,

Mit der zertrenntn Religion,

Dauon ist gnug, Ich geh daruon.


Ende.

[62]

Notes
Erstdruck [?]: Frankfurt am Main (Wendel Hummen), 1589. Uraufführung [?] am 01.03.1579, Stuttgart.
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TextGrid Repository (2012). Frischlin, Nicodemus. Fraw Wendelgard. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-B3AA-9