Erasmus Francisci
Der Höllische Proteus /
oder
Tausendkünstige Versteller / vermittelst Erzehlung der vielfältigen Bild-Verwechslungen
Erscheinender Gespenster / Werffender und poltrender Geister / gespenstischer Vorzeichen der Todes-Fälle /
Wie auch
Andrer abentheurlicher Händel / arglistiger Possen /und seltsamer Aufzüge dieses verdammten Schauspielers /
und /
Von theils Gelehrten / für den menschlichen Leben-Geist irrig-angesehenen Betriegers / (nebenst vorberichtlichem Grund-Beweis der Gewißheit / daß es würcklich Gespenster gebe)
abgebildet durch
Erasmum Francisci / Hochgräfl. Hohenloh-Langenburgischen Raht.

Vorrede

Vorbericht /
Und Behandlung der Frage /
Ob die Gespenster nur in blosser Einbildung bestehn:

Wann ein Kriegsgefangener gleich / durch ein ansehnliches Lösegeld / befreyet worden: bleibt er darum /von dem Feinde / nicht gar unangefochten / so lange die widrige Theile einander noch befehden / und das Kriegsfeuer annoch nicht geleschet ist. Der Feind trachtet ihm so wol / als Andren / unterdessen noch immer zu wieder nach / ob er sie ungewarnter Sachen überfallen / und von neuem ihrer mächtig werden möge. Weil er aber solches / durch offenbare Gewalt /offt nicht mehr thun kann: braucht er allerley List /und Rencke / steckt falsche Flaggen / oder Standarten auf / giebt sich / durch das heimlich erkundschafftete Wort / für Freund aus / und fůr gut Keyserisch /indem er / im Hertzen / einen Türcken / oder Tarter /oder auf Raub / Mord und Brand ausgegangenen /Frantzosen / verbirgt.

In gleichem Zustande der Unsicherheit / stehet das gantze menschliche Geschlecht / gegen dem Satan /als seinem abgesagtem Feinde. Denn ob gleich unser König / und oberster Feldherr / Christus / uns / durch sein eigenes Blut / von der Gewalt desselben erlöset /und frey gemacht: seynd wir darum doch nicht ausser der Nothwendigkeit gestellet / uns / biß zum Ende deß Streits / wol fürzusehen / daß wir nicht wiederum durch seine Netze / Larven / und betriegliche Verstellungen / in die vorige Dienstbarkeit verführet werden: weil dieser hellische Leu immerdar seine Klauen wider uns ausbreitet / bald in den Leuen- bald in den Drachen- oder Schlangen-Balg sein feindseliges Vorhaben verkleidet / und mit allerley betrieglichen Erfindungen an uns setzet; damit er unserer Seelen / oder zum wenigsten unserer Leibes-Gesundheit / einen Abbruch thun möge.

Die Menge sothaner seiner Fündlein wird wol der beste Meister nicht ausrechnen / oder zehlen: Also /daß füglich jene Virgilianische Alecto diese arglistige Hellen-Schlange ihre Schwester nennen darff.


– – – Tot sese vertit in ora!
Tam sævæ facies! tot pullulat atra colubris! 1
So offt verwandelt sie ihr Antlitz und Geberden!
Von so viel Schlangen pflegt sie grausam-fruchtbar werden!

Illi nomina mille, mille nocendi artes.


Mehr als tausenderley Künste hat dieser listige Geist täglich im Vorraht / die Menschen zu äffen / und auch / wann es der Allmächtige verhengt / zu beschädigen.

Solcher seiner schlauhen Ersinnungen seynd nicht die einfältigste / welche er ausübet / durch die gespenstische Erscheinung / Vorstellung dieser oder jener Gestalt / und allerley Schreck gesichter / imgleichen durch Erregung manches grauerischen Gepolters und Getösses. Denn ob gleich unser Verstand seinen eigendlichen Zweck hiebey / und was er damit im Sinn habe / nicht allemal erblickt: hat er doch ein weites Absehen / und grosse Tieffe böser Intention dabey. Wie dann hiedurch das Heidenthum / guten Theils /entweder eingeführt / oder bestätiget worden / auch /noch heutiges Tages / der Un- und Aberglaube dadurch fortgepflantzt werden / und immer tieffer einwurtzeln / auch sonst gar viel Ubels daraus entstehen kann.

Unter dem Namen der Gespenster aber wird / von mir / alles gespenstische Wesen allhie verstanden; es mag sich gleich sehen lassen / und dem menschlichem Gesicht vorstellig machen / oder durch ein ungewöhnliches Getöß / oder durch einen unnatürlichen Laut /oder Stimme / zu spühren geben. Denn solches Alles nennen wir / zu Teutsch / ein Gespenst / imgleichen das Ungeheuer / und bißweilen / mit der Schrifft /einen Geist; dergleichen die Jünger deß HErrn sich einbildeten / da sie denselben / nach seiner Auferstehung / sahen. Angemerckt / nicht allein dieses Exempel / beym Evangelisten Luca / (c. 24.) sondern auch andre mehr / gnugsam anzeigen / daß das Jüdische Volck die Erscheinung der Gespenster geglaubt. Der Lateiner begreifft allerley Gespenster unter dem WortSpectrum; welches von specio, ich sehe / fliesst: weil die gespenstische Gesichter oder sichtbare Gespenster einen grössern Schrecken verursachen / als die unsichtbare: oder weil man die / in einer Gestalt erscheinende / Gespenster am leichtesten beobachtet. Aus gleicher Ursach / giebt ihm die Griechische Sprache den Namen Φάντασμα und Φάσμα: von der Erscheinung: mit welchem Wort es auch / beym heiligen Evangelisten Matthæo (c. 14.) und Marco am 16 / angezeigt wird. Von den Lateinischen Poeten werden die Gespenster auch Umbræ (Schattengeister) oder Schattengesichter (sonderlich die Geister der Verstorbenen) genannt: weil sie sich wie ein entweder weißlechter / oder schwartzer Schatten und Schämen sehen lassen; Imgleichen Larvæ, und Lemures geheissen.

Auf daß nun nicht etwan mancher Schwer- und Hartgläubiger wähne / meine Feder werde ihm auch nur eitel Schattenwerck / oder Mährlein / und falsche Einbildungen / vormahlen; wie es dann solcher Leute / die Alles / was man von Gespenstern redet / oder schreibt / entweder zu den Getichten / oder Träumen /oder verderbten Phantaseyen / Gesichts- oder Ohr- Täuschungen / schreiben / und durchaus kein Gespenst gläuben wollen / grössern Uberfluß als Mangel hat: so scheinet vonnöthen / vorher beweislich darzuthun / daß die Gespenster warhafftig offt / entweder dem Gesicht / oder Gehör / oder Gefühl / sich lassen spühren. Doch wollen wir zuforderst ihre Ursachen vernehmen / die sie ihnen selbsten / als eine gewisse Aufhebung und Vernichtung aller Gespensterey / einbilden.

Solche Ursachen / oder Einwürffe / seynd nicht einerley. Erstlich geben sie vor / die Melancholey und das schwere Geblüt könne solche Gespenster / mit einer starcken Einbildung / erzeugen. Nun ist gewiß /daß hochbekümmerte / tieff-ertraurte / schwermütige Leute / ihnen nicht allein schwere und seltsame Gedancken / sondern auch manche abentheurliche Einbildungen machen / und allerley wunderliche Gestalten formiren; zumal / wann sie dabey nicht allerdings Hirn-richtig seynd: Massen sie offt so wunderliche Grillen / possirliche Einfälle / oder Eindruckungen gewinnen / daß sich nicht selten das Mitleiden andrer Leute darüber in Gelächter verwandelt.

Zu Abydo, einer Asiatischen Stadt / pflag / wie Aristoteles bezeugt / ein wahnwitziger Mensch sich in das ledige Schauspielhaus zu begeben / allda niderzusetzen / und mit Händ-Klopffen anzudeuten / daß ihm Alles wolgfiele; nicht anders / als ob würcklich eine Comedie / oder trauriger Aufzug / ausbündig-wol gespielt würde. Zu Argis in Griechenland lebte Einer /der gleiches Gehirns war / und / wie in den poetischen Episteln Horatii gedacht wird / eben so thöricht sich ergetzte / wann er ins Comedien-Haus kam / und / ob gleich kein Spiel gehalten ward / dennoch / in seinem Gehirn / allerley spielende Personen bildete / nachmals auch / da ihn die Medici, auf Begehren seiner Verwandten / durch fleissige Kuhr / von solcher wahnsinnigen Phantasey erledigten / mit denselben mächtigübel zufrieden war / daß sie ihn folcher Lust beraubt hetten; sie versicherend / er hette nie so vergnüg- und behäglich gelebt / als zur Zeit seiner Thorheit / und phantastischen Einbildungen.

Hernach so kann auch die Einbildungs-Krafft /durch übermachte Furcht / Schrecken / und Bestürtzung / eben so wol einen Fehl bekommen / und dermassen verderbt werden / daß Einer wunderseltsame Sachen ihm einbildet / welche doch gar nicht vorhanden seynd. Dannenhero man auch wunderselten vernimt / daß behertzte Leute ein Gespenst sehen /und den streitbaren Scythen keines jemals erschienen. Weil die Leuen großmütig und unverzagt seynd / sollen sie / wie man sagt / für keinen Larven erschrecken.

Hernach wenden sie vor / es können eben so wol die äusserliche Sinne fehlen / und so gefälschet wer den / daß sie irrige Einbildungen gebären. Ein Trunckener wird leicht / durch sein verderbtes Gesicht / betrogen: der überflüssige Wein / oder das eingeschwelgte Bier und Brandwein / können ihm / in der Lufft / allerley Gesichter / und Gespenster weisen. Mancher / der gantz nüchtern / kann seine eigene Gestalt / in der Lufft / erblicken / und hiedurch in den Wahn geführt werden / daß ein Gespenst seine Person / bey lebendigem Leibe / presentire: da doch solches /nach Aristotelis Urtheil / von den gar zu schwachen Geistern seiner Augen herrühren kann: welche machen / daß er / in der Lufft / als wie in einem Spiegel /sich Selbsten sihet / und alsdann beduncken lässt / ein Gespenst affe seiner Gestalt also nach.

Gleicher Täuscherey ist das Ohr unterworffen. Wer Schaden hat / am Gehör / der lässt sich jemalen beduncken / es stürme der Wind gar sehr / oder es rausche eine Wasserflut daher / er höre Glocken läuten /oder allerhand musicalische Instrumenten schallen: wann hingegen Andere / die bey ihm sitzen / und ein richtiges Gehör haben / nichts dergleichen alsdann vernehmen. Es kracht aber zu Zeiten auch wol würcklich etwas / als eine Wand / Banck / oder Tafel; wenn sich das Wetter ändern / oder ein Gewitter kommen will: Und alsdann meynet Mancher / es rühre sich ein Gespenst.

Nicht weniger kann das Gefühl / und der Geschmack irren / und sich betriegen. Dem / der das Fieber hat / schmecken offt die süssesten Sachen bitter /und die lieblichsten seynd ihm zu widern. Und Etliche meynen / es habe sie etwas angerührt / oder sie fühlen weiß nicht was: so sie doch würcklich nicht angerührt worden.

Stossen dann die Furcht / Augen-Schwachheit / und die Fehler der andren Sinnen / zusammen; so ertichtet ihre Einbildung wunderseltsame Sachen; lässt sich dieselbe auch nicht ausreden. Und hiedurch werden offt gantze Kriegsheere / auf falsche Gedancken / verleitet. Als der gewaltige Hertzog Carl von Burgund /samt andren Fürsten / vor Paris lag / daugte etliche seiner Reisigen / bey sehr trüben und tuncklem Wetter / sie sähen einen gewaltigen Hauffen aufgereckter Spiesse beyeinander; und schliessen daraus / König Ludwig hielte daselbst / in voller Schlachtordnung. Derhalben galoppirten sie eilends dem Hertzoglichem Lager zu / und zeigten denen sämtlichen Fürsten / die sich vor die Stadt gelegt hatten / an / man hätte unfehlbar ein Treffen zu vermuten. Weil auch die / vom Feinde ausgecommandirte / Pferde diesen zurückreitenden Reisigen deß Hertzogs nachsetzten: fand solche Kundschafft desto leichter Glauben: In solchem Wahn / ritte Hertzog Johann von Calabrien / zu deß Burgundischen Hertzog Carls Fahnen / und vermahnte dieselbe zur Tapfferkeit; sprach / sie sollten ein Hertz fassen / dem Feinde / mit der Pariser Elen und Stabe / nemlich mit langen Spiessen / tapffer abmessen. Als aber deß Hertzogs seine Reuter sahen / daß die feindliche Reuter / welche besagten Reisigen nachgesetzt hatten / wiederum hinter sich wichen /und so starck nicht wären / wie man gemeynt / dazu auch derjenige grosse Hauffe / dessen sie zuvor wargenommen / sich nicht bewegte: wagten sie es / und ritten näher hinzu. Da sie dann / weil der Himmel nunmehr sich ein wenig ausgehellet / an stat der vermeynten hohen und langen Spiesse / nichts anders /als aufgerichtete hohe Disteln / antraffen; solchem nach wieder umkehrten / den Fürsten diesen Irrthum entdeckten / und damit die vorhin ausgeschickte Reisigen schaamrot machten. 2

Drittens wird / von denen Gespenst-Leugnern /vorgewendet / daß offtmals schalckhaffte Leute sich für Gespenster ausgeben / und hiedurch dem vermeyntem Fabelwerck der Gespenster kein geringer Beytrag geschehe. Daß es solche Gespenst-Affen gebe / versichert die vielfältige Erfahrung: Und wissen einige Schälcke damit meisterlich umzugehen. In America fliegt eine gewisse Art von solchen Würmern herum /die man bey uns Johannes-Würmlein dort aber Coculi und Cucuju nennet; wiewol sie die Grösse eines Kefers haben. Dieselbe gläntzen zwar und leuchten / bey Abend- und Nacht-Zeit / mit ihrem gantzen Leibe; doch insonderheit / mit den Augen; welche / nach Proportion oder Ebenmaß ihres so kleinen Leibleins /sehr groß seynd / und so viel Liechts von sich stralen / daß man / bey Nacht / dabey lesen und schreiben kann. Und solches Liecht lässt sich ansehn / als wie vier kleine Sternlein. Wann nun Jemand sein Angesicht und Hände / mit dem Fett dieser Liecht-Kefer /bestreicht; wird Einer / der es nicht weiß / sich einbilden / er sehe ein feurigerschreckliches Gespenst. 3

In der Italiänischen Landschafft / Campanien(Terra di Lavoro) finden sich / um den Bezirck deß Berges Gauri (oder Monte Barbaro) viel finstre Hölen von mercklicher Tieffe und Länge: darinn viel Goldhungrige Leute / in Hoffnung daselbst Schätze anzutreffen / durch deß Satans Veranlassung / das Verderben gefunden / und jämmerlich ums Leben gekommen. Unter andren hat / wie Julius Cæsar Capaccius 4 erzehlt / ein Neapolitaner / Namens Petrus di Sale, viel dergleichen unbesonnene Schatzgräber /welche / von vielen Orten und Ländern / zu diesem Ende / dahin gekommen / häßlich betrogen / und spöttlich zurück gefertigt. Denn als dieser Possenreisser solcher Schatz-Narren Vorhaben gemerckt / ist er ihnen vorgekommen / und hat seine vorher wolabgerichtete Kameraden / in eine dieser Hölen / versteckt. Wenn dann die Gelddürstige Ausländer ihre / aufs Beste gemeinlich zubereitete / Malzeit einzunehmen /sich nidergelassen / ist der spitzbübische Abentheurer hervor getreten / und hat / nachdem er einige Schein-Circkel an der Erden gezogen / das Gelag gleich auf ein Mal zerstört; indem / auf sein Anstifften / die bestimmte Anzahl seiner / in solchen Hölen versteckten / Spießgesellen augenblicklich hervor gewischt / in so entsetzlicher Verlarvung / daß man sie nothwendig für deß höllischen Plutonis Reichsgenossen halten müssen; angeschaut sie / aus Nasen und Maul / Feuer gespritzt / und / vermittelst künstlicher Blasebälge /an statt deß Windes / nichts als Flammen / ausstiessen: Andrer Gauckeleyen / so sie dabey vorgenommen / zu geschweigen. Worüber die arme Schatzgräber hefftig erschrocken / die Flucht ergriffen / und alle Speisen / samt dem Getränck / dahinden gelassen. Bey welcher zurück-gebliebenen Maul-Beute / diese eingefleischte Gespenster sich hernach nidergesetzt /und / nicht ohne Verlachung der fortgestäuberten Hasen / alles aufgezehrt.

Einen heiligen Mann / dessen Wesen von Tugenden / wie das Firmament von Sternen schimmert und blincket / im Wandel / durch eine gute Nachfolge /abbilden / kann Niemanden gereuen. Und wer / in seinen Sitten / das Bild deß HErrn Christi selbsten /führt: der hat / zum Gewinn / das Leben selbst / und eine grosse Kron. Wer aber den Teufel und seine Wercke / in den Seinigen / vorstellen will; der kommt selten davon / ohn deß Teufels Danck / das ist / ohn Schaden und Unglück: zumal wenn er solches nicht guter Meynung / nemlich deß Teufels Bosheit den Leuten vor Augen / und in die Betrachtung / zu mahlen / thut; sondern nur zu dem Ende / daß er seine eigene Bosheit und Triegerey / mit der Bosheit deß Teufels / verlarven / und den Leuten einbilden möge /er sey es nicht / sondern ein teuflisches Gespenst /von dem dieser oder jener abentheuerlicher Handel herrühret.

Mit solcher Verlarvung / oder Stellung / pflegen manche Huren und Buben ihre unzüchtige Gänge verbergen / wie nicht weniger ihre Verwandten / die Diebe mit solcher List sich gern behelffen. Allein es mißlingt ihnen offt häßlich: und indem sie / durch ihre betriegliche Anstalt / die Leute bereden wollen / es sey der Fürst der Finsterniß vorhanden / damit sie desto unvermerckter ihre Wercke der Finsterniß treiben können / und selbige nicht mögen vom Licht beschämet werden; fallen sie mehrmaln dem Fürsten der Finsterniß plötzlich heim / durch einen unseligen Tod / oder sonst in Schande und Spott.

Es seynd nun bey die 40 Jahre / und drüber / daß /in einer fürnehmen Reichs-Stadt / deß Nider-Teutchlandes / in einem ansehnlichem Hause / etliche leichtfertige Gesellen eine eben so leichte Dirne / nemlich die Köchinn / zu Nachts besuchten / und mit derselben ihre Leichtfertigkeit trieben. Weil nun die ehrliche und guthertzige Schwester ihren Buhlern eine ehrliche Vergeltung / für die leistende Courtoisie und Freundschafft / gönnete: legte sie es / mit ihnen / an /daß sie / in der Stuben / und in einem andren Zimmer / ein grosses Geräusch machen solten / indem sie /gegen ihrer Herrschafft / sich gantz erschrocken und furchtsam stellete / und über gosse Verunruhigung von Gespenstern klagte. Die guten Leute beharreten auch / etliche Tage / in diesem Wahn / als ob würcklich einige Poltergeister im Hause rumorten: und ward die gantze Stadt dieses Gerüchts voll. Indessen packten die vermeynte Gespenster Eines und Andres an; blieben aber endlich / weil man / auf Einrahtung andrer kluger Leute / im Hause / und vor der Thür /Wachten gestellet / aus. Weil aber diese saubre Köchinn etwas von ihrer Herrschafft Gerähte für sich behalten / und oben / unter den Dachlatten deß Hauses /versteckt hatte; welches man / im Nachsuchen / gefunden: wuchs der Verdacht auf sie dergestalt / daß man sie setzen / und mit peinlicher Folter examiniren ließ. Hierauf entdeckte sie Alles / bekam / zur Vergeltung /einen blutigen Staup-Besem / und musste zur Stadt hinaus.

Vor nicht vielen Jahren / hat auch das betriegliche Gerücht einem ansehnlichem Hause ein Gespenst angetichtet: wovon doch unterschiedliche fürnehme Einwohner das geringste nicht gespührt. Da nun einsmals auch ein Baron gewisse Gemächer darinn bestanden; ist dessen Knecht etliche Mal der Köchinn / im Hemde / vors Bette gekommen / um derselben einzubilden / er sey ein Gespenst. Und weil er sie etliche Mal nacheinander also geschreckt: hat sie dem Herrn geklagt / daß gemeinlich um Mitternacht ihr eine weisse Gestalt erschiene / und grossen Schrecken einjagte. Der Baron befihlt / sie solle nur schweigen / er wolle ihr / für dem Gespenste / schon Ruhe verschaffen. Hierauf hat er dem Knecht etliche Mal aufgepasst / biß er ihn endlich / in seinem gespenstischem Aufzuge / erwischt / und mit einem Prügel dermassen gebräunet / daß er / mit Zeterschreyen / deutlich genug bekennen müssen / er wäre kein Gespenst. Folgenden Tags / hat er auch fort gemüsst.

Mit diesen / und dergleichen grundlosen Gründen /vermeynen sie dieses zu behaupten / daß keine Gespenster seyen: Und seynd darinn ziemlich nahe Vettern der alten Sadducæer / die gar keine Engel / noch Geister / glaubten; imgleichen deß Democriti, Averrois, und der gantzen Peripatetischen Schul; welche wähnten / die Geister wären nichts anders / denn böse Affecten deß Gemüts / als Neid / Geitz / Ehrgeitz /Untreu / und dergleichen. Sie seynd auch der Epicuræischen Philosophiæ Adjuncti, und deß Cassii Wahn-Erben. Denn dieser wollte gleichfalls Brutum, als derselbe / wegen deß ihm erschienenen Moren-Gesichts / sich bestürtzt spühren ließ / bereden / es bestünde Alles in blosser Einbildung / was man von Erscheinung der Geniorum, und Gespenster / redete; die menschliche Seele könnte ihr selbsten / wie im Traum / also auch im Wachen / allerley Bildnissen vorstellig machen: Sollten je dergleichen Geister seyn / so hetten sie doch weder die Gestalt / noch Stimme der Menschen / noch eine solche Krafft / die biß zu uns reichte. 5

Allein alle diese Einwendungen / und vermeynte Beweisthümer / wägen weniger dann nichts: und beruhen einig allein hierinn / daß viel Leute / entweder durch falsche Einbildungen / oder Gesichts- und Gehör-Fehler / oder durch spitzbübische Verstellung eines Possenreissers / können betrogen werden. Denn aus gleicher Folgerey könnte man schliessen / weil es viel Narren / in der Weltg / äbe / so müssten keine weise Leute darinn seyn: Weil viel falscher Müntze könnte gepregt werden / so müsste keine gute Müntze jemals gewesen seyn: Weil mancher eine falsche Einbildung hette / könnte niemand eine warhaffte haben: Weil das Auge / oder Ohr / manches Mal irret /müsste es allezeit fehlen; oder auch alle Leute einen Fehler / in den Augen / oder am Gehör haben / weil nicht Wenige übel sehen oder hören / und sich also leichtlich betriegen.

Was / wegen der Furchtsam- und Leichtgläubigkeit mancher Leute / sonderlich der Weibsbilder / dieser unverschämten Gespenst-Leugnung vorgeschützt worden / ist eben so wol nur ein papierner Schild. Wann lauter Weibern oder furchtsamen Knaben / oder leichtgläubigen oder wahnsüchtigen Leuten / die Gespenster nur erschienen; so würde solcher Einwurff noch ein Färblein gewinnen / und nicht so gar ungestalt seyn. Es haben auch etliche heidnische Sonderlinge eben dergleichen kalen Mantel ihrem Eigensinn unigewickelt: Wie man / beym Plutarcho, lieset / da er das Gespenst Dionis beschreibt / und dabey gedenckt / daß diejenige / welche dergleichen Gespenst-Erblickungen für nichts halten / sich vernehmen lassen / es komme keinem behertzten Menschen ein Geist / oder Gespenst / vor Augen; sondern die Knaben / die Weiblein / und bey ihrer Leibsschwachheit fablende Leute folgen hierinn andrer Leute ungereimten Meynungen / indem sie gantz abergläubisch gläuben / ein böser Geist sey auf sie zugegangen. 6 Aber eben derselbige Author erzehlt gleichwol eben daselbst / daß der Genius (das ist / der Natur- oder Geburts-Geist) dem Dioni und Bruto einen Todes-Fall angezeigt. Und das waren trauen! keine kleinmütige /oder furchtsame; sondern großmütige / ernsthaffte /gravitätische / und in der Philosophia wolerfahrne /Männer: welche nichts destoweniger / die Erblickung eines Gespenstes ihnen so tieff zu Gemüt gezogen /daß sie / deßwegen aller bekümmert / ihren guten Freunden angezeigt / was sie gesehn.

Plinius, der Jüngere / war gewißlich ein Mann von grosser Gravität / Authorität / und hohem Verstande. Dennoch fragt er seinen gar gelehrten Freund /Suram, um seine Meynung / ob es Phasmata, 7 oder gespenstische Erscheinungen / gebe / und ob Sura dafür halte / daß sie ihre eigene Figur / und göttliche Krafft haben? oder ob sie nur / von unsrer furchtsamen Einbildung / ihre Bildung empfahen / und an sich selbsten nichts seynd? Dabey erklährt er zugleich seine Gedancken; nemlich / daß er glaube / es seyen in rechter Warheit würckliche Gespenster / und durch dreyerley Geschichte dazu bewogen werde. Als erstlich / durch das Gespenst / welches dem Curtio Rufo zu Gesicht gekommen / in Gestalt eines übermenschlichgrossen und schönen Weibes / das zu ihm gesagt /Sie wäre Africa: Hernach / durch den Polter-Geist /der in einem unheimlichem Hause / zu Athen / demAthenodoro, erschienen: Und drittens / durch zweyerley Exempel / die / in seinem Hause / geschehen. Denn es hat seines Freygelassenen und etlicher Massen gestudirten Marci, jüngerer / und bey dem grösserem auf einem Bette ligender / Bruder gesehn / daß Einer auf dem Bette sitzend ihm ein Scheermesser an den Kopff gesetzt / und auch würcklich ihm von seiner Scheitel das Haar abgenommen. Nachdem es Tag geworden / hat man auch seine Scheitel würcklich beschorn gefunden / und das abgeschnittene Haar auf der Erden. Uber kurtze Zeit hernach / ist dieses /durch eine andre gleichmässige Abentheuer / beglaubt worden. Denn indem ein Junge in der Knechte Schlaffkammer / unter den andren / gelegen / seynd zween Geister / in weissen Kleidern / durchs Fenster gekommen / welche ihn beschoren / und hernach wieder durchs Fenster zuruück gekehrt. Diesen Jungen hat man / deß Morgens / beschorn / und die verstreut umher ligende Haare / gesehn.

Plinius vermutet / es dörffte vielleicht bedeutet haben / daß er / Plinius, nicht würde gerichtlich / auf Leib und Leben / angeklagt werden. Denn / so Domitianus länger hette gelebt / zu dessen Zeiten diese gespenstische Barbiererey vorgegangen / würde er schwerlich beym Leben geblieben seyn: angemerckt /in dessen Scatullen ein Klag-Libell gefunden worden /so Einer / Namens Carus, wider ihn eingegeben: woraus er vermutet / das abgeschnittene Haar seiner Knechte sey ein Zeichen gewest / welches so viel bedeutet habe / daß er die bevorstehende Gefahr hette überstanden: weil diejenige / so man aufs Leben angeklagt hat / oder zum Tode verurtheilt / das Haar vorn herab hangen liessen. 8

Wie unfolgbar aber der Schluß sey / welchen man ziehen will / von dem Betruge / oder Possen-Spiel derer / die sich in ein Gespenst verstellen / um die Leichtgläubige damit zu erschrecken / und zu vexiren / ist oben schon zur Gnüge bewiesen: Und kann auch mit diesem Beyspiel beleuchtet werden / daß der Teufel sich offt / in einen Engel deß Liechts / verstellet. Denn so wenig solcher Betrug deß Teufels erweiset /daß keine Engel deß Liechts seyen; so wenig erweiset auch die vexierische Vorstellung eines Gespenstes dieses / daß nie kein Gespenst sey.

Noch eines Einwurffs / welchen auch Manche gebrauchen / hette ich schier vergessen. Sie sagen / daß Ihrer Viele / mit grossem Fleiß / sich bemühet haben /mit dem bösen Geist in Kundschafft zu kommen / und doch nicht dazu gelangen können. Diesen begegnet der gelehrte Geardus Vossius, mit solcher Antwort:Est, ubi Deus non permittat: ut præcipuè in Potentibus, ne nimiùm orbi incommodent. Est, ubi Dæmon tale refugiat consortium. Nec enim omnes æquè ei conducibiles; sed vix alli, quàm simplices & creduli; cujusmodi ferè mulieres; vel affectibus planè mancipati, ut qui libidine, aut vindictæ studio, æstuant: qualibus faciliùs illudit, atque abutitur. Das ist: Jemaln lässt GOtt es nicht zu / (nemlich daß der böse Geist ihnen erscheine / und mit ihnen einen Bund mache) als fürnemlich bey mächtigen Herren: damit dieselbe hernach der Welt nicht allzu gro ssen Schaden thun mögen. Jemaln fliehet der Teufel auch selbst solche sichtbare Gemeinschafft. Denn es seynd ihm nicht alle gleich hiezu anständig; sondern kaum andre / als einfältige und leichtgläubige Leute (dergleichen Art gemeinlich schier die Weiber seynd) oder solche /die ihren Gemüts-Regungen sclavisch ergeben seynd / als die von geyler Begierde / oder Rachgier brennen. Denn solche betriegt und mißbrauchet er am leichtesten. 9

Ich halte aber dafür / der Satan begehre sich solchen Ruchlosen manches Mal darum nicht zu zeigen: weil sie vorhin schon / in seinen unsichtbaren Netzen / verstrickt ligen / und heimlich gar keinen Teufel /viel weniger ein Teufels-Gespenst / gläuben; aber /wann er sich ihnen zeigte / leicht andres Sinnes / und zur Bekehrung geschreckt werden dörfften. Solches Gelichters muß jener Gasconier gewest seyn / welcher / in dem vorigen Frantzösischem Kriege / besage der Histori deß verwirrten Europens / ausser Amesfort in der finstern Nacht / nebenst Andern reisete / und sich verlauten ließ / wie er weder einen GOtt / noch Teufel / noch Helle / noch Himmel / weder Geist noch Engel glaubete; weil er von ihnen noch keine Würckung gesehen hette; ob er gleich gantz Europa mehrentheils durchgereiset wäre. Und damit er dieser seiner Rede mehr Glaubens machen mögte; stieg er vom Pferde /ging in einen dicken Busch / und rieff überlaut: So fern ein GOtt ist / oder ein Teufel / oder Engel /oder Geist oder dergleichen / es mag Namen haben wie es wolle / der komme hieher / und rede mit mir!

Hie dörffte Mancher sich / von solchen Ruchlosen /gleichwol aussondern / und sagen / es sey darum Einer gleich kein solcher Atheist / wann er schon kein Gespenst gläube. Wie ich dann selber etliche / so wol mittelmässige / als fürnehme Personen / habe sagen hören / sie mögten denn doch wol ein Gespenst sehen; hetten solches schon offt gewünscht / aber niemals ihren Wunsch erreicht / und derhalben keine Ursach /ein Gespenst zu gläuben. Allein ob gleich solche Leute noch keine Atheisten alle seynd; so rucken sie ihnen doch ohne Zweifel gar nahe / entweder mit einem rohen Lebens-Wandel / oder ungläubigem Mißtrauen gegen der H. Schrifft / (wie bald hernach weiter soll erklährt werden) und haben Ursach / diese Zeilen eines fürnehmen Theologi / in gewisser Masse / auch auf sich zu ziehen: Daß etlichen Fürwitzigen etc. schliessen / es seyen gar keine etc. Geister /folglich sey auch die Schrifft falsch; welches die rechte Bahn zum endlichen Atheismo, und Verleugnung alles Christenthums ist / ob sie schon suchen / daß sie Gespenster sehen mögten / auch wol solchen Orten nachziehen / dergleichen nicht zu Gesicht kommt / und sie also keine antreffen können; mögte man / als ein Göttliches Gericht /und zugleich List deß Satans / ansehen / daß er sich von solchen nicht sehen lässt / und vielmehr sie / in ihrem Unglauben oder Sicherheit / auf die Weise stärcket / GOtt aber über sie dergleichen zulässet / weil sie sich seiner Furcht entzogen /und also fernerer Gnade unwürdig gemacht haben. 10

So ist demnach das Gespenst keine betrogene Einbildung / oder blosser Wahn / noch Irrthum / noch Possen-Spiel; sondern ein würcklicher und wesendlicher Geist: der in mancherley Gestalt sich sehen / oder ohne Sichtbarkeit mit einem Gepolter / oder mit blosser Stimme / hören und vernehmen lässt / von Leuten / die bey gesunder Vernunfft / und durch keine falsche Einbildung betrogen seynd. Dieselbe werden / von theils Arabern / gantz alberner Meynung / für keine purlautere Geister / sondern für halbe Teufel und halbe Menschen / geachtet; welche aus der Vermischung Ablis / deß obersten Teufels / mit deß Adams seiner ersten Frauen / Lilit / erzeugt worden (welche Fabel ein Mahometaner aus den Jüdischen Büchern /den Arabern bey gebracht) und von Etlichen / für abgesonderte Seelen der Menschen; von Etlichen / solche Geister / geachtet werden / die / weil sie den Adam nicht verehren wollten / von GOtt verdammt seynd. Andre Araber fabuliren / die Geister seyen vonMargi und Margia geboren; gleich wie die Menschen von Adam und Eva: und selbige Margia habe 31. Eyer geboren / daraus eben so vielerley Geister / oder Gespenster gebrütet worden. Welche alberne Träume ich allhie nicht ausführlicher erzehlen mag.

Die Römisch-Catholische sagen / das Gespenst sey entweder ein englischer / oder teuflischer / oder menschlicher Geist / nemlich die entweder selige /oder im Fegfeuer noch begriffene / oder verdammte Seele eines Verstorbenen. Von den Protestirenden /die den heiligen Engeln den Namen eines Gespenstes nicht leichtlich zueignen / werden die Gespenster / für verdammte Teufels-Geister / geachtet; von den West-Indianern / theils für gute / theils für böse Götter. Bey den alten Heyden wurden sie entweder für den guten /oder bösen Genium, (das ist / Geburts- und Natur-Engel) jedwedes Menschens / oder jeglicher Nation /angesehn.

Ob nun gleich die Meynungen / von der Gespenster Natur und Wesen / so unterschiedlich fallen: dienet doch gleichwol / zur Vergewisserung der Gespenster /dieses / daß schier kein Land / noch Volck / unter der Sonnen / welches nicht von Gespenstern zu sagen wisse: und vereinigen sich alle Zeiten der Welt / auf den Schluß / daß es würckliche Erscheinungen gebe: ohnangesehen sie nicht alle einerley Urtheil davon gefellet. So haben auch gar viel alte Heiden ihren Schrifften / manche denckwürdige Begebenheiten davon einverleibt; auch viel gelehrte und verständige Christen Römisch-Catholischer / Evangelischer und Reformirter Religion / nicht wenig gespenstische Händel in die Feder gefasst; als / unter andren der berühmte Jesuit Delrio, in seinem gelehrten Werck /welches er Disquisitiones magicas titulirt / Petrus Binsfeld de Magis; Tyræus de Magia; Leo Allatius; von den Irrwischen; Bisciola, von der ErscheinungSamuelis, Hor. subcesivis lib. 1. c. 4. Guyón de divers. Leçns Tom. 2. f. 300. & Tom. 3. f. 651. Malleus Maleficar. Besoldus de Sepultura. Gruterus Thesaur. practic. Tom. 2.f. 1423. P. Villingan. in Tr. de Dæmonibus sublunar. Speidelius in Notabilibus, Martinus Zeilerus, in den traurigen Geschichten / und sonst anderswo auch: Lavaterus; P. Kircherus in Mundo subterraneo; P. Schottus in Physica Curiosa; P. Balbinus in Miscellaneis Bohemicis, Voetius, Freudius, und fast unzehlich Andre mehr. Denen auch alle heilige Kirchenvätter beystimmen.

Und gesetzt / es hette sonst keine Feder solches bezeugt; so werden doch die Gespenst-Vernichter und Widersprecher / durch die Feder des Heiligen Geistes / einer unverschämten Eigensinnigkeit überführt. Denn dieselbe schreibt / mit hellen und klaren Worten / die Jünger des HErrn hetten gemeynt / daß sie ein Gespenst sähen. Nun ist mir bekandt / daß die Widersprecher vorwenden / diß gelte für keinen Beweis /weil sichs die Jünger nur so eingebildet. Aber welch eine liderliche / kale / und nichtige Ausrede ist doch das! Wenn nur bloß allein wie beym Mathæo / am 14 / stünde / die Jünger hetten gesagt / Es ist ein Gespenst; so möchte solches eitle Fürgeben noch ein wenig gefärbter heraus kommen. Aber S. Marcus giebt es also: sie meyneten / es wäre ein Gespenst /und schrien. (Marci 6. v. 49.) Welche Rede unwidertreiblich zu verstehen giebt / es gebe Gespenster: Denn wann man spricht / Er meynet / er sehe einen Wolf / oder höre ihn / im rauschenden Gepüsche; fehlet aber / und hat einen Schafrüden gesehn: Der versteht und bekräfftigt hiebey / ohn allen Zweifel / daß man / in den Wäldern / auch Wölffe finde. Wenn dort / im Buch der Richter / am 9. Cap. der Sebul zum Saal sagt; Du siehest die Schatten der Berge / für Leute / an: so præsupponirt oder setzet er voraus / als eine Gewißheit / daß Leute in der Welt seynd. Und wie kann doch diese so vergebliche Ausrede Farbe halten / für der Erzehlung S. Lucæ: Sie meyneten /sie sähen einen Geist: Da der HERR den Jüngern zwar den Wahn / als ob sie würcklich anjetzo nicht Ihn / sondern einen Geist / oder Gespenst / erblickten / benimt; doch aber mit einem solchem Beweis / der zugleich bestätigt / daß jemaln Geister (oder Gespenster) würcklich erscheinen: indem Er sagt / Ein Geist hat nicht Fleisch und Bein / wie ihr sehet / daß Ich habe.

Und wann alle Gespenster ein Geticht falscher Einbildung / oder Vexiererey wären / so müsste die Göttliche Warheit gar sehr fehlen / indem Sie / durch den Mund Esaiæ / weissagt: Feld-Geister werden da (zu Babel) hüpffen. (Esa. 13. v. 21.) Ein Feld-Teufel wird dem andren begegnen. Der Kobald wird auch daselbst herbergen / und seine Ruhe daselbst finden. (Esa. 34. v. 14.) Moses beschuldigt die abtrünnige Israeliten / an zweyen Orten / daß sie den Feld-Teufeln geopffert haben. 11 Wenn dieser Mann GOttes dadurch nur ins gemein die unsichtbare Teufel / und keine Gespenster verstünde; hette Er sie nicht Feld-Teufel genannt / weil sie / im Felde / sich unterweilen sehen / oder hören / und mercklich spühren liessen. Daher auch die Erklährer sagen / daß es Teufel gewest / welche sich / in Gestalt rauher und ungeheurer Gespenster / manches Mal / in wüsten Feldern / sehen lassen.

Es mag gleich die Erscheinung Samuels / nach Römisch-catholischem Verstande / für die Seele Samuels / oder nach evangelischem / für ein Teufels-Gespenst /genommen werden: so muß es doch / für eine recht würckliche Erscheinung eines Geistes / erkennt werden. Und das Buch der Weisheit bezeugt / daß den Aegyptern scheußliche Larven erschienen / und sie /durch grausame Gespenster / umgetrieben / worden. 12

Mancher meynt / er habe sich trefflich wol damit verantwortet / und allem Schatten / geschweige denn dem Schein / eines Atheisterey-Verdachts völligst entnommen / wenn er spreche / die Gespenster machen keinen absonderlichen Glaubens-Articul; darum sey man auch / solche zu gläuben / nicht verbunden. Aber / mein lieber Freund / wie wann es eine eingeflochtene oder implicirte Atheisterey wäre? Wie / wann Solcher (der nemlich / ohn Unterscheid / alle die Gespenster leugnet) woferrn er anderst die H. Schrifft gelesen /alle Articul deß Christlichen Glaubens von ihrem Grunde wegrisse / und auf einen ungewissen Triebsand setzte? Wer mir einen einigen Spruch Göttlicher Schrifft (wissentlich) widerspricht / oder denselben für ein Geticht achtet; der schreibt der H. Schrifft eine Unwarheit zu. So die mich aber / in einem Stück / bekriegt / muß ich alle. Glaubens-Articul / die weder mit blosser Vernunfft / noch Sinnen / sich begreiffen lassen / in Zweifel stellen. Wer also den Grund deß Glaubens verdächtig macht / und mit einem Zweifel an einem einigem Wort / das durch den Mund GOttes gegangen / schwanger gehet; der gebiert ihm selbsten ein wolbefugtes Mißtrauen / bey allen vernünfftigen Christen / ob er auch die hochwigtigsten Glaubens- Articul Hertz-gründlich / und nicht nur obenhin /gläube.

Es werden ja auch solche Leute zu allen Zeiten /widerlegt / durch die peinliche Bekenntnissen der Hexen / und unpeinliche Aussage solcher Leute / welche / von den Teufflischen Bündnissen / wieder aus-und zur Bekehrung / treten: sintemal dieselbe allesämtlich berichten / wie ihnen der Satan so und so erschienen: Und die derbe Stössel welche er ihnen alsdann giebt / weisen gnugsam aus / daß es keine blosse Einbildung.

Zu dem erfähret mans / durch andere vielfältige Vorfälle / daß es mit den Gespenstern / kein blosses Schatten-Werck leerer Gedancken sey. Die blau- und braun-gezwickte Mäler der guten Edelfrauen zu Gehofen hette Ihr keine blosse Einbildung geben können.

Mancher muß es nicht nur sehen / sondern auch wol redlich fühlen daß die Gespenster kein Schertz der Gedancken seynd. Als man zu Cölln / die jenige /welche man für die Anstiffter der Unruh / darinn selbige Stadt vor etlichen Jahren gesteckt / ausgegeben /im J. 1685. zu gefänglicher Hafft gezogen: ist zu einem derselben / nemlich dem Saxen / welcher auf der Ratinger Pforten lag / ein Gespenst gekommen /so ihn bey den Haaren aufgezogen / und ihm einen Schlag in die Seiten gegeben / daß man das Mahl-Zei chen der Finger hernach noch hat sehen können.

Wie man schrieb 1686. begab sich / zu Helsignör /in Dennemarck / dieser seltzame Fall. Ein / daselbst wohnhaffter / Burger wölte / vor Mittags / um 8. Uhr / seinen / hinter dem Hause habenden / Lust-Garten besuchen / um allda ein junges Bäumlein an dem bretternen Zaun zu befestigen: ward aber darüber / von einem Gespenst / angefallen / und dermassen gezauset / daß er / unter dem gantzen Angesicht / gantz blutrünstig / und hiernechst über ein Stacketen-Werck / in seinen Küh-Stall / geführt ward: woselbst ihn endlich der Geist verlassen. 13 Solche gute Püffe bereden das menschliche Gefühl genugsam / daß es / von keiner falschen Phantasey / sey getroffen worden. Eine schier der gleichen Erfahrung hat Martinum Schookium, weiland Professorem honorarium zu Franckfurt an der Oder / unterrichtet / daß die Gespenster keine eitle Sinnentäuscherey wären. Dieser gelehrte Mann kam einstens / auf der Reise / in ein Wirths-Haus; kunnte aber / weil dasselbe schon mit Leuten war angefüllt /kein anders Nacht-Quartier bekommen / als in der Mittel-Stuben: darinn Niemand / zu übernachten /verlangte; weil es / deß Wirths eigener Anzeigung nach / allzu unsicher darinn war. Schookius, seines Grundsatzes eingedenck / nemlich / daß keine Gespenster zu gläuben / befahl / dessen ungeachtet / man solte ihm / als der sich nicht fürchtete / nur das Bette allda aufmachen: und legte sich / nach eingenommener Mahlzeit / zur Ruhe. Aber / um Mitternacht / geht der Lärm an / und kommt Jemand zur Stuben hinein gepoltert / marschirt fein gerad in die Kammer / nach dem Bette zu. Der gute ehrliche Schookius vergaß hierüber aller seiner Hertzhafftigkeit / erschrack recht von Hertzen / und verkroch sich / vor Angst / mit allen seinen Principiis, unter die Decke.

Das Gespenst aber / welches in einem alten Teutschen Kleide / und in Gestalt eines / vor diesem allda erstochenen / Soldatens / aufzoch / wollte ihm seineDubia recht aus dem Grunde solviren; hebte derhalben die Decke auf / nahm Schookium heraus / stieß ihn unter das Bette / und legte sich hinein an seine Stelle. Nach einer Stunden aber / stund es auf / und trollete sich wieder davon. Indessen befand sichSchookius in tausend Aengsten / und lernete beten. Als aber kein Gespenst sich mehr mercken ließ /kroch er hervor / legte seine Kleider an / ging hinunter / und bezahlte den Wirth. Dieser / der seine Veränderung wohl merckte / fragte / ob er kein Gespenst hätte gespührt? Er antwortete: Wer weiß / wer mir den Schabernack gethan: Doch ist er nachmals nicht mehr so verwegen gewest. 14

Es stellen sich aber die Gespenster (durch welche ich allhie eigentlich die böse / und keine gute Himmels-Geister / verstehe) in vielerley Gestalt vor; er scheinen / bald wie ein Mensch / bald wie ein Thier /Vogel / oder sonst etwas: allerdings wie die Poeten dem Proteo anzutichten pflegen / daß er sich / in allerley Figuren / könne verstellen. Wiewol darunter ein geheimer Verstand steckt. Dann Etliche wollen / es sey diß Geticht entsprossen / von der Aegyptischen Könige Manier: welche / wie Diodorus Siculus meldet / auf dem Haupt das Bild eines halben Stiers /oder Drachens / als ein Zeichen der Herrschafft geführt; bißweilen aber auch wol einen Baum / oder eine Feuer-Flamme / oder allerley lieblich-riechende Specerey / und Balsam. Womit sie nicht allein sich zu zieren / sondern auch / bey den Auschauenden / eine Furcht / und abergläubische Verehrung / suchten. Daher die Fabel soll entstanden seyn / der Proteus (welcher ein König in Aegypten war) könnte sich verändern in Alles / was Er auf dem Kopffe trüge. Plato ziehet es / auf den Betrug / welchen die Sophisten im disputiren gebrauchen; Der Poet / Horatius / auf den wandelbaren Sinn des Pöfels; Virgilius / auf den Verstand / welcher sich gleichsam in allerley Gestalten verbildet. Von der Viel-Verstellung Protei / reden diese seine Verse:


Verùm, ubi correptum manibus vinclisq; tenebis,
Tum variæ illudent species, atq; ora ferarum.
Fiet enim subitò sus horridus atraq; tigris,
Squamosusq; Draco, aut fulvâ cervice leæna:
Aut a crem flammæ sonitum dabit: atq; ita vinclis
Excident: aut in aquas tenues dilapsus abibit. 15

Ein rechter Proteus mag am füglichsten der Satan getituliret werden; wie er / auch auf dem Titel dieses Buchs / beydes den Namen / und das Konterfeyt des Protei führet: sintemal er nicht allein seine verborgene Tücke / mit allerley Farben gar scheinheilig anstreicht und zieret / sondern auch die Menschen / mit mancherley gespenstischen Gestalten betriegt / oder vexirt / und das Bild seiner Erscheinung allezeit zu seinem Vorhaben richtet / oder verändert. Solcher seines betrieglichen Gestalt-Wechsels gedenckt Remigius / und schreibt: Anfangs / wenn die bösen Geister einen Menschen erstlich anreden (und vertraulich machen wollen) begegnen sie Ihm gern / in menschlicher Gestalt: damit er / über den ungewöhnlichen Anblick /sich so leicht nicht entsetze / und daß sie bey ihm das Ansehen eines reputirlichen Wesens gewinnen / folgends ihre Worte desto mehr Glaubens und Authorität erwerben mögen. Wann man aber ihrer gewohnt worden / und die Furcht und Entsetzung sich verloren; so verwandelen sie sich / nach dem die Zeit und ihr Vortheil erfordert / bald in dieses / bald in jenes Thier 16 als in Hunde / Katzen / Ratzen / Leuen / Bären /Wölffe / Schlangen / Drachen / und dergleichen: wie wol sie / wenn es auf keine zauberische Verbündniß angesehen ist / auch wol gleich alsofort / wie ein Hund / Rab / Schlange / oder Feuer-speyender Drach /oder in andrer abscheulicher Figur / sich sehen lassen.

Es regieren aber die Gespenster gemeinlich gern /an solchen Oertern / da Mord und Todschlag geschehen / da ein grosses Blut-Bad vorgegangen / oder noch obhanden ist; oder da etwan verzweifelte Leute sich selbst umgebracht; oder wo sonst grosse Sünden / als Unrecht / und andere grobe Laster / häuffig verübt worden. Sie lassen sich nicht allein an einsamen Oertern / im Walde / Felde / und Wasser / und manchen Häusern / sondern auch wol / auf Göttliche Zulassung / bißweilen bey Nacht-Zeiten in den Gottes-Häusern / spühren. Wie sie denn sonderlich entweder bey Nacht / oder in Mittags-Stunden / gegen heilige Zeiten / ihr Gepolter und Gauckeley gerne treiben. Dannenhero auch Etliche die lemures, oder Polter-Geister / so von den Chaldäern / יליל (Lilin) genannt werden / herleiten wollen von dem Hebräischen Wort ליל (Lajil) welches Nacht bedeutet. Man lässt hie dem Helmontio seine eigene Phantasey allein / nach welcher er vermeynt / daß die bösen Geister / in der tuncklen Nacht / ihr Spiel am liebsten haben / möge etwan wol daher kommen / weil sie vielleicht etwas haben / welches zum sehen / mit unsern Augen / überein komme etc. und / unter diesen Geistern / mögen wol etliche Nacht-sehende gefunden werden; gleich wie etliche stumm seynd: welche / auf Art der Fleder-Mäuse / gleichsam bey der Sonnen blind seynd / und deßwegen viel lieber / in der tuncklen Nacht / erscheinen. 17 Ohne Zweifel / rumort das Gespenst darum gern bey Nacht / oder um die Mittags-Zeit; weil /durch Einsamkeit / Furcht und Schrecken sich vergrössern.


Denn in der Mittags-Stunde befinden sich die meisten Leute beym essen: daher der Mensch welcher alsdenn ein Gespenst erblickt / desto furchtsamer werden / und desto hefftiger erschrecken kann; weil er keine Gesellschafft um sich hat. Und in der Nacht ligen andre Leute gemeinlich im festen Schlaffe: deßwegen der jenige / welcher allein noch auf ist / eben so wol alsdenn ein desto grössers Grauen empfindet. Uberdas fällt sonderlich die nächtliche Finsterniß den bösen Geistern sehr bequem / dem Menschen Furcht und Grauen zu erwecken: weil der Schatten und die Tunckelheit allezeit unleutseliger / und zur Entsetzung geneigter / als der Tag; die Finsterniß unholder / als das Licht: indem die Augen alsdenn so frey um sich zu schauen verhindert werden / und also in dieser oder jener Ecken eine Hinterlist besorgen. Zudem ist der Satan ein Fürst der Finsterniß: derhalben er lieber die Nacht / als sein Vorbild / weder den Tag / zu seiner Büberey erwählt. Wiewol bißweilen auch diese Neben-Ursach darunter stecken mag / daß er die Gestalt / bey Nacht / vermittelst deß Schattens / düsteroder entsetzlicher ausbilden / oder die Ungeschicklichkeit seiner angenommenen Figur besser / vor den Augen der Menschen / verbergen kann / als am Tage /da deß Menschen Auge die Sache viel genauer erkennet / weder in der Nacht.

Vielmals lässt sich auch das Gespenst gern sehen /oder aufs wenigste durch ein Geräusch / oder Getöß /hören / in der Stunde / da Einer sterben soll: um die Leute / in der Andacht / irr und kleinmütig zu machen / oder damit zu verspotten / oder auch ihnen zu weisen / daß ein Geist den Todesfall vorher schon gewusst.

Denn die bösen Geister trachten / durch ihre Erscheinung / und Getös den Menschen zu erschrecken. Wiewol sie / nach Beschaffenheit der Person / mehr /als einerley / darunter suchen; nemlich die Leute / zur Vertraulichkeit mit ihnen / zum Mißtrauen an GOtt /oder in falschen Wahn / und Unglauben / zu verleiten / bißweilen auch wol durch einige Vorverkündigungen / bey den Leuten sich verwunderlich zu machen /und dieselbe / zur Erfragung künfftiger / oder verlohrner / Dingen / anzulocken; oder auch / auf Anstifftung der Unholden / ihnen überlästig zu seyn / ihr Haus verschreyt zu machen / oder sonst einigen Schaden zu stifften. Und solches verhengt der gerechte GOtt / den Frommen zur Bewehr- und Ubung ihres Glaubens /und Gebets; imgleichen zu desto mehrer Fürsichtigkeit in ihrem Wandel: weil sie hieran desto mehr Spiegels haben / wie der Satan umher gehe / und auf die Menschen Acht habe / gleichwie dort auf den Gottseligen Hiob. Den Gottlosen geschicht es aber zur Straffe / und sonderlich den Atheisten / entweder zum Nachdencken / und Erschreckung / oder zukünfftiger stärckerer Uberweisung ihrer Ruchlosigkeit.

Hievon findet der geneigte Leser / in gegenwärtigem Buch / manche denckwürdige Geschichte / deren hauptsachlichen Inhalt nachgehendes Ordnungs-Register eröffnet. Dieselbe werden ihm hoffendlich seine Zeit / ohne Reu / kürtzen. Unter solchen befinden sich etliche / dazu ich / aus gewissen Ursachen / meine Meynung nicht setzen sondern sie bloß nur erzehlen wollen: ob ich gleich dieselbe nicht für Getichte halte. Insonderheit bitte ich / mir dieses / was ich am 628. Blat / von der Engel Erleuchtung in Gottes Angesicht / gedacht / nicht also aufzunehmen / als würde ihnen hierdurch eine Wissenschafft aller Dinge zugeschrieben; sondern die folgende Zeilen dabey anzusehen /durch welche ihre Erkenntniß limitirt und begrentzet wird.

Denn ob ich gleich allda geschrieben / daß die Engel / wo sie gleichsam gehen und stehen / von GOttes Angesicht erleuchtet werden / das ist / in GOtt / Alles augenblicklich erkennen / sehen /und erfahren können etc. steht doch dabey / was sie wissen und erfahren sollen. Eben also / und nicht anderst verstehe ich auch dieses / was am 629. Blat gesetzt ist; nemlich daß ein Engel der Freuden geniesse / vor GOttes / ihm überall gegenwärtigem / Angesicht andrer Menschen Beschaffenheit zu erkennen. Denn daß ein Engel GOttes Angesicht allezeit sihet / begreifft unter andren diese Gewißheit /daß er Alles / aus der Göttlichen Weisheit / erfährt /was er wissen soll. Angeli, sagt Augustinus, videndo legunt: vident enim ipsam Veritatem, & illo fonte satiantur, unde nos irroramur. Serm. 9. de Diversis etc. Und das ists / was auch das schöne alte Kirchenlied singt:


Qui tuæ lucis radiis vibrantes
Te vident lætis oculis, tuasque
Hauriunt voces, Sapientiaque
Fonte fruuntur.

Die Leutseligkeit des höfflichen Lesers / dem ich vielmehr der holdseligen heiligen Fron-Geister /weder der bösen Geister / Anblick wünsche / lasse mich / und diese Schrifft / seiner beständigen Gunst stets ein zeschlossen verbleiben / und lebe glücklich!

Fußnoten

1 Virgil. lib. 7. Æneid.

2 Philippus Cominæus lib. 1. de Gestis Ludovici XI.sub finem.

3 Chieza Hist. Peruanæ p. 2. c. 30.

4 Apud D. Clementem Weigelium, in seinem Entwurff deß Italiänischen Paradises / am 264. Bl.

5 Vid. Plutarchus in Bruto.

6 Plutarch. in Dione.

7 Phantasmata steht zwar / in den gedruckten Editionen: aber Casaubonus, und Tomasius wollen /man solle Phasmata dafür lesen: weil Phantasma nur ein leeres Gesicht / Phasma aber eigendlich ein Monstrum, Ungeheur / oder Gespenst bedeute.

8 Plinius lib. 7 Epistol. 27. ad Suram.

9 Gerard. Voss. lib. 1. de Orig. & Progr. Idololatr. p.m. 46.

10 Piissimus Dn. D. Sp.

11 Levit. 17. v. 17. & Deut. 32. v. 17.

12 B. der Weish. 17. v. 4. 15.

13 Aus Kopenhagen vom 1. Junii 1686.

14 Wie der vortrefflichen Monats-Unterredungen Verfasser / am 731. Bl. des Monats Julii 1689. beglaubt.

15 Virgil. lib. 4. Georg.

16 V. Nicol. Remig. lib. 1. Dæmonolatr. c. 23. p. 136. seq.

17 Helmont. Tractat. 22. De Ortu Formarum. Edition, German. fol. 184. N. 53.

Ordnungs-Register

Ordnungs-Register.

I. Der geschreckte Duellant. 1
II. Der geschlagene Beter. 6
III. Der bedeutete Kardinal-Tod. 9
IV. Die verabredete Erscheinung. 11
V. Die angelobte und erfüllte Anzeigung deß Zustandes nach dem Tode. 17
VI. Der wiedergeforderte Schmuck. 23
VII. Der bedrauete Meuchelmörder. 30
VIII. Der weisse Diebs-Geist. 36
IX. Der schwere Hund. 43
X. Der vermeynte Gott im Kasten. 46
XI. Die weisse Frau. 59
XII. Der weissen Frauen Ursprung. 74
XIII. Der süsse Brey. 84
XIV. Die Jungfrau zu Perenstein. 92
XV. Die entdeckte Nachtmär. 96
XVI. Das herbeygehexte Hexen-Gespenst. 108
XVII. Das Kirchen-Gepolter. 122
XVIII. Die erzwungene drey Vater Unser / u.a.m. 128
XIX. Das Vater Unser um ein Kopffstück. 140
XX. Die verstörten Löffler. 145
XXI. Das verführische Irrlicht. 173
XXII. Die gehörnete Ladung. 182
XXIII. Der verfluchte Kriegs-Raht. 194
XXIV. Das gespenstische Kriegsgetümmel. 210
XXV. Das Vorspiel deß Würg-Engels. 224
XXVI. Die Lufft-Pauke. 246
XXVII. Das Nachspiel deß Würg-Engels. 249
XXVIII. Der schmätzende Todte. 253
XXIX. Der Verzweiflungs-Raht. 301
XXX. Der fluchende Spieler. 305
XXXI. Die besessene Kinder. 314
XXXII. Der nie-beglaubte Lügen-Geist. 321
XXXIII. Der gelehrte Teufel. 330
XXXIV. Die Wehrwölfe. 335
XXXV. Die Circæische Wölfe. 364
XXXVI. Der mordende Zauber-Wolf. 374
XXXVII. Der Vorbot deß Unglücks. 386
XXXVIII. Die Vorzeichen deß Königmords. 392
XXXIX. Die vor-erblickte Leichen. 396
XL. Der Ohnekopff. 399
XLI. Der gerührte Epicurer. 402
XLII. Die tödtliche Erschreckung. 407
XLIII. Das Pest-Gespenst. 409
XLIV. Der Waldpfeiffer. 420
XLV. Der böse Junckher. 422
XLVI. Die Verlassenschafft deß gespenstischen Banckets. 424
XLVII. Die Entruckte und Wiedergefundene. 430
XLVIII. Der Höllen-Spiegel. 434
XLIX. Die Satanische Mord-Kur. 445
L. Das übel-gesegnete Character-Mittel. 453
LI. Das erlegte Gespenst. 457
LII. Die einbüssende Vermessenheit. 460
LIII. Der Schwache wider den Starcken. 469
LIV. Das gezüchtete Großsprechen. 479
LV. Der Unerschrockene für dem Schrecker. 481
LVI. Die unheimliche Wüsteney. 491
LVII. Die kundschafftende Mucke. 507
LVIII. Das wütende Heer. 527
LIX. Der schädliche Jäger-Blick. 545
LX. Die boshaffte Gauckel-Jagt deß Satans. 548
LXI. Die grausame Heimholung. 553
LXII. Der gehemmte Bad-Teufel. 564
LXIII. Das Bergmännlein. 569
LXIV. Der Zwerg- und Kindleins-Geist. 608
LXV. Der schalck- und schadhaffte Geist. 611
LXVI. Die geharnete Seide. 615
LXVII. Der Isländische Schatten-Geist / auch vermeynter Natur- und Schutz-Engel. 619
LXVIII. Der angefochtene Unglücks-Verhüter. 647
LXIX. Der hofmeistrende Geist. 657
LXX. Der vermeynte Fürsten- und Nation- Geist. 689
LXXI. Der warnende Reichs-Engel. 704
LXXII. Die tödtliche Vorgeher. 717
LXXIII. Die erscheinende Malefizperson. 721
LXXIV. Der schädlich-gebannte Geist. 779
LXXV. Der Kobald / oder Kobel. 788
LXXVI. Die übernatürliche Korn-Pyramiden. 799
LXXVII. Die bestraffte Vorschau deß Bräutigams. 808
LXXVIII. Das Unglück-weissagende Krystall. 823
LXXIX. Die gespenstische Buhlschafft. 837
LXXX. Die angefochtene Einsamkeit. 866
LXXXI. Das scheinheilige Gespenst. 881
LXXXII. Der gestraffte Fluchet. 895
LXXXIII. Das Schreckbild. 904
LXXXIV. Der Wasser-Teufel. 909
LXXXV. Der Schiffbruch-Spötter. 913
LXXXVI. Der verführische Wasser-Geist. 919
LXXXVII. Der betriegliche Schatz-Zeiger. 924
LXXXVIII. Der übel-gelungene Vorwitz. 928
LXXXXIX. Der Kielkropff / oder Wechselbalg. 938
XC. Die Flucht der Lebendigen / für dem Todten. 983
XCI. Die Sterbens-Verkündigung. 995
XCII. Der heulende Hund. 1000
XCIII. Die verlierende Gegenwehr. 1016
XCIV. Die Tafel-haltende Geister der Vorfahren. 1021
XCV. Das Selbst-Geläut. 1029
XCVI. Die Sterbens-Erscheinung. 1040
XCVII. Die unterschiedliche Vorbedeutungen deß Todes. 1045
XCVIII. Der schwartze Werckmeister. 1076
XCIX. Der spitzbübische Geist. 1079
C. Das vertriebene Haus-Gespenst. 1108
Samt einer Zugabe / von etlichen Götzen-Gespenstern in Sina. 1113. seqq.

1. Der geschreckte Duellant

[1] I.

Der geschreckte Duellant.

Keine Wage ist schier so falsch und ungleich / als die / welche Ehr-Sucht gebraucht / wann sie / an Jemanden / durch ein Zwey-Gefecht / will zum Ritter werden / oder ihre / empfangene Beleidigung rachgierig vergelten. Denn sie legt / an stat deß Gewigts / in die eine Wag-Schüssel / einen zweiffelhafften Obsieg /oder ungewisse Sieg-Hoffnung; und in die andre / die Gefahr Leibs und der Seelen / zeitlichen und ewigen Todes. Damit aber jene vorschlage; thut sie dazu den eitlen Wahn / als ob die besondre Eigen-Rache eine besondre Ehr / und von solcher Wigtigkeit sey / dafür Seel und Seligkeit viel zu leicht wäre.

Wie hoch-mißfällig GOtt solche Balgereyen empfinde / hat Franckreich / an dem wunderlichen Todes-Fall Königs Heinrichs / deß Zweyten / erkannt: sintemal / als derselbe im Stechen / und Thurnier-Spiel /sein Leben verlohr / verständige [1] und nachsinnige Leute dieses / für eine besondre Schickung und Straffe GOttes / geachtet / daß er eben / im spielenden Zwey-Kampffe / das Leben lassen müssen; weil er den ernstlichen / so doch von der christlichen Religion verboten wird / gleich zu Anfange seiner Regierung / hatte gut gesprochen / und erlaubt. 1

Allein ob gleich tausend Königliche Bedrohungen das Zwey-Gefechte verböten: treibt doch Manchen die Begier für einen resolvirten Kerl angesehn zu seyn /den Respect deß Verbots / samt der Furcht / aus dem Sinn. Reputation gilt Vielen höher / als GOttes / und ihres Fürstens Gebot / und würcket solcher Wahn /bey Vielen / so kräfftig / daß wann ihnen gleich eine Warnung gegeben wird / sie sich doch / an ihrem Vorhaben / dadurch nicht hindern lassen. Denn die Ehr-Sucht erhöhet sich selbst über alle Vernunfft und Ordnung / verschmäht Gesetze / achtet sich für eine Göttin / und fordert ein Schlacht-Opffer: Gestaltsam sie dergleichen / bey diesem Cavallier gethan / welchen nachgefügte Erzehlung betrifft.

Als die jetzige Römisch-Keyserliche Majestät / vor 25 Jahren / mit dem Türckischen Suldan / Mahomet dem Vierdten / Krieg führte / und einige Truppen /vom Rhein herauf / wider den Erb-Feind marschirten; kam ein junger Graff / mit einer Compagnie / bey welcher er Rittmeister war / vor die Stadt Andernach am Rhein / darüber der Churfürst den Grafen de Witt zum Commendanten verordnet hatte; und that Ansuchung / man [2] mögte ihn lassen durch die Stadt marschiren: weil man daselbst / ohn grosse Unbequemlichkeit / nicht leicht / neben der Stadt / hinziehen kann.

Der Commendant mogte vielleicht billige Ursachen und Bedencken haben / solchen Durchmarsch abzuschlagen: hette aber solches / mit glimpflichern Worten / thun können. Allein weil der Rittmeister noch ein gar junger Cavallier / und sein Stand Jenem auch etwan annoch unbekandt; wies Er denselben / mit rauhen / und gar verdrießlichen Worten ab. Er ließ es dabey noch nicht einmal bewenden; sondern ereiferte sich / über das Angesinnen deß Rittmeisters / dermassen / und nahms so hoch auf / daß er / durch ein nachgeschicktes Kartell / ihn / auff einen Kugel-Wechsel /fordern ließ.

Der junge Cavallier verwundert sich / über solche Zunöthigung; und antwortet / es sey zwar der Mühe ja nicht werth / noch der Commendant / von ihm / im geringsten / beleidigt; sondern er vielmehr / von demselben / beursacht / sich über ihn zu beschweren /wegen der unfreundlichen und fast schimpflichen Begegnung: doch weil er / mit Gewalt / so gern an ihn /und nicht ruhen wollte; sollte er seinen Mann finden /und den Ort deß Duells nur benennen. Welchen Jener auch alsofort ihm lässt andeuten; ungeachtet / unterschiedliche Personen zum Frieden rahten.

Da nun der Tag herbey nahete; erwachte der Ausforderer / Nachts zuvor / und erblickte / bey ofsenen munteren Augen / ein weisses Gespenst / in seiner Kammer: welches auff ihn zutratt / die Bett-Decke auffhub / und mit der Faust ihm / in die Weichen [3] an der lincken Seiten deß Leibs / nemlich unter den kurtzen Rieben / einen empfindlichen Schlag gab. Womit es / gleich hernach / verschwand.

Er entsetzt sich hierüber gewaltiglich / wird sehr bestürtzt / und besorgt / es dörffte ein Vorzeichen unglücklichen Gefechts seyn; verschweigt auch solches deß Morgens denen nicht / welche ihn besuchten: Massen sie eine ungewöhnliche Gemüths-Verwirrung bey ihm vermerckten / und deßwegen / nach der Ursach fragten. Wie er ihnen hierauff seine nächtliche Begegniß entdeckte; bemühete sich ein Jedweder / mit beweglicher Abmahnung den Zwey-Kampff zu hintertreiben / ihm zu Gemüth führend / es wäre der Handel bey weitem so wigtig nicht / noch so weit allbereit gekommen / daß man deßwegen nothwendig sich schlagen müsste; man könnte dennoch beyderseits wol bey Ehren bleiben / wann schon das Gefecht würde eingestellt.

Aber eine einige böse Rathgeberinn überstimmte alle die andre Wolmeynende! nemlich die Reputation-Sorge: welche / wie erschrocken und trauriger auch war / ihn dennoch fort trieb / und überredete / es könnte ihm kein grössers Unglück begegnen / als dieses / daß man ihm / heut oder morgen / vorwürffe / er hette mehr Hertzens gehabt / zu fordern / als zu kommen / und eine frischere Feder / als Pistole / geführt. Wie denn gemeiniglich dergleichen höchst-gefährliche Gedancken / bey fürnehmen Cavallieren / den Vorzug erringen / wenn die Ehr- und Seel-Sorge vorher mit einander duelliren.

Also ritt er hin / seinem Gegner / durchs Feuer / zu weisen / daß er Feuer im Hertzen hätte / und keine Kugel scheuete. Sein Verhängniß aber war ihm [4] so ungünstig / daß er einen Schuß bekam / und zwar eben an dem Ort / da ihn das Gespenst geschlagen.

Man führte ihn / tödtlich verwundt / wieder heim: und / am dritten Tage hernach / war er deß Todes: Allermassen solches eine Person / so ihm am nechsten verwandt gewest / einem fürnehmen Ehren-Mann /hiesiges Orts / von dem ichs gehört / für gewiß erzehlt hat.

Ob nun die weisse Gestalt / so ihm vorher erschienen / von einem guten / oder bösen Engel vorgestellet worden / lasse ich in der Ungewißheit. Wiewol ich vermute / ob es gleich scheinet / es habe dieselbe ihn warnen wollen / (dafür er es auch billig hette annehmen / und deß unnöthigen Schlagens sich enthalten sollen /) es sey dennoch kein guter Geist gewest; sondern ein solcher / der ihn nur erschrecken / und doch unvermerckt in seinem Vorsatze vielmehr verstocken /weder wolmeyntlich / von dem Gefechte / damit abrahten wollen. Manche / zumal Römisch-Catholische / dörfften glauben / es sey sein Schutz-Engel / gewest / welcher den Schlag in die Seiten Ihm zur Warnung gegeben: daß Er die Forderung bereuen / und / durch gute Freunde / retractiren sollte. Ich halte aber dafür /daß / gleich wie ein guter Engel / ohne GOttes sonderbare Schickung und Befehl / Niemanden erscheint / also dasselbe auch schwerlich / oder je wunderselten / von Ihm geschehe / wann Er zuvor sihet / daß Er /durch solche Warnung / bey dem Gewarneten / nichts werde erhalten. Doch gestehe ich / daß auch dieses bißweilen seine Absätze haben könne.

Fußnoten

1 Wie Thuanus / am Ende deß zwey und zwantzigsten Buchs gedenckt.

2. Der geschlagene Beter

[5] II.

Der geschlagene Beter.

Wie man den Namen GOttes nicht vergeblich im Munde führen soll; also soll man auch kein Gebet /anders als im Geist / in der Warheit / und rechter Andacht / thun: denn sonst wird es mehr Ungnade / als Gnade / auswircken. Das Gebet ist eines unter den besten Waffen der Christen / wider den bösen Feind: wann es aber / aus Heucheley / oder unreinem Hertzen hervor steiget / kehrt es der Satan / wider uns selbsten um; gleichwie einer / der seinem Widersacher das Schwert aus der Hand reisst / und ihn damit erwürgt. Denn ein mißbrauchtes Gebet braucht er / zum Beweis unserer Beleidigung der Göttlichen Majestät: und erlangt dadurch jemaln Macht / uns zu schaden /oder aufs wenigste zu erschrecken.

Ich erkühne mich keines Urtheils / oder gewissen Ausspruchs / ob dem Frantzösischen Herrn / von dem jetzt geredet werden soll / nicht dergleichen Mißbrauch des Gebets den Schrecken / welchen ich erzehlen will / zugezogen habe.

Der Herr von Aubigné gieng / im Jahr 1580 / unter denen Völckern / welche Montaigu belägern sollten /mit zur Armee / als ihm / an einem Abend / diese wunderliche Abentheur begegnete / die er / mit sechs oder sieben Personen grosses Ansehns / welche damals / als er solche Begegniß beschrieben / noch lebten / bezeugt.

[6] Er hatte sich / auf ein gewöhnliches Reuter-Lager /nemlich auf einen Strohsack / nidergelegt / zwischen dem Beavois de Chatelleraudois und les Ouche de Melle, und that das Mal sein Gebet nach ihrer Weise /das ist / auff Römisch-Catholische Art; wiewol er ein Hugenott war. Da er nun das Vater Unser / etc. schier ausgebetet hatte / und diese Worte sprach führ uns nicht in Versuchung / etc. bekam er drey Streiche /mit einer / wie er / aus dem Gefühl urtheilte / flachen Hand. Solche drey Schläge geschahen / mit so mercklicher Unterscheidung / und so gar lautem Patschen /daß die gantze Gesellschafft / bey dem Schein und Liecht einesgrossen Feuers / gleich bey dem ersten Streich / auff ihn die Augen warff.

Les Ouches bat ihn / er mögte doch das Gebet von Neuem wieder anfangen. Als er nun solches that; empfing er abermal bey denselbigen Worten / führ uns nicht in Versuchung / drey andre Schläge / die noch viel stärcker / dann die vorige; und zwar vor den Augen Aller / so zugegen waren. Gestaltsam auch Etliche derselben deßwegen näher zu ihm traten / um solches Wunder recht genau zu beäugen.

Er ist willens gewest / diese Begegniß zu unterdrucken / und nicht auskommen zu lassen / vielweniger selbst zu beschreiben: weil es aber / in Gegenwart so vieler Zeugen und Auffmercker ihm widerfahren; hat er sie / von seinen Erzehlungen / nicht ausschliessen / sondern vielmehr seinem Hause und Geschlecht zur Nachricht hinterlassen wollen.

Es setzte damals unterschiedliche Auslegungen darüber: Unter welchen er diese den andren [7] vorzuziehen scheinet / daß / eben desselbigen Abens / sein jüngerer Bruder / der Capitein Aubigné, in einem Scharmützel / getödtet worden. 1

Es mag zwar / die Entleibung deß Capiteins / der vielleicht drey / oder noch ein Mal so viel / Wunden empfangen hat / durch die drey Streiche / und derselben verdoppelte Zahl / bedeutet worden seyn: ich besorge aber / der Herr von Aubigné, welchen sie getrossen / habe entweder / als ein Hugenott / das Pater Noster, denen / neben ihm ligenden / Römisch-Catholischen Officierern / nur zu Gefallen / oder gar aus Kurtzweil und Schertz / daher geplaudert / (denn warum hette er sonst solches eben laut / und nicht vielmehr / wie man / bey solcher Gelegenheit / nemlich / unter so vielen Leuten / die ungleicher Religion / zuthun pflegt / leise gebetet?) und also diß Gebet deß Herrn gemißbraucht: oder er habe damals GOtt /in einer gewissen Sache / versucht / oder sonst etwas /das GOtt mißfällig / vorgehabt: daher ihm / eben bey dieser sechsten Bitte / Und führ uns nicht in Versu chung / auff GOttes Verhängniß / von dem Gespenst / die Streiche / zweymal nach einander gegeben worden / als ein Straff-Beweis deß Mißbrauchs solcher heiligen Worte / und zugleich auch als eine Anzeigung deß Unglücks seines jüngsten Bruders: der vielleicht / durch Vermessenheit / als der jungen Frantzösischen Edelleute sehr gemeinen Fehler / dem Tode sich in den Rachen gestürtzt: Denn Vermessenheit ist eine Versuchung GOttes / dadurch Mancher um Leib und Seele kommt. Jedoch [8] enthält man sich billig hierinn eines gewissen Schlusses / als welcher mehr Grundes / in dieser Sachen / erfordert.

Fußnoten

1 Histoire Univers. du Sieur d' Aubigné T. 2. L. 4.C. 16, l' an. 1580.

3. Der bedeutete Cardinal-Tod

III.

Der bedeutete Cardinal-Tod.

Der Tod ist eine Mißgeburt / welche der Satan mit der Sünden / als einer Mutter unserer Sterblichkeit / gezeugt / und in die Welt gebracht. Darum freuet sich Jener / so offt dieser sein Sohn / der Tod / einem Menschen das Hertz abstosst. Sonderlich aber giebt er gar merckliche Freuden-Zeichen von sich / wann grosse Leute sterben / durch allerley Erscheinungen /oder Gepolter / oder Stürme / und dergleichen: gleichwie die Menschen / über die Niederlage eines überwundenen Feindes / mit Stück-schiessen / und Feuerwercken / zu triumphiren pflegen. Dergleichen hat er auch gethan / bey dem tödtlichen Abtritt deß Cardinals von Lothringen.

Als Heinrich / der Vierdte / König von Franckreich / welcher / durch seine sieghaffte Waffen / den Ruhm-Namen deß Grossen erworben / sich / im Jahr 1574 /zu Avignon, samt der Königinn / Catharina von Medices, befand; begab sich Diese / am Abend deß 23sten Christmonats / etwas zeitiger / dann sonst ihre Gewonheit war / zur Ruhe; wünschte derhalben denen fürnehmen Personen / welche damals um Sie waren /gute Nacht; nemlich dem Könige von Navarra / dem Ertzbischof von Lyon / denen Damens de Rets, de Lignerales, [9] und de Sauves. Bald darauff legte sie ihr Haupt auff ein Kopff-Küssen / die Hand aber vors Gesicht / und rieff den Umstehenden zu / mit einem hefftigen Geschrey / sie sollten Ihr zu Hülffe kommen; denn der Cardinal von Lothringen (welcher damals tödtlich zu Bette lag) stünde zu den Füssen ihres Bettes / wollte näher kommen / und streckte die Hände nach Ihr aus. Sie schrie auch hernach zum öfftern:Monsieur le Cardinal! je n'ay, que faire de vous! Herr Cardinal! Ich habe mit Euch nichts zu schaffen!

Gleich um selbige Zeit / schickte der König von Navarra Einen seiner Edelleute nach dem Hause deß Cardinals; und empfieng von dannen die Nachricht /der Cardinal wäre eben damals verschieden.

Diese Geschicht beglaubt der Herr von Aubigné aus dem Munde vorbenannter Damen / welche ihm die Gewißheit derselben bestetigt haben.

Man hat gleichfalls dieses / für ein Zeichen deß Todes selbigen Cardinals / auffgenommen / daß eben zu der Zeit / plötzlich ein so erschreckliches Gewitter entstanden / dergleichen / bey Menschen-Gedencken /nicht erhört worden. Ein Sturmwind / oder viemehr Windsbraut / mit grausamen Donnern und Blitzen vermengt / tobte gewaltiglich / also gar / daß / an manchen Orten / sonderlich aber in dem Hause / da er verblichen / Etwas / welches viel hefftiger und ungestümer / als der Wind / die Kegel und Fenster wegriß / und in die Lufft empor raffte. 1

Fußnoten

1 Histoire Univers. du Sieur d' Aubigné, T. 1. L. 2.C. 12. l' an. 1574.

4. Die verabredete Erscheinung

[10] IV.

Die verabredete Erscheinung.

In Sachen / welche in keines Menschen Vermögen stehen / geben die weltliche Rechte keinen Vergleich zu: Noch vielweniger werden die Göttlichen Rechte eine solche Vereinigung oder Abrede gut sprechen /die aus einem Mißglauben oder Vermessenheit entsteht; und gantz über die Schrancken der Natur geht. Dennoch haben sich jemalen etliche / und zwar getauffte / Leute verbunden / von dem Zustande der Seelen nach dem Tode / einander gute Kundschafft zu bringen / so bald Einem unter ihnen die Augen zugedruckt wären. Welche Thorheit keinem wahren Christen / der die Warheit seines Erlösers in keinen Zweiffel ziehet; sondern eher einem ungläubigen Heiden /anständig / und eines solchen Gemüts Zeuginn ist /das / im Christlichen Glaubens keinen rechten Grund / noch Christum fest genug im Hertzen hat.

Dergleichen Mißgläubigkeit hat auch diese Personen / von welchen jetzt geredet werden soll / verleitet zur Abrede / einander die Nachricht / nach dem Tode /zubringen / ob es / in jener Welt / also zugehe / wie man hie glaubt?

Um das Jahr Christi 1090 / haben / zu Nantes inBretagne; zween junge Geistliche / die ziemlich studirt / und grosse Vertraulichkeit miteinander hatten /diesen Vergleich unter sich getroffen / daß / welcher von ihnen am ersten stürbe / derselbe dem andren /entweder bey offenen oder geschlossenen [11] Augen / innerhalb dreissig Tagen / erscheinen sollte. Nachdem sie solches beyderseits / mit körperlichem Eyde / einander angelobt; ist / nicht lang hernach / der Eine mit Tode abgegangen / und hat am dressigsten Tage hernach / dem Andren / als derselbe wachte / und weiß nicht was für ein Werck unter Handen hatte / sich gestellet mit gantz blassem tod-farbenem Angesicht /und ihn also angeredt: Kennest du mich: Jener antwortete: Ja! ich kenne dich / und wundert mich /daß du so langsam bisterschienen. Der Ankömmling entschuldigt zuforderst seinen Verzug; und spricht weiter: Ich bin doch gleichwol endlich gekommen: und / so du wilt / wird meine Ankunfft dir nützlich / mir aber nicht / seyn: Denn ich bin /zur ewigen Pein und Straffe / verurtheilt.

Der Andre sagt: Ich will dir zu Hülffe kommen /mit vielen Gebeten / Fasten / und Allmosen. Der Erste versetzt: Aber / wider das Urtheil / richtet keine Busse / in der Höllen / etwas aus in alle Ewigkeit. Ich werde / meiner Mißhandlungen wegen / gestrafft werden. Und wann die gantze Welt / für mich / bemühet wäre / um Abwendung solcher Straffe; würde es doch nichts helffen: son dern ich muß ewige / und unzehlich-vielerley Pein leiden. So geredt / streckte er eine Hand aus / die gantz geschwürig war / und von Eyter tröpffelte; und sprach; Damit du eine / von meinen Straffen /sehen mögest / so schau ein Mal diese Hand an! Meynest du auch / diß sey eine schlechte Pein: Da nun der Gefragte [12] sich vernehmen ließ / es duncke ihn / dieses könne keine sonderliche Quaal seyn; druckte der Erschienene die Faust zusammen / und warff drey Tropffen deß ausfliessenden Eyters auff ihn: deren zween ihm die Schläffe traffen / der dritte aber die Stirn. Solche drey Tropffen drungen durch die Haut /wie ein feuriger Pfeil / und brannten ihm ein Loch / so groß / wie eine Nuß.

Der Betröpffelte hub an zu schreyen / O weh! Was ist das für ein Schmertz! das thut je grausam und unerhört weh! Der Todte erwiederte: Dieses wird dir / so lang du lebest / beydes ein nachdrucklicher und augenscheinlicher Beweis meiner Quaal / und so du es nicht verachtest / noch in den Wind schlägst / ein sonderbares Erinnerungs-Mal seyn / dein Heil wol zu beobachten. Derhalben gehe /weil du noch kannst / verändre Kleid / und Sinn /und begib dich / beym S. Melan / zu Rennes / in einen Orden.

Weil aber der Lebendige hierauff nicht wollte antworten; sahe ihn der Todte gar scharff an / und sprach: Ey du elender Mensch! Besinnest du dich noch lang / ob du dich bekehren wollest / oder nicht: Ließ ein Mal diese Schrifft!

Mit solchen Worten / that er zugleich die Hand hervor / darinn gar häßliche Buchstaben stunden; nemlich eine Schrifft wodurch der Satan / und alles Höllen-Gesinde / der Clerisey / und den Kirchendienern /fleissig danckte / daß sie ihnen wol seyn / und keine Ergetzlichkeit abgehen / hingegen / durch ihre Achtlosigkeit im lehren / und straffen / [13] eine solche Menge von Seelen zur Höllen fahren liessen / dergleichen man / in vorigen Zeiten / niemals gesehn. Nach solchem Spruch verschwand er.

Der Lebendige schlug hierauf in sich / verkaufte Alles / und gabs den Armen / begab sich / an erstgezeigtem Ort / in den Orden / und führte einen treflich-guten Wandel. 1

Man erblickt zwar in dem Speculo Historico Vincentii, viel wunderliche Händel / dabey manchem vernünfftigem Christen es gar sauer wird / wann er sie seinem Credo will einnöthigen: Weil aber solcher Abentheuer wol mehr gelesen werden; begehre ich /diesem Vincentio seinen Spiegel nicht zu zerbrechen /noch zu sagen / daß vielleicht ein tödtlich-verstellter Lebendiger sich / für den Verstorbenen / ausgegeben; sondern lasse es gelten / daß bißweilen wol dergleichen etwas dörffte vorgehn.

Der berühmte Römisch-Catholische Cardinal / Baronius / beschreibt einen Verlauff / welcher dergleichen wunderlichen Vergleich in sich begreifft / aber sonst / in den andren Umständen / dem obigen nicht ähnlich ist. Marsilius Ficinus / ein Mann / den seine gelehrte Feder über die Vergessenheit erhaben / pflegte einer gar freundbaren Conversation / mit dem gleichfals hochgelehrten / Michaele Mercato: und die Gleichheit der Studien verband dieses Paar so fest /als ob sie einander wären ehelich vertraut. Diese Zween schafften ihre Lust / mit schönen gelehrten Discursen / von allerley Materien; unter andern einsmals auch / von dem Zustande deß Menschen nach dem Tode / und von [14] der andren Welt Gelegenheit. Welches Alles sie / nach der Platonischen Philosophia und Meynung / ausführten / nachmals aber mit christlichen Zeugnissen bekräfftigten. Nach einem ziemlich-langem Redwechsel / richteten sie endlich / bey gegebener Hand / diesen Vergleich mit einander auff /daß derjenige / welcher aus ihnen am ersten seinen Geist auffgäbe / dem Andren / so noch am Leben bliebe / von jenes Lebens Beschaffenheit / gründliche Nachricht ertheilen solte; wenn es anderst / mit Göttlicher Bewilligung / geschehen könnte. Welcher Vergleich auch / von allen Beyden / eydlich ward bestetiget.

Einige Zeit aber hernach / mussten diese zween Hertzens-Freunde von einander / und ein Jeglicher / in einer besondren Stadt / seine Wohnung nehmen. Als aber / eines Tages / Mercatus / in der Morgen-Stunde / den flummen Lehrern Gehör gab / und über seinen philosophischen Büchern saß; hörte er / wie Einer /aus der nechsten Gassen / Spornstreichs / auff seine Hausthür zu geritten käme / der / lauter Stimme / ihm zurieff: O Michael! Michael! Es ist / in Warheit /also; Es ist warhafftig also / und gantz gewiß!

Weil dieser nun seines geliebten Freundes Stimme alsofort kannte; stund er behände auff / von seinen Büchern / und lieff zum Fenster; da er den Marsilium rucklings erblickte. Derselbe saß / auf einem weissen Pferde / und hatte dasselbe eben allbereit wiederum gewandt / um wieder davon zu reiten: darum schrie er ihm geschwinde nach: Marsili! Marsili! nicht anders gedenckend [15] / denn Marsilius wäre es selbst / und noch am Leben: weil er / von seinem Tode / annoch keine Nachricht empfangen hatte. Aber der schnelle Reuter kam ihm so geschwinde aus den Augen / als wie der Wind vorüber fährt.

Mercatus erschrack deßwegen nicht wenig / und bekam darüber allerley Gedancken: unter welchen /die fürnehmste dahinaus fielen / es müsste mit dem Marsilio / sich was sonderbares zugetragen haben. Als er derwegen hierum sich / durch Briefe / befragte; antwortete ihm / von Florentz / die Freundschafft deß Marsilii / es wäre derselbe daselbst verschieden. Und / weil sie dabey / nach seinem Begehren / ihm auch die Stunde / darinn er verblichen / angezeigt; hat er gemerckt / daß es eben dieselbige / in welcher ihm der Reuter auff dem weissen Pferde erschienen wäre / vor seiner Thür / und obgemeldte Worte ihm zugeruffen.

Angedeuteter Baronius gedenckt / es sey ihm dieses / von deß Mercati seinem Enckel / erzehlet worden: welcher es / aus seines Großvaters eigenem Munde /gehabt; und derselbe ältere Michael Mercatus (denn der Enckel hieß auch Michael) hette / von dem an /die Philosophiam auff die Seiten gelegt / hingegen seine übrige Lebens-Zeit / in christlichen Vorbereitungen zum seligen Ende / zugebracht. 2

Ich will keinem rahten / diesen Exempeln nachzuaffen. Ich wünsche / von den Lebendigen / und nicht von den Todten / was zu erlernen. GOtt hat gesagt:Die Todten solt du nicht fragen:

[16] Darum soll man auch / im Leben / Keinen dazu verpflichten / daß er / nach dem Tode / einen Bericht bringe: sintemal der Stiffter deß Todes deß Todten (oder Verstorbenen) Stelle leicht vertreten kann.

Fußnoten

1 Specul. Histor. Vincentii, lib. 25. C. 89.

2 Baronius Tom. 5. Annal. ad Annum 411.

5. Die angelobte und erfüllte Anzeigung deß Zustandes nach dem Tode

V.

Die angelobte und erfüllte Anzeigung deß Zustandes nach dem Tode.

Diese folgende Geschicht ist zwar / von gleicher Art /wie die beyde vorige; aber / wegen sonderbarer Umständen / noch denckwürdiger: und kann den ersten beyden zu mehrer Beglaubung gereichen; weil sie noch neuer / und auch selbst / durch viel ansehnliche Zeugen / beglaubt wird.

Zwo Personen von Condition lebten miteinander /zu Paris / in vertrauter Freundschafft / und waren gleichsam beyde ein Hertz; nemlich der Marquis, oder Marchgraf von Rambouillet, ältester Bruder der Hertzoginn von Montausier; und der Marchgraf vonPreci, der älteste deß Hauses von Nantouillet, in welchem sich / unter andren ein Reichs-Cantzler befunden / der / unter der Regierung deß Königs seiner Zeit / bey Selbigem in so hohen Gnaden gewest / daß derselbe durch seinen Kopff / alle Befehle ließ ergehn /und ihm / mit einer unbeschnittenen Gewalt / das Regiment zu führen / erlaubte / auch endlich einen Kardinal-Hut ihm erlangte.

[17] Diese beyde Marchgrafen gingen in den Krieg: wie / in Franckreich gemeinlich Alles / was fürnehm / aus dieser blutfarbnen Ruhm-Quellen / Glück und Reputation zu schöpffen / bemühet ist. Wie nun der Krieg eine tägliche Schule und Lehrer der Sterblichkeit ist; ob gleich die wenigste / unter seinen Discipeln /drauff mercken: also veranlasste er auch einsmals diese beyde Hertzens-Freunde / zu einem Gespräch von den Sachen der andren Welt. Und nachdem sie davon mancherley Discurse geführt / daraus gnugsam erhellete / daß ihnen nicht Alles eingehen wollte / was man davon sagt; thaten sie einander die Versprechung / daß welcher unter ihnen am ersten stürbe / derselbige dem Andren / seinem guten Gesellen und Freunde /alsdann von dannen Zeitung bringen sollte: gaben auch einander darauff einen Handstreich / zum Pfandzeichen / daß sie ihr Wort halten / und solches Versprechens eingedenck seyn wollten. Hernach liessen sie diese Materie fahren / und fiengen an / von andren / gleichfalls ernstlichen / Sachen / zu reden.

Hiernechst verflossen zween oder wol drey Monaten / ohn daß sie weiter daran gedacht hetten / was sie einander dißfalls zugesagt. Unterdessen kam die Zeit /daß man ins Feld und zur Armee geht / herbey; und verreisete deßwegen der Marchgraf von Rambouillet, in Flandern: der Marchgraf von Preci aber musste zu Paris bleiben / bey einem Bader / Namens Dupin, in der S. Antonius-Gassen: allda ihn ein boßhafftes Fieber verarrestirte / und von dem Feldzuge abhielt. Wobey zu mercken dient / daß / bey solchen Badern /[18] mancher fürnehmer Cavallier losirt: wegen der guten /daselbst befindlichen / Gelegenheit und Bequemlichkeit.

Uber einen Monat / oder fünff Wochen / hernach /ward / früh Morgens um sechs Uhr / als der Marchgraf von Preci sich noch im Bette befand / gähling der Vorhang deß Bettes weggerissen: weßwegen sich der Herr von Preci herum warff / zu sehen / wer es doch wol seyn mögte / der den Vorhang weggezogen. Und sihe! da erblickte er den Marchgrafen von Rambouillet, der in Stiefeln und Sporen vor ihm stund. Er wollte demselben um den Hals fallen / und damit eine Freude über seine Wiederkunfft bezeugen: Jener aber wiech ein paar Schritte zurück / und sagte zu ihm / es wäre nicht mehr um die Zeit / daß man einander mit dergleichen Freundlichkeiten begegnete: Er käme jetzo nur allein deßwegen / daß er sich seines Versprechens / so er ihm gethan / mögte entbinden: Er wäre gestern Abends / in einem Scharmützel geblieben: Es sey nichts gewissers / noch warhafftigers / als dasjenige / was man hier / in dieser / von der andren Welt / sagte: darum sollte er bedacht seyn / sein Leben anders zu führen / weder er anjetzo noch thäte /und solches ja nicht auffschieben; sintemal dasselbe /bey dem ersten Treffen / drauff gehn würde.

Wie seltsam und fremd diese Rede dem von Preci vorgekommen / kann man leicht gedencken. Unterdessen kunnte er doch dasjenige / was er hörte / noch nicht gläuben: sondern bildete sich ein / sein guter Freund rede solches in Schertz / und aus Vexiererey: schwang sich derhalben zum Bette heraus / [19] um denselben zu umarmen; umfing aber anders nichts / als einē Wind. Und der von Rambouillet, da er sahe / daß er ihm nicht wollte gläuben / zeigte ihm den Ort deß Leibes / wo der Schuß hinein gegangen / nemlich in die Lenden / allda man noch das Blut sahe herab fliessen. Hernach verschwand er / und hinterließ den vonPreci in solchem Schrecken / der nicht zu beschreiben. Dieser rieff nicht allein seinem Kammerdiener /der auff einem Kleiderkasten sein Lager hatte; sondern weckte auch / mit seinem Geschrey / das gantze Haus auff.

Der Author / welcher dieses / neben andren Sachen / erzehlet / als nemlich L.C.D.R. stund deßwegen auff / so wol / als die andre Haus-Genossen; um zu sehen /was es setzte: und gieng / nebst dem Hauswirth /Dupin, hinauf in seine Kammer. Da sagte er ihnen /was ihm wäre zu Gesichte gekommen. Sie schrieben solches Gesicht der Hitze seines Fiebers zu / welches noch immerzu anhielt: baten ihn er sollte sich wieder zur Ruhe legen / und sagten / es müsste ihm nur im Traum seyn also vorgekommen. Aber er vermeynte schier rasend drüber zu werden / daß sie ihn / für einen Träumer und Phantasien / ansahen: gestaltsam er / ihnen solchen Wahn zu benehmen / hierauf alle die Umstände erzehlte / welche wir vorhin gemeldet Das hörten sie so an / und liessen ihn reden / was ihm beliebte; blieben doch unterdessen / auff ihrer Meynung / so lange biß die Post aus Flandern anlangte. Als aber dieselbe den Tod deß Marchgrafen von Rambouillet, mitbrachte / und solche Umstände dabey auch verlauteten / dergleichen der Marchgraf vonPreci ihnen hatte erzehlt; da begunnten sie / einander[20] anzusehn / und zu gläuben / es dörffte wol dem vonPreci das / was er ihnen gesagt / würcklich erschienen seyn.

Diese neue und seltsame Begebenheit breitete sich /in der Stadt Paris / bald aus: Man hielt es aber für ein Mährlein / das man zur Lust ersonnen. Weil aber ein Jeglicher den Grund davon verlangte / ob etwas dran /oder nicht: empfing dieser Author mehr / als hundert Zetteln / und eben so viel Besuchungen von seinen Freunden / welche wussten / daß er / in selbigem Hause zur Herberge läge / und deßwegen hofften / er würde ihnen gewisse Nachricht davon mittheilen können. Ob er ihnen nun gleich solches auffs Beste kunnte versichern: blieb ihnen doch noch einiges Mißtrauen übrig / welches die Zeit allein ihnen kunnte benehmen. Denn man wollte noch sehen / was dem vonPreci würde begegnen: in Betrachtung / daß demselben gedrauet war / er sollte / in dem allerersten Treffen / ums Leben kommen. Also gab ein Jedweder drauff Achtung / was es mit ihm / für einen Ausgang gewinnen / und ob solche Vorverkündigung wurcklich eintreffen würde.

Aber die Erfüllung bestetigte solches Alles / was man davon redete / nur allzu richtig. Weil sich unterdessen der einheimische Krieg / (wegen deß Kardinals Mazarini) erhub: entschloß sich der Marchgraf de Preci, dem Treffen bey S. Anton beyzuwohnen: ohnangesehn sein Vater und Mutter / welchen die Weissagung immerzu im Sinne lag / ihn / mit schier fußfälliger Bitte und Warnung / davon abzuwenden / sich bemüheten. Wie nun das Unglück insgemein Niemanden näher [21] zu seyn pflegt / als dem / welcher sich nicht dafür warnen lassen will / und seiner Eltern getreue Ermahnung verschmähet / auch der / so Gefahr liebt /leichtlich darinn umkommt; also ist auch diesem jungen Marchgrafen von Preci solches widerfahren: angemerckt / er / in selbigem Streit / sein junges frisches Leben eingebüsst / zu grossem Leidwesen seiner gantzen Familie: welche ihn / für einen güldnen Pfeiler achtete / der die Ehre ihres Hauses könnte unterstützen / und zwar viel besser / als der Andre / welcher nechst ihm folgte: denn derselbe hatte eine solche geheirahtet / die fast eben so schlecht von gutem Namen und Gerücht / als von Geburt und Vermögen / war. 1

Meines Theils / schätze ich diese Erzehlung / für kein Mährlein: zumal weil der fürnehme Author / welcher sie schrifftlich aufgesetzt / ein schon gar hoch-alter Herr gewest / als er diese Abentheuer beschrieben / dazu auch auf viel ansehnliche Personen sich berufft / denen diese Geschicht bewusst / und dabey auch gedenckt / daß der Wirth / in dessen Hause solchs vorgegangen / damals / als er es / nebst andren Merckwürdigkeiten / zu Papier gesetzt / noch am Leben gewest. Allein was / von dem / in deß Marchgrafens von Rambouillet Gestalt erschienenem / Geist / zu halten sey / lässt man dem Urtheil deß christlich-klugen Lesers empfohlen seyn.

Fußnoten

1 Memoires de Mr. L.C.D.R. p. 417.

6. Der wiedergeforderte Schmuck

[22] VI.

Der wiedergeforderte Schmuck.

Wann das Versprechen den Lebendigen / imfall es nicht wider Recht und Billigkeit geht / zuhalten; soll es noch vielmehr den Sterbenden unverbrüchlich geleistet werden. Und wie man / von den Todten / so wol als Abwesenden / dem alten Sprichwort nach /nichts Ubels reden soll: also muß auch den Todten noch viel weniger was Ubels zugefügt werden / zumal denen / die uns / bey Leibes Leben / geliebt / und vielmehr ein gutes Angedencken / weder einige Miß-Vergnüg- und Beleidigung / an uns verdient haben.

Insonderheit seynd Eltern und Kinder / Mann und Weib einander / auch nach dem Tode / zur Erfüll- und Fest-haltung dessen / was sie / bey der letzten Abschieds-Empfehlung / gelobt / so ferrn es der Gerechtigkeit und christlicher Erbarkeit nicht entgegen / verbunden. Denn der Tod entbindt sie zwar deß Eh-Gelübds; aber nicht der ehelichen Liebs-Gedächtnis /noch der Aufrichtigkeit in Beobachtung dessen / was man / an den hinterlassenen Kindern / oder nechsten Freunden deß Verstorbenen Theils / zu thun / verheissen.

So ein Verstorbener / durch Beraubung seines Grabs / beleidigt wird; widerfährt ihm noch grössere Beleidigung / wenn man seinem hinterbliebenem Kinde / als seinem Fleisch und Blut / dasjeinge entzeucht / was man demselben zu lassen und auffzuheben / entweder durch Kindliches Erb-Recht [23] / oder durch Zusage / oder durch beyderley / sich verbindlich gemacht.

Derhalben handeln diejenige Männer nicht biedermännisch / welche / wann sie sich wieder verheirahten / ihre Liebe gegen der ersten Eh-Liebsten / mit derselben / so gar absterben / und verrauchen lassen / daß sie den Kindern / welche sie / mit der verblichenen Frauen / als ein Pfand nicht allein ehelicher Liebs-Treu im Leben / sondern auch unabsterblicher Gedächtniß nach dem Leben / erzeugt haben / von ihrem mütterlichem Antheil etwas entwenden / um die zweyte Frau desto ansehnlicher zu bedencken und beschencken.

Wie leichtlich aber Mancher hierinn nicht allein das Recht / sondern auch sein ausdrückliches Versprechen übergehe und breche / darüber hört man nicht selten klagen: und ist / unter solchen / auch gewest ein Edelman / welchem wir den Namen Flandrin geben. Derselbe hat eine / gleichfalls adliche / Jungfrau geehlichet / aus welcher ihm ein schönes Eh-Blümlein entsprossen / nemlich eine junge Tochter /derer Holdseligkeit beyder Eltern Lust / sonderlich aber ihrer Mutter Aug und Hertz / war / also daß es schiene / als ob das Leben der Mutter an dieser Tochter / hafftete; biß der Tod eine Scheidung machte /und sie / von diesem ihrem Kleinod / absonderte. Ehe denn sie aber verschied / gab ihr die mütterliche Liebe an / ihren Eh-Herrn / mit vielen Letzungs-Threnen /zu bitten / er sollte doch ihren fräulichen Schmuck der liebsten Tochter unverkürtzt / aufbehalten: auf daß dieselbe ihrer hertzlichen Mutter-Liebe / und getreuen Gunst / dabey eingedenck verbleiben mögte.

[24] Flandrin bestetigte ihr hierüber sein Versprechen /mit darbietender Hand / und gelobte sie ihres Verlangens / gewünschter und schuldiger Massen / zu gewehren: Wobey eben sein Pfarrer zugegen war / daß er der Sterbenden tröstlich zusprechen mögte. Also entschlieff sie endlich / in ihrem Heiland / sanfft und selig.

Er gab so wol / als die kleine Tochter / mit milden Threnen / seine Betrübniß über ihren Abschied / zu erkennen; tröstete sich doch endlich / nach verflossener Trauer-Frist / mit einer neuen Braut. Denn das Verlangen eines männlichen Erbens / damit sein Lehen-Gut mögte / für der Hinfälligkeit / unterstützet werden / bewegte ihn zur zweyten Ehe.

Weil er nun gern diese seine andre Liebste ansehnlich beschenckt hette / und die Baarschafft nicht überflüssig vorhanden war: überredete er sich / nach langem Besinnen / selbst / den Schmuck seines Töchterleins anzugreiffen / und etwas davon zu nehmen /nemlich eine Kette / samt einem Paar Armbänder; doch gleichwol dieser Meynung / daß er / mit ehester Gelegenheit / den Werth dafür erstatten wollte: Weßwegen er auch einen Zettel darzu legte / zur Nachricht / daß er der Kleinen so viel schuldig wäre.

Nachdem nun die beschenckte / und hernach auch ihm an die Hand getraute / Braut mit ihm zu Bette gegangen / und sie endlich beyde eingeschlaffen waren: ward sie gähling aufgeweckt / von einer Frauens-Person / an welcher die Gestalt und Kleidung ihrer Vorfahrerinn gar ähnlich und wolkenntlich erschien. Dieselbe winckte ihr bedraulich [25] / mit dem Finger / und verschwand: Massen zwey dicke Wachs-Liechter / so die gantze Nacht / in der Kammer / brannten / ihr solches gnugsam zu Gesicht stelleten. Ob sie nun gleich / wie leicht zu ermessen / sich sehr darüber entsetzte: trug sie doch Bedencken / ihren Liebsten aufzuwecken; sagte ihm auch hernach nichts davon: damit er nicht mögte traurig werden.

In der folgenden Nacht kommt die Gestalt wieder; weckt aber allein den Mann / und spricht zu ihm: Weil du / deinem Versprechen entgegen / meinen Schmuck entfremdet bast: so hat GOtt mich gesandt /dir zu sagen / daß du solchen wieder erstatten / oder gewärtig seyn müssest / daß deiner jetzigen Frauen /in acht Tagen / das Leben erlesche / wie ich diß Liecht auslesche. Womit sie zugleich / nach dem einen Liecht / griff / und es ausleschte / hernach sich alsofort aus seinen Augen verlohr.

Der hierüber schier erstarrende Edelmann zweifelte / ob er seinem Gesicht gnugsam zu trauen / und ihm der Handel nicht etwan nur getraumt hette; welchen Zweifel ihm aber die geleschte Kertze benehmen wollte. Also wusste er nicht / wozu er sich sollte entschliessen. Das Geschenckte / von seiner Liebsten /wieder abzufordern / daugte ihm ein unfreundlicher Handel zu seyn / der leicht einen grossen Unwillen erregen könnte: so besorgte er auch / wann er die Ursach / nemlich den Angriff seiner vorigen Frauen Schmucks / anzeigen sollte / würde ihm solches eine solche Schande zuziehen / die / Zeit seines Lebens /nicht ausgetilgt werden dörffte. Unter solchem Kummer / und schwerem Hertzens-Druck / ängstigte er sich biß in den sechsten Tag: [26] da ihm endlich der Zweifel / ob er auch würcklich Solches gesehn / und gehört? wiederkehrte / und er zuletzt dafür hielt / es müsste nur eine falsche Einbildung seyn. Aber / in folgender Nacht / weckte die Verstorbene / gleich wie vorhin / abermals ihn allein auf / und sprach zu ihm: Wirst du / in vier und zwantzig Stunden / meiner Tochter den entwendeten Schmuck nicht wieder liefern; so musst du / samt deinem Weibe / sterben / wie ich diese beyde Liechter auslesche. Worauf sie die zwo brennende Kertzen ergriff / dieselbe umwendete /und verschwand.

Diß mehrte ihm seinen Schrecken. Jedoch verhielt er es seiner Frauen / und vertrauete es / deß Morgens /dem Geistlichen / welcher / bey seinem Angeloben /zugegen gewest. Derselbe wusste nicht / ob er den erschienenen Geist / für einen guten oder bösen Engel /halten sollte: weil seine Anfordrung der Billigkeit gemäß. Er geht aber hin / zu deß Edelmanns Gemahlinn / und befleisst sich / ihr die Sache / auf eine andre Art / weil kein Verzug mehr übrig war / füglich beyzubringen. Er hatte aber zu reden kaum den Anfang gemacht; als die junge Edelfrau / ihm die Rede unterbrechend / sagte: Ich weiß schon / was ihr wollt. Hie habt ihr die Retten und Armbänder! bringt sie meinem Mann. Unser beyder Leben ist eines solchen Lösegelds noch wol werth. Deßwegen bleibt dennoch unsre Liebe ungetrennt. Der Pfarrer nimt solchen Zierraht / mit Verwundrung / an /und bringt denselben seinem Junckern. Dem hiemit ein schwerer Stein vom Hertzen fiel. Er legte es wieder an seinen [27] Ort / und versprach / seine Gemahlinn anderwerts zu begaben.

Es entschlossen sich hiernechst beyde Ehe-Leute /keine Lichter deß Nachts mehr zu brennen. Nichts destoweniger kam / in der folgenden Nacht / die Verstorbene nochmals wieder; weckte sie beyde auf / und sagte: Nun sollt ihr miteinander glückselig leben; wie diese beyde Lichter / (welche sie augezündet)brennen. Und von nun an / werdet ihr mich nicht mehr sehen. Wie sie dann auch nachmals ausgeblieben.

Ein fürnehmer Teutscher Author 1 eröffnet hierüber diese seine unvorgreiffliche Meynung: Daß GOtt /wegen so geringer Ursach / wie dieser Weiber-Schmuck gewesen / keine Todten erwecke / noch gute Engel erscheinen lasse; welches auch / in viel wigtigern Sachen / nemlich in Bekehrung der Brüder deß Reichen Manns / abgeschlagen worden: der Satan mache ihm / durch solche Begebenheiten / Vertrauen /ein ander Mal so viel leichter Glauben zu finden / und zu betriegen.

Andre dörfften dagegen einwenden / die Sache mit dem Reichen sey einer andren Art / und betreffe die Bekehrung der Gottlosen; welche GOtt / durch das ordentliche Mittel seines Worts / und nicht / durch die Auferstehung eines Todten / den Menschen anbieten wolle; bevorab solchen Sadducœischen Menschen /die eben so wenig den auferstandenen Verstorbenen glauben würden / als wie die Jüden dem Lazaro: Diß aber betreffe keine Bekehrung / sondern einen particular- oder [28] sonderbaren Handel / darinn der Edelmann einen Fehler begangen / und sein Versprechen gebrochen hatte: Welches doch kein schlechter Fehler gewesen; weil GOtt / bey Verlust der Seligkeit / befohlen / daß derjenige / welcher seinem Nechsten schweret (oder welches schier eben so viel / bey der Hand angelobet) und zwar solchen Personen / denen er / vor andren / treulich zu halten schuldig ist / solches auch halten solle (Ps. 15.). So sey auch dieses eben / für keine Todten-Erweckung noch zu achten / wann GOtt gleich eine Seele / in einer / ihr verliehenen / Gestalt /diesem oder Jenem erscheinen liesse: Und wann Er solches gleich dem verdammten Reichen abgeschlagen / habe Er doch dadurch noch keine Regul gesetzt /daran Er selber müsste gebunden seyn / und keine freye Macht behalten / diesem oder Jenem bißweilen dennoch / aus freyem Willen / einen Verstorbenen erscheinen zu lassen: Sonst müsste Er eben so wol Niemanden einen Engel erscheinen / noch durch ein Gesicht bißweilen Manchen eines bessern Lebens / im Alten / oder Neuen Testament / haben erinnern lassen; weil man / im Alten Testament / eben so wol Mosen und die Propheten / und im Neuen überdas die Evangelisten und Apostel gehabt. Dieser Antwort würde sich hierauf ein Römisch-Catholischer bedienen; wie füg- oder unfüglich aber / darüber will ich jetzt keine Erörterung thun.

Wiederum sollte wol noch ein Andrer sagen: Es folge nicht / daß / wann gleich die verstorbne erste Frau dem Edelmann nicht selbst erschienen; welches man auch zu bejahen nicht verlange; dennoch GOtt nicht / durch einen Engel / oder sonst auch ohne[29] Engel / durch ein Gesicht / solche Erscheinung / und Warnung habe werckstellig machen können: Und solche Vermutung werde / durch die vermeynte Gering-Wigtigkeit der Sachen / nicht unvermutlich: weil hiebey nicht so sehr der blosse Werth deß entwandten Schmucks / als das gebrochene Gelübde und Versprechen / in Betrachtung zu ziehen.

Meines Orts / lasse ich Jedwedem sein Beduncken frey / und im Zweifel / ob den Edelmann ein Engel /oder arglistiges Gespenst / oder ein / von GOtt unmittelbar ihm vorgestelltes / Gesicht also geweckt / geschreckt / und bedrauet habe. GOttes Gerichte seynd unerforschlich / und allstets der Gerechtigkeit hold.

Die Geschicht selbst anreichend / werffe ich dieselbe darum nicht unter die Mährlein: sintemal mir einige noch andre Begebenheiten bekandt / dabey etliche fast gleiche Umstände vorgeloffen; so ich aber / aus gewissen Ursachen / nicht erzehle.

Fußnoten

1 Der sel. Herr G. Ph. H. in seinem Mercurio Historico p. 277. seq.

7. Der bedrauete Heuchel-Mörder

VII.

Der bedrauete Heuchel-Mörder.

Die Ehe soll heilig gehalten werden / als ein Stand /den der allerheiligste Schöpffer Selbst eingeführt. Wer dieselbe bricht / der bricht ihm selbsten allen Segen und Wolfahrt ab. Eine befleckte Eh fruchtet lauter Weh; und zwar nicht nur zeitliches / sondern auch ewiges: [30] woferrn die unreine Brunst nicht / mit Buß-Threnen / und deß höchsten Richters Zorn /durch Christi Blut / vorher ausgelescht wird. Es gefährt diß abscheuliche Laster den Menschen um so viel härter / weil es gemeinlich mehr Sünden an sich kuppelt / sich mit Lügen / Füllerey / Dieberey / oder auch wol gar mit Meuchel-Mord / verknüpffet. Nachdem der heilige König David den Ehebruch begangen / verführte ihn der Satan auch zum Meuchel-Mord: und wäre zu wünschen / daß solche Sünden mit ihm aufgehört. Wer diese Geschicht lieset / wird ein treuloses Paar / in solchen seinen Fußtapffen / antreffen.

Ein reicher Edelmann / zu Truxillo / in Peru / Namens Petrus von Barbaran / hatte / mit seiner Mildigkeit / viel Freunde gemacht / und daher / bey Männiglichen / ein gutes Lob. Aber gleichwie Fett / und Oel /gar leicht Flammen sahen: also ward auch der Reichthum dieses Edelmanns endlich / von einer unziemlichen Brunst / entzündet: denn / wo Reichthum vorhanden / da suchen Uppigkeit und Geylheit gern einen Zutritt. Seine Begierden entzügelten sich / mit der Zeit / so gar / daß sie auch keine Schaam noch Scheu mehr behielten / das heilige / und biß an den Tod unauflösliche Band der Ehe zu zerreissen.

Vor vielen Andren / buhlete er eine Verheiratete /die ihre Zucht und Ehre eben so wenig bedachte / und sich höchst verdächtig machte / indem sie den von Barbaran viel öffter besuchte / weder einer ehrbaren Ehefrauen zustehet. Weßwegen ihr Eheherr nöthig befand / sie ernstlich zu erinnern / sie solte dergleichen verdächtige Gemeinschafft [31] fliehen / und bey keiner sich einfinden / es befehle ihr denn die äusserste Nothwendigkeit; weil die Sicherheit der Ehre und Keuschheit dabey nichts / denn ein pur lauteres Mirackel sey. Mit dieser gelinden und bescheidenen Vermahnung / hoffte der gute Mann sie / in seiner Liebe /und bey ihren Ehren / zu erhalten: aber es war zu spat: ihre Zucht lag schon in der Aschen.

Selten zwar bleibt diß Feuer ohne Rauch / dabey das tausend-äugige Gerücht den geylen Laster-Brand mercket: doch erfahren es gemeinlich diejenige / so damit geschimpffet werden / am langsamsten: und also kam auch dieser guter ehrlicher Mann allererst /eine gute Zeit hernach / dahinter / mit was für zierlichen Hirsch-Federn sein saubres ehrliebendes Gemahl ihn gekrönet / wie schändlich sie sich der Ehe-schänderischen Unzucht aufgeopffert hette.

Diß war ihm ein Mord in seinen Beinen / und ein blutender Stich im Hertzen / daß man ihn so schmählich betrogen: gestaltsam er auch solches / mit keiner mittelmässigen Rache / zu straffen trachtete. Aber die Arglist eines Weibes ist viel verschmitzter / Schaden zu thun / denn der Mannsbilder. Sie / die allbereit /von dem sechsten Gebot / abgewichen / beschloß /mit ihrem Ehebrecher / auch das fünffte zu übertreten / und ihrem Mann die Eyfersucht / durch Gifft / hinweg zu nehmen: welches ihm auch die leidige Schlange in seinen Trinck-Becher that.

Da er nun hievon erkranckte / und wenig Zeit mehr zu leben hatte; besuchte ihn Petrus de Barbaran / zum Schein der Freundschafft / und Unschuld: [32] kunnte doch damit dem Krancken das nicht wieder / aus dem Sinne / winden / wessen er / durch so viel unbetriegliche Zeugen und Zeichen / versichert war: zu dem bekräfftigten ihm so wol die plötzliche Kranckheit / als die seltsame Art und Empfindung derselben / nur gar zu glaublich / daß seine Gedancken nicht fehleten. Darum wandte er sich / zum Petro / und erschreckte ihn / mit diesen / von Threnen unterbrochenen / harten Worten. Den schmertzhafften Schimpff / die schändliche Schmach / und Buben-Stücke / so ich / weil euer verrähterisches Meuchel-Stück mir zuvor kommt / bey lebendigem Leibe nicht rächen kann / will ich / nach meinem Tode / rächen; will dir folgen / und dein Verfolget seyn / wo du gehest / und stehest / so lange du lebest. Mehrers zu reden / verhinderte der Tod / welcher seinen Geist /gleich nach diesen Rach-eyfrigen Worten / hinweg riß.

Wiewol nun diese bittere und seindselige Drau-Worte / als was Seltsames / überall durch die gantze Stadt / den Leuten in den Mäulern herum lieffen / und / unterm Volck / mancherley Mutmassungen erweckten: würckte doch die allgemeine Gunst gegen dem Petro (oder vielleicht gegen deß Peters seinem Seckel) so viel / daß die Meisten ihn entschüldigten / und deß Gestorbenen allzubittere Rachgier verdammeten. Die Richter liessens auch so / ohne einige Untersuchung /dabey beruhen.

Aber der folgende Tag zeigete / daß GOtt viel andere urtheile / weder die Menschen / und die Wünsche der Unschüldigen / bey Ihm / stärcker [33] seyn / weder die Gewalt der Schuldigen: wie der Beschreiber dieser Geschicht / Brulius / redet; vielleicht aus dem Grunde / als ob dessen letzter Wunsch GOtt hette gefallen; da doch ein so rachgieriger Wunsch Ihm nimmer gefallen kann. Petrus hat / in erschrecklicher Gestalt / deß Abgeleibten Geist erblickt: der eine brennende Fackel in der Hand führte / und mit noch viel schrecklicherer Stimme / nach seinem Tode / weder im Leben / ihn also anschnarrete: Diese Fackel / so ich hier in der Hand halte / und dein Leben / werden in gleicher Minuten / erleschen.

Seine Haare steiffeten sich auf / für Entsetzung /wie Borsten; seine Knie fingen an / zu straucheln; und fehlte wenig / daß der grausame Schrecken ihn nicht /auf der Stelle / gleich erstickt hette. Nachdem aber der Geist wieder gewichen: kam er wieder zu seinen Sinnen / und auf den Schluß / eine rechte ernstliche Busse zu thun. Er ging hin / zu den Augustinern /klagte ihnen / mit zittern und beben / was ihm wäre begegnet; gab den Wollüsten / und allen Eitelkeiten /einen Scheidebrieff; besuchte täglich die Kirchen /empfing offt das Nachtmal / und theilte die Almosen so reichlich aus / als wäre er die Mildigkeit selbst. Nichts destoweniger stellete sich die entsetzliche Gestalt ihm schier alle Stunden deß Tages / und auch bey vielen nächtlichen / vor Augen: biß er es endlich gewohnt wurde / und / als Einer / der / durch Beicht und Communion / sein Gewissen schon hatte entladen / so gar sehr nicht mehr dafür erschrack. Schlieff / aß /oder tranck er nur ein wenig über die Nothdurfft; oder ließ sich anderswo in weltliche [34] eitle Discursen ein; so war dieser unermüdete Mahner zugegen / und zeigete ihm bedraulich die Abnahme der Fackel / als eine Erinnerung / und Bild-Zeichen seiner gleich- also abnehmenden Lebens-Frist: daher er sich endlich weiter um nichts angenommen / ohn um rechtschaffene Busse / Kasteyung deß Leibes / Ausspendung der Almosen / Besuchung deß Gottesdienstes / und andächtiger Leute. Diß hat so gewährt / biß ins zehende Jahr; da endlich die Fackel / oder Kertze / ausgebrannt /und gleich darauf auch dem Peter das Lebens-Flämmlein ausgieng: dessen Ende desto glückseliger gewesen / weil er / gantzer zehen Jahre / mit einem bußfertigem Wandel / sich dazu gerüstet. Muß man derhalben billig den Ruhm Göttlicher Barmhertzigkeit erhöhen / die diesen einen so grossen Sünder / so wunderbarer Weise / zur Busse beruffen hat. 1

Diese Histori kommt ziemlich-weit her / und ist /aus West-Indien / nach Europa gesegelt: darum wird Einer dieselbe lieber glauben / als der andre; in Betrachtung / daß die schiffende Warheit gerne Schiffbruch leidet / und solche Erzehlungen / denen man /in der Nähe / nicht gründlich nachfragen kann / am hertzhafftesten vorgebracht werden. Gleichwol ist es nicht gar unglaublich / daß sich der Handel würcklich also zugetragen: sintemal man der Exempel wol mehr hat / daß der (vermeynte) Geist deß Entleibten / nemlich ein Gespenst / den Mörder also verfolgt habe.

Ein Lacedœmonischer Kriegs-Oberster / Namens /Pausanias / entführte einem ehrlichem Bürger [35] / zu Byzantz / seine Tochter; erwürgte sie aber nachmals /bey Nacht. Hierauf fing an / viel Nächte nacheinander / ein Gespenst in Gestalt eines Bildes ihn zu schrecken / und wiederholte ihm etliche Mal diesen Griechischen Vers:


Σεῖχε δίκης ἀωον μάλα τοι κακὸν ἀνδράσιν ὕβρις.

Welches / in unserem Teutschen / diese Bedeutung hat:
Du musst gestraffet seyn. Weil du das Recht gebrochen;
So wird die Ubelthat / mit Recht / an dir gerochen.

Er hat sich zwar hernach / in einen Tempel der Göttinn Pallas / geflüchtet; aber / weil man ihn daselbst vermaurt / von Hunger darinn sterben müssen /und seine Mutter den ersten Stein dazu gelegt.

Fußnoten

1 Brulius parte 1. Historiæ Peruanæ, lib. 8. C. 4.

8. Der weisse Diebs-Geist

VIII.

Der weisse Diebs-Geist.

Stehlen und rauben sind Künste der Finsterniß; daher man auch die Erfahrne in dieser Kunst gemeinlich /am hohen Balcken / mit der schwartzen Feder-Kron deß finstren Gevögels / nemlich der Raben / krönet. Diesem nach hat man wol billig sich darob zu verwundern / daß der Geist / von dem wir jetzt reden wollen / in weisser Gestalt sich gewiesen; da er doch /mit einem [36] Werck der Nacht / nemlich mit einem Diebstal / in seinem Leben / seine Seele / wie er vorgegeben / geschwärtzt / und dazu mit einem Kirchen-Diebstal: weßwegen er / seinem Vorgeben nach / weil er / ohne Wiederersetzung desselben / mit solcher Mißhandlung / abgestorben / biß zu seiner Erlösung /in grosser Pein herumwandren müssen. Hievon habe ich / aus einem glaubhafftem schrifftlichem Bericht /folgende Umstände ersehn.

Anna Dirlerinn von N.N. ein Mensch von drey und zwantzig Jahren / so im Jahr 1656 / am 10 Augusti /zur Welt geborn / da eben / zu N.N. das grosse Wetter gewesen / hat / im Jahr 1679 / am vierdten Christmonats-Tage / ihrem Beichtvater bekennet / daß sie /vor vier Jahren / eine böse Brust bekommen / und deßwegen / von gedachtem N.N. aus / nach N.N. zu dem Bader daselbst / gehen müssen. Um Pfingsten 1675sten Jahrs aber / da sie abermal / zu selbigem Bader / gegangen / sey ihr ein weisser Geist begegnet / welchen sie / für den Tod / gehalten / und deßwegen / zu dem Bader / gesagt / sie wüste wol / daß sie / an diesem Schaden / müsste sterben; denn der Tod wäre schon zweymal / mit ihr / auf Königstein / gegangen.

Nachdem sie aber wieder heil worden / verdingte sie sich / zu ihrem Bruder: daselbst dieser Geist / in einem Jahr / vier Mal zu ihr gekommen: worüber das Mensch / vor Schrecken / kranck worden / doch gleichwol wiederum genesen / und sich nachmals / auf Königstein / zu einem Bierbrauer / mit Namen Lescher / verdungen. Allda hatte sie / vor diesem Geist /gar keine Ruhe mehr; klagte [37] es derhalben ihrem Beichtvater / in Beyseyn ihres Bruders / nemlich Herrn Juglern zu Eschenfelden. Welcher anfänglich den Sachen keinen Glauben zustellen wollte / auch das Mensch wieder / in ihren Dienst / verwies. Sie kunnte aber nicht bleiben; sondern ward / je länger je öffter / durch die Erscheinung deß Geistes / geschreckt: und merckten solches auch / an ihr / die Hausleute / an dem / daß sie offt in Ohnmacht fiel /auch / wegen Mattigkeit der Glieder / nicht allezeit arbeiten kunnte.

Hierauf klagte sie obgedachtem Herrn Juglern solches wiederum: und dieser zeigte es Ihrer Hoch- Fürstl. Durchl. an. Der Fürst ließ das Mensch selbst vor sich kommen / examinirte selbiges starck / stellte auch solche Befragung unterschiedlich mit ihr an / zu Sultzbach / und behielt sie vierzehen Tage im Schloß: woselbst sie auch keine Ruhe hatte.

Weil aber das Mensch / als sie wieder heim nach Hause kam / rücklings von dem Geist angefasst / und nidergeworffen ward / mit solchem Ungestüm / daß der Rücken davon gantz blau wurde: befahl der Fürst / selbigen / so bald er wieder erschiene / anzureden. Welches auch geschehen / mit gewissen / ihr anbefohlenen / Fragen: die er / auf folgende Weise hat beantwortet.

Sie fragte / 1. Wer bist du? Er / der Geist / antwortete: Ich bin Lorentz Birner.

2. Sie: Von wannen bist du? Er: Zwo Stunden von dem Bayerlande / bin ich gebürtig.

[38] 3. Sie: Was hast du denn hie / bey mir / zu thun? Er: Du sollt mich erlösen.

4. Sie: Was hast du denn gethan? Er: Ich habe /zu Nemsrieth / vor sechszig Jahren / einen Kelch gestolen / samt einem Buch / und Altar-Tuch.

5. Sie: Was Religion bist du? Er: Ich bin funffzig Jahre Lutherisch gewesen / aber hernach Catholisch worden / und auch so gestorben.

6. Sie: Was soll ich dir denn thun? Er: Du sollt das Geld / so ich bekommen / erbetteln / und wie der in die Pfarre geben: Nemlich / für den Kelch /habe ich neunzehen Gülden / für das Buch sechs und einen halben Gülden; für das Tuch / fünff und zwantzig Batzen bekommen. Dieses sollt du /von schlechten Leuten / erbetteln.

7. Sie: Was leidest du denn für Quaal? in einer Hitze / oder in einer Kälte? Er: Ich leide höllische Hitze.

8. Sie: Ich kann dich nicht erlösen: du magst dich erlösen. Er: Ich wollte mich wol erlösen /wann ich GOttes Macht hette.

Daß solcher Diebstal / am benamsten Ort / um benannte Zeit / geschehen wäre / fanden sich anjetzo (nemlich im Jahr 1680) annoch alte Leute / so es bezeugten.

Dieser Geist aber / nach Aussage deß Menschens /wie ein langer alter Mann / trug einen langen Kittel /und / an den Füssen / Strümpffe; hatte keinen Bart; die Augen zu / und eingefallene Backen.

[39] Als das Mensch nun das betteln lange nicht ergreiffen wollen; hat er sie / unterschiedliche Mal / gedrosselt / (das ist / gewürgt) da sie ihm denn in die Hände gefallen / und gefühlt / daß er harte kalte Hände gehabt. Und als sie es dennoch nicht thun wollen; hat er ihr gesagt / er thue ihr nicht gern etwas; aber wann sie ihm nicht folgen wolle / müsse er sie noch umbringen.

Hierauf hat sich das Mensch / zum betteln / bequemt. Wann sie aber / eine Zeitlang / wieder ausgesetzt; ist er ihr alsobald wieder erschienen; hat zwar nichts geredet; sondern nur die Hände ineinander gewunden / und geseuffzet.

Nachdem sie nun so viel Geldes / als die angezeigte Summa austrug / zusammen gebracht; ist er ihr weiter hernach nicht erschienen / und hat sie / nach der Zeit / Ruhe vor ihm gehabt. Von dem erbetteltem Geld / hat man / an benanntem Ort / eine Kantzel gebaut.

Wann dieser Geist kein Lügner / und teufflischer Betrieger gewest / indem er sich / für den Lorentz Birner / ausgegeben: so müsste er entweder ein Catholischer oder Evangelischer Geist gewesen seyn: (wiewol weder die Catholische / noch Evangelische Religion lehret / daß man stehlen soll.) Daß er nicht Lutherisch / sondern Catholisch gestorben / und die Evangelische Religion / vor seinem Ende / verlassen habe / hat er selber ausgesagt / und auch würcklich zu verstehen gegeben / indem er geglaubt / ihm könnte noch / nach seinem Tode / ein Gebet zur Erlösung gedeyen: denn solches kann er / aus keiner Evangelischen Lehr / erlernt haben. Ist er dann / laut seines eigenen Berichts / Römisch- [40] Catholischer Religion (verstehe im Stande seiner Leib-abgesonderten Seelen) gewest: so verwundert man sich billig / und fragt / warum er nicht die Erlösung / aus der höllischen Hitze / vielmehr bey seiner Religion-Verwandten Einem / nemlich bey einem Catholischen / gesucht /weder bey einem Evangelisch-gläubigem Mägdlein? Hat er Recht daran gehandelt / daß er von einer Religion ab- zur andren getreten; warum sucht er dann nun eine Fürbitte / bey einem Mägdlein solcher Religion / darinn er sich nicht / selig zu werden / getrauet hat? Wie soll diejenige / von welcher er / seiner Religion nach / nicht wol hat gläuben dörffen / daß sie / in der Evangelischen Religion / selig werden könnte /einen Geist durch ihr gutes Werck der Almosen-Sammlung / von der Unseligkeit und Quaal erlösen /und ihm den versperrten Eingang zum Himmel damit aufschliessen?


So kann demnach dieser Geist nicht recht aufrichtig Catholisch gewesen seyn. Denn welcher Catholischer Geistlicher würde ihm rathen / ein Evangelisches Mensch / um seine Befrey- und Beruhigung / anzusprechen / und nicht vielmehr Römisch-Catholischen Leuten zu erscheinen / welche / auf sein Begehren /viel Seel-Messen hetten / für ihn / lesen lassen können? Uber das werden die Lehr-Sätze Römisch-Catholischer Religion schwerlich zugeben / daß derjenige / welcher eine Kirche bestihlt / und solches nicht beichtet / noch bereuet / sondern solchen Diebstal auf seiner Seelen behält / nach seinem Tode / erlöst / und selig werden könne. Gleichwie auch die Römisch-Catholische Geistliche [41] dem Fegfeuer zwar eine schwere Pein / doch nicht hellische Hitze zuschreiben.

Scheinet derhalben / dieser Geist sey weder Catholisch / noch Evangelisch / gewest; ob er sich gleich für Catholisch hat ausgegeben. Und ist wol zu verwundern / daß das Mensch / nachdem sie ja ein Mal sich mit ihm ins Gespräch eingelassen / und ihn so scharff geexaminirt / nicht auch / mit ebener Mühe /diese Frage hinzugethan / ob er nicht etwan ein Syncretist wäre / dem es gleich gölte / bey welcher Religion er gelebt?

Ich lasse Jedwedem hierüber seine Gedancken: meiner Einfalt aber kommt der Handel nicht anders vor / als / daß dieser weisse Geist innerlich / in seiner geheimen Intention / und verdecktem Zweck / sey pech-schwartz gewest / und ein geschworner Bruder dessen / der sich in einen Engel deß Lichts zu verkleiden pflegt / damit er sein Werck der Finsterniß / unter solcher Lichts-Larve / möge anbringen. Denn daß der Satan bißweilen / wann er kein böser / sondern guter Geist / heissen und geachtet seyn will / diejenige Leute / so er zu hinterschleichen und zu äffen trachtet / zu Wercken der Gerechtigkeit und Gottseligkeit antreibe / die Person eines Tugend-Lehrers bißweilen annehme; ist / aus der Schrifft deß heiligen Athanasii / von dem Leben deß heiligen Antonii / so wol / als gar vielen unleugbaren Exempeln / bekandt.

Unterdessen begehre ich doch nicht zu widersprechen / daß / wann ein solcher umgehender Geist / im Namen / und in der Gestalt eines / vor langer Zeit allbereit Begrabenen / eine Mißhandlung bekennete / die / durch gewisse Zeugen / gleichwie [42] diese / glaubhafft gemacht werden könnte / alsdann der böse Geist / ob er gleich für sich selbst kein Liebhaber deß Rechtens ist / auf sonderbares Verhengniß GOttes / solchen Handel also entdecken; jedoch auch wol eben so bald den Verstorbenen / für welchen er sich ausgiebt / in der Erde verleumden und beliegen könne; damit er sein / darunter verborgenes / Absehn erreichen möge.

9. Der schwere Hund

IX.

Der schwere Hund.

Ein Geist hat kein Gewigt; weil er keinen Leib: weßwegen der Teufel / welcher gleichfalls ein / wiewol unsauberer / Geist ist / an sich selbsten auch viel weniger / als Wind / Lufft / und Rauch / welche doch noch / durch gewisse subtile Erfindungen / heutiges Tages / abgewogen werden können / und der erste zwar die Schiff-Segel / ja das gantze Schiff selbsten /drucken / und in Grund stossen kann / eine Schwerigkeit an sich hat. Nichts destoweniger kann er entweder sich / in körperlichen Dingen / durch kräfftige Aufhalt- oder Niderdringung derselben / schwer machen / oder auch wol in einer blossen vorstellenden Gestalt / den Leuten eine schwere Last auflegen / oder empsinden lassen; vermutlich durch Bedruckung ihrer Arme: Welches ihm / einem so starcken Geist / dem die stärckste Riesen nur Strohalmen sind / die er / wie die leichtste Federn / wegblasen sollte / gar ein Leichtes ist. Und wie der Krampf-Fisch die Arme [43] deß Menschen / durch blosse Berührung / träg / starrend / und schier lahm macht / ohn daß er denselben ein Gewigt sollte anhencken: also kann noch vielmehr der böse Geist den Menschen die Arme betasten / ohne Last /und eine unerhebliche Bürde zu fühlen geben / da keine leibliche Bürde ist.

Hievon hat man / woferrn den wochendlichen Relationen hierinn nachzugehen / im Jahr 1687 / zu Lübeck / in Nider-Teutschland / ein Beyspiel erfahren. Denn / wie man von dannen geschrieben / auch die von dort Abgereisete / welche sich / in selbiger Reichs-Stadt / eine Zeitlang aufgehalten / erzehlet haben / so hat sich / mitten im October jetztbenannten Jahrs / in eines Schiffers Hause daselbst / ein Gespenst vernehmen lassen / welches die Fenster eingeschlagen / den Leuten das Bette vom Leibe gerissen /auch sonst allerley seltsame Händel und Possen getrieben; doch ohne Jemandes Beschädig- oder Verletzung. Unterschiedliche Fremde / und einheimische Leute / seynd dahin gekommen: deren Keiner Etwas sehen können; ohn allein ein Mägdlein; welches immerzu gesprochen: Sehet! Sehet! da geht er hin /mit grossen feurigen Augen! und sihet mich an!

Hierauf hat sich eine Manns-Person / nebst vier andren frischen Männern / dahin begeben / welche /mit blossen Degen in Händen / unten und oben / ja in allen Winckeln / im Hause herum geloffen; der Meynung / das Gespenst also zu vertreiben / oder vielmehr / den Hexen-Kerl / welcher vielleicht / in der Unsichtbarkeit / solche Büberey vollbrächte / zu treffen: allein man hat damals / die gantze Nacht durch /nichts gehört.

[44] Aber / am 22 Octobr. hat man nahe am gelegnen Hause (wie es der Novellant / wiewol undeutlich /giebt) auf dem Boden / einen grossen schwartzen Hund gefunden: Welcher / als man ihn wegjagen wollen / sich gewidersetzt / und die Zähne gezeigt / wodurch die / so ihn zu schrecken vermeynt / selbst erschreckt / und zurückgehalten worden. Wie solches lautbar worden / hat es viel Leute hinbey gezogen /also / daß eine zimliche Menge Volcks / auf den Bodem / sich angehäufft.

Ob nun gleich der Hund also diejenige / die auf ihn loß gehen wollten / mit geblösstem Gebiß / eine Weile von der Haut hielt: wagtens endlich doch drey behertzte Kerl / und Teufels-Trutzer / und griffen den Hund an: der sich zwar nicht wehrte / noch um sich schnappte; doch gleichwol auch ihnen nicht auszuweichen / begehrte / sondern auf seiner Stelle blieb /gleich als hette man ihn darauf fest genagelt. Sie fassten ihn zuletzt an / in Meynung / weil er sich nicht wollte wegjagen lassen / ihn zum Fenster hinaus zu werffen: aber er wollte davon nichts wissen / noch sich dazu verstehn: denn sie vermogten ihn nicht aufzuheben. Weßwegen noch fünff andre Unerschrockene hinzugetreten / denen vorigen dreyen zu helffen: allein / ob gleich Ihret nunmehr neun ihre Kräffte zusammen vereinigt / haben sie doch den / gar zu schweren / Hund / nicht aus der Stelle bringen können.

Endlich spricht Einer / unter ihnen: Du bist ja wol ein gedultiger Teufel! packe dich / du verfluchter Hund. Da entwischt ihnen der Hund / und springt zum Fenster hinaus / und zwar [45] ein paar Elen hoher /in die Lufft / als das Fenster war; fällt aber letzlich wieder hinab zur Erden / und verschwindt.

Diese Leute seynd hierauff / aus dem Hause / gezogen / und hat man hernach weiter von keinem Gespenst / was gehört.

Diese Verunruhigung deß Hauses hat / ohn Zweifel / ihr Herkommen / von Hexen-Leuten: welche vermutlich einen Polter-Geist hinein geschickt / auch wol selbst / unsichtbarer Weise / zum Fenster-auswerffen /die Hand mit angelegt.

10. Der vermeynte Gott im Kasten

X.

Der vermeynte Gott im Kasten.

Das Gold begreifft eine edle Artzneykrafft zur Bewahrung menschlicher Gesundheit / und Stärckung deß Hertzens: wenns aber mißgebraucht wird / kann es Leib und Seele tödten. Je köstlicher / je verderblicher wird Einem die Sache / so man übel anlegt: und das Böse wird nie ärger / als so man das Gute dazu anwendet. Der Segen selbst gedeyet denen / zum Fluch /die ihn entheiligen: und der Geruch deß Lebens verwandelt sich den Gottlosen / zum Geruch deß Todes. Wer die Krone deß Königs auff den Raben-Stein hinstellete / der würde sich damit / zum Könige und Fürsten aller Majestät- und Cron-Verächter / gleichsam krönen / und mit der Hoheit solches [46] Verbrechens seine Straffe erhöhen. Gleich also begehen dieselbe eine verdammliche Sünde / welche / bey der H. Communion / die gesegnete Hostien / heimlich wieder aus dem Maul reissen / und hernach / zum Gebrauch allerley abergläubischer Händel / verunehren.

Hievon hat man mehr / als eine Erfahrung: Wir wollen aber jetzo / aus der Lippischen Chronic / eine sehr denckwürdige entleihen. Wie man zehlte 1460 /hat / zum Blumberg / ein Weib / mit Namen Alheid /etliche consecrirte Hostien / welche / in den Ostern /übergeblieben waren / aus der S. Martins-Kirchen gestohlen / in ihr Hauß getragen / und daselbst eine Zeitlang im Kasten verwahret: biß ihr darüber ein grosses Schrecken und Zagen angekommen / daß sie vor Angst nicht gewusst / wo sie mit den Hostien hinn sollte: weßwegen sie dieselbe in einen Brunn oder Pfützen geworffen. Da nun solches an den Tag gekommen / und das Weib bekennen müssen; ist sie zum Tode verdammt worden. Also wird diese Begebenheit / vom Johanne Pideritio, im andern Theil von der Graffschafft Lipp / kürtzlich angezogen. Welche er aber hiernechst Selber / mit folgenden Umständen /also erweitert:

Es wohnten / in der Stadt Blumberg / an einem Ort / welchen man den seligen Winckel nennt / zwo Nachbarinnen / gleicher Nahrung und Gewerbs; aber ungleiches Glücks: denn die Eine war reich / die Andre arm. Wie diese beyde / eines Tags / zusammen kommen / und miteinander in ein Gespräch gerahten; (massen es dann dergleichen Weibern / mit ungerührter Zungen / einander [47] nur vorbey zu gehen / schier eben so schwer fällt / als den Baum-Blättern daß sie nicht rauschen sollten / wenn sie der Wind gegeneinander schlägt) spricht das arme Weib / so Alheyd hieß / zu der reichen: Mich wundert sehr / daß euch Glück und Wolfahrt also täglich wachsen / und ihr reich werdet; mir aber das Glück abgehet / und ich von Tage zu Tage ärmer werde; so wir doch gleichwol beyde einerley Handthier- und Nahrung treiben / dazu mit gleichem Gut angefangen. Ich bin dessen gewiß /daß mein Eheman / und ich / in der Arbeit und Nahrungs-Mühe / je so fleissig seyn / als ihr / und euer Hauswirth. Doch hilfft uns unsere Arbeit nichts. Von eurer Arbeit / werdet ihr das Glück nicht haben: es wird anderswo herkommen.

Die Nachbarinn antwortete ihr freund- und nachbarlich darauff: Ja liebe Freundinn / die Arbeit thut es freylich allein nicht: sondern wer einen Gott im Kasten hat; der wird wol reich; dem fällt das Glück zu / und kann ihm an nichts mangeln. Diese verstund durch den Gott im Kasten / den Göttlichen Segen / welcher / durch ein gläubiges Vertrauen auff GOtt / durch fleissiges Gebet / Heiligung deß Sabbaths / und ordentliches Haushalten / als welches die Kammern voll machet / in den Kasten gezogen wird: Welches aber die Andre mißverständlich auffgenommen; wie wir ferner hören werden.

Das arme Weib wird darüber bestürtzt: und weil ihr die Antwort der Nachbarinn ein tieffes Nachsinnen erweckt; hebt sie das Gespräch [48] bald auff / geht heim; und durchsucht ihren Kasten. Wie sie aber den GOtt nicht darinn erblickt; macht sie ihr die Gedancken /ihr Reichthum werde eher nicht kommen / bevor sie deß Kasten-Gotts habhafft worden; tichtet derhalben /speculirt und spintisirt darauff / gleich dem Krebs im Sack / oder in der Butten / wie sie möge / in ihren Kasten / einen Gott bekommen.

Nun führet die Römische Kirche diesen bekandten Gebrauch / daß der Priester die Hostien / bey Administrirung deß Sacraments / elevirt (oder empor hebt) übers Haupt: worauff der Umstand niderfällt / und dieselbe anbetet: weil die / so dem Römischen Glauben anhängig sind / gläuben / wann die Hostie consecrirt und gesegnet wird / so bleibe es nicht Brod / sondern werde transsubstantiirt / das ist / wesendlich verwandelt / in den wahren Leib JEsu Christi: gestaltsam sie es alsdann nicht mehr für Brod / sondern für Christum Selbsten halten / und mit grosser Göttlicher Ehrerbietung in einer Monstrantzen / zeigen / auch dafür niderfallen / als vor Christo / GOttes und Marien Sohn; es werde gleich am Altar gezeigt / oder auff dem Felde / und durch einen Wald / herumgetragen.

Damit nun das Weib einen Gott in den Kasten bekommen möge; gehet sie / am Oster-Fest / gar fleissig in die Pfarr-Kirchen S. Martini gemeldter Stadt Blumberg; bevoraus und am allermeisten / wann der Kirchen-Diener (oder Priester) mit Administrirung der Hostien umgehet / wann er dieselbige consecrirt /wann er sie / unter der Meß / entweder selber gebraucht / oder Andren [49] austheilt / oder auch / zur Anschauung deß Volcks / in eine güldne oder silberne Monstrantz verfertigt. Auff daß sie aber könne desto genauere Achtung darauff geben; bereitet sie sich gleichfalls / äusserlicher Anstalt nach / zur Meß / und zum Gebrauch deß Nachtmals. Und / aufs Befindung /daß der Meß-Priester etliche Hostien erobert / giebt sie scharffe Achtung darauff / wo er dieselben hinlege / in Verwahrung / biß zum nechsten Gebrauch; und sihet Alles wol ab.

Indessen erweitern sich / in ihrem Hertzen / die Gedancken und Begierden / einen Gott im Kasten zu haben: und der Satan / welcher ihr Hertz schon eingenommen / reitzet und schirret tapffer zu / speyet ihr auch Mittel und Gelegenheit ein / daß es ins Werck gerichtet werde. Weil sie also nicht ruhen kann /schleicht sie gegen Abend / ehe denn der Mesner die Kirche verschließt / unvermerckt hinein / und verbirgt sich.

Als aber Jedermann der nächtlichen Ruhe geniesst /und am festesten schläfft / macht sie sich / aus dem Winckel / darinn sie sich hatte verschloffen / hervor /sperret mit gewissen Instrumenten / so ihr der Satan /als geheimer Rathgeber zu dergleichen Stücklein / an die Hand und in den Sinn gegeben / die Sacristey /und das Sacrament-Häuslein / auff / nimt die übergebliebene Hostien heraus / geht damit heim / und legt sie in ihren Kasten zur Verwahrung / voller Freuden und frohen Muts / daß nun die Reichthums-Götter in ihrem Kasten begriffen. Sie macht nun schon eine weitläufftige Rechnung / wie viel Guts und Gelds ihr so häuffig zuregnen werde / wo sie mit allem dem Gut [50] künfftig hin wolle / was für eine reichselige Frau sie /bey diesem vermeyntem Kasten-Gott / unn Geld-Magneten / der kein Eisen / sondern gutes Silber und Gold / nach sich ziehen werde / mit der Zeit seyn wolle; als die nunmehr einen gewissen Schatz / in ihrer Truhen / habe. Aber das falsche Nachtlicht und Irrwisch ihrer Hoffnung ist gar bald erloschen / nachdem die Sonne der Offenbarung auffgegangen.

Wie der Priester die übergebliebene Hostie gebrauchen will / und nicht mehr findet; wird er sehr bestürtzt / und setzt den Küster (oder Mesner) darum zu Rede: der ihm aber gar keine Nachricht zu geben weiß. Worüber der Priester so viel Klagens macht /daß endlich der Handel vor die hohe und nidrige Obrigkeit gebracht wird.

Zu der Zeit regierte Graf Bernhard / ein / in seinem Gottesdienste / eyfriger und tugendhaffter Herr. Dieser ließ ihm die That sehr übel gefallen; gab derhalben Befehl / man sollte scharff und genau / nach dem Thäter solches Kirchenraubs / dafür er es aufsnahm /forschen.

Nun hatte die Nachbarschafft deß Seligen Winckels / darinn die Thäterinn wohnte / auff diß Weib kein gutes Auge: angesehn / sie mercklich gespührt / daß es mit demselben nicht recht zuginge. Denn es richtete das Gespenst / bey Tage und Nacht / in und ausser dem Hause / ein gräuliches Geplerr / Gepolter und Geklopff an; bevorab / an dem Ort / wo die Truhe stund / darinn die Hostie lag: woselbst sich auch Liechter und brennende Fackeln sehn liessen. So empfand auch das Weib selbst / in ihrem Hertzen und Gewissen / [51] solchen Schrecken und Zagen / daß sie ihr selbst weder zu rathen / noch zu helffen wuste. Als sie derwegen vernommen / es wäre Befehl ergangen / daß man von Haus zu Hause nachsuchen sollte; und sie also / in der Angst / nicht wusste / wo sie / mit der gestohlenen Hostien / sollte bleiben; warff sie dieselbe in ihren Brunnen: welche aber durchaus nicht zu Grunde sincken wollte / sondern stets oben auff dem Wasser floß, wie sehr sie auch das Wasser rührte und erregte.

Also wird das Weib auff der That ergriffen / und gefänglich an- und in schweren Verhafft genommen. Man säumte auch nicht lange; sondern eilte mit ihr /an die scharffe Frage. Welche von ihr / durch immer härteren Angriff / die Bekenntniß endlich erpresste. Doch war sie so boshafft und verteufelt / daß sie an der That nicht allein Schuld haben / sondern / auf Eingeben deß Satans / ein junges unschuldiges Mägdlein mit einflechten wollte. Massen sie es dann / durch ihr vielfältiges Plaudern und Lügen / so weit gebracht /daß man selbiges auch eingelegt. Aber GOtt / der ein Schild der Unschuld ist / halff dem Mägdlein / daß es / nach gnugsamer Verantwortung / der gefänglichen Hafft wieder erlassen wurde.

Graf Bernhard / der zu einer solchen Zeit lebte / da Wissenschafft / Verstand / und Erfahrenheit / ziemlich dünn annoch gesäet waren / hielt diese Sache für so bös (wie sie dann auch eben nicht die beste war) und so wigtig / daß er allein nicht darüber ein Urtheil würde fellen können: ließ derwegen die Fürnehmsten deß Landes / ja das gantze Land / nach Blumberg /allwo er damals sein [52] Hoflager hielt / verschreiben /und zoch dieselbe zu Rath / wie der Handel anzugreiffen / und dieser Kirchen-Raub / an dem Weibe / gebührender Massen abzustraffen wäre. Nachdem derhalben die That erwogen / fiel das Urtheil nach solcher Schwerigkeit / als wie man das Verbrechen achtete; nemlich daß das Weib lebendig mit Feuer / Andren zum Exempel / sollte veräschert werden.

Die Vollziehung solches Spruchs wäre auch /gleich deß Tages / noch vor sich gegangen / daferrn nicht eine Verhinderung dazwischen gefallen: also /daß sie / nach ergangenem Urtheil wiederum in die Gefängniß geführt / und die Nacht noch in Verwahrung gehalten werden sollte.

Aber es erregte der Teufel / aus Verhengniß GOttes / ein so starckes Ungewitter / von Donner / Blitz /Regen / Sturm / und Erdbeben / daß alle / die zu Blumberg gegenwärtig / ja der Graf selber / der sonst ein mutiger und kühner Herr war / sehr erschracken /und gar kleinmütig wurden. Deß Pastorn Haus gieng zur Stunde an / und brannte zu Grunde: weil / bey solchem verworrenem und bestürtztem Zustande / Niemand retten und leschen kunnte. Man sagt / es sey vom Himmel / mit Donner und Blitz / angezündet /und so eilends vom Feuer gefressen worden / daß Keiner dazu kommen können / um einige Rettung zuthun.

Der Wind tobte gleichfalls hefftig / so wol im Walde / als im Felde / richtete eine grosse Verwüstung an / und riß unglaublich-viel Bäume danieder. An der Stadt / vor dem Heu-Thor / stund eine grosse Linde / an welcher Stäte auch das Weib [53] endlich ist verbrannt worden: selbige Linde fasste der Wind /hub sie / mit Wurtzel und Stamm / aus der Erden /kehrte sie dergestallt um / daß die Wurtzel oben / der Gipffel aber / samt den Zweigen / unten zu stehn kam / und in die Erde gesteckt ward. Andrer Abentheuren /so dabey geschehen / zu geschweigen.

Diß Ungewitter / Donner / Blitz / Platzregen / und Sturmwinde / erschreckten Männiglichen so hart / daß Niemand / die gantze Nacht durch / vor Furcht und Angst / ein Auge schliessen kunnte. Jedermann wünschte / mit höchstem Verlangen / daß es Tag werden mögte. Weßwegen Graf Bernhard GOtt gelobte: wann Er dieses entsetzliche Ungewitter würde lassen auffhören / so wollte er deß lieben Tags nicht völlig erwarten; daß das Weib ausgeführt / und verbrannt würde. Welches auch / folgenden Morgens / in aller Frühe / geschehen. Worauf sich allererst das Ungewitter gelegt / und gäntzlich gestillet.

Den Brunnen aber / darein die Hostia geworffen worden / hat man verwahrt. Bey welchem der Teufel hernach viel Gespenster hat sehen lassen. Man erblickte Liechter / und brennende Fackeln. Wann auff die geschriebene Urkunden deß Klosters Blumberg /zu sussen / so hat man auch nachmals / an dem Wasser solches Schöpff-Brunnens / grosse Krafft / verspührt / wovon die Krancken und Bresthaffte / so es gebraucht / genesen / die Blinden sehend / die Lahmen gehend worden: Und ist schier kein Mangel /oder Gebrechen / zu nennen gewest / so diß Wasser nicht hette heilen können. Das ward nun für eine grosse Gnade und [54] Wolthat GOttes / geachtet / und der Gerüchts-Schall davon dergestalt ausgebreitet / daß /aus fernen Landen / gebrechliche Leute angelangt /um aus diesem Brunnen / die Gesundheit zu schöpffen.

Im nachgehendem Jahr / ließ Graf Bernhard / zur Dancksagung für solche Göttliche Wolthat / einen Altar auff den Brunnen bauen: an welchem man Messe gelesen / und gebeten / daß GOtt / aus Gnaden / dem Wasser die grosse Krafft lassen wollte. Darauff ist nicht allein ein häuffiger Zulauff gebrechlicher Leute / aus allerley Nationen / erfolgt / welche so wol für sich deß Wassers gebraucht / als für Andre etwas davon mit sich heim genommen: sondern man hat auch mit Verwundrung gesehn / wie viel milder Gaben die ungesunden Leute / auff den Altar geopffert. Welches den München / als die solches / auff ein neues Kloster-Gebäu / bestimmten / nicht übel gefiel. Denn deß Zulauffens und Opfferns war kein Ende: das Zutragen übertraff alle Vermutung / also /daß man sich nicht gnug drüber verwundern kunnte. Aber alle Gaben und Gifften wurden zusammen- und zurück gelegt / biß ins folgende 1462ste Jahr: da eine schöne Kapell draus erwuchs / und aus solchem Kapell-Gebäu / ein noch viel grösserer Zulauff und Betfahrt.

Dieses lieff dem Prior und Convent deß Klosters zu Möllenbeck zu Ohren. Welcher / samt Andren / hieraus die feste Einbildung fasste / GOtt wollte hiemit zuverstehn geben / daß daselbst eine Kirche / oder ein Kloster / erbaut werden sollte; darauff hielt man /beym Grafen [55] Bernhard zur Lipp / alsofort an / um Erlaubniß / daß sie ein Kloster ihres Ordens / an selbiger Stäte / stifften / und bauen mögten / und Er / der Graf / zur Ehre deß Heil. Leichnams Christi / so wol durch Befehl / als würckliche Hülffe / dazu Beforderung thun wollte: Welches GOtt / mit leib- und geistlichen Wolthaten / gegen Ihm / und seinem Stamm-Hause / Segen-reichlich ersetzen würde; Sie auch selbst / mit Wachen / Beten / Fasten / Messen / Vigilien / und allen klösterlichen Diensten / um die Wolfahrt seines Hauses danckbarlich zuverschulden / niemals hinlässig seyn / sondern so viel Segens erbitten wollten / daß Ihm keine Reu / aus seiner Willfährigkeit / entstehn sollte.

Weil nun dem Grafen / als einem Herrn / der Ihms für eine Ehr achtete / die Ehre der Andacht und Gottseligkeit zu vermehren / ohnedem ihr Fürsatz gar wol gefiel: gab er desto lieber sein Vollwort dazu / nebst gnädiger Verheissung / solches ihr christliches Werck mit so günstiger Bezeigung zu fordern / daß die künfftige Herren Conventualen ein Begnügen dran tragen sollten.

Zu selbigen Zeiten / ging der Gebrauch im Schwange / daß / wenn ein Kloster / oder Kirche erbaut werden sollte / man Leute abfertigte / an andre Oerter /um Geld / und andre Nothdurfft / dazu einzusammlen: wie noch heutiges Tages / bey allen christlichen Religionen / geschicht. Diesen Brauch machten sich damals die Herren von Möllenbeck gleichfalls zu Nutze; damit sie ihr vorgenommenes Kloster-Gebäu so viel mehr / ohne grosse Schulden / mögten verfertigen: schickten demnach zween und zween aus / fast durch die gantze [56] Christenheit; nemlich zween in Ober- und zween in Nieder-Teutschland / zween in Dennemarck / Schweden / und Lieffland / zween in Polen / zween in Engeland / Spanien / Italien / und andre Oerter. Selbige Abgeordnete / denen man versiegelte Bitt-Briefe mitgegeben / kamen jährlich zweymal wieder an den Ort / von dannen sie abgefertigt waren; lieferten eine unglaubliche Summa Geldes / und andren Guts von allerley Sorten. Daraus dann leicht abzunehmen / daß diese Conventualen deß Heil. Grabs nicht umsonst zu hüten / sondern / über die Nothdurfft deß Gebäues / auch noch einen ziemlichen Vorraht beyzulegen / gewünschet. Dieses Betteln trieben sie fast sieben Jahre lang / nemlich biß ins 1469ste Jahr. Da sie deß Baues einen Anfang machten / nachdem sie sich dazu gnugsam gerüstet und versorgt hatten. Und / in folgenden Jahren / führten sie es völlig aus. Wozu Graf Bernhard / und dessen Bruder / der Bischoff zu Paderborn / mit beyden Ländern / dennoch auch / ohn die so häuffige Steuer-Sammlung / einen ehrlichen Beytrag gethan. 1

Simon zur Lipp / weiland Bischoff zu Paderborn /hat / in einem geschriebenem Edict / Anno 1481 / bey Beschreibung dieses Kirchenraubs / gemeldet / das Weib / so die Hostien heimlich aus der Kirchen geraubt / sey eine Zauberinn gewest / habe die Hostien /zu ihrer Zauberey / brauchen / und andren Leuten damit Schaden zufügen wollen. [57] Dieses kann / neben dem vorigen Bericht / gar wol bestehen / und der Satan / nachdem sie vorher die Hostien geraubt / sich zu ihr gesellet / und ihr gerathen haben / der Hostien sich / zu Zaubrischen Künsten / zu bedienen / mit Versprechen / wann sie solches thun / und den Leuten damit Schaden thun würde; so wollte er sie reich machen. Daher er nachmals auch ein solches Getöß / und Gepolter / um den Brunnen / und ein so grausames Ungewitter in der Lufft gemacht. Um welches Willen / ich diese Geschicht dem gespenstischem Tumult beygerechnet / und diesem Werck einverleibt habe.

Erwehnter Bischoff hat / bemeldtem Edict / sonst noch viel seltsame Sachen hievon eingefügt / welche Pideritius ungereimte nennt; aber dabey nicht namhafft macht: weßwegen wir dieselbe / alldieweil sie nicht ausgedruckt worden / an ihrem Ort gestellt seyn lassen; und uns allein deß Paulinischen Spruchs hiebey erinnern: Wenn wir Nahrung und Kleider haben / so lasset uns benügen: Denn die da reich werden wollen / fallen in Versuchung und Stricke. 2

Fußnoten

1 S. Pideritii andren Theil der Chronic von der Graffschafft Lipp / am 592sten und etliche folgenden Blätern.

2 1. Timoth. 6. v. 8. 9.

11. Die Weisse Frau

[58] XI.

Die Weisse Frau.

Es dörffte sich nicht unbillig Mancher darob verwundern / warum nicht so sehr die Geburt / als der Tod eines Menschen / bevoraus eines gar fürnehmen /durch unterschiedliche Vorzeichen / gemeinlich bedeutet werde. Denn ob zwar wol bißweilen eine hohe Geburt / durch einige merckwürdige Vorbegebenheiten / geweissagt wird / als durch wunderbare Träume /und dergleichen: geschicht doch solches nur gar selten / und fast anderst nicht / als wann die obhandene Geburt grosse Verändrungen nach sich ziehen / und der Geborne denckwürdige Thaten verrichten wird: dahingegen die Todes-Fälle nicht allein der Fürnehmen /oder Gewaltigen / sondern auch der Geringen / gemeinlich fast / durch etwas / zuvor bemercket werden.

Ich vermute / die allgemeine Ursach sey diese / daß die Verändrung / bey dem Absterben deß Menschen /viel wigtiger / als bey seiner Geburt: angemerckt / er /durch die Geburt / in die Zeitlichkeit / aber / durch den Tod / in die Ewigkeit / der Seelen nach / gehet. Die Geburt bringt ihn in den Streit / und führt ihn an den Kampff: der Tod aber stellt ihn vor den Kampff-Richter / entweder zur Krönung; wofern er einen guten Kampff gekampfft: oder zur Verhönung und Schmach; dafern er sich von der Welt / und ihren Lüsten / überwinden lassen. Darum erweckt der Tod deß Menschen / bey guten und bösen Engeln [59] / ein grosses und besondres Auffmercken: wobey die Geister sich entweder freuen / oder betrüben / nachdem der Abscheidende wird wol- oder übel fahren. Daher die bösen Geister / durch einige Vorzeichen / ihren Verdruß und Neid über den Eintritt der frommen Seelen ins Paradiß; und hingegen ihre Ergetzung / über die obhandene Verdamniß der Boßhafften / zuverstehen geben; auch zugleich bey den noch lebenden Leuten das Ansehn einer Allwissenschafft / oder Vorwissenschafft / oder zum wenigsten eine Verwunderung über ihre Vor-Erkenntniß / suchen / als solche stoltze Geister / die / von den Menschen / gern hochgeachtet seyn wollen.

Zudem richten die verworffene Engel ihr Absehen hiebey / ohne Zweiffel / auch darauff / daß die Leute /durch solche Vorzeichen / mögen bewogen werden /die Wahrsager und Zaubrer / über dieses oder jenes Menschen Leben und Tod / oder wegen andrer verborgener Dinge / zu befragen.

Uberdas frohlocket der Teufel über keines Menschen Geburt; ausgenommen über eines solchen / der grosses Unglück / Blutstürtzung / Ketzerey / und grosse Aergernissen / auf Erden wird anrichten: gegentheils freuet er sich alle Mal über eines Menschen Tod: weil er deß Todes Anstiffter ist / und alle Menschen gern auf ein Mal erwürgte / wann er dörffte.

Solten aber einige Vorzeichen / auch durch gute Engel / geschehen; wie Ihrer viele unter den Vätern /und noch heut manche Schrifftgelehrte / dafür halten: so bedeutet solches eine Warnung / daß man auff den Krancken Achtung geben / oder ein Jedweder [60] / der etwas davon vernimt / in guter Bereitschafft stehen /und dabey mercken solle / es sterbe Keiner ohngefähr / sondern nach GOttes allweisem und allwissendem Rathschluß.

Hohe Todes-Fälle werden gemeinlich einige Tage zuvor / durch Erscheinung eines sonderbaren Gespenstes / angezeigt; ja allerdings auch wol die gefährliche Kranckheiten hoher Personen; wann nemlich der Geist / in seiner Mutmassung / irret / indem er gäntzlich sich eingebildet / die Kranckheit werde anders nicht / als mit dem Sarck / sich endigen; und GOTT es dennoch hernach anders schickt.

In unsrem Teutschlande / ist am ruchbarsten schier die so genannte Weisse Frau / welche / wann der Tod / an gewisser grosser und ruhm-bekandter Fürsten Paläste / anklopffen will / sich daselbst blicken lässt. Wiewol dieses Gespenst / in solchen Teutschen hohen Häusern / allein nicht; sondern auch unterschiedlicher Orten in Böhmen / sich sehen lässt; doch nur bey fürnehmen Familien. Denn es macht sich ge ringen Häusern und Wohnungen nicht gemein: womit dieselbe Zweifels ohn auch gar wol zufrieden / und eines solchen Gastes / der eben so wol den Fürnehmen nicht angenehm / als ein Vorbot obhandener Traur / nicht ungern entrahten.

Es soll diß Weisse Gespenst den Anfang seiner Erscheinung / vor vielen Jahren / in Böhmen / gemacht haben / und / noch heutiges Tages / in den meisten Schlössern der Herren von Rosenberg / und derer von Neuhaus / welche diese beyde fürnehme [61] Familien ehedessen besassen / sich offt zeigen.

Solches hat nicht nur etwan allererst / in diesem Jahr-hundert / seinen Anfang / sondern allbereit vor gar langer Zeit / genommen. Richterus beglaubt / 1 die Weisse Frau habe schon bey vielen Lebens-Läufften /unter denen Herren von der Rose / (oder von Rosenberg) eine Leiche zuvor angedeutet. So wird auch /von dem Jesuiten / P. Bohuslao Balbino, die Gewißheit der noch heutigen Erscheinung dieses Gespenstes / mit unterschiedlichen Zeugnissen / versichert. Denn weil er / als ein gelehrter Mann / wol verstanden / daß das offentliche Gerücht manches Geticht und Mährlein denen Leichtgläubigen / unter die Waaren der Warheit / mit einmengt; hat er / vor einer genauen Nachforschung / nicht allerdings trauen wollen / daß ein solches Gespenst jemaln erblickt würde: ohnangesehn ihm unverborgen gewest / daß es eine uralte Sage / die / von den Vor- und Ur-Eltern / biß zu derselben heutigen Nachkommen / erschollen / überdas in alten Büchern / und Verzeichnissen / zu lesen wäre. Daher er sich hierinn eher nicht / zu Ruhe /geben können / als biß er einen glaubhafften Zeugen gefunden hette / der da sagen könnte / er hette dieWeisse Frau selber gesehn.

Derselben fand er endlich / bey solcher Untersuchung / die Menge: Darunter nicht wenige solcher Leute waren / die auff dem Schloß zu Neuhaus / bey Nachtzeit vielmals arbeiten und wachen müssen; als Keller / Kuchen-Meister / Köche / Becker / Wächter /und Schild-Wächter; ja so gar [62] der Lands-Hauptmann und Gubernator über die gantze Landschafft der Slavatarum, nemlich der Herr Samuel Caroli / ein gar auffrichtiger / und wolbetrauter Herr; imgleichen der Pater der Societet Jesu zu Praga / Herr Georgius Müller / der / bey der Societät / unterschiedlichen Aemtern lange Zeit vorgestandē / unn dem fragen dem P. Balbino / mehr als ein Mal / gesagt / Er hette selber dieWeisse Frau / um die Mittags-Zeit / gesehn / da sie /aus einem Schloß-Fenster / von einem öden und unbewohntem Thurn / zu welchem / weil alle Stuffen und höltzerne Stiegen / von Alter verfaulet und gar zu gebrechlich worden / Niemand mehr hinauff steigen können / herab / auff die unten ligende Stadt / Neuhaus / und sonderlich auff den Marckt zu geschaut: Sie wäre gantz weiß gewest / auff dem Kopff einen weissen Witwen-Schleyer / mit weissen Bändern / tragend; einer langen Statur / und gar sittsamen Angesichts: Als aber Männiglich / auff dem Marckt / mit Fingern auff sie gezeigt / und sie gemerckt / daß man nach ihr hinauff geschaut; wäre sie zwar / von ihrer Stäte / nicht hinweg getreten / doch allgemach immer kleiner worden / gleich als ob sie hinab stiege / und endlich gar verschwunden.

Herr Wilhelmus Slavata, Böhmischer Reichs-Cantzler / und Herr dieses Schlosses / thut dieser Weissen Frauen Meldung / in seinen libris Apologeticis, und schreibt nicht anders davon / als von einer gantz gewissen Sachen / die allerdings Land-kündig sey: setzet auch hinzu / die Weisse Frau könne / aus dem Fegfeuer nicht erlöset werden [63] / so lange das Neuhauser Schloß stehe; aber / wann solches eingefallen /oder eingerissen / alsdann werde sie auch aller Pein entnommen werden. Welche Meynung aber dem Pater Balbino gar nicht anständig: als der dafür hält / dieser Cantzler sey / zu solchem Wahn (angemerckt / er P. Balbinus / die Weisse Frau / für viel frömmer achtet /als daß sie noch im Fegfeuer schwitzen sollte) durch die schwache und unglaubwürdige Authoritet eines Priesters / der schon viel Leute / mit seinen falschen Gesichtern / betrogen hatte / verführet worden. Und ich glaube selbst / der P. Balbinus urtheile recht /nemlich daß die Weisse Frau nicht im Fegfeuer sey: wiewol ich doch auch nicht mit anstehe / auf die Wette / daß sie eine gottselige Seele sey / wie Er zwar behaupten will.

Er berichtet weiter / es sey / bey seiner Zeit / und zwar auch dazumal / wie er / in dem Jesuiter-Collegio zu Neuhaus / gelebt / mehr als einmal / erschollen /die Weisse Frau wäre erschienen: worauf selbiger Herren Einer allezeit gestorben: Und wisse er sich noch / aufs allerbeste / zu erinnern / daß Sie gleichfalls / vor tödtlichem Hintritt deß Gubernators / Herrn Paul Adam Slavata / erschienen.

Man hat aber / von solchen Personen / denen Sie zum öfftern begegnet ist / die Nachricht / daß sie nicht nur / vor dem Absterben selbiger Herren / sich sehn lasse; sondern auch / wann eine Geburt / oder Vermählung / oder sonst etwas / so selbiger fürnehmen Familie zur Herrlichkeit und sonderbaren Ehren erspriesst / obhanden: Jedoch gehe sie Traur- und Lust-Begebenheiten / durch dieses [64] Zeichen / zu unterscheiden; daß / wann ein Sterb-Fall bevorsteht / Sie /in beyden Händen / schwartze Händschuhe trage; aber / zu Bedeutung frölicher Vorfälle / gantz weiß / im Talar / nach der Weise fürnehmer Stands-Witwen /herein gehe.

Wiewol Gerlachius schreibt / der Römisch-Keyserliche Gesandter an die Ottomannische Pforte /Freyherr von Ungnad / habe / in Constantinopel / über Tafel / gedacht / so offt Einer vom Rosenbergischen Geschlecht in Böhmen / da die Herren von Rosenberg ihren Sitz hetten / geboren würde / sähe man ein Weib / mit weissen / wann aber Jemand aus ihnen stürbe /eines mit schwartzen Kleidern / gehen. 2

Derhalben giebt dieses Exempel der Weissen Frauen einen Abfall / von meiner Eingangs-Rede / nemlich daß die Geburten der Menschen nicht so sehr / als die Sterb-Fälle derselben / durch Vorzeichen zuvor bedeutet würden. Wiewol ich dabey gesagt / daß es /bey den Geburten / nur selten geschehe. Welches ich also meyne / daß nur an wenigen Orten / oder bey wenig Familien / und dazu nicht alle Mal die menschliche Geburten durch sonderbare Anzeigungen vorher geweissagt worden.

Bißweilen sihet man sie / mit geschwindem Gange / als wie gleichsam gar geschäfftig / durch das Schloß gehen / und bald diß / bald jenes Zimmer / mit einem / an ihrem Gürtel hängendem Bund Schlüssel / auf-und auch wiederum zusperren / so wol bey lichtem Tage / als bey Nacht / ohn [65] Unterscheid. So ihr alsdann Jemand begegnet / und sie grüsset; ertheilt sie ihm (daferrn er sie nur sonst nicht verhindern will / in ihrem Thun ) einen Gegen-Gruß / mit einer hohen lieblichen und einer altenden Witwen wolanständigen Gravitet / oder Erbarkeit / und züchtig-schamhafften Augen; neigt zu grossen Ehren das Haupt / und geht also ihres Wegs / ohne Beleidigung einiges Menschen.

An der Gewißheit dieses Gespenstes / trage ich gleichfalls keinen Zweifel: weil / wie gleich Anfangs gesagt worden / in gewissen Chur- und Fürstlichen Häusern deß Romischen Reichs / so wol Reformirter als Evangelischer Religion / diese Weisse Frau / vor ob-erzehlten Fällen / eben so wol gesehn wird. Wie man denn für glaubfest berichtet / daß / als vor etlichen Jahren / auf einem Hochfürstlichem Hause / ein schöner junger Printz sich unversehens zu Tode gestürtzt / und den Hals gebrochen / einige Tage zuvor /die Weisse Frau daselbst / bey hellem Tage / sich habe sehn lassen. Und weil man / ohne Benennung eines glaubwürdigen Scribentens / solcher Erzehlung zu gläuben gern verzüglich ist: stelle ich den Hochfürstlich-Brandenburgischen Hof-Prediger / undTheologiæ Professorem, Herrn Johann Wolfgang Rentschen / dar. Welcher / in seinem Brandenburgischem Ceder-Hein / solchen Fall / mit diesen Zeilen /dem Leser versichert.

Den 26 Augusti deß 1678 Jahrs / ritte der tapffre Printz / von dem gantz Teutschland grosse Hoffnung gemacht / nemlich der Herr Marchgraf / Erdmann Philipp / von [66] der Rennbahn / zu Bareut / ins Hochfürstliche Schloß / und stürtzte / mitten im Schloß-Hofe / etliche wenige Schritte von der Stigen / mit dem Pferde / daß / nach zweyen Stunden Verlauff / Er / auf seinem Bette /selig verschieden; ob Er schon / nach dem Fall /die Treppe hinauf gegangen / und sich / als ob der Fall nichts zu bedeuten hette / aus Trefflichkeit seines tapffren Gemüts / angestellet. Es hatte etliche Omina, vor seinem Tode / im Hochfürstlichem Schloß / gegeben / und die Weisse Frau (so nennet man ein Phænomenom, welches / dem Vorgeben nach / allezeit / bey bevorstehenden Fürstlichen Trauer-Fällen zu erscheinen pflegt) auf dieses Printzens Leib-Stuhl sich sehen lassen; auch das Pferd / die gantze Woche / sich rasend und fremd angestellt. Worüber dieser unvergleichliche Printz selbst sorgfältig worden / und um Seiner Hochfürstlichen Durchleucht / Herrn Marchgrafen / Christian Ernsten / welcher damals bey der Keyserlichen Armee sich befunden / sich bekümmert / auch ein Mehrers nicht gewünschet / als /daß es nur seinem Herrn Vettern nichts übels bedeuten mögte. 3 Biß daher diher die Feder Ehren-erwehnten Professoris.

Ich geschweige jetzo mancher andrer Exempel mehr: weil dieses / ohne das / in Teutschland / eine ungezweifelte Gewißheit / daß selbigen hohen [67] Häusern die Weisse Frau / durch ihre Erscheinung / das Vor-Zeichen einer entweder fröligen / oder traurigen /glück- oder unglückseligen Veränderung / gebe.

Unterdessen lasse ichs dennoch / bey obiger meiner Rede / verbleiben / daß der Ursprung oder Anfang solches Gespenstes in Böhmen zu suchen sey. Angemerckt / die Herren von Rosenberg / ihres hohen Vermögens / Ansehns / und grossen / Fürstenmässig-geführten Stats wegen / in so sonderbarer Betrachtung gewest / daß solche Hochfürstliche Häuser sich / mit ihnen zu befreunden / kein Bedencken getragen. Ja! es gedenckt vorerwehnter Gerlachius in seinem Türckischen Tag-Buch / der / damals bey seiner Zeit / nemlich Anno 1577 / noch lebende / alte Rosenberger sey dazumal der Gewaltigste in Böhmen gewest / und habe auch / in der Polnischen Wahl / seine Stimme mit gehabt. 4

Die Gemahlinn Herrn Wilhelms von Rosenberg hat Sigismundi / Königs in Polen / Tochter / zur Mutter gehabt; Er selbst aber / der Herr Wilhelm / vier Mal /in Hochfürnehme Fürstliche Häuser geheirahtet / als ins Braunsweichische / Brandenburgische / Badische /und Pernsteinische: da es dann alle Mal ihn ein grosses gekostet / die Braut so wol / als Dero hochanverwandte Fürsten / zu beschencken / und dazu Jene /mit ansehnlicher Morgen-Gabe / und Leib-Gedingen /zu versehen. Unter sothanen viererley Gemahlinnen /ist ihm / mit der / aus dem Durchleuchtigstem Hause Brandenburg / das allermeiste darauf gangen: [68] indem er sich / solch einem hochherrlichem Hause zu Ehren /am herrlichst- und prächtigsten / erwiesen / so wol mit seinem Aufzuge / als andrem Wesen. Und weil das Beylager / zu Berlin / angestellt worden / dahin seine Böhmische Herrschafften ihm / mit Victualien /keinen Beytrag thun können; hat er desto tieffer / in die / wiewol hochvermögliche / Baarschafft / greiffen / und allen Aufgang / mit Gelde / abrichten müssen. Welches denn ein Hohes ausgetragen: Angesehn / er /mit sich / nach Berlin / etliche hundert Reuter aus dem Böhmischen Adel / geführt / und daselbst / auf seinen Kosten / unterhalten; imgleichen gantze Gutschen voll Böhmischer Jungfrauen und Frauen von fürnehmer Geburt / welche der Braut / mit ihrer Gesellschafft und Begleitung nach Böhmen / aufwarten sollten.

Diesem nach hat sich die Weisse Frau etlichen solcher Hochfürstlichen Häuser gleichfalls mit anhängig gemacht / und lässt sich daselbst / bey wigtigen Bevorstehungen / bevorab leidtragenden Fällen / so wol blicken / als auf obbemeldten Böhmischen Schlössern: und zwar nicht nur an denen grossen Hösen allein / in welche der von Rosenberg geheirahtet; sondern auch / an theils andren Hoch-Fürstlichen Höfen / welche mit denen vorigen in Verwandschafft stehen.

Es stellet obbenannter Author / Herr Pater Balbinus / hernach die Frage an / ob die Weisse Frau ein gutes Gespenst sey / und unter die Seelen oder Geister / so bey GOTT dem HErrn in Gnaden seynd / zu rechnen: Sein [69] Urtheil / als eines Römisch-Catholischen Ordens-Manns / lautet hierüber also.

Die Thaten selbst (schreibt er) reden deutlich gnug davon / daß die Weisse Frau (wie man sie / schon von etlichen Jahr-Hunderten hero / gewöhnlich nennet) in der Liebe GOttes beharre: denn es kann weder ein böser Engel / noch eine verdammte Seel / auf solche Weise sich stellen und verstellen / daß nicht (wie wir / durch unzehlich viel Exempel / belehret werden) bißweilen entweder ein böses Wort / oder in solcher Pein / welche die verdammte Seelen allenthalben begleitet / einige Anzeigung der Verzweiflung / heraus fahre / oder auch ein teuflisches und grausames Ungeberde hervorblicke. Die Weisse Frau aber lässt / in ihrem Angesicht / nichts / als lauter sittsame Bescheidenheit / Zucht / Schaamhaffigkeit / und Gottseligkeit / erscheinen.

Man hat gar offt gesehn / daß sie zörnig worden /und ein finsteres Gesicht gemacht / wider die jenige /welche / wider GOtt / oder den Gottesdienst / eine lästerliche Rede ausgeschüttet; ja! daß sie dieselbe auch wol mit Steinen / und allem / was ihr in die Hand ge kommen / verfolgt habe. Wozu noch kommt ihre Liebe / gegen die Armen und Dörfftigen. Denn alle alte Gedächtnissen (oder Gedenck-Schrifften) stimmen hierinn überein / die Weisse Frau habe den (so genannten) süssen Brey / welchen man den armen Unterthanen / am Tage der Einsetzung deß heiligen Abendmahls / jährlich kocht / am ersten / samt selbigem gantzen Gast-Mahl / verordnet / und gestifftet. Weßwegen sie dann / woferrn entweder der bösen Zeiten / [70] oder feindlicher Gefahr / oder andrer Ursachen halben / solche Gutthat / an den Armen / unterlassen wird / sich so unruhig / so übel vergnügt / ja gantz rasend und wütig / erzeigt / daß sie gantz unerträglich wird / und sich nicht eher zur Ruhe giebt / als biß den Armen die gewöhnliche Barmhertzigkeit /daß sie gespeiset werden / widerfährt. Alsdann sihet man sie erst wieder frölig und munter / und Niemanden überlästig / noch beschwerlich.

Ich habe (schreibt er ferner) von glaubwürdigsten Leuten / vernommen / daß / als / vor dreyssig und mehr Jahren / die Schweden / nach Einnehmung selbiges Schlosses / und der Stadt / den Armen diese Mahlzeit auszurichten / entweder vergessen / oder fürsetzlich unterlassen / sie / die weisse Frau / einen solchen Tumult und Getümmel erregt / und dergestalt getobt / daß die Leute im Schloß schier drüber hetten verzweifeln mögen. Es ward die Soldaten-Wacht verjagt / geschlagen / und von einer geheimen Gewalt zu Bodem gestürtzt. Es begegneten solchen Schild Wachten mancherley seltsame Gestalten und Wunder-blasse Gefichter / (simulacra modis pallentia miris, giebts der Author / mit den Worten deß Poetens.) Die Officierer selbst wurden / bey Nacht / aus den Betten /und auf der Erden herumgezogen. Da man nun gantz keinen Raht wusste / diesem Ubel zu steuren / sagt Einer von den Telczensischen Bürgern dem Schwedischen Commendanten / es sey den Armen die jährliche Mahlzeit nicht gereicht / und räht ihm / er solle solche alsofort / nach der Vorfahren Weise / geben lassen. Nachdem solches geschehn / hat man / im Schloß / alsofort [71] Ruhe bekommen / und ist Alles überall von Gespenstern so still worden / daß allerdings auch die Winde zur Ruhe gelegt schienen.

Es findt sich aber (wie mehr-besagter Author hinzuthut) in den Jahr-Geschichten deß Neuhäusischen Jesuiter-Collegii, die Weisse Frau habe noch eine grössere Anzeigung gegeben / daß sie ein guter Geist sey. Denn als / im Jahr 1604 / am 24 Jenner / der Letzte von der vorleuchtenden Neuhäuser-Familie /die / in ihrem Wapen / eine güldne Rose im blauen Felde führte / Namens Joachim / auf seinem Schloß /in tödtlicher Schwachheit lag / und Niemand doch gleichwol einen Priester aus dem Collegio holte; klopffte die Weisse Frau gantz leise an die Thür / tratt darauf gantz ansehnlich ins Gemach hinein / zu dem Pater Rector deß Collegii, Nicolao Pistorio, dessen sich Herr Joachim meistentheils zum Seel-Pfleger gebrauchte / und ermahnte ihn / er solte eilen / und das heilige Sacrament mit sich / zu dem Krancken / hintragen; sintemal der Herr Joachim nicht länger / als eine Stunde / mehr zu leben hette. Der Pater gehorchte / lieff damit fort / fand den Bettlägerigen im Todes-Kampffe / ertheilte demselben doch noch / auf angehörte Beicht / die Absolution / samt der himmlischen Weg-Zehrung / und überließ ihn also / nach so guter Vorbereitung / dem Himmel.

Diese wigtige Verrichtung nun der Weissen Frauen begreifft einen gewaltig-starcken Beweis (nach vielgedachten Patris Urtheil) daß sie / in einem trefflich-gutem Zustande / bey einem frölig- und glückseligem Gewissen / lebe.

[72] Solches sein Urtheil desto mehr zu bekräfftigen /bringt er über das noch bey / was man sonst von ihr erzehlet habe / nemlich / daß / als Frau Catharina von Montfort die Fr. Maria von Hohenzollern / in ihrer Kranckheit zu Bechin besuchte / und nicht gleich eine Fackel bey der Hand war / die Weisse Frau alsofort sich dargestellt / und mit einer Fackel voran gegangen.

Daß diß Gespenst alle dergleichen Sachen gethan /kommt mir gar nicht unglaublich vor. Denn / wie oben schon erwehnt / so zeiget sichs eben so wol / an etlichen hohen Höfen in Teutschland / wann solchen grossen Häusern ein Traur-Fall bevorsteht: Und höret man offt gar wunderseltsam-abentheurliche Händel davon: darunter auch dieses / daß einer grossen Fürstinn / als sie / mit einer Kammer-Jungfrauen / in ihrem Zimmer / vor den Spiegel getreten / um einen neuen Aufsatz zu probiren / und endlich besagte ihre Kammer-Jungfrau gefragt / wie viel die Uhr wäre? unversehns und plötzlich die Weisse Frau / hinter der Spannischen Wänd / hervortretend soll erschienen seyn / und gesprochen haben: Zehen Uhr ists / Ihr Liebden! Worauf dieselbe hohe Fürstinn zum hefftigsten erschrocken / auch / etliche Tage hernach / Bett-und über wenig Wochen auch gar Grablägerig worden. Wiewol ich / für die Gewißheit dieser Begebenheit / nicht gut spreche.

Ob aber ruhmgedachten gelehrten Patris Balbini Meynung / daß die Weisse Frau eine selige Seele seyn müsse / glaublich / und aus dem / von ihm angeführten / gütlichem Verhalten derselben / wie auch sonderbarem Eyfer für die geistliche Seel- [73] Verpflegung ihrer Nachkommen und von ihr gestiffteten Speisung der Armen erweislich sey; darüber soll / an diesem Ort / kein Streit erregt werden: Ich zweifle aber / wann dem Herrn Pater Balbin zur Erfahrung /oder Erinnerung / gekommen wäre / daß die Weisse Frau eben so wol / an unterschiedlichen Höfen protestirender Fürsten / vor den Sterb-Fällen / sich den Leuten ins Gesicht stelle / ob er / bey solcher seiner Meynung / daß sie im Stande der Seligkeit sey /würde beharren.

Meines Theils aber will ich die Entscheidung / ob es der Reichs-Cantzler / Herr Wilhelmus Slavata, oder der Herr Pater Balbin / oder Keiner dieser Beyden / getroffen / ans Gericht der Herren Theologen verwiesen haben.

Fußnoten

1 In Axiomat. Oeconomic.

2 Gerlachius, im Türckischen Tag-Buch / am 301. Bl.

3 S. den Brandenburgischen Ceder-Hein obbenamsten Authoris, am 714 Blat.

4 Gerlachius, im Türckischen Tag-Buch / am 301 Bl.

12. Der Weissen Frauen Ursprung

XII.

Der Weissen Frauen Ursprung.

Ob gleich / wie am Ende voriger Erzehlung / angezeigt worden / der Herr Pater Balbinus / bey Eröffnung seines Urtheils von der Weissen Frauen / einige Scrupel hinterlassen: verdient doch die geschickte Feder dieses / um die gelehrte Welt wolverdienten /Manns / daß wir sie / von der Weissen Frauen /noch weiter reden hören. Denn ob es schon nicht Alles / nach unsrem Sinn und Beduncken / lauten dörffte: wird doch viel Leswürdiges darunter vorkommen.

[74] Es sey nun die Weisse Frau ein blosses Gespenst /oder / wie der H. Pater Balbinus urtheilet / eine Seel /und zwar eine selige Seel (welches ich an seinen Ort gestellt seyn lasse) so kann man ihm gleichwol diesen Ruhm nicht entziehen / daß / vor ihm / noch Keiner /von dem Namen und Ursprunge dieses Gespenstes /so ausführlich geschrieben / oder so eigendlich Nachricht gegeben / was es für eine Person gewest / und wie sie geheissen / in derer Gestalt die Weisse Frau erscheint.

Er sagt / was den Namen solcher Person anlangt /sey die Weisse Frau / Frau Perchta von Rosenberg; und zwar / seiner Einbildung nach / die Seel (meiner nach aber / die blosse Gestalt) derselben. Solches bescheinigt er also / wie folget.

Zuforderst weiß man / daß diejenige / welche erscheint / eine Witwe (oder nach meiner Red-Art / wie eine Witwe gestaltet) sey: angesehn / solches die Witwen-Kleider-Tracht / darinn sie erscheint / zu erkennen giebt. Gleichwie auch diese nachgesetzte Umstände und Anzeigungen / für keine andre Matron / so aus dem Rosenbergischem / oder Schwambergischem Stamm erzeugt ist / sich reimen wollen / als für besagte Perchtam: nemlich / daß sie / unter den Ihrigen / und ihren Verwandten / ihres klugen Verstandes wegen / hoch geachtet worden / und / an stat ihrer Neuhäusischen Pupillen / die Herrschafften gubernirt habe: daß sie auch die Mahlzeit / so man den süssen Brey nennt / für die Unterthanen gestifftet: daß sie das alte Neuhäusische Schloß erbauet; daß sie / von einem bittren Affect (wie es der Author nennet / und[75] ich auf einen Groll / Zorn / oder Wehmut deute) eingenommen / gelebt und gestorben: daß sie / so wol an den Oertern / welche Rosenbergischer / als an denen /die Neuhäusischer Herrschafft seynd / erscheinet; welches anzeigt / sie müsse beyden Stamm-Häusern verwandt seyn: daß sie beyden solchen Stämmen günstig / und so wol dem einem / als dem andren / die Sterb-Fälle derselben vorher angezeigt / auch noch vorher andeutet: daß sie dem Peter Wok von Rosenberg allezeit gewogen gewest / ihn / als er noch ein säugendes Kind war / auf ihre Arme zu nehmen pflegen / und demselben einen Schatz gezeigt / wie unten mit Mehrerm soll gedacht werden.

Diese Frau Perchta aber ist geboren zwischen dem Jahr Christi 1420 und 1430 / und ihr Vater Udalricus von Rosenberg / der Zweyte deß Namens / gewest: welcher / mit seiner ersten Gemahlinn / Frauen Catharina von Wartenberg / die im Jahr 1436 die Welt gesegnet / diese Perchtam, unter andren Kindern beydes Geschlechts / erzeugt hat. Jetzt-besagter ihr Vater /Udalricus (oder Ulrich) von Rosenberg / war Ober-Burggraf in Böhmen / und / durch Authoritet deß Römischen Papsts / zum obersten Feldherrn über die Römisch-Catholische Völcker wider die Hussiten / verordnet / und hat diese Tochter / die er sehr liebte /Herrn Johann von Liechtenstein / einem Steyrischen Freyherrn / der ein sehr berühmter und gewaltiger Mann war / nachmals aber in ein gantz bestialisches Leben gerahten / im Jahr 1449 / Sonntags vor Martini / vermählt / an welchem Tage / zu Crumlov die Hochzeit celebrirt worden. Wie [76] man aber / in einem geschriebenem Buch Rosenbergischer Geschichte / lieset / so ist solche Ehe gar übel gerahten / und das Braut-Bette der guten Frauen Perchta zum Kreutz-Bette / das Eh-Bette zum Weh-Bette worden: sintemal sie vielmehr Leides / als Liebes / darinn empfunden: indem sie / von diesem ihrem Eh- und Weh-Herrn /sehr übel gehalten / sehr unbillig und verächtlich tractirt worden / grosse Dürfftigkeit und Mangel ausstehn / und deßwegen vielmals ihren Vatern / und Brudern um Hülffe anruffen / solchem nach schier eben dasjenige practiciren müssen / was man / von der Königinn Crotild / deß Königs in Franckreich / Clodovæi, Schwester / und deß West-Gothischen Königs / Amalarici, Gemahlinn / geschrieben. 1

Daher dann kein Wunder / daß sie die so schwere und grausame Beleidigungen / so der Eh-Herr ihr angethan / Zeit ihres Lebens / nicht verdauen können: wie der Pater Balbinus redet: Welches doch / meines Erachtens / eine gottselige Christinn endlich verdauen / verzeihen / vergeben / und vergessen muß / soferrn sie ihre Seele nicht gefähren will.

GOtt / als ein Vater der Elenden / hat endlich allem solchem Ubel / durch tödtliche Abfordrung ihres so widerwertigen Eh-Herrns / ein Ziel gesteckt: Worauf sie / nachdem dieser Strick zerrissen / mit Freuden /zu den Ihrigen / und zu ihrem Bruder / Heinrich dem Vierdten (welcher Anno 1451 seiner Famili vorzustehn angefangen / aber [77] im Jahr 1457 / ohne Kinder /gestorben) nach Böhmen geeylt.

Man hat vielerley Anzeigungen / daß sie eine rühmlich-kluge Matron gewest: also gar / daß sie auch ihrem Brudern / Heinrich / der Rosenbergischen Famili damaligem Gubernatorn / einem gantz heroischem Cavallier / gewisse Lebens-Regeln vorgeschrieben / auch / in den wigtigsten Handlungen / von demselben zu Raht gezogen worden. Wie dann / in erst-berührtem geschriebenem Rosenbergischem Buch / unterschiedliche ihrer Send-Schreiben angezogen werden / darinn sie diesen ihren Bruder / von dem überflüssigem Thurniren / Stechen / und Ringelrennen / dem er allzusehr ergeben war / abmahnet / und mit vielen Schluß-Gründen zu erweisen bemüht ist / es müsse das Leben uns werther / und die Zeit köstlicher seyn / als / daß wir dasselbe / um der einigen Ergetzung und Lust deß Rennspiels / und eines so eitlen Rühmleins willen / so man durch den Obsieg dabey erhält / dem ungewissen Glücks-Ball und Fall so gefährlich unterwerffen sollte; da doch weder dem Vatterlande / noch dem Könige / daran sonders viel gelegen sey.

Nicht weniger dienet auch dieses ihrer Klugheit zum klaren Gezeugniß / daß ihr / von den sämtlichen Neuhausischen Stamm-Verwandten / nicht allein die verwäisete Söhne und Töchter deß Meinhards von Neuhaus / welcher / durch den Georg Podiebrat / im Jahr 1449 / beydes seiner Würde und Lebens entsetzet war / zur Auferziehung / sondern auch / mit Bewilligung deß fürnehmsten Vormunds / Ernst Leskowiz / die Regierung [78] ihrer Herrschafften und Güter /anvertraut worden.

Von solchen Söhnen deß Meinhardi, ist der älteste / Namens Ulrich von Neuhaus / im dritten Jahr / nach seinem Vater / nemlich Anno 1452 / mit Tode abgangen; die zween übrige / Johann / und Heinrich / welche / wie Hagecius gedenckt / im Jahr 1453 noch minderjährig gewest / haben nachmals / als sie zu ihren vogtbaren Jahren gelangt / dennoch die FrauPerchtam, als von welcher sie auferzogen worden /nicht von sich lassen wollen: worauf sie / zu Neuhaus / ihre alte Tage zugebracht. Aber dieser Johann / und Heinrich / seynd / ohne Hinterlassung einiges Erbens / verstorben. Worauf / weil hiemit deß Meinhardi, weiland Gubernatorn und Ober-Burggrafens / gantzes Geschlecht erloschen / Neuhaus / samt allen angehörigen Herrschafften / Rechten / und Privilegien / auf die andre Neuhausische Lini / gefallen / welche man dieTelczensische hieß / und zwar namentlich auf Heinrich den Vierdten / welcher die Frau Annam / eine geborne Fürstinn von Münsterberg / zur Gemahlinn hatte.

Aus diesem Allen entsteht / nach obgedachten Authoris Schluß / ein wahrscheinlicher Beweis / es sey die Weisse Frau Niemand anders / als die FrauPerchta von Rosenberg: weil / mit derselben / Alles dasjenige / so man von der Weissen Frauen sagt /übereinkommt.

Sein letzter und zwar / seiner Einbildung nach /vollkräfftiger Beweis ist dieser. In dem alten Gebäu deß Neuhäusischen Schlosses / steht ein Bild / in menschlicher Leibes-Grösse / welches die [79] Weisse Witwe / nemlich offtgemeldte Frau Perchtam, vorstellet. Selbiges Bild aber sihet der Frauen Perchtæ, nach Aussage Aller derer / welchen sie jemals begegnet ist / so gleich / als obs derselben aus den Augen geschnitten wäre.

Wann nun Fremde kommen / und den Palast daselbst besehen / zeigt man ihnen dieses Bild: wie man auch besagtem Authori gethan / im Jahr 1655 / als er / zum ersten Mal / selbigen beschaute. Dabey dann diejenige / welche gantz nahe hinzutreten / und um Alles genau zu betrachten / so wol das an dem Bilde schimmrende / Rosenbergische Wapen / als den drauf geschriebenen Namen der Perchtæ, erblicken.

Diß seynd also deß Authoris Mutmassungen: die auch / in gewisser Masse / nemlich der Gestalt halben / nicht unglaublich fallen: gleichwie ich von der Person / oder von dem Geist / so in solcher Gestalt sich blicken lässt / ein andres Concept fasse / denn er.

Es wird folgends / von ihm / die Frage gestellt /was Perchta für ein Nam sey? In etlichen Teutschen Scripturen / wird sie / nach Teutscher Red-Art / mit Versetzung etlicher Buchstaben / Prechta genannt. Er hat / lange Zeit / gemeynt / es wäre eines alten Geschlechts Nam / als die Namen Criseldæ, Sigunæ, Hroznatarum, Kunatarum, Lidmirorum, und andrer mehr: daraus man vormals / Namen der Heiligen zu machen / sich vergeblich unterstanden habe. Als er aber einsmals ein kleines Register etlicher alten Reliquien / bey einer gewissen Kirchen / gelesen / hat er /auf einem heiligen Beinlein / den Namen [80] Perchtæ, einer Königinn von Franckreich / gefunden / dabey seines Bedunckens / leicht zu erkennen / wer sie gewesen. Welches der Author zweifels ohn also versteht / daß man nicht mehr zweifeln könne / was diejenigePerchta, so auff dem Beinlein geschrieben stund / von Person und Condition für eine gewest. Denn wann er die Weisse Frau damit meynete / würde er ihm selbsten widersprechen; nachdem er vorhin dero Eltern /und Eh-Herrn / deutlich genug angezeigt: Sintemal ich nicht begreiffe / zu was Ende er diß Letzte / von dem also beschriebenem Beinlein / sonst erzehle. Unterdessen bleibt damit der Nam Perchta noch eben so unbekandt / der Bedeutung nach / wie zuvor. Wann es rahtens gölte; so wollte ich sagen / Perchta sey vielleicht / entweder mit dem Italiänischen Namen Berta, einerley / oder auch so viel / als Brigitta.

Er berichtet hernach weiter / aus dem Munde etlicher alter Leute / welcher Gestalt die Weisse Frau einen Schatz habt endeckt. Womit es folgendes Verlauffs / soll zugegangen seyn.

Als im Jahr 1539 / Peter Wok, deß Wilhelms Bruder / und nachmals der Letzte seines Geschlechts / geboren war / und / wie mans mit fürnehmen Kindern zu halten pflegt / zu Trebona (Trzebon, sonst auff Teutsch Wittengau genannt) im Frauen-Zimmer /aufferzogen ward; fing die Weisse Frau an / bey Nacht offt zu ihm zu kommen / wann die Ammen /oder Kinds-Mägde / der Schlaff übernommen hatte: wiegte dieses Kind / nahms auch / so es weinte / aus der Wiegen auff ihre Arme / stillete es mit süssem Lispeln / und andren [81] Verfahrungen / so bey den Ammen gebräuchlich; lachte ihm freundlich zu /spielte mit ihm / trug ihn in den Gemächern herum /und spahrete / an diesem Säuglinge / gar keinen Fleiß Kurtz; sie stellete sich so vertraulich bey dem Knäblein an / daß die Ammen / und Kinds-Wärterinnen /und Andre / denen dieses Kind / Peter / zur Warte und Pflege anbefohlen war / sie mit ihm zu frieden liessen / und nicht verstöreten / noch ihr zu wehren begehrten / daß sie ihn / mit ihren Händen / angriff /und in ihre Arme legte.

Hernach hat sichs begeben / daß ein neues Weib /in das Frauenzimmer / auffgenommen worden: als nun selbiges Weib sihet / daß die Weisse Frau das Kind aus der Wiegen hebet / und herum trägt / meynt diese / es sey eine Schande / daß man daß Kind einem Gespenst vertraue; fasst derhalben ein mehr / als weiblichs / Hertz / tritt hinzu / reisst dasselbe derWeissen Frauen aus den Armen / und spricht: Was hast du / mit unsrem Kinde / zu schaffen? Hierauff fährt die Weisse Frau / welche bisher allzeit geschwiegen / mit dieser zörnigem Antwort / heraus:Was? und / du saubre Dirne / du dreckichter Huten-Balg / darffst mich noch wol fragen / was mich das Kind angehe? Da du doch erst neulich nur mit blossen Füssen dahergeloffen bist / und dich allhie eingeschlichen hast? Du sollt wissen /daß dieses Kind / aus meinem Stamm / bürtig /und von meinen Bruder / durch dessen nach einander erzeugte Kindes-Kinder / solchem nach aus der Lini meines Geblüts / herkomme. Derhalben[82] bin ich keine Fremde / sondern gehöre ihm zu.

Gleich damit hat Sie sich / zu allen Hof-Mägden /gewendet / und gesprochen: Und ihr habt mir /eurer gnädigen Frauen / auch niemals annoch einige Ehr erwiesen / wie sichs gebührte: darum so behaltet nun euer Kind immerhin! Ich will / von nun an / nicht wiederkommen. Und / zu der Ammen / sagte Sie insonderheit: Warte du dieses Söhnleins wol / und gieb fleissig Acht auff ihn: Er wird danckbar seyn. Und wann er / nun erwachsen ist / so gib ihm die Nachricht / daß er mir so lieb sey; und sag ihm auch / wie ich / aus diesem Ort (wobey sie zugleich / mit der Hand / nach der Wand hinzeigte) habe pflegen zu ihm zu kommen /und wieder dahin gehe. Nachdem sie diese Worte kaum ausgeredt / ist sie / zu selbiger Wand / hinein getreten / und ihnen gleich aus den Augen verschwunden; hat auch / von selbigem Tage an / den Kleinen nicht mehr besucht.

Als aber dieser Peter Wock / von der Ammen /solches / da er nunmehr ein erwachsener Jünglig war /erfahren: hat er lange nicht verstanden / was damit eigendlich gemeynt würde; biß er / in seinem Alter /nach Absterbung seines Bruders / Wilhelmi / in derselbigen Wand / zu welcher die Weisse Frau allezeit hatte pflegen hinein zu gehen / (nachdem er vielleicht / durch eine neue Anzeigung / dazu eine Ermahnung bekommen) zu graben befohlen / und daselbst einen verborgenen gewaltigen Schatz angetroffen. Wovon hernach / im [83] Jahr 1611 / dem Passauischen Kriegsheer / welches / weil man ihm seinen Monat-Sold hatte verweigert / rebellirte / und feindlich in Böhmen gegangen war / etliche hundert tausend / so Keyser Rudolphus / von diesem Petro / entliehe / gezahlt wurden: Nach deren Entrichtung / man selbige Völcker abgedanckt.

Fußnoten

1 V. Mariana lib. 5. Rer. Hispanicar. c. 7.

13. Der Süsse Brey

XIII.

Der Süsse Brey.

Es weiß Jedermann / im Böhmen / zu sagen / von der Gastung / so der Gubernator zu Hradecz Gindrzichu (oder Neuhaus) und zu Telczy den Unterthanen / und armen Leuten / jährlich / in der Char-Wochen / am Grünen-Donners-Tage / von undencklicher Zeit hero /ausrichtet. Man nennets insgemein den süssen Brey.

Zu dieser Mahlzeit / versammlet sich / aus aller umligenden Nachbarschafft / eine solche Menge der Armen / daß alsdann / in dem Neuhäuser-Schloß /zum wenigsten sieben tausend / jemaln aber auch wol neun- oder zehen tausend solcher armen Gäste gezehlet werden: Massen der Pater Balbinus solches / mit seinen eigenen Augen / bezeugt / als welcher öffter /denn nur ein Mal / zugeschaut / und dem wir auch diese Nachricht davon zu dancken haben.

Es setzen sich je zwölffe beysammen auff die Erden / auff denen gar weit-geraumen Schloß- [84] Plätzen zu Neuhaus: sintemal / in den Gemächern / eine solche Menge nicht Raums genug fünde. Und damit keine Unordnung / noch Unruhe / entstehe; zehlet man die Tische / und werden / bey jedem / besondre Auffwärter gestellt / welche zu Tische dienen / die Speise aufftragen / Trincken bringen / und einschencken müssen. Solche Auffwartung besteht nicht / in gemeinen Leuten; sondern / in lauter Befehlhabern und Beamten: als da sind / die Amtmänner / Capiteyns /Burggrafen / Schreiber / und sonst allerley Beamten /oder Verwalter / deren es unzehlich-viel giebt; imgleichen die Rahtsherren / und andre ansehnliche Bürger der Stadt. Gemeinlich geht selbst der Gubernator und Herr deß Orts / mit etlichen fürnehmen Gästen / vor dem Gepränge der Gerichte / her / trägt die erste Schüssel zu / und wird ihm von einem starcken Hauffen solcher Tafel-Diener / nachgefolgt.

Weil es aber nicht wol möglich / daß eine so grosse Menge Volcks / an einem Ort / und auff eine Zeit /zugleich essen kann: lässt man / auff ein Mal / der Gäste nicht mehr ein / als der Raum deß Platzes verstattet. Wann dieselbe gesättigt / lässt man sie / durch das Hinter-Theil deß Schlosses / hinaus / und führt hingegen Andre wiederum herein: biß alle vorhandene Armen gespeiset seynd / und Keiner mehr übrig / welcher der Mahlzeit nicht genossen hette.

Die Speisen aber / so man ihnen vorsetzt / seynd diese folgende: Erstlich wird ein dreypfündiges Brod aufgelegt: hernach eine Suppen von Bier / oder andrer Brühe / auffgesetzt / die [85] gar fett und wol mit Butter geschmältzet ist: dem nechst zweyerley Speisen von Karpffen / (das ist / die auff zweyerley Art zugerichtet) Und endlich der so genannte Süsse Brey; derselbe mag gleich aus Erbsen / Buchweitzen / (oder Heidelkorn) oder sonst aus einer andren Hülsen-Frucht /gekocht seyn. Vor Alters / pflag man ein wenig Honigs drein thun: daher nennet man ihn noch heut den Süssen Brey. Dünnen Biers giebt man ihnen / so viel sie fordern; und zuletzt Jedwedem auch sieben Pretzel von Semmel-Meel. Die meisten Gäste / sonderlich die Armen / nehmen mit sich nach Hause /was sie können; und bringen darum zween Hafen (oder Töpffe) mit sich: In den einen werffen sie zwey Theile von den Karpffen; ohnangesehn / daß dieselbe / in der Würtze und Zurichtung / unterschieden seynd: in den andren schütten sie das Bier. Alles übrige / so sich nicht theilen lässt / als die Suppe / daß Eingeweide / und den Brey / verzehren sie zusammen miteinander.

Offtgemeldter P. Balbinus gedenckt / es habe Graf Ferdinand von Slavata, damaliger Gubernator dieser Famili / zum Ruhm solcher Liberalität / ihm erzehlt /daß bey diesem Gast-Mahl der Armen / etliche Bier-Siedens / drauf gingen / und gantze Fisch-Teiche ausgeleert würden.

Betreffend die erste Stifftung dieses Mals / so schreibt mehr besagter Author / wann man ihn ehedessen darum gefragt / habe er anders keinen Bescheid drauff zu geben gewusst / als / daß die Gottseligkeit der Vorfahren ohne Zweiffel / an solcher Gutthätigkeit gegen die Armen / den ersten [86] Anfang gemacht: Als man aber weiter in ihn gedrungen / mit der Frage / in welchem Jahr solches geschehen / und wie die erste Stiffter mit Namen geheissen? habe er seine Unwissenheit dißfalls / durch Stillschweigen / an den Tag geben müssen. Welches ihn dann bewogen /durch Befordrung erstgenannten Grafens Ferdinand /wie auch deß Samuelis Carolidis, welcher damals aller selbiger Herrschafften Haabe / Güter / und Einkommen / an stat deß Regentens / in seiner Verwaltung gehabt / solcher alten Urkunden und Antiquiteten auch sehr befliessen gewest / die alten Briefe deßArchivi (das ist / der Ur-Cantzeley oder alten Brief-Kammer /) durchzusuchen. Da er dann erstlich / gefunden daß / bey allen und jeden Jahren / deß Süssen Breyes Meldung geschehn / auch gar genau und richtig dabey aufgezeichnet worden / wie viel man / auf solchen Tisch / für so viel tausend Mäuler / gewendet. Der erste Ursprung aber ist so wenig / als einiger Buchstab / zu finden gewest / daraus er / in Original /hette eine Verordnung ersehn mögen / daß der Herr deß Schlosses / und Vorsteher dieser Famili / solches Gast-Mal zu geben / sollte verbunden seyn: Welcher Stifftungs-Brief aber entweder / in einiger Feuersbrunst / oder durch andre Zufälle / in so langer Zeit /wol kan umgekommen und verlohren seyn. Dann diese so alte Gewonheit erstattet selbst Anzeigungs genug / sie müsse nicht ohne Ursach oder ungefähr nur also aufgekommen / viel weniger so lange Zeit hero fort gesetzt / und beybehalten seyn.

Weil dann / aus den alten Schrifften und Ur-Briefen / nichts zu hoffen gewest: hat vorersagter [87] Graf die allerältesten Leute herzuruffen / und Jedweden insonderheit befragen lassen / ob / und was sie / wegen des Herkommens und Urgestiffts dieser Gasterey / von ihren Vor-Eltern / vernommen hetten?

Unter solchen Weiß-Köpffen / befanden sich neuntzig- ja allerdings auch hundert-jährige Greysen: dieselbe antworteten fast gleiches Lauts / sie hetten von alten Leuten / und von ihren Vätern / verstanden / es wäre ehedessen eine fürnehme Matron fürnehmes Stamms gewest / deren man die Vormundschafft /oder Aufsicht der verwäisten jungen Herren von Neuhaus vertraut hätte; diese habe man / weil sie / als wie eine Witwe / in Witwen-Kleidung gegangen / dieWeisse Frau genannt; und sey eben dieselbe / so /wie die Vorfahren gleichfalls angezeigt / bißweilen im Schloß erscheine: Dieselbe habe angefangen / das Neuhäusische Schloß zu bauen / und viel Jahre / über solchem Werck zugebracht / mit grosser Beschwerung aller Unterthanen / so sie bey Grabung und Aufführung der Wälle / Auffrichtung der Thürne / Zuführung deß Kalchs / Sands / der Steine / und andrer Materialien / biß zu gäntzlicher Vollendung solches weitläufftigen und grossen Schloß-Gebäues / ausgestanden: dabey sie doch gleichwol solchen frohnenden Unterthanen freundlich zugesprochen / mit Vertröstung diese Arbeit und Frohn-Dienste würden schon mit ehestem zu Ende gehn; auch Jedwedem seinen Tag- oder Arbeits-Lohn / mit baarem Gelde / bezahlt /und ihnen zugeruffen habe: Arbeitet / für eure Herren / ihr getreue Unterthanen / arbeitet! [88] Wann wir das Schloß werden verfertigt haben / will ich euch / und allen euren Leuten / einen Süssen Brey vorsetzen. Denn diese Art zu reden führten die Alten / wann sie Jemanden zur Mahlzeit luden.

Nachdem endlich das Schloß in völligem Stande /und vollendet (welches / nach Aussage dieser befragten Alten / im Herbst geschehn) hat die Frau / ihres Versprechens eingedenck / allen Unterthanen ein herrliches Mal zugerichtet / und / unter währender Mahlzeit / zu ihnen gesagt; Zu steter Gedächtniß eurer Treu gegen eurer lieben Herrschafft / sollt ihr jährlich eine solche Mahlzeit haben: also wird das Lob eures Verhaltens / auff die späte Nachkommen / fortgrünen.

Nachmals / aber (sagten diese gute ehrliche Grau-Köpffe) hetten die Herren für füglicher angesehn / daß man diese Mahlzeit / aus dem Herbst / auff den Tag und Gedächtniß der Einsetzung deß Heil. Abendmals / verlegte; als an welchem ohne dem die Armen / von reichen und fürnehmen Christen / tractirt würden; und solche Verändrung deß Tags wäre eben so über-alt noch nicht / ja sie erstrecke sich noch kaum über hundert Jahre. Das war es / was die hochbetagte Grau-Bärte davon aussagten.

Womit der Author Alles / was vorhin / von dem Geschlecht / Namen / und Lebens-Wandel der Weissen Frauen gesagt / gnugsam versichert und bestetigt schätzt; und erscheinet zugleich daraus / nach seiner Meynung / warum dieses Gast-Mahl / für die Armen /von ihr so eyfrig und hefftig behauptet [89] werde: weil sie nemlich ihre Sachen ihr lasse angelegen seyn / über ihre Wolthätigkeit und Gestifft die Hand halte / und Verlangen trage / daß es ewiglich bleibe.

Nachgehends macht dieser Author / nemlich Herr Pater Balbinus / dem wir für diese so umständliche Nachricht / guten Theils zu Danck verbunden seyn /diejenige Häuser (oder Schlösser) im Böhmen namhafft / darinn man die Weisse Frau erblicke. In seinem ersten Capitel / darinn er / von diesem Gespenst zu schreiben / den Anfang macht / nennet er die Oerter Krumlov / Neuhaus / Trzebonn (Wittengau) Frauenberg / (oder Hluboka) das Schloß zu Bechinie, und das Schloß zu Teltzen, etc.

Hernach / im 16ten Capitel deß dritten Buchs /namkündigt er noch andre mehr / und sagt / es sey für eine der grössesten Göttlichen Wolthaten zu achten /daß die Herren von Schvvamberg eben so wol / durch der Weissen Frauen Erscheinung / ihres bevorstehenden Todes / ehedessen erinnert worden; sintemal sie sich gleichfalls / in dem ertz-altem Schloß Kraselovv, oder Schvvamberg / alsdann habe sehn lassen: Und habe er von den Bedienten dieser Herren vernommen /daß sie / vor dem Tode der letzten Gebrüder solcher Famili / noch erschienen: Ob die Göttliche Gnade dieses Privilegium (so titulirt er es!) noch weiter heut auf die Erben ausgedehnt habe / wisse er nicht zu berichten; wiewol es / von etlichen Personen / bejahet werde.

In dem Schloß (schreibt er ferner) der Berkarum (derer von Berka) und der Lippæorum [90] sehr altemNeu-Schloß Novvy zamek, wird noch heut / wie bekandt / die Weisse Frau geschaut / auch daselbst die wahre Gestalt dieser Verstorbenen / jetzo aber ums Schloß herum wandrenden / Weissen Frauen / auf einer an der Wand hangenden Tafel gemahlt / den Leuten gezeigt.

Hiebey erinnert er sich / von einem Ordensmann gehört zu haben / daß etliche Jungfern und Mägde /nach Mittage / ins Schloß gegangen / allerley Schelmerey und Kurtzweil unter sich getrieben / und zuletzt solches Bildniß der Weissen Frauen / muthwilliger Weise einander / mit starckem Gelächter / gewiesen: Unter solchem ihrem Spaß / sey plötzlich ein Geräusch entstanden / darüber sie erschrocken / und davon geloffen; die Letzte aber / in der Flucht / erwischt und durch eine verborgene Gewalt (angemerckt / sie Niemanden gesehen) beym Rock / der ihr auffgehaben ward / angehalten / und / als sie zu schreyen angefangen / kaum wieder loßgelassen worden: Solches habe besagter Ordens-Mann / als welcher dabey gewest / Selbst mit angesehn.

Das wühste Schloß Tollenstein / von welchem das Gerücht geht / als ob viel Schätze darinn verborgen ligen / hat gleichfalls die Weisse Frau zur Einwohnerinn / oder Besucherinn. Sie schauet unterweilen zum Fenster herab: darüber sich alsdann die Wandersleute verwundern / und sie grüssen.

Das seynd also die Oerter in Böhmen / da man ihrer ansichtig wird. Daß / auch in Francken / und in der Marck Brandenburg / an theils grossen Höfen der Protestirenden / die Weisse [91] Frau / zur Anzeigung wigtiger Vorfälle sonderlich aber hoher Trauer-Fälle /sich ins Gesicht stelle / habe ich oben schon berichtet.

Sie sey und bleibe nun / wer sie wolle: ich verlange sie weder weiß / noch schwartz / zu sehen; will auch keines Vorzeichens zur Warnung für einem unversehener Lebens-Endschafft erwarten; sondern mich genug gewarnt achten / und täglich auch selbst warnen / mit der Warnung deß HErrn: Wachet! denn ihr wisset nicht / zu welcher Stunde deß Menschen Sohn kommen wird.

14. Die Jungfrau zu Perenstein

XIV.

Die Jungfrau zu Perenstein.

Nicht allein GOttes / sondern auch des Menschen / als deß Göttlichen Ebenbilds / Affen spielt der hellische Gauckler / und acherontische Comediant: wiewol nicht / aus Beliebung / sondern zur Verspottung und Verleitung der Menschen. In den Bergwercken / und manchen unheimlichen Häusern / affet er der menschlichen Handlung; in manchen so wol bewohnten / als unbewohnten Gebäuen / aber auch der menschlichen Gestalt nach / und bildet bald diese / bald jene Person für; am meisten aber solche / die durch Tod-Sünden /oder durch Selbst-Mord / das Bild GOttes / in ihrer Seelen / gäntzlich ausgelescht. Denn wie diese deß Satans Bild / in ihrem [92] Leben / getragen: also trägt er wiederum ihr Bild / nach ihrem Tode: und triumphirt damit / als wie ein Türck / der seines erlegten Feindes Harnisch anzeucht / oder den Kopff desselben / auff die Schau am Spieß herum führt. Hievon können wir /in folgender Geschicht / ein Muster sehn.

Nachdem der Jesuit / Pater Johannes Drachovius, im Jahr 1626 / als / in Böhmen / die Reformation schier vollzogen worden / sich daselbst auch bemühet hatte / viel Leute zur Römisch-Catholischen Religion zu bringen; wie er dann würcklich auch Viele derselben dazu überredet hat: setzte er seine Reise / in das angräntzende Mähren: auff daß er allda gleichfalls der starck fort-gehenden Refomation seine Zunge leihen /und das / wozu man ihn gesand / ausrichten möchte. Da er dann zuforderst / in dem berühmten Schloß Perenstein (wovon wir auch anderswo allbereit Meldung gethan) anlangte / und die Keyser- und Königliche Befehl-Schreiben vorzeigte. Worauff man ihn auch alsofort aufgenommen / und im Schloß mit einem Losament versehn hat.

Er gewann Lust / als ein Mann / so der Curiositet nicht feind / bey dieser Gelegenheit / und guten Weile / die Gelegenheit deß Schloß-Gebäues zu besichtigen: sing derhalben an / gleich in den ersten Tagen seiner Ankunfft / um / und durch das Schloß zu spatziren; bestieg die Thürne / durchblickte die offenstehende Gemächer und Zimmer / besahe auch von der Höhe herab / die gantze Umligenheit / oder Nachbarschafft.

Indem er nun so gar emsig war / Alles zu mercken /was merckens und besehens werth; begegnete [93] gegnete ihm endlich eine andre Merckwürdigkeit. Denn es ging eine zierlich-auffgeschmückte Jungfrau / aus einem Gemach / hervor / mit einem Bund-Schlüssel. Er / der sie / für eine Hof-Dame / oder Kammer-Jungfrau / ansahe / grüsste / und redete sie freundlich an. Sie stund still / um sein Gewerbe anzuhören. Er sagte / Er sey allhie angekommen / als ein Gast / die Unterthanen / in der catholischen Religion / zu unterrichten; wolle derhalben auch Ihr seine geistliche Auffwartung hiemit angeboten haben / und an seiner Diensthafftigkeit nichts ermangeln lassen.

Sie / die Schöne / lächelte ihm hierauff überaus lieblich zu / mit einem gar züchtigem Blick / und /gleich als ob die Schamhafftigkeit ihr keine Gegenrede zuliesse / neigte sie / an stat der Antwort / sich gegen Ihm / wie das Frauen-Zimmer pflegt / gar höflich und ehrerbietig; und ging damit alsofort von dannen.

Nach Vergehung einiger Tage / wollte dieser Pater eine Predigt thun; suchte derwegen / damit er seinen geschriebenē Auffsatz desto unverhinderter der Gedächtnis einpflantzen könnte / und ihn niemand in seiner Meditation verstöhrte / die Einsamkeit. Da erblickte er dieselbe Jungfrau abermal / und zwar in einer Sommerlauben / (oder auf einem Gange) mit auffgelöseten / und ums Gesicht herum hangenden /Haar-Locken: welche sie / mit sonderbarem Fleiß /kämmete; aber / nach gleichsam unversehener Ersehung deß Paters / alsofort hinterwerts / auff den Rücken / zurück warff / und sich zu erkennen gab.

Er / der gar ernsthaffter Natur / und allezeit [94] für einen eifrigen Mann geachtet worden / gab ihr einen Verweis / mit diesen Straff-Worten: Ey! Es schickt sich nicht / daß man am Sonntage / gar zu viel / auff das schmücken und putzen / dencke: Besser /man bereite die Seel / zur Anhörung Göttliches Worts / durch ein andächtiges Gebet! Sie that / als begehrte sie ihm zu gehorchen; verbarg stracks den Kamm / legte die Hand auff den Mund / neigte das Haupt gantz ehrerbietiglich / und ging damit hinweg.

Er stieg hernach hinunter / und begab sich / aus dem Schloß / nach der Kirchen / welche gantz von weissem Marmel erbaut ist; verrichtete daselbst den Gottesdienft / und legte die Predigt ab. Es gefiel ihm aber nicht / daß / ob er gleich / überall in der Kirchen / die Augen herum gehn ließ / ihm doch besagte edle Jungfrau nirgends zu Gesicht kommen wollte: gedachte / sie mögte etwan / zur Römischen Religion /keine Lust tragen / oder sonst / die Kirchen offt zu besuchen / nicht gewohnt seyn. Darum / als er wiederum auffs Schloß kam / klagte er darüber / bey dem Schloß-Hauptmann / daß die Haus- und Hof-Genossen / welche Andren billig / mit gutem Exempel /leuchten sollten / selbst davon blieben. Der Hauptmann (oder Commendant) fragte / was das für eine Jungfrau dann wäre / die er so verklagte? was sie für Gestalt und Kleidung / und wo er sie vorhin gesehn hette?

Da kams heraus / daß das jungfräuliche Gespenst /welches / von undencklicher Zeit hero / im Schloß /herum geht / sich diesem Pater zu Gesicht gestellet /und denselben betrogen. Also muste er [95] seinen Unwillen fahren lassen / und deß Handels lachen. 1

Diese seltsame Begegnung hat er / in seinem Alter /dem vor-benamten Pater Balbino, selber erzehlt: aus dem ich sie allhie dem geneigten Leser mitgetheilt. Und diß ist dieselbige Jungfrau von Perenstein / welche vormals einen frechen und versoffenen Soldaten /der mit ihr löffeln wollen / todt gedruckt: wie / am andren Ort / von mir / in diesem Werck / berichtet wird. 2

Fußnoten

1 Referente supra laudato Authore p. 192. lib. 3.

2 Unter dem Titel der einbüssenden Vermessenheit.

15. Die entdeckte Nachtmär

XV.

Die entdeckte Nachtmär.

Die Einbildung betriegt offt / im Wachen; doch noch viel öffter im Schlaff und Traum / und zwar viel härter / bey denen Melan / cholischen oder schwer-blutigen Leuten: Denn das Temperament deß Geblüts gebiert sonderlich hiebey sehr unterschiedene Würckungen / und macht / nebst der verletzten Phantasey / dem Menschen allerley abentheuerliche Händel vorstellig /so nicht alle zu erzehlen seynd: also gar / daß sie / im Traum / ihr stärckstes Vermögen zum täuschen übet; bevorab in einem solchen Traum / der von einer gewissen Kranckheit / oder kräncklichen / und übelgemässigten / Leibes-Beschaffenheit entstehet. Welcher Art Träume gemeinlich / die gantze Nacht durch / den Menschen / mit falscher Einbildung / verstricken / [96] das Gemüt hefftig verwirren und bestürtzen / auch die Sinngeister dermassen angreiffen und bewegen / daß /obschon alle Vorstellungen solcher Träume falsch und eitel / sie dennoch den Menschen nicht weniger bewegen / einnehmen / und bereden / als ob es warhaffte und würckliche Begebenheiten wären.

Aus dieser Ursach pflegt Mancher / nachdem er eingeschlaffen / meynen / er wache / und erblicke gewisse wüste Bilder / die auf ihn anfallen. Und dahin gehört auch / was man insgemein von dem Alp / oder von der Nachtmähr / schwätzet / so auf den Schlaffenden fallen soll / wie eine schwere Last / und ihn dermassen hart beladen / daß ihm darüber gar bange werde / und er darunter schier ersticken müsse: da doch solches / von einem dicken / groben Dunst / herrührt / welcher theils den Gang der Sinngeister (Spirituum animalium) sperret / theils / durch seine gröbliche Substantz / die Kräffte beschwert / und so hart bedruckt / daß Einer gar beschwerlich dafür Odem ziehen und Lufft schöpffen kann.

Indem nun ein solcher grober Dunst auch der Seelen sich / als wie ein Nebel / præsentirt / und vorschwebet / erscheinen derselben allerley Phantaseyen /Bildnissen / und gleichsam Gespenster: bevorab den Melancholischen / das ist denen / die Noth von der Galle haben; und den Knaben. Etliche Medici, alsForestus und Hollerius, nennens das Nacht-Fräischlein / oder / mit dem Galeno, das kleine Fräischlein. Wie es dann / aufs wenigste / bißweilen ein Vorspiel deß rechten Fräischleins ist: daran / nach Sysimachi Bericht / [97] zu Rom / in einem Jahr / gar viel kleine Knaben gestorben. Welches doch gleichwol auch nicht allemal darauf erfolgt: immassen Manche darüber klagen / wie sie / zu Nachts / gedruckt / und geängstet werden; doch darum hernach / von keinem Fräischlein / oder bösen Kranckheit / angegriffen wer den.

In Ober-Teutschland / sprechen die gemeine Leute /wann sie / bey schlaffender Nacht / dergleichen Beschwer empfunden / Es hat mich die Trude gedruckt! Geben also einer Hexen die Schuld / in Meynung / selbige sey auf sie gefallen / und ihnen so überlästig gewest / daß sie schier erdruckt wären.

Ob nun zwar diß insgemein eine natürliche Kranckheit: kann man doch gleichwol nicht leugnen /daß der Satan / welcher gern / zu der Melancholey /ins Bad gehet / wie man zu reden pflegt / sich nicht bißweilen solte mit einmengen / und entweder den Leuten solche Hertzens-Bangigkeit unnatürlich vergrössern / oder auch / unter währendem solchem Bedruck / so wol den Manns- als Weibs-Bildern eine geile Empfindung eindrucken / und eine Lust / der Geilheit weiter zu pflegen / erwecken.

Die Heiden hat der Teufel / ohne Zweifel / offt also vexirt und bethört. Deßwegen nennet Plinius 1 den Druck deß Alps Malum dæmoniacum, und Faunorum in quiete ludibrium.

Es giebt aber / leider! die Erfahrung / daß auch manchen Christen / noch heutiges Tages / auf Göttliches Zulassen / im Schlaffe dergleichen begegne:[98] darum erfahrne Medici den Alp / oder die Nachtmär /in natür- und unnatürliche / unterscheiden / und solches / durch Exempel / beglauben. Worunter insonderheit dieses denckwürdig und fast lächerlich scheinet / welches man / beym D. König 2 und Freudio 3 lieset.

Ein gewisser Rechtsgelehrter lag / in einer berühmten Reichs-Stadt / im offentlichem Wirthshause / und zehrte auf seinen Kosten; ein wolgefärbter lebhaffter Mann / der nicht allein seines fürnehmen Geschlechts / sondern auch wolberedten Munds / zier- und manierlichen Wesens halben / bey jedermann gar beliebt /aber ledig und unbeehlicht war. Derselbe ward schier / alle Nächte / angefochten / und mit diesem Ubel /fast biß auf den Tod / geplagt / ja an Kräfften schier gäntzlich erschöpfft / und gantz gefährlich geschwächt.

Er suchte Raht dawider / bey den Aertzten / und brauchte gar fleissig / was sie ihm verschrieben; aber vergeblich / und ohne Frucht. Indessen hielt die nächtliche Bedruckung immerfort an / mattete den frommen Mann je länger je mehr ab / und mergelte ihn gantz aus.

Endlich kommt ein Landfahrer zu ihm / und giebt ihm den Raht: wann der Druck aufgehört / solle er stillschweigends aufstehen vom Bette / und in ein Glas sein Wasser abschlagen / hernach das Glas / mit einem Pergament / überall wol verbinden / und in eine versperrte oder verschlossene Truhen hinsetzen / alsdann erwarten / was / nachgehenden Tags / drauf würde erfolgen.

[99] Der Jurist gehorcht dem Marckschreyer / und nachdem er / von dem gewöhnlich-verdrießlichem Gast /abermal über alle Masse abgemattet worden / thut er /wie man ihn unterwiesen / unterlässt nichts von allen dem / was ihn der Landfahrer gelehrt. Darauf erscheinet / folgenden Tags / um neun Uhr / vor ihm / eine alte / Runtzeln-volle Vettel: welche / in Gegenwart seiner / und seines Rahtgebers / deß Landfahrers / mit vielen Threnen bittet / er solle doch das Trühlein aufsperren / und das vermachte Glas ausschütten: im Widrigen / würde sie / wegen Verhaltens ihres Wassers / das Leben einbüssen.

Solches wollte er nicht thun; sondern schändete sie hefftig aus / und verzoch eine gantze Stunde / ehe dann er ihr Hülffe widerfahren ließ. Weil sie aber /mit weinen und flehen / demütig anhielt; ließ er sich erbitten / und bewegen / die Truhe zu öffnen / und goß das Glas aus.

Gleich darauf fing sie an / zusehens aller Anwesenden / ihr Wasser zu lassen / welches / langst der gantzen Gassen / biß an ihr Haus / von ihr lieff.

Und also hat man erkannt / daß sie eine Hexe wäre / und dem Rechtsgelehrten bißhero solche Plage angethan hette. Denn / von selbiger Zeit an / ist er gleich gesund / und von dergleichen Druck weiter nicht beschwert / noch entkräfftet worden.

Dieser Rechtsgelehrter hat aber / wie fromm und christlich er gleich / von dem ersten Verzeichner dieser Geschicht / wird ausgegeben / gleichwol gar sündlich hieran gehandelt / daß er dem abergläubischem[100] Raht deß Landfahrers gefolgt: und erscheinet hieraus /er müsse / in einem würcklichen Christenthum / noch ziemlich seicht gewesen seyn: sintemal er sonst sein Vertrauen vielmehr auf GOtt / und ein eyfrig-anhaltendes Gebet / weder auf ein so verwerffliches / und aus deß Satans Artzney-Kunst entsprungenes / Mittel / gesetzt hette.

Ein Gleiches erzehlt Doctor Frommannus, welches / wie er berichtet / in seinem Vaterlande / ruch- und kundbar worden: nemlich / daß Einer / den gleichfalls der Alp / oder die Nachtmär / gedruckt / eben dergleichen / von Jemanden erlernetes / Mittel vorgenommen / sein / nach erlittenem Druck / aufgefangenes Nacht-Wasser / bey der Nacht / in ein Glas gethan / und drey Tage lang fleissigst verwahrt habe. Nach deren Verfliessung / die Magd zu dem Mann gekommen / und gebeten / daß er doch das Glas wider den Boden werffen wollte. Dessen derselbe sich anfänglich zwar geweigert / doch endlich sie erhört hat / auf ihr ernstliches Angeloben / daß sie ihm weiter nicht beschwer-noch schädlich fallen wollte.

Da er nun das Glas aus der Hand geworffen / und zertrümmert; hat die Hexe / noch unverrucktes Fusses / einen gantzen Strudel oder Fluß Wassers von sich geströmt / und ihren so lange bißhero zusammgespahrten nassen Schatz / auf ein Mal / ausgeschüttet. Ist aber nachmals / nachdem sie reiff zur Straffe gewest / zum Scheiterhauffen verdammt worden / da dergleichen Schwestern hingehören. 4

[101] Weil aber dergleichen Herbeyziehung der Truden nicht natürlich / noch durch solche Einfaß- und Versperrung deß Nacht-Wassers eigendlich geschicht; sondern durch deß Satans Würckung / der die Hexe also / mit Aufhalt- und Hemmung ihres Wassers / alsdann tribulirt: steht leichtlich zu erachten / daß solche Befreyung von dem Alp-Druck / durch eine stille und eingewickelte Bündniß (per pactum implicitum) mit dem Teufel ausgewircket / solchem nach von keinem wahren Christen / auf diese Weise / gesucht werde. So ist es auch manches Mal nicht eben die Hexe selbst /sondern der Satan / welcher / in ihrer Gestalt / erscheint: darüber gar leicht manche unschüldig ins Geschrey und Verhafft / welches der Satan offt sucht /fallen könnte. Wie ich mich dann eines denckwürdigen Exempels erinnere / welches / bey meiner Jünglings-Zeit / vorgegangen / und ich in meinen / vor ein und zwantzig Jahren herausgegebenen / Monats-Unterredungen (wo mir recht / in derjenigen / welche die alleredelste Rache titulirt wird) beschrieben habe: daraus man erkennet / daß nicht alle Mal solche Hexen selbst / sondern vielmals auch wol der Satan /in ihrer Gestalt / sich einstelle / und um Beyseit-thuung deß Zwang-Mittels anhält. Welches Exempel /weil es zu Franckfurt / in benannter Unterredung /sehr falsch gedruckt worden / ich gleich nechst dieser entdeckten Nachtmähr / erzehlen will; allhie aber noch beyfügen muß / was Heurnius, in seiner Schrifft von den Kranckheiten deß Haupts / erzehlet / und noch ein Andres / so unlängst in diesen Jahren etlichen Personen begegnet ist.

[102] Ich erinnere mich / schreibt er / daß / als ich noch ein kleiner Knabe war / ich / neben einer gar erbarn und tugendhafften Matron / schlieff. Indem dieselbe einsmals im Schlaffe lag / erblickte ich einen schwartzen Kerl / der sich über sie auf das Deckbett zu legen schien. Deß Morgens /klagte sie / der Alp hette sie befallen. Ich / ob ich schon nur ein Knabe war / durffte ihr doch / von solchem schwartzem Kerl / nichts sagen: weil er mich bedrauet hatte / woferrn ich etwas davon ausschwätzen würde. 5

Endlich ist mir auch ein Exempel jetziger Zeit bekandt / von zwo Jungfrauen; welche / weil sie Schwestern / und von ihren Eltern eine geringe Verlassenschafft genossen / sich / mit einer künstlichen Hand-Arbeit / in einer bestandenen Zinswohnung / bey ehrlichen Leuten / ehrlich und züchtig / fortbringen / in einer gewissen ansehnlichen Stadt / welche hiebey zu nennen unvonnöthen. Dieselbe haben etliche Jahre solchen Zins bewohnt / in einem solchen Hause / da es unheimlich / das ist / vom Gespenst nicht allerdings rein seyn soll: weil sie / bey ihrem Einzuge /nichts davon gewusst. Allda ist sehr offt / und / in mancher Wochen / wol drey oder vier Mal / zu Nachts / etwas auf sie gefallen / so bald sie sich nur zu Bette gelegt / und hat ihnen einen solchen Druck gegeben /als ob sie / mit einer überaus schweren Bürde belastet würden: so daß / vor Angst und Bangigkeit besorgender Erstickung / Eine der Andren kein Wort zureden /noch um Hülffe schreyen können.

[103] Solches ist ihnen nicht nur im Schlaffe / sondern auch / und zwar mehrentheils / im Wachen / begegnet. Ja! sie haben es vielmals auch gesehen / zumal beym Mondschein / zu ihnen kommen / wie ein düsteres Schatten-Bild: da sichs denn gleich / zu ihnen / auf das Deckbette geworffen. Massen sie erstlich durch eine andre glaubwürdige Person / hernach auch selbst solches einem / mir wolbekandtem gutem Freunde /unterschiedliche Mal geklagt / und um seine Meynung ihn ersucht / wie dem Ubel am besten abzuhelffen seyn mögte.

Derselbe vermeynte zwar anfänglich / ihre falsche Einbildung mahlte ihnen nur ein solches Schatten-Bild vor / indem ihr selbsteigenes schweres Geblüt ihnen die Gleichheit einer überfallenden Bürde ertichtete: Derhalben sein Raht dieser war / daß sie einen verständigen Medicum, um eine Correction deß Geblüts / begrüssen sollten. Weil sie aber / ausser diesem Schrecken / sonst seithero gesund / dazu zu keiner Melancholey geneigt / sondern vielmehr blutreicher Natur sich befunden hatten: wollte ihnen solches nicht eingehen / daß es nur eine Täuscherey der Einbildung wäre: zumal weil auch ein und andres Artzney-Mittel / so ihnen allbereit etliche Medici dawider verschieben / nichts geholffen.

Uberdas klagten sie / daß / bey Nacht nicht allein /sondern auch bey liechtem Tage / so wol in ihrem Schlaff-Gemach / als in den übrigen Wohn-Zimmern /sich ein furchtsames Gepolter / fast täglich / erhübe. So hette sich auch / indem sie die Stegen hinab- oder hinauf gehen wollen / ein schwartzer / langer / häßlicher Mann zur Seiten [104] hingestellt: Welcher bißweilen ihnen nachgegangen / indem sie aus der Küchen nach der Stuben gewollt: Und solches hette so wol die Eine / im Rückschau / als die andre / welche hinter ihr / in der Küchen / stehn geblieben / in der Mittags-Stunde /erblickt. Zudem wäre unlängst / in Gegenwart einer gewissen Person / bey hellem Tage / ein solches rasseln / poltern / und werffen / in der Stuben / entstanden / daß dieselbige / solches gespenstischen Getösses annoch ungewohnte / Person / mit einem vor der Stirn ausbrechendem Schweiß / ihre Angst gungsam angezeigt / und bey ihnen / so lange sie dieses Zimmer bewohnten / einzukehren verredet hette.

Weil nun ihr darüber zuletzt ziemlich-erblassendes / und je länger je mehr abnehmendes Angesicht / mit der Zeit / über so vielfältige Angst und Erschreckung / eine elende Gestalt gewann / und also ihrer offt-wiederholten Klage einen glaubhafften Schein gab: sagte der gute Freund / sie solltens ihrem Beichtvater anzeigen / und sich bey ihm Rahts erholen. Ihre Antwort war / daß sie solches schon etliche Mal gethan / und derselbe ihnen das liebe Gebet reeommendirt hette; das Ubel aber dennoch nicht aufhören wollte.

Da ermahnte sie der Freund / sie sollten ausziehen /und einen andren Zins bestehen. Und als sie zur Entschüldigung einwendeten / daß sie / wigtiger Ursachen und Hindernissen wegen / noch unterm halben Jahr / solche Zins-Wohnung nicht verlassen könnten /auch der Hauswirth / ein reicher wolhabender Mann /sie mit gerichtlicher Verklagung bedrauete / falls sie /durch frühzeitigen Auszug / ihm sein Haus verschreyt machen würden / und ohne [105] dem den / noch lange nicht verwohnten / Zins völlig wollte entrichtet wissen: rieth er ihnen / sie sollten den Teufel verachten / und ihm weh thun / mit geistlichen Lobgesängen / auch zu Nachts / von seinem Fall / verschertzten englischen Hoheit / und künfftiger Verurtheilung / miteinander reden / dazu auch seiner spotten / mit Vermeldung / in was für einen verächtlichen Stand er sich gesetzt; wie thörichte Händel er triebe / daß er / gleich einem Fatznarren / Gauckler / und Possenspieler / handelte / und / wie ein Jean Potage, agirte; doch aber stets dabey sich / mit festem Vertrauen / an GOtt halten / und gedencken / daß / ohn dessen Verhengniß / ihnen kein Härlein vom Haupt fallen könnte: Wann sich dann ein Gepolter hören liesse / sollten sie / zum Teufel / sprechen: Polter immerhin / biß du müde wirst: dir zu Gefallen / ziehet man nicht / vor der Zeit / aus; und darauf ein gläubigs Schutz- und Trutz-Lied / von GOttes Bewahrung / singen / auch zum offtern ihn hören lassen / was er / ohn GOttes Erlaubniß / für ein ohnmächtiger Teufel sey / der als ein ob gleich grimmiger und gebissiger / doch gleichwol aber angelegter Ketten-Hund / nicht weiter reichen könne / als die ihm anhafftende Kette deß Göttlichen Verhengnisses verstatte / auch am Ende der Welt / für diese seine phantastische Verunruhigung / und boshaffte Schrecken /und Gauckel-Possen / ein böses Trinckgeld zu gewarten habe.

Allein der offtermalige Schreck hatte ihnen den Mut dermassen schon geschwächt / daß sie bekannten / es mangle ihnen das Hertz / dergleichen Trutz dem Satan zu bieten / aus Befahrung eines [106] Unglücks. Darauf der Freund versetzte / daß kein rechtgläubiger /und mit einem guten Gebet beharnischter / Trutz /sondern eher die zaghaffte Furcht und Blödigkeit den Teufel trutziger und gewaltiger machte; ja! daß eine solche mißtrauige Furcht / welche Christen nicht gezieme / eben das rechte Nest gleichsam und Luder sey / darinn der Satan / mit seinen gespenstischen Larven und Gauckeleyen / sich am liebsten auf hielte und verweilte.

Es hat doch hierauf / nachdem sie mit ernstlichem Gebet / und Gesange / täglich angehalten / gleichwol die Plage samt der gespenstischen Erscheinung etwas nachgelassen / auch das Gepolter so gar offt sich nicht mehr hören lassen; ohn allein wenig Tage / vor ihrem / nach einem halben Jahr erfolgtem / Auszuge: da sich nicht allein das poltern und werffen von Neuem erhebt / und Etwas die Stiegen auf- und abgerauschet /sondern auch das Gespenst wieder erschienen; gleich als obs ihnen hiemit die Letze spendiren wollte.

Nachdem sie aber / in eine andre Wohnung / gekommen; seynd sie / von dem an / alles solches Ungemachs und Beschwers / gäntzlich befreyt blieben.

Woraus abzunehmen / daß kein schweres Geblüt /noch betriegliche Einbildung / sie vorhin gedruckt.

Fußnoten

1 lib. 25. c. 4.

2 In Heptad. Cas. Consc. Miscell. cap. 2.

3 Quæst. 79.

4 D. Frommann. lib. 3. de Fascinat. Magica, parte X. Sect. 2. c. 5. p.m. 996.

5 Heurnius Tract. de Morb. Capitis, cap. 30.

16. Das herbeygehexte Hexen-Gespenst

[107] XVI.

Das herbeygehexte Hexen-Gespenst.

Ob schon die abergläubige Wasser-Probe vieler Orten noch im Gebrauch ist: wird sie doch / von allen gewissenhafften Rechtslehrern / verworffen: weil sie nicht allein ungewiß und betrieglich ist; sondern auch abergläubig / und durch solche Scharffrichter erfunden / oder beglaubt / die sich verboten er Künste verdächtig gemacht. Ich könnte auch manches Exempel vorstellen / zu beweisen / daß manche unschuldige Personen dadurch an Ehre und Blut gefährt / ja gar schier auff den Scheiterhauffen gekommen wären; so man nicht endlich den Betrug / welchen manche boshaffte Hencker hierbey zu spielen wissen / entdeckt hette: aber diese Weitschweissigkeit würde uns nur zu lange / von vorgesetzter Haupt-Erzehlung / aufhalten.

Noch viel weniger lassen redliche Rechtsgelehrte /Richter und Schöpffen zu / daß eine Hexerey / durch die andre / entdeckt / oder deß Teufels Aussage durch die Wahrsager / oder auch die / durch aberglaubige Mittel verschaffte / Erscheinung solcher Weiber / welche man / wegen eines empfangenen Schadens / es sey an Menschen / oder Vieh / in starcken Verdacht hat /vor Gericht einer rechtlichen Erweiß- und Anzeigung ähnlich geachtet werde.

Nichts destoweniger wird doch noch / bey manchen ungelehrten Gerichten / darauf gesehen; [108] zumal auff die Wasser-Probe: als wie auch / meines vollkommenen Erinnerns / ungefähr vor 40 Jahren geschehen zuN.N. da sich ein Mann unterstanden / auff einen solchen hoch-verdammlichen und verfluchten Beweis /eine Person anzuklagen / und das unverständige Gericht dieselbe darauff in Verhafft / und zur scharffen Pein-Frage gezogen.

Einem Bürgersmann daselbst fiel sein Pferd / bey Nacht / plötzlich um / und verreckte: darauf ging er hin zum Scharffrichter / und erholte sich Raths bey demselben / wie er doch die Teufels-Hexe erfahren möchte / welche ihm sein gutes Roß hette umgebracht. Dieser Lehrmeister sagte / er sollte einen Hafen mit Fleisch zum Feuer setzen / und das Fleisch mit etwas / das ich nicht gantz ausschreibe / bestechen: Alsdenn müsste die Trude kommen / und bitten / daß er den Topff mit dem Fleisch vom Feuer wegthäte: Also könnte er sie dann wol ins Gesicht fassen /und kennen.

Jener gehorcht solchem Raht / und bringt um Mitternacht (wie dann alle solche Händel von der Nacht /und keinen Kindern deß Liechts anständig / seynd) das Fleisch zum Feuer. Indem solches anhebt zu sieden / kommt eine alte erbare verwittibte Matron / von ungefähr 70. Jahren / daher geschlichen; bittet / der Mann wolle den Topff mit dem Fleisch vom Feuer abnehmen; sie aber werde schon das Pferd zahlen / und ihm also den Schaden ersetzen.

Er / der nicht anderst sich einbildete / als die wahre leibhaffte Person / vor sich zu sehen / die er sehr wol kannte / kunnte sich nicht gnug verwundern / [109] daß eine solche Frau / so der Fürnehmsten eine in der Stadt /dazu eines äusserlich-frommen Wandels / ehrlichen Gerüchts bey Jedermann / auch in der Kirchen ein Liecht der Andacht und Gottesfurcht / mit Hexerey sich besudelt haben sollte. Sagte derhalben: Ob ich zwar eure Person / liebe Frau / jetzo hier zu sehen /nimmermehr hette vermutet / als von welcher ihm wol Niemand dergleichen Gedancken machen sollte: will ich euch doch nicht mehr quälen; weil ihr mir die Erstattung versprecht. Wann ihr das thut / was ihr versprecht / und mir also meinen Schaden gut macht; so geht mich hernach eure Sache weiter nichts an; und begehre euch keine Ungelegenheit zu machen. Ich muß 40 Reichsthaler / für mein Pferd haben: Und wann ihr mir die morgen gebt; so habe ich schon ein Maul / das schweigen kann. Sie versichert / ihn / folgenden Tags / zu vergnügen: er solle doch nur aber /gleich alsofort / den Hafen vom Feuer wegräumen. Welches er thut.

Nachdem der Morgen angebrochen / kam der Mann zu ihr ins Haus / und begehrte das versprochene Geld.

Sie ließ sich sein Anbringen höchlich befremden; nahm es auff / für eine grobe Schmach / Ehren-rührige Verleumdung / und Beschimpffung / daß er das Hertz genommen / nicht allein zu ihr ins Haus herein zu platzen / sondern noch dazu eines solchen Handels sie zu zeihen / für dergleichen sie GOtt in allen Gnaden sollte behüten. Alles Hausgesinde / sagte Sie / könnte ihr zeugen / daß sie keinen Tritt über ihre Thür-Schwellen gethan. Daneben ließ sie sich bedraulich vernehmen / er sollte / von dergleichem [110] Handel / ihr nur nicht zwey Mal sagen / und sehen / womit er umginge; oder man würde ihm / durch Gericht und Recht / die Augen dermassen öffnen / daß ihns gereuen müsste: Sie sey ein redliches Weib: GOtt solle sie /für solchen Künsten bewahren; er aber sich zum Hause hinaus trollen / oder sie werde zur Obrigkeit schicken / und ihn zur Straffe ziehen lassen.

Er / dem das nächtliche Bild noch immer gleichsam vor Augen stund / wollte sich damit nicht abweisen /noch wegschrecken lassen; sondern protestirte / im fall Sie ihn nicht bezahlte / so müsste er es anderst suchen; wiewol ihm / mit ihrem Blut / nicht gedient wäre; entstünde Weitläufftigkeit / und eine / ihrem Leben schädliche / Flamme daraus / so wollte er entschüldigt seyn.

Aber Sie gab nichts darauff; sondern schändete ihn / mit Bedrohung deß Gerichts / zum Hause hinaus.

Also ging er voller Zorn und Ungedult / graden Wegs / dem Stadt-Gericht zu; klagte / nebst Erzehlung deß gantzen Verlauffs / die Frau an / als eine Hexe / und Erwürgerinn seines Pferdes.

Die Schöpffen deß Land-Städleins waren solche Leute / welche sich besser auff den Feld-Bau / als auff einen so schweren Hexen-Proceß / verstunden; doch gleichwol / in ihrer Einbildung / verständig genug /ein peinliches Hals-Gericht zu halten / über eine Frau / deren verstorbener Mann ehedessen der Fürnehmste unter ihnen gewest war. Daher sie sich auch viel zu klug beduncken liessen / als daß sie einen wolgegründeten Rechts-Gelehrten hetten zu Raht ziehen sollen; wie sonst noch wol [111] andre kleine Städte / in dergleichen Fällen / zuthun pflegen: sondern liessen / auf dieses Anbringen deß Klägers / und dessen schönen Beweis / zur Stunde die Frau (deren Namen ich / so wol / als den Ort / um der Nachkömmlingen willen /verschweige) gefänglich einziehen / auch / weil sie durchaus nichts gestehen wollen / auffs Wasser werffen; fester Einbildung / solche Wasser-Probe sey ein unbetrieglicher Spiegel / darinn man richtig erkennen könne / welche eine oder keine Trude sey: Wie man denn dafür hält / daß die Unschüldigen zu Grunde gehn / die Schuldigen aber oben schwimmen.

Wo ich mich in diesem Stuck / sonst noch recht erinnere / so ist Sie / das erste Mal / auff den Grund gesuncken; das andre Mal aber / oben geblieben: und das galt diesen erbaren Schöpffen so viel / als ob der perfecteste Jurist erwiesen hätte / das Weib wäre eine Zauberinn: also / daß man nicht ungeschickt sagen mögte / diese Leute hetten ihr Urtheil / aus dem Wasser / geschöpfft.

Inzwischen wird diese Verfahrung / auf ihr Begehren / von etlichen Freunden / ihrem in einer fürnehmen Reichsstadt damals / lebendem / Eydam zugeschrieben: welcher nicht allein / von seinem Handel /ehrlich bemittelt / sondern auch / von der Alten /überdas noch eines ziemlichen Erbes gewärtig war. Derselbe macht sich eilends auff / mit einem grundgelehrten und treflich wol practicirtem Juristen (welchen ich gleichfalls gekandt / und nicht allein aus seinem Discurs / sondern auch aus denen mir damals zum durchlesen communicirten schrifftlichen Acten / deß gantzen [112] Verlauffs unterrichtet bin) und hält / bey dem Raht deß Städleins / an / man wolle doch / in der Sache / fein ordentlich gehen; würde alsdann seine Schwieger / nach rechtmässiger Behandlung / und gerichtlicher Erörterung der Sachen / eine Hexe erfunden / so wollte er selber den Holtzstoß dazu spendiren.

Sie wollten sich aber nicht weisen lassen; beriessen sich / auff ihre Wasser-Probe / bey welcher sie wäre zu leicht erfunden / und oben geblieben.

Der Sachwalter widerlegte ihnen diesen falschen Wahn; sagte / das solche Probe weder Christlich /noch in den Keyserlichen Rechten passirlich / noch an sich selbst gewiß; sondern betrieglich / falsch / und abergläubig.

Er erzehlte dabey ein Exempel / welches er selbst hette erfahren / da er vorhin / unter einem gewissen Hertzog / bey einem Hexen-Proceß / in dem peinlichem Halsgericht verordneter Præsident gewest: Allwo man / bevor der Hertzog ihn zum Præsidenten /in selbiger Sache / gedeputirt / gleichfalls eine vermeynte Trude / mit der Wasser-Probe / examinirt /und aus ihrem Oben-schwimmen geschlossen hette /sie müsste warhafftig eine Hexe seyn: Welches Bauren-Weib / nach seiner Ankunfft / über Gewalt und Unrecht geklagt / und mit Threnen zu GOtt geruffen /Er wollte doch ihre Unschuld retten. Weßwegen er die Frau hernach gantz allein ein Mal verhört / und /unter andern / ihr die geschehene Wasser-Probe (ob er gleich selber nichts darauff hielt) vorgehalten / um nur dadurch eine Bekenntniß von ihr heraus zu locken:[113] Worauff die Frau geantwortet / der Scharffrichter wäre ein loser Schelm / hette sie so seltzam gebunden / und am Seil selber auffgehalten / daß sie nicht zu Grunde sincken können: Worauff er / auff inständigste Bitte der Beysitzer / zugelassen / daß man das Weib mögte / ohne Behaltung deß Seils / hinein werffen; wiewol mit Protestation / daß es dennoch für keine Probe angenommen werden sollte: Da das Weib gleich zu Grunde gegangen: wiewol / aus einem gegenwärtigen Nachen / alsofort wieder herauf gezogen worden: Nachdem also selbige Probe / durch Wiederholung derselben / betrieglich geschienen / hette er /gerichtlicher Ordnung nach / die Sache untersuchen lassen / mit gantzem Ernst: Da dann endlich nichts anders / als ein falscher Argwohn / sich entdeckt hette / und man das Weib loß gesprochen: welches ohne Zweiffel unschüldig wäre zu Feuer gekommen / so man der falschen Wasser-Probe nachgehn wollen.

Aber sie verachteten das Alles; wollte ihnen durchaus nichts einreden / noch ihr Wasser-Examen verwerffen lassen; sondern eilten alsofort / mit der Gefangeninn / an die Folter; liessen hingegen den Kerl /welcher den Hafen zum Feuer gesetzt / samt seinem Rathgeber / dem Scharffrichter / ohn einigen Verweis / passiren.

Ob derselbige / oder ein fremder Scharffrichter / die strenge Frage verrichtet habe / ist mir entfallen; so viel aber noch bewusst / daß Sie / nach zweyen Zügen / sich endlich für eine Trude bekennt / doch / gleich nach der Peinigung / wiederruffen / und protestirt habe / ihre Bekenntniß sey falsch / und durch den unleidlichen Schmertzen erzwungen.

[114] Hierauf ließ man sie / durch einen Geistlichen deß Orts / ermahnen / mit einer freywilligen Bekenntniß heraus zu gehn / und sich von dem Satan loß zu wircken: Damit nicht etwan / beh der dritten / ihr annoch bevorstehenden / Folterung / ihr / als einer vorhin /Alters halben / fast kräfftlosen Frauen / die Seele / vor der Versöhnung mit GOtt / von der zeitlichen in die ewige Pein führe. Da soll sie / wie der Sachwalter /und auch ihr Eydam / erzehlten / anfänglich / gegen diesem Geistlichen / der Zauberey-Zeihung / hart widersprochen / und geklagt haben / die grosse Marter hette sie überwunden / und zu einer falschen Aussage genöthigt; der Geistliche aber demnechst / mit scharffer Bedrauung / in sie gesetzt haben / woferrn sie nicht bald bekennete / würde ihr Meister Hanns bald wieder auf die Haut kommen / und ihr die Zunge lösen: Worauff sie endlich gestanden / das Pferd umgebracht zu haben; aber hernach ihrem Eydam / als derselbe sie / nach erhaltener Erlaubniß / in Beyseyn etlicher dazu verordneter Personen / besucht / und gleichfalls darum gefragt / ein gantz Widriges angezeigt. Und wie dieser ihr beweglich zu geredt / sie sollte ihn doch nicht in vergebliche Unkosten / noch ihre Seele / durch Hinterhaltung der Warheit / in die ewige Verdammniß / führen; sondern / GOtt zu Ehren / und ihrer armen Seelen / zur Erhaltung / mit der reinen Warheit heraus gehn; hat sie ihm geantwortet: Sie wolle sich lieber lassen brennen / und sterben / weder noch ein Mal so grausamliche Pein leiden: welches ihr widerfahren würde / wann sie auff ihrer Unschuld beharrete.

Hierauff reiset ihr Eydam / samt seinem Advocaten / [115] hin / zu dem Ober-Amtmann / der ein fürnehmer hoch-angesehener von Adel und Ritter / und bey seinem Könige in hohen Gnaden war; beschwert sich /gegen demselben / über das unordentliche Verfahren deß Stadt-Gerichts / und supplicirt um ein Inhibitorial / daß das Gericht möge einhalten / biß man vor die Sache recht untersuche / und nach Ausweisung so wol der peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / als auch den beschriebenen Rechts-belehrungen verständiger und berühmter Rechtsgelehrten / behandle.

Der Ober-Amtmann / so den Advocaten / als einen guten und grundgelehrten Juristen / der ihm sehr wol bekandt / hoch und werth achtete / verhieß / den Fortgang zu hemmen; ließ auch würcklich / an das Stadt-Gericht / einen Befehl schrifftlich ergehen: Welchen der Eydam deß Weibes selber insinuirte / und hernach wieder heim zoch / an den Ort seiner Behausung / als welcher nur 5 oder 6 Meilen von dannen; der eingebildten Hoffnung / der Proceß sollte / von nun an / anders eingerichtet werden.

Er war aber kaum hinweg / da würckten sie / bey dem Ober-Amtmann / so viel aus / durch desselben Secretar / (welcher / wie verlauten wollte / von ihnen beschenckt worden) daß er ihnen / welche sich höchlich damit beschimpfft achteten / wann man / besorgter Massen / die Sache von ihnen ab an das Königliche Land-Gericht ziehen sollte / die gerichtliche Verfahrung wieder loß gab; jedoch mit diesem Vorbehalt / daß sie nicht sollten zur Execution schreiten / bevor er / von der Sache / weitern Unterricht eingenommen hette.

[116] Weil er aber / gleich folgenden Tages / eine Reise zum Könige thun musste / und also einen fernen Weg ziehen: liessen sie dem Weibe / so lieber das peinliche Urtheil / als die peinliche Folterung / (wie man sagte) ausstehen wollen / den Tod ankündigen / auch alsofort das Heil. Abendmal reichen / und gleich deß dritten Tags / nach deß Ober Amtmanns Abreise / sie / auff dem Scheiterhauffen / lebendig verbrennen.

Der Eydam gab vor / er hette gewisse Nachricht /daß sie unter der Ausführung etliche Mal geprotestirt / ihr geschehe Gewalt und Unrecht / Sie sey unschüldig: Aber ob solches gewiß / kann ich nicht versichern; sondern nur so viel / daß selbige ungelehrte /und grobe Leute solches protestiren / im geringsten nicht angesehn haben würden; wann es gleich würcklich sollte geschehn seyn.

Wie der Ober-Amtmann / bey seiner Ruckkunfft /erfährt / daß das Weib schon in Asche verwandelt sey / erschrickt er nicht wenig; besorgend / es dörffte / am Königlichen Hofe / so ferrn der Eydam das höhere Gericht suchte / ihm einiger Verweis daraus entstehen. Denn es wollte verlauten / daß er / mit etlichen Edelleuten / sich damals eben lustig gemacht / als das Stadt-Gericht um Relaxirung deß Processes gebeten: weßwegen ihn / bey nüchternem Mut / gereuet / was er bey berauschtem / durch deß Secretars Antrieb /verwilligt hette: Welches ich aber / gleichfall nicht verbürge; sondern allein dieses / daß er sehr darob erschrocken; als der Advocat ihm solches verwiesen. Doch / weil es ein Mal geschehen / und seine Reputation dabey interessirt war; hat er sich hernach deß Stadt-Gerichts [117] angenommen / als solches / von dem Eydam der Verbrannten angefochten worden.

Dieser verklagte die Stadt / bey der Königlichen Regierung; deß gäntzlichen Schlusses / alles das Seinige dran zu setzen / daß er die Stadt um den Gerichts-Zwang / und um ihre Freyheit / seine Schwieger aber wiederum in ein ehrliches Gerücht / bringen mögte: ohnangesehn / sie schon veräschert und verraucht war. Bey welchem Fürsatz er auch so fest sich erhärtete / daß ihn deß Ober-Amtmanns leuchtende Authorität / und grosses Ansehn am Königlichen Hofe / nicht schreckte.

Daraus erwuchs ein langer vieljähriger Proceß / der gewaltig viel Geldes fraß: wobey viel vortreffliche Leute / und unter andern ein Königlicher Cantzler /dessen Feder / zu der Zeit / der beruhmtesten und gelehrtesten eine war / zu Gericht gesessen.

Nichts destoweniger verzoch sichs sehr lange / mit dem Beschluß. Denn ob gleich zwey Mal / der Stadt (oder vielmehr / wie man vermutete / dem Ober-Amtmann) zur Gunst / ein Urtheil erging: protestirte doch Kläger dagegen / und erwies / durch seines ersten / inzwischen verstorbenen / Advocatens hinterlassenen sehr geschickten / in Rechten grund-gelehrten / und überaus beredten Sohn / daß man widerrechtlich (contra omnia jura) geurtheilt; widerlegte / vor offentlichem Gericht / gedachten Cantzler / aus seinen eigenen gedruckten Büchern / gantz augenscheinlich. Und als derselbe / sich darüber entfärbend / nichts anders darauff / als dieses sagte: Ey! der Herr ist noch zu jung / solche meine Schrifften anzuziehen! [118] antwortete der unerschrockene junge Advocat / mit einer höflichen Reverentz: Ihre Excellentz verzeihen mir! Sie waren / als sie dieses geschrieben / und in Druck gegeben / nicht älter / als ich jetzo bin.

Hierauff drauete der Cantzler / mit einem Arrest. Aber der Advocat welcher / unter seiner Jurisdiction nicht / sondern aus einer fürnehmen Reichs-Stadt war / ließ sich solches nichts abschrecken; sondern sagte: Wann Ihre Excellentz mich in Arrest nehmen; so versichere ich / Ihre Majestet / der König / welcher ein gerechter Potentat ist / werden bald hiernechst erfahre / daß sein Herr Regierungs-Cantzler zu N.N. mich darum in Arrest genommen / weil ich / aus seinen eigenen Schrifften / und zwar mit behörigem Respect /meine Sache defendire.

Er fuhr folgends fort / aus unterschiedlichen / bewehrten / und ansehnlichen Juristen / deren Schrifften sein Principal / und dessen Diener / auff den Armen hielten / das Urtheil zu widerlegen. Worüber sich besagter Cantzler hefftig alterirte.

Endlich aber sprach der Gerichts-Præsident / so ein fürnehmer Gelehrter von Adel / auch Königlicher Stathalter und diesem Advocaten / seines trefflichen Kopffs halben / gar geneigt war / man sollte nur abtreten / und ein wenig in Gedult stehen. Nachmals ließ er den Advocaten allein zu sich fordern / und versprach ihm / daß das Urtheil von den Acten weg gethan werden sollte: Wie auch geschahe.

Also ging der Handel von Neuem wieder an. [119] Alle Rechts-Vortheile / so zu erdencken / wurden / zu beyden Seiten / gebraucht: darüber sich die Sache / von einem Jahr zum andren / verlängerte: biß der König mit Tode abging / und desselben Printz zur Regierung kam. Dieser untergab die Sache dem gesamten geistlichen Consistorio. Welches endlich (exceptis excipiendis) die / allbereit vor 15 oder 16. Jahren ergangene / Execution gerechtfertigt. Und das war dieses langwierigen hochkostbaren Processes Ende: mit welchem sich auch deß eyfrigen Klägers Vermögen endigte.

Ob nun selbige Geistlichen nach ihrem Gewissen /oder nach Gunst (denn der Oberamtmann war der Ansehnlichsten Einer im Reich) gesprochen; ist mir unbewusst. So viel aber erinnere ich mich noch gar wol /daß hernach ein hauptgelehrter und gewissenhaffterDoctor in Rechten / welcher bey einer fürnehmen Stadt Syndicus (oder Consulent) war / und mit dem verstorbenem älterem Advocaten sehr wol bekannt gewesen / auch den ihm communicirten gantzen Verlauff und Proceß wol eingenommen / auff Befragung /geantwortet: Der Proceß sey / an Seiten deß Städtleins / und Ober-Amtmanns / weder vor GOtt / noch gewissenhafften Rechts-Verständigen / verantwortlich / und aus demselben noch nicht erweißlich gewest / daß das Weib eine Hexe: Derhalben in so weit / was die gerichtliche Verfahrung beträffe / selbige Stadt viel ein andres Urtheil / nemlich den Verlust ihres Gerichts und ihrer Freyheit verdient hette / nach allen Rechten: Man sehe klar genug / daß man / um eine fürnehme Person nicht zu beschimpffen / das Recht so wunderlich gebeugt / und den Ort / mit gebührender [120] Abstraffung / verschont hette: Die Schuld oder Unschuld aber deß Weibs stehe nunmehr / bey der Erkenntniß Göttlichen Gerichts; nachdem mal dieselbe / auf der Welt /nicht gnugsam / den Rechten gemäß / erörtert / und ans Licht gesetzt worden: Der Advocat habe / ohne Verletzung deß Gewissens / bey solcher der Sachen Bewandniß / darinn können dienen: Zumal weil er nichts weiters gesucht / als eine rechtmässige Erörterung und Abhandlung der Sachen / keines Weges aber die Intention geführt / die gerichtliche Verfahrung listig aufzuhalten / sondern nur / zu einer gebührlichen Ordnung / und Fürsichtigkeit / zu verbinden.

Daß ich aber diese Geschicht den Gespenstern mit beygefügt / ist darum geschehen / weil diß Weib /welches der Mann / um Mitternacht / in sein Haus zu kommen / genöthigt / nach Aussage ihres Hausgesindes / in selbiger Nacht keinen Tritt aus dem Hause gekommen / auch das Geld für das Pferd durchaus nicht bezahlen wollen; wie Sie ohne Zweiffel willig würde gethan haben / wann sie / in eigner Person / selbst wäre erschienen / damit nur der Handel vertuscht werden mögte: zumal weil sie von guten Mitteln gewest /und solches Geld / ohne merckliche Empfindung /dem Mann leicht hette erlegen können: Daher ich dann nicht anders schliessen kan / als daß der Satan /unwissend ihrer / in ihrer Gestalt erschienen; und der Kerl ein Gespenst / für das Weib / geachtet. Wiewol die Frage / ob das Weib / mit Zauberey berusset gewest / und dem Satan vielleicht / auf seinen Antrieb /eingewilligt / an Stat ihrer / das Pferd zu erwürgen; oder ob [121] ihr das verdammliche Laster der Hexerey fälschlich aufgebürdet worden / ich / zu entscheiden /nicht begehre.

17. Das Kirchen-Gepolter

XVII.

Das Kirchen-Gepolter.

Man hette wol Ursach / sich darob zu verwundern /daß / da sonst der Satan die Kirchen / und Schulen /ohne Zweifel / für Rüst-Kammern / Zeughäuser / und Musterplätze ansihet / darinn diejenige / so zur Fahnen deß HErrn Christi geschworen / wider diesen geistlichen Erbfeind unserer Seelen / und Fürsten der Finsterniß / in allerley Gewehr deß Lichts / geübt /und mit nöthigen Kriegs-Lectionen eines christlichen Rittersmanns versehn werden / er dennoch die Heiligkeit solcher Oerter nicht allemal scheuet / sondern manches Mal sich / durch ein Geräusch / darinn spühren lässt. Aber / nach rechter Betrachtung / wird solches nicht mehr verwundert werden. Denn die bittre Feindschafft bewegt eben den Teufel am meisten dazu / daß er an denen Oertern / da ihm der grösseste Abbruch geschicht / sich gern auch bißweilen geschäfftig / trutzig / und durch seine Gauckel-Possen spöttisch erweiset.

Solches treibt er nicht nur erst heut zu Tage; sondern schon / vor langen und alten Jahren; wiewol /aus unterschiedlichen Ursachen / etlicher Orten stärcker und öffter / als andrer.

[122] Johannes Diaconus / ein alter und gelehrter Geistlicher / schreibt / 1 es habe ein Geist / hinter einer Ecken der Betkammer / da Gregorius seiner Andacht abzuwarten / und GOtt zu loben pflag / eine Wohnung gehabt / und offt diesen heiligen Mann / durch seine ungestüme Anläuffe / im Gebet irr gemacht / die Pferde zum Stall herausgezogen / und zwey derselben gestürtzt; auch die Religiosen / so besagtens heiligen Gregorii Ordens-Gesellen waren / gar sehr angefochten / bald / in Gestalt einer Katzen / nach ihnen springend / sie / mit den Pfoten / kratzen und reissen wollen; bald / unter der Gestalt eines Moren / mit einer Lantzen / nach ihnen gestossen.

Eine fürnehme / nunmehr sanfft und selig schlaffende / Person in Teutschland / pflag offtmals sich verlauten lassen / sie mögte wünschen / wann ihre Lebens-Uhr ein Mal ausgelossen / daß man ihren Leichnam / in derjenigen Kirchen / darinn andre ihres gleichen Personen begraben ligen / nicht beerdigte: weil sie / für selbiger Kirchen / und zwar sonderlich für den Grab-Gewelbern derselben / gleichsam einen Eckel empfünde: darinn sie auch / ihres Bedunckens /nicht ruhen könnte. Darum wünschte sie eine andre Kirche selbiger Stadt (die wir nicht nennen wollen) zu ihrer Ruh-Stäte. Dieses hat sie gleichfalls / bey ihrem bußfertigem schönem Abschiede / ausdrücklich verlangt / und soll ihr auch versprochen worden seyn.

Nichts destoweniger ist man hernach auf die Gedancken gefallen / es gäbe nichts zu bedeuten / [123] ob man ihr solche Zusage erfüllete / oder nicht; und würde ihrer Gedächtniß reputirlicher seyn / so man ihrem verblichenem Leichnam / in derjenigen Schlaffkammer / darinn alle Leiber ihres Standes / biß zur allgemeinen Auferstehung / schlummerten / die gebührende Stäte / zum Ruh-Bette verordnete. Und dieser Meynung ist auch nachgegangen worden.

Allein gleich / den andren und dritten Tag nach der Beysetzung / hat sich ein solches Getümmel / und Gepolter / in selbiger Kirchen / so Nachts / als Tags / erhoben / daß man nicht anders gemeynt / denn es würden alle Stühle und Bäncken übern Hauffen geworffen. Diesem nach hat man den Schluß genommen / den Leichnam wieder heraus zu heben / und / von dannen / in die andre Kirche / zu versetzen. Nachdem solches geschehen; hat / in der vorigen Kirchen / das poltern / werffen / und fallen / aufgehört / in dieser letzten aber gar kein Gerümpel sich verspühren lassen.

Sollte es nun auf den Wahn deß Jacob Böhmens /und auf seines Vorsingers / deß Theophrasti, Ausspruch ankommen; so hette der verstorbenen fürnehmen Person Lebens-Geist sein übles Vergnügen an der vorhin verschmäheten Grab-Stäte / durch solches Gerümpel / zu verstehen geben wollen.

Aber die Göttliche Warheit verschleusst uns billig /für solchem Geschwätze / die Ohren / und heisst uns gläuben / die Seele deß Gerechten sey in GOttes Hand / und keiner Unruhe mehr unterwürffig; die irdische Vernunfft aber mit nichten / aus den Sternen / wie der Böhm wähnet / [124] erboren / sondern ein unabsonderliches Vermögen der Seelen; daher sie nicht dem Lebens-Geist / als einem subtilen Körper / zugeeignet sey; solchem nach auch der Lebens-Geist / weil er keinen Verstand noch Willen hat / nach dem Tode /nicht unterscheiden könne / ob dem Willen die Vergnügung widerfahren sey / oder nicht.

Will denn Einer / mit dem Böhmen / antworten /die Seele habe ihr / vor ihrer Abfahrt / den Eckel für der einen / und das Verlangen nach der andren Kirchen / zu ihrer Ruh-Kammer / hart eingebildt / und so tieff eingedruckt; und solche ihre fest-eingedruckte habe hernach den siderischen Lebens-Geist darein geführt / (wie seine Red-Art lautet) nemlich in den verblichenen Körper / oder auch nur ohne den begrabenen Leib in die Kirche / wo der Leichnam / wider ihr Verlangen / begraben lag; und weil sie / als die noch nicht sey zu ihrer Ruhe gelangt / die Sache sich /vor ihrer Leibs-Absonderung / so hart eingebildt /sich nicht eher zu Frieden geben können / bevor ihr Leib wieder von dannen hinweg genommen / und von der andren Kirchen übernommen wäre; hette deßwegen der Stern-Geist / auf ihren Befehl / ein solches Getöß / in der Kirchen / anheben müssen / damit sie den Zweck ihres Verlangens / nemlich einen andren Ruh-Platz / für ihren Körper / erreichte: so fragt man billig diesen seltsamen Philosophum: Warum die Seele / wann sie die Macht und Krafft habe / den Lebens-Geist in den Leichnam einzuführen / den Leib dann nicht von neuem gar belebe / und für der Verweslichkeit friste / ja auch unter den Lebendigen stets[125] herumführe? Andrer Fragen mehr zu geschweigen.

Das Gewisseste ist dieses / daß der Satan solchen Tumult angerichtet / um die Leute / mit einem abergläubischen Wahn / zu bethören / als ob der Verstorbenen Geist / der doch selig abgeschieden war / sich so unruhig befünde / und dergleichen Tumult erweckte. Welchen Lärmen dann anzurichten / GOtt ihm vermutlich deßwegen gestattet / weil es Sünde ist / wann man sein Versprechen nicht hält / und insonderheit den Sterbenden alles Versprechen / das nicht wider GOtt / oder das Gewissen / geht / billig gehalten wird.

Unterdessen seynd Arglist / und Betrug / deß Teufels fürnehmste Studien / und tägliche Ubungen.

Es richtet aber dieser Schrecken- und Polter-Geist auch sonst wol / ohn einigen Anlaß der Begräbnissen / in der Kirchen / bißweilen ein entsetzliches Getöß an: als wie / im Jahr 1676 / zu Cöslin / in Pommern /gehört worden. Da / am Sonntage Exaudi (war der 7/17 May) mitten unter der Vesper-Predigt / um halb drey Uhr / ein grosses Getöß / Gerassel / Gepolter /und Getümmel / oben auf dem Gewelbe / über dem Gestühl der Schuster / entstanden. Solches Gerümpel und Gepolter erhub sich anfänglich von der Orgel her / und zwar erstlich / mit einem solchen Gelaut / als wie ein grollendes / und noch etwas gelinde rasselndes Donnerwetter: fuhr aber hernach gar schleunig fort nach der Mitten deß Kirchen-Gewelbes / biß an den Chor / und zwar mit [126] solcher Verstärckung deß Gepolters und Gekrachs / daß männiglich förchtete /es würde nicht allein selbiges Gewelbe / sondern auch die gantze Kirche / einfallen. Weßwegen nicht nur die Schulknaben / aus dem Chor / sondern gleichfalls schier die gantze Gemeine / mit solcher Furcht und Bestürtzung / zur Kirchen hinaus eilte / daß Einer über den Andren fiel: weil Niemand wusste / was vorfiele / und wovon solches knallen / krachen und poltern entstünde; und man also auf die Gedancken fiel /die Kirche würde sie Alle erschlagen und begraben: Dergleichen Kirchen-Begräbniß aber / bey lebendigem Leibe / Keinem angenehm war.

Nachdem endlich das Getümmel sich gestillet /haben die Leute sich zur Kirchen wieder eingefunden. Weßwegen der Archidiaconus / Magister Johannes Glock / der / unter währendem Gepolter / stillschweigend auf der Kantzel / war stehn geblieben / in seiner Predigt fortfuhr / und dieselbe vollendete.

Nach geendigter Predigt / wurden Etliche / auf das Gewelbe / hinauf geschickt; um zu sehen / ob etwas eingefallen / oder sich abgelöset und gestürtzet hette: Welche aber daselbst dergleichen nichts gesehen /noch angetroffen.

Dieses ward mir damals / aus dem Schreiben eines glaub- und ehrwürdigen Manns / welches noch in meinen Händen ist / mitgetheilet.

Man hat es damals / für eine Vorbedeutung / aufgenommen / daß sich der Krieg würde ins Land ziehen.

Fußnoten

1 Joh. Diacon. in Vita D. Gregorii, lib. 4. c. 19.

18. Die erzwungene drey Vater Unser - u.a.m

[127] XVIII.

Die erzwungene drey Vater Unser / u.a.m.

Diejenige / welche sich / zu der Evangelischen Religion / bekennen / glauben keine andre Vergebung der Sünden / und Erlassung der Schuld / ohn diejenige /so noch in diesem Leben / vor der Seelen Abscheidung / geschicht: weßwegen sie auch nicht dafür halten / daß / nach dem Tode / eine Seele / welche / ihrer Unbußfertigkeit halben / in einen peinlichen Zustand gerahten ist / mehr davon befreyet werden könne; weil die Gnaden-Thür alsdann schon verschlossen sey. Römisch-Catholischer Seiten wird / dem entgegen / geglaubt / daß / ob schon manche Seele allhie / vor ihrer Hinfahrt / gebeichtet / und von ihren Sünden losgesprochen / dieselbe (woferrn sie nicht / allhie auf Erden / gar heiliglich gelebt) dennoch eine Zeitlang /im Fegfeuer / büssen / und eine gewisse Straffe daselbst empfinden müsse; jedoch / durch Gebet / Almosen / Seelmessen / und dergleichen / daraus bald erlöset werden könne. Womit jedweder Theil seinen Satz beweise / will ich hie nicht erörtern / unterdessen aber einen seltsamen Verlauff erzehlen / und zwar sonder einigen Zusatz / aus gewissen und unbetrieglichen Schreiben einer solchen Person / welche damals sich an selbigem Ort gegenwärtig befunden / da dieser Handel vorgegangen: Welche auch das junge Mensch / dem das Gespenst / wovon jetzo geredet werden soll / [128] erschienen / selbst gesehn / und so wol nach überstandener / als unter noch währender Anfechtung / mit demselben gesprochen. Massen dann auch / ohne dem / noch manche Leute sich erinnern werden / daß / ungefähr vor 20 Jahren / das Gerücht diesen wunderlichen Fall ausgebreitet / und ihnen gleichfalls verkündigt hat.

Als man zehlte 1671 / am 21/11 Julii / ging ein dreyzehenjähriges Mägdlein / Anna Neidlin genannt /Hansen Neidels / Metzgers zu Ezelwangen / mit Anna Maria Schickerinn ehelich erzeugte Tochter / vor dem Dorff Lehen auf Ezelwang / zu erst-gedachtem ihrem Vater / deß Abends / um das so-genannte Bet-läuten. Da begegnete ihr / auf der Wiesen / nahe bey Ezelwang / ein Gespenst: für welchem das Mägdlein sehr erschrack / und starck anfing / nach ihres Vaters Wohnung / zu lauffen. Das Gespenst lieff ihr gleichfalls starck nach: doch entkam ihm das Magdlein / für diß Mal. Als sie nun / zu ihren Eltern / kam; fiel sie in eine Ohnmacht / und bekam das Fräisch (die schwere Kranckheit) so sie auch / im folgendem Jahr / fast täglich hatte.

Gegen Liechtmeß / deß Jahrs 1676 / ließ es sich ein wenig zur Besserung an. Da dann ihre Eltern sie nach Schmied-Stat verdingten / zu einem Bauren /Namens Georg Schmied. Dieser war / mit dem Mägdlein / wol zufrieden. Eines Mals aber / nemlich den 29 Febr. (N. Styli) dieses bemeldten Jahrs / kehrete das Mägdlein die Stuben / und trug das Kehrig / ungefähr um 9 Uhr Vormittags / hinaus: da rieff ihr Jemand /bey dem Namen / hinter dem Hause. Sie meynete / [129] es wäre Jemand von ihrer Herrschafft / und ging dahin. Als sie nun / hinter das Haus / kam / lehnete sich eben das Gespenst / an einen Apffel-Baum / und war gantz weiß angekleidt; sahe / im Gesicht / aus / wie ein altes Weib; und sagte zu ihr / Sie / das Mägdlein / wäre ihr schon / ehe es in Mutterleibe empfangen / zugegeben /zu ihrer Erlösung; derwegen sollte sie wol Acht haben / daß sie solche Erlösung nicht unterliesse: wo nicht /so wollte sie ihr den Kopff umdrehen.

Das Mägdlein wollte zwar / vor Furcht und Schrecken / davon lauffen; ward aber / von dem Gespenst /so fest beym Arm gehalten / daß unterschiedliche Leute die blaue Flecken / an dem Arm / gesehn. Hierauf fiel sie in ihre gewöhnliche Kranckheit. Als nun der Bauer ihren Eltern solches zu wissen gemacht; haben sie das Mägdlein wieder zu sich in ihre Behausung / nacher Ezelwangen / genommen.

Vierzehen Tage ungefähr nach diesem / nemlich am 14 Mertzen (der Neuen Zeit) stund das Mägdlein /etwas früh / ein wenig vor der Sonnen Aufgang / auf /und ging hinaus vor das Haus / auf eine Wiesen. Da fand sich das Gespenst abermal / und nun das Mägdlein / wegen öffterer Erscheinung / etwas behertzter /und sprach: Alle gute Geister loben GOtt den HErrn! darauf antwortete das Gespenst / mit deutlicher Stimm: Ich auch.

Das Mägdlein fragte: Was ist denn dein Begehren von mir? Bete mir / sprach das Gespenst / drey Vater Unser! Solches that das Mägdlein. Und als sie / unter dem beten / das [130] Gespenst ansahe / ward sie gewahr / daß demselben die Threnen über die Wangen herab lieffen.

Da sie nun hatte ausgebetet / bot ihr das Gespenst die Hand: und das Mägdlein wollte ihr auch die Hand reichen; ward aber / von dem Geist / gewarnet / und vermahnt / es sollte ihr nur ein Tüchlein geben.

Indem nun das Mägdlein in den Sack griff / und ein Tüchlein suchte / sprach inzwischen der Geist: Nun hast du mich erlöst! Ich will dir auch nicht mehr erscheinen: du wirst auch nicht mehr kranck werden.

Unterdessen fand das junge Mensch / in ihrem Sack / einen so-genannten Schleyer / wie ihn die Bauren-Mägdlein um den Kopff tragen / und schlug denselben in deß Gespenst Hand. Welcher alsobald auch /so weit er die gespenstische Hand berührte / verbrann. Das übrige behielt sie / und ward / von ihren Eltern /dem evangelischen Pfarrherrn selbiges Orts / zugestellt: der es bißhero annoch aufbehalten / als eine abentheuerliche Sache: Am Ende solches Uberbleibsels von diesem Tüchlein / sihet man den Brand /gantz zugespitzt / wie eine ausgestreckte Hand. Seit dem hat die Kranckheit deß Mägdleins aufgehört /und besagter Geistlicher diesen Verlauff / an den Hochfürstlichen Hof / berichtet.

Hievon setzte es hernach mancherley Urtheile: deren etliche sich / auf die Meynung Platonis, und etlicher Rabinen / geneigt; nemlich / daß einige / auch so gar menschliche / Geister / oder Seelen / an gewisse Kreaturen / gleichsam band-fest / gefesselt /[131] oder verhafftet / und bey solcher Verhafftung einige Pein leiden: wovon sie / durch gewisser Leute Gebet /welches bey ihnen die Erinnerung Göttlicher Barmhertzigkeit erwecke / befreyt und erlöset würden.

Mir sind auch unterschiedliche qualificirte Personen / von guter Erudition / bekandt / die fast eben dergleichen Gedancken stat geben; doch / unter solche gebundene Geister / die noch Erlösung hoffen / keine menschliche Seelen / sondern allein etliche Mittel-Geister / oder die / zwischen Engeln und Menschen /mitteler Natur wären / nach Art etlicher PlatonischenGeniorum und subtil-beleibten Geister (oder Dæmonum) (wiewol der Nam Genius, unter den Römischen Heiden / unterschiedliche Bedeutungen hatte) stellen. Diese / vermeynen sie / hetten zwar / nebst den andren boshafftern Geistern / gleichfalls einen Abfall von GOtt / doch durch die andre spitzfindigere verleitet /gethan; könnten also / durch Fürbitte / noch wieder zu Gnaden kommen.

Wann aber die heilige Schrifft / so der einige Grund aller Gewißheiten / in dergleichen Sachen / die zur Erlösung gedeylich / seyn muß / hievon nichts offenbart; laß ich ihnen diese Gedancken allein: glaube aber indessen / daß / weil die Sünde eine Beleidigung Göttlicher Majestet und Gerechtigkeit / diese aber unendlich ist / keine gefallene Kreatur / von ihrem Fall /wieder aufgerichtet werden könne / ohn einen Mittler /dessen Verdienst und Gerechtigkeit unermeßlich sey. Ein solcher aber ist uns allein / und keinem Engel /gegeben: [132] denn Er hat nur Abrahams Saamen angenommen / und nicht die Engel. 1

Daß aber menschliche Geister / oder Seelen / zur Straffe / an gewisse Kreaturen sollten gefesselt und gleichsam gebannet seyn / wovon sie / durch gewisser Leute Fürbitte / könnten erlöset werden; erfordert eben so wol einen klaren Beweis / aus Göttlicher Schrifft; ohn welchen es / von der Anzahl der Gewißheiten / ausgesondert bleibt: andrer Ursachen / so man dagegen einwenden könnte / zu geschweigen.

Es bekennet auch Theophrastus selbst / der doch sonst ein gar abentheuerlicher Heiliger ist / und seine Feder / in dergleichen Sachen / offt gar seltsam führt /man müsse hiebey nicht allein das Licht der Menschen / (das ist nicht die blosse menschliche Vernunfft / oder derselben Beduncken) sondern auch das Licht heiliger Schrifft / gebrauchen / und allen Grund der Philosphiæ auf dasselbige (geoffenbarte Licht nemlich) setzen; weil diejenige Philosophia, welche nicht ihren Fuß in der Schrifft habe / (in dieser und dergleichen Materi) so viel als nichts / und das Urtheil / in solchen Dingen / nicht heidnisch / sondern christlich / einzurichten sey. 2

Jedoch geht er dieser seiner eignen Regel nicht nach / sondern thut / wenn er auf solche Materi kommt / sehr offt einen Neben-Tritt. Wiewol es /gleich darauf im folgenden Capittel / da er abermal /von der Todten Erscheinung / redet / das [133] Ansehn hat /als habe er hierinn sein Urtheil nach einigen / aber mißverstandenen / Sprüchen heiliger Schrifft / gestellet; indem er sich also vernehmen lässt:

Wann ein Todter gesehn wird / so gedenck / er sey ein Præsagium, oder Vorbedeutung / und zwar dieser Meynung: Stehet er da mit Freuden / (in fröliger Gestalt) als ein Heiliger; so ist es so viel /als spräche er: Ihr seyd unter den Seligen. Steht er aber anders da / (nemlich in trauriger Gestalt) so ists so viel / daß er noch nicht gerechnet / noch bezahlt hat / sondern auf die Zeit seiner Kunden /Verzeihung / und Vergebung / oder Bezahlung / warten muß. Wann er nun darum also steht / will es so viel anzeigen / daß wirs uns sollen lassen ein Exempel seyn / Einer dem Andren zu vergeben; und betrachten die harte Erscheinung / die also erschrecklich ist. Und ob es gleich das nicht wäre / (obs schon diese Bedeutung eben nicht hette) wann ein Mensch also erschien; so müsste es doch diß bedeuten / daß er übel gehandelt habe: darum geht er herum / zu einem Spiegel; auf daß Niemand thue / was er gethan hat. Als zum Exempel: Wann Jemand / bey einem Amt / reich worden / (und dabey ihm Kappen gemacht / oder in solchen fremden Röhren sitzend / Pfeiffen für sich / eigennütziger Weise / geschnitten) hette seinem Herrn / oder dessen Leuten / das Ihrige unbillig abgenommen / und derselbige ginge um: so[134] diente er / zum Exempel / daß sein Nachfolger /der nach ihm kommende Amtmann / sich da hüten solle. Also erscheinen auch Gesellen / Gemeiner / Gewerber / Bundsleute / einander: welches Zeichen sind / von solchem elenden Wesen (der Unbilligkeit) abzustehn. Dann weil in Christo Barmhertzigkeit ligt / und nicht in Abraham: so ist es gewiß / von Christo / nachgegeben (oder zugelassen) daß die / so aus der Verdamten Zahl und schon verurtheilt sind / durch ihr Bitten so viel erlangen / daß Er sie aufwecke / damit sie ihre Freunde / Kinder / und Gemeiner (oder Gesellschaffter) warnen mögen.

Darum lasst es euch eine Warnung / und keine Verachtung / seyn. Denn ob es gleich wahr / daß die Hölle / und der Todes-Schlaff / durch Niemanden / gebrochen wird: so nehmt euch doch gleichwol in acht / daß ihr / wider das Wort Christi / in keinerley Wege / redet. Denn diese Dinge seynd so geheim / und verborgen / daß das beyde Theile wahr und bewehrt erfunden werden / und über Alles bey GOtt. Einer / der gestorben ist / weiß viel / und aus dem Wissen / werden viel Dinge offenbar: aber Alles / durch die Barmhertzigkeit Christi. Denn die wunderbarlichen Wercke und Offenbarungen sollen uns nachdrücklich erwecken. Die Welt ist so verderbt / daß nicht unbillig noch ein Mehrers erschiene. Denn also (übel) wandeln [135] die Kriegsleute / also die Kauffleute / falsche Propheten / falsche Aposteln / falsche Christen / und dergleichen. 3 Unter welchen dergleichen / mit gutem Fuge / dieser offt tapffer schwärmendeTheophrastus mit zu rechnen ist.

Er schreibt abermal / ein wenig hernach / gleicher Meynung: Die / welche / nach dem Tode / in Gestalt der Abgestorbenen / so herumgehen / und den Menschen / auf vielerley Weise / beleidigen /das Alles seynd Geister der Menschen / welche / auf Erden / ihren Neid / Haß / Arges / und allerley Ubels / nicht haben gnugsam vollbringen mögen: die rächen sich / nach ihrem Tode. Und solches geschicht / aus der Ursach; daß GOtt da ein Exempel fürhält / wie der Neid nicht absterbe / sondern auch / nach dem Tode / in Menschen bleibe; darum auch ein neidischer Mensch alsdenn in ewige Verdamniß fallen müsse / so ferrn er also / mit Neid und Haß / absterbe / und denselben nicht in bußfertiger Reue fahren lasse. Gleicher Massen wird auch eine Warnung für Hoffart / und andren Sünden / dadurch gegeben; indem solche (traurige) Erscheinungen anzeigen /daß der Erscheinende / in solchen Dingen / gestorben / und dahin gefahren.

Was deß Jacob Böhmens Meynung / die er / von GOtt zu haben / vorgiebt / hierüber sey; [136] wird / unter dem Titel von der Erscheinung etlicher gerichteter Malefitz-Personen / und von dem schädlich-gebanntem Geist / erklährt; nemlich daß die Seele den Leichnam deß Verstorbenen / durch den Stern-Geist / das ist / durch den Lebens-Geist deß Verstorbenen / an sich ziehe / und damit / wann sie / mit einer gewissen Begierde / abgestorben / so lange umgehe / und erscheine / biß der Leib faule.

Ob aber solcher Wahn / bey einem vernünfftigen Christen / könne hafften; wird man leicht / aus dieser folgenden Erzehlung / mercken.

In einem alten Frantzösischem Buch / so getitulirt wird Le Thresor & entiere Victoire de la triomphante victoire du Corps de Dieu sur l'Esprit maling Belzebub, obtenue à Laon, l'an 1566 etc. ist / neben andren / dieser Verlauff / enthalten.

Einer Besessenen / die Nicolaa hieß / und zu Laon wohnte / ist der Teufel / in Gestalt eines mit dem weissen Leich-Tuch umwickelten Todten / der von Leibe und Angesichte ihrem Großvater mütterlicher Lini / welcher / ohne Beicht / gestorben war / erschienen; hernach in sie gefahren: und hat dieser Betrieger / durch ihren Mund / gesprochen / er müsse / im Fegfeuer / über die Masse schwere Pein leiden / weil er die / in seinem Leben gethane / Gelübde nicht gehalten / noch ins Werck gezogen. Zu deren Erstattung aber / begehrte er / man sollte / zu seiner Linderung /und Beruhigung / viel Messen lesen / auch gar ferne Wallfahrten / [137] ob gleich zu der allerbeschwerlichsten Winter-Zeit / nach Compostel zum S. Jacob / verrichten. Und ob man ihn gleich offt beschwur; blieb er doch dabey / daß er der Großvater / und von GOtt daher geschickt wäre.

Solche Lügen desto besser / mit Warheits-Farben /anzustreichen / erzehlte er den gantzen Lebens-Lauff ihres Ahnherrn gantz richtig und warhafftig. Womit die böse Geister / wie der Römisch-Catholische Scribent / Nicolaus de Borre, weiland Pfarrherr in der Vorstadt zu Lüttich / (welcher / aus obbenanntem Frantzösischem Tractätlein / diese Histori erzehlt) beglaubt / viel Exorcisten schändlich betrogen und belogen haben. Weßwegen auch jetztbenamter geistlicher Author dieselbe warnet / daß sie ja niemals gläuben sollen / daß die Seelen der Verstorbenen in den Leib eines lebendigen Menschen fahren / sondern die betriegliche Geister solches thun.

Es ist aber zuletzt der Betrug dieses Lügen-Geistes entdeckt worden / also / daß er offentlich bekannt / er wäre ein Teufel / und zwar der Beelzebub / und / auf GOttes Geheiß / in diß Weibsbild gefahren / zu beweisen / daß er der Teufel: Welches Viele nicht geglaubt / sondern ihn (ehe dann er sie leiblich besessen) vorhin für den / wofür er sich ausgegeben / nemlich für ihren Großvater / als in dessen Gestalt er ihr anfangs erschienen war / gehalten hetten.

Damit auch allen Leuten um so viel kundbarer würde / daß dieses Weib warhafftiglich besessen wäre; so hörte man / aus dem Munde der [138] Nicolaæ, dreyerley, Stimmen; nemlich eines muhenden oder brüllenden Ochsens / eines bellenden Hunds / und einer gruntzenden Sau. Das Sacrament / oder die heilige Hostie / nannte er den weissen Johannes: Und wann man ihm dieselbe vorhielt / hub er nicht allein das Weib über sechs Schuhe hoch / von dem Boden /in die Lufft; sondern auch zugleich alle die / von denen die Besessene gehalten und bewahret ward /Zusehens vieler Leute / so wol Reformirter / als Römischer Religion.

Lateinisch redete er perfect / und antwortete dem Bischoff von Laon, in dieser Sprache / gar fertig / auf Alles / was er ihm vorhielt / oder befahl. 4

Weil dann nun der Teufel selbst bekannt / und überdas / durch würckliche teufflische Erweisungen /gnugsam entdecke hat / daß er nicht der vermeynte Großvater wäre / in welchen er sich verstellet hatte; wird ein gesunder Verstand dabey unmühsam erkennen / wie eitel deß Theophrasti und seines Nachfolgers / deß Böhmens / Vorgeben sey.

Fußnoten

1 Ebr. 2. v. 16.

2 Paracelsus de Animabus Mortuorum p.m. 167.Edit. German. in 4to.

3 Idem p. 168.

4 V. Apologia Nicolai de Borre, pro Exorcistis, Energumenis etc. p. 69.

19. Das Vater Unser um ein Kopffstück

[139] XIX.

Das Vater Unser um ein Kopffstück.

Gleich zu Anfange Göttlicher Schrifft / hat der heilige Geist die List deß Satans / unter dem Namen einer Schlangen / vorgebildet: weil diese / in der List / andren Thieren weit vorgehet. Wie die Schlange / unter einem zierlich-gläntzendem Balg / einen boßhafften Gifft heget: also pflegt der Teufel seine ertz-listige Versuchungen offt / mit der Larven eines Antriebs zur Andacht und Gottseligkeit / zu vermummen. Dessen kann / nebenst unzehlich-vielen andren Begebenheiten / diejenige / so in dieser Stadt vor etlich und zwantzig Jahren sich zugetragen / ein exemplarisches Zeugniß erstatten.

Als ein gewisser Lehr-Jung / Abends / zwischen Licht und Tunckel / auff der / so genannten / Schied (so ein weiter geraumer Platz ist / der hiesigen Fluß vorüber lauffen siht) seiner Gewonheit nach müssig herum schweiffte; begegnete ihm ein schwartz-gekleidtes Männlein / so sich für einen Handwercker ansehn ließ / und fragte / ob er nicht lust hette / bey ihm / sich in Dienst zu geben? Er würde / an ihm / einen guten Meister und Herrn treffen.

Der Jung antwortet: Ich habe schon einen Meister /und brauche weiter keines andren.

Der falsche Meister versetzt: Ob du schon einen Meister allbereit hast; könntest du diß / worinn ich deiner brauche / doch wol daneben verrichten / [140] und dennoch / bey deinem jetzigen Meister / bleiben. Ich wollte dir einen guten Lohn machen / welchen du /mit leichter Mühe / täglich erwerben und einnehmen wirst.

Was sollte dann (fragt der Lehr-Jung) solches für eine Verrichtung / und Belohnung seyn?

Du sollst (spricht der vermeynte Meister) alle Abend / bey jetziger Dämmerungs-Zeit / nur / an diesem Ort / hier am Wasser / ein Vater Unser etc. beten; und dafür / zu Lohn / täglich ein Kopffstück haben: welches du / auff diesem Pfosten (oder Stock) der hier am Wasser steht / alle Abend / so offt du allhie das Vater Unser etc. betest / finden wirst: musst aber die Zeit nicht verabsäumen / noch es jemals unterlassen.

Der Jung gedenckt / wann er so leicht ein Kopffstück zu verdienen wisse / und zwar mit dem Gebet /werde er solches / ohne sonderliche Verabsäumung seiner täglichen Handwercks-Arbeit / mit nehmen /und unschwer verrichten können: bewilligt derhalben / und verspricht / es gar fleissig zu thun.

Der verlarvte Meister fragt hierauff: Wie heissest du? Und als der Jung seinen Namen anzeigt; stellet er sich / als falle ihms schwer / denselben zu behalten /sprechend: Ich sorge / daß ich deinen Namen leichtlich dörffte vergessen: mögte derhalben wünschen /daß du mir denselbē aufschriebest / und dabey zugleich dich / zu treulicher Beobachtung dessen / was du mir jetzo gelobest / verschriebest.

Ja! spricht der Jung / wo habe ich hie Feder und Papier?

[141] Der betriegliche Meister ziehet alsofort eine Feder hinterm Ohr herfür / und reicht ihm selbige dar / nebenst einem Zettel Papiers.

Der Jung sagt: Wann gleich Feder und Papier vorhanden: so ist ja keine Dinte dabey!

Der schalckhaffte Meister versetzt: Das ist zwar nicht ohn: allein es brauchts nicht / daß mans deßwegen auffschiebe; man kann schon Raht dazu finden. Sihe! da hast du ein Messer! Ritze oder schärffe nur / an deinem Arm / die Haut ein wenig auff /so wirst du / ohn sonderlichen Schmertzen / bald so viel Bluts bekommen / als / zur Auffzeichnung deines Namens / vonnöthen. Dessen kannst du hiebey dich / an stat der Dinten bedienen.

Der Jung lässt sich bereden / unn durch den Lohn blenden; ritzet sich / und schreibt seinen Namen / auff den Zettel. Welchen der listige Meister zu sich / und hierauff / nach wiederholter Versprechung / ihm alle Abend / gegen Sprechung deß heiligen Vater Unsers /ein Kopffstück zu bezahlen / von ihm Abscheid nimt; nachdem er ihm / gleich alsofort / zur Angabe / eines vor aus gereicht.

Der Jung kommt seinem Versprechen / alle Abend /fleissig nach / nemlich das heil. Vater Unser / an bestimtem Ort / zu beten / und sein Kopffstück zu verdienen: Welches auch alle Mal richtig erfolgte / und an bedeuteter Stelle bereit lag.

Diß gefiel ihm treflich wol: er fing es aber an / übel zu verwenden / auff Nascherey / auch lustig an zu spielen. Weil aber weder seine Mutter / noch [142] der Meister / wussten / woher der Jung das Geld bekäme; vermeynte Jene / der Meister liesse ihm einen Verdienst zukommen; und dieser gedachte / es gäbe ihms die Mutter: welcher er auch deßwegen einsmals einen Verweis gab / und sagte / Sie sollte es nicht thun; denn sie würde ihren Sohn nur damit verderben / als der hiedurch / zum Müssiggang / und in ein ruchlos-liederliches Leben geriethe: Sie sollte es lieber spahren / biß er zu erwachsenem Alter gelangte. Sie entschuldigte sich / mit hoher Betheurung versichrend /daß sie / als eine arme Witwe / ihm nichts zu geben; sondern bishero gemeynt hette / er / der Meister / liesse ihm vielleicht dasjenige / was er / durch arbeiten /verdiente.

Weil nun der Meister gleichfalls hiezu Nein sagte: wurden sie Rahts / den Jungen in ernstliche Unterfragung zu nehmen / woher er das Geld bekäme? sintemal zu besorgen stund / er dörffte es vielleicht Jemanden entwenden. Da erzehlt er frey und gantz willig /wie er alle Abend / nachdem er Jemanden versprochen / bey dem Stock am Wasser / den er auch der Mutter wies / ein Vater Unser etc. zu beten / ein Kopffstück erhübe.

Der Mutter ward alsofort bang / und der Handel verdächtig / Sie besorgte / daß nichts Gutes darunter stecken dörffte; zweifelte auch / ob gar darum gebetet würde. Insonderheit aber hatte Sie / auff das Blut-verschreiben / gar kein gut Auge: als welches sie / aus keiner menschlichen Eingebung zu fliessen / erachtete. Solchem nach ging sie / zu dem damaligen fürnehmsten Prediger / dieses Orts / Herrn Joh. Michael Dilherrn / und [143] erzehlte Ihm den gantzen Verlauff. Derselbe begehrte / sie sollte / deß andren Tages /wieder kommen / und den Jungen / samt dessen Meister / mitbringen. Welches sie that.

Da nun der befragte Jung eben das zur Antwort gab / was vorigen Tages die Mutter erzehlt hatte; fragte der Herr Dilherr ihn: Ob er vermeynte / daß der kleine Mann ein rechter Mensch und Meister wäre? Der Jung sagte: Das weiß ich nicht: doch sahe er einem gleich / und wie ein andrer Mensch.

Der Prediger versetzte: Weil du ihm aber deinen Tauffnamen / mit Blut / verschreiben müssen; so muß solches nichts rechts / noch Christliches seyn. Hast du wol jemals gehört / daß ein Meister / wann er einen Lehrjungen bedingt / und annimt / von dem Jungen eine Verschreibung mit Blut gefordert?

Als der Jung hiezu Nein sagte; fuhr Jener fort / zu fragen: Ob er sich dann dieses Handels begeben /frey davon werden / und kein Geld mehr holen /oder lieber in Gefahr deß bösen Feindes Eigner zu werden / stehn wollte / und demselben zu dienen begehrte? Der Jung antwortete / er wolle / mit diesen Sachen / weiter nichts zu schaffen haben; und gelobte dabey an / diese seine freymütige Erklährung zu halten.

Hierauf hieß der Prediger ihn nider knien / betete /mit ihm / das heil. Vater Unser etc. und die Articul deß allgemeinen christlichen Glaubens: befahl [144] ihm auch / daß er daheim solches / neben andren erlerneten Gebeten / fleissig beten sollte.

Er / gedachter Prediger / selbst schloß ihn auch so wol in sein absonderliches / als in das offentliche Kirchen-Gebet. Hernach ist der / mit deß Jungen Blut beschriebene / Zettel / in der Haupt-Kirchen zu S. Sebald / unter dem morgendlichen Chor-Gesange / auff den Altar geworffen / dem Prediger heimgetragen /und von demselben verwahrlich auffbehalten worden. Wie ich solches / so wol aus dem Munde / als auch der Feder einer fürnehmen Stands-Person / welcher dieses ruhmbesagter Prediger selbst erzehlt hat / erfahren / auch überdas von etlichen Andren / die noch am Leben / und sich solches Verlauffs sehr wol zu erinnern wissen / mich der Gewißheit versichert habe.

20. Die verstöhrten Löffler

XX.

Die verstöhrten Löffler.

Niemand ist den unreinen Lüsten geneigter / als derselben Urheber und Quellbrunn / der böse Geist /welcher / in dem Hertzen deß allerersten Weibs-Bildes / eine unzeitige Obst-Lust entzündet hat: damit Sie dadurch / an stat einer Kron / oder Göttlichen Reichs-Apffels / einen Todtenkopff bekommen mögte. Weil dieser weiß / daß die Räder menschlicher Begierden nicht leichter / noch lieber / in die Todes-Grube lauffen / als so sie / mit geyler Lust / geschmiert werden: reitzt er bald [145] unmittelbar durch sich Selbsten / bald durch die Eitekeiten dieser Welt / die Leute / zu allerley schnöden Belüstigung und Ergetzlichkeit. Er verführt ihre Leiber und Gemüter / unter die flüchtige und verwelckliche Rosen; auf daß ihr Gewissen / und Geist / mit tödtlichen Dornstacheln /verwundet werde.

Insonderheit dienet die Buhler-Liebe ihm / zur Erweiterung seines Reichs / gewaltiglich: Denn Buhlerey und Hurerey stifften gar leicht mit einander Gesippschafft: und die solches thun / werden das Reich Gottes / daferrn sie ihr Hertz / durch wahre Busse /nicht reinigen / noch in dem reinem Blut Christi waschen / nicht erben / noch Gottes Angesicht schauen. Diesem nach setzt sich der unsaubre Geist den Wollüstern und Buhlern ins Hertz / wie der Kefer in die Purpur-Rose; fretzet allda die inwendige Gedancken und Begierden so lange / biß alle Zier der Zucht und Keuschheit dahin fällt.

Ob nun gleich der Satan die Kohlen unzüchtiger Brunst lieber insgemein auff bläset / als ausgiesst: fügt und schickt es doch GOtt bißweilen so wunderlich / daß dieser Unzucht-Brand-Schürer dieselbe auch wol / wider seinen Wunsch und Willen / selbst wieder leschet / durch Erschreckung der Buhler. Wie solches / bey dem Philemander / und der Zeteandra / (denn diese Namen will ich ihnen / an stat der rechten / allhie zuschreiben) eingetroffen.

Jener hatte zwar / auf hohen Schulen / und in allerley Ritter-Ubungen / allbereit keine nidrige Stuffe erreicht: allein da er an einen fürnehmen [146] Hof kam; machte er sich der Fehler eines und andren Höflings bald theilhafft / und so wol im starcken Trincken / als prangen / courtesiren / und galanasiren / schier unüberwindlich; wann solche Ritter-Stücke nicht vielmehr für eine Niderlage / als für eine Uberwindung /zu achten. Es ging ihm daselbst / nach dem Spruch Ambrosii: Pascitur libido conviviis, nutritur delitiis, vino accenditur, ebrietate flammatur. Böse Brunst wird / durch Gastereyen / geweidet / durch Delicatessen genährt / durch Wein entzündet / durch Völlerey und Trunckenheit liechter Lohe beflammt; 1

Er geriet gantz in Unordnung: wie dann / aus dem Becher- und Glas-Streit / anders nichts / als ein unordentlich und rohes Wesen erfolgen kann / und derjenige / so dem Bachus opffert / gemeinlich auch gern der Venus räuchert / nemlich einen solchen Geruch / der sich zuletzt leichtlich in einen Gestanck verwandelt. Denn wann er etliche Tage / bey lustiger Gesellschafft / sich mit dem Trauben-Safft / wol genetzt; machte er eine Abwechslung / und sich zum Frauenzimmer hin; da er die meiste Speise / mit Löffeln / zu sich nahm /und bald dieser / bald jener Hof-Docken auffwartete; gleich einer herum schwebenden Bienen / welche bald auff dieser / bald auff jener Blumen ihren Sitz nimt /und doch bey keiner beharrt / sondern Ihrer bald müde / und einer frischen begierig wird.

Es mangelte ihm auch nicht / an Gegen-Huld. Denn seine höfliche Freundlichkeit / oder vielmehr Schmeicheley / machten ihn gar annehmlich. Vor [147] Andren aber / war der Zeteandra / einer adelichen Kammer-Jungfrauen / mit seiner Auffwartung / sehr gedient. Denn weil sie / von ihren Eltern / zwar einen fürnehmen Adel / und ziemliche Gestalt / aber geringe Verlassenschafft / hatte ererbt: gedachte sie / deß Philemanders Geschicklichkeit würde ihn / mit der Zeit /noch wol hoch genug heben / und also ihr Glück seyn / wann sie dieses unstete Wild / durch ihre Liebsreitzungen / könnte zum Stande / oder ins Garn bringen /und ihm den Fuß bestricken. Darum stifftete Sie / mit ihm / grosse Vertraulichkeit: in Hoffnung / es sollten unfehlbar Trau und Treu daraus entspriessen. Sie vergünstigte ihm nicht allein ihre Rosen-Lippen / zu unzehlbarer Beküssung; sondern versuchte auch bißweilen / bey gantz geheimer und verstohlener Conversation / durch gleichsam unfürsichtige oder zufällige Blössung solcher Schneeballen / welche den Augen unbehutsamer Jugend leichtlich zu Feuerkugeln werden / in Leibeigenschafft zu ziehen. Dahingegen er /mit solchen Aepffeln / zwar vorlieb nahm / aber an den Baum / daran selbige gewachsen / sich nicht wollte binden lassen.

Unterdessen entbrannte ihr Hertz / gegen ihm / je länger / je hefftiger / also gar / daß zuletzt darüber alle Bedachtsamkeit bey ihr gleichsam zur Aschen ward / und sie / wann ihre Fürstinn / von andren Neben-Hof-Jungfrauen / bedient werden musste / sich entblödete / entweder ihn / in ihre Schlaff-Kammer /auf ein geheimes Gespräch / oder sich / bey ihm / in die seinige / mit Umwechselung / einzuladen. Welches nicht unfüglich / unter der Decke nächtlicher Finsterniß / geschehen kunnte: Weil ihre Wohn-Zimmer [148] nicht übrig weit voneinander / und also Eines zum Andren / unter der Gunst deß Schattens / ja so bequemlich / als unvermerckt / hinüber schlich.

Ihm gefiel diese Vertraulichkeit auch nicht übel: doch hütete er sich / für den letzten / innersten / und allzu tieffen Geheimnissen: damit daraus keine winselnde Offenbarungen / oder auch Eh-nöthigungen mögten entspringen; ohnangesehn / sie ihn inbrünstig liebte. Denn weil sie / mit keinen sonderlichen Mitteln / versehn war: daugte sie ihm / für seinen Ancker / kein guter Grund zu seyn; und / daß sie ihn mehr nider drucken / als erheben / könnte. Darüber sie offt ungedultig ward / und ihm ihren Zweck deutlich zu mercken gab; doch gleichwol ihn allezeit / in Geberden / gar einfältig und unmercksam fand.

Deßwegen gedachte Sie endlich / durch eine sonderbare und genauere Verbindlichkeit / diesen flüchtigen Mercur fest zu stellen / und ein solches Feuerwerck zu zurichten / wodurch er wol / in völligen Brand / gerathen würde. Sie wollte ihm / sage ich /die Fackel sohart an die Brust legen / daß er / von Hitze übernommen / ihr müsste ehelich zu Theil werden.

Hiezu fand sie Gelegenheit / in seiner Bettlägerigkeit. Denn er bekam das Fieber: weßwegen sie /gleichsam aus Mitleiden / bey Nacht / in Begleitung einer vertrauten Magd / ihn offt besuchte / zuletzt aber / nachdem das Fieber ihn verlassen / und Sie vernommen / er würde / mit ehestem / eine ferne Reise thun / gantz allein in einer Nachtschauben zu ihm kam / gäntzlicher Entschliessung / [149] aus der Ungewißheit ein Mal Gewißheit zu machen / und so hart / mit Liebkosungen / an ihn zu setzen / daß er ihrer Liebeley und Freundlichkeit eine eheliche Treu würde verpfänden müssen.

Sie setzte sich / nachdem das Licht / in seiner Kammer / gelescht / zu ihm auffs Bette; und erbot sich endlich / wann er es ihr nicht zu einer hürischen Leichtfertigkeit / sondern allein zur inbrünstigen Liebe und hertzinniglichen Vertraulichkeit / rechnete; massen sie / wider alles unzüchtige Angesinnen / ausdrücklich und feyerlichst wollte protestirt / und eine unfehlbare Verschonung ihrer Ehren / voraus bedungen haben; sich neben ihm an seine Seite (doch in ihren Nachtkleidern) auff- und nicht unter das Deck-Bette zu legen: auff daß / noch vor seiner Abreise / sie ihm eine unveränderliche Hertzens-Treu / durch solche Näherung ihres Hertzens / mögte bezeugen: Welches dann / ihrer gäntzlichen Einbildung / und unüberwindlichen Entschliessung nach / gar wol ohne Gefährung oder Versehrung ihrer jungfräulichen Bluhm würde geschehen können: weil er / ihres sicheren Wissens / allem unehrlichen Verfahren abgeneigt /und eines redlichen Gemüts / dazu auch vermutlich annoch / von der ausgestandenen Leibs-Schwachheit /nicht so vollkömmlich wieder erstarcket wäre / daß er / wann er ihr gleich einigen Gewalt anlegen wollte /welches doch ohne Uberwältigung und Zerbrechung seiner rühmlichen Natur-Art / nicht geschehn würde /solches dennoch nicht thun könnte: Solche seine und ihre ehrliche Neigung sollte ihr zum doppelten Harnisch / wider alle ungebührliche Anfechtung / dienen.

[150] Diese ihre gar zu freundliche Annäherung war ihm nicht allerdings lieb: ihre Zuverlässigkeit daugte ihm eine Anlässigkeit zu seyn: als welcher besorgte seine Freyheit dörffte anjetzo ihre Arme zum Netze bekommen / welches ihn in ein eheliches Versprechen wickelte. Denn wiewol er glaubte / sie wäre nicht deß Fürsatzes zu ihm gekommen / daß sie in Schanden wieder von ihm gehen wollte; er auch selbst ihr zu nehmen / was er ihr nicht wieder geben könnte / nicht begehrte: betrachtete er doch die Gefahr / darein sie sich beyde wagten / indem Feuer und Schwefel einander so nahe kämen / und daß vielleicht / bey solcher ertzmündlichen Unterredung / ihrer beyder Will und Sinn / durch allzufeurige Entbrennung der Begierden /plötzlich verwandelt / ja die Vernunfft / bey so inbrünstiger Zusammenrückung / eingeäschert werden /folgends alsdann ihre Zucht erleschen dörffte: zumal weil keines unter ihnen von kaltem unempfindlichem Marmel / sondern sie so wol / wie er / Fleisch und Blut / überdas seiner erneuerten Kräffte Vermögen allbereit grösser / als ihre Fürsichtigkeit / und unbehusame Einbildung / wäre.

Nichts destoweniger wollte er ihr auch nicht gern einen Argwohn erwecken / als ob ihre Zunahung bey ihm den Verdacht eines leichtfertigen Verlangens gewonnen: und sorgte / sie dörffte die Verschmähung solcher ihrer verliebten Leutseligkeit ihm zur grossen Grobheit rechnen; (da es doch vielmehr eine ihm wolanständige Klugheit wäre gewest / wann er ihr freundlich eingeredt / und zu Gemüt geführt hette / wie nahe sie an den Rand einer Gruben treten wollte / darein ihre Ehre leichtlich [151] könnte verfallen / und verscharrt werden) derhalben willigte er / in ihren Vortrag / und ließ sie dergestallt zu sich / an seine Seite / kommen /daß / ihrem Begehren nach / die Oberdecke deß Bettes / nebenst ihren Nacht-Kleidern / gleichwol zwischen ihnen noch einen Unterscheid machten; hingegen Arme und Lippen sich vereinigten.

Philemander merckte aber / seines Theils / gar bald / der Stahl seiner vorgefasten Entschliessung / dörffte / bey solchem brennendem Schwefel / endlich wol schmeltzen und zerfliessen: Er fühlte / daß seine junge Brust so weich / wie ein Wachs an der Sonnen /würde; und daß gleichfalls Zeteandra / von Furcht-und Schaam-gemischter Liebe / gleichsam zu zittern begunnte. Denn damit sie nicht / ihrem Vorhaben nach / einen Discurs von ehlicher Versprechung anheben mögte: stellte er sich / als ob er / vor heisser Lie bes-Empfindung / weder hörte / noch merckte / was sie ihm zu sagen zwar unterschiedliche Mal anhub /aber / vor seiner ungestümen Mund-Pressur / niemals vollenden kunnte.

Aber was geschicht? Indem diese Beyde also ihrer finstren Löffeley pflegen / erhebt sich / zu Mitternacht / in dem Vorgemach / gähling ein erschröckliches Getös und Gepolter: wovon Zeteandra / vor Schrecken / ineinander schoß / und auch Philemander eine grosse Bestürtzung empfand. Denn sie hörten Beyde /und zwar desto lauter / weil Zeteandra / bey ihrem Eintritt / die Kammer-Thür / mit Fleiß / hatte weit offen gelassen / daß gleichsam ein paar Personen / mit Stiefeln und Sporen / die Stegen / so zu besagtem Vorgemach führten / herauff kämen / und denselben alsobald [152] andre mehr nachfolgten / jedoch gar langsam herauf träten. Weßwegen Sie zu ihm sagte: Ach weh! wir seynd verrahten! Was wird man gedencken /von mir / so ich allhie angetroffen werde?

Gerne wäre sie geflohen; wuste aber keine Ausflucht: richtete sich doch eilig empor / und gedachte von dem Lager aufzuspringen; in Hoffnung / weil man sie gleichwol nicht bloß / sondern in ihren Kleidern / fünde / daß alsdann der Verdacht um ein Gutes dadurch gelindert und gemindert würde.

Er war aber andrer Meynung / wollte durchaus sie nun nicht von sich lassen; sondern fand rahtsamer /sie sollte zu ihm / unter die Decke / sich verkriechen: und nachdem sie solches gethan / sprang er heraus /erwischte seinen / allernechst an der Wand hangenden / Degen / blösste denselben / und legte sich damit wieder zu ihr ins Bette / gäntzlich entschlossen / denjenigen / der sich unterstehn würde / ihm die Bettdecke wegzureissen / und den Inhalt derselben zu entdecken dergestalt zu zeichnen / daß ihm die Lust solcher Untersuchung bald vergehn sollte.

Indessen wird draussen / auf einer langen Gallerie /und in dem Vor-Gemach / das Getümmel immer stärcker. Bald that es / als ob drey oder vier Kerls / mit starckem Tritt / in ein / gegen seinem Schlaff-Gemach über / befindliches grosses Zimmer gingen; bald / als ob viel Hof-Mägde einen Hauffen Bettwercks die Stegen herauf schleppten / und mit den Bund-Schlüsseln ein Geklinge machten; [153] bald / als lieffen viel Jagt-Hunde mit einander herauff.

Hernach wurden unterschiedliche / in dem Vorgemach stehende / grosse Gehalter / und unter andren deß Philemanders Truhe / mit grossem Gerassel /auffgesperrt / auch gleich / mit gantzer Gewalt und starckem Knartzen / wieder zugeschmissen / daß mans wie weit hette hören mögen.

Zeteandra / solches hörend / sagte / zum Philemander: Aue! mein Engel! das seynd Diebe! die werden alles auffbrechen / und auch seine Truhen ausleeren. Hat er nicht gehört / wie sie gebrochen / und gesperrt?

Er / der weit anders urtheilte / sprach: Schwerlich! Ein Dieb macht mir kein solches Gepolter / und lauten Lärmen / Geklapper und Getümmel.

Warum nicht? versetzte Sie. Vielleicht haben sie ein Diebs-Liecht angezündt / in Meynung / daß alles Volck im rieffen Schlaffe lige. Wovon auch diejenige / welche würcklich schlaffen / so hart vom Schlaff gebunden ligen / daß / wie man sagt /sie nicht erwachen können / bevor das Diebslicht ausgebrannt. Und darauff mögen sich diese Diebe wol verlassen / daß sie ungescheut ein solches Getöß machen.

Seine Gegen-Antwort war: Wäre ein solches Licht vorhanden / würde es doch wol in etwas / ob gleich nur tunckel / scheinen / und die Finsterniß ein wenig brechen. Alsdann wollte ich bald / mit der Fuchtel / hinaus / und ihnen die Stegen weisen. Denn Diebe seynd [154] doch verzagt; ob ihrer gleich viele beyeinander. Aber diß sind keine Diebe; auffs wenigst keine natürliche.

Mein! so sage et nur doch (fing sie wieder an)was es sey? Er sprach: Ich versichte sie / doch mit Bitte / daß Sie ja nicht zu hart erschrecke / und hernach drüber erkrancke / es seynd keine Geld-oder Säckel-Diebe / sondern Seelen-Diebe. Es ist anders nichts / als ein Gespenst.

Da sie das vernahm / kam sie Grausen / Furcht /und Zittern / an; sagte: O Herr! was fangen wir an? Was Rahts? Ich vergehe / vor Angst und Schrecken!

Er hieß sie gutes Muts seyn / tröstete sie / und sprach hernach weiter: Ich weiß / für uns Beyde /keinen besseren Raht / als / daß wir uns zuforderst / aus der Gefahr / darinn wir schweben / in mehrere Sicherheit stellen Meinem / in der nechsten Kammer / Stein-fest schlaffenden Diener zu ruffen / scheinet nicht dienlich: er dörffte schwätzen / und hernach ihre Ehre im Dispüt kommen. Allein! was macht man? Sie ist jetzo / meines erachtens / benöthigt / sich aus dem Bette zu erheben / und auff einen Stuhl niderzusetzen.

Gleich damit sprang er auff / ruckte denjenigen /der / seines Wissens / zu den Füssen deß Bettes stund / herauff / und stellete ihn nahe zu seinem Kopff-Küssen; daß sie drauff sitzen mögte: wozu sie / vor tieffer Entsetzung und Bangigkeit / sich kaum bereden ließ. Aber er sprach ihr zu / sie sollte ein Hertz fassen /und sich an seine Hand / welche er ihr [155] aus dem Bette zureichte / mit der ihrigen nur fest halten / doch noch fester / mit ihrem Vertrauen / an GOtt; jedoch denselben / in ihrem Hertzen / auch um Verzeihung bitten /daß sie Ihn versucht / und ihre Ehr in solche Gefahr gesetzt: Denn ob dieselbe gleich unverletzt geblieben / und sie / Unzucht halben / nicht zu ihm gekommen; hette sie doch leicht / ohne Zucht und Ehre / können wieder von ihm kommen: Weil Liebe / Nacht / und Einsamkeit / die Zucht zuvertheuren gewohnt / und der Mensch Seiner selten lange mächtig bliebe / wann er den Begierden die Gelegenheit / als derselben Kupplerinn / zum Vortheil einräumte.

Ihre Antwort war / Sie könnte es wol wie hoch betheuren / daß sie gar kein leichtfertiges Verlangen mit sich daher getragen. Er gab zur Wieder-Antwort: Ihr ehrliches Gemüt stünde bey ihm / in ungezweisseltem Credit: Nichts destoweniger / ob gleich ihre Leiber annoch / in der Vollkommenheit beharreten / könnten doch die Gemüter gar leicht geschwächt und brünstig worden seyn: der menschliche Sinn sey wandelbar /und springe / nach Bewandniß der Sachen / so leicht um / wie der Wind.

Indem er also / aus einem Buhler / oder Löffler / ihr Lehrer worden / und ihr predigte; arbeitete der Polter-Geist draussen / im Vorgemach / immer erschrecklich fort / stellete sich auch etliche Mal / als ob er gerad auff die Thür seines Schlaf-Gemachs / mit einem starcken Tritt / zuginge / und in die Kammer kommen wollte: Tratt auch endlich etliche Mal würcklich auf die Schwelle der weit-offen-stehenden Thür. Darüber entsetzte Sie sich [156] so hefftig / daß er sorgte / sie dörffte das Freischlein bekommen. Denn sie wusste / vor Angst / weder aus noch ein / und bebte so ungewöhnlich hart / daß / (wie / nach der Zeit / Philemander /gegen einem vertrauten Freunde / geredt) kein armer Sünder jemals / vor dem Gerichts-Schwert / so hart gezittert / noch das Fieber ihn selbsten / den Philemander so geschüttelt hette / als wie Zeteandra /von Furcht / und Bangigkeit / beklopffet und gerüttelt worden. Daher wol zu glauben / daß / wann sie je vorhin einen Gifft böser Gedancken soltte bey sich empfunden haben / solches in diesem Angst-Bade Sie ohn zweiffel Alles wieder ausgeschwitzet / und zwar viel starcker als ob man ihr den stärcksten Theriac eingegeben hette.

Darum schloß er ihren rechten Arm / in seinen lincken; um ihre Furcht hiedurch in etwas zu mässigen; sprach ihr auch tapffer zu: Sie sollte sich doch so sehr nicht fürchten; denn je mehr sie zitterte / je mehr würde sich der Teufel draussen daran ergetzen / und deß Schreckens nur desto mehr machen: derselbe könnte ihr / ohn Gottes Willen / kein Härlein krümmen; Welcher ihm über sie keine Macht gegeben hette; sintemal er sonst schon längst zur Kammer herein gebrochen wäre: Sie sollte nur GOtt vertrauen /und sich versichern / das Gespenst würde nicht über die Schwelle / noch herein kommen: Und ob es gleich herein käme / könnte es ihr doch nichts thun / wann sie nur betete.

Nachdem sie nun / durch das grauerische Gepolter und Gerassel / schier eine gute halbe Stunde / im Schweiß gehalten / und ziemlich mortificirt worden; lieff endlich das Gespenst / als wie ein [157] gantzer Trupp / eine Stiegen hinauff / die zu dem öbern Bodem ging / und zeschete abermal weiß nicht was für ein Geschlepp / als wie Betten / Säcke / und dergleichen /mit grossem abscheulichem Geräusch / hintennach. Es fing aber hingegen an / auff dem Ober-Bodem / gerad über ihren Häuptern / zu rumoren / zu trampeln / stossen / unn werffen. Und wann es also eine Zeitlang sich daselbst droben getummelt / fiel es alsdann / wie ein schwerer Getreyd-Sack / auf den Boden nider /daß die Kammer-Fenster zitterten und klingten.

Nach sothanem Fall / erhub sich dann voriges Getümmel von Neuem / biß wiederum ein schwerer Fall geschahe. Und so wechselte der Tumult wol mehr /als zwantzig Mal / mit dem Fall um. Unterweilen aber that es / als ob zwantzig oder dreyssig Kerls / ihnen über dem Kopff / droben mit den Füssen stampfften /trampelten / und sprüngen. Solches währte droben /ungefähr eine gantze Stunde.

Hiernechst fuhr es hoher hinauff / zu dem dritten Bodem / oder Gaden; und tumultuirte daselbst gleichfalls eine gute Stunde lang: wiewol das Gekrach und Gerassel / nach Proportion der Erhöhung / und Entfernung / um ein Gutes schwächer ward. Folgends erhub sich das Getümmel / und zwar gar mercklich (denn sie kunntens allemal gantz eigendlich hören / wann es eine höhere Stiegen hinauf lieff) nach dem vierdten /und zu allerletzt / nach dem es dort abermal eine gute Weil abgelebt / und gerumpelt / nach dem fünfften /als den alleröberstem Gaden / hinauff. Woselbst man nur / der Höhe halben / einen schwachen Hall mehr vernahm.

[158] Also musste dieses Löffel-Paar / in die 4 Stunden lang / solchem Gerümpel und Tumult. Gehör geben /und durch diesen Angst-Schweiß die vorige Liebes-Hitze verschwitzen.

Nach sothaner vier-stündigen Pœnitentz / hatteZeteandra noch so viel Muts nicht / daß sie wieder hinaus gegangen / und über den Schloß-Platz ihrer Wohnung zugeschlichen wäre; ob sich gleich Philemander erbot / sie zu begleiten: sondern blieb auff ihrem Stuhl / in der Gebets-Andacht / sitzen / biß eine halbe Stunde gegen Tag. Da er mit ihr ging / und sie /an der Hand / nach ihrem Zimmer führte.

Nach der Zeit / kehrte sie nicht wieder bey ihm ein: die Lust war ihr vergangen: Und / über kurtze Zeit /reisete er / von selbigem Hofe / hinweg; ließ aber /(wie er selber / als Er noch lebte / bey Erzehlung dieses Handels / gedacht hat / gegen einem vertrautem Freunde / aus welches gar glaubwürdigem Munde /ich / für eine Gewißheit / diese Abentheuer auffgezeichnet habe) die Erinnerung dieser Löffeley-Vermyrrhung / so bald nicht aus seinem Sinn verreisen.

Sie hat / etliche Jahre hernach / eine andre / und vielleicht bessere / Parthey / weder sie / an diesem Maul- und Löffel-Liebsten / verspührt / getroffen /und einem ansehnlich-reichen Mann sich zur Ehe ergeben: weil sie der Auffwartung bey Hofe müde gewest.

Philemander fasste einen guten Schluß / der Löffeley / und deß Courtesirens / nach diesem müssig zu gehen / und seine Zeit in rühmlichern Handlungen zu verzehren. Er hielt auff Reisen / [159] seine Blicke im Zaum / ließ sie / an keiner schönen Gestalt sich verweilen; sondern entmüssigte sie / an allerley schau und merckwürdigen Sachen / womit ein tugendhaffter Weltmann so wol für sich selbst / als für sein Vaterland / guten Nutzen schaffen kann.

Es fehlte aber nicht viel / daß er endlich nicht wiederum / mit voriger Gemüts-Kranckheit / noch schwerer befallen wäre. Denn als er aus Franckreich / da er sich gleichwol ziemlich in Acht genommen / zurück in Niderland gelangte; suchte ein Obrister-Leutenant /seine / als eines politen und resolvirten Menschens /Kundschafft / führte ihn mit sich in die Wirths-Häuser / zum Trunck / und zur Würffel: wodurch die bisherige Eingezogenheit und Sittsamkeit allgemach / bey ihm / verschwand / und die vormalige Lust zur Besuchung deß freundlichen Frauenzimmers / aus der Aschen wieder hervor glimmte. Denn eine Unordnung zeugt bald andre / und schnöde Eitelkeiten reihen sich gern aneinander. Es stiessen sich aber seine Begierden / in ihrem Lauff / an die Begebenheit / so wir am Ende dieser Erzehlung / vernehmen werden.

Sein guter Glas- und Spiel-Genoß / führte ihn / zu mancher Gesellschafft / und recommendirte ihm endlich eine Officirers Witwe / welche / so er / der Philemander / ihr würde höflich auffwarten / und sie wol bedienen / ihn als einen wol-gebildeten Aufwarter /nicht allein mit ungemeiner Gunst / sondern auch weil ihr verblichener Mann ihr ein grosses Geld hinterlassen / mit ansehnlichen Presenten / beschencken würde: wiewol Mancher billig (seines Bedunckens) drauff spendiren / und sichs was kosten [160] lassen sollte /daß er das Glück / ein so schönes Weib zu caressiren / erlangen mögte.

Philemander spitzte die Ohren / und weil die Neigung zu günstigen Schönheiten / bey ihm / allbereit wiederum eingeschlichen / ließ er sich gern mit dahin führen: auf daß er die / ihm nun so offt gepriesene /Gestalt und Vortrefflichkeit solcher martialischen Venus einmal ins Auge fassen / und mit derselben bekandt werden mögte.

Sie nahm seine Besuchung / nachdem er höflich um Erlaubniß angesucht / und den Ruhm ihrer wunderwürdigen Natur-Gaben / wider ihren Unwillen / zum Schilde vorgeworffen / (will sagen / den schallenden Preis ihrer Schönheit und Tugend zur Entschüldigung seiner Einkehr / vorgewandt /) mit leutseliger Bewillkommung auf / erwies auch so wol seinem Gefährten /als ihm / die Ehre einer zierlichen Collation. Dagegen er ihr / mit vielen Lob-Sprüchen / hofirte / und gar bald merckte / daß sie ihm freundlichere Blicke / als jenem / gab; angemerckt / sie eine ziemlich frische Witwe war / die schöner / als erbarer / und viel leichter ihres Liebsten / als der Liebe / vergessen hatte. Wann sie so viel Zier im Hertzen / als in ihren Wangen oder liebreitzenden Augen / gehabt hette / wäre sie auch gewißlich ja so würdig einer ehrlich-treuen Liebe / als Lobes / gewest.

Für dißmal / nahm er / nebst seinem Führer / von ihr Urlaub; nachdem er / ihr weiter aufzuwarten / Vergunst gesucht / und auch erhalten. Worauf er ihr also /aus den Augen / wich / und im Hertzen sitzen blieb; auch hingegen selbst / aus ihren glatten Reden / und Angesichts-Rosen / einen Stachel / [161] in seinen Begierden / mit sich heimtrug. Denn wer einer buhlerischen Schönheit nachgehet / dem spaltet sie gar leicht die Leber.

Nachdem er sich nun / mit verwundtem Hertzen /ins Bette geworffen; fing er an / zu speculiren / auf fügliche Weise und Gelegenheit / wie er / ohne Verdacht der Nachbarschafft / ehestens wieder bey ihr einkehren mögte. Wie er dann auch / über vier Tage hernach / unter weiß nicht was für einem Fürwand /wieder zu ihr / wiewol allein / kam / und an der Glut ihrer funcklenden Aug-Sternen sich noch mehr entzündete.

Er verrichtete zuforderst seine verliebte Abgötterey / that ihr ein Lob-Opffer / nach dem andren. Demnechst spielten sie miteinander in Karten / und zwar erstlich um geringes Geld; hernach / um eine Discretion. Welche er gewann / und / als sie / in seine höfliche Wahl stellete / was für eine Discretion sie ihm schuldig wäre / keine andre / als einen Kuß / begehrte. Den schlug sie ihm zwar ab; doch nicht eben mit den Händen; sondern mit Worten; ließ ihn also rauben /was sie nicht ungern verlohr; ob sie es gleich nicht ausdrucklich verwilligte. Endlich nöthigte ihn die herandringende Nacht / Abscheid zu nehmen: wobey er abermal ihrem Munde / und sie seinem Hertzen /einen dergleichen Raub entführte.

Er gedachte / mit allerersten / sie wieder zu bedienen / seine verbuhlte Augen noch mehr / an diesem Feuer / zu verbrennen: und schlieff / nach einem kurtzem / übers Knie abgebrochenem / Abend-Segen / in solchen löfflenden Gedancken / ein.

[162] Allein / nach Mitternacht / traumte ihm / als ob er /mit ihr / spatzieren fahrend / durch Jemanden / meuchelmördrisch würde erschossen. Uber welchen Traum-Schuß / er plötzlich erwachte / und / vor Schrecken / gleichsam ineinander fuhr / auch / vor starcker Einbildung / anders nicht meynend / denn er wäre würcklich getroffen / stracks mit der Hand /nach der vermeynten Wunde / an die Brust griff; weil ihm dieselbe sehr schmertzte. Bald aber / da er sich recht völlig besann; fiel er / auf die Gedancken / der Obrist-Leutenant dörffte vielleicht darum / daß er der Frau-Oberstinn besser befohlen / als er / und diese ihm / dem Obristen Leutenant / unlängst / als Philemander ihr aufgewartet / sich hette verleugnen lassen / einen Groll wider ihn gefasst haben / selbigen auch vielleicht / durch eine tückische Kugel / auszuführen /gedencken: also nahm er den Fürsatz / diese neue Liebs-Kundschafft nicht weiter fortzusetzen / sondern absterben zu lassen / auch der Conversation deß Obristen Leutenants sich allgemählich zu entziehen.

Allein dieser gute Schluß war kaum geboren / als er / nach fünff oder sechs Tagen / wieder dahin fiel. Denn der Martigenis wollte die Weile zu lang werden / daß sie ihn / der ihr Hertz schon gantz eingenommen / in so langer Zeit (angemerckt / in der Buhler ihrem Calender / ein Tag / für ein gantzes Jahr /gerechnet wird) nicht gesprochen: weßwegen sie / besorgend / er mögte in der Liebe gegen ihr wieder er kühlen / ihn / durch ihren Lackeyen / besuchen / und /nach seiner Gesundheit / fragen ließ / auch zugleich /in Frantzösischer [163] Sprache / ein kurtzes Hand-Brieflein schickte / Inhalts / daß sie sich ihrer Schuld /wegen jüngst verspielter Discretion / durch beykommende (an einer köstlichen Hut-Schnur von Perlen hafftende) Feder / (welche / in einem weissem Atlasch / vernehet / von dem Lackeyen überliefert ward) hiemit freundlich entbinden wollte.

Er entsetzte sich anfangs in etwas darob / und bekam schwere Gedancken; besorgend / es dörffte seine Freyheit / die er noch zur Zeit an keinen ehelichen Zaum wollte verbinden lassen / mit dieser Feder sich davon- der Martigenis in die Arme / schwingen: setzte sich doch gleichwol bald / und schrieb etliche höfliche Danck-Zeilen / mit Versprechung / ehester Tagen seine Danck-Pflicht mündlich abzulegen. Dem Lackeyen verehrte er / zum Trinck-Gelde / und darunter verstandenem Lohn der Verschwiegenheit / einen Reichsthaler.

Als derselbe hinweg / fingen / in seiner Betrachtung / Vernunfft und Liebe einen schweren Krieg miteinander an: wobey aber jene endlich den Kürtzern zoch / und den Platz verlohr. Denn die Perlene Hut-Schnur ward seinem Hertzen zu einer Schlingen / und er / mit Hindansetzung aller Gegen-Rede der Vernunfft / seiner Meynung nach / höchlich verbunden /sie nicht allein wiederum zu besuchen / und sich gegen ihr zu bedancken / sondern auch zu allen ersinnlichen Liebs-Diensten zu verpflichten.

[164] Jedoch nahm er das Bette / in seinem Vorsatz / aus / und beschloß dieser seiner neuen Buhlschafft so behutsam abzuwarten / daß er / mit keiner Eh-Verbindlichkeit / von ihr verstrickt würde. Denn davon hielt ihn unterschiedliches Bedencken ab: als / Erstlich /daß Martigenis / in einer Liljen-weissen Brust / kein Liljen-reines Hertz trüge: sintemal das Gerücht nicht das Beste von ihr redete. Denn es ging ein Gemürmel / als ob sie / noch bey Lebzeiten ihres verstorbenen /an einer langen Schwindsucht ausgedorrten / Eh-Herrn / mit einem und andren jungen Cavallieren /und zuletzt auch mit obbesagtem Obristen Leutenant /genauere Kundschafft gepflogen / weder einer verehlichten Damen wolanständig. Weßwegen Philemander besorgte / sie dörffte ihn auch dermaleins / an stat gegenwärtiger Hut-Schnur / von Perlen / und anhafftender Feder / mit einer Kron / so ihm nicht angenehm / beschencken / auch seiner Reputation nachtheilig seyn / daß er eine so verdächtige zur Ehe genommen. Zudem wünschte er noch zuvor / etliche fürnehme Höfe zu besuchen / und allda seines Glücks zu erwarten / bevor er / ausser Condition / zur Heiraht schritte. Mit einem Wort; er hoffte sie / mit blosser Mund-Collation / zu vergnügen / wie er / vor einigen Jahren /die Zeteandra damit abgespeiset hatte.

Unterdessen stund er nichts destoweniger / ohnangesehn ihm die Vernunfft einen Verweis über den andren gab / in vollem Feuer der Liebe: die ihn auch bald / deß andren Tags / zu der Martigenis / ins Losament trieb. Mit welcher er daselbst / unter mancher Liebeley / Schwester- und [165] Brüderschafft stifftete. Es ward aber damals ihre Löffeley bald unterbrochen: weil Martigenis / von einigem Frauenzimmer / eine Besuchung bekam / und / Ehren halben / dasselbe freundlich empfangen musste. Weßwegen Philemander bemüssigt worden / sich / unter dem Versprechen ehester Wiederkunfft / von ihr zu beurlauben.

Er ging / samt seinem Diener / heim / mit einem solchem Mut / der sich so veränderlich / als wie der Aprill-Monat / verstellete. Bald ergetzte ihn die Erinnerung einer so süssen Buhlschafft / und die so brünstige Huld einer so schönen Damen / wie gleichsam ein lieblicher Sonnen-Blick: bald betrübte ihn die Befahrung eines Eh-Netzes / von Einer / die er zwar /ihrer Schönheit und Höflichkeit halben / zur Liebes-aber nicht zur Lebens-Gefährtinn / wünschete: Welche Beysorge aber / wie ein untermengtes Wölcklein /allemal bald vorüber ging / und dem wiederhervorbrechenden Sonnen-Strahl seiner Brunst den Platz räumte.

Weil aber Martigenis jüngstens seiner nicht froh genug worden / noch an seiner beliebten Gegenwart sich recht ersättigen können; indem die Einkehr andrer Personen / wie erst gedacht worden / ihr das Gewirck ihrer damaligen Anschläge zerrissen / also / daß sie deß Philemanders / ihrem Verlangen nach / nicht geniessen / noch denselben ihr / wie sie gäntzlich beschlossen / zueignen können; doch gleichwol sich gnugsam versichert hielt / daß er Feuer gefangen hette / und durch sie entzündet wäre: ließ sie ihn gleich /nach dreyen Tagen / wieder zu sich erbitten.

[166] Dessen freuete und scheuete er sich zugleich. Sie zu sehen / und zu hertzen / war er begierig; ihre Begierden aber völlig zu erfüllen / ungeneigt und furchtsam: denn er merckte ihr letztes Ziel sehr wol; nemlich daß sie ihn nicht / wie etwan vormals Andre / zuletzt wieder aufgeben / sondern mit Heiraht fesseln wollte; und daß nicht weniger ihr Hertz von Liebe /als wie ihr schönes Angesicht von Purpur / glimmete; Sie zudem auch in der Zumutung küner und behertzter seyn würde / als vormals die Zeteandra / welche ihr Anligen / mit vielen Complimenten / umwickelt / und gleich so deutlich heraus zu sagen / sich erblödet hette. War also sein Mut ein Schilff-Rohr / das bald die Sorge / gegen den Aufgang; bald die Begier /gegen Nidergang / beugete. Dennoch gab er ihr / die er weder zu besitzen / noch zu verlieren / wünschte /die verlangte Besuchung unverzüglich.

Seine Vermutung fehlte nicht. Mitten unter seinen Liebes-Bezeugungen / erklährte sie sich / für überwunden / und daß sie / von ihm / nimmer geschieden /sondern in einer Bündniß / biß an den Tod / ihm vereinigt bleiben mögte. Worauf er zwar sich glückselig preisete / doch nur mit unklaren zweydeutigen Worten / antwortete.

Sie aber setzte den Discurs fort / lenckte denselben je länger / je näher / auf ihren Zweck; nemlich ihm ein ehrliches Versprechen abzugewinnen. Und weil solches / ihrer Einbildung nach / nicht gewisser / als bey einer Lieb-brünstigen Handlung / ihr von Statten gehn könnte: beschloß sie / seine Gefährtschafft / auf eine zwey-tägige Reise / zu erbitten: damit sie unterwegens / am sichersten [167] und nachdrucklichsten / Beyde hiev on handlen mögten.

Nachdem er ihr solches eingewilligt / und versprochen; ward der zehende Tag dazu bestimmt: an welchem sie / auf ihrer Reise-Kalesch / etliche Stunden voraus fahren / er aber / zu Pferde / nachfolgen sollte /biß sie / in einem verabredtem Dorff / einander anträffen. Und solche Abrede ward / mit einem brennendein Abscheid-Kuß / versiegelt.

Philemander / welcher / aus den flammenden Wincken / Worten / und Wangen der Martigenis /nunmehr greifflich spührte / daß sie doch nicht ruhen würde / als biß ihr brennendes Hertz / unter einer gefüllten Brust / und in der Ehe / sässe; führte daheim /mit sich selbsten / einen schweren Streit / über der Frage / ob er genommener Abrede nach- oder zuwidern / leben sollte. Sintemal er nichts Gewissers glaubte / als / daß die erste Nacht / welche ihn unterwegens / bey der Martigenis / anträffe / die letzte seiner Freyheit seyn würde: da er doch sie nur zu lieben /und nicht zu beleben / weniger noch zu ehelichen /wünschte.

Endlich wählte er doch den schlimmsten Theil; nemlich daß er sein gegebenes Wort halten wollte; es mögte im übrigen gehen / wie es könnte: er wolle ihr zwar nichts / wider ihre Ehr / zumuten; daferrn sie aber selbst ihn würde reitzen / und gleichsam dazu verbinden / daß er den fünfften Grad der Buhlschafft mit ihr beträte / so mögte es drum seyn / und sie es ihr haben / (wie dort der erbare Judas / von der Thamar /redete) er bliebe dennoch [168] (seines leichtfertigen Bedunckens) ein ehrlicher Kerl / der den Hut aufsetzen /und davon / in seine Heimath / ziehen könnte: Denn gewißlich mit einer solchen / die mit Andren vorhin schon gelöffelt / könnte er / wann sie gleich gar eine Generalinn / oder Fürstinn / wäre / nicht in ehelichem Bundeleben: buhlen aber wolle er wol mit ihr; darinn er ihr auch ja nicht der Erste seyn werde.

Eine seltsame Sache / daß solche Zucht-vergessene Gesellen sich schämen / eine Verbuhlte zu nehmen /und doch selbst dasjenige / wodurch sie / von Heirathung einer Solchen / abgeschreckt werden / mit ihr zu vollbringen / weder Schaam / noch Scheu tragen! da diß Letzte doch viel grössere Schande / als das Erste.

So ergab sich nun Philemander gäntzlich dem Schluß / daß er wollte amicus amicæ usque ad aram, ein Freund vor- wo nicht gar in dem Bette / und nicht vor dem Altar / seyn: Ließ derhalben auch / zum Ritt /ein Pferd bestellen / und / gegen den angesetzten Tag / alle Anstalt zur Reise machen / auch die Martigenis etliche Mal versichern / daß es bey der Abrede bliebe.

Er belustigte sich mittler Weile / in seinem bethörtem Mut / mit allerley eitlen Betrachtungen / was für einen schönen Spaß es / auf dieser Reise / setzen /was für delicate Zeitkürtzung ihn alsdann erquicken würde.

Nachdem er aber / etliche Nächte nacheinander / in solcher Thorheit / eingeschlaffen / und gleichfalls / in der dritten / sein / in so leichtfertiger Liebe nunmehr wallendes / Hertz / an lauter buhlerischen [169] Gedancken sich ergetzte; erschreckte ihn endlich nicht wenig dieser Traum / wie seine Frau Mutter vor ihm stünde /mit erblasstem Angesicht / und über sein Vorhaben tieff erseuffzend / die Hände zusammen schlüge.

Diesem Traum folgte gleich ein andrer: als ob er seinen Hut / samt der ihm geschenckten schönen Feder / und Perlenen Hut-Schnur / verlohren; hingegen einen kalen Lumpen-Hut dafür aufgesetzt hette. Doch beharrete er noch / auf seinem Reise-Schluß.

Aber / in der frühen Morgen-Stunde / bekam er den dritten Traum / über welchen er sich viel hefftiger entsetzte. Denn er sahe etliche böse Geister zu seiner Kammer hinein treten / die mit lachen die Köpffe zusammen stiessen / und einander gleichsam allerley Neues erzehlten; biß zuletzt Einer unter ihnen / mit Fingern / auf sein Bette zeigend / fragte: Wer hat diesen wieder erwischet? Worauf ein Andrer antwortete: Ich! Folgends plauderte und plerrte er viel Dinges daher / wovon man nichts verstehen kunnte /ohn allein dieses / daß er ihm / durch einen Lockvogel / gepfiffen / und durch denselben ihn wieder ins Garn gebracht hette. Worauf sie alle sämtlich / mit ihren hönisch-gespitzten und abentheurlich gekrümmten Schnautzen / ein grosses Satyrisches Gelächter machten.

Er wachte hierüber auf / mit harter Entsetzung: und indem er diesem häßlichen Traum nachdachte / ließ sich / in der Kammer / darinn es auch sonst nicht rein noch richtig war / ein schrecklichs [170] Gepolter hören. Welches aber / als er anhub zu beten / gleich aufhörte.

Hernach erinnerte er sich auch deß vormaligen Traums / von dem empfangenem Schuß / wie auch der beyden vorigen / so er / in dieser Nacht gehabt: und veränderte seinen Schluß / in diesen festen Vorsatz /nicht allein die Reise / sondern auch die Buhlschafft /ja so gar alle Kundschafft / mit der Martigenis / einzustellen / und dem Raht Socratis zu folgen / welcher dahin geht / daß man den Gifft / der aus einem paar schöner Augen gesogen worden / besser nicht kuriren könne / als durch Veränderung der Lufft / nemlich durch eine ziemlich-weite Reise.

Diesem nach entschüldigte er sich / gleich deß andren Tages / bey der Martigenis / durch ein höfliches Brieflein / daß er ihr / auf der Reise / das Geleit / für diß Mal / nicht geben könnte; weil er / um hoher Angelegenheit willen / durch ein Schreiben / in seine Heimath gefordert wäre: Wann er wiederkäme / wollte er ihr schon wissen aufzuwarten; unterdessen aber sie freundlichst ersucht haben / die schöne Feder samt der Perlenen Hut-Schnur / so er hiebey in einer grossen versiegelten Schachtel / zu getreuer Verwahrung / ihr anvertraute / fleissig inzwischen aufzuheben.

Uber zween Tage hernach / zahlte er seinen / auf gewisse Zeit angenommenen / Diener / aus / samt dem Hauswirth / und reisete davon / nach einer weitentlegenen fürnehmen Hof-Stat. Wie es der Martigenis hernach weiter ergangen / davon gab mir sein gewester vertrauter Freund / von [171] dem ich diß Alles / für die Gewißheit / wie oben gedacht / verstanden / keinen weiteren Bericht.

Wir mercken unterdessen / aus dieser Geschicht /was für saubre Geister den Löfflern / Buhlern / und Gallanen / auff den Dienst warten; und daß die Buhler keine andre Patronen haben / als den Satan und seine Engel; imgleichen / daß junge Leute hoch-benöthigt werden / GOTT / um seinen guten / auff ebener Bahn führenden / Geist / zu bitten: damit Sie / für unzüchtigem Hertzen / bewahrt werden / und an keinem schnöden Blick einen Strick gewinnen / noch aus ihrer eigenen Gestalt und Zier / es sey in Wangen /oder Worten und Geberden / Andren Stricke und Netze bereiten mögen; sondern GOTT vor Augen /und die Betrachtung im Hertzen haben / daß der Buhlerey Ausgang / wie Salomon bezeugt / in deß Todes Kammer hinunter gehe / und der Buhlerinn Füsse zum Tode lauffen.

Fußnoten

1 Ambros. lib. 1. c. 14. de Pœnitent. Tom. 1.

21. Das verführische Irr-Licht

[172] XXI.

Das verführische Irr-Licht.

Daß die so genannte Nacht- oder Irr-Lichter / welche denen / bey Nacht wandrenden / reitenden / oder fahrenden Leuten nicht selten zu Gesicht / offt auch wol gar nahe auff den Leib kommen / für sich selbst nicht unnatürlich / sondern eine Entzündung gewisser Dünste seyen / habe ich / in meinen vorigen Schrifften /unterschiedlicher Orten / sonderlich aber / in dem fünfften Discurs deß Erd-umgebenden Lufft-Kreyses / mit ziemlicher Ausführlichkeit behandelt. Allda ich auch gedacht / daß / auff den Spannischen Gebirgen / die Irrwische sehr häuffig beyeinander / von den Reisenden / gesehn werden; und / in Aethiopien / oder Morenlande / die Felder offt / gantze Nächte durch /davon leuchten / nicht anders / als ob sie gestirnt wären: imgleichen / daß / auff dem so genannten Perlen-Fluß / in Sina / bey Nacht solche Liechter auch erscheinen / und von den Sinesern für helle Karfunckeln geachtet / doch gleichwol aber Jeming / das ist /Nacht-Lichter / genannt werden.

Durch solche Irr-Lichter nun / kann man gar wol /natürlicher Weise / in Wasser und Morast / verleitet /und drüber seines Lebens verkürtzt werden; wenn man denselben nachfolgt: weil sie sich gern / nach und nach / dahin ziehen. Gleich wie aber Scherertzius / von den Meer-Lichtlein / die sich / bey Stürmen /auff die Schiff-Bäume / oder Segel / [173] setzen / oder auch ob dem Schiffe schweben / gantz willig gesteht /daß sie aus natürlichen Ursachen sich entzünden / und den Schiffenden erscheinen (welche Ursachen ich gleichfalls / in angeregtem Discurs / am 572 und etlichen folgenden Blättern / habe angezeigt) nichts destoweniger aber doch der Satan / als ein Feind menschliches Geschlechts / seine Gauckeley mit drein menge: damit er den Schiffleuten die Furcht und Angst vergrössere; daher dann solche Meer-Lichtlein bißweilen gleichsam / als wie eine menschliche Stimme / ein Geheul und Gewinsel von sich geben: (wiewol dieses Kirren und Winseln eben sowol natürlich geschehen kann) Also lässt sich solches viel gewisser noch / von den Irrlichtern / urtheilen; nemlich daß bißweilen die Gespenster ihr Spiel damit treiben / um die Leute in Unglück zu bringen / indem sie dieselbe dadurch auff Irrwege / in morastige Oerter / und Wasser-Pfühle / verführen.

Es erzehlte mir / vor vielen Jahren / ein erbarer Mann / der mein Reise-Gefährt war / daß er vor kurtzer Zeit / in Gesellschafft eines fürnehmen Manns /zwischen Nürnberg und Nördling / bey Nacht / weil die Eilfertigkeit solche zur Gehülffinn erheischete /geritten / und ehe dann sie / hinter Kuntzenhausen /an die Brucke gekommen / eine Fackel aus selbigem Städtlein / mit sich genommen. Worauff / unweit von dem Wasser / etliche Irrlichter neben ihnen her zu flackern angefangen: Weßwegen sie / um so viel mehr / die Fackeln angezündt / um der Brucken / weil / von dem hohen Wasser derselhen ein guter Theil überschwemmt und verdeckt war / destoweniger zu verfehlen / noch von derselben [174] herab / in den Strom / zu verfallen. Welches ihnen auch / bey einem Haar /schier wäre widerfahren; wann nicht der Mann / welcher mir solches erzehlte / aus offtmaliger Bereisung selbiges Weges / deß rechten Strichs wäre kündig gewest. Denn die Irrlichter / welche / eine Weile / hinter / oder neben ihnen her / geflattert / begunnten sich zu mehren / und sie fast irr zu machen: indem etliche derselben vor ihnen her fliegend / sich auf die Brucke stelleten / etliche über dem Wasser / zur Seiten der Brucken; etliche auff das Stuck der Brucken / welches unterm Wasser stund. Und wie diese zween Reitende eben an den Ort gelangten / da der beflossene Anfang der Brucken seyn musste; wollte dem fürnehmen Mann schier bang werden / und ihm / sein Pferd / abwerts zur Seiten / weichen: Welches ihn denn gewißlich in die Tieffe geführt hette / daferrn nicht sein voranreitender / und dieser Brucken wol-erfahrner Reise-Gefährt / ihm zugeruffen / er sollte still halten / auch etliche Schritte zurück geritten / und ihn wieder auff den rechten Pfad gebracht hette. Hernach ermahnte er ihn / ihm nur stets hertzhafft zu folgen. Also ritten sie / mit grössester Behutsamkeit / durch das über die Brucken hinlauffende Gewässer / biß sie den trucknen Theil derselben erreichten / als unterdessen besagte Nacht-Lichter / unweit von ihnen hin und wieder hüpfften / und hernach wiederum voraus fliegend / an-und neben dem End-Stuck der Brucken / welches gleichfalls unter dem Wasser verborgen lag / ihre Gauckeley oder Flatter-Wesen anfingen. Daraus sie dann nicht unfüglich geschlossen / daß ein Gespenst mit im Spiel wäre; und daß / woferrn sie nicht ein[175] brennendes Windlicht mit genommen hetten / Einem von ihnen besorglich / im Strom / seine zwey Stirn-Lichter würden erloschen seyn. Wie dann Unfall gemeinlich darauf folgt / wo vorher die Fürsichtigkeit gefallen / und auch leicht das leibliche Auge denen zugeht / welchen das Gemüts-Auge / die Behutsamkeit / ausgerissen ist.

Man lieset auch / beym Fromondo / daß Einer / der ihm beschwägert gewest / als derselbe bey der Nacht gereiset / mitten auff dem Felde / urplötzlich / von dreyen oder vier Irrlichtern umgeben / und dergestalt drüber erschrocken sey / daß er sich alsobald auf die Erde nidergelegt. Da sie dann eine Zeitlang allda verblieben / und / etliche Schritte weit von ihm / ohn einige Bewegung / still gestanden; endlich aber / nach dem er ziemlich lange / an der Erden / gelegen / und GOtt um Schutz angeruffen / von ihm weggesprungen / und weiter / denn eine Meilwegs / uber die Mosel /gefahren. Kaum aber ist er ein paar Schritte fortgegangen; da seynd sie gleich wieder zuruck geflogen /und ist er eben / wie vorhin / von ihnen / umringt worden: Worüber er dann noch hefftiger erschrocken /abermal sich auff die Erde geworffen / und nicht eher auffgestanden / als / biß sie wieder davon geflogen /und nicht wieder gekommen.

Solche wunderseltsame Bewegung hält Fromondus 1 für verdächtig / und urtheilt sie sey / von einem bösen Geist / regiert worden. Welches ich gleichfalls vermute. Denn ob mich zwar meine eigene Augen dieses gelehrt / daß diese Nachtlichter sich / natürlicher Weise / also trennen / oder [176] entzweyen / ja bißweilen aus einem drey oder vier werden / und schneller als ein Vogel / biß auf eine Viertheil oder halbe Meil /von einer Stelle / zur andren / fahren: giebt dieses doch ein besondres Nachdencken / und Anzeigen einer unnatürlichen Regierung / daß sie / nach solcher fernen Wegflucht / zu selbigem Menschen plötzlich wiedergekehrt / ihn umringt haben / und eine Weile bey ihm still gestanden: da sonst die Irr-Lichter /wann sie eine Stelle verlassen / und weit hinweg fliegen / sich gemeinlich voneinander gar weit entfernen /und an unterschiedene Oerter fliegen / auch nicht bald an die erste Stelle wieder kehren / zum wenigsten nicht alle.

Sonst halte ich nicht Alles / für unnatürlich noch teufelische Gauckeley / was manchen die falsche Einbildung also fürmahlt. Als / zum Exempel / wann diese Irr-Lichter bißweilen spratzeln und krachen /und einen unlieblichen seltsamen Laut von sich geben / der schier einem wimmrenden und ächtzendem Menschen nachaffet; so fallen manche / weil der Schrecken / welcher bey Nacht das menschliche Gemüt stärcker angreifft / als bey Tage / ihnen die recht vernünfftige Betracht- und Ermessung verhindert / und die wahre Ursach verdeckt / auf die Gedancken / solches ächtzen / kirren / und spratzeln / sey deß Satans Affenwerck / und eines Gespenstes Stimme: da es doch von der entzündeten Materi entsteht / und offt ein auf dem Heerd brennendes Holtz dergleichen Laut giebt.

Ist demnach schier nicht Wunder / daß etliche Leichtgläubige und einfältige Leutlein sich / wie Cardanus, bey einem Discurs von den Irrlichtern / erinnert / hierüber den Wahn gefasst / als ob die [177] Seelen der Verstorbenen / mit diesen Flammen umhüllt /auch gestrafft / und gereinigt würden. Und ich vermute / dasjenige / was wir oben / aus dem Scherertzio, von dem Geheul und Winseln der Meer-Lichtlein vernommen / sey eben so wenig eine Anzeigung teuflischer Mitwürckung / sondern geschehe allerdings natürlich; nehme doch gleichwol hiemit nicht gäntzlich wieder zurück / was ich vorhin / aus gedachtemScherertzio, gesetzt; daß dennoch zu Zeiten / auch denen gar zu abentheurlichen Bewegungen solcher Meer-Lichtlein / der Geist der Finsterniß wol einen Zusatz und Nebenwürckung geben könne.

Ein gantz unfehlbarer und unleugbarer Beweis aber / daß / unter den nächtlichen Irr-Flammen / manches Mal der Betrug und Tuck deß Satans verborgen stecke / wird / aus nachfolgender Geschicht / erhellen.

Es hat / vor nicht vielen Jahren / ein verheirahtetes gemeines Weib gelebt / wiewol / dem gemeinem üblen Gerücht nach / also / daß sie / für lebendig todt / geachtet worden. Man wollte sagen / ihr Leib wäre ein solcher Heerd / darauf heimlich viel fremdes Feuer brennete / die eheliche Treu hingegen äscherte; und ein solcher Schlott oder Schörstein / der von mehr /als nur einer / unreinen Laster-Brunst / sonderlich aber von Unzucht / rauchte. Ihr funfftzig-jähriges Alter / und Asch-graues Haat / hetten ihr eine stumme Predigt / und Erinnerung thun sollen / solchen wühsten Ruß vom Hertzen abzukehren / und dasselbe in Buß-Threnen zu waschen: aber daran gedachte sie noch lange nicht: unter der Haar-Aschen ihres Alters /glühete doch noch eine [178] solche Brunst / die einen stinckenden Rauch dem Gerücht pflegt unter die Nasen zu treiben: und hielt sie mehr / von der Wäsche / wodurch die Gurgel / als von einer andren / womit das Auge / genetzet wird. Uberall / wo etwas zum Besten war / und es eine Fröligkeit setzte / musste sie mit dabey / und weiter vorn- als hind-an seyn. Den Kirchweihen / auch dabey angestellten Reigen / und Mahlzeiten / war sie gantz geweihet; versäumte lieber zehen Mal die Kirche / als ein Mal die Kirchmeß. Sie wusste aber nicht / daß ihr die Grube so nahe / und die Todes-Kammer ihrer / mit auffgesperrter Thür /wartete.

Es begab sich endlich / daß / an einem nahgelegenem Ort / die Hebræer einen sonderbaren Feyer-Tag hatten: demselben / gedachte sie / mit zu feyren /auf ihre Weise / das ist / mit essen / trincken / und Wolleben / im Wirthshause: sprach derhalben ihren Mann mit aufs / und ging / in Begleitung andrer Befreunden / dahin; nicht so sehr / die Jüden / als gute ausgeschwängte Glässer / zu sehen / und guter Dinge zu seyn. Nachdem sie nun der Gesellschafft / mit einem guten Trunck / treulich beygestanden / und sich ziemlich beweint; wird sie / von den Ihrigen / ermahnt / aufzubrechen / und in Begleitung andrer Weiber /heimzugehen. Darein sie auch endlich willigt / in Meynung / ihr Mann sey schon / mit Andren / voraus.

Indem diese nun / mitten auff dem Heim-Wege /begriffen seynd / und diß Weib spührt / ihr Mann sey noch zurück; kommt ihr die Lust an / dem noch hinterbliebenem Zech-Gelage wieder zuzusprechen / mit dem Vorwenden / sie müsse ihren [179] Mann holen: Will sich auch / von den Ihrigen / durchaus nicht auffhalten lassen / sondern stosst ihren nechsten Freund / der ihr nacheilt / und grosse Bitte / samt ihm wieder umzukehren / anlegt / mit Gewalt von sich: also / daß er sie endlich muß erlassen / und seines Weges fortgehen. Und weil von fernen sich gleichsam ein paar Fackeln sehen liessen; meynten ihre umschauende Gefreundte /es käme die noch hinterstellige Gesellschafft daher; derwegen sie nun bald zu ihrem Mann kommen könnte / als welcher zweiffels ohn / unter dem Hauffen /der sich die Fackeln vortragen liesse / seyn würde. Derhalben hörten sie auff / ihr nach zu eilen / und gingen allgemach / Schritt für Schritt / heimwerts fort. Uber kurtze Weil schauen sie zurück / und die erblickte Fackeln nicht mehr; vermuten also daraus / es sey selbige Gesellschafft / durch deß Weibs Zuruckkunfft bewogen worden / den Ruckweg vor zu nehmen / und die Zeche zu erneuren: Darum weil es nunmehr / selbiges vermeynten Hauffens zu erwarten /vergeblich scheinen wollte / marschirte der gantze Trupp / ohn weiteres Bedencken / nach Hause.

Ungefehr eine Stunde oder zwo hernach / kommt auch deß Weibes Mann heim / gäntzlichen Vertrauens / er werde sein / vor ihm hergegangenes / Weib da heim schon antreffen. Weil er sich aber / in solcher Meynung / betrogen findt / und von den Seinigen vernimt / es hetten zwo brennende Fackeln über Feld sich allgemählich berbey genahet / auff welche sie /die Fran / zugegangen: wird ihm nicht wol bey der Sache; sintemal er sich wol wusste zu erinnern / daß /um selbige Zeit / er / und seine gute Brüder / annoch auff der Zech-Banck / [180] bey einem guten Trunck / gar fest gesessen: Eilt demnach / mit etlichen nechsten Nachbarn / zurück / und zwar um so viel mehr / weil er vernommen / sein Weib sey solchen Wind-Lichtern entgegen gegangen / welche Einer unter ihren verlassenen Gefährten für keine rechte Lichter / angesehn /sondern verdächtig gehalten hette / darum daß dieselbe bald wieder verschwunden. Er kehrt wieder an den Ort / da man getruncken / und findet Sie daselbst so wenig / als in den nechsten Dörffern. Ob man sie auch / etliche Tage / ja gar etliche Wochen gleich nach einander suchte / so wol im Wasser / als in Feldern / und Wäldern: kunnte man doch / ihres Auffenthalts und Bleibens / nirgends keine Nachricht erhalten: denn die finstre Nacht hatte alle Spuhr zur Erfahrung ausgelescht.

Daraus entstunden nun mancherley Reden und Meynungen. Denn weil man vermutete / so ferrn sie etwan ins Wasser gefallen wäre / würde man sie / in so vielen Tagen / schon gefunden haben: urtheilten Etliche / sie wäre erschlagen / und in einen Pusch geworffen / oder geschwinde irgendswo eingescharrt; Etliche / sie wäre / mit einem bestimmten Soldaten /davon gezogen: Etliche / der Teufel hette Sie weggeführt; weil sie eben damals lustig geflucht / als ihr nechst-Verwandter sie nicht wollen gehn lassen.

Die Zeit gab endlich das Gewisseste; nemlich / daß / nachdem sie den beyden vermeynten Wind-Lichtern entgegen geeilt / sie / von selbigen Irrwischen / welche der böse Feind zu seinem Vorhaben gemißbraucht / in den nechsten Fluß geführt / und darinn ersoffen wäre. Denn / nach einem [181] viertheil Jahr / hat man sie /im Wasser / an einem Pusch / darein sich ihr Rock verwickelt gehabt / verarrestirt gefunden.

Fußnoten

1 Lib. 2. de Meteor. c. 2.

22. Die gehörnete Ladung

XXII.

Die gehörnete Ladung.

Der Bock sieget schier allen Thieren ob / in der Geylheit: darum pflegt der Satan / in desselben Gestalt /am liebsten und öfftersten zu erscheinen / als ein Geist der Unkeuschheit / und sich nicht allein den fahrenden Hexen / sondern auch den unzüchtigen / leichtfertigen Bröckinnen / und geilen Böckinnen / welche /ihren unreinen Brand zu leschen / ihres abwesenden Buhlens Gegenwart / durch seine Würckung und Hülffe / herbey schaffen wollen / sich wie einen Bock dar zu stellen / und für ein Roß zu dienen / darauf sie ihren verlangten Buhlen mögen holen lassen.

Woferrn sich nun Einer / mit solchen brünstigen Stutten / und Zucht-losen Gemütern / verwickelt hat; bringen sie ihr Verlangen leichtlich zur Erfüllung /daß der Verlangte eines solchen gehörnten Pferdes Reuter werden / und auff demselben / zu ihnen reiten muß.

Wann sie aber einen dergleichen Courrir / oder Post-Klepper abfertigen / zu einem solchen Manns-Bilde / so nicht Lust zu ihnen / noch sich mit ihnen befleckt hat; wird das unnatürliche Pferd gemeinlich leer wieder kommen.

Ein berühmter Kriegs-Oberster / der unterschiedlichen [182] Potentaten gedient / und zu letzt auch / zu unsrer Zeit / für die Christenheit / sein tapffres Blut vergossen / ward / in seiner noch unverheirahteten frischen Jugend / von einer verwittibten jungen Oberstinn / zur Ehe gewünscht: weil er damals allbereit eines Ober-Officirers Stelle bediente.

Ihm wollte aber diese Parthey nicht allerdings gefallen / als einem Cavallier / der seine Streitbarkeit /mit Gewissenhafftigkeit / wiewol diese wunderselten dem Kalb-Fell / oder der Trompetten / folgt / vergemeinschafftete: Denn es ging die Mummelung / als ob diese Oberstinn / von verbotenen Künsten der Finsterniß / nicht rein wäre / oder auffs wenigste böser Künstlerinnen Raths sich bediente. Deßwegen hielt er sich nicht lange bey ihr auff / wann er bißweilen / der alten / mit ihrem verstorbenem Eh-Herrn gepflogenen Kundschafft zu Ehren / aus seinem Quartier / bey Dantzig / zu ihr hinüber ritte: sondern machte es kurtz / und / in diesem Stück / nach der Vermahnung Hieronymi / welcher schreibt / daß man einer lustigen Frauen sich geschwind entziehen solle / als wie einem Hauffen glühender Kohlen.

Er verklebte / für ihrer Schmeicheley / das innere Hertzens-Ohr: ob er gleich das äussere / aus Höffligkeit / ihr nicht gäntzlich entriß / sondern sie / dann und wann / wegen der guten Quartier-Nachbarschafft / mit Ehren-Worten (vielleicht auch / nach Soldatischer Manier / mit unterlauffenden Vexier-Worten) unterhielt.

Damit war ihr aber wenig gedient: sie wünschte auch Liebes-Worte / und gleichfalls Liebes-Wercke; nemlich ein eheliches Versprechen / von ihm zu hören.

[183] Hingegen kunnte er sie nicht lieben / sondern vielmehr hassen / wann er bey ihr war: welcher Eckel ihn auch gemeinlich bald wieder von ihr vertrieb.

Diese Oberstinn muste ihre Künste an ihn gewandt und er vielleicht mit einem oder andrem Fehler / sonderlich mit starcken trincken / so dem Soldaten-Leben nichts seltnes ist / einige Gelegenheit eröffnet haben /daß sie etlicher Massen an ihm gehafftet; und in etwas gewirckt. Denn wiewol er gegenwärtig einen Abscheu vor ihr trug und sich bald wieder von ihr wünschte: wünschte er doch abwesend das Widrige / nemlich bey ihr zu seyn: also / daß ihm fast angst und bange ward / biß er wieder zu ihr käme. Wann sie dann nun beysammen / hörte das Verlangen auff / und fühlte sich sein Hertz von ihr abgewandt / also / daß / an stat deß Sehnens / Scheu und Reu dasselbe fülleten. Daher dann seine freundliche Zunge / und sein Gemüt / nicht einerley Sprache redeten / indem ihm stets die Lust einer ehelichen Verstrickung an eine solche Widerwertigkeit bald erkaltete: ohnangesehn Sie / in ihm / das angezündte Feuer bey der Glut zu erhalten /keine List spahrte.

Eins Mals riß ihn / zu Mitternacht seine unnatürliche Begierde in den Sattel / daß er / im Finstern / über Feld (denn ihrer beyder Quartier waren nicht weit von einander) zu ihr ritte: wie er aber wieder von ihr geschieden / und auff dem Heimritt war / stürtzte er /mit dem Pferde / in einen Graben; der ihn leicht zum Grabe bringen könnē / wann nicht ein guter Engel ihn behütet hette.

Der alte gelehrte Jurist / Angelus, will / [184] man solle einem Ordens-Mann / wann derselbe / zu einer Frauens-Person / ins Haus gegangen / solches nicht verdencken / sondern dafür halten / er habe wollen mit ihr beten: und darum urtheilet er nicht so gar übel: Denn die christliche Liebe muß allezeit / in dergleichen Ungewißheit das Beste hoffen. Dennoch handelt ein solcher unweißlich / der allein / zu Einer alein /geht / unn / ohne Noth bey ihr allein / sich etwas aufhält: sintemal er wunderselten ohn Verdacht wieder von ihr geht / sondern gemeinlich vom Argwohn / unn bösen Schein / wie von einem Schatten / begleitet wird. Viel leicht- und füglicher aber klebt dergleichen Verdacht / an einem Kriegsmann / je leichter er denselben pflegt aus dem Sinn zu schlagen. Soldaten sind keine Engel / und zwar alsdann am allerwenigsten /wann sie den leiblichen Engeln / im finstern / mit einer Besuchung auffwarten: weil der Nacht und Einsamkeit die Zucht nicht zum besten empfohlen ist; zumal wenn Mars und Venus alsdann einander die Visite geben. Nescio quo pacto assiduè dimicantibus difficile est, morum custodire mensuram, schreibt Cassiodorus: Ich weiß nicht wie es Denen / die stets im Kriege leben / so schwer fällt / sich / mit ihrem Wandel und Sitten / in gebührenden Schrancken zu halten. 1 Darum hat sich dieser Obrister / durch solchen nächtlichen Ritt / nach einem entzündtem Weibs-Bilde / in merckliche Gefahr vertiefft: angemerckt / er der Oberstinn / und ihm selbsten / hiedurch nicht allein den Schein einer Buhlschafft hette verursachen / sondern auch den Satans-Künsten noch mehr Gewalt und Macht über sich ertheilenkönnen.

[185] Es scheint aber die Stürtzung in den Graben habe ihn / aus solcher Gefahr / darein er sich gesenckt /wiederum empor heben / und von solchen nächtlichen Ritten abschrecken wollen. Denn weil er sich GOtt täglich / mit dem Gebet / zu empfehlen / gewohnt war / auch von der Oberstinn hoffendlich sich (auffs wenigste leiblich) unbefleckt gehalten: hat GOtt ihn /durch seinen Engel / behütet / daß er / weder mit dem Pferde / den Hals abgestürtzt / noch hernach / der Teufel völlige Macht / ihn der Anstalt nach / zu entführen / gewonnen.

Nachdem er aber den gethanen Fall mit dem Pferde / für eine widrige Bedeutung / aufgenommen / und derhalben seinem Fuß den Tritt / oder Ritt / nach ihrem Quartier verwehret; kommt einsmals / bey Nacht / zu ihm / vor sein Bette / ein grosser schwartzer Bock / weckt ihn auff mit seinen Hörnern / und will ihn zum Bette heraus nöthigen.

Er zwar rufft seinen / in der Neben-Kammer schlaffenden / Knechten: aber Keiner antwortet / oder erscheint: Der Schlaff hatte sie gleichsam gar begraben / und unerwecklich gemacht. Er springt derhalben endlich / nach dem er sich GOtt befohlen / zum Bette heraus / daß er hinlauffen / und vor ihrer Kammer anschlagen möge: allein der Bock begehrt ihn so weit nicht kommen zu lassen; sondern verrennt ihm die Thür / dringt auff ihn zu / und strebt / ihn auf die Hörner zu setzen. Er stosst hingegen / mit Füssen / hefftig von sich; erwischt endlich eine an der Wand stehende / Partisan / und wirfft dieselbe dem Bock vor; treibt auch denselben / welcher sich hierauff stellete / als ob er die Spitze [186] in etwas scheuete / damit zurück / und verfolgt ihn / biß er (der Bock) nach dem Ofen zu /allgemach zurück weichet: woselbst er / im Winckel /überlaut zu meckern / anhebt / und darauf verschwindt.

Man sagt / daß ein solches Bock-Gespenst / nicht leichtlich weiche / bevor man ihm etwas zugeworffen / das er mit hinweg nehme / und derjenigen / Person /welche ihn ausgeschickt / überliefere: Ob solches die ser Oberster auch gethan / und also dieses gehörnten Postillons sich ledig gemacht / kann ich nicht wissen. Denn derjenige / welcher mir diese Geschicht / aus seinem eigenem Munde / erzehlt hat / gedachte davon nichts.

Besorglich muß er dem Weibs-Bilde einige Hoffnung gemacht / sie zu nehmen / und hernach / da er gespührt / daß sie ihn / durch falsche Künste / zu sich ziehen wollen / sein Hertz von ihr abgewendet haben. Denn es wird selten dieser werfluchte Bock jemanden / zum Auffsitzen / dringen / der sich nicht etwan / mit einem Weibes-Stück / verhengt / und ihr etwas versprochen / wo nicht gar ein Pfand in Unzucht vertrauet hat: Massen der Exempel nicht wenig gehört /oder gelesen werden / daß diejenige / so dieser oder jener Dirnen die Zusage nicht halten wollen / nachmals / von einem solchen gehörntem / und stygischem Pegaso / mit Gewalt aus ihren Betten / oder auch wol mitten aus einer Gesellschafft / davon geführt / doch endlich wiederum / an ihren Ort / zurück geliefert worden.

Doch will ich darum diesen tapffren Obristen / welcher vorlängst schon aus dem Streit dieser Welt / zu der ewigen Ruhe gelangt / mit nichten eines leichtfertigen Handels verdacht / vielweniger [187] bezüchtigt; sondern so viel nur gesagt haben / daß er sich hiedurch in Verdacht leichtlich hette bringen können / auch viel leicht / mit der Oberstinn / anfangs ein wenig zu vertrauliche Schertzworte wo nicht gar Küsse gewechselt / unn derselben hiedurch Hoffnung zu einer heirahtlichen Verbündniß erregt habe / als wozu ohne dem die vielmalige Besuchung gar leicht ihr hat Gedancken und Einbildung erwecken können. Wiewol auch die Besuchung / seines Theils / unsträfflicher Meynung / mag geschehn seyn; nemlich über dem Absterben ihres verblichenen Ehherrns sie zu trösten / auch ihr / mit gutem Raht / in Einem und Andren / an die Hand zu gehen: Welchen Trost aber sie nicht nur ihrem Gemüt und Hertzen / sondern auch ihrer Brust selbsten zu appliciren / und ihre einsame Nächte damit zu trösten / gewünscht / als eine solche Witwe /die / jener Gemahlinn eines hohen Potentaten / gleich gesinnt war / welche / nach tödtlichem Abtritt desselben / den Bischof / der ihr die Manier der vereinsamten Turteltauben recommendirte / erinnerte / er sollte doch vielmehr deß lustigen Spatzens gedencken / von dem sie lieber hören mögte / als von der Turtel-Tauben: weil solcher Vogel besser / fürs Trauren / dienete / weder das trauriggirrende Turtel-Täublein.

Weil er nun / durch öfftere Besuchung / und schertzhaffte Huld-Worte / sich / sie desto besser aufzumuntern / ihrem Geist in etwas / doch ohne unzüchtige Gemeinschafft / mag bequemt haben: ist ihr darüber die Bocks-Andacht / bey Nacht / angekommen /welche ihr das Verlangen erregt hat / [188] ihn durch einen Bock / bringen zu lassen / in ihr Bette.

Scherertzius gedenckt / es habe / bey seiner Zeit /ein Handwercksmann sich / mit einer alten Vettel /heimlich verlobt; aber hernach sie sitzen lassen / und mit einer Jungfrauen offentlich Hochzeit gehalten: ungeachtet er ihm die vorige Braut gedrauet hatte / welches er in Wind geschlagen: Biß daß er / mit dieser offentlich heimgeführten / zu Bette gehn sollen. Da ihm die Dräuungen und Rach-Worte der vexirten und getäuschten Alten einfielen / und diese Erinnerung ihn / mit hefftiger Bangigkeit / beängstete: weßwegen er gegen selbige erste Nacht / einige Gäste zu sich lud /und um GOttes Barmhertzigkeit willen bat / sie sollten doch bey ihm bleiben; weil ihm / vom Satan / eine Gefahr obhanden wäre.

Solche seine Furcht war auch nicht vergeblich: Denn / recht in der mitternächtigen Stunden / tratt ein solcher Bock / gerad auf den Bräutigam zu / und begehrte / er sollte sich aufsetzen. Da es denn grosse Mühe brauchte / diesen ungestümen schwartzen Boten / ungeschaffter Sachen / wieder fort und hinweg zu bringen. Das liebe Gebet that hiebey das Beste /sonderlich deß mit anwesenden Pfarrerns: welches den Geforderten ohne Zweifel am kräfftigsten / und noch viel stärcker geschützt / als die Arme der andren Beywesenden / so den Bräutigam kaum und schier gar nicht mehr / aufhalten kunnten. Worauf das Bock-gefüsste Gespenst endlich / mit einem grauerischem Gemürmel / zurück gewichen.

[189] Es mag aber der junge Ehemann vielleicht / nach solchem ausgestandenem Sturtz / sich nunmehr ausser Gefahr geschätzt / und deßwegen / gegen GOtt / die bußfertige Abbitte (denn das vorige war nur ein Noth-Gebet) nebst ernstlicher Bercuung seines an der Alten / welche den schwartzen Legaten abgefertigt / begangenen Fehlers und Betrugs / dahin den gelassen haben: wie dann gemeinlich die Weltlinge / so bald GOtt die Rute der Anfechtung nur ein wenig hinter dem Rucken verbirgt / oder aus der Hand legt / auch so fort ihre Busse aus dem Hertzen legen: Er mag etwan seiner Liebes-Andacht so gar brünstig alle Sinnen und Gedancken aufgeopffert haben / daß er Abends vorher / mit desto laulechter Andacht / GOtt dem HErrn sein Gebets-Opffer abgelegt: da er doch /bey solchem seinem angefochtenem Zustande / nach dem Exempel Tobiœ / zuforderst die Leber deß grossen Fisches / oder vielmehr deß Bocks / der teufflischen Versuchung / und Anfechtungen / meyne ich /wie auch seiner eigenen fleischlichen Geilheit und verübten Leichtfertigkeit / hette auf die Glut einer eyfrigen Bereu- und Verspeyung derselben / auch der Empfehlung in GOttes Schirm / und flehentlichen Schutz-Bitte / werffen / und die Buß-Andacht der Kuß-Andacht vorgehn lassen sollen; damit der aufpassende Asmodi gebannt / und gebunden würde; bevor er das eheliche Werck / mit seiner Geliebten /vollzogen: Denn der Erfolg beweisets / er müsse zu sicher und sorglos gewest seyn / ohne Betrachtung /daß weder die Rachgier der verschmäheten Alten /noch deß Asmodi Arglistigkeit / hiemit so gleich ruhen / sondern wieder von [190] Neuem ansetzen dörffte. Denn in der andren Nacht / da er nichts weniger mehr befahrete / war der Bock wieder da / riß ihn aus dem Bette / ging mit ihm durch / und hinterließ die Braut /im Bette / allein.

Nachdem er nun weitlich herumgeführt / und gnug abgeängstet worden; setzte ihn der Bock oben aufs Dach deß Hauses / am Rauch-Schlott (oder Schörstein) nieder: da man ihn / früh Morgens / nackt und bloß sitzen findet / und die Dach-Schindeln abnehmen müssen / biß man ihn / der schier halb todt war /könnte wieder herab / ins Haus bringen.

Hierauf lag er / etliche Monaten / sehr schwach zu Bette. Als es aber endlich ein wenig besser mit ihm ward / lebte er / mit seiner Frauen / in Hader und Zanck / also / daß es täglich einen Haus-Krieg und Zungen-Scharmützel setzte / zwischen denen / die einander billig mit Liebe hetten bestreiten / und um den Sieg der inbrünstigsten Ergebenheit kämpffen sollen: biß er / solches täglichen Unfriedens müde / sich ins Soldaten-Wesen begab / und nach Ungarn in den Krieg ging: darinn er auch sein Leben beschlossen. 2

Eben dieser Geistlicher schreibt / er kenne viel Leute / die / in ihrem Alter / bekannt / sie wären / in ihrer Jugend / von einem solchen Bocks-Gespenst /bey Nacht / etliche Meilwegs weit / durch die Lufft /zu ihren Liebstinnen (sonst / auf Teutsch / Huren) getragen: Etliche solcher Bock-Reuter hetten es gleichwol bereuet / daß sie solchen unreinen Lüsten [191] und schändlichem Wesen ihre jugendlichen Jahre zu Diensten ergeben gehabt.

Beym Dedekinno, wird ein Bedencken deß Lerchheimeri, über die Bocks- und Gabel-Fahrt / mit eingeführt / darinn dieses Exempel einer Bock-Reuterey enthalten.

Zu K. in Pommern / hatte ein Saltz-Knecht (das ist / ein solcher Saltz-Arbeiter / der das Saltz sidet /) ein altes Weib / die eine Zauberinn war; bey der er nicht gern blieb / und derhalben einsmals vorgab / er wollte in Hessen wandern / da er geboren / und allda seine Freunde besuchen. Weil sie aber besorgte / er dörffte nicht wieder kommen: wollte sie ihn nicht weg lassen. Nichts destoweniger reisete er fort. Wie er nun etliche Tag-Reisen zurück gelegt; kommt / auf dem Wege /von hinten zu / ein schwartzer Bock / schlupfft ihm zwischen die Beine; erhebt und führt ihn wieder zurück / und zwar gerade zu / durch Feld und Wald /über Wasser und Land / in wenig Stunden / und setzt ihn / vor dem Thor / nider / in Angst / Zittern /Schweiß / und Ohnmacht. Das Weib heisst ihn / mit hönischen Worten / willkommen / und spricht:Schau! bist du wieder da? So soll man dich lehren daheim bleiben. Hierauf that sie ihm andre Kleider an / und gab ihm zu essen / daß er wieder zu sich selbst käme.

Besagter Lerchheimerus vermutet nicht unbillig /dieser Kerl habe so wenig gebetet / als sein Weib; darum ihm der Teufel solches thun können. 3

[192] Eben so wenig dörffte dieser Höllen-Bock jenen Baurn mit dem Gewehr deß Gebets gnugsam bewaffnet angetroffen haben / welchen er / im Jahr 1621 /auf Begehren einer Hexen / auf die Hörner genommen / und zu ihr gebracht. Wie sie hernach selbst / bey ihrer gerichtlichen Verhör / solches bekannt / und gestanden; nemlich / daß sie / zur Zauberey / gewisse Kräuter gekocht / und besondre Worte dazu gesprochen / auch den Urban Volcken / einen Baursmann /vom Dorff hinein / in ihr Haus / auf dem Bock holen lassen; auf daß er mögte ihres Willens mit ihr pflegen: Welches er aber / nachdem er zu ihr gebracht worden / ihr abgeschlagen. 4

Vielleicht hat der Bauer vorhin / mit dieser geilen Truden / wiewol unwissend / daß sie eine solche wäre / sich ein wenig zu gemein gemacht / in leichtsinnigen Geberden / und unzüchtigen Vexir-Worten. Wodurch sie in ihn entbrannt / und der Satan bemächtigt worden / ihn / mit seinen Bockshörnern / anzupacken /und zu ihr zu führen. Nachdem aber dieser Coridon gesehn / und / durch solche Bocksfahrt erfahren / daß sie eine Bunds-Verwandtin deß Satans wäre: hat er /für ihr / einen Abscheu bekommen / und mit einer solchen sich nicht vermischen wollen: auf daß er nicht den Teufel zum Schwager bekäme.

Wer dem Lamm wie jene Jungfrauen (in der H. Offenbarung am 14 Cap.) folget / wo es hingehet; der darff dem höllischen Bock nicht folgen / wenn derselbe sich bey ihm anmeldet. Die [193] aber einen Bock / nicht so sehr / unter den Achseln / wie Jene bockicht-riechende / beym Horatio, als im Hertzen / in Gedancken / oder Reden / tragen; mögen leicht von dem schwartzen Hexen-Bock wieder getragen / und davon geführt werden. Einen christlichen Menschen aber /der sich der Erbarkeit befleisst / und leichten Weibsbildern keinen Anlaß zu unzüchtigem Verlangen giebt / noch durch stinckende Gedancken seinen Kopff zum Bocksstall macht / sondern der Gottseligkeit nachjagt / wird der teuflische Bock wol zufrieden lassen / und ihn nimmermehr zum Aufsitz nöthigen. Denn / Gottesfurcht zerbricht dem Satan sein Horn / das ist /seine Gewalt und Regiment: Und ein gläubiges Gebet macht / daß er muß anlauffen / fallen / und mit Schanden abziehen.

Fußnoten

1 Cassiodorus l. 1. Ep. 11.

2 Scherertzius de Spectris C. 9. De Hirco nocturno.

3 S. das Bedencken Lerchheimeri vom Bock- und Gabel-Fahren / beym Dedekinno, Volum. 2. p. 435.seqq.

4 Vid. Benedict. Carpzov. in Jurisprud. Forens. Rom. 6. Part. 4. Cons. 2. Def. 9.

23. Der verfluchte Kriegs-Raht

XXIII.

Der verfluchte Kriegs-Raht.

Es seynd drey Haupt-Quellen / daraus alle Blutstürtzungen ihren Ursprung nehmen; Neid / Geitz / und Ehr-Geitz. Solche drey vergifftete Blut-Quellen hat der Satan am ersten / zu der menschlichen Seelen /eingeleitet: und dieser ists / der auch noch / auf den heutigen Tag / die grosse Blut-Adern eröffnet / womit die Welt / sonderlich das vierdte Theil derselben /nemlich Europa / anjetzo noch beströmet wird. Zu diesen [194] dreyen Quellen kommt nicht selten noch die vierdte / nemlich der Blutdürstige Aberglaube / und grobe Irrsal in der Religion / Trenn- und Spaltungen der Kirchen; daraus / Welt-bewusster Massen / offt gantze Ströme von Blut entspringen; indem mans /bey dem Feder-Kriege / nicht bewenden lässt; sondern auch / mit dem Schwert / die Strittigkeiten entscheiden / oder zerschneiden will. Jemaln entdeckt sich auch wol die fünffte Quelle; nemlich die Rachgier /wegen einiger empfangener Beleidigung: und dieselbe ist gemeinlich mit Ehrsucht vermengt. Denn wann mancher hochsüchtiger Stats- oder Kriegs-Raht / oder sonst ein andrer ansehnlicher Mann / der das Hertz eines Potentaten / nach seinem Wunsch / leiten kann /sich entweder nicht gnug geehrt / oder / in seinem Begehren / unvergnügt findet; kann er ein Feuer aufblasen / das viel Städte und Länder verzehrt.

Uber jetzt-gemeldte / giebt es noch etliche Neben-Quellen / als Aufruhr / und Rebellion. Wiewol diese /aus den vorigen offtmals zu entspringen pflegen.

Weil nun alle solche Antriebe / und Bewegnissen nicht von GOtt; so kann auch das / daraus entzündete / Kriegs-Feuer nicht von GOtt / sondern von dem höllischen Mordbrenner seyn.

Hievon werden ausgenommen die Schutz-Kriege /so zu unumgänglicher Vertheidigung einer gerechten Sache / wann kein gütlich- und billiger Versuch stat findet / nothdringlich beschlossen und vorgenommen werden müssen: welche man so wenig / als eine Obrigkeitliche Rache / so durch [195] das Schwert ausgeführt wird / verwerffen kann: daferrn man nicht dabey der Grausamkeit Platz giebt / auch alles Unternehmen /auf einen billigen Frieden / richtet. Ausser solchem Fall werden alle Kriegs-Fackeln in der Höllen angezündet / und solche Feuer-Brünste / von keinem andren / als bösem Geist / aufgeblasen. Denn wann GOTT / über ein Land / hart zörnet / lässt Er / durch sein Verhengniß / diesen seinen bösen Ketten-Hund ein wenig los / und giebt zu / daß derselbe herrschsüchtigen Häuptern / oder deren Rähten / durch sein geheimes Eingeben / die glimmende Füncklein der Kriegs-Gierde in volle Glut und Flammen bringe.

In den Göttlichen Lehr- und Geschicht-Büchern /finden wir dessen gar deutliche Exempel. Als der Satan merckte / daß in das Hertz Davids ein Füncklein der Ehrsucht gefallen; reitzte er denselben / auf GOttes Zulassung / daß er Israel liesse zehlen: und wo GOtt dem David nicht / durch einen scharffen Verweis / wie auch mit dem Straff-Schwert der Pestilentz / das Gepränge der grossen Heer-Macht versaltzen hette / dörfste gar leicht dieser König / von solchem bösen Anreitzer / weiter verführt worden seyn /zu würcklicher Anwendung solcher grossen Kriegs-Macht; darüber denn Israel leicht auf die Schlachtbanck hette fallen können: Wie dann auch / unter der /von GOtt gegebenen Willkühr aus dreyen Straff-Ruten eine zu erwählen / eine dreyjährige Flucht vor dem Widersacher begriffen war.

Den Ahab überredete ein Geist / der ein falscher Geist / in aller seiner Propheten Munde / [196] ward / daß er in den Streit gen Ramoth ziehen sollte.

Eben derselbige falsche Geist weissagt noch heut wol / durch eines gleissenden und scheinheiligen Prophetens Mund / diesem oder jenem grossen Herrn / er könne GOtt nicht besser dienen / denn so er seine Waffen / wider die und die wende; und überredet ihn /er verdiene damit einen Stuhl im Himmel / indem er darüber die Höllen-würdigste Thaten begeht.

Als Xerxes / zu Nachts / auf seinem Lager / ruhete / oder vielmehr / wie ein Krieg- und herrschsüchtiger Monarch / in der Unruhe schlaff-los lag; tratt daher ein schwartzer und schrecklich-gestalteter Mann / der ihn zum Krieg / wider Griechenland / vermahnte. Derselbige schwartze Gast kam / in in folgender Nacht /abermal / sprach / wie vorhin / und drohete zugleich dem Könige ein Unglück / auf den Fall weiterer Verweigerung.

Seines Vatern Bruder / Artabanus / wollte es ihm ausreden / vorgebend / es wäre ein Traum / darauf man nicht gehen müsste / und widerrieth den Krieg gar sehr: Aber demselben erschien hierauf dasselbige Gespenst auch im Traum / fuhr ihn hefftig an / und schien ihm / mit einem glühendem Eisen / die Augen auszubrennen; mit fernerer Bedrohung eines noch grössern Ubels / imfall er sich gelüsten liesse / durch seine Abmahnung / diesen fatal Krieg (den das himmlische Geschick beschlossen hette) zu verhindern. Allermassen Herodotus solches bezeugt. 1 Wie schön aber dieser höllische [197] Würg-Engel den Xerxes angeführt; ist der gantzen Welt / noch auf heut / bekandt.

Wann Belial / und seine Rotte / Lust gewinnen / zu baden / brauchen sie ehrsüchtige Stats- und Kriegs-Rähte zu Einhitzern / die Stat-Stuben eines herrsch-süchtigen und meyneydigen Königs zur Bad-Stuben /und Menschen-Blut dazu / für Wasser: welches ihnen erstgemeldte Einhitzer / die bösen Rähte nemlich / zu tragen müssen. Für welche Mühe / dieselbe auch nicht unbelohnt bleiben. Denn / in dieser Zeit / empfahen sie dafür / von grossen und mächtigen Höfen / reiche Geschencke / und / nach dieser Zeit / wird ihnen die tieffe Ehre / daß der König aller Mordgeister / Lucifer / ihnen wieder ein Warm-Bad zurichtet / das viel Schwefel führet / und darinn ihnen heiß genug eingeschwärmet wird.

Bey den Römern / war beschlossen / daß derjenige / welcher den Fluß Rubiconem (heut Rugone und Pisatello) mit einer Armee / passirete / für einen Feind deß Römischen Volcks sollte gehalten werden. Derwegen als Julius Cæsar, mit seinen Völckern / am Ufer dieses Flusses / still lag / ging er bey sich zu Raht / was er thun wollte; wandte sich derhalben / zu denen / so nechst um ihn stunden / und sagte: Noch können wir umkehren! Wann wir aber / über jenes Brücklein / gemarschirt / so muß hernach Alles / mit dem Degen / ausgemacht seyn. Da ließ sich / am Wasser / ein sehr langer Mann unversehns sehen / welcher auf einem Riete pfiff. Als nun viel Soldaten hinzu lieffen / und / unter andren / auch die Feld-Trompeter; riß das Gespenst Einem derselben die [198] Trompeten (oder Heer-Posaune) aus der Hand /sprang damit hervor ans Wasser / bließ gar starck den Marsch / und begab sich / nach dem Gegen-Ufer /hinüber. Hierauf sprach Cæsar: So gehe es dann / wohin die Zeichen der Götter / und der Widersacher Unbilligkeit / uns fordern! Es sey drauf gewagt! 2

Nicht unfleissiger / sondern tausendmal eyfriger /ist dieser Blut-dürstige Geist beschäfftigt / unter den Christen ein Kriegs-Feuer aufzublasen. Bald erregt er Verfolgungen der christlichen Religion / unter den Heiden; wie / vor nicht vielen Jahren / in dem mächtigen Königreiche / Japan / und Sina / wiewol in dem ersten am blutigsten / geschehen; bald / unter den Christen selbsten; als der rechte rote Drach / der sich /und seine Schuppen / in dem Blut der Christen / je länger je mehr / zu färben strebt / und nach dem Weibe / die das Knäblein geborn / einen Anfechtungs-Strom über den andren schiesst; laut deß alten Lateinischen Sätzleins:


Impiis ardens odiis & irâ
Nam tuis castris Draco semper infert
Bella, qui primus scelus atque mortem
Intulit orbi.
Hic domos, urbes, tua templa, gentes,
Et tuæ legis monumenta tota,
Et bonos mores, abolere tentat
Funditus omnes.
Massen der Drache / so vor Wüte brenner /
Täglich das Lager deines Heers berennet:
[199] Welcher die Sünde / Tod / Gefecht und Wunden /
Erstlich erfunden.
Dieser will Kirchen / Häuser / nebenst Städten /
GOttes Gesetze sämtlich untertretten:
Christliche Sitten suchet er zu kürtzen /
Kürtzen und stürtzen.

Greifft GOtt ihm denn endlich / in den Zügel /durch Wegräumung blutgieriger Ahitophels- und Hamans-Gesellen / und Verleihung kluger / gewissenhaffter / sanfftmütiger Rähte; durch welche Er das Hertz der Könige und Fürsten / von Vergiessung unschüldiges Christen-Bluts / und Verfolgung der Glaubens-Bekenner ablencket: so richtet er / durch Ehr-und Herrschsucht / unter christlichen Potentaten / eine Blutstürtzung an; damit die Erde dennoch / auf allerhand andre Weise und Wege / mit Christen-Blut überschwemmt / und die Hölle / an ruchlosen Leuten /desto reicher werde.

Auf daß nun die Menschen deutlich erkennen mögen / daß dieser Mord-Engel / bey so unnöthigen Kriegen / ein falscher Geist / in derjenigen Staats-oder Kriegs-Rähte Munde / sey / die ihre Herren / mit ihrem bösen Raht / wie eine / von Bosheit schwellende / Otter / mit ihrem Gifft / anblasen; verhengt der höchste GOtt / daß solches der böse Feind selbst bißweilen durch ein gespenstisches Wesen / oder auf andre nachdenckliche Weise / gar mercklich blicken lässt.

[200] Dahin kann auch diese Frantzösische Begebenheit gerechnet werden / welche in der Normandie ehedessen sich zugetragen.

Es hatten der König von Franckreich und Engelland / eine persönliche Zusammenkunfft daselbst bestimmt: kamen auch würcklich zusammen / in einer alten Kapell / und besprachen sich miteinander / gar höf- und freundlich; also / daß man die beste Hoffnung hatte / es würde hiedurch der Krieg ein Loch kriegen / und der / auf folgenden Tag bestimmte /Friedens-Schluß glücklich vor sich gehen.

Aber was geschicht? Indem beyde Potentaten / in so leutseliger Unterredung / begriffen / und der Handel zwischen ihnen schon so gut / als beygelegt: kommt eine ungeheure grosse Schlange / aus einem Loch selbiger alten Kapellen / hervor / fängt an zu zischen / und wendet sich gegen beyde Könige. Diese ziehen von Leder / um sich / für dem erbosstem Ungeziefer / zu schützen. Doch traut Keiner dem Andren mehr; sondern springen Beyde / mit blossem Degen /zur Kapellen / hinaus.

Die Trabanten / so nicht wissen / was es bedeute /reissen gleichfalls / zu beyden Seiten / das Eisen aus der Scheide / und stellet sich jedwede Parthey um ihren König; gleich als sollte es / auf ein Gefechte /loß gehen.

Diß geschahe / im Angesichte beyder gegeneinander stehenden Armeen. Welche da sie / von fernen /erblickten / daß beyde Könige / samt ihren Leuten /gegeneinander blanck stünden / alsofort einander angriffen. Die Könige lieffen zu / und [201] wehreten / nach aller Möglichkeit / ab; aber vergeblich: der Mißverstand nahm es anders auf / nemlich für eine Ermahnung / zum tapffren Gefechte. Also geriethen sie hefftig aneinander / und thaten eine grausame Schlacht zusammen / mit solcher Verbitterung / als hetten sie /an stat Bluts / lauter Galle in sich. Das Treffen währte / biß in die finstre Nacht; und blieben / zu beyden Seiten / viel tausend auf dem Platze.

Hieran kunnte man nachmals erkennen / daß der höllische Friedens-Stöhrer das Friedens-Gespräch /durch die grosse Schlange / zerrissen; indem er entweder selbst / unter der Gestalt einer Schlangen / erschienen / oder eine natürliche Schlange / zum Loch hervor getrieben: damit die Könige darüber erschrecken / und zum Degen greiffen / auch folgends ihre Kriegsheere / zu einem Treffen / verleitet werden mögten.

Im Anfange der Regierung Keysers Conradi / deß Dritten / lebte ein gottsfürchtiger Lehrer und eyfriger Heiden-Bekehrer / Namens Vicelinus, in Wagria, und zwar fürnemlich zu- und um Lübeck / herum: welcher / so wol bey dem vorigen Keyser / Lothario / als hernach auch bey andren grossen Herren / eine ernstliche Anstalt auswirckte / vermittelst welcher die unglaubige Sclavi mögten / zum Christlichen Glauben / befordert werden.

Durch dieses christ-eyfrigen Priesters gläubiges Gebet / seynd nicht wenig Krancken geheilet / und unterschiedliche vom bösen Geist besessene solches ihres verdammten Besitzers ledig worden.

[202] Man brachte aber / unter andren / einsmals eine Jungfrau / mit Namen / Ymme, zu ihm / welche der böse Feind gar übel plagte. Demselben setzte er hart zu / mit ernstlicher Frage / Warum er / als ein unreiner Geist / sich unterstanden hette / in diese reine Jungfrau / die doch ein Gefäß und Tempel deß Heiligen Geistes wäre / zu fahren? Worauf der Geist / mit vernehmlicher Stimme / antwortete: Darum hab ichs gethan / weil sie mich nun / zum dritten Mal / offendirt und beleidigt hat.

Womit (fragt er wiederum) hat sie dich dann beleidigt?

Damit (sagte der Teufel) daß sie mich in meinem Geschäffte verhindert hat. Ich habe zweymal etliche Diebe abgefertigt / in ein Haus zu brechen: da saß sie am Feuer-Heerd / machte gleich ein Geschrey / und schreckte sie zurück. Und jetzt / da ich / unsers Fürsten wegen / eine Gesandschafft in Dennemarck zu verrichten hatte / fand ich sie unterwegens / meinem Vorhaben verhinderlich. Weßwegen ich / weil sie mir nun / zum dritten Mal / einen Anstoß gemacht / beschlossen / mich an ihr zu rächen / und zu ihr hinein gerollet bin.

Als aber Vicelinus viel Beschwerungen wider ihn häuffte; sprach er: Was treibst du mich viel? da ich doch ohne dem bereit bin freywillig auszufahren: Denn jetzo werde ich bald nach dem nechsten Städtlein 3 wandern / [203] und meine Kameraden besuchen / die sich allda heimlich aufhalten. Denn das habe ich in Befehl / zu thun / ehe dann ich nach Dennemarck reise.

Vicelinus fragte: Wie ist dein Nam? Und wer seynd deine Gesellen? Und bey was für Leuten halten sie sich auf?

Er sprach: Ich heisse Rufinus. Meiner Kameraden aber / nach welchen du fragst / seynd allhie zween; einer / beym Rothesto; der andre / bey einem Weibe eben in dieser Stadt. Dieselbigen will ich heut besuchen. Morgen / ehe dann die Kirche den ersten Glocken-Streich geben lässt /werde ich wieder anhero kommen / Abschied zu nehmen / und alsdann nach Dennemarck gehen.

Diß gesagt / ist er von ihr gewichen / und die Jungfrau / von ihrer Plage / zur Ruhe gelangt. Vicelinus befahl / man sollte sie / mit Speise und Tranck / laben / und morgen frühe / vor ein Uhr / wiederum zur Kirchen führen: Welches auch also ins Werck gestellet ward.

Indem aber die Eltern sie / folgenden Morgens /hinbegleiteten zur Kirchen / fing der Geist an / ehe dann sie die Kirchthür-Schwellen betraten / und als eben der erste Glocken-Streich geschehn sollte / sie wiederum zu plagen. Aber dieser gute Hirt / Vicelinus, hörte nicht auf / ihn zu bestreiten / biß er / durch die Macht und Krafft deß über ihn herrschenden grossen GOttes getrieben ward (wie der alte Chronist /Helmoldus, redet) zu weichen / und von ihr ausfuhr.

[204] Was er aber / von dem Rothesto, vorher gemeldet hatte / das erfolgte also würcklich / und erschrecklich. Denn derselbe ward / bald hierauf / von dem bösen Feinde / besessen / und erhing sich selbsten. So erhub sich gleichfalls / in Dennemarck / eine grausame Verwirrung / nachdem der König Erich erwürgt war: also / daß man augenscheinlich spühren kunnte / es müsste ein gewaltiger Teufel dahin gekommen seyn / selbiges Königreich zu verunruhigen / und den Leuten grosse Drangsalen zu erwecken. Um welcher letzten Begebenheit willen / wir die Erzehlung / von der besessenen Jungfrauen / mit beygefügt haben: um dadurch zu zeigen / wie die abgesagte Feinde menschliches Geschlechts / die leidige Teufel / selbst bekennen / ja sich damit rühmen / und groß dabey duncken lassen /daß sie / zu den Kriegs-Empörungen / Rebellionen /und andren Plagen der Christen / Raht und That geben.

Es beschreibt aber diese Geschicht vorgenannterHelmoldus, im ersten Buch seiner Sclaven-Chronic /am 55 Capittel. 4

Daraus hetten die Kriegs-Stats- und ungewissenhaffte Gewissens-Rähte hoher Häupter zu mercken /wem sie den besten Dienst thun / und wer ihnen die Zunge regiere / wann sie ihren Königen / oder Fürsten / zu unnöthiger Vergeudung deß Christen-Bluts / oder auch zu tyrannischer Verfolgung / rahten; nemlich dem grausamen Mord-Geist: der / an jenem hohen /grossen / offenbaren / und schrecklichem Gericht /ihnen weisen und bekennen wird / weß Geistes Kinder und Diener [205] sie hie gewest. Alsdann muß der Anstrich und Verniß ihres gleissenden Vorwands weichen / und die Blösse ihrer schändlichen Heucheley /für dem Sonne-Strahl der Warheit / sich schämen /wann GOtt wird ans Licht bringen / was im Finstern verborgen war.

Daß der Satan / zu Blut-Bädern / Lust habe / und /durch sein Eingeben / dieselbe anrichte / wird uns folgende Abentheuer bestetigen.

Svercher, der Dritte deß Namens / König der Schweden und Gothen / wollte / als er / nach Absterben Königs Canuti, zur Kron erhaben war / den Tod seines Vaters / Königs Caroli deß VII, welchen Canutus hatte umbringen lassen / an dessen Kindern nicht ungerochen lassen / und kunnte nicht ruhen /bevor er einen Theil derselben / mit dem kalten Eisen / aufgeräumt / den übrigen / nach Einziehung der Güter / in die Acht erklährt hette: in Meynung / sich /und seine Famili / desto besser deß Reichs zu versichern. Welches doch viel gewisser / durch Clementz und Güte / weder durch Tyranney / geschehn können. Denn durch dieses scharffe / und unbillige Verfahren lud er deß Volcks / sonderlich der Upländer / Haß auf sich / als die der Famili deß H. Erici (dessen Sohn König Canutus gewest) sehr günstig waren / und entstund endlich gar ein einheimischer Krieg daraus. Denn Einer von den Vertriebenen / Namens Erich /kehrte / aus Norwegen / da er zwey Jahre / als ein Exulant / sich aufgehalten / in sein Vaterland; erregte das / gegen ihm wol-geflissene / Volck / wider den König Svercher, und brachte eine grosse Macht auf.

[206] Olaus, Bischoff zu Upsal / hette gern Unglück und Blut verhütet; rieth derhalben / als ein Engel deß Friedens / dem Könige / Er sollte vielmehr / durch gütlichen Vergleich / weder durch einen oder andren mißlichen Streich / dem Kriege ein Loch machen / und deß bürgerlichen Bluts schonen: er verdiente aber /für solchen treu-meynenden Raht / keinen Danck /sondern Undanck. Wie dann gemeinlich / wann GOtt straffen will / guter Raht unwerth ist: weßwegen auch die Verständigen es / für eine Anzeigung deß obhandenen Unglücks / achteten / daß der König solchen nicht annehmen wollte.

Indem nun solche Kriegs-Wolcken aufstiegen / und das Königliche Schwert der Scheiden überdrüssig war; geschahe es / daß in Norwegen / Einer / um die Abend-Zeit / zu einem Hufschmied kam / der Tor Vot hieß / und auf dem Norwegischem Vor-Gebirge /Fisle, wohnte. Denselben ersuchte der Fremde / um Herberge / und daß man ihm sein Pferd beschlagen mögte. Welches der Schmied verwilligte. Und ob gleich die Eisen grösser schienen / als der Huf deß Rosses: fand sichs doch / beym Anlegen / daß sie gantz gerecht und gemäß dazu.

Der Schmied fragte hernach ungefähr: Wo er / die vorige Nacht / gewest? Er antwortete: In Medeldal / und zwar meistens in dem nördlichen / bey Tilemarck. Und als Jener wiederum fragte / Wo er dann /in der vorgestrigen Nacht / übernachtet hette? sagte er: Im Kiefylcher Jardal.

[207] Da hub der Schmied an / überlaut zu lachen / und sagte: Nun! das ist eine ziemliche! Du kannst / wie ich spühre / tapffer schneiden! Denn dieser Weg ist viel zu weit / und die Oerter sind viel ferner voneinander entsessen / als / daß man sie / in so kurtzer Zeit / überreisen sollte.

Der Schmied fuhr hiernechst noch weiter fort / zu fragen; Wer er wäre? von wannen? und wo er hin gedächte? Er gab hierauf zur Antwort: Ich bin / aus dieser Nord-Gegend / daher gekommen / und habe lange / in dem See-Kriege / gewandelt. Jetzt gedencke ich in Schweden / und will mich / eine Zeitlang / dieses Pferds gebrauchen. Mein Nam ist Oden. (Oden aber / oder Odin / hiessen die Norweger / vor Alters / ein Gespenst / das den Leuten viel Händel zu machen pflegte / sonderlich da sie noch Heiden waren / und den Odium etwan für einen schädlichen Abgott hielten) Wo du mir nicht glaubst; so schaue nur zu / was mein Pferd für Schritte thue.

Gleich damit setzte er / mit dem Pferde / über einen Zaun / der sieben Elen hoch war; fuhr folgends gar schnell in die Höhe / und verschwand.

Dieser schnelle Reuter ist ohne Zweifel deß Königs Svercheri unwissendlich-geheimer Kriegs-Raht / oder Director deß damaligen Kriegs-Rahts / gewest / auf dessen Einblasen / er seine Sache nicht auf gütlichen Vertrag / sondern auf den ungewissen Schwert-Streich / gegründet: angemerckt es / vier Tage hernach / zu einer blutigen [208] Schlacht / gekommen / die dem König Svercher mißlungen. Denn ob er gleich / mit Volck /gnug versehn / dazu / von dem Dennemärckischen Könige / Waldemar / mit sechszehen tausend Mann verstärckt war: lag er / im Treffen / dennoch unten /und ward auffs Haupt geschlagen. Nachdem er sich wiederum erholt / erneuerte er / über zwey Jahre hernach / den Krieg / und wagte noch eine Schlacht: darinn er selber / samt seinem Feldherrn / und vielen andren von der Ritterschafft / ums Leben kam. 5

Ein dergleichen Odinus ist ohne Zweifel / vor etlichen Jahren / in Franckreich eingekehrt / und hat nicht allein daselbst dem Kriegs-Raht fleissig beygewohnt /sondern auch bishero die Mord-Fackeln / oder den grausamen Mordbrand / angegeben womit diese /sonst in der Christenheit vordem berühmte und gewaltige Nation / nicht allein die verbrannte Städte /Flecken / und Dörffer / sondern auch zugleich ihre eigene Reputation / in die Asche gesetzt.

Fußnoten

1 Herodot. lib. 7.

2 Vid. Sueton. in Jul. Cæsare l. 1. c. 32. p. 6.

3 Beym Helmoldo steht zwar villa: aber weil er nachmals dafür oppidum setzt; habe ichs ein Städtlein geteutscht.

4 pag. m. 132. seq.

5 Loccenius lib. 3 Historiæ Suecanæ in Sverchero III. p. 80. seq.

24. Das Gespenstische Kriegs-Getümmel

[209] XXIV.

Das Gespenstische Kriegs-Getümmel.

Theophrastus Paracelsus ist / in der Artzeney- und Kurirung deß Leibes / offt vortrefflich / und ein ungemein-glücklicher Medicus; in der Kuhr deß Gemüts und der Seelen / wovon er seinen Schrifften hin und wieder viel mit eingestreuet / hingegen ein ungeschickter Artzt gewest / beydes mit Lehr und Beyspiel: wie dieselbe gestehen müssen / die seine Schrifften nicht obenhin gelesen: daher es / so viel die Glaubens- und Lebens-Richtigkeit angeht / wol redlich mit ihm geheissen / Artzt hilff dir selber!

Gleichwol trifft man / unter mancherley Unkraut deß Irrthums / und Aberglaubens / nicht selten auch /in seinen Büchern / gleichwie in einem verwildertem und übel-gewartetem Garten / jemaln doch auch einige wolriechende Blumen / an; davon aber die übel riechende selten ferrn bleiben. Er setzt / sag' ich / bißweilen einige gute Belehr- und Erinnerungen; über wenig Zeilen aber hernach / gemeinlich auch etliche irrige dazu. Daß also die Schrifften dieses Weltberühmten Manns / (der auch sonst / in der Gold-Kunst / nebst der Feder / die grosse Scheeren ziemlich gebraucht) einem trüben Wein / so voller Hefen ist /gantz ähnlich.

Für ein solches Gemisch der Warheit und Irrthums / kann auch angesehn werden das Urtheil / welches er / von dem Umgehen der Verstorbenen / [210] und von den Vorzeichen bevorstehender Kriegs-Empörungen / fellet: dergleichen sich / in diesen seinen Worten entdeckt.

Wo die Rumpel-Geister gehen / und ein Kriegs-Geschrey gehört wird; da ist grosses Blut-Vergiessen obhanden. Deß freuen sich die Teufel / lachen und spielen einige Zeit vorher / davon / als wollten sie sprechen: Wir haben da ein gewisses Spiel! Sehe ein Jeglicher auff sich selbst / wer da præfigurirt wird; daß er sich bessere / und leide die Busse. Und ihr Klöster / so vorhin gewisse Zeichen habet / erfreut euch dessen nicht: es seynd klägliche Zeichen. Solches ermesset / aus eurem Leben / das ihr führet.

Diese Vermahnung ist gut / und nicht zu verwerffen. Aber Nachgesetztes / so er gleich hinan gekleckt / das hinckt gleichsam mit einem Fuß / nemlich an dem einem Gliede dieser Rede: Dann es müssen alle Dinge wieder vergolten / und hinwieder / mit auffgehäuffter Masse / gemessen werden: alsdann so geschicht der Eingang zum Reich GOttes / und davor (oder eher) nicht. Darauf verstehet das Klopffen der Todten / allein zu vergleichen ihr Ubels gegen dem Nechsten. 1 Das ist: wie ichs begreiffe / das Klopffen der Todten geschicht dieser Meynung / daß man dasjenige / so sie ihrem Nechsten / bey Leben zu kurtz gethan / wiederum solle ersetzen.

Daß Niemand / wann er seinem Neben-Christen[211] wissendlich Ubels zugefügt / oder etwas entwendet /bevor er solches / so viel möglich / wiederum vergütet und erstattet hat / ins Reich Gottes komme / ist gewiß: wann es verstanden wird / von der Erstattung /so bey Leben geschicht. Daß aber / nach dem Tode /der Seelen kein Eingang ins Reich GOttes zugestanden werde / bevor alles / mit gehäuffter Masse / wiederum gemessen worden; stelle ich an seinen Ort: sorge aber / derjenige / so in mutwilligen Sünden und wissendlicher Auffhaltung ungerechten Guts / abstirbt / werde das Angesicht Gottes / in Ewigkeit wol nicht schauen; es mag gleich / nach seinem Tode / Jemand der Seinigen / das Genommene wieder geben / oder nicht: wiewol auch dieser eben so wol sich befleckt /so er wissendlich ein unrechtes Gut behält / und nicht von dem Erb-Gut ausmustert / daß es wiederum an seinen rechten Herrn gelange / dem es entzogen worden. Denn GOtt sihet fürnemlich nach dem Hertzen deß Absterbenden. Wann darinn der böse Fürsatz noch steckt / das Entwendete nicht wiederzugeben: so kommt die Seele / vor Gottes Gericht / wie eine Diebinn / und hat ihr Urtheil / als eine Diebinn / zu gewarten. Ob ihrs aber / wann ihr Erbe das Entfrembdete seinem rechtmässigen Herrn wieder zueignet /künfftig / an jenem grossen offenbaren Gerichts-Tage / etwas erträglicher deßwegen ergehen werde / wird uns solcher Gerichts-Tag selbst offenbaren. Wann Einer / im Diebstall / ergriffen ist; so schilt ihn das weltliche Gericht gleichwol einen Dieb: ob gleich alles Gestohlene / durch seine Eltern / oder Freunde /bezahlt würde. Denn das Recht ist dennoch gebrochen.

[212] Wir setzen aber dieses hiemit auf die Seiten / was Theophrastus von den klopffenden Geistern der Todten / hat hinangehenckt; und ziehen zu weiterer Betrachtung das Vorderste / welches er / von den Krieg-weissagenden Rumpel-Geistern / und Krieg-deutendem Geschrey / sagt. Daß solches kein falscher Wahn / noch Einbildung / sey / wird / durch mancherley Begebenheiten / beglaubt.

Im Weinmonat 1608ten Jahrs / liessen sich / im Lande Angolesmé in Franckreich / bey liechtem Tage / am Himmel / viel kleine Wölcklein sehen: welche hernach auf die Erde fielen / und zu einer Menge Kriegs-Volcks / sich formirten / welches man ungefähr auf eine Armee von zwölfftausend Mann /schätzte. Die Personen solcher Mannschafft hatten eine schöne und gerade Länge / Waffen / blaue Fähnlein / Trummelschläger / und ihren eignen Feld- Hauptmann; zogen gar ordentlich / gleich einem marschirendem Kriegs-Heer / daher: weßwegen die Leute / in der Nachbarschafft / flohen / ihre beste Sachen zusammen rafften / und hinweg fleheten. Da sie nun /zu einem grossen Walde kamen / fingen sie gewaltig an zu schiessen; und verschwanden darauf alsofort /nachdem sie ihren Heerzug / um 1 Uhr nach Mittage angefangen / und / biß fünff gegen Abend / fortgesetzt: da sich Alles / im Augenblick / verlohren. 2

Dergleichen Gespenstisches Kriegs-Heer hat / wie man / bey dem Polnischen Bischoff und Geschicht-Verfasser / Cromero / lieset / eins Mals [213] die Polen verführet / und in Niderlage gebracht. Denn als Ladislaus / ein Schloß in Pommern belagert hatte; erblickten die Schildwachten / zu unterschiedlichen Malen /viel Kriegs-Hauffen: weßwegen die Polen endlich / in Meynung / es wären rechte natürliche Regimenter /denselben entgegen ruckten. Inzwischen aber fielen die Belägerte heraus / verbrannten den Polen ihre Hütten und Lager-Zelte / nöthigten auch dieselbe damit / wegen obhandenen Winters / unverrichteter Sachen / abzuziehen.

Ob aber solche Fürstellungen / von guten / oder bösen Engeln / geschehen / kan man nicht alle Mal wissen. Vermutlich lässt es GOtt / wann er die Nothleidende dadurch erretten / oder auch die Frommen warnen will / bißweilen durch gute Engel / verrichten. Als wie Er dort die Syrer ein Geschrey hören ließ /von Rossen / Wagen / und grosser Heers-Krafft 3 Welches Geschrey / ohne Zweifel / von guten Engeln /erweckt worden. Jedoch kan Er eben so wol zulassen /daß die böse Engel denen Tyrannen und Gottlosen /von welchen die schwächere und gerechtere Parthey überzogen / oder bestritten wird / auf dergleichen Art / einen Schrecken einjage / der sie / mit Spott / Schande / und Verlust / plötzlich zurück treibe.

Nicht selten gibt es auch wol / unter den Armeen oder Besatzungen / solche Künstler / welche geschwinde die Gestalt eines Kriegs-Heers / oder etlicher Reuter-Squadronen / zu wege bringen können. Dergleichen ich / in meiner Jugend / unterschiedliche Exempel / so in dem dreyssig-jährigen [214] Teutschen Kriege / so wol unter der Keyserlichen / als Schwedischen Armee / vorgegangen / glaubwürdig habe erzehlen hören.

Unter Königs Gustavi Adolphi Reuterey / soll ein gewisser Officirer / wann er sich / auf Parthey-Gängen / gegen einer stärckeren Parthey / zu schwach befunden / gleich ein paar Squadronen mehr / oder wol ein gantzes Regiment / dem Feinde ins Gesicht / und ihn dadurch in die Flucht gebracht / bisweilen auch wol etliche / die sonst an Mannschafft ihm überlegen gewest / mit sehr wenig natürlichen Soldaten / in Begleitung vieler unnatürlichen / aus dem Quartier ge schlagen und verjagt haben. Und auff Keyserlicher Seiten / hat der / damals sehr berüchtigte / Immer-nüchtern / mit eben dergleichen Stücklein / den Schweden manchen glücklichen Streich beygebracht /und trefliche Beuten gemacht; aber endlich / von dem Meister solcher Kunst / sich verlassen befunden / und in solcher verdammlichen Sünde / unter der Scheuren-Ritter- und Flegel-Fechter / nemlich der Bauren /ihren Knütteln / Aexten / und Wagen-Stangen / die ihm den gefrornen Leib mürbe geklopfft / seinen unseligen Geist auffgeben müssen / und kein solches Glück zuletzt noch gehabt / wie die zween erfahrne Kriegsmänner / von welchen Scherertzius schreibt /daß sie / bey seiner Zeit / aus solcher Mord-Gruben deß Teufels / durch GOttes Barmhertzigkeit / endlich noch heraus gezogen / und errettet worden.

Diese zween hatten sich / allbereit / eine lange Zeit / mit solcher Teufels-Kunst / im Kriege / beholffen /auch viel Andre dazu gleichfalls verleitet / und / unter andren Stücklein / gantze Compagnien / oder [215] Squadronen von Reutern / durch Gespenster / den Bauren /vorgestellt / wann sie Lust gewonnen / ein Dorff auszuplündern. Endlich hat GOtt diesen verblendeten Teufels-Sclaven / unter Anhörung seines Worts / das Hertz gerührt / daß sie den Greuel solcher Händel in Betrachtung gezogen / und in ihrem Alter / bey dem Ministerio (oder Dienern der Kirchen) sich demütig angegeben / und mit Bewilligung deß Raths daselbst /etliche Muster ihrer Teuffels-Possen daher gemacht /hernach offendliche Kirchen-Busse gethan / und seynd also / aus deß Satans Banden / gnädiglich erledigt worden. 4

Eben deß Tages / als obbemeldter Schwedischer König / Gustavus Adolphus / in der Haupt-Schlacht vor Lützen / in Sachsen / geblieben / seynd ein paar Männer / in der Nacht vorher / mit einander auff der Reise gewest / als ihnen / nicht weit von dem Uplandischem Dorff Rasbokil, mitten auff einer Wiesen /die bey der Kirchen selbiges Dorffs ligt / plötzlich ein schreckliches Getöß / streitender Kriegsleute zu Ohren geflogen. Dabey ließ sich so mancherley Geschrey solcher Leute / die einander resolut zu fechten /anfrischen / oder auffeinander zuschmeissen / oder fliehen / oder den fliehenden nachsetzen / imgleichen so mancher Donner deß blitzenden Geschützes /hören / daß sie / vor übermachter Furcht / und Bestürtzung / nicht wussten / wohin sie sich wenden sollten. Und ob sie gleich / in der finstren Nacht / mit ihren Augen / nichts so eigentlich unterscheiden kunnten: bildeten sie sich doch nicht anders ein / als ihr Untergang wäre nicht weit / und [216] daß sie denen miteinander treffenden alle Augenblick müssten in die Hände fallen. Endlich seynd sie doch davon gestrichen / und in die nechste Nachbarschafft entlossen: da sie / in äussersten Schrecken / deß lieben Tages mit Verlangen erwarteten / und / weil / nach Anbrechung desselben / sich / in selbigen Feldern / nichts dergleichen ereignete / wovon ein solches Getümmel hette entstehen können / nunmehr genugsam verstunden /daß es ein gespenstischer Lärmen müsste gewest seyn.

Nicht lange hernach / kam die Zeitung in Schweden ein / daß die Schwedische Armade zwar ein Haupt-Treffen erfochten; aber dabey ihren König eingebüsst hette. 5

Im Jenner deß Jahrs 1565 / wurden / auff den Bergen in Languedoe / viel seltsame Gespenster gesehn: Welche / in grosser Anzahl wie Feuer-Flammen / erschienen / und allzumal sonder Köpffe / sich mit abentheuerlichem verkehren / wenden / und springen /hefftig gegeneinander schlugen 6 Wiewol ich zweifle /ob solches ein rechtes Gespenst / und nicht vielmehr ein natürliches Irrlicht / gewest. Denn die Irrwische werden nicht selten / von den vorbey reisenden / für seurige Männer angesehn / und springen bald zusammen / bald vonsammen. Doch treibt der Teufel bißweilen auch sein Spiel damit: wie / an einem andren Ort / allhie beschrieben wird.

Zu Riga / in Lieffland / erhub sich daselbst einsmals [217] (im Jahr 1665) bey Nacht ein solches Geräusch /auf freyem Markt / als ob viel Pferde vorhanden / und ein Hauffen Wagē nacheinander führen. Weil dann die Stadt-Wacht vermeynte / solcher Larmen / und Getümmel entstünde von irgend etlichen Nacht-Schwärmern / und ruchlosen Leuten; gedachten sie /dieselbe zu hinterschleichen / und zu fahen; kunnten aber Nimanden ertappen: weil alles Gespenst plötzlich verschwand.

Als man schrieb 1670 / erfuhr man / aus Paris / daß / zu Coupes in Touraine, am 5/15 Augusti / Abends um 10 Uhr / ein schreckliches Lufftzeichen / in Gestalt eines grossen langen und feurigen Balckens erschienen / und Männiglichen in Furcht gesetzt / er würde den Wald anzünden. Weßwegen auch der Marquis de Choupes stürmen ließ / und die Bauerschafft zusammen bringen: damit sie / aufs begebenden Fall /leschen mögten: Dessen es aber nicht bedurfft hat: weil dieses feurige Wesen sich selbst wieder in die Höhe gezogen / und / durch einen starcken Knall / in zwey Theile getheilt. Worauf man zwey mächtige Kriegs-Heere / in der Lufft / gegeneinander streiten gesehn: welche / in Kriegs-manierlicher Ordnung /eine gute Weile / scharff zusammen gefochten / und zwar so lebhafft / daß man auch den Knall deß Schiessens gehört. Diß währte so lange / biß die Uberwundene / in grosser Confusion und Unordnung /zurück wichen. Die Uberwinder aber blieben noch eine kleine Weile in schöner Postur / stehn. Zuletzt /ward Alles / durch einen starcken Wind / zu Bodem gerissen. Folgenden Tags hat man / in selbiger Gegend / viel Kolen und Asche gefunden. Inmassen vorbenamter [218] Marquis solches unterschiedlichen fürnehmen Herrn / durch Schreiben / zu wissen gefügt.

Von Berlin / schrieb man / unterm 8ten Januarii 1675sten Jahrs / daß sich daselbst / in der Stadt / und draussen um selbige herum / zu Nachts / biß an den lichten Morgen / eine Reuterey von vielen Regimentern in der Lufft sehen liesse / die so augenscheinlich gegen einander stritten / daß man das Handgemenge gar eigendlich erkennen / die Degen klingen hören /auch das Feuer der gelöseten Karabiner und Pistolen deutlich sehen / doch keinen Knall vernehmen können. Dabey ward berichtet / es wäre solches Gespenst zuletzt gar / biß an die Vorwachten / kommen / und dreyen Reutern auff die Haut gedrungen / hette auch dieselbe gar angerührt: welche / in Meynung / es wären rechte Männer / Feuer drauff gegeben: Anfangs hette man davon wenig oder nichts glauben wollen: als man aber nachmals nicht allein verschiedene Reuter / so die Wacht gehabt / selbst besprochen / indem es wol 8 Tage lang gecontinuirt / sondern auch ihre Officierer / die es mit angesehn / solches bekräfftigt; sey man bewogen worden / die Sache zu glauben.

Zu Anfange deß Heu-Monats 1677sten Jahrs /begab sich / zu Lübeck dieses / von viel hundert Leuten angeschautes / Wunder. Die Sonne wollte fast untergehen / als etliche tausend Kugeln heraus fuhren /theils wie Feuer-Mörsel- und Stück-theils wie Musketen-Kugeln / welche aus dem Abend gegen Mitternacht / als wie nach dem Thum-Hofe zu / geflogen /aber von dannen wieder zurück / nach dem Mühlen-Thor / und nach dem Morgen sich drehend / gegangen. Nachdem solches länger / als [219] eine Stunde / gewährt; seynd solche Kugeln / wie gelieferte oder bestandene Bluts-Tropffen / auff die Erden gefallen / etliche groß / etliche klein; und also / auff der Erden ligen blieben. Wenn man aber dieselbe aufgehoben /und das Blut zu fassen vermeynt / ist es weg gewest: Und wenn man die Kugeln wiederum nidergelegt / ist / wie zuvor Blut da gewest / und geblieben / biß es endlich verschwunden.

Eben in demselbigen Jahr eräugeten sich im Stifft Bremen / laut eines von dannen unterm 7ten Octobris abgegebenen / Schreibens / allerley böse Vorbedeutungen. Denn es liessen sich viel Gespenster / gleich gewaffneten Kriegsleuten / sehen; welche den Reisenden so entsetzlich fielen / daß auch die / aus Hamburg gehende / Post-Wägen deßhalben den Weg / bey Ottersburg / eine Weile nicht gebrauchen kunnten / sondern einen andren suchen mussten. Um selbige Zeit /soll sich auch / auff der Orler-Heide / eine Stunde von Bremervörde / ein grosses Kriegs-Heer präsentirt /und die Schildwachten ordentlich geruffen haben /Wer da?

Zwischen Lands-Kron in Schonen / und Barsebeck / hat es / am Grünen-Donnerstage (als am 17ten Aprilis Neuen Cal.) 1679sten Jahrs / um 9 Uhr / in der Lufft / ein Gefecht / abgegeben / nicht anders / als ob 13 oder 14. Truppen einander feindlich angriffen /und / mit Feuer begrüssten: Man kunnte alle Salven hören / auch Menschen und Pferde / an der Kleidung und Farbe / erkennen. Gemeldte Kriegs-Hauffen bunden drey Mal miteinander an / verfolgten hernach einander in Norden / [220] und kamen den Zuschauern allgemach aus dem Gesicht.

Eben desselbigen Jahrs / ist / in Engeland / eine Relation in Druck gegangen / darinn vermeldet worden / es hette sich / am 5ten Octobr. zu Rothwell / ein Lufft-Gesicht / in folgender Gestalt / presentirt: Erstlich sollte sich eine dick-finstre Wolcke aufgethan haben / daraus drey Männer hervor getreten / unter denen Einer / zur rechten Hand / in einem Priesterlichen Habit auffgezogen / sich zu einer finstren Wolcken genähert / und selbige mit seinen Waffen eröffnet: worauf man Blut und Wasser herum lauffen gesehn. Demnechst traten zwantzig andre Personen auff / in adlichem Habit: auff welche die drey erste Personen loß gingen / und sie mit Blut dergestalt beworffen / daß sie sich in Confusion retiriren müssen. Nach diesem sollte sich eine andre majestetische Person presentirt haben / deren Eine von den dreyen entgegen gegangen / und mit ihr geredet; indem die zwo andre hinter dieselbe getreten / und ihr alle Ehr erwiesen: Endlich habe man etliche Schüsse / und ein grosses Freuden-Geschrey / aber bald darauff ein Winseln der Sterbenden / gehört.

Als / am 23sten May / 1680sten Jahrs / in der Keyserlichen freyen Reichs-Stadt Lübeck / bey der Nacht / zwischen dem Frey- und Samsttage / die gewöhnliche Soldatesca / die Wache gehabt / hat so wol die Wacht am Mühlen-Thor / als die am Burg-Thor /gleich nach einem Viertheil über zwey Uhren (vor Tags) ein Geräusch in der Lufft vernommen / als ob eine Racquete darinn herum schwärmete. Da sich nun die Schildwachten darnach [221] umsahen / wurden sie gewahr / daß der Himmel gantz feurig und offen. Gleich damit geschahe ein Schlag / als ob eine Muskete würde gelöst. So erblickte sie auch eine aus dem Himmel herab hangende grosse feurige Kugel; und hernach noch zwo andre. Nachdem diese Bildung eine grosse viertheil-Stunde schaubar gewest; seynd sie /nechst dabey / einer andren Figur gewahr worden /vor welcher sich die vorige verlohren. Und endlich kam auch die dritte dazu. Was aber diese zwo letzte Figuren abgebildet / kann ich nicht sagen: weil die Franckfurter Relation / darinn dieses Lufft-Gesicht er zehlet wird / sich auff einen Kupffer-Riß deßfalls bezeucht / und doch solche Kupffer-Figur nicht dazugesetzt. Vermutlich seynd es auch Fürstellungen / militarischer Waffen oder Actionen gewest. Die Wacht kunnte nicht gnugsam sagen / wie erschrecklich sie anzusehn gewest.

Es hat aber dieses Gesicht / gleich wie es / im Norden / ein Viertheil nach 2 Uhr / hervor gekommen /also auch / im Norden / sich wieder verlohrn / und zwar / wegen anschimmrenden Tages / nemlich gegen halb 4 Uhr; aber mit vielem Knällen und Krachen. Es soll so erschrecklich seyn anzusehn gewest / daß die Schildwachten gestanden / ihnen wäre vor Angst / der kalte Schweiß ausgebrochen. Weßwegen sie auch ihren Wachten zugeruffen / die so bald heraus gekommen / und es also sämtlich angeschaut. Massen dann auch / von einigen Deputirten deß Rahts / so wol die Unter-Officirer / als Soldaten / deß Morgens / nach der Predigt / abgehört worden. Und hat ein Korporal /so die Wache damals mit gehabt / die gantze Erscheinung / weil er zeichnen können / dem Rath entwerffen müssen; wovon die [222] Copey / an unterschiedliche Oerter / versandt worden.

Ich zweifle zwar nicht wenig / ob dieses ein Gesicht / oder ein Gespenst / und nicht vielmehr ein natürliches Phænomenon, oder feuriges Lufftzeichen /sey zu nennen: in Betrachtung / daß die Natur mancherley feurige Figuren / als Kugeln / und dergleichen / in der Lufft / hervorbringt. Jedoch pflegt bisweilen auch was übernatürliches mit untergemengt werdē /den Menschen zur Warnung / oder zum Schrecken /entweder von den guten / oder bösen Geistern. Und weil über diese Lufft-Erscheinung / die Zuschauer so hart erschrocken: mag auch dieselbe wol / aus natür-und übernatürlicher Fügung / gemischt seyn: weßwegen wir sie allhie mit eingerückt. Im Aprilmonat 1684 J. erfuhr man von Leuten / die aus Jütland von Hadersleben nach Hamburg gereiset / daß der Fährmann zu Aestens-Fähr / und nebst ihm 20 Personen / von Morgen biß Abends zu 6 Uhren / in der Lufft / ein grosses Getümmel von Trompeten und Trummeln / mit grosser Bestürtzung / gehört / auch dabey gar eigendlich vernommen / daß der Marsch von Westen käme. Entsetzlich ist auch dieses gewest / was man / unweit Schwerin in Mechelburg / etliche Jahre zuvor / bey Nacht gehört unn gesehn; nemlich deß Tags / ein grausames donnern / und blitzen; und deß Nachts / etliche Schwerter und Sebel / so kreutz-weise übereinander gestanden. Unter dem währendem Donnerwetter / hat man einen starcken Lärmen / von Trummeln und Trompeten-Schall / mit einem erbärmlichen Zeter-Geschrey / Mord! Mord! vernommen: Welches bey die anderthalb Stunden / gewährt / und die Reuter / samt den Dragonern / bewegt / zu den Waffen zu greiffen; in Meynung / es wären feindliche Völcker vorhanden.

Fußnoten

1 Theophrast. Paracels. in libro Philosophiæ de Animabus Mortuorum.

2 Meteranus im 28sten Buch seiner Niderländischen Geschichte.

3 2. Reg. 7.

4 Scherertzius de Spectris, in fine Admonitionis decimæ lit. J.

5 Scheferus in Memorabilibus Sueticæ Gentis p.m. 12.

6 Franckf. Herbst-Relat. von An. 1665 / am 74ten Blat.

25. Das Vorspiel deß Würg-Engels

[223] XXV.

Das Vorspiel deß Würg-Engels.

Der Satan ist ein solcher Comediant / welcher nicht nur den traurigen Unglücks-Geschichten / nach ihrer würcklichen Vollziehung / nachafft / sondern auch vor derselben / durch gewisse gespenstische Gauckeley / dieselbe vorstellet. Dazu ihn vermutlich zweyerley antreiben: Erstlich / die Begierde / seine Vorwissenschafft kund zu machen; hernach die Ergetzlichkeit / an dem menschlichem Schaden und Verderben. Denn dieselbe muntert ihn auf / daß er / von dem obhandnen blutigen Traur-Spiel der Menschen / seiner Rotte ein hönisches Vorspiel macht / und daran / als wie in einer comediantischen Fürstellung / sein Mütlein weidet. Er formirt ihm gleichsam eine Ideam, oder Ab- und Vorbild solches bösen Erfolgs damit /den er / durch seine mördliche An- und Einschläge /oder Einspeyung / auszuwürcken bemühet ist: und erlustigt sich darinn / als wie ein rachgieriger Mensch seine Erquickung / an der Betrachtung deß hoffendlich bald obhandenen Unfalls seines Widersachers /empfindet / und wann er / bey seines Gleichen / davon Meldung thut / gleichsam als wie mit Händen und Füssen / weiset / und Spiegel-artig entwirfft / was die Anschläge / womit er bißhero schwanger gegangen /für eine schreckliche Geburt erzeugen / und was für eine entsetzliche Gestalt dieselbe / in ihren Umständen / gewinnen werde.

[224] Jedoch darff man darum nicht sicher genug urtheilen / als ob GOtt nicht auch sein allweises Absehn /bey solchen Vorspielen / hette. Angemerckt / deßwegen auch nicht alle vorbedeutliche Kriegs-Zeichen den bösen Geistern / sondern manche auch wol / bevorab die / so durch Erscheinungen geschehen / den heiligen Engeln vermutlich beyzumessen. Und wann gleich die meisten Vorspiele / sie mögen gleich / durch seltsame Lufft-Gesichter / oder durch Gepolter / Getümmel /und seltsames Geräusch / oder auf andre Weise / sich verspühren lassen / den bösen Geistern / als Liebhabern und Spöttern unsrer Unglücks-Fälle / zuzuschreiben: so lauffen sie doch / auch wider das Ziel ihres Verlangens / zum Ziel der Göttlichen Fürsehung: Die solche Vorschrecken den verworffenen Geistern zulässt / daß die Leute / so noch zu bekehren sind / dadurch geschreckt / und in ihrer Ruchlosigkeit der obhandenen Straffe eingedenck werden; um derselben Linderung / von dem gerechten GOtt / zu erbitten; imgleichen / daß die Atheisten / und Verächter / dadurch überzeugt werden / es geschehen solche Dinge / nemlich die Plagen / Trübsalen / und böse leidige Fälle / nicht ohngefähr; es sey ein ruchloser Selbst-Betrug / daß manche Epicurisch- und Saddu cœisch-Gesinnte wähnen / daß weder Auferstehung /noch Engel / noch Geist / noch Gespenst; sondern solches eitel falsche Einbildung / oder leeres Geschwätz und Fabelwerck sey. Denn solchen schlimmen Anschauern muß die Sache bißweilen / mit solchen schlimmen Farben / illuminirt werden. Denen / die GOtt / und seinem Geist / nicht glauben wollen / daß es Engel und [225] Teufel gebe / und nicht der blosse Zufall / sondern der Raht deß Himmels / in allen menschlichen Vorfällen / regiere / muß bißweilen der Teufel /mit seinem Gepolter / predigen / daß eine scharffe Abrechnung obhanden / und der Richter aller Welt denen / die keinen Teufel / noch Gespenst / gläuben /um sich / in deß Teufels Wercken / desto mehr zu üben / Teufels gnug auf den Hals schicken könne / so wol leib- als geistlich.

Daß aber die Gespenster gemeinlich einen blutigen Ernst / durch mancherley schreckhaffte Vor-Spiele /weissagen / soll / mit unterschiedlichen Beyspielen /allhie weiter beglaubt werden.

Im Jahr 1553 / hörte man / in den Sächsischen Feldern / etliche Tage und Nächte vorher / ehe dann Mauritius / Curfürst zu Sachsen / und der kriegerische Marchgraf Albrecht / von Brandenburg / gegeneinander / auf die Wahlstat ruckten / ein starckes Gerassel /Geschrey und Geheul / als wie das jauchtzen oder lamentiren derer zu lauten pflegt / die im Streit entweder oben oder unten ligen. Nachmals machte die Schlacht / in welcher der Curfürst ums Leben kam /eine Erklährung darüber. 1

Im vorigen dreyssig-jährigen Teutschen Kriege /haben / zu Erphurd / kurtz vor Einnehmung selbiger Stadt / die Stücke / Röhre / Spiesse / und andre Gewehre / im Zeughause daselbst / sich geregt. Die Schildwachten seynd / durch Gespenster / vom Wall hinabgeworffen / und hat sich das / auf dem Wall stehende / Geschütz selbst umgewendet / auf die Stadt zu.

[226] Dergleichen soll auch / im Jahr 1624 / zu Göttingen / geschehn seyn / ehe dann der General Tylli es eingenommen. 2

Der von Lohhausen erzehlt / daß / nachdem / zu Hameln / da der Keyserliche General-Stab lag / im gehaltenen Kriegs-Raht / der Schluß gefallen / daß man Magdeburg angreiffen und belägern sollte / bey stillem und klarem Wetter / plötzlich ein grausamer Sturm und Windsbraut entstanden / wodurch die Räder von den Mühlen / die Bäume aus der Erden /gerissen / und durch die Lufft getragen worden. Wie erschrecklich und jämmerlich hernach besagte Stadt Magdeburg zerstöhrt worden / also gar / daß der Keyserliche Hof sich darob / nachdem solches erschollen /entsetzet hat / solches ist menschlicher Gedächtniß viel tieffer eingedruckt / als / daß es allbereit vergessen wäre.

Konig Carolus Gustavus / jetzt-regierenden Königs in Schweden Herr Vater / hatte gar starcke Kriegsrüstungen / wider Polen / vorgenommen; aber sein Absehn und Ziel noch bey sich behalten: also / daß Wenigen wissend war / welcher Gegend solche / noch auf dem Amboß ligende / Donnerkeile / die man so eyfrig schmiedete / sollten einschlagen. Theils riethen / auf Polen; theils / auf Dennemarck; theils / auf das Römische Reich / welches von solcher Armatur würde beschreckt und verunruhigt werden: und unterdessen kunnte sich doch Niemand / ohn etwan ein- oder andrer Geheimer Raht / der Gewißheit hierinn versichern. Denn dieser Kriegs-verständige König ließ zwar [227] Vielen seine zugerüstete Waffen / aber Niemanden sein Hertz sehen / ohn GOtt dem HErrn allein / dem die tieffste Geheimnissen der Potentaten lauter Klarheiten / und die dickste Finsternissen Licht / sind. Und diejenige subtile Geister / welche auch die allerverdeckteste Rahtschläge offt behorchen / müssen ohne Zweifel auch wol gemerckt / oder gewusst haben / was für einen Bodem solche Zurüstung würde erschüttern. Denn es begab sich / im Hornung selbigen 1655sten Jahrs / auf einer Wiesen / in Uplande / bey hellem Tage / daß ein Soldat / als er in die / allernechst dabey stehende / Kirche / zur Predigt / wiewol ein wenig spät / gehen wollte / unferrn von selbiger Kirchen /eine vollkommene Schlachtordnung vieler gewaffneten Regimenter erblickte. Weßwegen er / gantz-erschrocken / hinlieff / solches denen Leuten / die er am ersten erreichen kunnte / anzuzeigen. Darüber erhub sich / in der Kirchen / alsobald ein Gerücht / als ob unverhofft ein Feind ins Land gefallen / und hart in der Nähe stünde. Weil nun Jedweder / der was zu verlieren hatte / besorgen musste / es dörffte ihm Haab /Gut / und Blut / drauf gehen; lieff alles / was Füsse hatte / zur Kirchen hinaus: und der Pfarrer / sich nicht gesandt achtend für läuter leere Stühle und Bäncke /folgte endlich ihnen nach.

Da sie nun kaum zur Kirchen-Thür hinausgetreten /kamen ihnen / an der mittäg- und mitternächtlichen Seiten / der Kirchen / zwo vollkommene Armeen / auf erstgedachter Wiesen / zu Augen / welche in vollem Schlagen gegeneinander begriffen waren / und gar hitzig einander befochten. [228] Roß und Mann / Zaum und Zügel / Karabiner Pistolen / Musketen / Piken / Helleparten / Partisanen / und Degen / schaute man so Augenscheinlich / daß die meiste Zuseher nicht anders gedachten / denn es wäre ein rechter Ernst / und wahres Feld-Treffen. Man sahe gar eigendlich / wie Einer den Andren / entweder mit dem Degen / oder mit der Kugel / aus dem Sattel brachte / oder ihm einen Hieb an den Kopff versetzte. Hie gab Einer die Flucht / für Jenem / der ihn verfolgte: und geschahe solche Verfolgung nicht nur mit gantzen Truppen / sondern auch eintzelner Weise / also daß Einer dem Andren nachsetzte / durchs Gesträuch und Gepüsche / biß er ihn entweder mit der Pistol / oder Klingen / erlegte.

Unweit von dannen / sahe man auch zwey Schiff-Heere / die mit ihren Masten / Seilern / ausgespannten Segeln / und spielenden Flaggen / allerdings ausgerüstet waren. Auf selbigen stund eine grosse Menge Schiff- und Kriegsvolcks / deren sehr viele ins Wasser hinab fielen; weil sie entweder tödtlich verwundt /oder gar getödtet waren. Es erschien die geringste Unvollkommenheit nicht an dem / wodurch ein blutiges See-Treffen vollkömmlich / und nach dem Leben /vorgestellt werden mögte. Denn es waren auch Stücke und Musketen zu sehen / welche Feuer und Flamme speyeten / samt einem dicken Rauch und Schmauch; wie / bey Losbrennung der Stücke / und Musketen /zu erfolgen pflegt. Jedoch blitzte es / ohne Donner: denn das Knallen und Krachen / welches sonst / in würcklichen Schlachten / gehört wird / ließ sich nicht hören. Neben der Seiten / spatzirte ein [229] Mann von mehr als männlicher Länge / in einem breiten Hut /und langen Rock / der ihm biß auf die Füsse hing: derselbe stellte sich / als Einer / der zuzuschauen begehrte / wie es mit der Schlacht mögte ablauffen. Eben dieser lange Mann ging / über eine kleine Weile / dem nechsten Dorff zu: Und als er dahin gelangt /verschwand er / so wol / als alles Andre.

Uber einen Monat hernach / seynd / auf eben demselbigen Felde / ein Hauffen schwartz-bekleidte Leute / in langen Leid-Mänteln / und sehr breiten Hüten /erblickt worden: welche aber / ohne Bewegung / gantz müssig und still gestanden / und endlich verschwunden.

Das vorige Gesicht hat Zweifels ohn den hitzigen Krieg Königs Caroli Gustavi / mit Polen / Dennemarck / und andren Potentaten / bedeutet; das letzte aber sein früh-zeitiges Absterben. 3

Zu Königs Gustavi Adolphi Zeiten / ist man / zu Dantzig in Preussen / wie auch auf der Ost-See /gleichfalls eines Schiff-Heers in den Wolcken / ansichtig worden: welches von Mitternacht gekommen /und gegen Mittag seglend / zum offtern Feuer gegeben / also / daß man unzehlich-viel feurige Kugeln hat heraus fliegen sehn. Worauf / bald hernach / dieser König / mit seiner Armee / in Preussen angelangt / 4 und wider die Kron Polen einen schweren harten Krieg angefangen. Aus welcher Blut-Quelle hernach der noch viel breitere und längere Blut-Strom deß dreyssig-jährigen [230] Kriegs in Teutschland / zum Theil: (denn Franckreichs Anhutzschung hat gleichfalls solchen Teutschen Krieg mächtig befordert) entsprungen ist. Angemerckt / damalige Römisch-Keyserliche Majestet / Ferdinand der Andre / der Kron Polen eine an sehnliche Armee / unter dem Feldmarschall Arnheim /zu Hülffe geschickt: wodurch der streitbare König /Gustavus / endlich / in einem Treffen / übermannt /und sich zurück zu ziehen / gezwungen / ob schon nicht gäntzlich gedämpfft und überwunden / ward; auch zuletzt / mit den Polen / einen Frieden / oder Stillstand / auf gewisse Jahre / schloß / und nachmals auf den Teutschen Boden / wider die Keyserliche Kriegs-Heere / ging / unter andren dieses / für eine Ursach deß Kriegs anziehend / daß man seinen Feinden / den Polen / hette geholffen.

Im Jahr 1629 / am vierdten Tage nach Pfingsten /gingen etliche Fischer / um den Abend / aus zu fischen / bey dem Land-Gut Lykaos, so in dem Gebiet der Grafen von Wisingsburg ligt / auf dem nahe dabey ligendem See Landsiœ. Indem sie nun damit geschäfftig waren / sahen sie / von Norden her / etliche schwartze und dicke Regen-Wölcklein aufsteigen / die auch bald würcklich einen starcken Regen gaben. Aber / unter solchen Regen-Tropffen / fand sich eine gewaltige Menge entsetzlich-funcklender Feuer-Tropffen vermengt / und zwar so weit und breit / als man den See mit dem Gesicht abmessen kunnte. Was / von solchem Feuer / in den See fiel / das erleschte: was aber den Fischern die Kleider berührte /das brannte sie / gab auch gewisse Brandmäler / und so kleine [231] Stücklein / als wenn man die Baumblätter mit Feuer brennet. Hierüber fielen diese Fischers-Leute in solche Furcht und Schrecken / daß sie aller kranck wurden / und / vor Mattigkeit / kaum heimgehn kunten. Etliche unter ihnen seynd auch / nicht lange hernach / gestorben.

Folgenden Jahrs / nahm der denckwürdige Krieg Königs Gustavi Adolphi / in Teutschland / seinen Anfang. 5

Um die Zeit / da der Schmalkaldische Bund aufgerichtet ward / sahe man / in der Lufft / etliche Reuter: denen bald die / mit Faustkolben gewaffnete / Bauren folgten. Drittens / erschien / aus einem Wasser / ein hoher Thurn / und nicht weit von dannen ein Mann /der daselbst Wasser schöpffte / aber darnach / von einem Drachen / verfolgt ward. Die zwey erste Gespenster seynd bald verschwunden: aber die andren haben sich noch lange sehen lassen.

Peucerus vermeynt / es sey hiedurch der Ausgang deß Schmalkaldischen Bundes bedeutet worden. 6

Im Jahr 1538 / kurtz vor dem ersten Kriegs-Zuge Philippi / Landgrafens zu Hessen / ward ein Burgermeister der Stadt Schmalkalden / bey Nacht / dieser Bilder ansichtig. Ein alter Mann saß / am Tisch / und schlieff / mit nidergehencktem Kopff. Auf der nechsten Banck daneben / lag ein Leu. In derselben Kammer / presentirte sich eine Menge Personen / so mit langen Röcken bekleidet [232] waren / in Gestalt solcher Männer / die sich worüber berahtschlagen. Wider selbige richtete sich endlich der Leu / von der Banck /auf / gleich als wollte er / mit den vordern Pfoten / auf sie zuspringen und anfallen. Darum lieffen sie eng zusammen / widersetzten sich ihm mit Dolchen / und stiessen damit zum offtern auf ihn zu; trieben ihn auch endlich in die Enge / und nachdem sie einen Sessel auf ihn geworffen / hieben sie ihm den Schwantz ab. Aber er wirckte sich bald hernach wiederum / unter dem Sessel / hervor / bekam auch seinen Schweiff (oder Schwantz) wieder. Sie griffen ihn hierauf wiederum etliche Mal an: aber er begegnet ihnen so grimmig / daß sie zur Kammer hinaus flohen; und er hingegen wieder auf seinen vorigen Platz / nemlich auf die Banck / sprang.

Weil sie aber bald wiederum anfingen / aus- und einzugehen / und ihn gleichsam umzubringen trachteten; ergrimmte er / und sprang ungestümlich auf sie zu. Darüber fingen sie ängstiglich an zu schreyen /streckten die Arme nach dem schlaffenden Alten hin /und weckten denselben auf. Der erwachte / und bedrauete / mit seiner rechten Hand / den Leuen. Dieser wich hierauf zurück / sahe den Alten etliche Mal an /und legte sich endlich wiederum an seinen vorigen Ort / auf die Banck. Aber gleich damit verwandelte er sich / in die Gestalt Christi / stund aufrecht / und predigte. Da fielen die Männer vor ihm nieder / gleich als wollten sie um Verzeihung bitten: und nachdem sie Gnad erlangt hatten; verschwanden alle diese Bilder miteinander. 7

[233] Zu Bahüs / im Königreich Schweden / schaute man / Anno 1671. im Monat Aprilis / bey hellem Sonenschein / drey Kriegs-Heere / samt einer Schiffs-Flotte / und dreyen Thürnen am Himmel.

Bey Avestfors, soll sich auch damals ein Grab geöffnet haben. Welches man / für ein Kriegs-Zeichen /ausgedeutet: weil / bey dem vorigem Dänischen Kriege / dergleichen Oeffnung sich begeben haben soll.

Im Jahr 1673 stunden / über Posen / in Groß-Polen / am dritten Octobris / deß Morgens / bey angehendem Tage / zwey Kriegs-Heere gegeneinander / in der Lufft / dabey zugleich ein starcker Stücken-Donner /und hartes Getöß von allerley Kriegs-Waffen / erschallete. Eine von solchen beyden Armeen / nemlich die gegen Aufgang stund / wich am ersten / und verschwand. Worauf eine grosse Menge Kugeln / über besagter Stadt / in die Höhe aufstiegen / und in der Lufft zersprangen. Es ward diß Kriegs-Gesicht nicht allein in- sondern auch ausserhalb Posen / gesehn /biß auf acht Meilen weit. Und zu Bromberg hat sich dergleichen sehen lassen.

In Dennemarck haben Anno 1682 / am 27 May /etliche Bauersleute von Algustort und Blarkholm aus dem Glanchischem / am 25 Aprilis / zu Morgens / ungefähr gegen acht Uhren / als sie / auf der Reise nach Helsingburg / begriffen gewest / mit Erstaunen wahrgenommen / daß / hinter ihnen her / etliche Geschwader von Reutern / etwan vier biß fünff Compagnien starck / so starck geritten / daß drüber ein dicker Staub / auch grosser [234] Dampff / und Rauch / hinten /und zur Seiten / aufgegangen; das Erdreich aber dennoch so hell gegläntzt / als ob es die Sonne selbst gewest wäre. Gedachte Reuterey aber war hingegen schwartz bekleidet / auch dazu bemäntelt; und saß auf lauter schwartzen Pferden / mit vielem Dampff und Glantz umgeben. Sie setzten Spornstreichs / drey oder vier in einem Gliede reitende / nach Süd-Osten zu: aber / als sie mitten auf das Quidinger Feld kamen; verschwanden sie daselbst alle / biß auf zween Männer: Welche / auf ihren schwartzen Rossen / in ihrem schwartzen Habit / eine Weile still gehalten. Hierauf seynd / nebenst diesen / ungefähr zwäntzig grosse und weisse Männer / und zwar einer solchen Höhe / als ob einer auf dem andren stünde / erschienen / und nicht anderst anzusehn gewest / als wären sie aus der Erden hervor gewachsen. Uber welches Gespenst / sie eine solche Furcht und Erschrockenheit betroffen / daß sie geschwinde ihren Weg fortgeführt / und sich weiter nicht umgesehn.

Dieses haben die Bauren / in Beyseyn vieler glaubhafften Personen / mit dero höchstem Eyde bekräfftigt.

Aus den Spannischen Niderlanden lieff / im Früh-Jahr 1682 / Bericht ein / daß / zu Mernen / kurtz nach dem Eintritt deß Brachmonats / fast alle Nächte /sich Gespenster sehen liessen / und zwar in dieser Gestalt. Erstlich sahe man eine Person / in lang-weissen Kleidern: welcher sechs paar andre / in schwartzem Habit / gefolgt / und hernach vier biß fünff Squadronen aufgezogen / die sich gestellt / als wollten sie die Stadt überfallen. Worüber [235] etliche Soldaten dermassen erschrocken / daß sie zu Bodem gefallen / auch nachmals / weiter daselbst Schildwacht zu stehen / sich geweigert.

Nachdem die / von den Tartern vertriebene / Sineser / unter ihrem Anführer / dem Coxenga, einen Anschlag / auf die fruchtbare Insel / Formosa / geschmiedet / der ihnen auch endlich / zur gäntzlichen Eroberung selbiger Insel / und mercklichem Schaden der Ost-Indianischen Compagnie / im Februario 1662 Jahrs / hinausgeschlagen / und gelungen; ist vorher /nemlich am 15 Aprilis 1661 in Seelandia / (so hieß die Haupt-Festung selbiger Insel) ein seltsamer Rumor auf dem Bollwerck / Mittelburg genannt /entstanden / wovon alles / in der Corpsdegarde schlaffendes / Volck / miteinander augenblicklich aufgewacht / und zu seinem Gewehr gesprungen. Etliche erwischten ihre Picken / præsentirten sich mit geblösstem Degen: Etliche brenneten ihre Lunten an; und ein Theil legte auch geschwinde den Harnisch an; gäntzlicher Einbildung / es wäre etwan ein Feind eingebrochen. Als aber Einer den Andren fragte / um die Ursach dieses Auflauffs? wusste Keiner dieselbe zu sagen.

Folgende Nacht darauf / sahen sie / um Eins gegen Tag / ihre / in dem Hafen ligende / drey Schiffe allesämtlich gleichsam in vollem Brande stehen / und mit den Stücken gegeneinander loß brennen; da man doch gleichwol keinen Schlag / noch Gekrach / davon vernahm. Hingegen erschien denen / welche auf selbigen Schiffen gestanden / die Festung Seelandia nicht anders / als ob dieselbe in vollem Feuer stünde / und auch aus [236] ihren Stücken Feuer speyete. So bald aber der Tag anbrach / war alles miteinander verschwunden.

Man hat auch viel Gespenster / vor der Festung /gesehen / die miteinander / auf dem Felde / gefochten.

Am 29 Aprilis selbigen Jahrs / sahe man / Vormittags / in dem Wasser / vor dem neuen Werck / einen Mann / der sich / drey Mal nacheinander / aus dem Wasser erhub: da man doch nicht erfahren kunnte /daß Jemand wäre ertruncken. Nach Mittages ließ sich / unter dem Bollwerck Hollandia / im Wasser / ein Meer-Weib / mit lang-gelbem Haar / schauen / und that sich / drey Mal nacheinander / aus dem Wasser hervor. Massen solches Einer / der es selber mit angesehn / und überall sich mit dabey befunden / 8 glaubwürdig erzehlt.

Es gedenckt dieser gespenstischen Vorzeichen auch C.E.S. in dem Verwahrlosetem Formosa / mit diesen Zeilen:

Himmel und Erde gaben / durch ihre Anzeigungen / zu verstehen / daß dem Formosanischem Stat sein Ende und Untergang über dem Haupt hinge; daferrn man nur hette glauben wollen /daß die sich ereignende Omina, oder Wunderzeichen / eines bevorstehenden Unglücks Vorboten wären: denn man deren allda verschiedene beobachten können. Das ungemeine / grosse / und [237] erschreckliche Erdbeben / welches sich / in vorhergehendem Jahr / ereignete / schien ein unfehlbarer Vorbot deß Himmels-Zorns / und androhender Straffe / zu seyn. So ging auch / unter dem gemeinen Mann eine starcke Sage / daß im Canal sich eine Meer-Frau hette sehn lassen. Die Soldaten erzehlten einander / daß eins deß Nachts / in der Compagnie Rüstkammer / ein solcher Tumult und Geklirr (Gerassel und Gerümpel / Gekling und Gethön) von allerhand Waffen untereinander gehört worden / als ob etliche tausend Mann einander eine Bataille lieferten. Welches aber nur /für ein gemein Gerücht / gehalten / von Niemand geglaubt wurde. Von gleicher Natur war auch dieses / daß man sagte / wie man eines von den Ecken deß Bollwercks / in heller liechter Flamme / gesehn hette; imgleichen / daß man / auf dem Galgen-Felde / zwischen dem Kastell und der Stadt / ein jämmerlich Heulen und Winseln gleichsam sterbender Menschen gehört hette / da man der Holländer und Chineser Stimmen eigendlich unterscheiden können. Und / auf eine andre Zeit / sahe man das Wasser / um den Canal / in Feuer und Flammen verändert; und viel dergleichen Dinge mehr. Worvon ein Jeder glauben kann / was ihn gut dunckt. Daß aber / vor dem Kriege / dergleichen Reden vorgegangen / ist gewiß und warhafftig: und / in wahrendem Kriege / sind gleichfalls unterschiedliche Dinge vorgefallen / [238] die man / auf diese Vorbedeutungs-Zeichen / leichtlich appliciren / und als Erfüllungen derselben / ziehen kann. 9

Ob nun selbige Gesichter / und Getümmel / durch gute / oder böse Geister / vorgestellet worden; steht so gar eigendlich nicht zu versichern. Sintemal GOtt /durch beyde / eine Warnung geben kann. Ob gleich die Teufel offt / theils aus Spötterey / theils aus Begierde einen Ruhm der Vorwissenheit damit zu erlangen / keines weges aber die Leute für Unglück zu warnen / dergleichen Gerümpel und andre Vorzeichen / anzustellen gewohnt: lässt es doch GOtt ihnen deßwegen zu / daß die Menschen dadurch gewarnet / und zu einem weislichen Nachdencken / wie auch zum Gebet um Abwendung alles Unglücks / mögen / aus dem Schlaff ihrer Sicherheit / ermuntert werden. Wiewol ich darum nicht dawider streite / daß bißweilen eben so wol dieser Art Vorzeichen / durch gute Engel / geschehn können.

Was insonderheit die dreymalige Erhebung eines Manns aus dem Wasser betrifft; geschicht solches auch in Norwegen / und anderswo / vorher / wann die Ertrinckung eines Menschen obhanden ist; und vermutlich / durch einen bösen Geist.

Die Erscheinung der dreyen Schiffe / in vollem Brande / ist ein Vor-Gemähl gewest deß Treffens / so selbige drey Holländische Schiffe / mit den Sinesischen Juncken (oder kleinen Schiffen) vor dem Kastell / gehalten: darinn / durch ein [239] Sinesisches Brand-Schiff / der eine Holländer in Brand gebracht / doch den Brand endlich noch gelescht / und sich mit der Flucht / nach vergeblichlanger Gegenwehr / gerettet. Ein andres aber / ist im Rauch aufgegangen; und das dritte hat gleichfalls die Flucht genommen.

Ob auch schon die Haupt-Festung / Seelandia / zu allerletzt / nach scharffem und tapffrem Widerstande /durch Accord / am 1 Febr. 1662 / übergegangen: seynd doch vorher viel Holländer / auf dem Lande /von den Sinesern / und zwar in einem allgemeinem Gemetzel / ihrer fünffhundert jämmerlich ermordet: darunter auch sechs biß sieben Prediger / samt einer grossen Anzahl Schulmeister / gewesen.

Dieses Unglück wird unterschiedlichen Ursachen beygemessen. Tavernier, und theils Andre / melden /die von der Ost-Indischen Compagnie hetten / durch ihre Ungewissenhafftigkeit / Ruchlosigkeit / Ungerechtigkeit / Geitz / Schinderey / Unbarmhertzigkeit /und mehr als barbarische Grausamkeit / so wol gegen den Indianern / Sinesen / und Portugisen / als gegen ihre Sclaven (andrer Abscheulichkeiten zu geschweigen) ihnen den gerechten Zorn GOttes / und mit demselben den Verlust der trefflichen Insel Formosa / zugezogen / auch den vorigen Segen / in ihrem Handel /damit verschertzt; insonderheit aber diese Rache den Sinesern abgereitzt / durch ihr feindseliges und gantz unchristliches Verhalten gegen denselben: indem sie denselben / als von den Tartern vertriebenen Leuten /den Handel nach Japan / und andren Orten / dazu sie doch eben so viel Rechts / [240] als die Holländer / gehabt /mit feindlicher und tyrannischer Gewalt wehren wollen / und dieses arme Volck / unter dem Fürwand / als ob es Seerauber wären / blut-durstiglich verfolgt / und dadurch dieselbe wider sich verbittert / also / daß sie ihnen endlich die Spitze zu bieten / und solche Wüterey / durch Abnehmung der Insel Formosa / zu vergelten / beschlossen. Man lese nur das Buch deß Taverniers / von den Grausamkeiten der Holländer in Indien / darinn er / wie auch andrer Orten / ihre Tyranney / wie an andren Leuten / also auch an diesen Sinesern / so abmahlet / daß man für der blossen Farbe und Konterfeytung solcher Teufeley / sich entsetzen muß: Daher auch / seinem Bericht nach / das Sprichwort entstanden / So bald ein Holländer über die Lini komme / werde er / aus einem Menschen / ein Teufel.

Hernach werden auch die / auff Formosa / im Schwange gegangene Laster / und schlechtes Christenthum / von dem C.E.S. für Stricke geachtet /dadurch solcher Unfall herbey gezogen worden sey.Die Formosanische Prediger und Schulmeister /(schreibt er) waren auch Leute von Fleisch und Blut gemacht / die gern was Gutes assen und truncken / und mit Gewalt groß seyn wollten. Worüber sie viel Tumults machten / und gantze Bücher schrieben / daß man ihre Personen nicht gnug ehrte / und was dergleichen mehr war: so daß endlich / diese Brüder zu befriedigen / durch die hohe Obrigkeit verordnet wurde / daß die Prediger / wann sie / auff den Dörffern / wären /dem Politico / der allda das Commando [241] hatte / die rechte Hand lassen sollten: wann sie aber / mit dem Politico, in Tayouan, wären / der Politicus ihnen alsdann die rechte Hand lassen sollte. Dergleichen Ehrstrittigkeiten / von denen rechten Christen-Märtyrern / erregt zu seyn / ich niemals gelesen habe. Zwar ist nicht ohn / daß bemeldte Prediger den Leuten / auff Formosa / sich allezeit sehr eyfrig erzeigt / die Hertzen der Formosanen zu bekehren: allein es geschahe / um anders nichts willen / als die Felle oder Häute zu bekommen; deren Einige wol gantze Schiffsladungen nach Japan übergesandt. Welches ihnen nicht wenig eintrug: Immassen ich Einen kenne / der /auff solche Weise / zum wenigsten / zwo Tonnen Goldes gesammlet / und nach Hause gebracht. Wiewol ich ihnen solches nicht mißgönne. Denn wer deß Altars pflegt / soll sich vom Altar nähren.

So weit dieser C.E.S. am 268sten Blat / deß verwahrloseten Formosæ. Der aber solchen Schluß /Wer dem Altar dienet / soll sich vom Altar nähren etc. ungereimt dazu setzt. Denn vom Altar sich nähren; welches gantz billig / ist viel ein anders / als um Gewinns willen / dem Altar dienen / GOttes und deß Mammons Knecht zugleich seyn wollen. Häute und Felle könnte man / wenn man sie übrig hat / auch noch / mit gutem Gewissen / um ein Billiges / verkauffen: aber daß ein Diener der Kirchen einen grossen Profit daran sucht / einen eignen Handel damit treibt / davon reich zu werden trachtet / und nicht so sehr / um [242] die Ausbreitung Christi Namens / als um solches Profits / und Nutzens willen / die Leute bekehren will / das steht mehr einem Bauch-Knecht / als Diener GOttes / zu / das heisst / mit GOttes Wort /Gewerbe treiben / und an den Leuten handthieren. Kein Kriegsmann / flicht sich in Händel der Nahrung: auff daß er gefalle dem / der ihn angenommen hat: 10 Darnach hat sich auch ein guter Streiter JEsu Christi zu achten. Petrus warnet die Aeltesten / sie sollen wol zusehen / daß sie die Heerde Christi / nicht um schändlichen Gewinns willen / weiden; sondern / von Hertzen Grund. 11

Wir wollen aber / noch ein paar Exempel / aus der Ferne / holen.

Ums Jahr 1590 / führten die Ost-Indische Portugisen / auff der grossen und reichen Insel Zeylan / einen schweren Krieg / mit dem Könige der Zingalesen daselbst / Don Johann genannt; der ein mächtiger und streitbarer Herr war. Zu selbigem Groß-Könige / oder Keyser / Don Johann / kam ein Portugisischer berühmter und stoltzer Kriegsmann / mit Namen Dominicus Corré, sonst der Goliath beygenamt / übergeloffen: weil ihm die Portugisen einige Unbilligkeit angethan hatten. Dieser rachgierige Ubergänger begnügte sich nicht daran / daß er unterschiedlichen München / und andren geistlichen Personen / Nasen und Ohren abgeschnitten / und sonst allerley Schimpff zugefügt hatte; sondern brachte auch mit sich gefänglich einen Printzen / Namens Bandaar, der viel Auffruhr[243] und Verrähterey gestifftet. Wodurch Don Johann sehr erfreut / besagten Dominicum Corré, in deß Printzen Stelle / den er / mit vielen Peinigungen / verdienter Massen / ließ umbringen / setzte.

Indem nun dieser Dominico Corré, an den Keyser /Don Johann die Huldigung ablegte: zerbrach ein starcker dicker Baum ohne Gewalt einiges Sturms / von sich selbsten / zu Stücken. Welches ohne Zweiffel ein Geist gethan / und dadurch anzeigen wollen / daß diesem neuen Fürsten / und Verrähter seiner Lands-Leute / der Fall nicht weit wäre. Massen es dann auch die Einwohner / für ein böses Vorzeichen / hielten.

Die Zeit bestätigte solche Vermutung auch gar bald / mit würcklichem Ausgange. Denn als hierauff König Don Johann / deß verdächtigen Zeichens ungeachtet /unter diesem Dominico Corré, und seinem Bruder /Simon Corré, als Feld-Obersten / ein Heer aussandte / um Galé zu erobern; wurden sie schändlich geklopffet und zerstäubert; auch dieser Dominico Corré selbst / den Portugisen / auff versprochenes Quartier /sich gefangen zu geben / gedrungen / nachmals aber /wider ihr gethanes Versprechen / in der Stadt und Festung Columbo / umgebracht. Worüber aber König /Don Johann / sich dergestalt ereyfert hat / daß er etliche Portugisen den Elephanten vorwerffen / etlichen aber Nasen / Ohren / Hände / und Männlichkeit / abschneiden lassen / und sie also nach Columbo geschickt / mit Erklährung / im fall sie / die Portugisen /hinfüro die Gefangene nicht in Freyheit stellen [244] würden / so sollte ihren Gefangnen gleicher Gestalt mitgefahren werden.

Wie die Soldaten / in Columbo / vernahmen / daß ihre Spießgenossen so schändlich zugerichtet worden: wollten sie dem General Don Jeronymo d'Oviedo den Hals brechen; als der solches Unheil verursacht hette /indem er mehr besagten Dominicum Corré, wider versprochenes Geleit / ums Leben bringen lassen: und schrien Schlag todt den Hund! Dieser / da er ihren Grimm sahe / und solchen schönen Zuruff hörte / fiel in grosse Sorge und Angst / um sein / am Seidenem Faden hangendes Leben / nicht wissend / wohin er sich wenden und bergen sollte. Weßwegen er / aus vollem Halse / rieff: Senhores Soldados, misericordia! Ihr Herren Soldaten! Gnade! Gnade! Sie drungen immittelst / mit ihren Degen / auff ihn zu /und sollten ihn / ohne Zweiffel / auff dem Platze ermordet haben / daferrn nicht die Münche und Priester / ihr Leben gewagt / und darzwischen lauffende / mit gefaltenen Händen hetten für sein Leben gebeten. Indem diese also für ihn / mit bitten und flehen / bemühet gewest / hat er sich unterdessen verschloffen /und in ein Kloster versteckt / auch eher nicht wieder blicken lassen / als biß der Auffstand / der gleichwol sechszehen Tage währete / sich in einen friedlichen Ruh-Stand / verwandelte. 12

Alles diß Unwesen hat vermutlich das Gespenst /so den Baum zerbrochen / zuvor bedeuten wollen.

[245] Joachimus Camerarius / der zu seiner Zeit eine rechte Schatzkammer vieler / und zwar fürnemlich historischer / Wissenschafft gewest / schreibt / es finde sich / an einem Vorgebirge / zwischen grausamen Meer-Klippen / und Felsen / ein Ort / da vielmals vorher / bißweilen aber auch wol eben zu derselbigen Zeit / wann / in einem andren Theil deß Erdbodens /eine Schlacht / oder sonst ein andres grosses blutiges Unglück / geschicht / das Meer-Wasser aller blutig erscheint / und auff dem Wasser als wie menschliche Leichnamen / deren die meiste ohne Kopff / oder sonst gestümmelt / als nemlich ohne Hände / oder Füsse / daher zu schwimmen scheinen. 13 Er meynet aber ein See-Gebirge / in Norwegen.

Fußnoten

1 Job. Fincel. de Miracul. sui Temp. apud Lycosth.

2 Christ. Joh. Hundehagen, in Tractatu de Potestate Dæmonum, lit. Q.

3 Scheferus in Memorabilibus Sueticis.

4 Idem p. 11. dicti libri. Num. 6.

5 Idem p. 11. N. 7.

6 Peucerus de Divinatione. Et Johannis von Münster Christlicher Unterricht von Gespenstern p. 15.

7 Peucerus de Divinat. lib. 15. c. 5.

8 Albrecht Herport in seiner Ost-Indischen Reisbeschreib. am 56 Bl. seq.

9 C.E.S. am 101. Bl. deß verwahrloseten Formosæ.

10 2. Tim. 2. v. 4.

11 1. Petri 5.

12 Baldæus, in Beschreibung der Insel Zeylon / am 208. Blat.

13 Joach. Camer. Centur. 1. Horar. succisiv. cap. 73.

26. Die Lufft-Pauke

XXVI.

Die Lufft-Pauke.

Es lehrt uns die tägliche Erfahrung / leider! und bezeugts der / überall in der Welt / aufgehende / Stucken-Rauch / daß der gerechte GOtt eine grosse Zorn-Schaale / über unsere gegenwärtige Laster-Zeit / ausgegossen. Weil wir aber unsere Hände / von der Ungerechtigkeit / darum noch nicht abziehen; sondern durch würcklich-übles Verhalten uns / der Erfüllung /jener Weissagungs-Worte / Und die Menschen thaten nicht Busse / für ihre Sünde; theilhafft machen: so steht [246] auch seine zörnige Rach-Hand / über unsre Zeit / noch ausgereckt.

Indem man aber / dessen / was christliche Lehrer /zur Abwendung grösserer Verwüstungen / Hohen und Nidrigen rahten / wenig achtet; so verkündigt er /durch allerley Schreck-Wunder / daß Er die Geissel noch so wenig aus der Hand gelegt / als wie wir den bösen Verdienst derselben ablegen. Und weil / mancher Orten / die lebendige Posaunen entweder nicht ruffen wollen / oder nicht dörffen; sondern das Maul halten müssen: stellet Er bißweilen selbst übernatürliche Prediger auff / in der Lufft / und lässt entweder durch seine Engel / oder / auch Verhengniß-Weise /durch die Gespenster / solche Wunder-Stimmen und Gethön / erschallen / daraus nicht wol etwas andres /als Vorspiele der fortsetzenden Kriege zu vermuten.

Darunter rechnet man billig auch dieses / welches man unlängst erst / nemlich am 24sten Junii 1686sten Jahrs / aus Mümpelgard geschrieben. An jetzt bemeldtem Tage / ward / nach wolbeglaubter Leute Bericht / deß Morgens / um neun Uhr / eine Meilwegs von Mümpelgard / in schöner und heiterer Lufft / ein Pauken-Schlag gehört: Worauff / zu unterschieden Malen / auch starcke Salven erfolgt: Worüber einige Bauersleute dermassen erschrocken / daß sie / in Meynung / es stünde irgendswo eine Schlacht-Ordnung in der Nähe / gleich aus dem Walde heim geeilt.

Es hat solches Pauken-schlagen / und schiessen /eine gute Weile gewährt. Und ist gleichwol / von jetztgemeldten Bauersleuten nicht allein nur / sondern gleich falls anderswo in der Nachbarschafft / [247] wie auch zu Mümpelgard / und daherum in der Nähe / gar eigendlich gehöret worden: Biß endlich der Schall und Knall / gegen Westen in die Höhe gestiegen / und sich daselbst verlohren.

Weil nun weit herum selbiger Gegend damals keine Völcker lagen; auch die Unterthanen kein Gewehr haben dörffen; hat Jedermann geschlossen / es sey ein Wunder- und Vor-Zeichen kriegerischer Unruhe. Ob aber solches Vorzeichen ein guter / oder ein böser Geist / gegeben / wird wol Niemand leichtlich entscheiden: Wiewol ich besorge / gleichwie gemeinlich der Würg-Engel / bey obhandenen Blut-Läufften /auff mancherley Art / seine Vor-Spiele treibt; also habe er auch durch diesen Paucken-Streich / und durch die knallende Salven / sein Frohlocken / über die Calamitäten deß Erdbodens / der ohnedem jetzt im Blut schwimmet / bezeugen wollen.

Dergleichen dörffte auch das erschreckliche Knallen / Schiessen / und der grosse Lärm vorbedeuten /so man / im December dieses 1689sten Jahrs / in der Gegend von Zülch / laut einer Wochen-Zeitung aus Cölln / gehört haben soll.

Wie ein hochgelehrter Mann unlängst aus Heilbrunn geschrieben; so giebt es / in den Gräbern selbiger Stadt Heilbrunn / ein Anzeigen / wann eine grosse Kriegs-Unruhe obhanden: indem sich / in solchen Begräbnissen / alsdann ein starckes Klopffen hören lässt. Massen solches nicht allein / vor diesem / zu unterschiedlichen Malen / und zwar / unter andren /vor dem vorigen Frantzösischem Kriege / sondern auch nicht lange vor dem / im Herbst deß 1688ten Jahrs geschehenem / Einbruch der [248] Frantzosen ins Reich / beobachtet worden. Ebendieselbige Person /welche solches überschrieben / hat unlängst / einem guten Freunde Bericht gegeben / daß man bey angehendem jetzigem Winter 1689sten Jahrs / wiederum dergleichen Getöß / Poltern und Klopffen der Gräber vernommen. GOTT verhüte / daß die Erfüllung solcher Vor-Bedeutung nicht etwan / entweder durch das feindliche Schwert / oder durch einreissende Sterb-Seuchen / viel Gräber fülle!

27. Das Nach-Spiel deß Würg-Engels

XXVII.

Das Nach-Spiel deß Würg-Engels.

Wie sich ein Meister noch vielmehr / nach Ausfertigung seines Wercks / weder über den blossen anfänglichen Entwurff desselben / belustigt: also empfindt der blut-dürstige Mord-Geist noch grössere Ergetzung an den Blutbädern / nachdem sie schon vollenbracht /als wann er dieselbe allererst zu befordern / und anzustifften / bemühet ist. Und solche seine Ergetzung giebt er hernach / noch lange Zeit / mercklich zu spühren. Die heidnische Römer triumphirten / nach einem Siege / nur ein Mal; dieser starcke Gewapnete aber viel Jahre nacheinander / ja wol etliche hundert Jahre offt / darüber / wann er ein allgemeines grosses Unglück angerichtet / als da sind Krieg- und Blutvergiessen.

[249] Solches kann man leicht schliessen / aus dem Getöß / und Lärmen / so er gemeinlich / an solchen Oertern / da ein Scharmützel / oder blutiges Treffen /vorgegangen / nachmals hören lässt; wie auch aus den gespenstischen Erscheinungen / so man daselbst bißweilen erblickt. Denn solches ist eine Anzeigung /daß er / über solche geschehene Blut-Händel / jubilire / und sich gleichsam einen Meister / Erfinder und Angeber derselben / rühme. Wie solches diese Geschichte bezeugen.

Lucius Florus / der die Feldzüge der Römer sein kurtz und nett beschrieben / meldet / bey Erzehlung deß zweyten Macedonischen Kriegs / man habe /gleich desselbigen Tags / an welchem König Perses in Macedonien / geschlagen und gefangen worden / solches zu Rom / erfahren: Angesehn / zween Jünglinge /auf weissen Pferden / am See Juturna / den Staub und das Blut abgewaschen: welche gesagt / sie kämen aus Macedonien / und wären / bey dem Haupt-Treffen daselbst gewesen. Weil dieselbe nun gantz mit Blut bespritzt waren / und die Pferde so wol / als sie / die beyde Reuter / selbst / dem Ansehn nach / kaum verschnauffen kunnten: glaubte man / zu Rom / insgemein / es wären Castor und Pollux gewesen. 1 Ich aber glaube / es sey ein Teuffels-Gespenst gewest / das / in solcher Gestalt / welche die Römer / dem Castor und Pollux anzutichten / pflagen / darum erschienen /damit dieser abgöttischer Wahn / bey den Römern /erfrischet / oder bekräfftet werden mögte.

[250] Pausanias gedenckt / bey Beschreibung der Schlacht / bey Maratbon / einer Stadt / die man heut Marason nennet / und ungefähr zehentausend Schrite von Athen ligt / daß man / zu seinen Lebzeiten / in selbigen Feldern / alle Nächte / ein Geschrey gehört /als gleichsam vieler wiehernden Pferde; auch Gespenster / in Gestalt streitender Kriegs-Leute erschienen; imgleichen daß diejenige / welche dahin kämen / solches anzuhören / und die Gespenster zu sehen / von ihnen übel tractirt würden.

Doctor Spon / welcher selbige Gegend durchgereiset / schreibt / daß ihn die Einwohner selbiges Dorffs / und Andre in derselben Gegend / berichtet hetten /daß sie annoch / gar offt / bey nächtlicher Weile / einige unbekandte Stimmen hörten / die sie erschreckten. Solches bekräfftigte sein / und seiner Gefährten /Wirth / ein Albaneser / bey dem sie zur Herberge lagen / vermeldend / daß er offt dergleichen gehört /und sonderlich einen Laut / der einer klagenden Weibs-Stimme ähnlich wäre; wann er aber an den Ort ginge / wo er es vernommen / zöhe sich solche Stimme weiter hinweg. 2

Nachdem der unruhige / und durch seine ehrsüchtige Gemahlinn zu einem rebellischen Friedens-Bruch verreitzte / König Odacker / in dem scharffen Treffen / mit dem sieghafften Keyser Rudolph / dem Ersten /aus dem Hause Habsburg / welcher mit der Römisch-Teutschen Reichs-Kron beehret worden / nahe bey Kustendorff / auff dem Marckfelde / das Feld / samt dem Leben / verspielt hatte / und / nebst [251] vierzehen tausend der Seinigen / erschlagen war; lagerte sich der Keyser / damaliger Gewonheit nach / auff die Wahlstat / und beharrete darauff drey Tage; indem die Erschlagene / samt dem feindlichen Lager / geplündert wurden. Unter selbiger Zeit / hat man um Mitternacht / daselbst mancherley Gerassel / Tumult / Getöß / und Waffen-Klang / gehört. Man erblickte auch bisweilen eine grosse Schaar von Geistern. So liessen sich auch / nach der Zeit / viel Gespenster da sehen / in Gestalt mancher bekandter Leute / so bey selbigem Haupt-Ernst das Leben verschertzt hatten. 3

Nach dem blut-reichem Heer-Gefechte / so zwischen dem Römischen Könige / Ferdinand dem Dritten / glorwürdigsten Andenckens / und der Schwedischen Armee / bey Nördlingen / gehalten worden; hat man / viel Jahre hernach / zu Nachts / in selbiger Gegend / ein Feld-Spiel von Pauken / Trummeln / und knallenden Stücken / vernommen; als eine Jubel-Freude deß Menschen-Feindes / über das Blut der Menschen / und über die Blut-Bäder der zerrissenen Christenheit.

Fußnoten

1 Florus lib. 2. Rer. ab urbe condita, c. de Bello Macedonico secundo.

2 D. Jac. Spon / im sechsten Buch seiner curiösen Reisen.

3 Felix Malleol. lib. 2. de Nobilitate c. 30. apud Besoldum in Discurs. de Vitæ & Mortìs consideratione fol. 111.

28. Der schmätzende Todte

[252] XXVIII.

Der schmätzende Todte.

Daß / um die Gräber / und Bein-Häuser / manches Mal / ein ungewöhnliches Gepolter / Gekrach / oder andres Getöß / oder seltsamer Schall / vernommen werde / ist nichts Neues / noch Unerhörtes. Man lieset / 1 daß die Teufel den Leichnam deß Ertz-Ketzers Valentini, von dem geheiligtem Ort der Grab-Stäte / bey Nachte / mit grossem Geräusch / heraus gerissen: imgleichen / daß Papst Sylvesters / deß Zweyten / Gebeine / im Sarck / gerauschet. 2 Und daß solches nicht eben allemal / in den Gräbern der Unselig- sondern auch wol bißweilen der Selig-Verblichenen / geschehe / vermeynen Etliche / zu beweisen / mit den Gräbern der heiligen Märtyrer / und andrer berühmter Heiligen. Wozu auch der Licentiat Garmannus, in seinem gelehrtem Tractätlein de Miraculis mortuorum, mit einstimmet; indem er das Gezeugniß S. Hieronymi anziehet / welcher schreibt / daß die Teufel / bey den Begräbnissen Elisœ / Johannis deß Täuffers / und deß Abdiæ / (oder Obadiæ) zu brüllen pflegen. 3

Nun begehre ich zwar nicht zu widersprechen / daß auch wol / bey den Ruhbetten heiliger Leute / jemaln /zu Nachtzeiten / einiges Geräusch / [253] mancher Orten /vernommen werde: aber / der angezogene Ort Hieronymi dienet daher / zum Beweis / gar nicht: sintemal derselbe / auf die bösen Geister / zielet / welche / aus den Besessenen / brülleten und schrien / wenn man dieselbe / zu dem Ruhstäten der heiligen Märtyrer /führte: wobey man / in der ersten Kirchen / sich / zum Gebet / und andrem Gottesdienste / zu versammlen pflag. Welcher Meynung auch der Author deß BuchsDe duplici Martyrio, so Roterodamus dem heiligenCypriano (wiewol besorglich unfüglich) zurechnet /schreibt: Verùm ubi jam ad monumenta Martyrum pelluntur morbi, rugiunt dæmones, terrentur Monarchæ, coruscant miracula, concidunt idola, tum apparet, quàm sit efficax ac potens Martyrum sanguis. 4 Also giebt demnach dieses Gebrüll der Teufel kein Gezeugniß / noch Beweis / daß die bösen Geister bißweilen / auch bey den Gräbern der Heiligen / ein Getöß machen.

Insonderheit sollen diese verdammte Mord-Geister / bey- oder kurtz- vor obhandener / Pest / mehrmalen unterschiedliche Vorzeichen / in- oder bey den Grab-Stäten / geben; laut gemeiner Aussage. Warum sie solches thun / steht leicht zu begreiffen. Sie sind überaus ehrsüchtige Geister / die / in allen Sachen / einen Schein Göttlicher Vollkommenheit / zumal der Allwissenheit / suchen / und solchen / durch dergleichen Vordeutungen obhandener Niderlagen / oder grosser Sterb-Seuchen / bey gemeinen Leuten / zu finden /[254] oder aufs wenigste sich damit groß und hochverwunderlich zu machen / hoffen: Immassen dem Satan kaum etwas so schmertzlich thut / als die Verachtung bey den Menschen.

Nicht unfüglich fügen Andre auch diese Beweg-Ursach hinzu. Die bösen Geister mercken / daß GOtt erzörnt / und die Zeit seiner Straffe kommen sey: Weil ihnen nun solches eine hertzliche Lust / Freude / und sonderbare Ergetzung ist: als geben sie solche ihre Frolockung / durch allerley schreckhaffte Vorzeichen /zu vernehmen.

Ich halte aber / es geschehe nicht / aus jetztbemeldten Ursachen / so man sonst insgemein vorbringet /allein; sondern noch aus drey- oder viererley andren. Denn es will / drittens / der leidige Böswigt / der Menschen auch damit spotten / sintemal er der allerherbste Spott-Vogel ist. Und / (fürs vierdte) will er ihnen gern damit Furcht und Schrecken einjagen; zumal denen / die es selbst hören: auf daß sie kleinmütig werden / oder wol gar darüber erkrancken / und / so es GOtt verhengt / durch gählingen Schrecken /desto leichter die Pest an den Hals bekommen mögen.

Fünfftens / trachtet er / den Leuten dadurch abergläubische Gedancken und Einbildungen einzudrucken / als ob entweder nothwendig nun dieser oder Jener sterben müssen; oder / ob werde ein solches Geräusch / Getös / und Gepolter / von den Seelen der Abgestorbenen / erregt.

Heutigs Tags aber / da man / GOtt Lob! wol weiß /daß der Teufel keine Göttliche Allwissenheit habe /und dennoch nicht leugnet / daß er sehr viel Dinges /durch gewisse Merckzeichen / zuvor [255] wisse / ist (sechstens) meines Vermutens / sein fürnehmstes Absehen und Hoffen dieses: daß er die Hertzen / welche nicht fest an GOtt hangen / hiedurch neige / und lüstern mache / zur Wahrsagerey: damit sie zu den Hexen und Warsagern gehen mögen / wenn ihnen etwas gestohlen / oder eine unheilsame Kranckheit zugestanden / oder sonst eine Lust ankommt / den Ausgang dieses oder jenen Handels vorher zu erfahren; was für einen Bräutigam sie zu gewarten haben; wie lang ihr alter Mann / oder altes Weib noch Brod fressen / und ihrem Verlangen nach einer neuen Speise im Wege stehen werde? oder was ihnen sonst für Glück / und Unglück / in ihrem Leben / bevor stehe? Wie denn der gottlosen Leute keine geringe Anzahl ist / die / aus solchen Ursachen / entweder die Hexen / oder Hexen-Meister / oder die selten-bessere Zigeiner (welchem Geschmeiß billig keine christliche Obrigkeit / einen einigen Tritt / auf dero Grund und Bodem / gestatten sollte) zu Raht ziehen / und / auf dergleichen fürwitzige Fragen / gewissen Bericht von ihnen verhoffen. Denn mit solchem Angel gelüstender Vorwissenschafft / fähet der Teufel viel tausend Seelen / und reisst die / so GOtt nicht recht vertrauen / viel tieffer damit in GOttes Ungnade und Zorn.

Auf solches Ziel / nemlich auf vorgedachtes unterschiedliches Absehn / streichet es Alles zu / was man / in den Gräbern / und auf den Kirchhöfen / oder auch vor den Wohn-Häusern derer / daraus mit nechstem eine Leiche getragen werden soll / Düsterliches und Schauerisches / sihet oder höret. Da stimmet er gleichsam (das ist / bewegt) bald den [256] Nachtvogel /zum schreyen; bald den Hund / zum abscheulichem und ungewöhnlichem heulen. Bald läutet er eine Glocken / in den Häusern: Bald rumort / oder klopfft er / in den Leich-Truhen / oder Gräbern.

Massen man / unter andren / im Jahr 1665 / zu Lützen / in eines Schusters Grabe / ein starckes Klopffen gehört. 5 So bezeuget der Licentiat / Christianus Fridericus Garmannus, in seiner curiösen Schrifft / von den wunderbaren Sachen der Todten / daß er / nebenst Andren / einsmals / zu Merseburg / selber auch dergleichen gehört / indem man daselbst einen Mann / so der Römisch-Catholischen Religion war / zur Erden bestetigt hat. 6

Vor Allen / ist dieses insonderheit abentheuerlich /und einer Betrachtung wol würdig / daß / wann gifftige Sterb-Seuchen grassiren / bißweilen die Todten /bevorab die / so weibliches Geschlechtes sind / ihre Grab-Tücher Todten-Hemder / und andres Leich-Ge räth belecken / ja / mit einem lauten Schall / nicht anders dran saugen / als ob man eine Sau schmätzen hörte; und so weit sie / mit dem Maul / um sich her /reichen können / Alles aufffressen. 7

Von solchen / in und ausser dem Grabe unruhigen Todten (oder vielmehr Teufeln) werden unterschiedliche Exempel gefunden. Denen sonderlich diese zwey denckwürdige / in der Böhmischen [257] Chronic deß Hagecs / zu lesen. Im Jahr 1357 hat man / im DorffBlow, eine Meile von der Stadt Cadan / in Böhmen /einen Vieh-Hirten begraben: Welcher aber / nach seinem Tode / alle Nächte / aufgestanden / durch die Dörffer gegangen / und die Leute erschreckt / auch mit ihnen nicht anders geredet / als ob er noch am Leben wäre. Wobey es aber nicht geblieben: sintemal er auch etliche derselben erwürget hat: und wer / von ihm / bey Namen / genennet worden / der ist / acht Tage hernach / gestorben. Solches Ubel zu dämpffen; haben die Nachbarn ihm einen Pfahl durch den Leib schlagen lassen: dessen er aber nur gelacht (oder vielmehr sein Gespenst; denn ihm selbsten wird / in der Hellen / nicht viel Lachens zu Mute mehr gewesen seyn) und gesprochen: Ihr meynt / ihr habt mir einen gewaltigen Possen gerissen / indem ihr mir einen Stecken gegeben / womit ich mich desto besser der Hunde erwehren kann.

Folgends haben ihn zween Hencker verbrannt: da er dann die Füsse an sich gezogen / und bald / wie ein Ochs / gebrüllt / bald / wie ein Esel / geschrien. Als der Hencker ihm auch einen Stich in die Seiten gab /floß viel Bluts heraus. Hiemit nahm das Ubel ein Ende.

In dem Böhmischen Städtlein Levin / starb / Anno 1345 / eines Töpffers (oder Hafners) Weib / so man für eine grosse Hexe hielt / plötzlichen Todes / ehe dann man ihr gerichtlich lohnen könnte: und glaubte man / der Satan hette sie gewürgt: weßwegen sie / auf einem Scheidwege / begraben worden. Worauf sie hernach vielen [258] Leuten / in mancherley / und unter andren in Viehes Gestalt / erschienen / auch etliche derselben ums Leben gebracht. Hierauf hat man sie ausgegraben / und erblickt / daß sie ihren Schleyer /unter der Zeit / halb gefressen: welchen man ihr blutig / aus dem Halse / gezogen. Man schlug ihr einen eychenen Pfahl durch die Brust: darauf kam das Blut häuffig heraus geflossen. Nachdem sie aber wieder verscharret worden; riß sie den Pfahl heraus / und ermordete mehr Leute als zuvor. Weßwegen man endlich den teuflischen Schelmen-Balg / mit samt dem Pfahl / verbrannte / und die Asche / samt dem Erdreich / ins Grab streuete. An der Stäte / wo der Körper verbrannt war / hat man / etliche Tage über / einen Würbel-Wind; aber sonst hernach weiter / von ihr /Nichts gesehn / noch einige Ungelegenheit mehr erlitten. 8

Es gedenckt auch Zeilerus, in seinen Trauer-Geschichten: Er habe / zu Eywanschitz in Mähren / im Jahr 1617 und 18 / zu unterschiedlichen Malen / von glaubwürdigen Bürgern deß Orts / erzehlen hören /daß daselbst / vor etlichen Jahren / (nemlich von selbiger Zeit zuruckzurechnen) ein / dem Ansehn nach ehrlicher / Bürger / auf dem Kirchhofe selbiger Stadt beerdigt worden; aber stets / bey der Nacht / aufgestanden sey / und Leute umgebracht habe. Dieser ließ allezeit seinen Sterb-Kittel / bey dem Grabe / ligen: und wann er sich wiederum niderlegte; zoch er denselben wieder an. Es wurden aber einsmals die Wächter /auf dem Kirch-Thurn / gewahr / als er vom Grabe wegging; eilten derhalben hinab / und trugen [259] ihm den Sterb-Kittel hinweg. Da er nun / wieder zum Grabe kommend / seinen Kittel nicht antraff; rieff er ihnen zu / sie sollten ihm den Kittel wiedergeben / oder er wollte ihnen Allen die Hälse brechen. Welches sie auch / in grossem Schrecken / gethan.

Aber nachmals musste der Hencker ihn ausgraben /und zu Stücken zerhauen. Worauf man weiter nichts gespührt. Der Scharffrichter zoch ihm einen langen grossen Schleyer / aus dem Maul / hervor / welchen er seinem Weibe vom Kopff hinweg gefressen hatte. Diesen zeigte der Nachrichter dem umherstehenden Volck / und rieff: Schauet! wie der Schelm so geit zig gewesen! Nachdem er aus dem Grabe genommen war / sagte er; Sie hetten es jetzo wol recht getroffen; sonst / weil sein Weib auch gestorben / und zu ihm gelegt wäre / wollten sie Beyde die halbe Stadt umgebracht haben. 9

Kormannus schreibt / es bezeuge die Erfahrung /daß etliche Todten / in den Begräbnissen / ihre Kleider aufgefressen; und sage man / daß hierauf bald ihre nechste Verwandten sterben. Conradus Schlüsselburg erzehlet dessen 10 unterschiedliche Begebenheiten. Und Hondorff gedenckt / es habe / an Lutherum M. Georgius Rörer geschrieben / daß / in einem Dorff /ein begrabenes Weib / im Grabe / sich selbsten angefangen zu fressen: thut auch hinzu / was Lutherus darauf [260] geantwortet. 11 Massen auch / in den Tisch-Reden Lutheri / dieser Abentheuer gedacht wird. 12

Rollenhagen bringt gleichfalls ein Exempel vor /nebst Bericht / daß man deßwegen dem Verschiedenen / bevor ihm der Mund geschlossen worden / einen Stein / und Pfenning / ins Maul zu stecken pflegen: damit / wann es / im Grabe / anfinge / zu beissen / er einen Stein / und Pfenning vor sich finden / und deß Fressens sich enthalten mögte. Solches soll auch / wie er hinzu thut / vieler Orten (zu seiner Zeit) in Sachsen / geschehen seyn. 13

Um Freyburg herum / hat sich / laut der Freyburgischen Chronic / im Jahr 1552 / auf unterschiedenen Dörffern / dergleichen zugetragen; als / zu Hermsdorff / Dittersbach / und Clausnitz; 14 und / Anno 1553 / in der Schlesien / bey regierender Pestilentz; imgleichen / zu Sangershausen / im Jahr 1565; wie / in dem Anhange der Leich-Predigten M. Heinrich Rots / gefunden wird. 15 Zu Mersburg soll nicht weniger ein Gleiches seyn verspührt worden: massen D. Adamus Röter 16 in seinen Pest-Predigten beglaubt.

Wann nun solches Ungeheuer / nemlich derSchmätzende Todte / vermercket wird; nimt es [261] der gemeine Hauffe / als eine Vorbedeutung / auf / der Sterb werde nicht allein lange anhalten; sondern auch die Leute härter quälen / als sonst: und prophezeyen /der Todte werde die nechsten Anverwandten nachholen.

Damit nun nichts Ubels / wie sie zwar besorgen /weiter daraus entstehe: bemühen sie sich demselben /auf folgende Weise / vorzukommen / und dasselbe /aus dem vermeynten Grunde / zu heben. Sie öffnen das Grab / reissen dem Todten die / von ihm gefressene / Tücher / und Kittel / mit Gewalt / aus dem Maul /stossen hernach dem Schlucker / mit dem Grabscheit /den Kopff ab: der Einbildung / es werde / nachdem solchem Saugen / Schmätzen / Fressen / und Benagen so wol deß Fleisches / als deß Kittels / gesteurt worden / auch der Sterb-Seuche damit gesteurt / und ein Ziel gesteckt seyn.

Was aber solches Schmätzens / Saugens / und Fressens im Grabe eigendliche Ursach wol seyn mögte / und ob solche Verfahrung / mit dem Leichnam / wie allererst erzehlt worden / zu billigen / oder nicht; das gilt Betrachtens.

In der blossen Natur / wird man schwerlich allhie einen Grund finden. Denn daß vielleicht das ThierHiæna (oder Vielfraß) welches sonst gern die Gräber visitirt / und die todten Körper frisst / solches Getöß /und Schmätzen / im Grabe anrichten sollte; wird keine Vernunfft gläuben. Wahr ist es / daß selbiger Vielfraß die Begräbnissen aufgrabe / die todte Leichnam hervor ziehe / und nach seiner Hölen trage: bey welcher man gemeinlich einen grossen Hauffen von Menschen- [262] Beinen / und Aas-Knochen / findet. Weßwegen die Türcken / wie Busbequius schreibt / 17 ihre Begräbnissen / mit schweren Steinen / bedecken: damit ihre Verstorbene / für diesen Thieren / wie auch für Hunden / und Wölffen / desto sicherer ligen mögen. Aber der Vielfraß frisst die Körper / oder Todten-Gerippe / und nicht die Kleider oder Grab-Tücher der Todten. So wird auch nur ein gewisser Theil deß Leibs bißweilen befressen; da hingegen der Vielfraß den gantzen Körper verzehrt. Das Grab bleibt /bey dieser Begebenheit / zugescharrt / und unaufgegraben: der Vielfraß aber muß es erst aufgraben / so er den Todten erreichen will. Und / welches das allermeiste / so geschicht diß seltsame Todten-Schmätzen / in solchen Ländern / darinn gar kein Vielfraß ist.

Eben so schlechten Schein hat es / daß es / Fragens oder Besinnens werth wäre / ob etwan die Nachtvögel Striges, so man sonst Uhu nennet / (wiewol jemaln auch die Hexen dadurch verstanden werden) hieran schuldig seyn sollten. Denn gemeldte Nachtvögel seynd / auch schon bey den Alten / sonst im Geschrey / daß sie so wol den Säuglingen / als den Säug-Ammen selbsten / bey Nacht / die Brüste saugen / imgleichen auch / mit ihren Schnäbeln / die Ziegen melcken / und grossen Appetit zu Menschen-Blut haben. Massen / neben Andren / der alte Poet / Ovidius, dessen / in diesen seinen Versen / Meldung thut:


[263]
Sunt avidæ volucres, non quæ Phinëia mensis
Guttura fraudabant; sed genus inde trahunt.
Grande caput, stantes oculi, nostra apta rapinæ,
Canities pennis, unguibus hamus inest.
Nocte volant, puerosque petunt nutricis egentes,
Et vitiant cunis corpora rapta suis.
Carpere dicuntur lactentia viscera matris,
Et plenum poto sanguine guttur habent.
Est illis Strigibus nomen: sed nominis hujus
Causa, quod horrendâ stridere nocte solent 18

Er will sagen: Es seyen fraß-gierige Vögel; und nicht zwar die Harpyen; sondern ein Geschlecht / so davon herkommt. Der Kopff ist groß: die Augen stehen ihnen weit und starren gleichsam. Der Schnabel ist ihnen / zum Raube / gewachsen. Sie haben graue Federn / und krumme Klauen / mit langen Nägeln. Fliegen / zu Nachts / herum / greiffen die Säuglinge an /raffen sie mit sich fort aus der Wiegen / und verderben sie / indem sie ihnen das Blut auszapffen etc.

Daß es nun dergleichen Vögel / so viel die Gestalt betrifft / gebe; steht nicht zu zweiffeln. Denn es seynd keine andre / als die Nacht-Eulen: aber / daß sie den Ziegen die Milch / und den Unmündlingen das Blut /aussaugen sollten / ist falsch. Welches auch Plinius /bekennet / wenn er schreibt: Er halte für ein Mährlein / daß Striges, oder [264] Nachtvogel / den Kindern die Brüste sollten aussaugen; so wisse man auch nicht / was es für ein Vogel sey. 19

Es mögte leicht / wie Garmannus vermeynt / Jemand einwenden / daß gleichwol bisweilen den Kindern würcklich das Blut also ausgesogen werde. Massen / der berühmte Bartholinus solches / mit diesem Exempel vergewissert. Drey kleine Kinder eines Pristers zu Lykisholm in Fünen welche / in ihrem gewöhnlichen Gemach / beysammen schlieffen; weineten / und schrien ungewöhnlich / und erzeigten sich überaus unruhig: Weil sie fühlten / daß sie / von Jemanden / wurden gleichsam gemelckt / oder ausgesogen. Und als die Eltern solchen kleinen Knaben ihre Brust-Wärtzen (oder Zitzen) besahen / welche / wie einer säugenden Frauen / weit heraus gezogen waren /fand sichs daß der Kinder Argwohn nicht vergeblich wäre. Darum bestrich man ihnen die Brüste / mit bittren Säfften. Hierauf ward ihnen der Nabel so hart ausgesogen / oder hervorgezogen / daß er nicht allein augenscheinlich heraus stund / sondern auch das eingedruckte Merckmal zeigte / dabey man die Grösse deß Mauls / so daran gesogen hatte / gar kenntlich abnehmen kunnte. 20

Die Gewißheit dieser Geschicht lässt man gar gern zu: allein daß solches eine Arbeit bemeldter Nacht-Vögel sey / muß erst erwiesen werden. Wie sollten dieselbe / zu einem versperrtem Zimmer hinein kommen? Man würde ihrer ja ansichtig [265] werden. Darum ist es Hexenwerck gewest / um durch deß hellischen Nacht-Vogels Mitwürckung geschehn.

Man spühret jemaln / daß den Kindern / durch Hülffe des Satans / von den Unholdinnen / die Adern geöffnet seyen / mit der Nadel / oder mit den Nagel /oder auff andre Weise: angesehn / solches / an denen hinterbliebenen kleinen Narben / und Bluts-Tropffen /welche bey den schreyenden Kindern gefunden worden / nach dem die sichtbarlich ihnen erschienene Katzen wieder davon geloffen / und verschwunden /leicht zu erkennen. 21 Also kann gleichfalls auch dieses Aussagen der Kinder / durch die Hexen / geschehn. Wiewol bißweilen auch eine natürliche Ursach dabey Platz findet. Denn Garmannus schreibt /es habe Schwenckfeld solches vorlängst allbereit gemerckt / daß / an den Brust-Wärtzlein der Kleinen /jemaln sich ein weisses Eyter / eräugne / so einer Milch ähnlich sihet / und von den gantz kleinen Blätterlein der Wartzen (oder Zitzen) ausgedruckt wird. Er bestetigt solches auch / mit seinem eignem Anblick: sintemal er Selber in acht genommen / daß auff den Wärtzlein neugeborner Kinder etliche weislechte Tröpfflein gelegen: welche / von den Ammen / nur denen Mägdlein / aber / weiß nicht aus was für Aberglauben / keines Wegs den Knaben / ausgedruckt werden. Wann nun solcher unausgedruckten Feuchtigkeit allzuviel wird; entstehet davon eine Entzündung und solcher Geschwulst / daß man offt nicht anders meynen sollte / als es hette Jemand an der Brust [266] gesogen / und sie gar starck angezogen. Worauff alsdenn den Kindern der Schlaff benommen wird / u. sie jämmerlich weinen. Daher bißweilen der Wund-Artzt dazu kommen / und ein solches Knäblein / von wegen der aberglaubischen Thorheit seiner Ammen / viel leiden muß. Was den Nabel betrifft; kann derselbe /durch Blähungen / und vieles Weinen / hervor getrieben werden. Aber doch thut nicht selten auch der Teufel / durch seine Schuppen / die Truden / den armen Kindern solche Quaal an.

Es ist sonst auch ein fast gemeiner Wahn / unter gemeinen Leuten / daß ein Nacht-Gespenst (welches man / in Sachsen / die Jüdgen nennt /) den Leuten bißweilen das Haar sauge / und mit seinem Speichel ihnen dasselbe / als wie mit einem Leim / zusammen kleistere. Daraus alsdenn / ihrer Meynung nach / dieMahrlocken / oder Mahrenflechten / oder (wie sie andrer Orten benamst werden) die Schrötlings-Zöpffe / entstehen. 22 Wovon der Author einen merckwürdigen Verlauff / so in seiner Nachbarschafft / vor wenig Jahren / vorgegangen / erzehlt. Daselbst kam eine Magd in Verdacht / als ob sie schwangres Leibs wäre: Und nachdem ungefähr ein erträncktes Kind angetroffen worden / ging das Gerücht / sie hette ihre Leibs-Bürde heimlich abgelegt / und erstickt /oder ertränckt. Als solches dem Richter zuschallet /wird sie gefänglich eingezogen / und wegen beharrlicher Ableugnung / von den Ammen besichtigt. Welche nach Uberlegung der Sachen / einhällig dahin stimmen / sie habe heimlich geboren; zumal weil ihre Brüste Milch gaben. Jedermann [267] hielt sie nun für gnugsam überwiesen / und für eine Kinds-Verthunerinn: allein sie fand / bey einer so verzweifelten Sache / doch eine Ausflucht; vorwendend / sie hette die Jüdgen / welche / durch nächtliches Brüste-sau gen / die Milch zu wege brächten; zeigte auch zugleich einen Mahr-Locken / an ihrem Kopffe. Man brachte sie dennoch an die Folter: aber / weil sie / auff ihrem Vorwand / steiff und fest bestund / ward sie endlich loßgesprochen.

Wie bey solchen Mahrlocken / und Verstopffung der weiblichen Monat-Rosen / gar wol sich / in den Brüsten / eine Milch-ähnliche Feuchtigkeit sammlen möge / ist den Medicis / vor Alters / schon bekannt gewest; aber damit / im wenigsten / dem Wahn / als ob das saugen und schmätzen der Todten / entweder mit den Mahrflechten / oder mit dem saugen oberwehnter Nacht-Vögel / einige Gemeinschafft hette /nicht geholffen.

Ich halte dafür / die Einbildung von den Strigibus, oder Milch-aussaugenden Nacht-Vögeln / sey den Alten daraus entstanden / daß die Hexen bißweilen den Kindern also zugesetzt / und zwar villeicht in Gestalt gewisser Raub-Vögel: oder weil / vorerzehlter natürlicher Weise / auff den Wärtzlein der Kinder sich ein solches überflüssiges Milch-weisses Naß gefunden. Und kann seyn / daß / indem die Kinder hievon Schmertzen erlitten / etwan bißweilen eine Uhu /oder Nacht-Eule / zu Nachts hinbey geflogen: angemerckt / diese Nachtvögel gern / um deß Unschlitts willen / dem Licht / und andren Sachen / so ihnen zur Speise dienlich / nachtrachten. Daraus sie vermutlich[268] geschlossen / es müsste keine Nacht-Eule / (weil sie von dieser solches nicht vermuten) sondern ein sonderbares Geschlecht andrer Nachtvögel seyn.

Gesetzt aber / es wäre diß alte Mährlein eine Warheit; so würden solche Nachtvögel doch nur leise saugen / und mit keinem schmätzen / wie das saugen deß Todten / in den Gräbern / geschicht. Sie würden auch nur die Zitzen / und keine Todten-Kleider / noch das nechste Fleisch um den Hals herum / absaugen / noch etwas abnagen / herab beissen / oder das Fleisch deß Leichnams abfressen: Sie würden die Lebendigen /und nicht die Todten; die so / über der Erden / und nicht diejenige / so unter der Erden seynd / verletzen.

Was die Herren Ebræer / von der Schlangen Azazel / fabuliren / daß dieselbe den Menschen-Körper / in der Erden / nage / und verzehre; imgleichen von einer gewissen Maus / welche den Leib / so bald derselbe nur der Erden einverleibt worden / alsofort anhebe /so grausamlich zu beissen / daß er drüber laut schreyen müsse; lassen wir ihnen / für einen bekandten Jüden-Schnitt / unaufgehalten passiren / und die Feder / mit mehrer Erörterung solches Geschwätzes / unbemüht. Keines bessern Werths ist fast das Mährlein deß gemeinen Pöfels: welches den Todtengräbern hierinn die Schuld zueignet / mit dem Vorgeben /wann dieselbe den Todten auffs Angesicht / das ist /mit dem Antlitz unter sich legen / oder ihm Haare in den Mund thun / und keinen Erdkloß unters Kinn legen / so werde ein solches Spiel draus.

[269] Pausanias / wiewol ein Heide / zielet doch viel besser und etwas näher; wenn er schreibt man habe / von den Priestern zu Delphis / die Nachricht empfangen /ein sonderbarer Teufel / der lange und ausstehende Zähne / einen schwärtzlich blassen und Todtfarbnen /abscheulichen Körper habe / und mit einem Fuchs-Balge umkleidet sey / fresse und verzehre den Todten dermassen das Fleisch von Leibe / daß ihnen kaum /die blosse Gebeine übrig bleiben. Hie hat der Satan /von sich selbsten / einige Warheit / doch mit Lügen vermengte / gesagt.

Beym Saxone Grammatico / lieset man eine abentheuerliche Erzehlung / dieses Inhalts. Assuit / und Asmund / zween vertrauteste aber heidnische Freunde / verschwuren sich gegen einander / welcher von ihnen Beyden den Andern überlebte / der sollte sich mit dem Andren / lebendig begraben lassen. Nachdem hernach Assuit / an einer Kranckheit / gestorben; hat den Asmund seine Freundschafft / und eydliche Verbindung / (die er aber nicht schuldig gewest wäre / zu halten / als einen Selbst-Mord) bewogen / sich / in eine grosse Höle / oder weite Grube / darein man den Leichnam seines verblichnen Freunds / mit einem Hunde und Pferde / gebracht hatte / versperren zu lassen. Wiewol er ziemlichviel Speise zuvor mit sich hinein genommen; auff daß er / eine lange Zeit /davon zu leben hette. Endlich marschirt daselbst einsmals König Erich / mit dem Kriegsheer / vorbey / und / weil er vermutet / es lige allda ein Schatz vergraben / lässt er die Grab-Höle deß Assuits öffnen / den Asmund heraus / und wieder ans Tages-Licht führen. Welcher / im [270] Angesicht gar wühst und häßlich / sahe / mit Eyter und Blut überflossen. Denn Assuit war /bey Nachtzeiten / wieder lebendig worden / hatte / mit dem Asmund / gerungen / und ihm das lincke Ohr herab gerissen. Gestaltsam dieser / als der König ihn gefragt / woher er die Wunde bekommen? dieses /was / in folgenden lateinischen Zeilen enthalten / in alt-Gothischer Sprache / zur Antwort gegeben:


Quid stupetis, qui relictum me colore cernitis?
Obsolescit nempe vivus omnis inter mortuos.
Nescio, quo Stygii numinis ausu
Missus ab inferis spiritus Assuiti
Sævis alipedem dentibus edit,
Infandoque canem præbuit ori.
Nec contentus equi vel canis esu,
Mox in me rapidos transtulit ungues,
Discissaque genâ sustulit aurem.
Hinc laceri vultus horret imago,
Emicat inque fero vulnere sanguis.
Haud impunè tamen monstrifer egit:
Nam ferro secui mox caput ejus,
Perfodique nocens stipite corpus.
Welches ich / dem Teutschen Leser zu Gefallen / in teutsche Reimen hiemit versetze:
Was steht ihr so entsetzt / daß ich so mißgefärbet /
Vor euren Augen / bin: Wer seinen Auffenthalt
[271] Lebendig hat bey dem / den die Verwesung kerbet;
Der wird so greulich wühst / so blaß und ungestalt.
Assuitens Geist ist aus dem Schatten-Schlund' erlassen;
Was für ein Höllen-Götz' es auch verschaffet hat:
Er kam herauff! Sein Maul / und grimme Zähne frassen
Das Roß / und auch den Hund. Wo doch damit nicht satt:
Er warff / gleich einem Wolf' / auch mir die scharffe Klauen
Ins Angesicht. Er riß die Backen mir entzwey /
Und nahm mir auch das Ohr: davon ist hier zu schauen
Mein Antlitz so zerritzt / und eurer Augen Scheu /
So wundt / so voller Blut! Doch ging diß ungenossen
Dem Ungeheur nicht hin: Ich griff darauff zum Schwert /
Und spaltet' ihm den Kopff: den Leib hab' ich durchstossen /
Mit einen Pfahl; den Leib / der meinen hat versehrt.

Diese Abentheuer / so Kornmannus / aus dem Saxone Grammatico erzehlt / ich auch selbst / vor diesem / bey selbigem Historico / gelesen / scheinet zwar etlichen Umständen nach / einer Fabel [272] gleich; und doch gleichwol vielleicht / in etlichen Stücken / etwas daran zu seyn; nemlich so viel / daß man deß Asmunds / oder eines andren Verstorbnen todten Körper / bald nach dessen Beysetzung und noch vor der Verwesung / wieder gefunden / von einem unterirdischem Grab-Gespenste / auf obbeschriebene Art / übel zugerichtet. Wozu man hernach etwas Mehrers getichtet. Es dörffte aber auch wol würcklich geschehen seyn /daß Asmund / zu dem Assuit / sich lebendig versperrt habe: Denn die alte Nord-Völcker haben / theils aus Ruhmsucht / theils aus vermeynter Treu / und Pflicht /viel seltsames Dinges unternommen; und daß man einige Zeit hernach / da er unterdessen von den bey sich habenden Speisen gelebt / auch vielleicht durch verborgene Ritzen etwas Luffts genossen / ihn / aus Vermutung eines Schatzes / wieder hervor gebracht; oder daß er / gar bald wieder heraus genommen / inzwischen aber / unter der Erden / vom Gespenste / auf vernommene Weise / tractirt sey (denn der Geist deß Unglaubens ist mächtig / über die Kinder deß Unglaubens) oder auch / daß / nachdem er vorlängst erstickt war / der Teufel / in seiner Gestalt / nemlich mit dem todten Leichnam deß Asmunds umgeben / dem König Erich / also erschienen wäre.

Wiewol nun dieses lauter Ungewißheit ist / und keinen rechten Grund hat / folgends auch keines rechten Schlusses fähig: spühret man doch so viel daraus /daß schon damals / der schmätzende Tod wo nicht dem Namen / doch der Würckung nach / unter den Heiden / bekandt und ruchbar gewesen: anderst würden sie / im fall dieses Vorgeben / von [273] dem Assuit und Asmund / gleich ein pur lauteres Mährlein wäre /solchen Umstand nicht leicht dazu getichtet haben /nemlich daß dem Asmund das Ohr / im Grabe / abgefressen worden / und er deßwegen dem Leichnam deß Fressers einen Pfahl / durch den Leib / getrieben haben. Denn daraus geht die starcke Mutmassung / es sey dieses Mittel / das schmätzen und fressen deß Todten zu stillen / bey den alten Heiden schon üblich gewest.

Unterdessen hat man im geringsten nicht zu zweifeln / daß solches saugen / schmätzen / und fressen deß Todten / anders nichts als deß Teufels Gauckeley / oder / wie es Lutherus nennet / deß Teufels Gespenst / Betriegerey / und Boßheit: welcher / unter deß Begrabenen Person / ein solches Schmätzen / lecken / und beissen / im Grabe / verübt.

Gleichwie nun dieser boßhaffte Geist / fürnehmlich / bey Pest-Läufften / da er GOttes Scharffrichter ist /grosse Gewalt hat: also kann er / auf Gottes Verhengniß / nicht allein eine Pestilentz / so über den gantzen Erdboden sich ausbreitet / erregen; sondern ist auch als ein rechter Verderber / und Würg-Engel / bemüht /durch mancherley Schreck-Possen / zum Untergange menschliches Geschlechts / solches Verderben zu erweitern / und fortzusetzen.

Besagter Garmannus vermutet auch nicht ohne Vernunfft / daß solches Spiel eben so wol bißweilen /von den Zauberern und Hexen / angerichtet werden könne. Denn man findet / in den Geschichten / daß sie sehr / nach dem Fleisch der Abgestorbenen / trachten /solches für ihre delicateste Speise halten; und um sothaner Lecker-Bißlein [274] desto unverhinderter zu geniessen / sich gern in Hunde / oder Wölffe / (dem äusserlichen Ansehn / und ihrer Einbildung nach /) verwandeln; deßwegen auch zu Nachts / um die Gräber herum streichen / und so gar derer / am Hoch-Gericht henckenden Körper nicht schonen. Das Blut der zarten Kinder schmeckt ihnen / für den besten Wein; und das Fleisch derselben / für die köstlichste Torten /oder Pasteten. Wiewol sie / nicht alle Mal / um Essens / oder Trinckens / willen / sondern auch / zu ihrem zaubrischen Mord-Gifft / und andrem Hexen-Werck / desselbigen begehren. Gestaltsam sie deßwegen / ihrer Hexen-Salbe / offt das Fett von einem Knaben / und so viel Menschen-Bluts / als sie bekommen können / einmischen.

Mit Verwundrung habe ich gelesen / daß ein / sonst gar gelehrter / Mann dieses hat einer Synpathiæ / zwischen den Lebendigen und Todten / zugeschrieben. Und soll / seines Berichts / das fressen und schmätzen deß Todten sich alsdenn veranlassen / wann dem Verstorbenen der Daum nicht aus der Hand gethan / noch das Maul ihm allerdings frey und unverdeckt gelassen worden (gestaltsam solches nothwendig geschehen /und der Todten-Gräber allezeit schweren musse / daß er solches wolle in acht nehmen: denn sonst stecke der Verstorbene die noch lebende Blutsverwandten / und das gantze Geschlecht / an: Dessen sey dieses ein Zeichen / daß / wenn man den Todten ein leinen Tuch ums Maul gelegt / er dasselbe hernach zu käuen / und fressen pflege: massen solches die Vorüber-gehenden / wie bekandt / nicht ohn Auffsteigung der Haare /bisweilen hören. Er erzehlet dabey / es [275] habe vor nicht vielen Jahren / eine alte Vettel / an einem Leichnam solches zu thun / sich vorgenommen (nemlich demselben den Mund zu verdecken / oder das Tuch ihm ins Maul zu stecken: aber / auff Gottes Eingebung / sey es geschehen / daß man den todten Körper / vor der Begräbniß / noch einmal vorher besichtigt / und in dem Munde das Tuch erblickt hat; worüber das lose Weib / weil ihr Vorhaben drüber ans Licht gebrochen / zu gerichtlicher Straffe gezogen worden.

Vorerwehnter Author vermeynt / es stecke eine natürliche Ursach darunter / die auf einer Synpathia gegründet sey; so viel dieses nemlich betrifft / daß Andre dadurch angesteckt werden: und zwischen dem Leichnam und dem Tuch / setze es eine Antipathie; daher der Verstorbene nicht leide / daß ihm das Maul / mit Kleidern / oder Tüchern / verstopffet werde. Wem dieses ungereimt vorkommt / spricht er / der solle was bessers vorbringen: Denn Fridericus Garmannus habe es / in seiner Schrifft de Miraculis Mortuorum, noch nicht gethan.

Aber Garmannus hat freylich eine weit bessere Antwort drauf gegeben; indem er / nebst vielen fürnehmen Theologis, es der Gauckeley deß Satans /oder einer Hexerey / zugeschrieben. Denn solches lässt sich viel gewisser vermuten / als dieses / daß /zwischen dem Tuch und dem Leichnam / eine Synpathia sey. Warum sollte die Synpathia nur eben alsdenn sich regen / wenn das Tuch im Maul steckt / und nicht eben so wol wenn es sonst nur dem Todten um den Hals ligt? Und wie wird [276] der Author 23 beweisen / daß allen solchen Leichen / die / nach ihrer Einscharrung /geschmätzt / vorhero / ehe sie zu Grabe gebracht worden / das Tuch im Maul gesteckt? Wie wird er doch immermehr einen Vernünfftigen überreden / daß einige Synpathia / einem Todten solche starcke Bewegung mache / die ihm die Zähne zum beissen / das Maul und den Rachen / zum nagen / fressen / und verschlingen eines Tuchs errege? ja die ein solches starckes und lautes Schmätzen erwecke / welches auch /über der Erden / von den Lebendigen gehört werde? Was man / solches zu bescheinigen / von dem Bluten der Erschlagenen bey Gegenstellung deß Mörders /vorbringet / ist viel ein anders / und hiemit unvergleichlich / dazu auch nicht beweißlich / daß solches aus einer Antipathia / herkomme: wie ich anderswo mit mehrerm / dargethan.

Hie dörffte Mancher anstehn / ob den Zauberern auch wol möglichfallen sollte / ohne merckliche Versehrung der Brgräbnissen / solches ins Werck zu ziehen? Aber es ist / ohne Zweiffel / daß sie nicht nur /im Grabe / ohne äusserliche Versehrung desselben /ein Getöß zu wege bringen / sondern auch garwol ein Stücklein Fleisches / ob schon das Grab nicht mercklich eröffnet wird / durch ihre Teufels-Kunst / von dannen heraus practiciren können. Wem dieses unnatürlich / und derhalben unmöglich scheint / der betrachte / daß sie einen unnatürlichen Meister und Helffer bey sich haben / der sie ja so leicht / in ein verschlossenes und zugescharrtes Grab / als wie in einen versperrten Weinkeller / und wieder [277] der heraus bringen kann. Denn daß Viele meynen / der Satan bilde ihnens nur / im Traum / oder in einer Entzuckung / so ein / als ob sie da / und dort / in einen Weinkeller führen / ist keine durchgehende Gewißheit: weil man unbetriegliche Merckzeichen hat / daß sie nicht allezeit nur in der Einbildung / sondern vielmals auch in der That / hinein fahren: ob sie gleich dennoch mehrmals / vom Satan / dabey geblendet werden / als ob sie würcklich daselbst / frässen und söffen; da er ihnen doch unterdessen entweder gar nichts / oder nur Aas / Kot / Kröten / Frösche / und dergleichen Ungeziefer / verschafft / welches sie für niedliche Speisen ansehn: nemlich wann keine Göttliche Zulassung da ist / dem Wirth deß Weinkellers würcklich etwas auszusauffen. Denn wann der Teufel keine Macht findet / ihnen ein rechtes Getränck / und natürliche Speise / zu verschaffen; giebt er / als ein stoltzer Geist / der nicht gern für einen so ohnmächtigen Teufel angesehn seyn mag / welcher über eines Christen Haab' und Gut / ohne Göttliche Verstattung /keine Macht habe / und demselben keinen Kreutzer /keinen Tropffen / kein Brösamlein / entwenden dörffte / sich doch ungern so bloß / daß seine Kreaturen mercken / wie genau ihm seine Gewalt / von dem Allgewaltigen / beschnitten / wie wenig Vermögens er habe / ohn dessen Erlaubniß den Seinigen das geringste Bißlein zu zuwenden / und kurtz zu sagen / was für ein armer Teufel er sey. Solches sein Unvermögen nun zu bedecken und zu verlarven / und eines Theils auch / aus teufflisch-feindseliger Lust / die betrogene Menschen möglichst zu äffen / setzt er ihnen allerley Greuel in die Stelle / würtzet dieselbe mit Verblendung / [278] falscher Einbildung / blauen Dünsten / und Bethörung so wol der Augen / als deß Geschmacks: Oder speiset und träncket sie / mit blossem Betruge /und krieglichem Beduncken: also / daß sie sich bey ihrer Heimkehr / viel hungriger und durstiger befinden / als zuvor. Doch hat man die Gewißheit / daß diß Geschmeiß bißweilen gleichwol auch würcklich die Wein- und Bier-Fässer bediebe / würcklich den Kühen die Milch raube.

Wann sie dann also warhafftiglich bißweilen / in versperrte Gemächer fahren (die ihnen aber der Satan / als ein Tausend-Künstler / der keines Schlössers /noch Zimmermanns / bedarff / unvermerckter und unsichtbarer Weise / behänd auff- und zusperret) warum nicht eben so leicht / in die / ihnen von ihm wunder-schnell und ungemerckt auffgethane Gräber?

Doch ist mir nicht entgegen / so Jemand spricht / er bilde ihnen vielmals auch dieses nur also ein / daß sie hinab in die Begräbnissen fahren / verrichte indessen das Fressen und saugen an ihrer Stat: denn dadurch wird ihre jemals-persönliche Hinabkunfft zu dem todten Körper nicht umgestossen / noch zu einem eitlen Wahn gemacht.

Was verüben sie nicht offt / an den Lebendigen? Kommen sie nicht offt / zu den Sechswöchnerinnen unvermerckt / und bemühen sich / ihnen das Kind zu stehlen? Bringen sie nicht bißweilen / nur mit äusserlicher Anrührung / die Kinder in Mutterleibe um?Condronchius bewehrt diß letzte / mit dem Exempel an einer Edelfrauen / welcher eine Trude den Leib nur angerührt / und damit die [279] Frucht / in ihrem Leibe / getödtet hat / also daß dieselbe hernach Stückweise ihr abgegangen. 24

Zu mehrer Bestetigung dieses / zeucht offt-angezogner Author auch / das wunderliche Hertzfressen der Persisch- und Arabischen Hexen an / aus dem de la Valle: welches / weil mir solche Erzehlung dieses berühmten und weitgereisten Italiäners bekandt / wir von demselben selbsten / allhie völlig vernehmen wollen. Er schreibt davon also / wie folget.

Es ward eine alte Araberinn / Namens Meluk, gefänglich (zu Combru) eingezogen / welche der Hexerey beschüldiget worden / und daß sie einen Jüngling / von Ormus gebürtig / welcher für diesem ein Christ gewest / zu Combru aber erst neulich ein Mahometaner worden / bezaubert / oder wie sie es insgemein nennen / sein Hertz gefressen habe. Welches sie / aus Rachgier gethan: weil dieser Jüngling / mit ihrer Töchter einer / ein Zeitlang in Unzucht gelebt / dieselbe aber hernach /aus weiß nicht was für Ursachen / verlassen. Gestalt dann dieser Jüngling / welcher sich in einem jämmerlichen Zustande / und in Gefahr seines Lebens befand / selbst einer von den Anklägern gewesen.

Diese Gattung der Zauberey / welche / von den Indianern / das Hertz der Menschen fressen / genennet wird / und sonder Zweifel nichts anders ist / als was wir bezaubern nennen / welches / durch der Hexen böses und [280] schädliches Anschauen / geschicht / daß offtmals der Tod drauf erfolget / ist nichts neues / noch anderswo unerhörtes; dieweil vor Alters / beydes in Sclavonien / als in dem Lande der Triballier / dergleichen Leute viel zu finden gewest / wie bey Abrahamo Ortelio zu lesen / welcher es / seiner eigenen Bekenntniß nach /aus dem Plinio genommen; der / aus deß Isigoni Bericht / erzehlet / daß diese Art der Zauberey so wol bey diesen / als vielen andern Völckern / üblich gestraft sey. Wie dann dieselbige noch / biß auf den heutigen Tag / in diesen Ländern / insonderheit aber bey den Arabern / welche an diesem Persischem Meerbusem / an dessen Westlichem Ufer / wohnen / sehr gemein ist.

Was die Art derselben betrifft / so geschicht sie / durch die Augen / und den Mund: indem die Zauberinnen denjenigen / dessen Hertz sie fressen wollen / eine gute Weile / mir unverwendeten Augen / ansehen / und etliche gewisse teuflische Worte heimlich bey sich brummeln: Womit sie /Krafft solcher Bezauberung / und deß bösen Geistes Mitwürckung / so viel zuwege bringen / daß dieselbe Person / ob sie schon frisch und gesund ist / in einem Augenblick / in eine unbekandte /und unheilsame Kranckheit fällt / wodurch sie /wie ein Schwindsüchtiger in kurtzer Zeit dergestalt wird auszehrt / daß sie endlich davon sterben muß. Und diese ihre Würckung thun sie bißweilen dermassen [281] geschwinde / daß ein Mensch /wann sie sein Hertz / wie sie zu reden pflegen /gantz aufgefressen / (dann sie können es / nach ihrer Kunst / entweder gantz / oder nur zum Theil verzehren / und machen / daß ein Mensch gantz und gar / oder nur halb / und entweder bald / oder nach und nach / ausdorret) zum offtern / in wenig Tagen / seinen Geist aufgeben muß.

Die Einwohner nennen aber darum diese Art der Zauberey / das Hertz fressen; weil sie in der Meynung seynd / der Teufel verblende der Hexen Augen dergestalt / daß sie vermeynen / deß Bezauberten Hertz und Eingeweide gehe / in Krafft ihrer Zauberey-Worte unsichtbarer Weise / von seinem Leibe / heraus / und sie esse dasselbe; woran sie dann / wie sie vorgeben / einen über alle Massen angenehmen Geschmack empfinden / so gar / daß sie offtmals / ohne allen vorhergehenden Haß und Feindschafft / unschuldige Personen / ja ihre nechste Blutsfreunde / auf solche Weise / tödten. Wie man dann / von dieser gefangenen Hexen / ausgeben / daß sie / vor etlichen Jahren / ihre eigene Tochter / auf solche Art / hingerichtet habe.

Dieses alles geschicht / wie sie sagen / weil sie ihre Lust hierzu antreibt / daß sie das Hertz einer Person / als eine / ihnen sehr angenehme / Speise /ohne Ansehung einiger Freund- oder Verwandtschafft / fressen [282] müssen / und sich dessen nicht enthalten können.

Solchen verfluchten Leuten nun / gibt der Teufel solche Personen in den Sinn / über welche er /wegen ihrer schweren begangenen Sünden / grosse Macht bekommen hat. Und daß dem also sey /daß der Teufel / in dergleichen Fall / diesen Unholden den Lust / zu einer solchen Speise / einge be; nimt della Valle, von einer gleichmässigen Geschicht / ab; welche / von einem Augustiner-München aus Portugall / und glaubwürdigen frommen Mann / so / zu seiner Zeit / Prior ihres Convents /in Hispahan, gewest / erzehlet worden ist. Dieser sagte ihm / daß einsmals / an einem / den Portugisen zuständigem / Ort / an den Grentzen deß fruchtbaren Arabiens / ein Araber / um dergleichen Verbrechen willen / gefangen worden / den der Capitain / oder Stathalter dieses Orts / ehe er ihn hinrichten lassen / um sich der Warheit dieses Zauber-Wercks / welches / in diesem Lande / für so gewiß gehalten wird / zu erkündigen / als er vor ihn gebracht worden / gefragt / Ob er das Inwendige aus einer Cucummern / ohne Oeffnung derselben / herausnehmen könnte: Welches der Zauberer / mit Ja / beantwortet hat. Als er nun einen Cucummern bringen lassen / und der Zauberer / in deß Capitains Gegenwart / denselben /eine Zeitlang / steiff angesehen / und seine Zauber-Worte heimlich gesprochen / hat er endlich gesagt / er habe ihn [283] gantz und gar verzehrt: Nachdem man nun die Cucummer aufgeschnitten / wäre dieselbe, inwendig gang leer gewest.

Dieses ist nichts unmögliches: weil der Satan /dessen Hülffe sich die Zauberer bedienen / aus GOttes Verhengniß / grosse Macht über die unsre Geschöpffe hat / solches und noch ein Mehrers /ausser allem Zweifel / thun kann: So sey auch kein Wunder / daß er an den Menschen / welche vernünfftige / und von Natur so edle Geschöpffe seynd / dergleichen Wirkungen zuwege bringen könne / alldieweil es gar leicht geschehen könne /daß / wo nicht die Seele / wegen ihrer Vortrefflichkeit / jedoch zum wenigsten der Leib / als der unedlere Theil / dergleichen Wirckungen deß Satans unterwürffig werde. Welches della Valle nicht allein von den Unglaubigen / die / in gewisser Masse / schon sein sind; sondern auch / von den Christen / verstehet / wann sie / in offendlichen Sünden / leben; dahero der Teufel Macht über sie bekommt; oder aber / wann es ihm GOtt / aus verborgenen Ursachen / über fromme und gottsfürchtige Leute verhenget.

Hierbey erzehlte dem Author dieser Pater ferner / daß / als ein solcher Zauberer (ob es eben dieser / oder ein andrer gewest / den man / um dergleichen Verbrechen willen / eingezogen / weiß der Author nicht) gefragt worden / Ob er das Hertz deß Portugisischen Capiteins essen könne: Er geantwortet / [284] Nein; und darbey gesagt / daß die Francken (worunter er alle Europœische Christen verstund; weil dieser Nam denselben /ohne Unterschied / in Orient gegeben wird) etwas in der Brust hetten / welches sie wie ein starcker Harnisch beschützte / und dermassen hart sey /daß die Zauberey keines wegs durchdringen könne. Dieses kann / (wie der Author gar recht urtheilet) ausser allem Zweifel / nichts anders seyn / als die Krafft der heiligen Tauffe / welche die Rüstung deß Glaubens / und die Freyheit der Kinder der Kirchen ist / wider welche die Pforten der Hellen nichts vermögen.

Die zu Combru gefänglich-eingezogene Zauberinn hat anfänglich gantz nichts bekennen wollen: als man ihr aber mit dem Tode gedrauet / und sie zu dem Ende auf den Platz / allwo della Valle sie gesehen / samt dem bezauberten Jünglinge / führete / gestund sie zwar die That nicht: jedoch sagte / daß sie ihm / wann man ihr zulassen würde / allein bey ihm in seinem Hause zu seyn /vielleicht wieder zu seiner Gesundheit helffen könnte. Womit sie dann bekannte / daß sie eine Hexe wäre.

Man hält es aber / in diesen Ländern / für gewiß / daß diesen Leuten / wann es mit ihnen nicht aufs äusserste kommen / wieder könne geholffen werden. Unter denen vielfältigen Weisen aber / sie wieder gesund zu machen / ist dieses eine / daß die Zauberinn [285] etwas kleines / wie ein Körnlein von einem Granat-Apffel ausspeyet. Welches dann der bezauberten Person Hertz seyn soll. Wann nun der Krancke diees Ausgespeyete /als ein Stück seines Eingeweids / begierig in sich schlucket: so kommt / auf solche Art / das Hertz /ihrem Wahn nach / wieder in seinen Leib / und wird derselbe nach und nach wieder gesund.

Man sagte dem della Valle noch weiter / daß die Zauberinnen / wann sie bißweilen das Hertz gantz und gar aufgezehrt / (welches vielleicht der natürliche Lebens-Safft ist) oder derselbe gekocht aufgefressen / den Bezauberten nicht wieder gesund machen könnten. Weil aber della Valle dieses selbst nicht gesehen / und weil es unnatürlich zugehet / so ist er der Meynung / daß es nicht würcklich / sondern durch deß Teufels Verblendung / geschehe: und wann es wahr ist / daß diese Krancken wieder gesund werden / so geschicht solches darum / weil der Teufel aufhöret diese Leute zu peinigen / und ihre Leiber zu verzehren.

Nachdem nun die Zauberinn Hoffnung gegeben / diesem Jünglinge wieder zu helffen / haben die Mahometische Amtleute ihr versprochen / wann sie solches thun würde / daß ihr kein Leid widerfahren solle. Worauf sie dieselbe / ihrem Begehren nach / in ihre Häuser / so nicht weit voneinander gewest / haben gehen / jedoch die Hexe /durch einen [286] Stadt-Diener / damit sie nicht entflie hen mögte / verwahren lassen. 25

Ich muß aber bekennen / daß diese Beweisthümer /so von der Anrührung schwangerer Weiber / und von dem so genanntem Hertz-fressen / genommen worden / uns hiebey weiter nicht nutzen können / als nur theils zur Befestigung dessen / was oben gesagt ist /nemlich von der Zauberer / und Unholden Begierlichkeit nach Menschen-Blut und Fleisch. (Denn ob gleich die Arabische Unholden dem Menschen das Hertz nicht würcklich fressen; kommet ihnen doch solche Einbildung so süß vor / als ob sie es mündlich genössen.) Theils aber / zur Bestetigung dessen / daß / weil sie / durch blosses auswendiges Anrühren mütterlichen Leibes / die inwendige Frucht desselben zerstücken können / auch nicht unglaublich scheine / daß sie ebenfalls / durch Würckung deß bösen Feinds / zu den Todten hinab kommen / ohne sichtbare Eröffnung deß Grabes / und daselbst / von dem Leichnam / ein Stück Fleisches rauben können.

Viel-erwehnter Garmannus vermeynt / daß / was solche Hertz-Auszehrung belangt / solches bißweilen auch wol natürliche Ursachen thun könnten; als / zum Exempel / der subtil-durchdringende Wetter-Strahl: welcher denen / so damit betroffen werden / alles Eingeweide verzehrt / und sie alsofort tödtet. Allein / wie dieses Exempel sich beweislich dazu füge / kann ich nicht wol fassen: Denn der Blitz-Strahl verzehrt dem Menschen kein [287] Eingeweide / er fahre ihm denn würcklich in den Leib / oder auch wol gar durch hin: Welches aber der Arabischen Unholdinn ihr Aug-Strahl / und steifer Anblick / nimmermehr thun kann. Gleichwie auch ihre blosse Anrührung / durch keinen schwangeren Leib / zur Frucht hinein / dringen kann; woferrn es nicht etwan / durch eine Antipathiam, geschähe) Sondern der Satan verpflantzet die schädliche Würckung unnatürlich selbst hinein / in das Inwendige deß Menschens; und erfordert die anrührende Hand / oder Anblicke der Hexen / nur darum dazu / daß er ihr einbilde / sie thue es selbst / in Krafft der grossen Kunst / und Gaben / so er ihr verliehen; auf daß sie /an dergleichen Mord-Stücken / desto grössere Ergetzung habe / auch um so vielmehr darauf erhitzet werde. Wiewol auch diese Ursach dabey ist / daß er /für sich allein / ohne Einwilligung und Geheiß eines so bösen Menschens / keinen Menschen also umbringen darff; auch deßwegen gern einige Zuthuung / oder äusserliches Zeichen solcher Verrichtung / von den Unholden / erfordert / daß sie deß Mords ja so vollkömmlich sich schuldig machen mögen / als ob sie denselben / mit eigenen Fäusten / vollenbracht / und ihn gar nicht / zum Executorn / gebraucht hetten: damit sie nemlich desto tieffer / und fester in seinen Stricken / bleiben / und am jüngsten Gericht desto härter verdammt werden. Denn sonst brauchte er Ihrer dazu gar nicht.

Diesem nach kann die Befress- und Abzehrung der begrabenen Todten gar wol auch bißweilen mittel-und unmittelbar / von den Hexen / und Zauberern /geschehen; wie dick-besagter Garmannus [288] nicht unfüglich erachtet. Doch aber thut es vermutlich der Satan / am öfftersten / selber / und zwar unmittelbar; bevorab was das Gefräß der Kleider betrifft. Denn eine Hexe mag zwar wol das Fleisch eines todten Leichnams; aber nicht die Leich-Kleider desselben /fressen.

Hie mögte man billig sich verwundern / warum ein so verschmitzter Geist solche alberne Gauckel-Possen treibe / und nicht vielmehr unterdessen / auf andre Rencke / sinne / womit er die Menschen überlisten und fahen könnte?

Aber man muß betrachten / daß dieser schädliche Menschen-Verderber seine allerschlauheste List offt /mit dem allereinfältigstem Schein / von aussen verlarve / und keine / unter allen seinen Bübereyen / so lächerlich sey / oder so albern und tölpisch scheine /darunter er nicht unsre Threnen suche / und einen betrübten Hinterhalt verdecke.

Die Schrifft-Verständige sagen / sein Zweck bestehe / in diesen Stücken: Erstlich / daß er die Leute / so zum Argwohn und Aberglauben geneigt / würcklich dazu bewege / diejenige aber / welche vorhin im Aberglauben stecken / darinn desto fester und tieffer wurtzeln mache. 26 Und daher vermuten Etliche / der Teufel erwecke solchen Schall nicht in den Gräbern der Todten; sondern / in den Ohren der Abergläubigen. 27 Welches aber keine Gewißheit: sintemal offtermeldter Garmannus, zu Mersburg / im Grabe eines Schusters / selbst auch ein starckes Klopffen gehört /und doch nicht [289] abergläubisch ist. Wie denn auch sonst viel Leute / die gar nicht abergläubig sind /noch darum abergläubig werden / dergleichen hören. Ich selbst habe mehr / denn einmal / ein Gespenst rumoren / oder klingen / gehört / und nebst mir andre Personen mehr; ohnangesehn / Keiner von uns abergläubig war / noch / GOtt Lob! drüber worden ist. Und wann der Satan würcklich die Kleider der Todten zerfrisst (oder hinweg parthirt) warum sollte er nicht auch würcklich / im Grabe / klopffen / oder schmätzen?

Unterdessen bleibt dennoch / an seiner Seiten / dieses der Zweck / daß er versucht / ob er damit die Leute / zum Aberglauben / verleiten / und in solche Sicherheit verführen konnte / daß sie / von dem Vertrauen auf die Göttliche Fürsehung abweichen / und /zu den Gräbern der Todten / verleitet werden mögten: damit sie nemlich in den Wahn gerahten / als ob nicht der / durch ihre Sünden gereitzte / Zorn GOttes; sondern die / also fressende und schmätzende / Todten eine Ursach deß so häuffigen und starcken Sterbens wäre. Massen also die Tübingische Theologi 28 hievon gar recht urtheilen. Wiewol dieses gleichfalls nicht allemal die rechte Ursach seyn kann: weil die Wenigsten / so es hören / solches für eine Ursach /sondern die Meisten es / für eine Vorbedeutung deß starcken Sterbs / halten; etliche gar alberne und abergläubige Leute ausgenommen; auf welche der Satan /in diesem Stück / sein Absehn wol richten dörffte. Und weil der Teufel ein Ertz-Verleumder [290] ist / so sucht er / fürs dritte / hiedurch auch den guten Leumut deß Verstorbenen zu kräncken / und ihn / noch unter der Erden / anrüchtig zu machen. Woraus er (vierdtens) zwischen den Verwandten / und andren Leuten / so davon reden / oder auch drauf dringen / daß man ein solches Grab öffnen / und den Begrabenen köpffen solle / Haß und Feindschafft spinnet.

Insonderheit spielet er diese Gauckel-Possen gern /unter der Gestalt der Weibsbilder: um das weibliche Geschlecht desto übler zu berüchtigen: weil / von demselben / der Heiland geboren ist: Und dann auch darum / weil er die Weiber desto leichter / mit Aberglauben / zu bethören / und eine so viel grössere Ernte deß Aberglaubens / von dem Unkraut dieser seiner Gauckeley / verhofft.

Daneben trachtet er gleichfalls / die Menschen hiedurch / vermittelst deß Schreckens / an Leib und Leben zu gefähren. Denn er / der die Natur perfect versteht / weiß / daß / aus Schrecken / Mancher gar leicht die Pest an den Hals bekomme: sintemal sehr offt (wie Helmontius, und die Erfahrung / beglauben) auf einen blossen Schrecken für der Pest / die Pest entstanden: ob gleich keine materialische Ursach vorhanden gewest / woraus man sie hette erlangen können. Auf was Weise solches zugehe / gedencke ich /an diesem Ort / um Unordnung zu verhüten / nicht weitläuffig zu erörtern. Man schlage nach den TractatHelmontii und Kircheri, von der Pest. Welcher letzter gleichwol dem ersten hierinn widerspricht / daß die Pest / durch blossen Schrecken / und erschrockene Einbildung / ohn einigen vorher- [291] obhandenen Saamen solcher Seuche / sollte bey Jemanden entstehen können: weil der Schreck keine Pest auszuwircken vermöge / es sey denn die Lufft / womit der Erschreckende umgeben / vergifftet / auch einiger Zunder deß Giffts schon bey ihm vorher verborgen: Worauf alsdenn der zustossende Schreck den völligen Ausbruch der Pest leicht befordern könne: Denn ein solcher Schreck / so aus einer starcken Einbildung entsprossen / ziehe einen Schwermut / und Traurigkeit deß Hertzens gleich nach sich; worüber die zum Hertzen sich sammlende Spiritus vergröbt werden / und endlich der Lebens-Geist den äusserlichen Gifft annehme.

Aber es scheinet / daß / wie Helmontius der Einbildung / und dem Schrecken / allzuviel / also hingegenKircherus ihnen allzuwenig zueigne.

Wann dieser / durch die umgebende Lufft / eine solche versteht / womit der Erschreckende allernechst umfangen ist; oder auch nur eine solche / die ungefähr auf anderthalb hundert Schritte nur von ihm ist; so wäre es gefehlt. Denn mir seynd unterschiedliche Exempel bekandt / daß / in Pest-Zeiten / etliche Personen / die nicht allein in gantzen reinen Häusern / sondern auch wol sechs oder siebenhundert Schritte / ja biß auf achthundert / weit / von angesteckten Häusern entferrnt gelebt / auch vorher im geringsten sich nicht übel besunden / durch blosse Einbild- und Erschreckung die Pest bekommen haben. Daher auch zu schliessen / daß nicht alle Mal / noch bey Jedwedem /dem der Schreck die Pest an den Hals jagt / allbereit vorher [292] ein Zunder / oder bequeme Materi zur Pestilentz / verborgen stecke.

Solches können diese folgende / mir selbsten wolbekandte / und bey meiner Anwesenheit selbiges Orts / geschehene / Fälle erweisen. Eine / mir nahverwandte / Person verfügte sich / etwas spät / ins Bad / so im Hause war / mehr aus Gewonheit / als Nothwendigkeit: sintemal ihr gantz wol war / so wol an Mut / als Blut. So befand sich auch / um ihre Wohnung / kein angestecktes Haus: Die nechste Gassen / von vorn und hinten zu / wussten von keiner Unreinigkeit. Nachdem aber die Dienerinn / mit dem Licht / ein wenig von ihr hinaus / in das Vor-Gemach / wo man sich ab- und ankleidet / getreten / laufft der helle Mond ohngefähr über ein kleines Wölcklein / und bildet / in dem Bad-Stüblein / gleichsam einen weissen Menschen-Schatten aus. Darüber erschrickt sie (die sonst / vor der Pest / sich wenig zu fürchten pflag) gähling; in Meynung / es sey ein Gespenst; befindt sich darauf gleich übel / und bekommt die Pest. Wiewol sie nicht daran gestorben.

Ich erinnere mich ebenfalls noch dieses nachgesetzten gantz vollkömmlich. Da ich ungefähr das zehende Jahr überkommen / geschahe es / daß unsre Köchinn /ein starckes / gesundes Mensch / als sie früh Morgens die Fenster-Laden aufthat / einen Sarg vorüber tragen sahe: worüber sie / als welche ihr einbildete / er gehöre für eine Pest-Leiche / da doch eine andre drein gebettet werden sollte / die ziemlich weit von unsrem Hause war / erschrack / und alsofort einen Schauer empfand. Gleich darauf ist ihr eine grosse Beulen /oder Geschwür / [293] aufgefahren: mit welchem sie noch wol fünff / wo nicht sechs Tage / ohne Offenbarung ihres Zustandes / herumging / und / mit ihrer Neben-Magd / aß und tranck; aber unleidlich stanck. Ungefähr aber am sechsten Tage / als die Meinigen / welche / auf eine Hochzeit / ausserhalb / doch nahe bey /der Stadt / unterdessen verreist und etliche Tage ausgeblieben waren / wieder heimkamen / nahm die Schwachheit bey ihr so sehr zu / daß sie / auf dringende Befragung / ihre Beschaffenheit gestund / und deßwegen hinaus / in einen Garten vor der Stadt / gethan ward: woselbst sie / nach einem harten vierwochendlichen Lager / doch wieder aufgestanden / und gesund worden.

Versteht aber Kircherus, durch die umstreichende oder umfangende Lufft / die gantze Lufft einer solchen Gegend / da es stirbt; so gestehe ich nicht ungern / daß dieselbe gemeinlich / durch die Ausdunstung der Sterbenden / und der Leichen / bey solcher Zeit / dem Erschreckenden einen Gifft behände einhauche / und ohn dieselbe schwerlich der blosse Schreck eine Pest verursachen möge. Denn ohne Furcht / Schrecken /und Anklebung / wird solche allgemeine Lufft nicht bald einem gesunden und behertzten Menschen (woferrn er anders auch sonst nur sauber Haus hält / und nicht etwan allererst / aus einer reinen / in die unreine Lufft kommt) die Pest zuschantzen: es wäre dann /daß die subtile gifftige Würmlein / so bey Pestilentz-Zeit / in der Lufft / bey gantzem Schwarm / herumfliegen / auf ihn angeflogen kämen. Welche / auch ohne Schrecken (sintemal man ihrer / ausser einem Vergröbungs-Glase / nicht ansichtig wird) bald diesem / [294] bald Jenem / ob er gleich / bey keiner Pest-Leichen / nahe wohnet / die Pestilentz zuführen können.

Hingegen verweiset Kircherus dem Helmontio gar recht / daß derselbe das Wesen der Pest einig und allein der Einbildung und dem Bilde deß erschrockenenArchæi (oder Werckmeisters der Lebens-Geister) zuschreibt / und nicht zugeben will / daß sie sonst auch /ausser solcher erschrockenen Einbildung / Jemanden anstecken / oder an ihm hafften könne: 29 denn solches streitet wider die Erfahrung. Gleichwie nicht weniger Helmontius darinn irret / daß er leugnet / die Pest könne auch wol / aus einem Einfluß deß Gestirns / entspringen. Welches abgeschmackten Irrthums dieser / sonst scharffsinnige / Mann / heutiges Tags / unterschiedliche / und zwar in der Stern-Kunst wolerfahrne / aber dabey ihrem eignem Geduncken allzusehr ergebene / Köpffe zu Gefährten hat.

Aber / daß wir wiederum in unser voriges Gleiß treten; so weiß der arglistige Mörder von Anfang / der Satan / gar wol / und besser / als Helmontius, daß ein Mensch / auch ohne schreckhaffte und furchtsame Einbildung / mit der Pest-Seuche vergifftet werde; und zwar / unter andren / durch den gifftigen Dunst /welcher / aus den geöffneten Gräbern / hervor steigt; zumal / bey Pest-Zeiten. Weßwegen Böckelius, in der Hamburgischen Pest-Ordnung / erinnert man solle /bey solchen Sterb-Läufften / die Gräber fein tieff machen / und alsdann keine fürnehme Leichen / in [295] den Kirchen / bestatten; sondern so wol / als wie die gemeinen / ausserhalb der Stadt / beerdigen / lassen. 30 Ja! Andre rahten / man solle die Pest-Leichen nicht verwesen lassen; sondern / in grosse Gruben werffen /und mit aufgestreutem lebendigem Kalch verzehren. Welches aber Herlicius verworffen / als eine unchristliche Verfahrung. 31

Belangend nun die Frage / ob es billig und recht /daß man solche schmätzende Todten aufgrabe / ihnen die Leich-Tücher oder Sterb-Hemder / aus dem Maul reisse / und den Kopff abstosse? so wollen solches /weder die Natur- und Artzney-Verständige / noch diePolitici, noch die Rechtsgelehrte / noch die Theologi, allerdings billigen.

Der Natur- und Artzeney-Kündiger widerräht es /um der bösen schädlichen Dämpffe willen / so aus dem Grabe herauf dunsten / und eine Pest erwecken könnten: Derhalben / nach seinem Raht / das Grab ungeöffnet bleiben sollte. Ob man gleich vorgiebt /diß Abentheuer sey entweder eine Ursache / oder ein Zeichen der Pestilentz: gewinnen solche Leute doch damit keinen Fug / also zu verfahren. Denn eine Ursach kann es gar nicht seyn: weil / ehe sich der schmätzende Todte hören lässt / die Pest allbereit ihrer Viel gemeinlich hat aufgerieben; auch sonst kein Beweis zu geben steht / daß hiedurch der Sterb ins Zunehmen gerahten sollte. Gesetzt aber / es sey ein Zeichen: was [296] hilfft es denn / daß man das Zeichen wegräumt / so man die Ursach nicht auf heben kann? Wann gleich das Vorzeichen wird weggeschafft; ist damit die Erfolgung noch nicht gleich verhindert /oder abgeschnitten. Wann gleich (schreibt Garmannus) der Komet verschwunden; seynd darum Pestilentz / Hunger / und Krieg / noch nicht verschwunden.

Der Politicus, und Rechts-Gelehrte / werdens auch nicht loben; sondern sagen / daß die Gräber / bey allen netten und höflichen Völckern der unverstörlichen Ruhe gewidmet / unversehrlich / Gewalt-frey /und gleichsam heilig geachtet worden: dannenhero auch / in Rechten / gedacht wird / daß die Vorfahren es für ein Sacrilegium, oder grobe Ubelthat / und als wie einen Kirchen-Bruch / gehalten / so man die Steine von den Gräbern wegnähme / den Rasen daselbst ausrauffte / und das Erdreich aufgrübe. Ja es ward die Gewalt-That an den Gräbern / und Verstreuũg der Aschen / für das ärgste Schelmstück / gerechnet. 32 Deßwegen hat man auch nicht leicht / über einen todten Körper / die Hand der Justitz ausgestreckt / oder einige gerichtliche Straffe ergehen lassen; woferrn der Thäter nicht die Gött- und weltliche Majestet beleidigt / oder verfluchte Hexen-Thaten begangen. Massen die Beraubung oder Ab-Erkenntniß der Begrabung / von den Rechts-Erfahrnen / jederzeit / unter die grösseste und härteste Gerichts-Straffen / gezehlet worden. Daraus denn leicht zu ersehen / wie übel und unverantwortlich dem Begrabenen geschicht / wenn man ihn / [297] um bedeuteten Wahns willen / wieder aufgräbt / und köpffet.

Der Theologus wird sprechen / es lauffe / wider die heilige Schrifft; welche / die Todten zu fragen / verbeut; nun sey aber dieses gleichsam eine Befragung der Todten / wenn man / von ihnen / ein Vorzeichen der Pestilentz nimt: Es werde dadurch der Aberglaube fortgepflantzt: Könnte der todte Körper eine Pest erwecken; so wären GOttes Allmacht / und Providentz /nichts: Wann es aber je würcklich also geschähe; so käme es anders nicht / als aus Göttlicher Zulassung /her: und würde demnach solches abergläubische Mittel den Göttlichen Willen nicht ändern; sondern vielmehr seinen Zorn / zur Rache / wetzen. 33 Gestaltsam etliche Theologi dafür gehalten / die Pest risse / um solches Aberglaubens willen / noch ärger ein.

Wie wann aber die Verstorbene eine Trude gewest / welche einen Sterb erregt hette / und solcher / nach ihrer Beerdigung / eher nicht nachliesse / biß man ihr / im Grabe / den Kopff abgehauen? Es erfordert diß aber zuforderst einen klaren gerichtlichen Beweis /und Uberführung / daß es eine Hexe gewest: und alsdenn wird die Obrigkeit wissen / was ihr Amt erheischet. Privat-Leuten steht nicht zu / derselben vorzugreiffen / oder sich einer Eröffnung deß Grabes eigen-willkürlich anzumassen. Demnechst gilt es noch Fragens / ob [298] die verstorbene und begrabene Hexen auch eine Pest erregen können / oder jemals erregt haben? Und ob man darum ihnen / im Tode / den Hals abstossen solle?

Einmal kann man nicht leugnen / daß die Zauberinnen / wann sie noch am Leben / auf Göttliche Verhengniß / in vielerley Weise / die Brunnen und Wasser vergifften / oder sonst den Leuten allerhand gifftige und zaubrische Sachen / an die Fenster / Bäncke /Haus-Thüren / bißweilen auch wol an die Kirch-Thüren / streichen / oder streuen / (welches Seneca 34 pestem manu factam, eine mit der Hand gewürckte Pestilentz nennet) und ihnen / auf solche Art / die Pest zubringen können. Wie denn auch nicht zu leugnen / daß ebenfalls / nach dem Tode solcher verfluchten Bestien / eine Pest erfolgen könne. Daß aber solche Pest den verstorbenen Hexen alsdenn zuzuschreiben sey / wird daraus nicht folgen.

Die Städte und Republiken (schreibt Garmannus) mögen ihnen selbsten vielmehr dessen Schuld geben / weil sie dem göttlichen Donner-Wort wider die Unholden (die Zauberer sollt du nicht leben lassen) nicht gnug gethan. Darum /weil solche Teufels-Sclaven der Hellen / oder deß Scheiterhauffens / würdiger / als einer ehrlichen Begräbniß; hat alsdann Zweifels ohn die Göttliche Gerechtigkeit / mit so seltsamer Begebenheit / und harten Straffe / die Obrigkeit gleichsam anspornen wollen / dergleichen [299] Unmenschen / nach dem Tode / noch einer Straffe und Schmach zu unterwerffen. Massen / es nicht mangelt / an Exempeln / durch welche GOTT zu erkennen gegeben / daß die verfluchte Leiber dieser Gottlosen nicht werth von der Erden / die seiner Füsse Schämel ist / bedeckt zu werden / etc.

Was will nun hieraus anders geschlossen werden /als daß / wann unbetriegliche Anzeigungen / Beweißthümer und Zeugnissen vorhanden / die Verreckte sey eine Hexe gewest / doch aber ehrlich begraben worden / alsdann sie billig / auff obrigkeitlichen Befehl /wieder heraus geworffen / und (gestalten Sachen nach) entweder noch verbrannt / oder an einen unehrlichen Ort eingescharrt werde? Wie man dessen unterschiedliche Beyspiele vorstellen könnte; wenn es die Weitläufftigkeit nicht hinderte.

Fußnoten

1 Apud. Anton. Daurulcium, part. 3. Flor. Exempl. c. 7. tit. 16. §. 5. p. 45.

2 Teste Simonettâ l. 5. c. 50.

3 Vid. Hieronym. ad Eustach. de vita Paulæ.

4 Liber de Duplici Martyrio, S. Cypriano vulgò adscriptus p.m. 515.

5 Stockmann. Hodoget. pestilent. q. 14. p. 125.

6 Garmannus de Miracul. Mortuorum lib. 1. Tit. 3.p 26.

7 Vide Stockmannum p. 122.

8 Hagec. in der Böhmischen Chronic.

9 Zeiler. im 1 Theil der Trauer-Geschichte p. 25.seqq.

10 Memorante d. Kormanno, parte 7. de Mirac. Mortuor. c. 64.

11 Vid. Hondorsii Theatrum Historic. in præcept. 2.p. 147.

12 Tisch-Reden L. Tit. 24. p. 211. seq.

13 Rollenhagius l. 4. Mirabil. peregrin. c. 20. n. 5.

14 S. Mölleri Freyburgische Chronic pag. 254.

15 Martin. Bohem. de Pest. conc. 2. apud Garmannum.

16 In concion. pestil.

17 Epist. Turc. 1. p. 93.

18 Ovid. l. 6. Fastor.

19 Plin. 11. c. 29.

20 V. Th. Bartholini Cent. 1. Histor. anatom. 9. pag. 20.

21 Ur Spinæus, & ex illo Jordanus refert, Tr. de Eo, quod est in morbis divinum c. 40. p. 149.

22 V. Schenck. l. 1. Obs. med. p. 6.

23 Schwimmerus in Curiositatibus Dissertat. 4. De Singularibus circa hominem p. 67. seq.

24 Condronchius l. 2. de Morb. venef. c. 3.

25 de la Valle, im dritten Theil seiner Reis-beschreibenden Send-Briefe / am 218 Bl.

26 D. Geyer Tr. de Superstit. c. 2. §. 2.

27 D. Roberus Serm. de Temp. 35. p. 690.

28 Apud Duntenium in Cas. Conscient. c. 22. S. 1.q. 19. p. 4.

29 Vid. Kircherum de Peste, p.m. 65.

30 Hamburgische Pest-Ordnung Bökkelii c. 9. S. 3.

31 Herlicius part. 1. Pest-Ordn. c. 8. p. 209.

32 Teste Turnebo l. 14. c. 21.

33 Has rationes M. Wolfgangus Græfius, Superintendens Sangerhusanus dedit, allegante Rothio, & Garmanno.

34 l. 1. de Ira c. 6.

29. Der Verzweiflungs-Raht

[300] XXIX.

Der Verzweiflungs-Raht.

Hoffnung erhebt die Seele zu GOtt: Verzweiflung stürtzt sie von GOtt hinab in den Abgrund. So lang der Mensch noch / auf dem Ancker der Hoffnung ruhet; können ihn keine Wellen der Anfechtung verschlingen: Darum thut der Satan seinen möglichsten Versuch / daß er ihn / von solchem Noth-Ancker /durch allerley gifftige Einspeyungen / Schrecken / und gefährlichen Antrieb / verzucke und verrucke / von der Hoffnung in die Verzweiflung stürtze. Hiezu ersiehet er die bequemste Zeit und Neigungen deß Menschen / nemlich der Schwermut und Traurigkeit: bey welcher er seine Stricke und Tücke am allerfüglichsten weiß anzubringen. Er bemüht sich solche Schwermut / durch allerley Eingebungen / noch schwerer zu machen / daß sie / zu einer solchen Last sich ergrössere / die das Hertz / unterdrücke / und alle Lebens-Lust / allen Trost / darinn ersticke. Er trachtet / dem Menschen einzubilden / bey GOtt sey weder Hülffe / noch Gnade / mehr zu hoffen / alles Gebet /umsonst und verlohren: derhalben man den Gewissens-Wurm nicht besser ertödten könne / als / so man sich selbsten ertödte / und dieses verdrießlichen Lebens mit eigner Hand / abhelffe. Und diese Meuchel- List gelingt ihm leider! bey vielen. Etlichen aber erzeigt GOtt die Gnade / daß ihr Glaube / oder Hoffnung / nicht gar erlesche; oder so sie erloschen / endlich noch / durch tröstliches Zusprechen / [301] wieder anglimme; und sie also / von dem Styx-Ufer der Verzweifllungs-Flut / und deß Abgrunds ewiger Verdammniß / endlich zuruckgerissen werden. Lasst uns solches / durch ein Americanisches Beyspiel / bestetigen.

Zu Lima / in West-Indien / lebte ein ruchloser Gesell / der von Lastern gleichsam aller aussätzig / und koticht war / und fast keinen Ort / in Peru / bewandelt hatte / der nicht / von ihm / mit einer groben Schande / besudelt wäre. Weßwegen auch die hellischen Laster-Geister ihn allbereit nicht anders / als ihr eigenes Gut / mit ihren Verzweiflungs-Stricken / nach sich reissen wollten. Sie trieben ihn vielmals sichtbarlich zum Strick; weil ihrem Verlaut nach / seine übermachte Buben-Stücke / der Göttlichen Gnaden-Thür /allbereit den Riegel hetten fürgeschoben. Täglich drengeten sie auff ihn zu / mit diesen saubren Raths-Ertheilungen: Lieber! henck dich doch nur! Was verzeuchst du lang? was du nur erwischen kannst / was dir nur am ersten in die Hand kommt / das brauche zum Strick: Worauf wartest du? Unter solchem Zusprechen / reicheten ihm diese verfluchte Galgen-Prediger / und Seelen-Hencker / offtmals selbst ein Seil von der Sänfften; bißweilen auch eine Binden / oder andres Tuch. Es fehlte nicht viel / daß der Laster-Bube dieser Bösewigter verrähterisches An- und Eingeben nicht hette werckstellig gemacht: aber die unermeßliche Barmhertzigkeit GOttes wachte / für den grossen Sünder / in solcher seiner tieffsten Gefahr / also / daß er / mitten in seinen höchsten Aengsten / bißweilen GOtt / bißweilen / (als ein [302] Verwandter der Römischen Religion) die Fürbitte der Heiligen anrieff. Da ihn denn die verdammte Seel-Häscher gemeinlich darüber verspotteten / mit diesen Reden: Narr! was hast du / mit GOtt / und den Heiligen / zu schaffen? Darffst du auch noch wol so unverschämt seyn / und dir einige Gunst versprechen / von denen / die du so ungescheut / so unzehlich offt / und so lange Zeit zu Zorn gereitzet / so hefftig erbittert hast? Kein Körnlein Hoffnung bleibt dir übrig: darum hilff dir davon; wie lang wilt du verweilen? Also musste der elende Mensch immerzu / mit der Verzweifelung / ringen. Er hatte keine Lust mehr zu leben; und doch auch nicht Künheit genug zu sterben; weil ihn sein böses Gewissen den Tod / und das darauf folgende Gericht machte scheuen.

Zu gutem Glück / merckte ein Soldat / der sein guter Freund war / aus seinen Geberden / und andren Zeichen / daß er in tieffer Traurigkeit steckte; wiewol ihm die Ursach derselben war verborgen: darum rieth er ihm / nach der Augustiner Kirchen zu gehen / woselbst man damals / wegen deß einfallenden hohen Fests / die Vespern sang: weil die Music ihm / bey solchem seinem Schwermut / einige Linderung geben könnte. Das thut er / und besucht in Begleitung dieses seines guten Freundes / die Vesper-Music; spühret auch / daß ihm / bey Anhörung deß geistlichen Lob-Gesinges / das Bley der teufflischen Anfechtungen von dem Hertzen fällt: gleich wie dort der unruhige Geist vom Könige Saul wich / wenn David seine liebliche Harffen spielte. Darum kam er offt wieder [303] in diese Kirche / und empfand allezeit dergleichen Erleichterung. Diß führte ihn auf die Gedancken / eine allgemeine Beicht zu thun: ob gleich die bösen Geister / äusserstes Vermögens / ihn davon abzuhalten /ringeten.

Als er nun folgenden Tages / nach der Beicht / viel mehr Lufft ums Hertz hatte / und bald vor diesem /bald jenem Altar der Kirchen / seine Gebets-Andacht verrichtete; ging er neben einer Kapellen / hin / darinn ein schönes Kreutz-Bild verehret ward; hub zwar seine Augen auff / gegen dem Altar zu; wäre doch gleichwol nicht hinein gangen / wann er nicht / aus dem Munde deß Krucifixes / diese deutliche Stimme hette gehört: Sohn! ehre mich auch! Also tritt er hinein / wirfft sich / in tieffster Demut / vor dem Kreutz-Bilde nider / und bittet / der Gekreutzigte wolle / um seiner theuren Wunden willen / ihm unwürdigsten Sünder seine Barmhertzigkeit nicht versagen / noch dasselbe / in diesem Elende / lassen umkommen und verderben / was seine unendliche Güte erschaffen / und erlöset hette.

Unter diesen Threnen-nassen Seufftzern / ist sein Hertz von solcher Andachts-Flamme entzündet worden / daß er sich redlich aus dem Laster gebrochen /und hernach ein strenges bußfertiges Leben geführt /ja zuletzt gar in selbiges Augustiner-Kloster auffgenommen zu werden / gewünschet: welches er auch erlangt / und ein rechtes Wunder der Heiligkeit geworden. Den Namen / das Geschlecht / und Vaterland /dieses armen Sünders hat der Geschicht-Erzehler / P. Antonius de la Calancha / aus erheblichen Ursachen /verschwiegen.

[304] Ob aber der Umstand von dem redenden Krucifix gewiß / oder ein Zusatz sey; lassen wir allhie ungestritten. Eine Warheit / die gar weit muß über See schiffen / pflegt sonst leicht Schiffbruch zu leiden. Unterdessen dürffte Mancher sagen / es könnte dem Schwermütigen etwan so vorgekommen seyn / in einem Gesicht / als ob das Crucifix dergleichen zu ihm spräche: Ich aber stelle zu eines Jeden freyen /und auch mir selbsten vorbehaltenen / Willkühr / mit-oder ohne Unterscheid zu glauben Alles / was in jetzt- erzehlter Geschicht ist enthalten. 1

Fußnoten

1 Diese Geschicht ist genommen / aus der Peruanischen Geschicht-Beschreibung P. Prulii.

30. Der fluchende Spieler

XXX.

Der fluchende Spieler.

Plutarchus der gelehrte unn verständige Scribent / hat gar vernünfftiglich geredt: Diejenige / welche Alles das ihrige auf ein Spiel setzen / und der Würffel vertrauen / spielen nicht. 1 Sie treiben / meinet er /kein Spiel; sondern einen Handel / von großwigtigem Ernst: Denn wer gern und eyfrig spielet / der kan leicht Haab und Gut verspielen / und aller seiner Wolfahrt verlustig werden.

Dieses trifft nicht nur ein bey solchen Spielern / die von hohem Capital / oder reichlich begütert / und mit stattlichen Einkünfften versehn sind; sondern [305] auch /und zwar noch vielmehr / bey denen / die mittelmässiges / oder wol gar schlechtes Vermögens seynd. Wer /aus einem vollem Beutel / zu spielen anfängt / der kann / mit einem leeren / auffhören. Fürsten und Herren / wann sie gleich viel tausend auff- und zuzusetzen haben: können sie auch wol viel tausend verlieren: Darüber hernach die Schatz-Kammer allgemach entschätzt / das Land in Schulden gesetzt / und mit geliehenen Geldern gedruckt wird: Worauf alsdann /bald diese / bald jene Herrschafft / Amt / oder Gut /fremden Herren verpfändet / oder wol gar veräussert wird / und zu äusserstem Nachtheil der Unterthanen /einen andren Herrn bekommt.

Königen selbsten ist die Würffel kein Spiel / sondern ein grosser Ernst. Denn sie setzen kein Schlechtes drauf. Chokier meldet / er habe einen König gesehn / der / in anderthalb Stunden / von 16 biß 17 tausend Ducaten verlohren: wovon er viel rühmlicher einen wolverdienten treuen Minister / oder die Armen / mildiglich hette beschencken können. 2

Vielweniger aber hat Einer / der beydes von Stande / und Vermögen / nicht übrig groß ist / das Würffel-oder Karten-Spiel / für ein Spiel anzusehen: weil es ihn / in noch grössere Ungelegenheit / stürtzen kann /als Fürsten und Könige; die ihren Einbuß leichter verschmertzen; weil sie denselben leichter zuersetzen wissen; und derhalben sich nicht der Ungedult / noch Verzweifelung / so unterwerffen / wie manche gemeine Leute thun / wann sie / von dem mißlungenem Wurff / allzu hart getroffen / [306] und ihres Geldes verlustig worden. Denn diese büssen nicht nur dabey ihr Geld ein / sondern auch ihr Gemüt: welches nicht leichter / als bey Würffeln und Karten verrucht und belastert wird. Der Verlust entzündet Zorn / Haß /Hader / Neid / Schlägerey: und wird Mancher / über dem Spiel / erstochen.

So erweckt auch der Spiel-Eyfer vielerley andre Laster und Tod-Sünden; als Betrug / Verabsäumung deß Amts / Beruffs / Gewerbes / und derjenigen Fürsorge / womit man den Seinigen verbunden ist. Insgemein aber / lernt man nicht leichter fluchen / schweren / sacriren / als beym Karten- oder Würffel-Spiel: Wer / in der Gottslästerung / gern will Meister werden / der findt dazu keine bequemere Schul / als diese.

Gewinnst du deinem Gespielen viel ab / so verlierst du hingegen viel ein grössers Kleinod / nemlich die christliche Liebe: indem du deinen Nechsten / ohne Noth / in Schaden und Nachtheil bringst / und mit Feindschafft wider dich beflammest. Verlierst du hingegen viel; so mag dich bald die Ungedult aller Scheu und Gottesfurcht berauben / und dir zum fluchen oder Gottslästern / das Maul weit aufreissen. Daran hat der auffmerckende böse Geist alsdann auch sein Freuden-Spiel / und trefliches Wolgefallen / daß du dich so schön einsegnest / in seine Gewalt / und zur Höllen. Deßwegen verhengt GOtt auch nicht selten / daß dieser verfluchte Spiel-Genoß der bey dergleichen Spielen / dabey Sacrament / Gotts Element / T. hole! herum schwärmen / kein Spiel noch Schertz / sondern den grössesten Ernst anwendet / [307] die Seele deß Spielers an sich zu spielen / sich bißweilen sichtbarlich zu erkennen giebt: wie wir / an hiernechst vorstellender Geschicht / ersehen.

Im Christmon. deß Jahrs 1686 / spielten in der Königlich-Dennemärckischen Festung / Glückstadt / auff der Haupt-Wacht daselbst / etliche Soldaten / in dem Corps de Garde, oder Wachthause / mit Würffeln: wobey Einem das Glück so übel wollte / daß er schier alles sein Geld verlohr: Und / wie man keinem Gelde eyfriger nachjagt / als einem solchen / das unterm Spiel davon geflohen ist; also verpechte gleichfalls der Verdruß diesen unglücklichen Spieler an die Würffeln so hart / daß er durchaus nicht ablassen wollte / sondern / durch Aufsetzung seines geringen Uber-Rests / das verspielte wider zu gewinnen gedachte.

Die Mitspieler / welche ihn / mit den Todten-Beinen / so hart geworffen und beschädigt hatten / riethen ihm / er sollte das Spielen / vor diß Mal / anstehen lassen / biß zu einer andren Zeit / da man ihm Revange geben / und wieder mit ihm spielen / wollte: weil er doch wol sähe / daß ihm / anjetzo die Würffel nicht günstig. Er aber / der auf das Spielen gantz erhitzt /und über seinen Einbuß / voll Unmuts war / begehrte / das Spiel nicht aufzugeben; sondern vermaß sich /mit einem hohen Fluch / nemlich deß T. zu seyn /wann er nicht das Verlohrne wollte wieder gewinnen: gleich als ob wollen und können / oder versuchen und gelingen / nothwendig müssten auffeinander gehn /und die verdrossene Ungedult gewünschtern Erfolg zu hoffen hette / als die freymütige Fürsichtigkeit.

[308] Da nun hernach die Stund-Uhr schlug / welche diesen fluchenden Würffler / zu seinem anbefohlenem Posten / abfordert und das Spiel unterbrach; erschien ihm ein entsetzliches Unthier / in Gestalt eines grimmigen Bären. Er / als Schildwächter / schrie 2 biß 3 Mal / Wer da? Das Monstrum antwortete: Ich bins! dem du heut Abends dich ergabst.

Darüber gerieth er / der das Fluchen nur für ein Compliment aus der Soldaten-Rhetoric geachtet / und nicht gemeynt / daß es der Teufel sollte für Ernst aufnehmen / in grosse Furcht / Angst / und Schrecken: Also setzte er seine Zuflucht zum Gebet. Welches ihm den / ob gleich eine Weile hart zusetzenden / Geist nicht allein von der Haut hielt / sondern zuletzt auch gar / zu weichen zwang. Daran man denn ein Augenscheinliches Beyspiel hatte / daß das geistliche Gewehr viel stärcker und streitbarer sey / weder das leibliche / und daß dieser Behemoth / mit seinen festen Schuppen / alle Pfeile und Lantzen trutze / aber einem bußfertigem Gebet müsse gewonnen geben.

Der so angefochtene Soldat gestund auch nachmals / als ihn die Officierer darüber examinirten / daß es ihm also wäre ergangen. Wie er dann hierauf gleichfalls / gegen dem Schloßprediger / seine Sünde / mit Threnen erkennet / und dieser auch folgends / in einer Predigt / solches Exempel / andren dergleichen zörnigen Fluchern / zu einem Warnungs-Spiegel / vorgestellet hat.

Vor etlich und zwantzig Jahren / ist / in einer Landstadt / so der Reichsstadt Nürnberg gehörig /dem Thorwarter daselbst / auf sein grausames [309] Fluchen und Verwünschen / gleichfalls was begegnet. Er hatte / in einem / nahe bey selbiger Stadt ligendem /Städtlein (oder Flecken) unterschiedliche Spiele verlohren / und ziemlich eingebüsst: warff derhalben die Karten auf den Tisch / mit dieser Verwünschung / daß er deß Teufels seyn wolle / so er mehr zu spielen begehre.

Die Mitspieler aber redeten ihm zu / und frischten ihn an / er sollte den Mut so bald nicht auffgeben /sondern bedencken / daß das Glück eben so wol / in seiner Ubelgunst / als Wolgunst / wandelbar: und gleichwie / laut deß alten Sprichworts / der / so zu erst gewann / zuletzt ein armer Mann würde; also müsste man gleich auch dieses darunter verstehen /daß der / welcher erst ein armer Mann / durch Spielen / geworden / zuletzt ein reicher Mann würde: darum sollte er das Spiel fortsetzen / und eines bessern Glücks gewärtig seyn.

Er wendet vor / seine harte Verfluchung wolle solches nicht gestatten: es mögte ihm leicht drüber ein Unglück widerfahren.

Der Satan hat gemeinlich / bey den ruchlosen Spielern / etliche Zungen / in seinen Diensten / welche ihm zum Vortheil reden / auch allerdings wann sie /mit Worten / ihn verkleinern: Also fanden sich auch jetzo solche Mäuler hiebey / welche den Thorwarter gantz unzeitig vorschwätzten / man sey dem Diebs-Hencker (also titulirten sie den Teufel) keinen Eyd zu halten schuldig / und solche Verwünschung längst in der Lufft verschwunden: Er solle / in Gottes Namen /wieder mit machen / und sein Heil versuchen: Das Glück werde schon zuletzt noch kommen. Also lässt er sich überreden / und hebt von [310] Neuem wieder an /mitzuspielen. Ob er widerum etwas dabey erobert /oder noch mehr verlohren habe; ist mir nicht bewusst.

Nachdem es Abend worden / geht er / seines Weges / heim. Bald aber hernach / kommt ein Hirt mit Schafen / und rufft ihm bey Namen: Schreck! mache mir doch die äussere Gattern auf: daß ich die Schafe kann um den Grabē hintreiben. Er / der anderst nicht gedenckt / als es sey ein bekandter Schäfer / geht hin / und macht auff. Da tritt der Hirt gegen ihm herein / und spricht: Weisst du / daß du mir dich hast heut ergeben / und gelobt mein zu seyn /so du weiter würdest spielen? Hiedurch hast du deine Freyheit verspielt / und bist nunmehr mein.

Wie diese Prætension und Anspruch dem Thorwärter müsse gefallen haben / steht leicht zu ermessen. Er ward seines eigenen Namens / nemlich deß Schreckens / gantz voll; rieff aber den Namen JEsu an / und flohe davon / so eilfüssig / als ihm möglich fiel; ließ auch alsofort die Geistlichen zu sich erbitten: welche / mit ihm / beteten. Denen er auch diese seine Sünde reuig bekennete / und / von dem ungesegnetem Hirten / als dessen Schlachtschaf er zu werden / nicht begehrte / weiter unangesprochen blieb. Wie ihm derselbe dann auch nicht nachgesetzt / als er / den HErrn JEsum anruffend / davon gestrichen; sondern samt den Schafen / verschwunden.

Es geht aber darum nicht allezeit so gnädig ab: wie man / mit vielen Exempeln / könnte beglauben. Denn dieser schreckliche Bär / und höllische Bestie / [311] der Satan / weiset nicht allemal so nur allein den Fluchern seine Tatzen; sondern hat auch manchem wol gar den Hals damit gebrochen / oder umgedreht / oder ihn mit sich davon geführt / und den Leib zerrissen / die Seel aber hinab / in das Reich der Flucher und Verfluchten / gerissen.

Manchem Ruchlosem fahren zwar die Flüche nacheinander heraus / als wie der Rauch aus dem Schlott /und ein Dampff aus einem Morast / oder gerührtem faulem Haufen; ohne daß ihn darüber der Teufel / mit der geringsten Anfechtung schreckte. Aber er ziehet gegen den allerverwigtigsten Bösewigtern / seine Bären- und Leuen-Tatzen gern ein; biß er Macht gewinnt Leib und Seele dahin zu reissen.

In dem jüngsten Frantzösischen Kriege der Frantzosen und Holländer / hat ein Soldat / unter der Armee deß Hertzogs von Luxenburg / zu Utrecht / da er nebenst Andren in Besatzung gelegen / als er gespielt / einen bösen Wurff / mit den Doppel-Steinen /gethan / und sich so hefftig darüber erbost / daß er den Sanct Christoph verflucht / weil er GOtt den HErrn / (nemlich das Christ-Kindlein) nicht im Meer ersäufft hette / da er denselben / auff den Schultern /hindurch getragen. Denn (sagte der Ertz-Bube) auff solchen Fall / würde der Teufel mehr Gewalt haben / als er jetzo hat / und ich würde grössere Macht haben / durch den Teufel. Sollte man nicht gedencken / die Hölle hette gleich ihren Rachen auffgesperrt / und diesen leichtfertigen Vogel im Augenblick verschlungen? oder der Teufel dieses Teufels-Kind / das ihm grössere Gewalt / weder GOtt dem Herrn / [312] wünschete / alsofort überwältiget / und zerrissen? Nichts ist ihm gleichwol darauff widerfahren.

Eben in selbiger Stadt / spielte ein Frantzösischer Edelmann unglücklich / und verlohr / samt dem Gelde / so gar alle christliche Ehrfurcht für der Göttlichen Majestet / daß er die Karten unten mit beyden Händen oben mit den Zähnen / fassend / und nach dem Himmel hinauffschauend / sagte: So ich denselben hette / der eine Ursach meines Spiel-Verlusts ist / wollte ich ihn / wie diese Karte / zerreissen. Das gesagt /zerriß er sie / zu kleinen Stücken. Bestie! Wann du nicht die Langmut GOttes hernach vielleicht noch erkannt / und Busse gethan hast; daran schier sehr zu zweiffeln: so ist kein Zweifel / GOtt habe dich / durch einen unseligen Tod / schon zur ewigen Straffe gezogen. Denn die Verweilung der Rache macht keinen glückseliger / sondern vergrössert ihm sein noch bevorstehendes Unglück. Seynd diese zween Gottslästerer nicht gleich / über dem Spielen / dem Satan in die Klauen gefallen: hat er sie doch vermutlich / nach der Zeit / durch feindliches Kriegs-Geschoß / nunmehr längst zur Beute bekommen. Man lasse sich derhalben ja nicht wundren / noch im fluchen sicher machen / daß die wenigsten Flucher / vom Teufel / corrigirt /und geschreckt werden / und den allerabscheulichsten Gotteslästerern vielmals kein Ubels begegnet: Denn der Satan begehrt solche frevelhaffte Buben nicht /vor der Heimholungs-Zeit / zu schrecken: sie mögten sonst / wie obiger Soldat in Glücks-Stadt / zur Reue greiffen / und sich bekehren. Er siht sie / in seinem Netze / herum hupffen; will derwegen nicht / mit Prügeln / [313] darunter werffen / sondern der Zeit lieber erharren / daß er Leib und Seele zugleich berücke / ihren verstockten Geist endlich in endbeharrlicher Ruchlosigkeit / überfalle / und zum Raube dahin nehme.

Fußnoten

1 Plutarch. in Apophtheg.

2 Chokier in Aphorism. polit. c. 20.

31. Die besessene Kinder

XXXI.

Die besessene Kinder.

In Betrachtung / daß der Allmächtige / aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge / eine Macht zugerichtet hat / damit Er vertilge den Feind / und den Rachgierigen / sollte man sich wol verwundren / daß dennoch der Feind bißweilen Macht bekommt / auch kleine Kinder zu besitzen / und zu plagen.

Es kann solches aber entweder / auff boshaffter Eltern bösen Fluch / oder aus andren GOtt bekandten Ursachen / geschehen; und zwar jemaln auff solche Weise / daß die Hexen den kleinen Kindern was zu fressen / oder zu trincken geben / darinn ihnen ein böser Geheim- oder Haus-Geist beygebracht wird; wann die Eltern solche Kinder nicht fleissig zum Gebet und zur Gottesfurcht halten / noch auch selbst /in ihrem täglichen Morgen-Gebet / GOtt dem HErrn empfehlen. Wiewol Gott ohnedem / in seinem verborgenem Gericht / noch wol andre gerechte Ursachen findet / auch über frommer Leute fromme Kinder ein so Hartes zu verhengen: darunter / ohn einigen Zweifel / ein grosser Nutz und Erbaulichkeit solchen armen Kindern gesucht [314] wird. Denn sothaner grausamen Plage Erinnerung kann nachmals denen auffwachsenden Kindern / ihr Lebelang / zu einer Vorbewahrung für Ruchlosigkeit / auch dem Allerhöchsten zur Glori / und den geplagten Kindern selbsten / zu künfftiger Erhöhung ihrer Herrlichkeit in jenem Leben / dienen: sintemal sie / in diesem Leben / dadurch zu einem desto glühenderm Eyfer im Gebet /und in aller Gottseligkeit / entzündet werden.

Eine seltene Begebenheit / hat sich / ungefähr für etlich- und dreissig Jahren / in einem Dorff nahe bey Delitsche / einem Land-Städtlein / 3. Meile von Leipzig / zugetragen / mit einem sechsjährigem Knäblein. Welches der Teufel in leiblichen Besitz genommen /und erbärmlich gequält.

Daß es besessen seyn musste / entdeckte sich gar leicht / durch die Läster-Worte / so es / oder vielmehr der Satan / aus seinem Munde / heraus schüttete / und gleichfalls die Diener deß Göttlichen Worts / wann dieselbe / Einer um den Andren / dahin kamen / um mit beten und singen den Bösen Geist zu vertreiben /verspottete und auslachte. Unter welchen er doch Etliche / derer erbarer und gottsfürchtiger Wandel / in der Gemeine ungemein / und in grossem Ruhm war / vor Andren sonderlich fürchtete / und für ihrer Ankunfft sich scheuete / auch / mit zörnigen Ungeberden es vorher anzudeuten pflag / wann sie auff dem Wege waren / zu dem Kinde hinzugehen. Wobey die Herren Geistliche mercken können / was für einen herrlichen Nachdruck die Vermählung deß Lebens mit der Lehre wider den bösen Feind gebe: Welcher nicht so viel auff den Priester-Rock / als auf den / der denselben würdiglich hat [315] angelegt / giebet. Bey einer wolgesetzten Rede / von Gott und Gottseligkeit / fürchtet sich der starcke Gewapnete so geschwinde nicht / wann eine schönklingende Schelle nur / und kein thätiger Glaube dabey ist.

Es kann kein Geistlicher durch eigene Krafft / den Satan in die Flucht treiben: sondern der heilige Geist /dessen Amts-Diener der Geistliche ist / muß es /durch den Geistlichen / thun. Ist dann der Heil. Geist nicht bey ihm / wie er denn bey keinem ungeistlichem Geistlichem / wohnet; Was für sonderliche Progressen will dann ein so Geistloser-Geistlicher / in dem der Geist dieser Welt herrschet / wider den Fürsten der Welt und Finsterniß / thun? Gottes Wort zwar kann auch wol / durch den Mund eines Gottlosen Lehrers /seine Krafft / in dem menschlichen Hertzen / erweisen; zumal / wenn die / so es hören / gutes Gemüts und Hertzens sind: aber doch dringt es viel stärcker durch / und giebt GOtt seinem Donner viel grössere Krafft / wenn derselbe / so damit blitzet / auch selber / von gutem Exempel / leuchtet. Also thut das Gebet der Gewalt deß Satans auch viel grössern Abbruch /wenn es / aus der Seelen eines andächtigen frommen Priesters / aufsteiget / als wann ein Weltgesinnter Pfarrherr damit / vor GOtt / angestiegen kommt. Die ser letzter wird / bey weitem / so viel nicht / an einem Besessenem / ausrichten / als wie ein weltlich-gesinnter Prediger sonst noch wol / durch seine offentliche reine Lehr / bey den Zuhörern / bißweilen thut. Denn weil / bey dem Besessenen / der Streit nicht allein durch Gottes Wort / sondern auch durch ein ernstliches und eyfriges Gebet / muß [316] ausgeführt werden; dieses aber droben vor Gott nicht angenehm ist / so es aus einem ungöttlichem und fleischlichem Hertzen geht; sondern / wie der Geruch eines Cainitischen Opffers nidergedruckt wird: so wird auch dem Satan seine leibliche Macht und Gewalt über einen Menschen / durch ein solches ungewürtztes und abgeschmacktes / schläffriges und kaltes Gebet / schlecht gebrochen.

GOtt begehrt einem solchen ungetreuen Knecht die Ehre auch nicht zu thun / daß er / auff sein übles und unbeliebtes Gebet / dem bösen Geist gebiete / zu weichen: wofern nicht etwan / unter dem mit-betendem Umstande / etlicher frommen Hertzen Seuffzer solches von oben erkämpffen / und gläubig erzwingen. Denn es heisst: Diese Art fähret nicht aus / als durch fasten und beten. Welches fasten / so es ohne Aberglauben / Heucheley / Einbildung eigener Heiligkeit / aus gläubiger bußfertiger Demut / geschicht / kein so schlechtes Ding ist; wie mans leider! heutiges Tags / ansihet und von der christlichen Zucht bey nahe gantz ausschliesst.

Ich gedencke der Zeit / daß in einer Teutschen Stadt / da die Römisch-Catholische Evangelische /und Reformirte ihren Gottesdienst übten / ein Besessener erschrecklich vom Satan bewütet ward. Denselben besuchten / eine geraume Zeit / aus allen diesen 3 Religionen / etliche Geistliche; am meisten aber Amts halben / und ordentlicher Weise / die Evangelische /als die ein völliges Ministerium daselbst hatten. Ein Jedweder betete fleissig / und trutzte dem Satan / mit mancherley Macht-Sprüchen Göttliches Worts. Das war ihm sehr zu widern / [317] also / daß er darüber offt erschrecklich tobte. Gleichwol blieb er sitzen / da er saß: denn die Zeit war noch nicht kommen / daß er weichen sollte.

Unterdessen spottete er Ihrer / seiner Art nach /nicht selten / und rühmte / sie sollten ihn wol nicht heraus bringen. Ein einiger sehr christlicher evangelischer Diaconus hatte den armen Menschen bishero noch nicht besucht: weil seine Collegen / derer ziemlich viele waren / um weiß nicht was für eines Mißverstandes / und irrigen Verdachts willen / ihn davon ausgelassen / und die Besuchungen unter sich ausgetheilt hatten. Nachdem aber die höchste Obrigkeit / so reformirter Religion war / erfahren / daß dieser evangelischer Diaconus / bey seiner evangelischen Lehre /sein Wandels-Licht auch Stadt-rühmlich leuchten liesse: ist Befehl ergangen / dieser sollte auch / bey dem Besessenen / einkehren. Da er nun zuforderst / auf der Kantzel / die Gemein um eine Vorbitte ersucht / daß Gott ihm wollte Gnade und Beystand verleihen / und /nach christlicher Vorbereitung zum tapffren Kampffe wider den Starcken / hinging in das Haus / wo der Besessene war: schrie der Satan / und rieff: Ach! jetzt kommt der schlimme Rotbart / dem ich werde weichen müssen! Denn dieser Geistliche hatte einen schönen gelben Bart / auch ein schönes muntres Angesicht / so aus Ernst und Freundlichkeit vermischt war / und ein gantz auffrichtiges Gemüt verhieß. Er that den Armen sehr viel Gutes / und wusste ihn Jeweder / seines trefflichen Christenthums halben / zu loben: ausbenommen der Neid; welcher ihn deßwegen nicht loben wollte / daß er gelobet ward. Dieser Geistlicher [318] brachte es durch sein eyfriges Gebet und Auffmunterung / der Umstehenden zur Andacht / wie auch durch andre gläubig-hertzhaffte Begegnung /dahin / daß er / in wenig (ist mir recht / in 10) Tagen /das Quartier räumen musste: nachdem ihn der Bösewigt etliche Mal / umsonst gebeten / er sollte ihm nur das geringste Sand-Körn- oder Steinlein aus der Wand / oder eine Fensterscheibe / erlauben / mit auf die Wegfahrt zu nehmen.

Das habe ich / der vor angefangenen Erzehlung /mit einschalten wollen / zum Muster / wie viel daran gelegen / daß der Priester nicht nur ein heiligs Amt /sondern auch heiligs Leben / führe. Der Teufel erschrickt / für einem solchen Diener GOttes / als für einem künfftigē Beysitzer deß grossen Gerichts / so über den Teufel / und seine Engel / und alle Gottlosen / ergehn soll. Jetzo wende ich mich wieder / zu dem /vom Satan geplagtem Knäblein.

Nachdem die Geistliche demselben / mit ihrem viel-vermögendem ernstlichem Gebet / etliche Monaten / treulich beygestanden; ließ sich der unselige Geist verlauten / die Krafft deß Gebets zwünge ihn /daß er diese Herberge müsste verlassen: Hingegen wollte er / morgenden Tags / um zwölff Uhr / in deß verlassenden Knäbleins jüngstes Brüderlein / so nur ein Jahr erst alt war / fahren / und dasselbe / auff gleiche Manier tractiren.

Solches ist auch also erfolgt / Denn zu angedeuteter Stunde / fing das sechsjährige Knäblein an / sich wiederum natürlich zu geberden; das kleinste Kind aber hingegen erbärmlich gepeinigt zu werden. Seiner zartesten und unmündigen Kindheit halber / war es annoch keiner Rede fähig: [319] sonst würde der Bösewigt /durch dasselbige / vermutlich auch geredet haben. Unterdessen redeten seine ängstliche Geberden deutlich genug / von der Plage / womit es behafftet wäre. Es krümmte und verzoch die Lippen abentheuerlich / bezeugte auch sonst / mit allerhand jämmerlichen Bewegungen / und kläglichen Blicken / was es für Angst und Quaal empfünde. Es brach sich hefftig / und ward ihm sein Bäuchlein hoch auffgetrieben.

Dieser Fall kam endlich dem berühmten Medico zu Leipzig / Doctor Johann Michaelis / zu Ohren. Welcher dem armen Kinde / nach und nach / etliche Artzeneyen 1 verschrieben. Nachdem hievon dem besessenem Kinde / etliche Mal / ein Träncklein eingegeben / fuhren demselben / über den gantzen Leib /blau-röt- und gelblichte Flecken aus: und ging auch eine wühste garstige Materi / durch den Stuhl / von ihm; hiernechst beräucherte man auch den gantzen Leib / mit gewissen Sachen. 2

Nachdem man / etliche Tage / damit zugebracht; ließ der Teufel dem Kinde bißweilen ein wenig Ruhe /daß es schlaffen kunnte. Setzte doch / unterschiedliche Mal alsdann / mit seiner Plage / [320] wieder an. Weßwegen man das innerliche Träncklein nochmaln gebraucht. Worauf die ängstliche Bewegungen / wie auch der Geschwulst deß aufgeloffenen Leibs / samt der gelblichen Farbe / allgemählich nachgelassen /und / durch Göttliche Verleihung / das Kind wiederum zu recht gekommen. 3

Dieser Ausgang weiset klärlich / daß dieser böse Hund / an der Ketten / lige / und nicht weiter könne /als ihm GOtt erlaubt. Denn so er die Plage und Quaal / seines Gefallens / hette schärffen mögen; würde er diese zarte Kinder wol dergestalt zugerichtet haben /daß ihnen bald das Leben darauf gegangen wäre. Sein Wunsch und Will zwar seynd eitel Mord und Tod: aber sein Vermögen steht allezeit / mit dem Göttlichen Willen / umschränckt.

Fußnoten

1 Potionem ex aqua florum hyperici, tiliæ, & fumariæ, cum essentia sua fumariæ composita, flor. hyperici, Tincturâ corallorum, ejusque Syrupo.

2 Soffumigium hoc constabat è Flor. hyperici p. iij. Herb. & semin. autirrhini 3ij. Corallor. rubrorum, alborum, ac dentium Hominis demortui, ana 3j.

3 D. Gabriel Clauderus in Observat. 186. Ephemoridum Germanic. Anni 4ti Decad. 4. p. 267.

32. Der nie-beglaubte Lügen-Geist

XXXII.

Der nie-beglaubte Lügen-Geist.

Eines Menschen Aussage / der gern neben der Warheit hingeht / pflegt fürsichtigen und verständigen Leuten allezeit verdächtig zu seyn / und ist das der Lügner Gewinn / daß / wann sie hernach ein Mal die Warheit reden / ihnen [321] doch nicht geglaubt wird. Mit so klugem Mißtrauen / sollen alle vernünfftige Christen dem Geschwätz / den Weissagungen / und Affter-Reden deß verdammten Engels begegnen: weil sie /durch denjenigen / welcher die Warheit / und das Leben ist / vorlängst schon treulich gewarnet worden /für demjenigen sich fürzusehen / der ein Mörder von Anfange / und ein Vater der Lügen ist.

Ob gleich dieser Lügen-Geist bißweilen auch die rechte Warheit sagt: geschicht es doch / zu keinem andren Ende / als seinen Haupt-Zweck / der in Lügen / Mord / und Verleumdung / besteht / darunter zu verbergen / und ein bessers Credit damit zu erwerben: wie die falsche Müntzer / und betriegliche Goldmacher / durch etwas wahres Silber oder Gold / die Leichtgläubigkeit an sich ziehen / und vertraulich machen. In etlichen Stücken / sagt er die Warheit denen /die ihn um künfftige Dinge fragen: auf daß sie / wenn er hernach die Unwarheit sagt / solches gleichfalls /für gewisse Warheit annehmen / und dadurch in Unglück gerahten / sich / und Andre / verderben mögen.

Er mengt auch darum bißweilen etwas Wahres dem Falschen mit ein / daß er die Leute vom Vertrauen auf den wahren GOtt abziehe / und durch die mißbrauchte Warheit sein Reich der Lügen pflantze / oder Verrähterey / Mord / und Todschlag anrichte. Ein Verrähter entdeckt eben so wol die Warheit / aber meyneydiger und treuloser Weise. Ein Verleumder redt gleichfalls bißweilen die klahre Warheit; aber nicht der Warheit zu Ehren / sondern seiner Bosheit zur Lust; damit [322] sie ihm zum Schwert / oder Messer diene / dem Nechsten seine Wolfahrt abzuschneiden.

Gleichwie man nun einem bekandtem Verleumder /Splitterrichter / Hechler / und Neidhard / keinen Glauben zustellt / noch auf sein blosses Wort sich gründet / ob es schon wahr wäre; sondern glaubwürdigern Bericht / von wolbeglaubten Personen / suchet: also hat man noch weit höhere Ursach / dem Teufel nicht zutrauen / wann er diese oder jene Personen anrüchtig machen will; er mag gleich solches noch so hoch / mit GOtt / bezeugen / und etliche scheinbare Sachen vorbringen / die sich in der That also verhalten. Dannenhero man auch nicht Alles glauben muß / was er / aus den Besessenen / von vielen Leuten redet; sondern ihm eben so wenig / ja noch viel weniger / trauen / als einem leiblichen Feinde / der von seinen Widersachern nichts zu reden gewohnt / ohn was denselben zum Abbruch gereichen kann.

Niemand würde geschäfftiger werden / als die Hencker / wenn man den Teufel liesse Kläger oder Zeugen seyn. Wer Zucht und Keuschheit lernen will / muß nicht den Ehbrecher zum Unterweiser nehmen: und der die Warheit verlangt / hat sie nicht vom Lügen-Vater zu hoffen.

Jedwedem Künstler soll man / in seiner eignen /und nicht in einer fremden Kunst / trauen. Liegen /triegen und verleumden / seynd deß Teufels Künste: darum kann man ihm weiter nichts trauen / als daß er meisterlich liegen / triegen / und verleumden könne. Rühmt er sich aber einiger Warheit; so soll mans nicht gläuben / wenn man [323] keinen andren Grund hat; weil er kein Lehrmeister der Warheit / sondern ein Fälscher derselben ist: zumal / weil er allerdings selbst solches unterweilen gesteht / und sich gleichsam groß dabey duncken lässt / daß er ein durchtriebener / verschmitzter / und arglistiger Lügner ist / als der Schande für seine Ehre / Laster für seinen Ruhm achtet / und mit der Untugend pranget. Wie wir dann /aus beygefügter Geschicht / erkennen werden / daß er jemaln den Titel eines tapffren Lügners nicht scheuet: wiewol / dieses Absehns / damit man / durch solche seine eigne Bekenntniß / möge verführt werden / zu gläuben / weil er solches selber so aufrichtig gestehe /werde er dasjenige / was er / bey solcher Bekenntniß /für gewiß und warhafftig ausgiebt / für dißmal aufrichtig meynen.

Eines Knopffmachers / Jean Benoit Bourgeois, (Johann Benedict Burgers) Sohn / zu Montbelgard /Namens Peter / war ungefähr siebenzehen Jahre alt /und aller Sprachen unkündig / ausbenommen der Frantzösischen / die er zudem auch nicht wol- sondern gar übel redete; als ihm / aus einer verborgenen äusserlichen Ursach / der Hals geschwall / und alle Glieder ermatteten. Wann ihn solche Kranckheit anstieß / und der Paroxysmus befiel / welches dann gar offt geschahe; schien er tieff zu schlaffen / und schnarchen / und wendete das Angesicht nach der Wand zu.

Es kamen viel Leute männ- und weibliches Geschlechts / ihn zu besuchen / und zu sehen: denen er seltsame Händel / so sie entweder gethan / oder geredt / und wol lieber verschwiegen gesehn hetten / [324] vorsagte / ja bißweilen auch ihre allerheimlichste Gedancken entdeckte. Welches Alles er / mit geschlossenem Munde / ohne merckliche Rührung der Zähne und Lippen / bald Teutsch / bald Frantzösisch / rein- und deutlich erzehlte; auch bißweilen den Leib wunder-und unnatürlich bewegte.

Gegen dem Ausgange deß Christ-Monats 1656sten Jahrs / beschlossen der Superintendens / und Pastor zu Montbelgard / Herr Grasser / und der Stadt-Medicus daselbst / Doctor Johannes Nicolaus Binninger / miteinander hinzugehn / und den Patienten zu besuchen. Jener hielt sich zuvor / bey den Eltern deß Jünglings / ein wenig auf / im Gespräch / auf der Gassen; indem dieser / der Medicus, die Stegen deß Hauses hinauf / und Fuß für Fuß allgemach nach der Kammer / da der Patient lag / zuging. Derselbe hatte das Gesicht nach der Wand gekehrt; röchelte und schnarchte. Der Doctor tratt nahe zu ihm hin / beschaute und betrachtete ihn eine Weile allein / als der Patient endlich / ohne scheinbare Rührung der Lippen / sprach: Ha! J' entend Monsieur Grasser! O! ich vernehme den Herrn Grasser! (Als wollte er sagen / Ich spühre / oder mercke / daß der Herr Grasser nicht weit sey!) Bald hernach / folgte auch der Pastor, und kam hinauf.

Beyde / Pastor, und Doctor, stunden eine Weile /schauten / und hörten dem Jünglinge stillschweigend zu: der / als wie im schnarchendem Schlaffe / mancherley ungereimtes Dinges daher plauderte / und entdeckte; doch diesen Zuschauern stets den Rucken zukehrte.

[325] Weil dann / an einer rechten Besessenheit / nicht mehr zu zweifeln; fragte der Medicus: Du Teufel! welcher den Jüngling so bewegt / tribulirt / und plagt / wie heissest du? Drauf erfolgte die Antwort: Unser war eine Legion: Es seynd aber allbereit die meisten ausgefahren. Der Medicus fuhr fort zu fragen / durch was für eines bösen Menschen Hexerey / sie hinein gekommen / und den Leib deß Patienten angefallen? Der Geist nannte die Unholdinn / bey Namen. Da sprach der Medicus: Gelt! du mögtest uns gern überreden / es sey allhie Alles voller Truden! Hierauf hörte man den bösen Geist / in dem schnarchendem Leibe / ein wenig lächlen / und sagen: Ha! ha! Il y en a par Dieu tant, que si vous lez voyez, elles ressemblent ces troupes de Chevaux de Bourguignons, que vous voyez passer par la ville. He! he! Es seynd / bey GOtt! derselben so viel /daß / wann ihr sie sehn solltet / sie denen Burgundischen Reuter-Truppen gleich scheinen würden /welche ihr schauet / durch die Stadt ziehen / etc.

Was er weiter hinzugethan / verschweigt der Medicus, welcher diese Geschicht aufgesetzt / und unter seinen andren Observationen drucken lassen. Zweifels ohn hat er es / um etlicher Personen willen / die der Satan / in dieser seiner Rede / für Truden / ausgegeben / nicht mit aufzeichnen wollen: in Betrachtung /daß / auf dieses Verleumders Aussage / nicht zu gehen / und unterdessen / durch völlige Erzehlung derselben / manche / vielleicht unschüldige / Leute in ein übles Gerücht kommen [326] könnten. Angemerckt solches nicht nur / aus dem beygefügten Et cætera; sondern aus dieser Wiederrede deß Medici, fast zu schliessen: Du weisst / daß du ein Lügner und Vater der Lügen bist. Schwerest du: Ja! weil du so gar vieler Hexen und Schwartzkünstler gedenckst / die allhie wohnen sollen / so muß man das Widrige glauben. Seine Gegen-Rede war: Je le sçay par Dieu bien, que je suis menteur; mais en cela je dis la verité. Ich weiß / bey GOtt! wol / daß ich ein Lügner bin: aber hieran rede ich die Warheit.

Der Medicus setzte / über voriges / (und Zweifels ohn / auf noch andre besondre Worte deß Feindes /die / mit der Feder / nicht ausgedruckt) hinzu: Du bemühest dich sehr / uns / mit deinen falschen Allegaten / (oder Anziehungen gewisser Sachen und Personen) in den irrigen Wahn zu ziehen / daß wir für gewiß halten sollen / die Seelen der Abgestorbenen kommen / nach dem Tode / weder in den Himmel / noch in die Helle / sondern streinen /auf Erden / hie und dort / herum. Aber deine Mühe ist umsonst! Die / welche du nennest / geniessen nun der ewigen Glückseligkeit: weil sie /auf der Welt / gottselig gelebt haben. Er widerredete: Nein / bey GOtt! das thue ich nicht / etc. Das übrige lässt der Medicus abermal aus.

Hiernechst redete der Geist den Pastorn an / nannte ihn bey seinem Namen / und straffte ihn / daß er sein Amt hette unterlassen / etc. Worinn aber / und in welchem Stück / solche Amts-Unterlassung / [327] deß Satans Vorgeben nach / eigendlich sollte bestanden seyn /meldet der Erzehler nicht; sondern nur dieses / nechst einem Et cætera, noch dabey / daß der böse Geist /unter vielen andren Reden mehr / auch / zu dem Geistlichen / gesagt: Ha! Monsieur! vous estes de mes amis! Ey mein Herr! Ihr seyd Einer von meinen Freunden! Der Pastor hat drauf versetzt: Ich habe nichts / mit dir / zu schaffen / Satan! Dein Theil ist im höllischen Feuer!

Von dem an / schwieg der Bösewigt gar lange still / und begehrte keine Antwort mehr zu geben / ob man ihn gleich dazu ausforderte. Weßwegen endlich derMedicus, Seiner spottend / sagte: Vor warest du ja /mit deiner Antwort / auf die Fragen / so hurtig und fertig / und nun schweigst du so stock still! Da brach er / mit diesen Worten / heraus: Was / Teufel! willt du / daß ich dir sage? weil du mir ja doch nicht glauben wilst / wann ich die Warheit sage?

Aber (also hub der Medicus wieder an) hör / du ertzboshaffter Engel! warum / und aus was für einer Authoritet / ängstigst und quälst du diesen frommen Jüngling also? Ich weiß schon Mittel /dich von seinem Leibe wegzutreiben. Denn du hast darinn anders kein Polster (oder Unterhalt) ohn eine schleimigte und melancholische böse Materi / darinn du dich wunder-gern aufhältst: wann ich dieselbe ihm / durch purgiren / ausgeführt / und dir damit dein Nest [328] zerstört habe; wirst du wol / ohn deinen Danck / ausziehen müssen. Der Geist rieff hierauf (indem der Patient / eben /wie gleich bey Anfange deß Gesprächs / gleichsam schlaffend schnarchte / und die Lippen geschlossen hielt) überlaut: Ha ha! C' est par Dieu bien à faire à toy. Va! Il n'est pas temps: je sortiray par vers la minuict d' un teljour. Tu l' apprendras bien; qu' on y prenne garde. Auf Teutsch: O hoh! das soll dir /bey GOtt! gleichwol noch Mühe geben! Geh nur hin! Es ist noch nicht Zeit. Ich werde ausziehen /gegen Mitternacht / an dem und dem Tage / (welchen er zugleich genannt) du wirsts wol erfahren. Man gebe nur Acht drauf.

Dessen ungeachtet / hat der Medicus dem besessenen Jungen etliche Medicamenten geordnet: 1 aber alles vergeblich! Zuletzt ist der Jung / um die Mitternacht deßjenigen Tags / und in derselbigen Stunde /welche der Teufel zuvor benannt hatte / erstickt / und der mühseligen Sterblichkeit entzogen worden. 2

Fußnoten

1 Gillam Paracelsi ex jusculo, dein purgantia ex antimonio, & alia.

2 D. Joh. Nic. Binningerus Centur. 2. Observat. 27.p.m. 151. seqq.

33. Der gelehrte Teufel

[329] XXXIII.

Der gelehrte Teufel.

Gleichwie / unter den Menschen / Einer dem Andern /in der Wissenschafft und Gelehrtheit / weit vorgeht: also auch / unter den bösen Geistern. Denn ob gleich diese viel geschwinder / scharffsinniger / und vollkommener / die tieffste Natur-Geheimnissen / und andre Wissenschafften / begreiffen / als der allerglückseligste Verstand eines Menschen: seynd sie doch / unter sich selbsten / darinn gar sehr unterschieden / und Einer dem Andren weit überlegen. Alle Teufel verstehen ohne Zweifel alle die fürnehmste Sprachen der Welt; doch nicht alle / in gleicher Vollkommenheit / alle Wissenschafften der Welt. Zudem können auch nicht Alle / das / was sie verstehen / dem Menschen so lautbar und vernehmlich machen / daß es derselbe auch verstehen könnte. Da hingegen Andre / sonderlich die Spiritus familiares (oder Geheim-Geister) dem / der sie unterhält / und mit ihnen in verdammlicher Vertraulichkeit steht / Alles / was menschliche Vernunfft fassen kann / eingeben / und gleichsam eingiessen können / aber / indem sie ihm einen irdischen Witz mittheilen / hingegen die wahre Weisheit in ihm ausleschen / und seinen Verstand gäntzlich verfinstern / unterdessen / daß er sich einbildet / er werde von ihnen sehr hoch erleuchtet.

Solche Unvermöglichkeit manches Geistes aber sich dem Menschen gnugsam auszudrucken / [330] oder verständlich zu machen / steckt nicht so eben darinn /daß der Geist selber nicht sollte seine Gedancken deutlich genug zu beschreiben wissen; als vielmehr hierinn / daß er bißweilen solche Geschicklichkeit und Geschwindigkeit nicht hat / wie andre Geister /dasjenige Mittel / wodurch er eine verständliche Rede zuwegen bringen muß / so fertig / hurtig / und meisterlich zu disponiren / oder zu regieren.

Daher kommts / daß manche Geister / ob sie gleich Alles / in allerley Sprachen / verstehen / dennoch nicht allerley Sprachen / aus dem Besessenen / gleich reden: weil nemlich Einer / vor dem Andren / solche Sprachen entweder fertiger redet / oder die Zunge deß besessenen Menschen besser zu regieren weiß.

Camerarius schreibt / daß ein Geist deß Besessenen / als er Griechisch reden wollen / von anwesenden Gelehrten / ausgelacht worden; der Geist aber alsofort sich entschuldigt habe / sagend / er wisse wol / daß er / in dem Accent / einen Fehler begangen / die Schuld sey aber nicht sein; sondern deß gar zu tölpischen Weibs / deren Zunge ich so übel / zu derselben Sprache / bequemen lasse / daß er kaum damit etwas Fremdes reden könne.

Es hat auch / zu unsrer Zeit / vor nicht vielen Jahren / ein Geistlicher mir erzehlt / daß / als er den bösen Geist / der aus einem besessenem Mägdlein redete / Griechisch / Hebrœisch / und bißweilen Lateinisch / angeredt / derselbe ihm allzeit / in Teutscher Sprache / richtig darauf geantwortet: Und als besagter Geistlicher ihn deßwegen beschämen [331] wollen; weil er sonst so klugwitzig und vorwissenhafft gesehn seyn wollte / und doch ihm nun nicht / mit einiger Antwort / in ausländischer / oder fremder Sprache / begegnen könnte; der Geist diese Worte darauf versetzt habe:Narr! die Geister verstehn alle Sprachen; aber alle reden sie dieselbe nicht. Welches sich auch so befunden. Denn wann er bißweilen / mit andren anwesenden Gelehrten / etwas Lateinisch gediscurrirt; hat der Geist alles verstanden / und was ihn betroffen / zu Teutsch / beantwortet.

Unterdessen giebt es doch gleichwol viel Geister /die / aus dem Besessenem / fremde Sprachen reden. Und ein solcher hat / im Jahr 1673 / zu Buxtehude /im Stifft Bremen / wie D. Th. Bartholini, aus einem Schreiben deß Stadt-Physici deß Orts / Doctoris Joh. Ludovici Hannemanni, bezeugt / sich hören lassen /aus einem / in Besitz genommenem / jungen Soldaten von achtzehen Jahren. Welcher / zwey Jahre zuvor /sich / dem Satan / mit eignem Blut / verschrieben /und / auf vier Jahre / zugeeignet hatte. Dieser redete schier kein vernehmliches / articulirtes / oder recht- begliedertes Wort / das man verstehen könnte: wann er aber bißweilen etwas recht ausdruckte / und verständlich aussprach / so antwortete er Jedwedem / in solcher Sprache / darinn man ihn anredete; es mögte gleich Frantzösisch / oder Lateinisch / oder eine andre Sprache seyn.

Wann dieser junger Mensch anfing / zu toben; kunnten ihn kaum vier der allerstärcksten Männer halten. Weßwegen ein Corporal den Raht gegeben / man sollte ihm Hände und Füsse / [332] mit Linden-Bast / das ist / mit der Rinden deß Linden-Baums / binden: Wie solches geschehen / hat er zwar die Hände und Füsse still gehalten; aber hiernechst den Kopff an die Erde geschlagen: Und als dasselbe gleichfalls / mit derselbigen Rinden / umgeben / ist er endlich gantz ruhig worden.

Belobter Bartholini gedenckt / er erinnere sich nicht / etwas gelesen / oder gehört zu haben / von solcher Krafft der Linden / daß man damit die Geister sollte stillen können; wenn nicht etwan der Patient /mit der schweren Noth / behafftet / und deßwegen für besessen angesehn wird; welches offt geschicht: daß aber solchen / mit der Fall-Sucht geplagten / Menschen die Linden-Blühe dienlich sey / ist den Medicis unverborgen. 1

Ich achte aber / daß / wann die Besessene so wüten / der Satan alsdann eben so wol eine solche Zerrüttung deß Geblüts und der Sinn-Geister / zugleich dabey anrichte / als wie die Epilepsia (das Hinfallen /oder die böse Sache) zu thun pflegt; daher dann bißweilen auch wol / die Wüte deß Besessenen in etwas zu stillen / von der Linden-Rinde einige Hülffe entstehen möge.

Im Jahr 1605 quälte dieser grausame Menschen-Feind ein junges zwölff-jähriges Mägdlein / zu Leuenberg in Schlesien / erbärmlichst. Bald stellte er sie auf die Zehe / stürtzte sie alsdenn plötzlich überrucks auf den Kopff / und aufs Angesicht / also daß der Rucken eine hole Bogen-Krümme [333] formirte. Bald legte er sie auf den Rucken / streckte ihr Arme und Beine weit empor / also daß dieselbe / wie zusamm-geflochtene Weiden / offt eine gantze Stunde in der Höhe stunden / und durch keinen Menschen voneinander gerissen werden kunnten. Bald trieb er ihr die Augen /aus dem Kopffe / hervor / so groß / wie ein paar Hüner-Eyer. Bald druckte und wickelte er sie zusammen / wie eine Kugel / beugte ihr das Haupt zu den Knien / und warff sie / seltsamer Weise / in der Höhe herum / wie einen Ballen. Bißweilen lieff sie / mit dem Kopffe / wider die Stuben-Thür / und wollte sich umbringen; biß und riß / mit den Zähnen / grosse Stücke / aus der Wand. Sonst schlug er ihr auch den Kopff offt hin und wieder; streckte ihr die Zunge /welche alsdenn Kohl-schwartz war / einer Spannen lang zum Munde hervor; tantzte ihr auch / in Gestalt /bald eines Mäus-bald eines Fröschleins / bey einer Viertheilstunden lang / auf der Zungen / herum / und kam offt biß an die Lippen; sprang aber endlich wieder hinab / in den Leib: Wie solches viel erbare Leute mit angesehn.

Gleich hernach sperrete er ihr den Mund weit auf /und schrie / sonder einige Rühr- oder Bewegung der Zungen / hell und überlaut heraus / Judas / Pilatus /Herodes der lincke Schächer / Faustus / und Scotus /wären seine beste Freunde / und nechste Rähte; rühmte sich auch der Wissenschafft aller Sprachen / und plauderte / in einer / die der Anwesenden Keiner verstund / er aber für Indianisch ausgab / ein langes Geschwätz daher. Offt murrete / oder brummete er / aus ihr / wie eine Kuhe.

[334] Wann dann das Mägdlein ein wenig Ruhe / für dem Bösewigt / hatte; wusste sie / von Allem / was mit ihr vorgegangen / nichts: sagte doch gleichwol / es käme ihr vor / als ob etliche schwartze Hencker da stünden /welche sie auf hencken wollten; aber / wenn man betete / weichen müsten. Und hat solche teuflische Plage dieses besessenen Mägdleins ein gantzes Viertheil Jahr angehalten. 2

Fußnoten

1 D. Th. Bartholini in Actis Medicis, Vol. 2. Observ. VIII. p. 11. seq.

2 Wovon M. Tobiæ Seilers Dæmonomania, so im Jahr 1605 gedruckt / vor etlichen Jahren aber / durch Jemanden anders / wieder von neuem herausgegeben ist / mehrern und umständigern Bericht giebt.

34. Die Wehrwölfe

XXXIV.

Die Wehrwölfe.

Wie die gemeine Komedien-Spieler / mit alten Erfindungen / offt wieder auftreten: so kommt der verdammte Schau-Gauckler / der Satan / mit seinen uralten Gauckel-Possen / die er schon / zu hochalten heidnischen Zeiten / getrieben / auch bey heutigen Zeiten der Christenheit / gar offt wieder aufgezogen; bevorab mit der Verwandlung einer äusserlichen Gestalt / in die andre. Sintemal er nicht allein selber / bey Erscheinung / in gespenstischer Gestalt / im Augenblick / bald dieses / bald jenes Geschöpff vorstellt; sondern auch seinen Kreaturen / oder verdammten Bunds-Sclaven allerley unmenschliche / und thierische Gestalten antichtet / und manche / bevorab die Hexen /[335] Hexen / gleichwie Katzen / manche wie Hunde /Wölfe / Esel / oder Pferde / darstellet / oder sonst in andre Thiere / verbildet.

Herodotus berichtet / von etlichen Scythischen Völckern / daß sie / jährlich ein Mal / zu Wölffen worden. 1 So gedenckt Pausanias, es sey ein Fechter /Namens Demaris / zehen Jahre lang / ein Wolf gewest / und habe endlich wiederum menschliche Gestalt gewonnen. 2

Daß auch / bey den Römern / diese betriegliche Verstellung ruchbar gewesen / weiset der Virgilianische Vers:


Vidi sæpe lupum fieri, & se condere sylvis
Mœrim. – – – – –
Ich hab' es offt gesehn / daß Möris von Gestalt
Ein Wolf ward / und verbarg sich in Gepüsch und Wald. 3

Viele zehlen solches / unter die Fabeln der Alten /oder falsche Einbildungen. Dahin schreibt auch Plinius, nachdem er unterschiedliche Exempel / aus andrer Leute Bericht / erzehlt hat / Alles / was man / vor-und bey seiner Lebzeit / von solche Händeln / geredt /oder geschrieben; indem er spricht: Homines in lupos verti, rursumq; sibi restitui, falsum esse, confidenter existimare debemus, aut credere omnia, quæ fabulosa tot sæculis comperimus. 4 Denn daß die Leute[336] sollten in Wölfe verwandelt werden / sollen wir kühnlich für falsch achten / oder müssen Alles glauben / was wir / von so vielen hundert Jahren hero / fabelhafft erfahren / etc. Man muß sich verwundern / daß die Leichtglaubigkeit der Griechen so gar weit heraus gegangen. Keine Lügen ist so unverschämt / daß sie ihres Zeugens sollte ermangeln. 5

Uber welche Rede Plinii, der gelehrte Thomasius, weiland Professor zu Leipzig / sich billig verwundert: in Betrachtung / daß Plinius sonst die allergröbste Lügen nicht ungern glaubt / und doch gleichwol diesem Gerücht / von der Verwandlung / keinen Glauben geben will. 6 Er will doch gleichwol dem Plinio gern zu Hülffe kommen / mit dieser Unterscheidung /daß seine Worte / auf zweyerley Art / gedeutet werden können: nemlich daß Plinius vielleicht die wesendliche Verwandlung eine Fabel schelte: in welchem Verstande sein Ausspruch wol passiren könne: Woferrn er aber damit auch den äusserlichen Schein der Verwandlung verwerffen wollen / so habe er gefehlt.

Aber Plinius scheinet das Letzte zu meynen.

So wollen auch manche Medici dem Olao Magno keinen Glauben zustellen / in dem / was er / von den Wehrwölfen / vorbringt. 7

Allein wie Plinius, ohne Zweifel / den alten Geschichtschreibern / also thun auch erwehnte Medici [337] dem Olao hierinn zu viel. Denn man hat darum die Sache oder Geschicht selbsten noch nicht gleich / für ein pur lauteres Mährlein zu achten / wann gleich die wahre Beschaffenheit / und Wesenheit derselben / gewisser Betrachtung nach / von dem Scribenten / oder Erzehler / irrig beurtheilet wird.

Eine Fabel besteht / in einem blossen Geticht / ohn einige würckliche Begebenheit / welche den Schein der Warheit unterhalten könnte: Solches kann aber /zu dieser Gestalt-Wandlung / nicht gezogen werden: denn es ist kein leeres / lediges / Geticht / daß man Wehrwölfe findet: ob schon dieses ein falscher Wahn / daß dieselbe / aus Menschen / würcklich in Wölfe /verwandelt / oder auch / an stat menschlicher / nur in thierische Gestalt / vom Satan / jemals verbildet worden. Denn es steht unterdessen doch gar nicht zu widersprechen / daß der Teufel solche Possen-Spiele würcklich treibe / und dergleichen Verwandlungen /dem äusserlichen / von ihm erkünstelten / Schein nach / den Leuten in die Augen stelle. Wie man denn die Gewißheit solcher Teuflischen Blendungen nicht allein / aus erst-benannten ältern Scribenten / sondern auch aus unzehlich-vielen andren jüngern und neuern / überflüssig geben könnte.

Man lese nur deß heiligen Augustini achtzehendes Buch von der Stadt GOttes 8 Cœlium Rhodiginum 9 Hieronymum Magium 10 [338] Bullingerum 11 Bodinum 12 Boissardum 13 Godelmannum 14 Remigium 15 Spondanum 16 Binsfeldium 17 Thyræum 18 Martinum Del-rio 19 und andre mehr.

Unterdessen gehen zwar Etliche / als Spondanus, und Bodinus, denen gleichfalls Peucerus, und Philippus Camerarius, hierinn beystimmen / zu viel ein /indem sie eine würckliche Verwandlung solcher Hexen-Meister in Wölfe setzen / und solches / mit dem Exempel Nebucadnezars / zu erhalten vermeynen; welcher doch / mit nichten / verwandelt / sondern nur im Haupt verruckt worden / und wie ein unvernünfftiges Vieh / in Wäldern / herum geloffen.

Die übrige aber haltens / für eine teuflische Blendung; und dennoch gleichwol / für keine Fabel; sondern unterscheiden zwischen der Verbildung / und denen darauf erfolgenden Würckungen. Die würckliche Verbild- oder wesendliche Verwandlung ist ein falscher Wahn: die daraus entspringende Würckung ist keine falsche Einbildung / sondern würckliche Geschicht. Kann demnach [339] nach Plinio nicht ungemerckt hingehen / noch gut gesprochen werden / daß er den gantzen Handel / für Fabelwerck / ausgiebt.

Es fallen / in den peinlichen Hals-Gerichten / hievon / bey Verhör der Zauberer / so viel Exempel vor /daß man die Gewißheit solcher Schein-Wandlung /oder teuflischen Blend-Verstellung / nicht aufs Leugnen setzen kann. Und solches werden folgende Geschichte darthun.

Zu Bebburg / einem Städtlein im Cölnischen (oder Gülichschem Lande; denn beydes kann unter dem Namen Ubiorum verstanden werden) ist / zu deß Del-rio Zeiten / und zwar zehen Jahre vor dem Druck seines Buchs / welches nunmehr hundert Jahre ungefähr machen / Einer / mit Namen Stumf Peter / gerichtet worden: weil er / mit einer Teufelinn / länger / als zwantzig Jahre / gebuhlt / und ohne dem viel Ubelthaten / auf solches saubern Schand-Geistes Antrieb / begangen.

Dieselbe seine Teufelinn hat ihm einen breiten Gürtel geschenckt / und wann er denselben anlegte /ward er / vor seinen / und andrer Leute / Augen / zu einem Wolfe. Unter sothaner Gestalt / oder Larven /hatte er vier Knaben erwürgt / und das Hirn ihnen ausgefressen. Er hatte sich gleichfalls unterstanden /seine beyde Schnuren / oder Söhns-Töchter / zu fressen; überdas seine leibliche Tochter / wie auch seine Gevatterinn / zum Weibe genommen. Welches Alles nicht allein / in der gerichtlichen Abhandlung / aufgezeichnet / [340] sondern auch hernach seinem / in Kupffer gestochenem / Bilde beygedruckt worden. 20

Von den Irrländern schreibt Camdenus, daß manche derselben / gemeiner Sage nach / zu Wölfen / und andren Thieren / verbildet werden.

So erfährt man ohne dem gar offt / daß dergleichen Abentheuren / auch in andren Ländern / vorfallen /und solche Wehrwölfe vielmals so wol den Leuten /als dem Vieh / Schaden thun.

Merckwürdig ist insonderheit / was Olaus erzehlt; nemlich / daß / bey seinen Zeiten / in den Nordischen Ländern / am heiligen Christ-Abend / gegen Nacht /eine grosse Menge Wehrwölfe / an einen / unter sich bestimmten / Ort / von unterschiedlichen Oertern her /sich versammlen / hernach / so wol Menschen / als zahmes Vieh / verletzen / und so hefftig bewüten /daß von rechten natürlichen Wölfen den Einwohnern niemals so grosser Schade begegnet / und keine dergleichen Gewalt angethan wird. Er spricht / man habe die Gewißheit / daß diese verwölffte Menschen denen Leuten / so in den Wäldern wohnen / die Häuser stürmen / und die Thüren aufzubrechen sich unterstehen; damit sie so wol die Menschen / als das darinn befindliche Vieh / fressen mögen.

Er setzt / bald hernach / diese Geschicht dazu. Ein Edelmann reisete / durch einen langen Wald / und führte etliche / dieser Hexen-Kunst nicht unerfahrne /Bauren bey sich: wie man solcher Gesellen allda ziemlich viel findet. Als nun der Abend und doch kein Wirtshaus / oder Herberge / [341] herbey nahete: musste man das Nacht-Lager im Walde halten / aber der Abend-Mahlzeit sich verzeihen: welches den hungrigen Mägen ein unangenehmer Handel war / und Ungedult erregte. Endlich schlug Einer / unter dem Geleit / einen Rath vor / begehrte / die andren sollten nur in Ruhe stehen / und keinen Lärmen / noch Geschrey /machen / daferrn sie was sähen / sondern nur von fernem der / auf der Weiden gehenden Heerde / ein wenig zuschauen; Er wollte schon verschaffen / daß sie / ohn grosse Mühe / von dannen einen Braten /zum Nacht-Essen / haben mögten. Gleich damit begab er sich / in den tuncklen Wald; auff daß ihn Niemand sehen mögte: und hat allda die Gestalt eines Wolfs angenommen; hernach die Heerde Schafe ungestümlich angefallen / auch ein Schaf angepackt / und mit demselben / dem Walde zu / davon geeilt / hernach aber solches / in Gestalt eines Wolfes / zum Wagen hin / getragen. Welches die andre Gefährten /als die gar wol um den Handel gewust / zu Danck angenommen / und gleich in dem Wagen versteckt. Worauf der Schaf-Dieb / so sich in einen Wolf verändert hatte / wiederum ins Holtz gekehrt / allda die Wolfs-Gestalt abgelegt und die menschliche wieder angezogen.

Es hat sich auch zugetragen / (schreibt er) vor nicht vielen Jahren / daß eine Edel-Frau / und ihr Knecht (wie sie dann / in selbigen Landen / mehr Knechte halten / als sonst an einigem Ort der Christenheit) miteinander disputirten / ob es wahr /das ein Mensch könnte in einen Wolff verwandelt werden: Welches die Edelfrau verlachte / und für[342] falsch achtete. Darauff brach der Knecht alsofort heraus / mit diesem Erbieten / er wollte solches /zur Stunde / exemplarisch / im Werck / beweisen /so man ihm nur solches erlaubte.

Hiemit geht er allein hinab in den Keller. Von dannen er / bald hernach / wiederum / in der Bildung eines Wolfs / heraus kommt / und über die Aecker / nach dem Walde zu streicht. Aber unterwegs begegnen ihm die Hunde / fallen ihn an /und ob er sich gleich / mit hefftiger Gegenwehr /wider sie setzte / ihm doch ein Auge aus dem Kopffe reisen: Weßwegen er / deß andren Tags /einäugig wieder / zu seiner Edelfrauen / heimgekommen. 21

Diesem nach muß so viel zugegeben werden / daß solche Zaubrer bißweilen würcklich / in Gestalt eines Wolfs / erscheinen; ob sie dieselbe gleich würcklich nicht haben / sondern nur / durch eine teuflische Augen-Verblendung / für Wölfe angesehn werden /und bißweilen auch wol nicht / vor andren Augen /sondern allein in ihren selbst-eigenen nur / wie Wölffe / erscheinen.

Bodinus schreibt / es sey einer aus den mächtigsten Königen der Christenheit / welcher allererst unlängst /da er dieses zu Papier gesetzt (so ums Jahr 1579 geschehen) Todes erfahren war / gar offt / in einen Wolff / verändert / und / unter allen Hexen-Meistern /für den vortreflichsten / (so anderst einer so vermaledeyten Kunst die Fürtreflichkeit zugerechnet werden kann) und allervollkomnesten / [343] geachtet worden; massen solches / in vielen Büchern / so in Teutschland gedruckt / zu lesen gewest. 22

Daß sie / in rechte natürliche Wölffe / verändert werden sollten / ist eine wahre Unmöglichkeit: Denn entweder müsste die Seele deß Menschen ihren Leib verlassen / und in eines Thiers Leib fahren; oder der menschliche Leib müsste / bey vereinigt-bleibender Seelen / in eines Viehes / oder Thiers / Leib / sich wesendlich verändern: Deren doch Eines so wenig geschehn kann / wie das andre. Denn was das Erste betrifft; so muß / auff Absondrung der Seelen vom Leibe / gleich der Tod erfolgen / der Mensch untergehen / und verderben. Das Gestorbene aber wiederum recht natürlich beleben / kann GOtt allein / und sonst weder Engel / noch Teufel. Und könnte man noch viel leichter dem alten Pythagorischem Wahn / welcher noch heut unter manchen heidnischen Secten / zumal in Indien / absonderlich aber und fürnemlich in Sina und Japan / bey den Vonziern / regiert / gläuben /nemlich daß die menschliche Seelen / nach ihrer Ableibung / wieder in andre Leiber führen / so wol in thierische / als mit der Zeit auch wiederum in menschliche. Wiewol etliche Gelehrte wollen / Pythagoras habe es so nicht verstanden / wie es ihm hernach Andre mißverständlich auffgenommen / und eine würckliche Verhausung der Seelen aus einem Leib in den andren draus gemachet; Da er es doch vielmehr /verblühmter Weise / geredt / und diese Sitten-Lehre nur damit ausschmücken wollen / daß die Leute /durch verkehrte Sitten / sich gleichsam [344] / aus Menschen / in Bestien verkehrten / nicht so sehr der Haut /als der Seelen / und den Begierden / nach.

Nach welcher allegorischen oder verblühmten Art /auch Boethius sehr schön und Lehr-reich schreibt:Cum ultra homines quemque provehere sola probitas possit, necesse est, ut, quos ab humana conditione dejecit, infra hominis meritum detrudat improbitas. Evenit igitur, ut, quem transformatum vitiis videas, hominem existimare non possis. Avaritiâ servet alienarum opum violentus ereptor? similem lupo dixeris. Ferox atque inquietus linguam litigiis exercet? Cani comparabis. Insidiator occultis surripuisse fraudibus gaudet? Vulpeculis exæquetur. Iræ intemperans fremit? Leonis animum gestare credatur. Pavidus ac fugax non metuenda formidat? Cervis similis habeatur. Segnis ac stupidus torpet? Asinum vivit. Levis ac inconstans studium permutat? Nihil ab avibus differt. Fœdis immundisque libidinibus immergitur? Sordidâ suis voluptate detinetur. Ita fit, ut, qui, Probitate desertâ homo esse desierit, cum in divinam conditionem transire non possit, vertatur in belluam.

Ist / auff Teutsch / also gemeynt: Weil allein die Tugend einen Jedweden / über den menschlichen Stand / erhöhen kann: so muß nothwendig folgen / daß Untugend diejenige / welche sie / von dem menschlichem Stande herunter geworffen / unter die Würde eines Menschen hinab stosse (das ist /sie [345] unwürdiger / als Menschen / mache / und ihnen die Würde eines Menschen entziehe) daher kommts / daß man den / welchen man / durch Laster /verändert / und mißgebildet schaut / für keinen rechten Menschen achten kann. Brennet Jemand von Geitz / und reisst / mit Gewalt fremde Güter an sich? So kann man füglich sprechen / er sey einem Wolfe gleich. Hat wer ein freches ungehaltnes Maul / das gern hadert und zancket? wird man ihn / mit einem Hunde / vergleichen können. Liebt er heimliche Ubervortheilung und Entwendung? so halte man ihn einem Fuchse gleich. Brüllet er / vor unmässigem Zorn? so glaube man / er sey von Gemüt ein Leu. Fürchtet er / als ein furchtsamer und flüchtiger Mensch / was nicht zu fürchten ist: Halt ihn einem Hirschen gleich. Ist er nachlässig / thumm / und träge: So lebt er wie ein Esel. Legt er sich mit leichtsinniger Unbeständigkeit / bald auff diß / bald auf Jenes: so ist /zwischen ihm / und den Vögeln / kein Unterscheid. Senckt er sich / in garstige und unsaubre Lüste: so liebt er die Ergetzlichkeit einer stinckenden Sau. Also geschichts dann / daß der /welcher / nach Verlassung der Tugend und Frömmigkeit / aufgehört ein Mensch zu seyn / in ein Thier / weil er zu Göttlichem Stande / nicht gelangen kann / verkehrt werden muß. 23

[346] Allein ich halte / daß alle diejenige / welche dem Pythagoras eine so gute Meynung zuschreiben / und seiner Seel-Verhausung oder Wandlung / ein so gutes Färblein anzustreichen bemüht seynd / ihre Mühe verlieren: angemerckt / aus unterschiedlichen Stücken /gnugsam erscheinet / daß Pythagoras / in rechtem Ernst / die Verhausung oder Wandrung der Seelen in andre Leiber; gelehrt; und zwar / unter andren / hieraus / daß er vorgegeben / er wäre deß Mercurii Sohn /Aethalides / anfänglich gewest: Und als sein Vater ihm die Wahl gegeben / zu bitten / was er wollte /ausgenommen die Sterblichkeit / da habe er gebeten /daß er so wol lebend / als sterbend / sich alles dessen / was sich / zu seinen Zeiten / begeben / erinnern mögte: deßwegen gedächte er noch dessen Allen / was er / in seinem Leben / vormals gethan / hette auch solche Erinnerung nach dem Tode / noch behalten: Nach Ableben deß Aethalidæ / sey er der Euphorbus gewest; nach dem Euphorbo aber / der Hermotimus; wiederum / nach diesem / ein Fischer in der InselDelos, mit Namen Pyrrhus; und nach dem TodePyrrhi, endlich Pythagoras worden.

Solchen thörichten Wahn hat er / wie Herodotus zeuget / von den Aegyptern / eingesogen. Und ist gewiß / daß er deßwegen / von dem Fleisch aller Thiere / sich enthalten / auch ihm ein grosses Gewissen drüber gemacht / daß er sollte Bonen essen. Ja Einige wollen / er habe sich endlich lieber erschlagen lassen von Einem / der ihn tödten wollte / als daß er wäre durch die Bonen gangen / damit er dieselbe nicht nider treten mögte.

[347] Das Andre / nemlich daß Leib und Seele miteinander / in eines Thiers Leib / sollten verwandelt werden können / lautet eben so ungereimt / und mißklingt in den Ohren aller Vernunfft. Denn wann / durch deß Teufels Kunst / eine solche Verbildung / oder Umformung menschliches Leibes geschehen könnte / indem die Seele deß Menschen dennoch dem Leibe wesendlich vereinigt bliebe; so würde / unter jedweden Leibes Figur / Form / Gestalt / und Bildung / der Mensch warhafftiglich bestehn können / und wäre die menschliche Seel alsdann nicht / zu einem gewissen Bau oder Masse deß Leibs / von GOtt geordinirt / oder bestimmt: sondern es könnte das Wesen deß Menschen eben so wol / unter der Bildung eines Pferdes / Esels /Hanens / oder andren Thiers / wohnen: welches doch aller Vernunfft entgegen: Wie solches / mit vielen Gründen könnte bewiesen werden / wanns die Weitläufftigkeit nicht / auszulassen / verursachte. Derhalben sprechen wir billig mit dem heiligen Augustino: Absurdum est, & ab omni ratione alienum, Homines in lupos mutari; licet multi veterum idipsum crediderint, & affirmârint etc. Non solùm animam, sed nec corpus quidem, ullâ ratione, crediderim, dæmonum arte vel potestate, in membra vel lineamenta bestialia veraciter converti. Es lautet ungereimt / und wider alle Vernunfft / daß Leute sollten in Wölffe verändert werden. Ich glaube / daß nicht allein nur nicht die Seele / sondern auch der Leib / in keinem Wege / durch der Teufel Kunst und List /oder Macht / warhafftiglich in Gliedmassen / [348] oder Lineamenten unvernünfftiger Thiere / verkehrt werden können. 24

So bleibt derhalben übrig / daß der Satan die Leute / mit falschen Gesichtern und Fürstellungen betriege: welches auch am gewissesten / von demjenigem Geist / zu vermuten / der Lügen / Betrug / Geticht und Verstellungen allen dem / was er / mit den Menschen handelt / pflegt einzumengen / auch sein gantzes Reich / durch Lügen bauet; wie der Heil. Geist / sein Reich / durch lauter Warheit.

Es kann aber der Lügen-Fürst solchen Betrug / auf unterschiedliche Art / spinnen.

Erstlich kann er selber eine Thier-Larve anziehen /und entweder aus der Lufft / wie auch aus andren Elementen / das Bild eines Wolfs künstlen / und selbiges / nach Art eines natürlichen Wolfs / bewegen.

Zweytens / kann er den Balg eines Wolfs / oder andren verreckten Thiers / annehmen / und drein fahren.

Drittens / kann er rechte lebendige Wölfe / oder andre Thiere / auf ungewöhnliche Weise / treiben /bewegen / und zwingen / und also / durch seine mitwürckende Krafft / unter derselben Gestalt / oder auch vermittelst ihrer geregten und angeführten / oder angewendeten Glieder / solche Händel verrichten / für deren Stiffter und Thäter man den zaubrischen Menschen achtet: welchen er unterdessen irgendswo mit einem festen Schlaff verstrickt hält / ihm im Traum solche Gesichter vormahlt / und dieselbe seiner Einbildung so fest [349] eingedruckt / daß der Mensch anderst nicht meynt / als er sey da und dort in Gestalt eines Wolfs herum gestreifft / auf den Raub. Gewinnt es dann bißweilen das Ansehn / als ob eine solche Wolfs-Larve / oder Thier-Körper / verletzt würde; so verwundet der Teufel den rechten Leib deß abwesenden Zauberers an eben dem Gliede und Ort / an welchem der angenommene Larven-Körper / von irgend einem Menschen / verwundet worden.

Vierdtens / mag er vielleicht auch wol denen Hexen und Unholden eines Wolfs / oder andren Thiers / Gestalt aus den Elementen zurichten / und sie damit künstlich umgeben.

Fünfftens / kann er gleichfalls ihnen die Häute solcher Thiere / als ein tausend-künstiger Meister / geschicklich anlegen / und sie damit dergestalt überziehen / daß sich Kopff und Kopff / Fuß auf Fuß / Maul zu Maul / artlich auf einander fügen. Können doch die Sinesische Comedianten sich / in die Tiger- und Wolfs-Häute / so meisterlich / bequemen / und so natürlich darinn geberden / daß ein Unwissender sie für nichts anders / als für solche Bestien / ansehen sollte: warum müsste dann der Satan / welcher die allerperfecteste Meister überkünstelt / dergleichen nicht zu Werck richten können? Daher es dann kein Wunder /daß wann ein solcher Uberzug zerfetzt oder durchstossen wird / alsdann der / darinn steckende / Leib deß Zauberers / oder der Hexen / zugleich mit beschädigt wird. Und wann der gemachte Wolf / aus blosser Lufft / oder andren Elementen / vom Teufel bereitet /dem Zauberer aber / an stat einer Wolfs-Haut / umher angelegt wird: so muß nicht solcher Lufft-Körper /sondern deß Zaubrers [350] Leib / den Streich / oder Stoß /fühlen / welcher / ohne Auffhaltungen / und einige Hinderniß / durch den blossen Dunst / auff den natürlichen Menschen-Leib dringt / und demselben die Haut zerreisst.

Sechstens / pflegt der Teufel auch wol nur andren Leuten / welche darüber zukommen / und gäntzlich gläuben / daß sie solchen Wehrwolf warhafftig sehen / bißweilen auch wol nur einen betrieglichen Dunst vorzumachen / und ihnen durch seine Teufels-Possen /dergestalt / vermittelst Beweg- und Regung der Lufft /das Gesicht zu äffen / daß sie gewiß vermeynen / Dieses oder Jenes in rechter Warheit zu sehen / was sie doch würcklich / in der Warheit / nicht sehen.

Fürs Siebende / geschicht es doch gleichwol auch nicht selten / daß die Zaubrer unverwandelt dabey stehen / und der Teufel / an stat Ihrer / in Wolfs-Gestalt /dieses oder jenes Bubenstück / auff ihre Bewilligung verrichtet. Darüber sie / die dabeystehende Hexenmeister dann lachen und sich ergetzen: wiewol von Niemanden gesehn werden: es sey dann / daß Einer nach dem gespenstischem Wolfe haue / sieche / oder schiesse: da alsdann das Gespenst / als welches unverwundlich ist / die Wunde auff sie versetzt.

Ich will hiebey noch etliche Geschichte anführen; und zwar zuforderst ein paar / aus deß Lerchheimers Bedencken / daraus zu mercken seyn wird / daß bißweilen die Zaubrer würcklich zugegen / wann der Teufel ihnen die Gestalt eines Wolfs einbildet / und den Schaden / an ihrer Stat / thut; bißweilen aber ferrn davon bleiben / und nur im [351] Traum / oder Gesicht /sich einbilden / als ob sie würcklich in Wolfs-Gestalt herum lieffen. Ich lasse aber seine selbsteigene Feder reden.

Da ich in meiner Jugend / Anno 1547 / zu Franckfurt an der Oder studirt / bey Leben des hochverständigen Herrn Doctor Jodeci Willichii, begab sichs im Augustmonat / daß im Lande Meckelburg / bey den Edlen Molzanen / aus ihrer Nachbarschafft / von ihren Unterthanen / ein grosser Rüde / oder Hund / mit einem weissen Halsbande / in ihren Hoff kam geloffen / den fallen die Jagthunde an / beissen auf ihn zu / da sie ihm nichts angewinnen können / kommen die Stallbuben auch mit Gabeln und Spiessen geloffen / schlagen und stechen auf ihn zu. Da ward er alsobald ein Mensch: nemlich / ein alt Weib. Die bat um Gnade / man wolle ihrer verschonen; Ward angegriffen / und gefänglich eingezogen.

Von diesem Handel / nahm Doctor Willichius, seiner Profession ein Medicus, Anlas und Ursach zu disputiren offentlich in der hohen Schule / von solcher Veränderung der Menschen in Vieh / bewies / und erhielts / mit Beyfall aller Gelehrten /die da waren / daß es nur eine Verblendung der Augen wäre / welche in dieser jetzt erzehlten Geschicht / nicht allein den Menschen / sondern auch den Hunden wiederfuhre. Zu diesem Hunds-Gespenste / hat der Teuffel dem Weibe gerathen und geholffen / biß sie dadurch ins Gefängnus kommen / da hat ers [352] weit genug mit ihr gebracht / und sie verlassen.

Ich bin einmal / mit einem Kirchendiener /meinem Freunde / in eines Landesvogts Haus gegangen / der einen Wehrwolf / wie man solche heute auf Teutsch / zu nennen pflegt / gefangen hielt / den ließ er für uns kommen / daß wir / Ge spräch mit ihm hielten / erkundigten / was es doch für eine Beschaffenheit mit diesen Leuten hätte; der Mensch geberdete sich / wie ein Unsinniger / lachte / hupffte / als wann er nicht aus einem Thurn / sondern aus einem Wolleben käme. Bekandte neben viel anderm teuflischen Betrug und Gespenst / daß er am Ostertage /Nachts / daheim bey seinem Gesinde wäre gewesen / in Wolfs-Gestalt / welches Ort / mehr als zwantzig Meil / von dannen war / und ein Fluß dazwischen / zwey Mal so breit als der Rhein / vor Cölln. Wir fragten / wie kamstu aus dem Gefängnuß? Ich zog die Füsse aus dem Stock / und flog zum Fenster hinaus. Wie kamstu übers Wasser: Ich flog darüber. Was machtestu bey den Deinen: Ich gieng umher / besahe wie sie lagen / und schliessen. Warum kehrtestu wieder ins Gefängnis? Ich muste wol / mein Meister wollte es so haben; rühmte seinen Meister sehr. Da wir ihm sagten / es wäre ein böser Meister / sprach er: könnet ihr mir einen bessern geben / den will ich annehmen. Er wuste von GOtt so viel / als ein Wolf. Es war erbärmlich den Menschen [353] anzusehen / und anzuhören. Wir baten und erhieltens /daß er loß ward: sonst hette er müssen brennen.

Kurtz zuvor / wars geschehen am selbigen Ort /daß ein Baur in deß Vogts Haus kam / aß da zu nacht. Nach dem er wol gessen und getruncken /fällt er plötzlich von der Banck hinter sich / als wann ihn der Tropff schlüge / der Vogt / der das Ding / wie er meynte / verstund / ließ also ihn liegen unangerührt / hieß das Gesinde schlaffen gehen / morgends fand man vor der Stadt auff der Weide ein todt Pferd / war mit einer Sensen mitten von einander gehauen / die lag dabey / der Vogt ließ seinen Gast einziehen / der bekennet / er habs gethan / es sey eine Hetze da herum geflohen / wie eine Licht-Flamm / welchen die Wehrwölfe feind sind / und müssen sie verfolgen / nach der habe er gehauen mit der Sensen / da sie aber unters Pferd sich verbarg / das da gieng und grasete / sey der Hieb durchs Pferd gangen / also hat der Mensch bekannt / das er nicht gethan / sondern das ihm geträumet hatte / wie auch der Vorige; Jener lag mit Leib und Seel eingeschlossen / in dem Thurn / drum konte er nicht über zwantzig Meil daheim seyn: Dieser lag mit Leib und Seel die gantze Nacht in der Stuben / drum kunte er nicht draussen auff dem Felde seyn / daß er die That begienge / der Teuffel hats gethan / und es ihm so starck im tieffen Schlaff und Traum eingebildet / daß er gemeynt / und bekannt / es sey sein Werck / [354] ist drauf verbrannt worden; dermassen starcke Träume / Einbildung / und Melancholia / gibts insonderheit viel / in den Nordlichen und Mitternächtigen Orten / in der groben dicken Lufft dem Satan zu seiner Würckung bequem /darum sich auch daselbst mehr Leute / durch Schwermut und Bekümmernus / selbst entleiben /dann anderswo. Daß der Vogt verbot / den ligenden Gast anzurühren / geschahe der Ursachen /daß er glaubte / wie viel Andre / die Seele sey von solchen Leuten ausgefahren / und verrichtete die Dinge / die sie hernach bekennen / wann man sie aber unterdessen anrührte / so käme die Seele nicht wieder / und blieben sie todt. 25

Aber daß der Satan keines Weges vermöge / eines Menschen Seele / aus ihrem Leibe / hinweg- und wieder einzuführen / ist oben bereits angedeutet.

Georgius Sabinus / der berühmte und leicht-schreibende lateinische Poet / schreibt / es sey dem Hertzog Albrecht / in Preussen / ein Kerl von den Bauren /eingebracht / über welchen sie hefftig geklagt / daß er ihnen ihr Vieh verderbte / viel Stücke zerrissen und erwürgt hette. Das sollte ein häßlicher Mensch gewest seyn / im Gesicht voll Wunden und Narben / und da er ein Wehrwolf war gewest / von den Hunden hefftig gebissen seyn worden. Als ihn nun Etliche / auff Hertzoglichen Befehl / gefragt / wie es eigendlich darum wäre / [355] und damit zugegangen / soll er geantwortet haben; er würde / deß Jahrs zwey Mal zu einem Wolfe; ein Mal / um Weihnachten; das andre Mal /um Johannis / nach Pfingsten; um selbige Zeit / würde er gar verwandelt / und müsste alsdann / wie ein andrer Wolf / im Gehöltze und wildem Walde / unter /und mit andren Wölfen / herum lauffen / auch / gleich denselben / wüten / und niderreissen: Bevor ihm aber die Wolfs-Haare wüchsen / und er einen gantz rauhen Wolfs-Beltz am Leibe bekäme / befiele ihn vorher grosser Schrecken und Traurigkeit / welche er / am gantzen Leibe / empfünde: Man habe es damals / vor Erst / so dahin gestellt seyn / und dabey beruhen lassen / biß auff weiteren Bescheid; nachmals aber mehrern Grund davon verlangt / und prüfen wollen / ob nicht vielleicht ein Betrug / und falsche Einbildung darunter begriffen seyn mögte; solchem nach den Kerl eine gute Zeit im Gefängniß behalten / und den Loch-Hütern ernstlich befohlen / genaue Achtung auff ihn zu geben / und fleissig drauf zu mercken / ob er seiner Aussage nach / auf berichtete Zeit / zum Wolfe würde. Welches aber ausgeblieben / und er / nach wie vor / in seiner häßlichen Bauren-Haut / beharret ist. 26

Olaus Magnus, zu dessen Lebzeiten solches vorgegangen / berührt es gleichfalls; aber mit diesem irrigen Anhange / daß der Bauer sich / in der Gefängniß /in einen Wolf verändert habe / auch hernach darauff /zur Straffe der Zauberey / auf einem Scheiterhauffen /sich in Asche verändern müssen. [356] Er muß aber / von Weitem / hierinn / übel berichtet worden seyn. Denn Georgius Sabinus / welcher damals doch selbst in Preussen gelebt / schreibt das Widrige; nemlich / der Bauer sey ein Bauer / und in eben derselbigen abscheulichen / Gestalt / darinn er zum Gefängniß eingetreten / ohn einiges Zeichen äusserlicher Veränderung / oder Gestalt-Wandlung / verblieben.

Unterdessen ist gewiß / daß der Teufel / welchem dieser Bauer gefrohnet / an stat deß Bauren / das Vieh zerrissen / nachdem er deß Bauren Begehren und Willen hinweg gehabt / und demselben fälschlich eingebildt / als ob er / der Bauer / würcklich ein Wolf würde / der die Schafe todt bisse.

Eine fast gleiche Probe erzehlt der vortreffliche /und welt-berühmte Medicus / Sennertus / aus dem Munde eines fürnehmen Manns / mit diesen Umständen:

Nachdem man ein gewisses Weib / auf Anzeigung /daß sie sich zum Wolfe verwandelte / gefänglich eingezogen / und Sie solches auch selbst hatte gestanden; hat der Magistrat ihr zugesagt / das Leben zu schencken / wann sie dessen würde eine Probe thun. Da sie / nun solches zu thun / versprochen / wann sie nur ihre / dazu bedürfftige / Salbe zur Hand hette; hat man dieselbe / aus ihrem Hause / geholt / und ihr gebracht. Womit sie dann den Kopff / den Hals / die Achseln / und andre Glieder deß obern Leibs / geschmiert / bald hernach aber / in Gegenwart deß Magistrats / nidergefallen / und von einem tieffen Schlaff befangen worden. Nach dreyen Stunden aber / ist sie gähling wieder aufgestanden / und / nachdem man gefragt / wo sie / unter [357] der Zeit / gewesen? und / was sie unterdessen gemacht hette? hat sie geantwortet / sie wäre verwandelt worden / in einen Wolf / hette nahe bey einer / etliche Meilen von dannen gelegenen Stadt / erstlich ein Schaf / hernach auch eine Kuh / zerrissen.

Solches nun in Erfahrung / ob sichs also in der That verhielte / zu bringen / hat man / bey dem Magistrat selbiges Orts / Nachfrage gethan / und vernommen / daß dem freylich also / und ein solcher Schade /unter der Heerde / würcklich geschehn wäre.

Daraus denn Sennertus / und zwar / mit guter Vernunfft / schliesst / es habs der Teufel / im Namen dieser Hexen / indem dieselbe im festen Schlaf gelegen /verrichtet / und ihr / im Schlaffe eine solche Phantasey oder Vorstellung gemacht / daß sie sich selbsten /für die Thäterin / gehalten. 27

Solches Sennertisches Urtheil / kann bestetigt werden / durch folgends / was Frommannus erzehlt; daß nemlich / seines sicheren Wissens / vor etlichen Jahren / eine Hexe bekannt habe: Der böse Feind hette sie / vorm Jahr / zu einer Fliegen gemacht / daß sie in U.K. Haus fliegen / und die Suppe vergifften müssen / mit gelbem Gifft / so der böse Feind ihr gegeben: die Leute aber hätten die Suppe nicht gar ausgessen / daß also ihnen nicht geschadet. Vor zweyen Jahren hette er sie auch zu einer Drosel gemacht / daß sie nach N. fliegen müssen / [358] mit blauem Gifft / so sie über den Korn-Flor herblasen müssen. 28

Also ist diese vermeynte Fliege oder Mucke / (diese Trude / meyne ich) im Schlaff und Traum / durch eine starcke Einbildung / vom Satan / bethört und verführt worden / zu gläuben / sie wäre / vom Satan / würcklich / in eine Fliege / verwandelt: da doch eine solche Verwandlung eines so grossen Körpers / zu einer Mucken / oder zu einer Drossel / dem Teufel allerdings unmöglich fällt.

Beym Augustino / kommt / eine / nicht gar ungleiche / Begebenheit vor. Einer / mit Namen Præstantius, berichtete / es wäre seinem Vater widerfahren /daß er ungefähr etwas deß Giffts (oder zaubrischen Gemisches / womit die Hexen / der gemeinen Sage nach / die Leute in Thiere verkehrten) zu sich genommen / und darauf in seinem Bette / als wie schlummerend / gelegen / hette aber auff keinerley Weise ermuntert werden können: Nach etlichen Tagen sey er auffgewacht / und habe gleichsam wie lauter Träume erzehlt / was er Alles gelitten hette; nemlich er wäre zum Pferde worden / und hette / unter andren beladenen Rossen / den Soldaten müssen das Getreyde (oder Proviand) zutragen. Wie man dann auch nachmals erfahren hat / daß solche Zufuhr für die Soldatesca würcklich damals geschehen wäre.

Uber das gedachte er auch / er hette / zu Nachts / in seinem Hause / ehe denn er ruhete / gesehn / daß ein /ihm aufs allerbeste bekandter / Philosophus zu ihm käme / und ihm einige Platonische Sachen erklährte /weiche [359] er ihm vor dem nicht erklähren wollen / ob er ihn gleich darum gebeten. Als man aber denselbigen Philosophum gefragt / warum er ihm hiemit / in seinem Hause / nun gewillfahrt / da er ihm doch in seinem selbsteigenem (nemlich deß Philosophi) Hause /als er ihn daselbst drum ersuchte / solches abgeschlagen hette; hat derselbige gesagt: Ich habs nicht gethan; sondern mir hat geträumt / als ob ichs thäte. Also ist dem Einem / durch eine phantastische Bildung / bey wachenden Augen / vorgestellt / was der Andre / im Schlaff / gesehn. Und bestetigt Augustinus die Gewißheit dieser Geschicht / indem er endlich hinzu setzt / er habe dieselbe nicht / von unglaubwürdigen Leuten / sondern von solchen / vernommen / welche ihm / seiner gäntzlichen Versicherung nach /keine Unwarheit vorgebracht. 29

Unterdessen werden solche Zaubrer gleichwol nicht allemal / durch Träume / nur so überredet und geäfft /als ob sie / in Wölfe / vergestaltet würden: denn die Erfahrung / daß sie offtmals / unter solcher / vom Satan erkünstelten / Bildung / in der Einbildung / als ob sie recht natürliche Wölffe geworden / recht würcklich umher lauffen / und so wol Menschen / als Vieh / anfallen / ist häuffig / und von vielen nicht allein privat-Leuten / sondern auch gerichtlichen Beamten / wie auch durch die verübte Bosheiten / mehr /als zu viel / beglaubt.

Sie haben aber ihre / von ihrem schwartzen Meister / gesetzte Zeiten / im Jahr / darinn sie solche Wolfs-Gestalt annehmen / und auff den Raub auslauffen: wiewol sie nicht eben alle Mal die Leute / sondern allein das Vieh / beschädigen dörffen.

[360] Olaus Magnus berichtet / in Preussen / Lieffland /und Lithauen / geschehe es sehr offt / daß solche böse Leute / gegen der H. Christ-Nacht / an einem bestimmten Ort / in gewaltiger Menge / zusammen kommen / und allda in Wölffe verwandelt werden; alsdann / in derselbigen Nacht / mit verwunderlicher Wüte /beydes Menschen und Thieren zusetzen / die Häuser anlauffen und auffbrechen / in die Keller gehen / das Bier auszusauffen / oder die Bier-Fässer hinweg tragen: zwischen Lithauen / Samoiten / und Curland /sey eine Wand von einem alten eingerissenem Schloß / zu seiner Zeit gestanden / bey welcher jährlich etliche tausend / zu gewisser Zeit / sich versammlet / und Jedweder seine Hurtigkeit im Springen versucht habe: Diejenige / welche nicht über solche Wand springen können / seyen von ihren vorgesetzten Befehlhabern /mit einer Peitschen geschlagen. Das Mittel aber / wodurch sie zu Wölffen verkehrt werden / soll dieses seyn / daß sie einen mit gewissen Worten beschwornen oder verhexten / Becher austrincken. Welches ein Anzeigen / daß es nicht alle Mal / vermittelst der sonst gewöhnlichen / Zauber-Salbe / geschicht.

Bey eben diesem Olao / lieset man / daß auch in den nechsten Tagen nach Weihnachten (in den Zwölffen / pflegt mans / in Teutschland / zu heissen) ein hinckender / und an dem einem Fuß lahmer /Knabe herum gehe / solche Teufels-Sclaven / derer ungläublich viel seynd / zusammen zu ruffen / und ihnen befihlt / daß sie ihm folgen sollen. Säumen sie dann / oder verziehen zu lange / so kommt bald darauf ein langer Kerl / mit einer Geissel aus eisernen [361] Riemen / die sich aber beugen lassen; hauet damit auf sie zu / und treibt sie also fort / daß sie eilends müssen gehen. Derselbe soll die elende Tropffen so hart geisseln / daß ihnen / weder die blutrünstige Narben /noch die hefftige Schmertzen / in langer Zeit / entweichen. So bald sie sich aber / zur Folge / bereiten /scheinet ihnen die vorige Gestalt zu verschwinden /und die Wölfs-Bildung sich einzustellen.

Also kommen dann etliche tausend bey einander. Der Führer mit der eisernen Geissel geht vorher: und das Heer derer / die sich / in Wölfe verwandelt zu seyn / gläuben / folgt ihm nach.

Nach solcher Ausführung / fallen sie das Vieh / so ihnen begegnet / an / erbeissen und zerreissen es; und rauben / was sie können; thun auch allerhand andren Schaden. Menschen aber dörffen sie alsdann nicht anrühren / noch verletzen.

Wann sie / zu einem Fluß / kommen / theilt der Führer / mit seiner Geissel / das Wasser / daß es von einander zu weichen scheint / und den trucknen Boden hinterlässt: damit sie / ungenetztes Fusses / mögen hindurch gehen.

Nachdem aber zwölff Tage verflossen / zerstreuet sich das Heer auseinander / und kehrt ein Jedweder wiederum zu seiner menschlichen Gestalt. 30

Diesem Scribenten / dem Olao M. will zwar / von Manchem / bißweilen nicht allerdings geglaubt werden: aber es mangelt nicht / an Andren / [362] welche ihn hierinn secundiren / und glaubfest stellen. Unter denen Bodinus: welcher schreibt / es hetten ihn glaubwürdige Handels-Leute / und Aug-zeugen / vergewissert / daß es bey seiner Lebzeit / in Lieffland / geschähe. So hat ihms auch der Hertzoglich-Sächsische Agent beym Könige von Franckreich Languetus Burgundus, bestetigt: und Er es auch / in einem / ihm communicirtem / Schreiben eines Teutschen / an den Connestabel von Franckreich / gelesen. 31

Dieses erstarcket auch / durch den Bericht Gasparis Peuceri: Welcher sich vernehmen lässt / es seyen ihm sothane Verwandlungen zwar allezeit fürgekommen / wie Mährlein; aber / von dem an / daß viel Leute / so in Lieffland ihren Gewerben nachgezogen /ihm die Nachricht gegeben / es wären sehr viel solcher Unmenschen deßwegen / daß sie / in Gestalt der Wölfe / Andren Schaden gethan hetten / peinlich angeklagt / überführt / und nach ihrer Bekenntniß / zum Tode verurtheilt / habe er es müssen gläuben.

Fußnoten

1 Herodot. lib. 4.

2 Pausan. lib. 6. El.

3 Virgil. in Eclog.

4 Plin. lib. 8. Natur. Histor. c. 22.

5 Plin. loc. s. cit.

6 Vid. Disputat. Thomasii de Transformat. Hominis in bruta §. 64.

7 Vid. Olaus M. Hist. de Gentib. septentr. lib. 18. c. 45.

8 Augustin. lib. 18. de C.D. 17. 18.

9 Cœl. Rhodigin. lib. 27. c. 12.

10 H. Mag. l. 4. c. 12.

11 Bulling. lib. 2. adversus Magos.

12 Bodin. lib. 2. Dæmonom. c. 6.

13 Boissard. de Magia c. 6.

14 In seinem Bedencken vom Blocksberge.

15 N. Remig. de Dæmonolat. lib. 2. c. 15.

16 Spondan. in Homeri Odyss. l. 10.

17 Binsfeld. de Confess. malefic. Conclus. 3.

18 Petr. Thyræ. lib. 2. de Apparit. Spirituum c. 15.seqq. usque ad c. 24.

19 Del-rio lib. 2. Disquisit. Magic. lib. 2. Quæst. 19. p. 207. seq. & alibi passim.

20 Del-rio lib. 2. Disquisit. Magic. Quæst. 19.

21 Olaus M. in fine libri 18.

22 Joannes Bodin. lib. 2. Dæmonol. cap. 6.

23 Boethius de Consolat. Philosoph. lib. 4. Pros. 3.

24 Augustin, l. 18. de Civ. D.c. 8.

25 Lerchheimerus / in seinem Bedencken von dieser Frage apud Dedekinn. Vol. II. Consilior. f. 434.

26 Georg. Sabinus, in lib. VII. Metamorphos. Ovidii.

27 Sennertus de Morb. occult. lib. 6. part. 9. cap. 5.

28 D. Frommannus lib. 3. de Fascinat. Magic. Sect. I. c. 6. p. 578.

29 S. Aug. l. 18. de C.D.c. 8. & 17.

30 Vid. Olaus M. lib. 18. Rer. Septêntrional. c. 45 & 47.

31 Bodin. l. 2. Dæmonol. c. 6.

35. Die Circoeische Wandlung

[363] XXXV.

Die Circœische Wandlung.

Nicht Alles / was unserm engen Vernunfft-Maß nicht eingeht / lässt sich deßwegen / für ein blosses Fabelwerck / verkauffen. Ein höherer Verstand kann viel künstlen / oder ersinnen / das der nidrige nicht fasst. Der Adler und Habicht sehen schärffer / als die einfältige Täublein. Also kann sich auch die Ersinnung eines Engels / weit über allen menschlichen Begriff /schwingen / und solche wunderbare Sachen vorstellen / deren Grund unser Vernunfft-Auge / in der Natur /nicht erblickt: wann sie gleich / durch Hülffe der Natur / verrichtet werden.

Solches findet sich auch / bey vielen wunderseltsamen Blendungen / und künstlichen Triegereyen deß verschmitzten Geistes der Finsterniß: Ob die Art und Weise ihrer Vermittlung unsren Sinnen gleich zu subtil und unerreichlich: können wir darum nicht gleich den Handel selbsten den blossen Einbildungen melancholischer Leute / oder den leeren Rocken-Mährlein /beyrechnen: Wie zwar gantze Parlementen und Gerichte / in Franckreich / so wol / als auch einige ansehnliche Aertzte / gethan: Welche alle Zauber-Künste / für blossen Wahn-Betrug / und insonderheit die zaubrische Schein-Wandlung der Menschen in Wölfe / Esel / oder Pferde / für eine purlautere Phantasey und Melancholey / geachtet.

[364] Daß eine gewisse Kranckheit dergleichen Eigenschafften bey sich führe / und ihren Patienten / mit einer festen Einbildung bethöre / als sey er / zu diesem oder jenem Thier / verwandelt / und habe die Gestalt eines Rosses / oder Wolfs / oder einer Katzen /gewonnen; lässt man ungestritten: Wer wollte / wider so viel beschriebene / und täglich vorgehende Exempel / den Mund aufthun? Aber daß auch die Verwandlung der Zaubrer in gewisse Thier-Gestalten / nur auf blossem Wahn der Melancholey / beruhe / geht der vielfältigen Erfahrung / und auch der Vernunfft / zuwidern. Denn wann die Melancholey solche thierische Mißgestalten / in dem menschlichem Gehirn nur /ausbrütete; würden solche Melancholisirende / ihrer selbsteigenen Einbildung allein / nur so fürkommen /und nicht andre Leute eben so wol sie / für solche Thiere / alsdann ansehn: zudem würde die blosse melancholische Einbildung nicht / unter deß Nachbarn Vieh / so viel Schaden und Raub stifften / wie die bösen Leute thun / welche in (äusserlicher / und vom Satan ihnen angekünstelter) Gestalt wilder Thiere herumlauffen / Menschen / und Vieh zu beschädigen.

Daß die Verwandlung würcklich geschehe / will ich gleichwol hiemit nicht gemeynt haben; sondern nur dieses / daß die Schein-Wandlung kein leeres Geschwätz sey; nemlich die Teufels-künstige Vorstellung eines Thiers / an stat eines gegenwärtigen oder abwesenden Menschens. Welche Vorstellung kein solches Lehr-Geticht ist / wie die Circœische Wandlungs-Rute; sondern in vielerfahrener Gewißheit besteht.

[365] Ich gedencke hiemit weder Alles für gültig zu erkennen / noch für ungültig / was die Alten / von dergleichen Gestalt-Wechslungen / geschrieben.

Vincentius, der von Wundern / und Abentheuren /viel Wunders macht / und ein besondres Werck zusammen getragen / berichtet / aus dem Guilhelmo Malmesberiensi; daß / in Teutschland / zwo zaubrische Wirthinnen gewest / welche beyde die Teufels-Kunst gewusst / reisende / und bey ihnen zur Herberge einkehrende / Leute / so offt sie gewollt / in Thiere zu verwandeln: die sie hernach denen Kauffleuten /die aber von solcher Verwandlung keine Wissenschafft hatten / um ein gewisses Geld verkaufften. Da nun einsmals auch ein junger Mensch / bey ihnen /sein Quartier genommen / der von Komedien-spielen seine Nahrung erwarb / haben sie denselben / durch ihre Zauberey / alsofort in einen Esel / verbildet / der /mit hurtiger Reg- und Bewegung der Glieder / und durch mancherley Geberden / die er / bey gesunder Vernunfft / an sich blicken ließ / den Zusehern grosse Lust und Verwunderung erweckte. Gestaltsam deßwegen ein Nachbar diesen Hexen ein grosses Stück Geld / für den Esel / geboten; damit er seine Kurtzweil und Spaß / an demselben / haben mögte. Welche ihm den Esel auch überlassen / doch diese Warnung dabey gegeben haben / daß er denselben nur nicht sollte ins Wasser gehen lassen.

Solches hat zwar der Käuffer fleissig / eine lange Zeit / beobachtet / und den Esel / eine gute Weile /von dem Wasser / wegbleiben lassen / endlich [366] aber doch ein Mal aus der Acht gestellt / also / daß der Esel / in den nechsten See / gegangen / und so bald er die Füsse drein gesetzt / gleich alsofort seine vorige Menschen-Bildung wieder gewonnen. Worauf der zulauffende / und den verschwundenen Esel suchende /Knecht / ihn / der ihm ungefähr eben begegnete / gefragt / ob er nicht hette irgendswo seinen verlohrnen Esel gesehn? Welchem er antwortlichen Bericht gegeben / er sey der Esel gewest. Solches lässt der Herr deß Weiland-Esels zur Stunde / als ein grosses Wunder / dem Papst zu Ohren gelangen. Dem es anfangs wunder-abentheuerlich vorgekommen. Dennoch hat es endlich Jedermann geglaubt / nachdem Petrus Damianus, der gelehrteste Mann seiner Zeit / geurtheilt / es könnte / nach dem Exempel Simonis Magi, gar wol etwas dergleichen geschehn. 1

Deusingius rechnet dieses hingegen / unter die Getichte / und gleichfalls die Abentheuren / so man dem Simoni Mago zugeschrieben / für nichts gewissers; oder daß dieses letzte aufs wenigste eine teuflische Blendung nur gewest / was in der Histori Clementis, wie auch beym Irenæo, Eusebio, und Egesippo, als welche bißweilen den Mährlein gar zu willig geglaubt hetten / von ihm erzehlt wird; nemlich / daß / alsNero, samt allem zuschauendem Volck / gemeynt /Simon / der Zauberer / wäre mit dem Beil enthauptet /er / durch die zaubrische Verblendung / dermassen betrogen sey / daß er nicht erkennte / wie / an Simons Stelle / ein Widder / unter der Gestalt deß Simons /geköpfft wäre; und sey es darüber so weit gekommen / [367] daß Simon / als wie Einer / so von dem Tode wiedergekehrt / am dritten Tage / für einen Gott geachtet / auch deßwegen ihm zu Ehren / vom Nerone, zu Rom / ein Bild aufgerichtet worden / mit der Uberschrifft / Simoni Mago Deo.

Wann nun gleich diese Historie vom Simone Mago, so viel die Augenverblendung betrifft / wahr seyn sollte; so ist doch / aus dem Simone Mago, kein Widder geworden / (spricht Deusingius) er ist / zu keinem solchem Thier / warhafftig verwandelt; sondern nur seine Gestalt / und äusserliche Bildung dem Widder anbequemt / auf daß der Widder / unter der ertichteten Gestalt deß Simons / mögte abgehauen werden.

Für gleiches Schlages und Spreuers schätzet er die Abentheuer / so nach Sprengeri Bericht / in Cypern /sich soll zugetragen haben: nemlich / daß ein junger Engländer / auf gleiche Weise / von einer Unholdinn /in einen Esel soll verwandelt seyn / und unter solcher Esels-Bildung / drey gantzer Jahre / in unmenschlicher Dienstbarkeit / allerley Nothdurfft der Haushaltung habe zutragen müssen; weil er aber dennoch bey Vernunfft unterdessen geblieben; man einsmals beobachtet habe / daß er / vor der Kirchthür / auf die Knie gefallen / und sich also bezeigt / daß man von einem unvernünfftigem Thier / dergleichen nicht vermuten können: Darüber sey endlich das Weib / so den Esel getrieben / in Verdacht und Verhafft gekommen / und nachdem sie / vor den Richtern / Alles bekannt / auch den Jüngling / durch ihre Kunst / [368] wiederum / zu menschlicher Gestalt / gebracht / am Leben gestrafft worden. 2

Mir kommen zwar dergleichen Händel anderst nicht vor / als betriegliche Aug-Verblendungen; doch darum nicht gleich / wie Mährlein / oder blosse Getichte. Der Satan hat beydes den Hexen / und auch denen Verhexten / wie nicht weniger andren Leuten /solche Wandlung vorgestellt / durch einen Augen-Betrug: indem nichts destoweniger diejenige / welche also / dem äusserlichen Schein nach / in Rosse oder Esel / verstellet worden / eine Roß-Arbeit / ob gleich nicht unter gleicher Last / (denn ein Roß / oder Esel /trägt schwerer / als ein Mensch) dennoch würcklich verrichten müssen. Wiewol der Hexen-Geist / um sein Gauckel-Spiel nicht zu hindern / oder zu entdecken /vielleicht selber solchen verstelleten Personen zu der Bürde / wann diese gleich unmenschlich / und menschlichen Kräfften unerträglich fällt / sonderbare Stärcke mittheilt; wie er sonst Manchen / der sich ihm ergeben hat / übermenschlich-starck / und schier unbezwinglich / machet. Denn daferrn oberzehlte Abentheuren sich nur / in dem Gehirn müssiger Mährlein-Schreiber / formirt hetten: würde man nicht / zu allen Welt- und Lebzeiten / davon etliche verzeichnet / und der Nachkömmlingschafft nachrichtlich hinterlassen haben: zumal weil man nicht nur schier in allen Jahr-hunderten / sondern auch / in unterschiedlichen / weit voneinander entferrnten / Ländern / davon geschrieben.

[369] Will man dem Luciano, und Apulejo gleich nicht glauben / daß sie / von den Larissœischen Zauberinnen / zu Eseln verwandelt worden / als sie eben darum zu ihnen gekommen waren / daß sie erfahren mögten /ob dem also / wie das Gerücht sagte / daß Menschen in Esel verkehrt werden könnten: so gebricht es gleichwol nicht / an andren Scribenten / welche mehrern Credits würdig / und solche abentheuerliche Schein-Wandlung beglauben.

Ich nöthige Niemanden / dem Verfasser deß heiligen Macarii Lebens seine Beypflichtung unverweigerlich zu verhuldigen / wann derselbe erzehlt / es habe Einer / auf eine eheliche Bäurinn Ehbruchs-volle Augen geworffen / und gern mit ihr buhlen wollen; weil sie aber seinem unzüchtigem Verlangen zu willfahren sich geweigert / einen Zaubrer ersucht / der entweder ihren Mann ums Leben bringen / oder das Weib gegen ihm verliebt machen / sollte: Worauf der Trudner die Bauren-Frau / in ein Mutterpferd / verwandelt / dafür sie auch / so wol von ihrem Mann /als von den Jüngern Macarii, zu welchem man sie hingeführt / (äusserlich) angesehn worden. (Wiewol ich keine Ursach finde / solches eine Fabel zu schelten.)

So fordre ich auch von Niemanden / daß er Alles /was Saxo Grammaticus schreibt / für lauter Glaubens-Articul erkenne: gleichwie hingegen Niemand /mit Fuge / von mir fordren kann / daß ich dieses gleich / von wahren Geschichten / auswerffe / was nicht allein er / sondern auch Crantzius, erzehlt: Wie nemlich Frotho, König [370] in Dennemarck / als er das Haus einer Zauberinn zerstöhren wollen / und deßwegen Etliche vorangeschickt / welche das Weib / samt ihren Kindern / greiffen sollten; Sie aber / die berühmte Hexe / sich in ein Pferd verwandelt / bald hernach aber / als der König selbst angelangt / die Gestalt einer See-Kuh angenommen / und auch ihre Söhne in Kälber verbildet habe; in welcher Gestalt sie / am Ufer deß Meers / herum geschweifft / und Weide gesucht: Biß der König / auf diese Meer-Kuh / und ihre Kälber / einen Argwohn bekommen / denselben nachstellen / und die Wiederkehr zum Meer abschneiden lassen; auch selbst hingefahren / dieselbe zu sehen / endlich vom Wagen gestiegen / und sich auf die Erden nidergesetzt: Worauf die Mutter die Hörner auf ihn gespitzt / und ihm einen Stoß in die Seiten versetzt / davon er gestorben; seine Soldaten aber diese Meerwunder mit Pfeilen durchschossen / und /nach Erlegung derselben / wahrgenommen / daß die Leiber derselben menschlich / die Köpffe aber thierisch wären. 3 Welche der Satan vielleicht diesem Hexen-Gesinde / mit geschicklich-anbequemten Häuten von Thierköpffen / überzogen gehabt.

Ich stelle Jedwedem zur Beliebung / solcher Erzehlung Glauben zu geben / oder zu entnehmen: meines Theils aber / sehe ich mich gleichwol auch nicht gezwungen / solches / und dergleichen / für gewisse Getichte anzunehmen: denn von solcher Meynung werde ich abgehalten / durch diese folgende Begebenheit /welche mir ein fürnehmer Herr [371] beglaubt / und vor wenig Jahren / in dem Hertzogthum Cräin / sich würcklich zugetragen.

Eine Frau / die viel edler von Geblüt / als von Gemüt / sich befunden / ist ein Mitglied einer sehr unedlen Gesellschafft worden / nemlich der Hexen-Versammlung / die einen Christen aller adlichen Ehren seines Christenthums entsetzt / und / nebst andren Bocks- oder Gabel-reiterinnen / mit ausgefahren /zum Truden-Tantz; doch weder auf einem Bock /noch Stock / noch Besem / noch Gabel; sondern / auf einem vernünfftigem Roß; nemlich auf ihres Herrn Reitknecht. Welchen sie / indem er im Schlaffe gelegen / aufgezäumt / und also / auf ihm davon geritten /wie auf einem natürlichem Pferde. Denn so bald sie ihn aufgezäumt / hat er sich / in die Gestalt eines Rosses / verändert / sie aufsitzen / und sich von ihr reiten lassen müssen.

Nachdem aber der Knecht solches abentheurlichen Reuters / und auch deß ungesegneten Orts / da sie ihn hingeritten / überdrüssig worden; hat er sich einsmals / unter währendem Hexen-Reigen / abgezäumt. Und /als seine Frau wieder zu ihm getreten / in Meynung /ihn wieder heimzureiten / ist er behände zugesprungen / und hat ihr eben denselbigen Zaum angeworffen / womit sie ihn bißhero gezügelt / und zum Pferde verwandelt hatte. Weil sie nun alsofort hiedurch (dem Schein nach) zu einer Stutten ward; setzte er sich hurtig auf / und ritte / auf diesem seltsamen Post-Klepper / nach Hause: allda er es in den Stall gezogen.

[372] Deß Morgens gehet er hin / und verkündigt seinem Herrn / er habe / auf dem Felde / in den Schoden /eine schöne Stutte angetroffen / und mit sich heimgeführt in den Stall. Der Herr geht hin / die Stutte zu besehen; verwundert sich über derselben Schönheit höchlich; befihlt endlich dem Knecht / er solle sie abzäumen / und ihr ein Futter vorlegen. Wie aber der Knecht ihr den Zaum abnimt / verwandelt sie sich /Augenblicks / in seines Herrn Frau.

Hierauf hat so wol die Frau / als der Herr / dem Knecht hart eingebunden / daß er von diesem Handel nichts melden sollte; ihn auch / mit Verehrung eines guten Stück-Geldes / zum Stillschweigen verbunden. Aber solcher silberner Rigel war nicht starck genug /die Lippen-Thür fest genug zu schliessen: Die Schwätz-Lust hat ihm dennoch den Mund erbrochen /das Geheimniß ausgelassen / und ruchbar gemacht; wiewol nicht / durch offentliche Aus- oder Ansage vor Gericht; sondern nur bey einigen Bekandten: durch welche es nachmals noch weiter ausgebreitet worden. Obgedachter Herr aber / 4 der mir solches zugeschrieben / hat es / aus seinem eigenem Munde / gehört /nachdem er ihn darum gefragt.

Diesem nach hat man / an dergleichen Schein-Wandlungen / nicht zu zweifeln.

Fußnoten

1 Vincent. in Spec. lib. 3. c. 109.

2 Sprengerus Inquisitor, è Guilhelmo, Tyri Archi-Episcopo, citante Wolfshusio, in Oratione de Lycanthropia.

3 Saxo Grammat. lib. 5. Histor. & Cranzius lib. 1.Daniæ, c. 32.

4 Nemlich der Herr Baron Valvasor: In dessen Crainerischem Werck auch diese Abentheuer / von mir /ist mit angezogen worden.

36. Der mordende Zauber-Wolff

[373] XXXVI.

Der mordende Zauber-Wolff.

Der allererste Spruch / welchen der Teufel / zu den ersten Menschen that / war betrieglich. Sein heilloser Raht versprach ihnen eine Gott-Gleichheit: und als sie darüber das Göttliche Ebenbild verschertzten / kitzelte er sich damit / daß er sie in den Tod gestürtzt. Gleicher Gestalt untersteurt und futtert er noch heutigs Tages Alles aus / mit Täuscherey / was er / mit gotts-vergessenen Leuten / verabredet / treibt sein Gespött daraus / daß er sie bey der Nasen herum führt / und grosse Wunder / aus ihnen / zu machen / verspricht /indem er sie / in den allerverächtlichsten Zustand versencket. Er druckt ihnen den falschen Wahn ein / als ob es was Grosses sey / daß sie sich / nach Belieben /in dieses oder jenes Thier, verstellen können / und betriegt sie unterdessen doppelt. Denn was er ihnen / für was Grosses einbildet / das ist vielmehr ihre Verkleinerung: sintemal es dem Menschen / ein Wolf / Pferd / Hund / Esel / oder Katze / zu werden / noch viel weniger Ehre bringt / als ob ein Fürst zum verächtlichsten Sclaven / ja gar zum Kloakenfeger würde. Und überdas ergetzet er sie noch dazu nur / mit falscher Einbildung: weil sie keines Wegs / durch seine Hexen-Künste / aus der menschlichen / in eine thierische Natur / versetzt / noch mit einem Thier-Körper beleibet werden können. [374] Welches so gewiß / daß er nicht ein Mal ein einiges Bluts-Tröpflein / oder sonst dergleichen etwas von einem Thier-Körper / hervorbringen kann / noch einige Substantz / in ein rechtes Blut / verändern / ohne Hülffe und Vermittelung eines / von GOtt erschaffenen / Thiers. Wie viel weniger wird er dann einen Menschen zum Thier wesendlich umformen!

Aber damit / daß sie solches dannoch glauben / und sich von ihm gecken lassen / treibt er seinen Spaß /und spottet Ihrer heimlich bey sich selbsten / indem er sie also narret / als der Meister in aller Spötterey /und der allergrösseste Spott- und Späh-Vogel in der Welt.

Solches kann / aus diesem Exempel / erhellen; welches der gelehrte Medicus, Antonius Deusingius, mit diesen wiewol von mir verteutschten / Zeilen / erzehlt.

Als / vor etlichen Jahren / der Teufel / in einem Cölnischem Nonnen-Kloster / alle Jungfrauen desselben / mit seiner unsaubren Zauberey / angesteckt / und besessen hatte / also / daß der meiste Theil derselben auch darüber endlich verbrannt wurde / (Immassen solche Geschicht damals / als gedachter Deusingius ein Tractätlein / de Lycanthropia, hat drucken lassen / annoch in frischem Andencken gewest / und durch unzeh lich- viel Aug-Zeugen / die / zu deß Authoris Zeiten / annoch nicht gar alt gewest / beglaubt worden) hat der böse Feind gemacht / daß aus einem Crucifix / eine Zeitlang / Blut / und zwar ein recht warhafftes / Blut geflossen. Darüber [375] verwunderte man sich zum hochsten / und schien solches bluten / bey manchen Einfältigen / (dafür der reformirte Author Abergläubige setzt) einen grossen Eyfer in der Religion / oder Andacht / zu erwecken. Als aber deß Satans Gauckel-Spiel und Betrug endlich hervorbrach / und entdeckt wurde /hub der Ertz-Bösewigt / aus den besessenen Nonnen / über die Thorheit der armen einfältigen Leute / ein spöttisches Gelächter an / daß sie / an stat deß Bluts unsers Heilands / ein Hunds-Blut /andächtigst verehrt / und schier angebetet hetten; und zeigte selber einen geheimen Winckel in der Stadt an / dahin er viel erwürgte Hunde zusammen geschleppt / von welchen er das Blut genommen hatte / um damit ein falsches Miracul zu machen. Also hat er zwar hierzu deß Hund-Bluts sich bedienen müssen; doch gleichwol dasselbe /in kein Menschen-Blut / verwandeln / noch die Hunde / nach entzogenem Blut / beym Leben erhalten / noch dieselbe / nachdem sie verreckt wären / wieder lebendig machen können. 1

Ob / mit dem Crucifix zu Goa / welches / nach Erzehlung deß Ehrwürdigen Vaters Philippi à SS. Trinitate Carmelitæ Discalceati, vor vier und funfftzig Jahren / nemlich am achten Februarii 1636 / aus dem Haupt häuffig Blut fliessen lassen / auch die Augen geöffnet / den Kopff bald nach dieser / [376] bald nach jener Seiten / gekehrt / und allerley wunderliche Bewegungen gemacht / auch damit biß in den May selbiges Jahrs / immerzu angehalten / der Satan die täglich-zulauffende Zuschauer gleichfalls also geäfft /oder der Himmel dadurch eine Vorbedeutung deß erfolgten Unglücks gegeben habe / lasse ich / ungeschlossen / in dem Zweifel stecken: Denn es ist / bald darauf / das Kloster / in dessen Kirchen solches Crucifix gestanden / im Feuer aufgegangen. 2

Dieses nun zwar ausgestellt / so ist unterdessen doch gewiß / daß dieser Hunds-Blut-Künstler / mit der fürgegebenen Wandlung / auf mancherley Art / so wol denen so genannten Wehrwölfen selbsten / als andren Leuten / denen solche vermeynte Wölfe begegnen / die Augen / samt der Einbildung dergestalt verführt; daß er die menschliche Gestalt solcher Zauberer unsichtbar macht / und hingegen dieselbe beydes ihren eigenem und fremdem Gesicht / in Gestalt eines Wolfs / vorstellet / oder auch / durch andre Mittel /die ich / unter dem Titel der Wehrwölfe / schon erzehlt habe / solche Wolffs-Bildung meisterlich erkünstle; nichts destoweniger aber dennoch entweder /durch einen natürlich / von ihm angetriebenen / Wolf / oder durch die / mit einem Wolfsbalge überzogene /oder bloß nur unsichtbarlich beyher lauffende / verfluchte Zauberer / manches Unglück anrichte / Vieh und Menschen umbringe.

[377] Einen leswürdigen Verlauff hat hievon Johannes Wierus, unter vielen andren / aufgesetzt / von zweyen Trüdnern / Namens Peter Bourgot, und Michel Verdung, mit folgenden Umständen.

Am letzten Christmonats-Tage 1521 Jahrs / hat besagter Peter oder Pierre Bourgott, gegenwarts vieler Zeugen / bekannt / daß ungefähr vor neunzehen Jahren / als in der Stadt Pouligny Jahrmarckt gewest / ein so starcker und stürmischer Platzregen gefallen / daß nicht allein der Jahrmarckt zerstört / sondern auch das Vieh / welches er damals gehütet / voneinander zerstreuet worden / also gar / daß man nicht gewusst /wo mans suchen sollte. Als er nun deßwegen / mit andren Landleuten / hingegangen das Vieh / hie und da / aufzusuchen / und wieder zu versammlen / seynd ihm / seiner ferneren Aussage nach / drey schwartze Reuter / in schwartzen Kleidern / begegnet; unter welchen der letzte ihn gefragt: Freund! wohinaus? Scheint / der Kopff sey dir nicht allerdings wol aufgeräumt / sondern habst ein Anligen.

Er / der Peter / antwortet: Ja! das ist wahr: Und kommt daher / weil der ungestümlich-wütende Platzregen mir das Vieh voneinander geschreckt /und flüchtig gemacht / also / daß sichs gantz verloffen / und verlohren: Und weil ich kein Mittel noch Weise ersehe / dasselbe wieder zu bekommen / gebe ich den Mut gantz verlohrn.

[378] Der Reuter tröstet ihn (O deß leidigen Trösters!) spricht / er solle sich zu frieden geben; und verspricht / so ferrn er ihm nur werde Treue geloben / oder Glauben geben / wolle er ihm einen Lehrmeister schencken / der ihn also könnte unterrichten / daß hinfort ihm kein Vieh weder vom Wolfe / noch andrem reissendem Thier / angefallen würde / noch einigen Schaden empfinden / noch einiges Stück davon mehr umkommen sollte. Und damit er ihm ein desto bessers Hertz (oder vielmehr schlimmers) machte / gelobte er ihm /auch alles verlohrne Vieh wieder zu schaffen / also /daß kein einiges sollte daran mangeln. Uberdas hat er ihm auch verheissen / Geld zu geben.

Dieser schlägt es nicht aus / sondern verspricht /nach vier oder fünff Tagen / wiederum daher zu kommen / an eben diesen Ort / da sie miteinander hievon geredet.

Hiernechst geht er / in Gesellschafft der Dorffleute / weiter fort / das Vieh zu suchen: und kehrt / vier Tage hernach / wieder an den Ort / da er den Reuter gesprochen hatte: welcher sich auch daselbst wiederum antreffen ließ / und bald von ihm erkannt ward.

Jener fragte / ob er (der Peter) sich nunmehr bedacht / und / ihm zu dienen / entschlossen habe? Dieser thut eine Gegen-Frage / Wer er dann sey? Jener antwortet: Ich bin ein Knecht deß grossen höllischen Teufels. Aber du darffst dich nicht fürchten.

Da saget der Peter ihm seinen Dienst zu / mit diesem Bedinge / daß er gleichfalls auch seine [379] Zusage halten / und ihm das Vieh bewahren / auch die verheissene Gutthaten würcklich erweisen sollte.

Der schwartze Reuter begehrt hierauf / er solle GOtt / der heiligen Jungfrauen Marien / allen Heiligen / und Einwohnern deß Paradises / absagen / daneben auch seinen Tauff-Bund / und den Chrisam / wieder aufkündigen. Wie solches geschehen / reicht ihm der Reuter die lincke Hand zu küssen; welche schwartz / und gleichsam todt / auch eyskalt war. Daran der verwigte Mensch billig hette mercken sollen / daß er / durch diese verfluchte Huldigung / sich /aus der Hand GOttes / als der Hand deß Lebens / in die Hand deß ewigen Todes / begäbe / und einen üblen Tausch träffe. Hiernechst fiel er auf die Knie /um dem Satan seine demütige Ehrerbietung zu erweisen / und nannte ihn einen Herrn. Welcher ihm auch verbot / daß er hinfüro die Glaubens-Bekenntniß nicht mehr sprechen sollte.

Also ist er von dem an / in Diensten deß Teufels /verblieben / ungefähr zwey Jahre / und niemals eher in die Kirche gekommen / als biß die Messe schier zu Ende / oder nur nach der Consecrirung deß Weihwassers; womit ihn der Teufel unbesprengt wissen wollen: und solches hatte ihm auch sein zugegebener Lehrmeister eingebunden: dessen Name ihm damals noch unbewusst gewest; wiewol er nachmals ihm angezeigt / daß man ihn Moyset hiesse.

Unterdessen ward Peter dennoch nicht unterrichtet /wie er das Vieh beschirmen könnte: sondern [380] es schien der Teufel solches Amt selber zu verrichten / wann sich bißweilen die Wölffe sehen liessen. Welche alsdann der Heerde keinen Schaden thaten: Denn der Seelen-Wolf kunnte die Vieh-Wölfe leicht abhalten; deren er einen gantzen Wald voll / auf Eins / ohne Mühe fahen / oder erwürgen / würde / wann er nur eine einige Seele dadurch mögte gewinnen. Also legte dieser unbesonnene Hirt sich selbsten einem viel gefährlichern Wolffe in die Klauen / indem er sein Vieh / für dem natürlichen Wolffe / versichern wollte / und gab das Grösseste / für das Kleinste / so liederlich hin!

Nachmals aber / da man ihn deß Vieh-hütens erlassen / hat er sich deß Teufels nicht viel mehr geachtet; sondern die Kirche besucht / auch die Glaubens-Articul gebetet / von acht biß in die neun Jahre.

Aber der alberne Tropff verstund deß Satans Weise noch nicht / daß nemlich derselbe ihn noch / an einem langen Seil / heimlich verstrickt hielte / durch Unbußfertigkeit / und Sicherheit; und daß er / wie ein hungriger Leu / dem Raube arglistig nachschliche.

Nachdem der Satan diesen von ihm in etwas / doch nicht gäntzlich / entferrnten Vogel so viel Jahre ungehindert herum schweben lassen; hat er ihn endlich wiederum / durch einen Verführer / Namens Michel Verdung / an sich gezogen. Dieser redete einsmals /mit ihm / davon / am eben dem Ort / da sich Peter /vor neun Jahren / dem Satan verpflichtet hatte / und rieth ihm / er sollte [381] den Bund wiederum erneuern. Welches auch der Peter versprach; doch / mit Bedinge / daß sein Lehrmeister ihm / der Zusage gemäß / Geld verschaffen sollte.

Hierauf kamen sie in der Gegend bey Chastel Charton, zu Abends / in einem Walde / zusammen: da man andre Unbekandte zusammen lauffen / und einen Reigen halten sahe. In Jedwedes Hand / erblickte Peter eine grüne Kertze / die eine tunckelblaue Flamme gab.

Sonst ward ihm / von besagtem Verdung, auch dieses angetragen / daß / wann er nur daran gläuben würde / er ihm zuwegen bringen wollte / so leicht /behände / und schnell zu lauffen / als er immermehr verlangte. Welches Peter sich auch gefallen ließ; doch vorbehaltlich / daß man das Versprechen hielte / und ihn mit Gelde versähe. Michel versicherte / er wolle ihm Geldes übrig genug zuwege bringen.

Hierauf musste der Peter sich nackt ausziehen / und von jenem / mit einem bey sich habendem Geschmier / salben lassen. Wovon dieser sich alsobald in einen Wolff verwandelt schätzte / nicht wenig sich darob entsetzend / daß er sich vierfüssig / und rauhärig sehen musste. Er sagte / daß er hiernechst so schnell /wie der Wind / mit fortgeloffen; und daß solches anderst nicht geschehen können / als durch seines / ihn führenden / Meisters Würckung und Beystand; als welcher / bey solchem Auslauffen / immerzu neben ihm herfliegend / ihm gegenwärtig gewest und geholffen: wiewol er ihn nicht eher zu Gesicht bekommen / als biß er wieder in menschliche Gestalt versetzt worden.

[382] Der saubre Michel salbte sich gleichfalls / und ward alsdann / in seinem Lauff / so schnell fortgeführt / als er selber wünschte. Ja es kunnte das Gesicht /und der Augstrahl so geschwinde nicht folgen / als wie er dahin fuhr. Nachdem sie sothane Wandlung /eine und andre Stunde / erlitten; und von dem Michel wiederum gesalbt wurden / kamen sie Augenblicks wieder / zu voriger Gestalt.

Solche Salbe ward Jedwedem verehrt / von seinem Meister; nemlich dem Michel / von dem Guillemin, als seinem Unterweiser; und dem Peter / von seinem Lehrmeister / Moyset. Wann dann der Peter bißweilen / nach so streng- und schnellem Lauff / sich so müde befand / daß er sich kaum aufzurichten vermogte /und seinem Moyset solches klagte; sagte derselbe / es hette nichts zu bedeuten / er sollte bald kurirt werden.

Einsmals / da dieser Peter / nach deß Michels Anweisung / auch so gesalbt / und in einen Wolff verkehrt worden; hat er einen jungen Knaben / von sechs oder sieben Jahren / mit seinen Zähnen / ergriffen /und todt gebissen; aber / weil das Kind sehr geschrien und laut geweint / davon ablassen / und zu seinen Kleidern fliehen müssen: allda er sich der / vom Michel empfangenem Unterricht gemäß / mit Kräutern gerieben / und also sein menschlich Angesicht wieder bekommen.

Er bekannte auch / der Michel hette / ein andres Mal / nebst ihm / eben dergleichen versucht / und eines Tages / unter der Bildung eines Wolfs / ein Weib / welches Erbissen gesammlet / erwürgt: darüber der Herr de Chusnee ungefähr zugekommen. Welchen [383] sie gleichfalls angefallen / in Meynung ihm zu schaden; aber vergeblich.

Beyde haben gleichfalls bekannt / daß sie auch /unter solcher Wolfs-Gestalt / ein junges vier-jähriges Mägdlein umgebracht / und gantz aufgefressen; ausbenommen den Arm / etc. Imgleichen / daß sie einem andren Mägdlein die Gurgel ausgerissen / desselben Blut ausgesogen / und den Hals verschlungen: auch nachmals das dritte umgebracht / und den Magen-Mund desselben gefressen; weil der Peter einen so heißhungrigen Rachen gehabt; Uber das / ein andres Mal / ebenfalls ein Mägdlein / so ungefähr acht oder neun Jahre alt gewest / in einem Garten / ermordet /indem Peter ihr / mit seinen Zähnen / den Hals gebrochen / etc.

Uber das Alles hat er bekannt / daß er / nahe bey dem Acker deß Magisters / Petri Bongré, eine Ziege erwürgt / und ihr die Keele abgebissen / hernach die Gurgel vollends / mit einem Messer / abgeschnitten.

Der Michel war bekleidet / wann er zum Wolfe ward: der Peter aber musste sich zuvor abkleiden: und sagte / daß / wann er aufgehört / ein Wolf zu seyn / er nicht gewusst hette / wo die Haare hingekommen /etc.

Diese deß Peters peinliche Aussage wird nicht allein vom Bodino 3 und Thyræo 4 sondern auch / und zwar am ausführlichsten / vom Wiero 5 [384] als aus dem sie die Andren genommen / beschrieben.

Jetzt-ersagter Bodinus schreibt / es sey / im Jahr 1573 / am 18 Jenner / Einer / mit Namen Ganner, ein Lyoner / vom Parlement zu Dole, zum Feuer verurtheilt / darum / weil er / am Fest Michaelis / bey einem Walde / in den Weinbergen / eine Viertheil Meil von der Stadt Dole ein Mägdlein / im zehendem / oder zwölfftem Jahr ihres Alters / mit seinen Wolfsklauen / (wie sie ihm vorgekommen) gefangen / und mit seinen Zähnen todt gebissen / nachmals demselben das Fleisch von Hüfften und Armen herab gerissen / und gefressen / auch davon seinem Weibe etwas heimgetragen. Gleichwie er nicht weniger / nach einem Monat / in gleicher wölfischer Gestalt / ein andres Mägdlein erwischt / und umgebracht; welches er aber nicht / wie er gesonnen war / seinem schlinggierigem Rachen einschieben können; weil drey Leute ihn davon verstöhrt / und / den Raub zu hinterlassen /genöthigt. 6

Fußnoten

1 Deusingius in Fasciculo Dissertationum selectarum, p. 127.

2 Die völlige und weitläuffige Erzehlung dieser abentheurlichen Begebenheit findet man im Itinerario Orientali R.P. Fr. Philippi à SS. Trinit. Carmelitæ discalceati.

3 lib. 2. Dæmonol. c. 6.

4 lib. 2. de Spirituum Apparit. c. 15.

5 Joh. Wierus lib. 6. de Præstig. c. 11.

6 Joannes Bodin. lib. 2. Dæmonol. c. 6.

37. Der Vorbot deß Unglücks

[385] XXXVII.

Der Vorbot deß Unglücks.

Man lieset beym Apulejo / der Heide Socrates habe seinen Leib- oder Natur-Engel (oder Geburts-Geist) welchen die Lateiner Genium, und sonst auch dæmonem nennen / stets um sich gehabt: der Alles zuvor gewusst. 1 Und alle Platonisten waren der Meynung /solche Geister wären ein Mittel-Geschlecht / zwischen GOtt und Menschen; nemlich so man diesen Namen /in sonderbarer Bedeutung / nimt. Denn sonst verstunden sie dadurch mehr als einerley: nemlich bald denjenigen Gott / der Alles erzeugte; bald den Geist / oder die Seele / oder das Gemüt deß Menschen; als welche Seele / ihrem Wahn nach / ein Dæmon, oder Geist /nach dem Tode / und Lar, genannt würde / so ferrn sie ein tugendhafftes Leben geführt; hingegen aberLarva hiesse / so sie übel gewandelt bey Leibes Leben. Wovon neben Andren / Augustinus / im eylfften Capitel deß IXten Buchs von der Stadt GOttes /und dessen Glossirer / der gelehrte Vives, zu lesen. 2

In dem sonderbarem und eigendlichstem Verstande aber / achteten sie den Genium, für deß Menschen Natur- und Schutz-Geist / der Alles vorher sehe / was ihm werde begegnen / ihn auch [386] regiere / ihn / von seiner Geburt an / in seiner Hut unn Pflege halte. Solche Genios meynet Censorinus, wann er spricht: Genius est Deus, cujus in tutela, ut quisque natus est, vivit. Der Genius (oder Geburts-Geist) ist ein Gott / in dessen Hut und Schutz / Einer / so bald er geboren ist / lebet. 3

Daher die Heiden auch / an ihrem Geburts-Tage /diesen ihren vermeynten Geburts-Geist verehreten. 4

Wir gedencken uns / in Erklährung der vielfältigen und unterschiedlichen Bedeutungen deß Genii, allhie nicht weiter auszubreiten; sondern allein nur dieses noch dabey zu erinnern / daß etliche unter den heidnischen Secten / zweyerley Genios, oder Geburts-Geister / einen guten und bösen / oder glück- und unglücklichen / setzten / deren Jener dem Menschen / in seiner Wolfahrt mit seiner Fürsichtigkeit / beywohnete: dieser aber ein Begleiter und Anzeiger seines Unfalls / sonderlich deß Todes / wäre. Wiewol Andre beydes / nemlich so wol das Unglück / als das Wolergehn der Regierung eines einigen Genii heimstelleten.

Für einen solchen Genium nun / oder Geburts- und Schutz-Geist / achteten sie diejenige Gespenster /welche manchen Leuten / so wol fürnehmen als schlechten / bißweilen / kurtz vor ihrem Ende / zu erscheinen pflegen. Keyser Pertinax soll / wenig Tage vor seinem Untergange / erzehlt haben / er hette / als er in einen Fisch-Teich geschaut / im Wasser ein Schatten-Bild erblickt / welches ihm / [387] mit geblösstem Schwert / den Tod gedrauet. Wie Sabellicus berichtet. 5

Julius Capitolinus aber / welcher / als ein älterer Beschreiber der Historiæ Augustæ, oder alten Römischen Keyser / hierinn billig mehr gelten soll / sagt nicht / wie Sabellicus / daß Pertinax in den Fisch-Teich schauend / ein solches Schatten-Bild erblickt habe; gleich als wann drunten / im Wasser / der Schatten eine solche Gestalt abgebildet hette; wie zwar solches aus diesen Worten Sabellici, cum in vivarium inspiceret, in aqua umbram conspexisse, quæ gladio stricto mortem minabatur, mögte geschlossen werden: sondern / den Keyser Pertinax habe bedunckt / als sehe er / auff dem Fisch-Teiche / einen Kerl / der mit dem Schwert über ihn her wollte; und dasselbe sey / drey Tage vorher geschehen / ehe dann die Kriegs-Knechte ihn umgebracht. 6

Dem Keyser Tacito ist seiner verstorbenen Mutter Gestalt erschienen / und hernach / an einem andren Ort / auch der Geist seines todten Bruders: Denen er hierauff bald ist nachgefahren. Wie / nechst Andren /Fulgosus gedenckt. 7

Durch solche Erscheinung ihrer verstorbenen Bluts-Freunde / seynd manche Heiden überredet worden / die Seele deß Absterbenden würde zu einem dæmone, und entweder zu einem guten oder bösen Geist / der hernach also erschiene / wenn der Mensch sterben sollte. Wiewol / vorgesagter Massen / Andre solche erscheinende Gestalt [388] vor dem Tode / für einen bösen Genium, oder Unglücks-Geist deß Menschen geschätzt.

Cassius Severus / von Parma / war ein Poet / der manchen guten Vers geschrieben / und deßwegen auch / in diesem Horatianischem Verse / gelobt wird:


Scribere, quod CassI Parmensis opuscula vincat.


Es werden auch / vom Plinio und Suetonio / seine Send-Schreiben angezogen. Dieser hat als Brutus und Cassius / wider den Augustum und Antonium / ins Feld geruckt / die Apollinische Lauten nider gelegt /und den Bogen ergriffen / und sich wider dieselbe mit eingemengt / also / daß nach Porphyrii Bericht / er unter ihnen ein Oberster zu Fuß worden. Allein der gute Mann hat sich auch Jener ihres Unglücks / so wol / als ihrer bösen Sache / theilhafft gemacht. Denn nachdem sie im Kriege untengelegen / und sich selbst umgebracht; ist Quinctilius Varus / vom Augusto /beordret worden / diesem Cassio Severo / welcher sich / nach der Niderlage / gen Athen begeben hatte /den Rest zu geben. Der ihn auch daselbst / ohnangesehn er ihn nicht mehr in martialischen Gedancken /sondern über den Büchern / angetroffen / getödtet.

Wenig Tage aber zuvor / ehe denn solches geschahe / lag dieser Severus / auf seinem Lager / zu Mitternacht / gantz schlafflos / betrübt und bekümmert / um den traurigen Ausgang deß See-Treffens / bey Actio, durch welchen Streich alle seine Hoffnung war zu Bodem gangen / und sein danider gelegtes Hertz jetzo bedruckt von schweren Sorgen / der feindliche Zorn-Stachel deß Obsiegers / dörffte [389] es gleichfalls / erster Tagen / durchstechen. Indem ihm solcher Kummer die Augen offen hält / sihet er / einen Kerl von ungeheurer Grösse zu ihm treten / der / im Angesicht / Moren-schwartz / mit einem wühsten wild-verworrenem Bart / und langem Haar. Welcher / als Severus fragte / wer bist du? antwortete: Ich bin ein böser Geist (oder Engel.)

Er / der nicht weniger / über einen so schrecklichen Namen / als abscheuliche Gestalt / sich zum hefftigsten entsetzte / schrie zur Stunde seinen Knechten /und forschte / ob sie Jemanden von solcher Bildung /in sein Schlaff-Zimmer / hetten ein- oder ausgehn gesehn? Und weil sie versicherten / es wäre Niemand hinein getreten; begab er sich zur Ruhe / und schlummerte ein wenig ein. Aber das wühste Bild kam ihm aber mal vor. Weil ihn solcher Anblick dann gantz verunruhigte / und alles Schlaffs gäntzlich beraubte: befahl er / Licht herein zu bringen / und daß die Jünglinge nicht von ihm weichen sollten.

Es hat ihm Augustus / über dieses Gesicht / gar bald eine Auslegung gemacht / und / uber eine kleine Zeit hernach / das Leben nehmen lassen.

Wir / als Christen / glauben keine gute und böse Natur-Geister / wie die abergläubige Heiden; gestehen doch unterdessen gern / daß fürnehmen / zumal regierenden / Personen ihr Tod / durch gewisse Vorzeichen / gemeinlich vorbedeutet werde / und solche Vorzeichen / durch Erscheinung gewisser Gestalten / ihnen bißweilen auch wol selbsten zu Gesichte kommen.

[390] Als der Türckische Suldan / Mahomet der Zweyte /welcher Constantinopel eingenommen / von Rhodis ritterlich abgewiesen / und mit Schanden heimzuziehen / bemüssigt worden; hat er hernach beschlossen /solchen Hohn zu rächen / und noch eins davor zu gehen: ist aber unvermutlich / mit einer tödtlichen Kranckheit überfallen / und erstickt. Kurtz zuvor soll ihm / (wie Cuspinianus erzehlt /) indem er einen lustigen Wald vorüber geritten / zwischen den Zweigen eines Baums / ein herrlicher und majestetisch-gebildeter Jüngling / in übermenschlicher Länge und weisser Kleidung / erschienen seyn / der ein Schwert geblösset / und ihm den Tod gedrauet / mit diesen Worten:Sihe! mit diesem Schwert / will ich dich erwürgen.


Uber solches Gesicht ist er dermassen erschrocken /daß er zu Bodem gefallen / gleich von Sinnen / und bald hernach auch vom Leben / gekommen. 8

Fußnoten

1 Vid. Apulejus de Deo Socrat. & Max. Tyrius Dissert. Phil. 20. 27.

2 Vid. Augustin. de C.D.c. 11. p.m. 841.

3 Censorin. c. 3. de Die natali.

4 Vid. Turnebus lib. 16. adversar. c. 18.

5 Sabellic. l. 1. c. 4.

6 Jul. Capitolin. in Pertinace, c. 5.

7 Lib. 1. c. 4.

8 Cuspinian. in Mahomete secundo, fol. 679.

38. Das Vorzeichen deß König-Mords

[391] XXXVIII.

Das Vorzeichen deß König-Mords.

Der Reichs-Apffel herrschet nicht über den Todten-Kopff; sondern dieser stosst endlich jenen hinweg /und dem Könige die Kron ab. Ja manche / indem sie nach einer Kron greiffen / befordern dadurch ihren Tod nur desto eher: weil die Unruhe der schweren Regierung / mit lauter Verwirrungen über sie / wie ein Meer voll Wellen / zusammen schlägt / und die Kräffte ihrer Lebens-Geister desto hefftiger schwächet: gleichwie die Fackel desto geschwinder verflackert /je stärcker sie / von den Winden / angeblasen wird. Etliche aber werden auch wol / in der Kron durch einen gewaltsamen Tod ausgelescht; da sie ausser derselben / noch wol länger / auff Erden / hetten geleuchtet. So ists dem Könige Heinrich gegangen: welchen / wann Er die Polnische Cron nicht verlassen /und der Frantzösischen nicht nachgeeilt / auch der Tod so bald nicht erhaschet hette.

Daß es ihm so ergehn würde / hat / neben andren /diese seltsame Begebenheit vorher angezeigt / welche ich / weil sie von einem Gespenste vermutlich hergerührt / unter den gespenstischen Sachen billig mit anziehe. Dieselbe beschreibt Megiserus / in seiner Kärndterischen Chronic: Dem ich auch seine eigene Zeilen hiebey lassen wollen; ob sie gleich eben nicht so gar nett noch zierlich gesetzt sind.

[392] Als im Jahr 1544 / in der Stadt S. Veit / lautbar worden / daß König Heinrich in Poln und Franckreich / schon Friesach erreicht / und zu S. Veit folgends sein Nachtlager halten würde; hat ein Ehrsamer Magistrat daselbst / gegen Ihrer Majestet Ankunfft / alle Dinge wolbestellt / und in einem schönen wolerbaueten Hause / Herren Moritz Schmeltzern zuständig / Dieselbe einlosiren lassen; da Sie über Nacht geblieben ist.

Deß folgenden Tages / als der König aufgestanden; gieng er in die Pfarr-Kirche zur Messe / mit seinem gantzen Hofgesinde: allda dem Könige eine wunderliche und denckwürdige Abentheuer zugestanden ist. Denn / wie der König auff einem schwartz Sammeten Tuch (welches man / vor dem Altar / da die Messe gehalten worden / ihme ausgebreitet) auf gebogenen Knien ligend / mit grosser Andacht gebetet; begab es sich / daß das Todten-Haupt (so an den Füssen des Crucifixs vor dem Altar gestanden) gähling sich ledigte / und also unglücklich auff den König fiel / mit einem solchen grossen Gewalt / daß er sich für dem Fall nicht kunte erhalten / sondern zu Bodem stürtzen muste.

Hierüber ist der gute König sehr übel erschroc ken: Dann er ohn Zweiffel nicht anders sich darauf beduncken ließ / als dieses würde ihm ein gewisses Præsagium und unfehlbare Anzeigung seyn einer unglückhaften Reise; oder / daß es ihm / in seiner Regierung / [393] nicht zum besten würde ergehen.

Als er nun aus der Kirchen gangen / hat er sich hierauff zu der Frühsuppen begeben. Doch erzeigte Er sich gantz bekümmert und traurig: Daraus Jederman vermuthet / es wäre dem Könige kein geringer Unfall zugestanden. Er aß auch geschwind / welches er ebener massen den Seinen zu thun befahl. Nach verrichteter Mahlzeit /machte er sich geschwinde / mit den Seinigen / zu Roß / und postirte also davon; kam erstlich auf Villach / darnach auf Venedig / u. zuletzt in Franckreich: Da er / nach vieler Empörung unn Widerwertigkeit / wie bekandt / meuchelmördrischer Weise / mit dem Messer erstochen worden. 1

Vor dem unglückseligen Ende / Heinrichs / deß Vierdten / setzte es auch mancherley Omina. Zu S. Denys liessen sich vielerley unglückliche Anzeigungen spühren. Der König (Heinrich der IVte) und die Königinn / wurden / von einem Nacht-Raben / sehr verunruhigt und schlaffloß gehalten: Denn dieser Nacht- und Leich-Vogel / krochzte und schrie / am Fenster ihres Schlaff-Gemachs / die gantze Nacht durch.

Das Gewölbe (NB. cella) selbiger Kirchen / darinn die Könige begraben ligen / ward offen gefunden /und der Stein / womit mans zu versperren pflegt / abgethan.

[394] Indem zu S. Denys / die Krönungs Ceremonien mit der Königinn vorgingen / und dieselbe sich wiederum / von dem Altar / zu ihrem Thron verfügte: wäre ihr die Krone / so aus Edelgestein gewirckt war / zweymal vom Haupte gefallen / wenn Sie nicht die Hand daran geschlagen hette.

Man nahm auch dieses / für kein gutes Zeichen /auff / daß Ihre Wachs-Kertze von sich selbsten erleschte.

Wenig Tage zuvor / träumte der Königinn / zu der Zeit / als die Jubilirer ihr eine Krone verfertigten / daß zween trefliche Deamanten / die Sie selbst zu Auszierung der Krone / hergegeben hatte / in Perlen sich verwandelten. Welches / in den Traum-deutungen / auff Threnen gedeutet wird. Hernach kam ihr abermal / im Traum / vor / wie der König / bey der kleineren Stege deß Louvers / mit einem Messer / erstochen würde. 2

Fußnoten

1 Megiserus, im 12ten Buch der Kärndterischen Chronic / Cap. 13. Bl. 1589.

2 De Serres in Henrico IVto, ubi etiam plura recenset.

39. Die vor-erblickte Leichen

[395] XXXIX.

Die vor-erblickte Leichen.

Es sollte uns Menschen billig ein Nachdencken geben / in was für einer Würde wir / vor andren Kreaturen /stehen / daß gemeinlich / ein menschlicher Sterb-Fall / durch einige Vorbildung / zuvor bedeutet wird: welches doch / wenn gleich das theurste Pferd umfällt /nicht geschicht. Denn wir haben eine unsterbliche Seele empfangen: darum wann diese soll ausziehen /und in die Ewigkeit reisen / wird entweder durch gute / oder böse Geister / ein Zeichen gegeben / als wie bey dem Aufbruch einer Fürstinn / die Zuschauende sich vorher bewegen / und einander wincken / oder zuruffen: Jetzt steigt Sie zu Wagen / und tritt von der Herberge heraus!

Und solches gestattet der Allmächtige ohne Zweiffel deßwegen / damit der Mensch / desto öfter in die Betrachtung geführt werde / daß sein Lebens-Lauff von GOtt richtig gemessen / sein Ruh-Mal vorher beschlossen / und ihm ein Ziel gesetzt sey / daß er nicht werde überschreiten.

Zu dem Ende / wird auch offt Manchem der obhandene Todes-Fall eines Andren im Gesichte zuvor gezeigt: Denn ob schon solches mehrmaln / durch ein Gespenst / geschicht: wendet doch GOtt auch die Schreck-Gesichter der bösen Feinde den Seinigen /zum Besten / und dem Verruchten zur Entsetzung /daß sie / von ihrer Ruchlosigkeit mögen ablassen.

[396] Als der hochwürdige Fürst / Conrad Wilhelm / Bischoff zu Würtzburg / und Hertzog in Francken etc. am 14 Julii 1684sten Jahrs / fürs letzte Mal / eine Spatzier-Fahrt / in seinen Lust-Garten auf Veitshochheim / zu Wasser / anstellete / und das adliche Jungfrauen-Kloster / Unterzell / vorbey fuhr; sahe dessen /am Fenster stehende Frau Schwester / als Priörinn selbiges Jungfern-Klosters / daß vor ihrem Herrn Brudern / dem Bischofe / in seinem Schiffe / darinn er fuhr / eine schwartz-bedeckte Todten-Baar stünde: welche aber Niemand / ausser Ihr allein / sehen können. Die Bedeutung hat der 8te September selbigen Jahrs eröffnet: als an welchem dieser Herr seine Sterblichkeit erfüllet hat; nachdem die Nacht vorher /sein Leib-Pferd / im Stall / umgefallen und gestorben.

Eine adliche Jungfrau / zu Copenhagen / in Dennemarck / kunnte es allezeit / wann sie erwachte vom Schlaff / zuvor sehen / so offt Jemand aus ihrer adlichen Famili / er mögte sich gleich befinden / welcher Orten er wollte / sterben würde. Imgleichen / ob es ein Manns- oder Weibs-Bild wäre. Denn so es ein Weibs-Bild seyn sollte; erschien ihr dasselbe viel anderst / als wanns einem Mann galt.

Diese Edel-Jungfrau hat solches dem berühmten Medico / D. Thomæ Bartholini / in Gegenwart deß Königlich-Dennemärckischen Cantzlers / Christiani Thomæi / eines vortrefflichen Herrn / erzehlt / mit Versicherung / daß sie hierinn niemals gefehlt. Welches ihr auch jetztbesagter Cantzler gezeugt; Der sonst ein warhaffter Mann / und [397] Feind alles Aberglaubens gewest: weil er unterschiedliche Exempel hievon gewusst / da der Ausgang würcklich also daraus erfolgt ist. Sie hat aber daneben gemeldet / daß ihr sothane Gesichte schlechte Freude brächten / sondern sie vielmehr dadurch sehr geängstigt / gequält / und im Gemüt verwirret / würde; deßwegen sie auch gewünschet / solcher natürlichen und gleichsam ihr angebornen Eigenschafft / (wie es dieser Medicus nennt) befreyet zu werden. Daher / an der Glaubhafftigkeit dieser Gesichte / kein Zweiffel hafftet: bevorab / weil sie es nicht im Traum / sondern wachend / allezeit gesehn.

Ist demnach nicht gleich / für ein Mährlein / noch Aberglauben / zu schelten / daß manche Leute / wider ihren Willen / Gespenster sehen; manche gar keine: ob gleich solches nicht dem güldnen Sonntage beyzumessen / wie man insgemein irrig vorgiebt / indem man spricht / die Leute / welche Alles sehen / was Andren nicht erscheint / müssen güldne Sonntags-Kinder seyn. 1

Von einer Wäscherinn erzehlt Diemerbroekius 2 daß sie den Tod der Frauen deß Dimmeri de Raet, in einem Gesicht / vorher gesehn habe: indem / über dem Tabulat / in seinem Hause / bey der Thür der vordern grossen Schlaff-Kammer / sein Geist erschienen sey / ohne Kopff / mit den besten Kleidern angelegt / und den Thür-Schlüssel in der Hand gehalten mit solchen Geberden / als wollte er die Thür auffsperren.

[398] Diß Weib hat gleichfalls dabey sich vernehmen lassen / daß ihr solche Erscheinung der Geister gewöhnlich vorkäme / aber höchst verdrießlich und zuwidern wäre. Alle diejenige aber / derer Geist ihr ohne Kopff erschien / sturben / innerhalb wenig Monaten.

Vorgedachter Bartholini gedenckt hiebey / es finden sich / in seinem Vaterlande / derer Leute viel / da sie sonst mit keinem Aberglauben verstrickt / dennoch betheuerlich versichern / daß sie derer / welche sterben sollen / Gestalt (oder Gespenst) erblicken.

Fußnoten

1 D. Thom. Bartholini Hist. Anatomic. Contur 3. Histor. 58. p. 115.

2 De Peste lib. 4. Hist. 6.

40. Der Ohnekopff

XL.

Der Ohnekopff.

Von dem Ende voriger Erzehlung / nehme ich Anlaß /noch etwas mehr / von den ohnköpffigen Gespenstern / zu reden.

Wann sich dieselbe sehn lassen / pflegen sie mehrmaln einen gewaltsamen und auch wol schmählichen Tod vorzubilden. Man könnte solches / mit sehr vielen Begebenheiten / darthun: weil dergleichen aber dem Leser ohne dem nicht wenige bewusst seyn werden: sollen nur einer zwo / und zwar solche / davon ich die Gewißheit habe / anjetzo vorkommen.

Eine / mir / in Ehren bekandte / wiewol nunmehr schon längst begrabene / Wittwe ist einsmals / zu Abends / kurtz vor Feuer-Glocken / in dieser Stadt /mit einer ihr bekandten Magd / einen gewissen [399] Ort vorüber gegangen; allda bey hellem Mondschein / ein Gespenst / an der Mauren / gestanden / in Gestalt eines Weibsbildes ohne Kopff / welchen es / vorn in den Händen hielt / sonst aber / wie ein Weib / gekleidet schien.

Die Magd / so damals auswendig saubrer, als inwendig gewesen / und noch vor Jungfrau geachtet seyn wollen / weiset dieser / neben ihr gehenden /Frauen / das Gespenst / und spricht: Seht! was steht dort für ein schönes Müsterlein: Die Frau hebt an /für solchem Anblick / sich zu fürchten / und antwortet: Lasst uns geschwind unsers Weges gehn! Es ist nicht viel Guts. Das kühne Mensch hebt darüber an / spöttlich zu lachen; rollet auch endlich / mit lautem Gelächter / davon / und treibt ihre Schelmerey und Kurtzweil damit / als sie / von ihrer Begleiterinn /vernimt / das Gespenst habe eben einen so geblühmten Schurtz / und auch solch ein Ober-Röcklein angehabt / wie sie / die Magd nemlich.

Nicht lange Zeit hernach / begeht diese Dirne / an der / in heimlichen Unehren erzielten / Frucht ihres Leibes / nach der Geburt / einen Mord: auff daß ihr ehliches Verlöbniß dadurch nicht mögte ruckgängig werden: sintemal sie sich allbereit einem Handwercks-Gesellen / welcher zwar um selbige Zeit an einem fremden Ort arbeitete / versprochen hatte / und durch solche mördliche Verthuung ihres Kindes / ihre Untreu zu verbergen meynte. Weil aber die Stäte / wo sie das umgebrachte Kind eingescharrt / von Jemanden wolgemerckt: ist die That dadurch an den Tag / und dem Gericht zu Ohren / gekommen. Worauf ihr /durch Urtheil [400] und Recht / das Leben abgesprochen /und auch würcklich / an der offentlichen Richtstat /mit dem Schwert genommen worden.

Dieser gespenstischer Ohnkopff ist ohn Zweiffel eben derselbige Mordgeist gewest / der ihr vorher die Unzucht / folgends auch hernach den grausamen Kinds-Mord / eingegeben / und damit den Weg zum Rabenstein gebahnet hat. Denn die Bluts-Tropffen der Menschen seynd diesem blutdürstigem Mörder eitel Muscateller-Trauben / und Purpur-braune Weinbeeren.

Ich erinnere mich auch eines traurigen Falls / so sich / mit einem fürnehmen Kriegs-Officirer / begeben: Der sich als ein / von Natur gar schwermütiger /Cavallier / zu unterschiedlichen Malen / selbst zu entleiben / getrachtet / und daran verhindert worden /auch von solchen verzweiffelten Gedancken zwar etliche Mal genesen; doch / nach vielen Jahren / um gewisser Ursach willen / wiederum dem Unmut und Lebens-Verdruß sich so gar ergeben / daß er Hand an sich gelegt / und mit einem Selbst-Mord sein unglückseliges Ende beschleunigt hat. Dieser ist / nach seinem Tode / zum offtern (wie man für gewiß redete) daher geritten / ohne Kopff / und hat die Schildwachten in die Flucht geschreckt.

Also stellt der hellische Mord-Engel / und verdammte Schauspieler / seine Auffzüge an / mit dem Schaden und Unglück der armen Menschen! Und solches lässt der Allmächtige zu: auf daß andre Leute /von bösen Thaten / und von der Selbst-Tödtung /desto mehr mögen abgeschreckt werden / [401] wann sie solche gespenstige Mißgestalten sehen / oder hören.

41. Der gerührte Epicurer

XLI.

Der gerührte Epicurer.

Wer sich nicht / durch den Finger GOttes / den Heiligen Geist / rühren und bewegen lässt; den rührt zuletzt die Faust / oder Klau / deß bösen Geistes: welche nicht heilsam / wie jener / ist; sondern schädlich und tödtlich. Solcher Tödtlichkeit wird zwar ein Gotts-vergeßner Mensch gemeinlich erst / nach dem Tode / da seine Seele in völliger Gewalt deß Satans ist / innen: aber doch verhengt GOTT / daß die Satans-Faust bißweilen auch / noch wol vor dem Tode /einen verruchten Menschen leiblich rührt / und zwar so unsanfft / daß er darüber in solchen Stand verfällt /darinn sich weder Puls / noch Odem / noch Glied mehr rührt. Sihe hievon dieses Muster an!

Ein Schlesischer Edelmann lebte gar unordentlich /und liebte den Trunck sehr. Die meiste Zeit pflag er /deß Tags über / zu schlaffen; hingegen die gantze Nacht durch / nach Art derer Kinder / welche nicht deß Lichts / sondern von der Nacht / seynd / mit Fressen und Sauffen zuzubringen. Darüber geriet seine Gesundheit in Unrichtigkeit: wie solches die üble Farbe gnugsam zu erkennen gab / und gemeinlich diejenige / welche / mit dem [402] Bacchus / gar zu vertraulich umgehen / sich auch endlich mit dem Æsculapio bekandt machen müssen: Wann ihnen anderst solche Kundschafft nicht / durch unverhoffte Anmeldung deß Stygischen Fährmanns / Charontis, abgeschnitten wird / und sie / durch eine plötzliche Hinfahrt / ein Ende nehmen mit Schrecken.

Dieser / von Sitten und Wandel so unedle / Edelmann hatte / vor etlichen Jahren / einen Ableib gethan. Denn wie der Trunck ein Vater vieler Laster ist /und / aus dem Uberfluß deß Weins / gerne Blut fliesst: also hatte auch diesem edlen Truncken-Bold seine bestialische Säufferey eine andre Blutschuld ausgeheckt / nemlich den Todschlag. Ein Säuffer und Besoffener gleicht mehrmaln dem wütenden Vieh /das gern diejenige / so ihm nicht aus dem Wege gehn / zu Bodem stosst. So machte es dieser viehischer Mensch auch: Er schwärmete / in der Nacht / einsmals / bey vollem Rausch / herum / mit blossem Degen / ging auf Jedweden / der ihm begegnete / loß /wie ein Unsinniger / und stieß zuletzt Einen übern Hauffen.

Solche Thaten lassen dem Gewissen schwerlich Ruhe / so lange es annoch nicht recht geheilt ist /durch ernstliche Busse; sondern treiben es immer an /zu grösserer Ruchlosigkeit / und zwar sonderlich zur stetigen Säufferey: gleich als ob / durch so nasse Unruhe / die wahre innerliche Hertzens-Ruhe wieder herbey gebracht / oder der nägende Gewissens-Wurm / in Bier und Wein ersäufft / und nicht vielmehr nur ein wenig einschläffet / unterdessen aber gemäßet / vergrössert / [403] und vergrausamet würde. Ob unsern Edelmann dieser sein Todschlag nicht gleichfalls hernach beunruhigt / und bewogen habe / das bellende Zitzen-Hündlein / durch ein vorgesetztes frisches Glas zu stillen und beschwigtigen / kann ich eben nicht versichern: so viel aber ist gewiß / daß er alle Sorgen deß vergossenen Bluts / wann je seine Ruchlosigkeit einiger Empfindung derselben sollte Raum gegeben haben / mit Reben-Blut täglich abgewaschen / und ertränckt habe: Denn der Trunck war hinfort sein Alltägliches; da ihm doch das unschuldige Blut / so er im Trunck gestürtzt / denselben vielmehr hette vereckeln und verhasst machen sollen.

Gleichwie aber solche verruchte Epicurus-Gesellen das letzte Ende wenig bedencken: also kommt es ihnen gemeinlich auch / wann sie daran am allerwenigsten gedencken. Und so gings auch diesem edlen Epicurer. Als er / nach begangnem frevelhafftem Todschlage / noch etliche Jahre / in vollem Sause / so fort lebte / geschahe es endlich / im Jahr 1624 / daß er /zu Mitternacht / ein grosses Gerassel von Wagen und Pferden hörte. Es schien / als ob die Thüren seines Hauses geöffnet würden: dadurch er in die Einbildung geführt ward / es würden etwan fremde Gäste kommen; als die sich auch nicht selten bey ihm einzufinden pflagen. Derwegen stund er auf vom Bette / und schauete zum Fenster hinaus: da er dann nicht anders meynte / als es käme ein Gast zu ihm daher geritten ans Fenster / der auf einem hohen und langem Pferde saß / und von Person nicht kleiner war / als das Pferd. Derselbe ritte zu ihm hin [404] ans Fenster / und rührte ihm sein Haupt an. Darüber lieff ihm ein Schauder durch den gantzen Leib / von gählingem Schrecken.

Zu Morgens / da er aufstund / fand und fühlte er /daß ihm der Kopff unmenschlich geschwollen: und solches erblickten auch die Umstehende / mit Verwundrung. Man schickt hin ins nechste Dorff / zum Bader: der ihm ein erweichendes Pflaster auflegt. Endlich dringt / durch Ohren / und Nase / und durch zwey / in dem lincken Backen aufgebrochene / Löcher / ja auch gar in den Schlund und in die Lunge / die Materi häuffig heraus. Zuletzt wird auch der Medicus, Doctor Daniel Winckler / geholt. Derselbe traff ihn gar schwach an / und sahe / daß der Eyter-Wuhst nicht in dem unterm / sondern obern Backen / einen Ausgang hette / die Mäuslein selbst (musculi) weiß /und gleichwie gesotten / sahen / die gantze Haut aber als wie abgesondert wäre: weßwegen er / zu dem Patienten / ein schlechtes Hertz gewann.

In folgender Nacht / ist die Materi ihm / mit grossem Ungestüm / auf die Lufft-Röhr gefallen / und hat ihn erstickt.

Diese Geschicht erzehlt benamsten Fürstlich-Lignitzischen Doctoris leiblicher Sohn / Doctor Gottfried Winckler / und stellt hernach die Frage an / ob behertzte und tapffre Leute auch wol Gespenster zu sehen bekommen? Weil Theodorus Byzantinus der Meynung gewest / 1 daß solche Personen / die resolvirtes Muts seynd / niemals / oder wunderselten / ein Gespenst erblicken; und zwar darum / weil sie ihnen /ihrer angebornen [405] Standhafftigkeit wegen / dergleichen nichts einbilden? Ruhm-gedachter Doctor Winckler vermeynt / solches sey nur / von falschen Gespenstern / zu verstehn / die in einer / durch Furcht gefälschten /Einbildung / bestehn. Ich halte aber dafür / und weiß Exempel / daß zwar behertzte Leute so leicht ihnen kein Gespenst einbilden / als furchtsame; dennoch aber bißweilen auch wol meynen / daß sie ein Gespenst sehen / oder hören / da doch würcklich keines ist: wiewol sie dafür so nicht erschrecken / wie andre Leute.

Folgends stellt er die Frage vor: Ob der Teufel /aus natürlicher Krafft / einen solchen Geschwulst deß Haupts habe können zuwegbringen? Welche er /durch das angeführte Zeugniß Wieri, beantwortet: der Teufel könne die Humores (oder Feuchtigkeiten) und die Geister (oder Spiritus) der inner- und äusserlichen Sinnen erregen. 2 Hernach dieses deß berühmten Sennerti Urtheil: Der Satan richte / rege und bewege die /im Leibe verborgene / böse Feuchtigkeiten / oder verderbe auch wol die guten / verleite dieselbe in mancherley Theile deß Leibes / und ändre also die natürliche Constitution oder Beschaffenheit derselben / ja verkehre etliche derselben / auf GOttes Zulassung / in dem menschlichem Leibe / mit Gewalt; überdas errege er / nach Bewegung der Geister (oder Spirituum) und Humoren / mancherley Affecten; und könne / auf diese Weise / Kranckheiten verursachen. 3

[406] Solches bequemt wolgemeldter Doctor, Gottfried Winckler / endlich auf beschriebenen Fall dieses Schlesischen Edelmanns / und spricht / wtil derselbe ein Cachecticus gewest / das ist / weil er voll böser ungesunder Feuchtigkeiten gesteckt / und einen corrumpirten Leib gehabt / habe der Teufel / durch natürliche Krafft / oder auch nur / mittelst deß Schreckens /die schlimme Materi / und ungesunde Feuchtigkeiten /leichtlich aufregen / und nachdem er sie bewegt / ins Haupe hinauf führen können: woselbst solches / zu Verursachung einer noch grösseren Corruption oder Verschlimmerung / nicht wenig geholffen: Zuletzt habe er die Materi allda flüssig gemacht / und dermassen getrieben / daß sie dem Edelmann in die Lufft-Röhre fliessen / und ihn also ersticken müssen. Welches auch / mit der Vernunfft / sehr wol übereinkommt. 4

Fußnoten

1 Referente Wiero de Præst. Dæm. l. 2. c. 25.

2 Wierus d.l.

3 Vid. Sennerti Prax. lib. 6. P. 9. c. 5. p. 408.

4 Vid. Observat. 28. Anni sexti Ephemeridum German. p.m. 60. seq.

42. Die tödtliche Erschreckung

XLII.

Die tödtliche Erschreckung.

Daß dem Satan nicht Unrecht geschicht / wenn man ihn so wol einen Schrecken-Geist / als einen Mord-Geist nennet / ist / aus tausendfältiger Begebenheit /Welt-kündig / und beydes zugleich / durch diese nachgesetzte Geschichte unserer Zeit / bewehrt /womit er nicht [407] allein einen Schrecken-Geist / sondern auch benebenst einen Mord-Geist sich erwiesen; indem er diejenige / so für seinem Gauckelwerck erschrecken / durch Schrecken ums Leben gebracht.

Eine gar ehrliche und erbare Frau war / vor etlichen Jahren / von einer schweren Kranckheit / kaum aufgestanden / doch annoch / mit einem wieder aufgebrochenem Fistel-Schaden am Arm molestirt / und hatte /nach vollzogener Hochzeit / kaum zwo oder drey Wochen sich ein wenig besser befunden; als bey der Nacht / in der Nachbarschafft / eine Music gehört ward. Wie nun den jungen Frauen so wol / als Jungfrauen / Gesang und Säiten-Spiel die Ohren kitzelt: also ist auch diese junge Frau deßwegen vom Bette aufgestanden / und hat das Fenster aufgemacht / um deß vernommenen Lust-Schalls / mit besserer Aufmerckung / zu geniessen. Worauf aber alsofort / von dem Dach / etwas Schwartzes vor ihren Augen und Füssen / niderzufallen schien.

Darüber erschrickt sie so gewaltiglich / daß sie /mit Zittern / und Zähnklappen / sich zu ihrem Mann wieder ins Bette gelegt / und alsobald / über einen Fieber-Frost / geklagt.

Früh morgens wird vor-gerühmter Doctor, Gottfried Winckler / geholt: Welcher ihr ein mit Bezoar vermischtes Schweiß-Trüncklein eingiebt / und hernach einige Hertz-stärckende Mittel vorschreibt.

Nichts destoweniger erschaurete sie nochmals / im Bette / durch und durch / schloß auch den Mund so fest zu / daß man ihr denselben / mit keiner Spatel (oder Wund-Eisen) kunnte öffnen. Endlich [408] kam dazu das Fraischlein (die fallende oder böse Kranckheit: welche ihr / nach einem und andren Anfall / mit höchster Betrübniß ihres Ehemanns / den Garaus gemacht. 1

Fußnoten

1 Observat. 32. Anni VI. Ephemeridum Germanic. p. 65.

43. Das Pest-Gespenst

XLIII.

Das Pest-Gespenst.

Wie GOtt Lust hat / zum Leben; also der Teufel /zum Tode: Denn er ist der Urheber und Einführer deß Todes. Darum trachtet er stets dem Menschen nach dem Leben / und nicht nur nach seiner Seelen / sondern auch nach seinem Blut: und wann ein Reich /oder Land / durch grosse Ruchlosigkeit / das Zorn-Schwert deß gerechten GOttes schärfft / wirds ihm /als dem Mörder und Todschläger der Welt / gleichsam in die Hand gegeben / und verstattet / das Land /entweder durch Anstifftung blutiger Kriege / auf die Schlachtbanck zu führen; oder mit plötzlichen Seuchen dessen Einwohner zu erwürgen / als ein Scharffrichter deß Göttlichen Gerichts. Bey solcher Execution giebt er sich bißweilen / durch gewisse Zeichen zu erkennen: um die Leute desto härter zu erschrecken / und beynebenst seine Rach-Lust / oder Freude / an ihrem Verderben / als gleichsam bravirend / blicken zu lassen. Gestaltsam er auch deßwegen manches [409] Mal sonderbare Vorzeichen giebt / wann / bey gifftigen Sterb-Läufften / dieses oder jenes Haus mit der Pest angeseucht / und hingerichtet werden soll.

Der Allmächtige / ohn dessen Verhengniß / er keine Lauß todt schlagen könnte / lässt solches darum geschehen / damit die Leute desto leichter mercken sollen / es begegne ihnen solches Unglück nicht ungefähr; sondern durch eine hohe Zulassung / ohn welche der Mord-Geist sich dergleichen nichts dürffte erkühnen: und daß sie deutlich verstehn sollen / Er habe seine Hand ausgereckt / zur Straffe / seine Pfeile zugerichtet / zu verderben: Es sey kein schlechtes Zorn-Feuer droben angebrannt; weil Er dem Mord-Teufel so viel Erlaubniß / zum würgen / gegeben: Auf daß sie also heilsamlich erschrecken / und durch wahre Busse / wo nicht den Leib / doch gewißlich die Seel /erretten / auch desto ernstlicher zu GOtt / um Gnade /Barmhertzigkeit / und Stillung der Plage / flehen mögen. David hat vorhin schon / aus der Abwürgung so vieler tausend Schafe / Hertz-bekümmerlich gemerckt / daß dasjenige / was der HERR ihm / durch den Nathan / angedrauet / kein Schertz oder Kinder-Spiel wäre: Doch erschrack er noch weit mehr / als der Engel / zwischen Himmel und Erden / erschien /und das Schwert über Jerusalem ausstreckte: Er erzitterte darob / und ward ihm sein Hertz dadurch noch mehr zerbrochen / mit wahrer Reu. Dergleichen Meynung verhengt der Höchste auch ohne Zweifel dem bösen Geist / daß er bißweilen seine Mord-Klauen /gegen einem hochversündigten Ort / durch sichtbare Anzeigungen / blicken lässt: [410] auf daß nemlich die Menschen desto besser in sich gehen / und ihre bußfertige Reue geschärfft / der Frommen aber ihr Glaubens-Schwert wider diesen Ertzfeind / samt dem Vertrauen zu GOtt / gewetzt werde / und die Andacht deß Hülff-schreyenden Gebets desto mehr sich entzünde. Denn es heisst: Wenn Du (HErr) sie züchtigest / so ruffen sie ängstiglich.

Unterdessen ist deß Satans Zweck / wie zuvor angezeigt ward / dieser / daß er morde / und würge / wie ein Wolff / unter den Schafen / wütet. Darum / damit die Seuche desto mehr und leichter den Menschen verderbe / und solche seine Mord-Begier desto besser von statten gehe / auch / durch Bestürtz- und Erschreckung / womit ohne dem der Pest-Pfeil befidert wird / in dem armen Menschen / der Mut / ja / wo möglich / auch die Hoffnung und das Vertrauen auf GOTT / erlesche / hingegen Kleinmütigkeit / Zaghafftigkeit / und Mißglauben / den Platz beziehe. Und ob er gleich manches Mal wol besorgt / es werde ihm solcher sein Wunsch / nemlich auch die Seele / mit Mißglauben / zu verletzen / nicht verhengt werden /sondern vielmehr das Gegentheil / nemlich eine ernstliche Bekehrung der Leute / daraus entstehen: getröstet er sich doch dessen / daß er gleichwol indessen sein Mütlein in etwas kühlen könne / an denen / die sein Feind / GOtt der HErr / erschaffen hat / und die Dessen Anhang in der heiligen Tauffe geworden / der ihm seinen Schlangen-Kopff hat zertreten.

Zudem hat er noch ein andres Ziel dabey: nemlich dasjenige / was er / bey allen solchen vorbedeutlichen[411] Sterb-Zeichen / so von Gespenstern herkommen / suchet: daß er sich / als ein stoltzer Geist / groß / und formidabel / oder gefürchtet mache / und eine sonderbare Verwundrung seiner Vorwissenheit errege. Aus welcher Ursach er auch offtmals / aus Besessenen /mancherley Sprachen redet. Denn er wollte gernadorirt seyn: und wann er es ja so hoch nicht bringen kann / wünschet er / daß man aufs Wenigste seines hohen Witzes / seiner Scharffsinnigkeit / List / Verschlagenheit / und tieffen Wissenschafft / sich tieff verwundre: als womit er sich / in seinem Unglück /und schmählichem Stande seiner Verworffenheit / etlicher Massen tröstet und ergetzt.

Im eylfften Jahr der Keyserlichen Regierung Constantini, ist / wie Diaconus und Sigebertus erzehlen /Asche vom Himmel gefallen; worauf eine grausame Pestilentz gefolgt. Da sich denn ein Gespenst blicken lassen / welches / mit einem Jäger-Spieß / herumgegangen / und damit an die Häuser geschlagen. Und so manches Mal es damit an die Thür schlug; so manche Personen sturben aus dem Hause. 1 Regino Prumiensis schreibt / es sey ein guter Engel / neben dem bösen / herein getreten / und habe diesem / dem boshafften nemlich / Befehl gegeben / wo und wann er anschlagen sollte: und daß solches / im zwey und achtzigsten Jahr selbigen Welt-Alters / sich zugetragen.

Andre vermelden auch dabey / es sey der Gifft so schnell / und streng gewest / daß die Leute / wann sie nur gejähnet / oder ein Mal genieset / alsofort [412] todt zur Erden gefallen. Daher / von selbiger Zeit an / die Gewonheit aufgekommen / daß man / wenn Einer nieset /spricht / Wol bekomme es ihm! GOtt helffe!

Paulus Diaconus Warnefridus, bey welchem ich das vorhergehende gelesen / setzt / im zweyten Buch der Longobardischen Geschichte / eine andre Sterb-Seuche / und dabey erschienene entsetzliche Gespenst-Abentheuer.

Kurtz / vor dem tödtlichen Hintritt Keysers Justiniani, erschienen in Meyland / und dem Montserrat (denn beydes wird / unter dem Namen Liguriæ, begriffen; angemerckt / besagter Diaconus es deßwegenprovinciam maximam, ein sehr grosses Land / nennet;) gähling sonderbare Zeichen / in den Häusern / an den Thüren / Gefässern / Geschirren / und Kleidern. Je mehr man / dieselbe abzuwaschen / bemühet war /je mehr und scheinbarer gaben sie sich zu erkennen.

Im Jahr hernach / fuhren den Leuten an schamhafften / und andren heimlichen Orten / gewisse Beulen auf / in Grösse einer Welschen Nuß: darauf bald eine unerträgliche Fieber-Hitze / wie es Diaconus nennet /folgte / wovon der Mensch / in dreyen Tagen / den Tod nahm. Die aber / so den dritten Tag überstrebten / hatten Hoffnung wieder aufzukommen. Ich vermute /es sey ein strenges Pestilentz-Fieber / oder die Pest selbst / gewest.

Uberall sahe man Leidwesen / und Threnen. Die Leute liessen ihre Häuser ledig / und flohen davon /also / daß allein Hunde und Katzen / dem [413] Hunger /nemlich ihrem selbst-eigenem / zur Speise / daheim blieben. Das Vieh ging / auf der Weiden / ohne Hirten. Wo man heut die Städte / Schlösser / und Dörffer / voll Volcks antraff / da fand sich / über etliche Tage / keiner Mutter Kind / sondern eitel Wüsteney und Verödung: Denn die Furcht für dem Schwert deß Würg-Engels / hatte Alles in die Flucht getrieben. Die Kinder flohen / von den hinsterbenden Eltern / und liessen dieselbe unbeerdigt ligen: deßgleichen thaten die Eltern / an den Kindern: also / daß nicht allein über die Leute / sondern auch über Liebe und Barmhertzigkeit / die Pestilentz kam / und dieselbe vertilgte. Ließ sich dann ja noch Einer so hertzhafft antreffen / daß die Liebe stärcker bey ihm war / als der Tod /und ihn bewog / aller Lebens-Gefahr ungeachtet /seine Nechsten zu begraben; so musste er solches Lob / mit seinem Leben / erkauffen / und selber hernach unbegraben ligen. Man hörte keine andre Stimme / als die Seufftzer der Sterbenden. Alle Haus- und Feld-Arbeit feyerte. Das Getreyde überreiffte sich / und blieb ungeerndtet: weil kein Schnitter / noch Heimführer /vorhanden. Am Weinstock hingen die schönste Trauben / und schienen ihre über-zeitige Beerlein sich in Threnen zu verwandeln; weil ihnen das Laub allbereit entfiel / und doch kein Reb-Messer sich blicken ließ /dieselbe abzuschneiden. Weiden und Auen waren / in Grab-Stäte / verkehrt / und die Wohnungen der Leute den wilden Thieren zum Lager worden.

Wie nun die böse Geister sich der Menschen Unglücks und Threnen eben so sehr erfreuen / als [414] wie die Fische deß Wassers / und den Erschrockenen gern ihren Schrecken vergrössern: also erzeigten sie sich auch / bey solchem kläglichem Zustande der Sterblichen / nicht müssig / dessen sie auch / von Anfange her / die rechte Haupt-Stiffter / nemlich deß Todes Diener und Einführer seynd. Sie erweckten / bey furchtsamer Nacht / einen solchen Trompeten-Schall /als ob man zum Streit / und Kriegs-Gewürge / bliese: Wobey viel Leute ein Getümmel / Geräusch / und Gemürmel hörten / als wie eines Kriegs-Heers. Nulla erant vestigia commeantium, nullus cernebatur percussor: & tamen visus oculorum superabant cadavera mortuorum. Das ist: Man sahe nirgends keine Fußspuhr / wo der Marsch gegangen / auch keinen Soldaten / der da niderhieb; und doch gleichwol eine solche Menge von todten Leichnamen /daß man das Ende derselben nicht absehen kunnte. 2

Ich glaube / diß sey derjenige Sterb gewest / dessen Procopius gedenckt / wann er schreibt / als / zu Cosdrois und Justiniani Zeiten / die gewaltige und verwunderliche Sterb-Seuche den gantzen Erdbodem verheerte / habe man die böse Geister / in menschlicher Gestalt / herum wandeln sehn / beydes an offentlichen und privat-Orten: welche die Leute geschlagen; und die / so von ihnen einen Schlag bekommen / wären alsofort darauf / mit der Seuche / befallen worden: Etlichen sey solches / zu Nachts / im Traum / widerfahren; Etlichen aber / bey wachenden Augen / am hellen Tage. 3

[415] Unter der Regierung Keysers Constantini Copronymi, verfinsterte sich ein Mal die Lufft gar gähling /und darauf erfolgte ein erschreckliches Erdbeben /durch gantz Syrien / und Palæstinam; und demnechst eine grimmige Pestilentz: welche / in Calabrien / und Sicilien / ihren ersten Anfang genommen / nachmals auch Constantinopel angegriffen / und dermaßen ausgeleert / daß es schier gantz verödet worden. Alle Monumenten / fürnehme und gemeine Begräbnissen /Seen / Gärten und Weingärten / wurden dergestalt mit Leichen überfüllt / daß kaum Platz mehr übrig war /die Todten zu begraben. Hiezu kam diese Wunder-Begebenheit / daß man / an den Kleidern derer / die mit der Pestilentz behafftet waren / gewisse Makeln oder Flecken erblickte / die von unsichtbarer Hand drein gedruckt worden / wie gewisse Mahl- und Vor-Zeichen ihres alsofort drauf erfolgenden Todes. So wurden auch diejenige / welche von der Pest angefallen worden / von Gespenstern erbärmlich geplagt: Wie Theophanes, und Theodorus Studita, 4 beglauben.

Wie man 1531 zehlte / grassirte / durch Teutschland / überall die Pest. Zu der Zeit / hörte ein Bruder im Prediger-Kloster zu Lübeck / der / vor andren / die Küche versorgen musste / einsmals / bey der Nacht /da er / auf seinem Lager ruhete / unter sich / in dem Gast-Hause / ein Geräusch / und bißweilen eine Stimme / welche / am Küchen-Fenster / ihm zurieff:Koch! richte an / für die Brüder / die verreisen sollen. Er fragte hierauf / von innen: Wie viel werden Ihrer verreisen? [416] Die Stimme antwortete: Sechs und dreyssig aus dem Convent; und zween Fremde werden mit ihnen reisen.

Ob nun gleich dieser Kloster-Koch bißhero nicht anders gedachte / als daß ihm ein Mensch also zugeruffen hette: verwunderte er sich doch gleichwol drüber / daß man ihn / zu Mitternacht / aufweckte / und zur Küchen berufft; stund derhalben auf / und schaute / durchs Loch / in das Gast-Haus hinein: da er dann eben so viel Brüder / als die Stimme ihm angezeigt /am Tisch sitzen sahe / und zwar mit weiß-verhüllten Häuptern / wie diejenige / so man alsofort begraben will. Darob erschrickt er / geht wieder ins Bette / und fürchtet sich / die Sache lautbar zu machen. Nachdem aber der Ausgang alles bestetigt / und man aus dem Convent sechs und dreyssig Brüder / nebst zweyen andren / so von Hamburg kommen waren / begraben hatte; sagte er offenbarlich aus / was er gesehn hette. 5

Gregorius Nyssenus, ein gelehrter Griechischer Lehrer / erzehlt / im Leben deß Gregorii, beygenamt deß Wunder-thätigen / es habe sich / in Griechen-Land / begeben / daß das Volck den Comedien / und andren Schau-Spielen / in solcher Menge zugeloffen /und sich hinein gedrungen / daß gantz kein Raum mehr übrig geblieben / und Viele nicht hinein gekönnt: Da nun die Leute geklagt / über den gar zu engen Platz / und Andre sich beschwert / es würde gar zu voll / weßwegen sie allzu hart gedrengt würden; hette der Satan überlaut zur Antwort drauf gegeben /und geruffen: Es [417] würde bald leer gnug werden / und an Leuten mangeln / welche die Stadt erfüllen oder besetzen mögten: Worauf auch / zur Stunde unter noch währendem Schau-Spiel / durch deß Teufels-Würckung / auf GOttes Verhengniß / unter die häuffige Menge deß Volcks eine so strenge Pestilentz gekommen / daß / in gar kurtzer Zeit / die gantze Stadt von Menschen erschöpfft / und zur Wüsten worden. GOTT verhüte in Gnaden / daß / bey unsrer verderbten Zeit / da / bey so kläglichem Zustande andrer christlichen Länder / die mit dem Kriegs-Hungers-und Pestilentz- oder auch mit dem Gewissens-Schwert / so tödtlich geschlagen und verwundet werden / dennoch die Comedien / nebst allerley andren üppigen Schauspielen / so häuffig einreissen / und man den Rauch von benachbarten Wänden / nicht mit bußfertig-threnenden / sondern gleichsam von Uppigkeit lachenden / Augen / ansihet / nicht auch dergleichen /zur wolverdienten Straffe erfolge!

In den Saltz-Gruben deß Americanischen Königreichs Peru / ist den Indianern ein Gespenst / so groß / wie ein Riese / erschienen; aber mit einem aufgeschnittnem Bauch / daraus das Gedärm hervor gehangen: und auf den Armen / hat es zwey kleine Kindlein getragen. Nachdem dasselbe ihnen eine schwere Plage angekündigt / ist es / vor ihren Augen / verschwunden. Diß hat zwar das einfältige Volck verachtet /darum / weil es / bey scheinender Sonnen / erschienen: aber / daß solches Drauen nicht vergeblich geschehen / ist durch die / gleich hernach eingerissene /Sterb-Seuche / bald entdeckt worden. Massen solchesChieza, in [418] seinen Peruanischen Geschicht-Schrifften /berichtet. 6

Im Orient / sollen gleichfalls / nach AnzeigungKircheri, in seinem Tractat von der Pest / noch auf den heutigen Tag / die Leute / von den teuflischen Gespenstern / mit der Pest jämmerlich geplagt werden; indem weiß nicht was für eine höllische Unholdinn ihnen auf den Leib geht / und sie / mit einem Pfeil /empfindlich trifft: wovon sie alsofort niderfallen / und den Geist aufgeben. 7 Wiewol ich zweifle / ob darunter auch die Türckey mit zu verstehen sey. Denn Gerlachius schreibt / in seinem Türckischen Tag-Buch /daß / in Türckey / weder Türcken / noch Christen /etwas dergleichen / nemlich von Sterb-Gespenstern /sehen.

Eben daselbst gedenckt er / es habe / beym Nacht-Essen / und Tafel-Discurs / Einer Namens Schmeisser / erzehlt / daß / zu Schwatz / in Tyrol / sich ein Gespenst / zur Sterbens-Zeit / sehen liesse / bald klein- bald groß / und so hoch / wie ein Haus / machte / und zu welchem Fenster es hinein schauete / aus demselben Hause die Leute stürben; und ein solches Gespenst auch / zu Insbruck gesehn würde. 8

Fußnoten

1 P. Warnef. l. 6. de Gestis Longob. c. 2.

2 Idem lib. 2. c. 5. f.m. 6.

3 Procop. lib. 2. de Bello Persico.

4 In Oration. de S. Platone.

5 Albert Krantz im 8 Buch Wandaliens / cap. 25.

6 Chieza part. 1. Histor. Peruanæ, c. 24.

7 P. Kircher, de Peste, Sect. 1. c. 10. p.m. 42.

8 Gerlachius im Türckischen Tag-Buch / am 301 Bl.

44. Der Wald-Pfeiffer

[419] XLIV.

Der Wald-Pfeiffer.

Vor etlichen Jahren / hat sichs zugetragen / daß ein reicher Vieh-Händler / der ehedessen ein Metzger gewesen / nunmehr aber nur / dann und wann / über Land oder Feld ging / um Vieh einzukauffen / nach Bissingen / so nicht übrig weit von seinem Aufenthalt war / gereiset / und allda unter seines Gleichen gerahten / die sich / nach getroffenem Kauff / mit ihm / bey einem Glase / lustig gemacht / wobey ihnen die Pfeiffer / und andre Spielleute / aufgewartet. Indem er nun / von dannen / wieder heimkehren wollte / musste er nothwendig / durch ein Holtz / darinn es nicht allerdings richtig; wie deß Orts sattsam bekandt / und deßwegen Keiner gern so leicht allein / zumal bey Abend-Zeiten / dadurch gehet. Dieser Mann aber / als welcher ziemlich behertzt / scheuete sich im geringsten nicht / ohne Gefährten / seinen Heim-Weg dadurch zu nehmen; ohnangesehn / die Sonne ihre Stralen bereits eingezogen / und der Himmel / von dem Abend-Schatten / sich angebräunet hatte.

Nachdem er nun ein Stuck Weges hinter den Rucken gelegt; vernimt er von fernen / im Walde / eine Schalmey: die gleichwol viel näher lautete / als / daß sie / in irgends einem Dorff / gespielt werden sollte. So gab es / selbiger Gegend / weder Heerden / noch Hirten: und ließ auch die Gelegenheit dieses Orts nicht zu / daselbst einige natürliche Spielleute / vielweniger eine lustige [420] Zech-Zunfft / zu vermuten: Daher ihm die Sache abentheuerlich vorkam.

Einen Weg / wie den andren / setzte er seinen Weg fort: biß / seines Vermerckens / die Schalmey / von der Seiten zu / immer näher kam / und zwar so nahe /daß er endlich ein wenig still stund / um zu erwarten /was daraus werden / und etwan für ein Pfeiffer hervorkommen mögte. Da ward er zuletzt gewahr / daß /zwischen den Bäumen / und durchs Gebüsch / Einer gerad auf die Land-Strasse zu ginge / in welcher er stund / und hart an ihn kam. Derselbe hatte ein grünes Käpplein auf. Wie die übrige Kleidung / oder Gestalt / beschaffen gewest / wusste diejenige Amts-Person /welcher es der Vieh-Händler selbst / ein paar Tage hernach / mündlich erzehlet hat / sich nicht mehr zu erinnern. Es muß aber dennoch dieser Wald-Pfeiffer oder Schalmeyer so seltsamen Musters gewest seyn /daß der Mann denselben für nichts Gutes gehalten. Denn nachdem der Pfeiffer / biß auf drey oder vier Schritte zu ihm getreten / und vor ihm stehen bleibend immerzu / auf der Schalmey lustig fortgepfiffen; hat der furcht-lose und unerschrockene Mann / nach einem kurtzen Zuschauen / denselben angeredt / mit diesen Worten: Du Kerl! laß schauen / kannst du was wackers / so mache mir eins auf die sieben Worte Christi am Kreutz!

Hierauf ist der erbare Pfeiffer / samt dem Schall seiner Schallmeyen / angesichts verschwunden. Das heisst: Ein Wörtlein kann ihn fällen!

45. Der böse Junckherr

[421] XLV.

Der böse Junckherr.

Um Eger lässt sich / auf dem Felde / nahe bey selbiger Stadt / nicht selten ein Gespenst / in Gestalt eines Manns-Bildes / sehen / welches die Leute den Junckherr Ludwig nennen: weil Einer deß Namens ehedessen da gelebt / und die Grentz- oder Marck-Steine deß Feldes betrieglich verruckt haben soll: weßwegen er /bald nach seinem Tode / (oder vielmehr der böse Geist / in seiner Gestalt) angefangen / umzugehen /und die Leute / durch seine Begegnung / zu erschrecken.

Zu unsren Zeiten / hat die Gewißheit solcher gespenstischen Erscheinung eine Jungfrau erfahren / wie ich / aus beglaubter Erzehlung Eines ihrer Befreundten habe verstanden. Dieselbe geht einsmals allein /vor dem Thor / in selbiger Gegend / die dieses bösen Junckers wegen so berüchtigt ist / und wie sie ungefähr an die Stäte kommt / wo der Marck-Stein / wie man sagt / verruckt seyn soll / wandelt ihr ein solcher Mann / wie ihr vordem mehrmaln das Juncker-Ludwigs-Gespenst beschrieben worden / entgegen / geht auf sie an / und greifft ihr / mit der Faust / in den Busem. Wovon dieser gleich aller schwartz worden /das Gespenst aber verschwunden.

Sie geht hierauf / in tieffster Entsetzung / heim / zu den Ihrigen / (deren Etliche noch am Leben / und diß Alles bezeugen spricht / Sie habe ihren Theil / und findet sichs / daß ihr die Brust aller erschwartzt [422] sey. Die / so dergleichen Schrecken einnehmen / werden gemeinlich lagerhafft / und todt-kranck / sterben auch wol gar darüber hin. Das ist auch dieser Jungfrauen wiederfahren. Denn die hat / noch selbigen Tags sich zu Bette / und am dritten hernach das Leben von sich / gelegt.

In dem Orientalischen Reussen / soll vormals / wiePetrus Gregorius 1 berichtet / gleichfalls ein grausames Mord-Gespenst / zur Zeit der Ernte / in der Mittags-Stunde / durchs Feld herumgewandelt seyn / in Gestalt einer Leid-tragenden Witwen / und den Schnittern Arme und Beine zerbrochen haben; daferrn sie nicht gleich / so bald sie deß Gespenstes nur ansichtig worden / nidergefallen / und es angebetet.

Es wollen Einige dafür halten / daß solche Gespenster / so um den Mittage sich blicken lassen / in der Bosheit alle andre übertreffen. Und ist solche Meynung schon ziemlich grau. Origenes will / daß die Kinder deß frommen Hiobs / in der Mittags-Stunde /von dem Hause überfallen / und erdruckt worden: und sagt / daß deßwegen die Heiligen / weil ihnen solches bekandt / allezeit zu GOtt gebetet / Er wolle sie behüten / so wol für der Seuche / die im Mittage verderbet / als die im Finstern schleichet: (aus dem 91 Ps.) Denn wie bey finsterer Nacht-Zeit / also setzten auch /unter der Mittags-Zeit / die Teufel / mit ihren Versuchungen / am hefftigsten an. 2

[423] Ich gläube aber / wer sich / so wol zu Mittags / als Morgens-Abends- und Nachtzeit / mit einem gläubigen Gebet verwahrt / der sey so wol dem Mittags- als Nachts-Teufel / und allen andren gnugsam gewachsen / und könne sagen / wie David: Wann sich schon ein Heer wider mich legt / so fürchtet sich dennoch mein Hertz nicht. 3 Es muß aber der Mensch auch seines ordentlichen Beruffs warten / GOtt nicht versuchen /noch vermessen seyn / und auch im Stande der Gnaden erfunden werden: Alsdann wird ihn der Teufel wol gehen lassen / und sich so wenig an ihm / als wie an einem Engel / vergreiffen.

Fußnoten

1 De Republ. lib. 12. c. 20.

2 Autor Commentar. in Jobum, qui Origeni tribuitur.

3 Ps. 27.

46. Die Verlassenschafft deß gespenstischen Banckets

XLVI.

Die Verlassenschafft deß gespenstischen Banckets.

Insgemein hinterlassen die Gespenster nichts / als Gestanck / und Erkranckung denen / welchen sie erscheinen: In dieser Geschicht-Erzehlung aber / wird ihre Verschwindung eine reiche Beute von gutem Silber hinterlassen / und / ob gleich wider Willen / einem Potentaten solches abstehen.

Mir haben etliche glaubhaffte Leute die Gewißheit bezeugt / daß / zu Friederichs / deß Dritten / Königs in Dennemarck und Norwegen / Regierungs-Zeiten /[424] folgende Abentheurligkeit vorgegangen.

Man hatte eine offentliche Zusammenkunfft nach Flensburg (wiewol ein Andrer mir / von einem andren Ort gesagt) ausgeschrieben / welcher auch der / nunmehr selig-ruhende König / durch seine Gegenwart /einen Glantz gegeben; als / unter andren Cavalliern und von Adel / gleichfalls einer dahin zoch / den man schier unter die Ruchlosen zehlete / und der weder Teufel / noch Gespenst / glaubte: wie man denn / jetziger Zeit / solcher Leute noch wol genug antrifft / die ein Gespött daraus machen / wann sie / von Gespenstern / reden hören / und es Alles / für betriegliche Einbildung / ausgeben.

Dieser Cavallier / oder Edelman / war so spät angelangt / daß nirgends Raum mehr für ihn übrig geblieben / ohn allein in einem solchen Hause / da ihm der Wirth auffrichtig zu vernehmen gab / es wären alle seine Zimmer / von Fremden / schon eingenommen /biß auff ein einiges: darinn er aber selber ihm nicht rahten mögte / zu übernachten / weil das Ungeheuer daselbst gewaltig rumorte / und ihn leicht / durch übermachten Schrecken / gefähren dörffte.

Er / dessen Verwogenheit dergleichen Gefahr /eben so viel / als Sicherheit / oder kindisch- und aberglaubische Thorheit / und vielleicht dieses / für eine rechte Gelegenheit den unerschrocknen Mut zu bewehren / achtete / gab lächlend zu verstehn / daß er /für Mährlein / oder falschen Einbildungen keine Furcht hette: hat nur / um ein Licht. Welches er auff den Tisch stellete / und gantz allein [425] dabey sitzen blieb; um desto gewisser / mit wachenden Augen /sich zu versichern / daß er nichts gesehen hette / oder / im Fall sich ja etwas sehen liesse / er / beym Licht /erkennen könnte / ob es nicht etwan ein gemacht- oder ertichtetes Gespenst wäre / und dasselbe fein beleuchten mögte.

Der Wirth willfahrte seiner Vermessenheit / ließ ihm Liechts genug / und wünschte ihm eine bessere Nacht / weder er für ihn hoffte; in Meynung / dieser freche und kühne Gast hette vielleicht eines Schweiß- Bads vonnöthen / welches er anjetzo / in diesem unsicherem Zimmer / wolfeil genug bekommen würde.

Solche Vermutung fehlte auch nicht. Es war die Nacht noch nicht gar halb; als sich / nach und nach /etwas / in dem Saal / anfing / immer stärcker zu rühren / und ein Getöß über das andre hören ließ. Welches aber sein gefasster Mut / zu überhärten / und wider den anschaurenden Schrecken / sich männlich zu halten / strebte. Unterdessen ergrösserte sich das Geräusch / und machte ihm gleichfalls / mit der Zeit auch / vor Furcht / seine Haut gleichsam rauschen /als ein Aspen-Laub: wie sehr er auch / sich selbsten zu bereden / bemühet war / daß mans nicht achten müsste / der Bestürtzung den Streit anbot / und die flucht-fertige Hertzhafftigkeit anzuhalten / ringte.

Nach einem ziemlich-langen Vorspiel / Gepolter /Gauckeley / und Getümmel / kommt / durch den Schlot und Kamin / (angemerckt / man derer Oerter deß Kamin-Feuers sehr gewohnt ist) bald ein Bein /bald ein Arm / hernach der Bauch / Brust / und endlich der Kopff herab / und / wird aus [426] solchen partibus integrantibus, oder Haupt-Stücken und fürnehmsten Theilen menschliches Leibes / geschwind ein gantzer menschlicher Körper / in Gestalt eines Lakeyens /oder Trabantens / zusamm gesetzt. Gleicher Weise fallen ihrer mehr / nach ein ander herab. Welches Alles der Edelmann / mit erstarrten Augen / so lang ansihet / biß zuletzt die Thür deß Saals aufgeht / und der helle Hauffe einer völligen Königlichen Hofstat herein geht.

So bald hatte sich derselbige nicht zu dem Tisch genahet / als unser redlicher Edelmann / von dem Tisch auffsprang / und sich / mit aller seiner Resolution / hinter den Ofen / retirirte: Weil er / vor denen im Wege stehenden menschlich-gelarvten Gespenstern zur Thür nicht hinaus kunnte. Er sahe / wie man / im Augenblick / die Tafel deckte / und mit Königlichem Tractement anhäuffte / auch mit vielem silbern und güldnem Trinck-Geschirr besetzte.

Wiewol er selbst / unter diesen verdächtigen Gästen / ein Gast zu seyn / schlechten Appetit hatte: kam doch bald Einer / begehrte / er solte / als ein Gast und Fremdling / mit zur Tafel kommen / und vorlieb nehmen. Weil er aber sich weigerte / ward ihm ein grosser silberner Becher dargereicht / um denselben / auf Gesundheit / resolut Bescheid zu thun. Der gute Kerl /welcher nunmehr gar zu starck glaubte / daß es würcklich Gespenster gäbe / und sich / vor grausender Bestürtzung kaum besann / nahm das Trinckgeschirr zwar an; zumal weil es schien / als würde man ihn nöthigen. Jedoch weil ihm / ehe denn er [427] ansetzte / ein schreckliches Grausen anstieß; fing er an / in solcher zittrenden Angst / GOtt anzuruffen / um Schutz und Bewahrung.

So bald hatte er diese Anruffung kaum gethan / als / im Augenblick / aller Pracht / alles Geplerr / und das gantze Banquet / samt den seltsamen und stoltzen Gästen / verschwand.

Der Nam JEsus ist nicht nur ein Schild / sondern auch Schwert / ja ein rechter Donnerschlag / wider die böse Feinde / wodurch sie / aller ihrer Stärcke / List /und gaucklischer Pracht / ungeachtet / in die Flucht geblitzet werden.

Ob nun gleich Alles andre / nemlich die Hofstat /samt den Speisen / im Augenblick dem Auge entrissen war: behielt doch nicht allein der Edelmann den silbernen Becher / welchen man ihm gereicht hatte zum austrincken / in der Hand: sondern es hinterblieb auch alles Silber-Geschirr / so auf die Tafel kommen war / samt dem einigen Licht / welches ihm gehörte. Daher er solches / am folgenden Morgen / zu sich genommen / in Meynung es für sich zu behalten. Als aber der regierende König / Friedrich der Dritte / hievon Bericht empfangen: ist Alles / von demselben / in Beschlag genommen / unter dem Titel / daß es solche Sachen / so der höchsten Lands-Obrigkeit heimfällig wäre. Allein weil der Edelmann einen rechtlichen Anspruch darauf zu haben vermeynte / als auf einen solchen Fund / den GOtt ihm / fur seine ausgestandene Todes-Angst und Lebens-Gefahr / hette zu Theil werden lassen: (wie denn auch / drittens / wol der Hauswirth sich hette mit drum anmelden können) ließ man diese Frage / [428] an die juristische Faculteten unterschiedlicher hoher Schulen gelangen: welche Alles dem Könige zugeurtheilt.

Wo aber besagtes Silberwerck eigendlich hergekommen / hat man nicht erfahren / und derhalben der König es / als einen gefundenen Schatz / oder verlassenes und ihm heimgefallenes Gut / für sich eingezogen. Vermutlich ist es ein vergrabener Schatz gewest /oder ein solches Silberwerck / das der Teufel / von vielen reichen / und fürnehmen Hexen / gesammlet: die / aus Sorge entdeckt zu werden / weder ihren Namen / noch Wapen haben drauff stechen lassen. Wie man denn auch so / ohne dem / selten ein silbernes Tafel-Geschirr / imfall es nicht etwan eines Königs oder Fürstens ist / mit Namens-Buchstaben /oder Wapen / bezeichnet antrifft. Es kann doch gleichwol auch diß Silber-Geschirr / von vielen Beutelschneidern zusammen getragen seyn.

Der verruchte Edelmann hat allein / zur Vergeltung seines Angst-Schweisses / die Gewißheit und Beweisung erhalten / daß gewißlich Teufel und Gespenster seyen; die Einem zwar Schätze zeigen / aber nicht zueignen. Womit er müssen vorlieb nehmen; als Einer der diesen Schatz / im Schweiß seines Angesichts /nicht gegraben / sondern nur ungefähr erblickt / und gefunden hatte / dazu nicht in seinem eigenem Hause; sondern in eines Andren.

Ich gebe aber diese Erzehlung / wie ich sie habe empfangen; und erinnere mich / daß ich eins fast dergleichen anderswo gelesen. Weiß aber nicht / ob an beyden / oder nur einem Ort / solches [429] sich begeben: Denn es geschicht dergleichen wol öffter / als ein Mal / oder an einem Ort allein; wiewol mit etwas veränderten Umständen.

47. Die Entruckte und Wiedergefundene

XLVII.

Die Entruckte und Wiedergefundene.

Daß der Wolf ein erhaschtes Schaf unerwürgt fahren lässt / wenn ihm die Jäger oder Hirten / eilig nachsetzen / ist so eben nicht hoch zu verwundern: die Furcht / er dörffte selber gefangen werden / zwingt ihm den Fang wieder ab / und die Sorge für seinen eigen Peltz reisst ihm solchen Raub wiederum aus den Klauen. Wann er aber das Schaf den Leuten allbereit weit aus den Augen / und aus aller Wissenschafft hinweg geführt / also / daß man seine Fußtapffen unn Höle / da er es hinein geschleppt / nicht erspüren kann; so ist es wol ein Wunder-Glück / und sonderbare Raritet / daß man das / arme Schaf unzerrissen wieder sindt. Also auch je gefährlicher das hellische Raubthier uns Menschen nachstrebt / und je tödtlicher und grausamer sein grimmiger Rachen auff uns hungert / desto Wunderwürdiger ists / daß dieser Mord-Geist / wann er einen etwas verwirrten und blöden / oder auch wol Vernunfft-gesunden Menschen den Leuten aus den Augen / an einsame Oerter / entruckt und verborgen hat / da denselben niemand aufsuchen noch [430] retten kann / dennoch / durch einen unsichtbaren Ferrn-Zwang / genöthigt wird / einen solchen abwegig-verführten Menschen nicht allein unbeschädigt zu lassen / sondern auch denselben den Leuten wider ins Gesicht zu stellen / und wieder um unverletzt / an einen solchen Ort zu liefern / von dannen man ihn leichtlich abholen kann.

Solcher Ferrn-Zwang geschicht / durch die Krafft deß Gebets der Gläubigen / und zwar am kräfftigsten der christlichen Gemein: welches / wie es Petro die Fesseln ablösete / also noch heut die Bande Belials zerbricht / und ihm seine Macht bindet / daß er den /leiblich-gefangenen / oder entführten / Raub nicht verschlingen kan; sondern unangebissen wieder quitiren muß.

Wie mancher Sinn-zerrütteter Mensch wird / von diesem Menschen-Feinde / aus der Obacht seiner Hüter / hinweg gepartirt / und an verlassene öde Oerter verleitet / da er ohne menschliche Hülffe / verderben und entweder durch Hunger / oder Wassers-Noth / oder Stürtzung / ums Leben kommen müsste / wann nicht der Engel Gottes diesem grimmigen Leuen den Rachen zuhielte; will sagen / ihm seine Gewalt und Anschläge hemmete / den Verirreten bewachte / und endlich wiederum zu den Seinigen brächte.

Wie mancher / ob er gleich am Verstande unversehrt ist / wird dennoch eben sowol / auf Göttliche Zugebung / von einem Gespenst / in unwegsame Wege / in Wälder und Gebirge / hinweg gerafft / und daselbst / eine Zeitlang unter deß Satans unvollkommener Gewalt / aufgehalten / mit höchster Gefährung seines Lebens / und doch endlich [431] durch der Seinigen Fürbitte / der vor Augen schwebenden Noth wiederum abgenöthigt / und in Sicherheit zurück geführt!

Diese Gnade ist / unter andren / widerfahren einem Mann / auf der Dennemärckischen Insel Ferroë, in dem Städtlein (oder Flecken) Süderse. Derselbe hatte sich / im Jahr 1668 / verlohren / also / daß man in vielen Tagen keine Nachricht erholen können / wo er wäre geblieben: denn böse Leute hatten ihn / durch ihre Hexerey / hinweg-gepartiert. Nachdem aber die Seinige nicht abgelassen / für seine Erhaltung / und wieder zurechtführung / eyfrig zu beten / ist er doch endlich wieder zu ihnen gelangt / ohn einigen Schaden, aber / in vierzehen Tagen / stumm geblieben; zweifels ohn / für tieffer Entsetzung.

Als er aber wiederum zu sich selbst gekommen /hat er bekannt / er hette / Zeit seiner Abwesenheit /nichts übels empfunden; ohn allein / daß ihm / da er wiederum heimgewollt / etliche Geister sehr molest gefallen. Massen diese Begebenheit der Denemärckische Theologus / Doctor Lucas Jacobi Debes / in seiner Feroa reserata, oder Beschreibung der Feroënsischen Insel / unter andren merckwürdigen Sachen / erzehlt. Welcher auch dieses / was sich kurtz zuvor / am 2 Augusti selbigen Jahrs / zugetragen /beglaubt.

Als die Tochter Olai Johannsen zu Velberstatt /aus der Kirchen wieder nach Hause gehen wollen /und selbigen Tags sich mit beym heiligen Nachtmal eingefunden; hat sie sich unterwegs verloren / ist etliche Tage über gesucht / aber nirgends angetroffen. Weßwegen man zuforderst / in [432] der Kirchen zu Kalbach / auf der Kantzel / für sie bitten lassen / und danebenst / mit suchen und nachforschen / fleissig angehalten.

Worauff sie / am neundten Tage / von etlichen Vieh-melckenden Mägdlein / in der Nachbarschafft /zwischen zween grossen Steinen / gefunden worden. Den Kopff hatte sie in ihre leinen Tücher eingewickelt / und gab die geringste Anzeigung einiger Rede nicht.

Nach dem solches ihren Eltern angesagt; eilen dieselbe zu ihr hin / und heissen sie auffstehn. Da hebt sie an / zu reden / und berichtet / sie sey / von einem mächtig-hohem Hügel herab gelassen / wovon Niemand sonst leichtlich / ohne Gefährung am Leben /würde entkommen seyn. Ihre Kleider waren gleich wol gantz / und nichts daran zurissen / dazu auch die Schuhe sauber und unbesudelt: ob es gleich / in selbigen Tagen / immerzu aneinander geregnet hatte. Weil sie aber / innerhalb solcher neun-tägigen Zeit / die geringste Speise nicht zu sich genommen: griff sie /gleich nach ihrer Heimkunfft / frisch wiederum in die Schüssel.

Das Kirchen-Gebet hat nemlich / bey diesem Mägdlein / das Beste gethan / und demselben für eine lange Läiter gedient / von dem gewaltig-hohen Hügel wiederum herab zu kommen. Dieser ist also Ursach genug gegeben / nebst dem 91sten Psalm / zu beten:Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen / von welchen mir Hülffe kommt. Meine Hülffe kommt vom HErrn. [433] Durchs liebe Gebet / ist ihr vom Himmel / englische Hülffe zugekommen: Und der HErr ists / der alle Hülffe thut.

48. Der Höllen-Spiegel

XLVIII.

Der Höllen-Spiegel.

Wann Einer / indem er mit den beinern oder gefärbten Augen / (mit Würffeln und Karten) spielt / über seinem Haupt eine / am seidnem Faden hangende / Partisan oder Helleparten / erblicken sollte; würde vermutlich ihm das Spiel aus der Hand / der Mut aus dem Hertzen fallen / und er sich lieber deß Spiels auff ewig verzeihen / als / unter einem so gefährlichem Ernst / mehr zu spielen begehren. Und daferrn man sich / in einem Spiegel / doppelt sehen sollte / nemlich zugleich lebendig und todt (wie / nach Erzehlung deß Petro de Castillo, am 389sten Blat seines Schau-Platzes der Welt / ein Spannier dergleichen Spiegel erkünstelt hat) oder zugleich an einer Herrn-Tafel /und auff einem brennendem Scheiter-Hauffen sitzend: so würden vermutlich ihm / in allen seinen schnöden Begierden / die Wollust-Ströme versiegen.

Um so viel grössere Ursach hetten die Füllerey-Krieger / und alle Wollüster / von ihrem verdammten Spiel aufzustehen / und ihren Lastern stracks abzudancken: weil ihnen Esaias einen [434] Spiegel weiset / darinn sie / wann es ihnen nur belieben mögte einen betracht- und bedachtsamen Einblick zu thun / mitten in ihrem üblen Wol-Leben / das Weh / und zwar ein ewiges Weh / an einem Stroh-Hälmlein / das ist / an dem gebrechlichem Faden ihrer ungewissen Lebens-Frist / über sich ersehen könnten. Denn er zeiget ihnen / in seinem Weissagungs-Spiegel die über ihrem Haupt schwebende und Fall-fertige Lantze deß ewigen Todes / samt dem nach ihnen weit auffgespertem Rachen der Höllen; indem er rufft: Weh denen /so Helden sind / Wein zu sauffen / und Krieger in Füllerey! etc. Wie deß Feuers Flamme Stroh verzehrt / und die Lohe Stoppeln hinnimt: also wird ihre Wurtzel verfaulen / und ihre Sprossen auffahren wie Staub. 1

Weil aber Manche solchen Spiegel keines Auges würdigen / und ihren rohen Lüsten keinen Blick /vielweniger das Hertz / entwenden mögen; sondern /wie derselbige heilige Gottes-Mann klagt / das Gesetz deß HErrn Zebaoth verachten / und die Rede deß Heiligen in Israel lästern; oder / welches eben so viel / ein hönisch Sprüchwort draus machen / und ihren Spott damit treiben: so verhengt GOtt / daß bißweilen ein andrer Spiegeler aufftritt / der ihnen ihren Zustand konterfeytet / nemlich in was für Gefahr / und bösem Verdienste sie leben / und wie sie lebendig im Tode / ja gleichsam so gut schier als im Rachen der Höllen / stecken. Gestaltsam ein solcher Teufels-Spiegel etlichen Officierern / die so wol / unter [435] dem Regiment Bacchi / als Martis / gedient / und mit gläsernen Pistolen einander befehdet / vor neun und funfftzig Jahren / vorgestellet worden.

Ein gewisser Obrister / als er / im Jahr 1630 / nach vielem / aus dem Mantuanischem Kriege erobertem Raube / Brandschätzung der Städte / und Auspressung deß Landmanns / merckte / daß er selber dem Tode zum Raube werden müsste: setzte er ein Testament auff / und bezeugte seinen letzten Willen / eben so schön / als wie er bishero im Leben sein Gemüt bezeuget hatte / nemlich als ein trefflicher Gesellschaffter Epicuri / der sich so wenig um die Hölle /als wie um den Himmel / bekümmerte. Denn diese seine letzte Willens-Erklärung vermogte / daß man ihm zuforderst eine prächtige und kostbare Leich-Begängniß anstellen / und hernach Alles / was von seiner Verlassenschafft noch übrig / welches kein Geringes war / denen andren Hauptleuten und Officirern seines Regiments / die mit ihm zu Felde gegangen /zukommen und gemein seyn sollte: aber / mit diesem Bedinge / daß sie / ihm zu Ehren / und Seiner dabey zugedencken / sich dafür lustig machen sollten / mit sauffen / fressen / und buhlen / und gleich / nach seiner Beerdigung / ein solches Lust- und guter Dinge-Leben anfangen / auch nicht schliessen / noch damit auffhören sollten / so lang das Geld währete. Ob vielleicht dieser Kriegs- und Füllerey-Oberster / der kein schöners Testament hette ersinnen können / wenn ihm gleich Epicurus selbst / für einen Notarium / aufgewartet / den Auffsatz gemacht / und durch seinen Wahl-Spruch / Ede, bibe, lude etc. gesiegelt hette /gehofft habe / es dörffte etwan seine [436] Seele / nach ihrem Ableiben / in eines / unter solchen seinen ernannten Erben / fahren / und solcher Gestalt eine behägliche Wohnung antreffen / oder sonst / nach dem Tode / unter ihnen unsichtbarer Weise / herum flattern / und der Lust beywohnen / kann ich nicht wissen. Besser hette er unterdessen sein Testament nicht einrichten können / wann er gleich niemals einem christlichen Potentaten / sondern dem Assyrischen Sardanapal / vorher zu Felde gedient hette. Besser hette er auch nicht / als durch solchen seinen letzten Willen /bezeugen können / daß / auff ein ruchloß Leben / gemeinlich auch ein ruchlos Ende folgte. Ob auch gleich weder die Kirchen / noch Witwen / noch Wäisen /noch andre Armen / Ursach gefunden / diß Testament zu loben: werdens doch vielleicht die Weinwirthe /die Maistressen / die Spielleute / und ohne Zweifel /vor allen Andren / die Teufel / gerühmt haben: angemerckt / unschwer zu erachten steht / was für Engel sich / für Heimführer / und Erben der Seelen dieses erbaren Testament-Machers / angetragen / und sie davon getragen / zu ihrem guten Bruder dem Sadducæischen Schlämmer / welcher / beym Evangelisten Luca / über peinliche Hitze in der Flammen seufftzet.

Nun dieser seiner letzten Meynung ward / mit strengem Gehorsam / nachgelebt / und jener ruchlosen Bancketirer ihr Glas-Spruch / Lasst uns wolleben /weils da ist! redlich wiederholt / und treulich erfüllt. Die eingesetzte Erben / und zugleich Executores und Ausrichter dieses Testaments fingen / bald nach ansehnlicher Bestattung deß Leichnams / einen Krieg an, mit [437] Bechern und Gläsern / und setzten / sonder Spiegel-Fechten / einander / tapffer mit den Bachus-Waffen / auf die Haut / frassen und soffen / liessen dabey die Geigen lustig auffmachen / auch bißweilen eine willige Jungfer zum Reihen kommen / die Lust hatte ihr Kräntzlein / um einen Wett-Streit der Buhlerey / Preis zu setzen / und zu vertantzen / oder dem schon längst vertantzten Ehren-Krantze / mit Leichtfertigkeit und Unzucht nach zutantzen.

Indem sie aber / eines Tages / eine dergleichen Fröligkeit / die aller Erbarkeit zur Traurigkeit gereicht /angestellet hatten / und resolut einander zusetzten /bey Halb- und Gantzen soffen / und speyeten: erhub sich draussen ein gählings Geräusch / ob würden ein Hauffen rasselnder Ketten / die Stegen herauff geschleppt. Selbiges Gerümpel / Gerassel / und Getöß kam immer näher / und endlich gar biß an das Gemach / darinn diese asotische Erben ihr bestimmtes Erb-Recht genossen / das Erbe miteinander verschlämmeten / und den Schweiß mancher Bürger und Bauren durch die Gurgel fliessen liessen / sich toll und voll soffen / und meldete sich mit so lautem Schall an / das sie alsofort deß Jauchzens / Turnirens / scalirens / schandirens / sacramentirens / jubilirens /drüber vergassen / und über das düsterliche / furchtsame Ketten-Gerassel / sich hefftig entsetzend / alsofort ihrer unsinnigen Schwermerey die Ketten / das ist /ein kurtzes Einhalt! anlegten / um zu erwarten / was die Ketten draussen etwan bedeuten / oder beschliessen mögten. Ihre Erschreckung vertausendfältigte sich aber / als sich die Thür von selbsten öffnete /über den grausamen Anblick / der sich ihnen draussen vor dem Zimmer [438] zu schauen gab: Denn es erschien ein grosses ungeheures Feuer / in welchem ein jedweder seine Gestalt / unter der grimmig-flammenden Lohe / erblickte.

Die Abscheulichkeit solcher Erscheinung / und daraus entstehende Bestürtzung / verderbte das Gelag /und zerstreuete es alsofort voneinander. Ja es hat dieser Feuer-Spiegel ihnen so übel gefallen / daß Etliche nach wenig Tagen / von Schrecken / über solchem /immerzu vor Augen stehendem Höllen-Bilde / den Tod genommen; Andre / nach etlichen Monaten / allesämtlich aber / innerhalb Jahres Frist / gestorben: ausbenommen ein Einiger / der es einem Mann von grosser Würde selbst erzehlet hat / und damals noch am Leben gewest / als derjenige / welcher diese Geschicht / dem Beschreiber derselben / aus desselbigen grossen Ehrens-Manns Munde / beglaubt hat. 2 Wie es dann eben derselbige Officier / welcher noch übrig geblieben / auch sonst / bey aller Gelegenheit / eben so wol Andren zu erzehlen pflegen.

P. Caspar Schottus / ein gelehrter Jesuit / berufft sich auf P. Nicolaum Mohr / seinen Collegen und Professorn der Philosophiæ / auff der Hohen Schule zu Würtzburg / der ihm / nebst dem Vorigen / auch dieses nachgehende / so münd- als schrifftlich / vergewissert habe:

[439] Als ein Religios / oder Ordens-Mann / seiner löblichen Gewonheit nach / kurtz vor Mitternacht / einsmals sich / in den Chor der Kirchen / zum Gebet verfügte / bemüssigte ihn ein gewisses Geräusch / nach dem Mittel-Theil der Kirchen hinzuschauen: Allda er ein grosses Feuer geschürt sahe / und / über dem Feuer / einen grossen Kessel / in welchem er drey Personen / seiner Religion / so deß Orts wohnhafft / und ihm so wol sonst / Kundschafft wegen / als vom Angesicht / aufs allerbeste bekandt waren / erblickte. Und selbige Personen seynd alle drey / noch in demselbigen Jahr / gestorben.

Diesen Ordens-Mann hat auch benamster Pater Nicolaus Mohr auffs beste gekandt. 3

In der Italiänischen Landschafft / da ehdessen diePeligni wohnten / (heutiges Tags nennt man selbigen Land-Strich Valva) soll sich / wie Alexander ab Alexandro schreibt / dieser abentheurlicher Fall begeben haben / den anfangs Männiglich für eine Fabel / hernach aber Jedermann für eine wahre Geschicht gehalten; nachdem man / von vielen glaubwürdigen Personen / gewisse Nachricht darüber eingezogen / die nicht aus falschem Geschwätze / oder fliegenden Reden / sondern durch gantz gewisse und gründliche Urkunden / in Erfahrung gebracht worden. Und weil auch einige / geistliche Scribenten evangelischer Religion kein Bedencken gehabt / denselben ihren Schrifften einzufügen: wollen wir ihn gleichfalls allhie nicht ausschliessen / und dennoch für keine Gewißheit ausgeben.

[440] In bemeldter Landschafft der Peligner / führte ein Herr / in einer gewissen Stadt / welche Alexander /gewisser Ursachen halben / (vermutlich darum / weil /zu seiner Zeit / die Famili dieses Herrns noch in grossem Ansehn gewest) nicht nennen wollen / ein sehr prächtig- und herrliches Leben; daneben aber / über die Einwohner selbiger Stadt / die seinem Gebiet unterworffen war / eine tyrannische und grausame Herrschafft: wie denn gemeinlich dem Pracht und übermässigem Gepränge der Gebietenden / die Seufftzer der Gehorchenden für Trabanten beyher- und nachlauffen. Er hielt die Leute unbarmhertziglich / straffte die leichteste Fehler / mit harter Züchtigung deß Leibes /oder deß Beutels: nicht / aus einem Eyfer der Gerechtigkeit; sondern / aus einem schein-heiligem Geitze /und Tyranney. Wenn sie gleich das Ihrige noch so gehorsamlich verrichteten: brach er doch leicht eine Ursach vom Zaun / sie in Straffe zu nehmen. Da alsdenn Keiner übler daran war / als der / welcher übel mit Gelde versehn: denn einem solchem gings an die Haut / und viel ärger / als manchem Sclaven / dem man /zur Früh-Suppen / die Prügel-Suppen anrichtet: ohne Zweifel darum / daß man lieber seinen sauren Schweiß ihm in den Kasten geben / als es auf eine Leib-Straffe ankommen lassen sollte. Wie es dann /unter gemeinen Bauersleuten / wol so zehe Leder giebt / die sich lieber / mit dem Prügel / tapffer schmieren lassen / und mit einer Knüttel-Suppen vorlieb nehmen / als daß sie / mit einem Groschen ihrer Haut / die Unzerrissenheit / erkauffen / oder sich von dem Kercker ablösen sollten. Allermassen / [441] unter Andren / nach Olearii Zeugniß / die Bauersleute in der Moscau / vor andren / solcher Natur seynd.

Nun hatte einsmals ein guter / stiller / aber nur armer und wenig-geachteter / Mensch ihm einen Jagthund / den er gar wehrt / ja wehrter als Menschen /hielt / biß auf den Tod geschlagen (vermutlich darum / daß der Hund offt in sein Hüttlein gekommen / und was gefressen.) Deßwegen ließ er denselben vor sich fordern / schändete ihn hefftig aus / und warff ihn in das allerschlimmste Gefängniß / mit Bedrohung / daß er ihn noch schärffer hernach vornehmen wollte. Sein Tractement war Wasser und ein wenig Brods; sein Bettwerck der Kercker-Stock; sein Federwerck / die Fesseln.

Nach etlichen Tagen aber / als die Hüter ihm gewöhnlich zu essen bringen wollten; kunnten sie ihn nirgends finden: ohnangesehn die Kercker-Thüren /nebst allen Zugängen / aufs festeste verschlossen und verwahrt gewesen. Sie meldeten solches dem Herrn an: der es anfangs nicht gläubte / und ihn nochmals /wiewol vergeblich / suchen ließ. Uber drey Tage hernach / als indessen das Gefängniß / für aller Ausflucht / gar starck verrrigelt blieben / findt man den Gefangenen wieder / an voriger Stelle. Welcher den Loch-Hütern rufft / daß man ihm mögte was zu essen bringen. Diese entsetzten sich / über sein erschrocknes und bestürtztes Gesicht / und fragten / wo er gesteckt? wie er entkommen / und wieder gekommen wäre? wo er gewesen? woher er eine so häßliche und gräßliche Gestalt gewonnen? Er hingegen / der [442] gleichsam in tieffem Schrecken zu seyn schiene / begehrte / man sollte ihn schleunig vor den Herrn kommen lassen; denn er hette demselben etwas wigtiges und unverzügliches anzudeuten.

Demselben erzehlte er seltsame und fast unglaubliche Händel: Wie er nemlich / aus grosser Ungedult /und Furcht für der angedräueten Todes-Straffe / den bösen Geist zu sich beruffen; welcher auch / wiewol in garstiger und schrecklicher Gestalt / erschienen /und / nach getroffenem Vergleich / ihn / durch die eiserne Thüren / doch nicht ohne schmertzhafften Druck / hinweg gebracht / hernach an hellische Oerter geführt / nemlich in gar tieffe / und weite Abgründe: da er die Marter und Quaal der Gottlosen gesehn / viel Könige und Fürsten daselbst / in finstren Klüfften und Schlünden / gefunden; viel Männer und Weiber kläglich heulen und wehklagen gehört: Viel Päpste / fürnehme Bischöffe und Prœlaten / wären allda / in ihren köstlichen Inseln / in ihrem Schmuck von Purpur /Seiden / Gold und Edelgesteinen / doch gantz betrübt und höchst-traurig / gesessen; wobey auch mancherley andre klägliche Gestalten von Leuten allerhand Stands / Ordens / und Alters / zwischen tieffen Schrunden / in unterschiedlicher Quaal gelegen: Andre steckten in einem tieffen Morast / mussten darinn / Tag und Nacht / ohn Ende / um ihrer Ubelthaten willen / grosse Schmertzen leiden: Darunter hette er viele erblickt / die ihm / bey ihren Lebzeiten / bekandt gewesen; sonderlich einen von seines Herrn vormals vertrauten Freunden; von welchem er auch wäre erkannt / und gefragt worden / wie es jetzo [443] in der Welt stünde? Was man / in seinem Vaterlande / gutes machte? Als er nun gemeldet / dasselbe würde / von einer schweren Herrschafft / und grausamen Dienstbarkeit gepresst; hette ihm eben derselbige befohlen /seinem Herrn anzusagen / er sollte sich forthin / für solcher Tyranney / hüten; denn es wäre schon eine Stelle allhie auch für ihn ledig und bereitet (welche er ihm auch / nechst neben sich / gezeigt.) Und damit sein Herr seinem Bericht mögte glauben / sollte er demselben sagen / daß er sich nur erinnern mögte /deß geheimen Anschlags / welchen sie beyde gemacht hetten / als sie miteinander dem Kriege nachgezogen /davon sonst / ausser ihnen Beyden / kein Mensch wüsste.

Als nun dieser solchen Pact / nebst allen darbey vorgeloffenen Umständen / Bedingnissen / und Worten / so genau erzehlete / gleich ob er persönlich mit dabey gewest wäre: entsetzte sich der Herr darob zum höchsten / und fragte: Ob denn diejenige / welche in so köstlicher Kleidung allda gesessen / anders / als andre Leute / gepeinigt würden? Er antwortete / sie würden / mit ewigem Feuer / gemartert / litten unaufhörliche Quaal und Schmertzen; und das Alles / was /wie Gold und Purpur / an ihnen gläntzte / wäre nichts / als lauter feurige Glut: Massen er / solches zu versuchen / nach einem solchen Purper-Kleide die Hand gestreckt: Und wiewol er dasselbe / auf geschehene Warnung / nicht gerührt; hatte er annoch / weil er die Hand schon etwas zu nahe hinbey gehalten / dieselbe hefftig verbraunt. Wie sie denn auch voller Blasen /Blattern und Schweren [444] war / gleich als ob sie / aus einem heissen Pech / oder brennendem Schwefel / hervor gezogen wäre. Er soll auch von Angesicht so scheußlich und wühst ausgesehn haben / daß ihn Weib und Kind fast nicht mehr gekannt / solchem nach diese seine häßliche Gestalt-änderung offt beweinet. Wiewol er / bald hernach / kranck und entlebt worden. 4

Ich spreche nicht gut / für die Gewißheit dieses Vorgebens: Will es darum auch nicht gleich verwerffen: weil der Author sich auf genaue Urkunden berufft. Dennoch könnens die Reichen und Gewaltigen / für ein Lehr-Geticht / annehmen / und dabey betrachten / was für einen Purpur / oder Scharlach die Helle denen anlege / welche / auf dieser Welt / ihren Purpur / oder Reichthum / wider die Unschuld und Gerechtigkeit / anlegen / und kein aufrichtiges Hertz /sondern arglistigen Witz / politischen Betrug / Geitz /Ehrsucht / und hochmütigen Frevel / darunter bedecken.

Fußnoten

1 Esa. 5.

2 P. Caspar Schottus hoc, & sequens exemplum, à P. Nicolao Mohr, in Herbipolensi Academia Philosophiæ Professore sibi, ex ore Viri magnæ dignitatis, communicatum, refert lib. 2. Mirabil. Spectrorum, c. 5. p.m. 209.

3 Idem ibid.

4 Alexander ab Alex. l. 6. Genial. diet. c. 20.

49. Die Satanische Mord-Kur

XLIX.

Die Satanische Mord-Kur.

So ein wol-bemittelter reisender Mann / wenn ihm ungefähr / nahe an einem sehr unsichrem / von vielen Raub-Vögeln und Mördern durchlaurten Walde / der Wagen umschlüge / [445] sich in das Raub-Gepüsche vertieffte / und denen wissendlichen Raubern überlaut zurieffe / sie sollten hervor kommen / und ihm seine köstliche Waaren wieder aufladen helffen; würde er wol keine schlechte Thorheit / doch keine so grosse /noch schädliche / begehen als der / welcher / zu den Knechten deß Teufels / von dem Wege ordentlicher und erlaubter Kur / hintritt / und sie / wann entweder der Wagen seines Glücks umgeworffen / oder an dem Wagen seines Leibs / das ist / an seiner Gesundheit /etwas zerbrochen ist / um die Wiederaufricht- oder Ergäntzung / begrüsst. Denn gleichwie zu besorgen /jene / die Strassenrauber und Buschklepper / dörfften die / mit dem umgefallenem Wagen / an der Erden ligende / Waaren zwar gern aufheben / aber für sich; oder aufs wenigste die allerkostbarste / mit ihren Raub-Klauen / ausklauben / und davon raffen: also steht viel gewisser zu befahren / der Teufel werde denen / welche sich / durch seine Sclaven / um seine Hülffe / und Kur bewerben / weit mehr schaden / als nutzen; mehr verderben / als bessern; tieffer verwunden / als heilen; und ihnen einen viel grossern Raub ausführen / weder ein leiblicher Strassenrauber. Denn so er je ihrer Leibs-Gesundheit einige Hülffe erweiset / geschicht es doch / auf keinen andren Anschlag / als hingegen ihre Seel in tödtliche Seuche / ja in den ewigen Tod selbsten / zu stürtzen / und also ihr theurstes Gut und Kleinod / zum Artzt-Lohn an sich zu reissen.

Es gelingt auch die leibliche Kur deß Satans denen / die sie suchen / wunderselten am Leibe: oder so sie ja / durch seinen Raht / heil werden / [446] wird hingegen das Ubel / auf einen Andren / doppelt versetzt / und also ein solcher gewissenloser Teufels-Patient / mit zwiefacher Blut-Schuld / belastet: indem er nicht allein / durch diesen verfluchten Mord-Artzt / in Tod-Sünde fällt / und ihm / durch kurtze Rettung deß Leibes / die Seele in die Rappuse giebt / (denn ein wissendlicher Satans-Patient steht in deß Satans Pflichten und Ansprüchen / so lang / biß er ernstliche Busse thut) sondern auch verursacht / daß der Neben-Christ um Gesundheit / wo nicht gar ums Leben / kommt: da doch ein wahrer Christ lieber / für seinen Nechsten /das Leben lassen / als sein Leben / durch deß Nechsten Tod / erkauffen soll.

Diß hat / vor wenig Jahren / gar nicht betrachtet eine Jungfrau hochfürnehmen Herkommens: welche zwar der Author, aus dem ich von ihr rede / nicht nennet; doch / ihres gottlosen Fürnehmens halben / in dieser Histori / Canidiana zu heissen / wol verdient; weil sie nemlich eine solche saubre Künstlerinn / wie vormals die Canidia zu Neapolis gewest / auf welche Horatius so übel zu sprechen ist / zu Raht gezogen /und sich in deß Satans Kur begeben hat.

Diese / von ihrer Verfahrung anjetzt so genannte /Canidiana ist / durch vielfältiges melancholisiren und trauren / wie auch Unordnung im Essen / endlich in Aberwitz gerahten / auch dabey / wie gewöhnlich zu geschehen pflegt / von dem Miltz- und Seiten-Weh angefochten worden. Weßwegen sie unterschiedlicheMedicos nacheinander um Raht ersucht; und doch keine Hülffe empfunden hat: immassen dieses Ubel gemeinlich [447] sehr verstockt / und halsstarrig ist / grosse Gedult und Zeit erfordert / manches Mal auch / woferrn es zu tieff eingewurtzelt / durch kein andres Pulver, als den Grab-Staub / vertrieben wird.

Weil dann Canidiana / auf Erden / keine Hülffe mehr vermutet / auch vom Himmel keine hofft / noch deß Sinns ist / wie jene gläubige Seel / die da sang /Meine Hülffe kommt vom HErrn / der Himmel und Erden gemacht hat: begehrt sie Mittel / aus der Hellen; und ihre Verbesserung / von dem Verderber; befihlt / man soll zu einer alten Vettel / die deßfalls sehr berüchtigt war / gehen / und ihrenthalben sich Rahts / bey derselben / erholen. Und also setzte sich Canidiana / durch Beschickung dieser Canidiœ /auch der Seelen nach unter die thörichte Jungfrauen /nachdem sie vorhin / dem Verstande nach / sich auch / mit Thorheit / oder Witz-Verruckung / bekräncket fand.

Canidia lässt der Canidiana zurück entbieten / sie wolle ihr / folgenden Tages / um die schier anbrechende Morgenröte / gantz gewiß Raht und Hülffe verschaffen: warnet doch gleichwol dabey ernstlich / es solle ihr alsdann ja bey Leibe Niemand / aus selbigem Hause / entgegen kommen. Welches auch alle Mägde und Aufwärterinnen der Canidiana fleissig beobachteten / und sich / um selbige Zeit / inne hielten.

Aber was geschicht? Ein andres Weibsbild / nemlich die Haushalterinn / (Haus- oder Küchenmeisterinn) so von diesem Handel gar nichs wusste / steht /ihrer Gewonheit nach / früh auf / und kommt der Vetteln unversehns entgegen. [448] Dieselbe war vorher so frisch / wie ein Fisch im Wasser: aber so bald sie dieser alten Hexen ansichtig worden / empfand sie eine hefftige Bangigkeit deß Hertzens / und Glieder-Zittern: Wozu hernach auch die Convulsiones (oder Krampff-Risse) einbrachen; wodurch dann das gute Mensch dermassen von Kräfften kam / daß sie / am neunten Tage / gegen Abend / ihren unschuldigen Geist aufgegeben.

Währen der Kranckheit / hat diese / von dem teuflischen Mord-Artzt hingerichtete / Weibs-Person beständiglich ausgesagt / sie sey frisch und gesund aus dem Hause gegangen / aber gleich mit dem ersten Anblick dieser ihr unbekandten Vettel / von der Kranckheit angegriffen; ob sie gleich die Ursach nicht gewusst.

Da nun diese Arme hin- und aufgeopffert war; erlangte die Jungfrau ihre Gesundheit plötzlich; nachdem ihr / von besagter Teufels-Vettel / etliche wenige natürliche Mittel gereicht waren; ohne Zweifel zu dem Ende / daß sie / die alte Canidia / bey Andren sich nicht einer unnatürlichen Kur / und Verhexung der gestorbenen Hausmeisterinn / verdächtig machen mögte.

Der Verfasser dieser Geschicht / Doctor Gabriel Clauderus, Fürstlicher Hof-Medicus zu Altenburg /mutmasset / aus der Ertödtung selbiger Hausmeisterinn / die alte Hexe habe gedacht / wann sie von der krancken Jungfrauen hinweg gegangen / diese Kranckheit heim- und behutsamlich / auf eine andre gantz fremde Person zu verpflantzen / die nicht in diese Haushaltung gehörte; [449] wann ihr nicht ungefähr ein andre Weibs-Person begegnete. 1

Hieraus kann man leicht abnehmen / wo nöthig es sey / daß Einer / bevor er über die Haus-Schwellen tritt / sich / mit dem lieben Gebet / wol verwahre: auf daß er / wider die leib- und geistliche Pfeile deß Bösewigts / geharnischt einhergehe.

Unterdessen dienet dieses solchen Gottsvergessenen Leuten zum Warnungs-Spiegel / die mit Vertrauen und Glauben dem Höchsten abfällig werden /(denn wo kein Vertrauen zu GOtt / da ist auch kein Glaube an GOtt) und sich / mit verdammten Aberglauben / an den Baal Peor hencken / indem sie diesen für ihren Abgott annehmen / und / durch Ersuchung seines Rahts / ihn gleichsam / in ihren Nöthen / anbeten und anruffen; ob gleich nicht / mit äusserlichen Geberden / oder Worten / dennoch mit dem Hertzen /und Vertrauen. Sie empfangen / unter der äusserlichen Schein-Hülffe / einen tödtliche Seelen-Gifft / und gemeinlich auch / zu einer zeitlichen Straffe / den Tod für das Leben; die Verwundung / für die Heilung; die Verschlimmerung / für die Besserung; das Verderben / für die Erhaltung.

Solche Rahtgeberinnen und höllische Aertztinnen aber / welche durch ihre Segensprecherey / oder andre abergläubische Mittel / und teuflische Kuren / sich /und ihre Patienten dem zeitlichen [450] und ewigen Fluch unterwerffen / seynd eines solchen Tractements werth / dergleichen in der Grabschrifft / welche Samuel Sturmius, in seinem Tractat / welchen er Medicum non - Medicum titulirt / einer zaubrischen Vettel / zu wolverdienten Ehren / aufgesetzt / ihnen zuerkennt wird. Ich will es / zum Schluß dieser Geschicht / mit anknüpffen.


HIC. RECVBAT. CASCA. LVSCA. ET. PANDA. ANVS. DIGNA. ROTA. SECVRI. IGNE. ET LAQVEO. OBSEQVIOSA. DIABOLI. SERVA. PERNICIOSA. EREBI. ATE. OMNIBVS. BONIS. INVISSIMA. NVLLO. DIGNANDA. NOMINE. PIIS. CHRISTIANIS. PROPRIO. VT. TAMEN. SCIAS. LECTOR. QVÆ. FVERIT. SAGA. PHARMACEVTRIA. FVIT. HANC. TROS. ET. RVTILVS. ADORABAT. IPSA. EX. ÆGROTANTIS. INDVSIO. ORACVLA. EDIDIT. CVRATVRA. NOVEMPLICI. LIGNO. OMNIA. MORBORVM. GENERA. SCILICET. OMNIBVS. VERBA. DEDIT. OMNIBVS. EXITIVM. ADTVLIT. [451] NVNC. REAPSE. EXPERITVR. NISI. VERAM. EGERIT. POENITENTIAM. QVAM. GRAVE. SIT. DIA. PROFANASSE. NOMINA. HINC. PIE. LECTOR. DISCE. CAVERE. INSIDIOSAS. PHARMACEVTRIAS. OSEQVIOSAS. DIABOLI. SERVAS. PERNICIOSAS. EREBI. ATES. ET. TV. QVI. HANCCE. CONSVLVISTI. QVI. MENDACI. CREDIDISTI. MOX. ABI. ET. AGE. POENITENTIAM. ALIAS. QVAM. GRAVE. SIT. DIA. PROFANASSE. NOMINA. BREVI. TV. QVOQVE. EXPERIERE. 2

Fußnoten

1 D. Gabr. Clauder. Observat 79. Anni 3. Ephemerid. Dec. 2. Medico-Physicar. German. p. 185.

2 Samuel Sturmius, in Medico non-Medico p. 21.seq.

50. Das übel-gesegnete Character-Mittel

[452] L.

Das übel-gesegnete Character-Mittel.

Wer mit einer Kranckheit behafftet ist / der wird nicht hingehen / zu einem grimmigen Leuen / oder Tiger /und ihm / von ihren Klauen / den Puls fühlen lassen /noch ihrer Kur verlangen: weil er weiß / daß es reissende und grausame Bestien seynd / die ihn erwürgen / und verschlingen würden. Was ist denn verblendters und unbesonneners / als / daß ein Mensch /zu dem erschrecklichen höllischen Raub-Thier / dem leidigen Satan / dem heillosen und boshafften Ertz-Feinde menschliches Geschlechts / der wie ein brüllender Leu / mit einem unersättlichen Hunger / herumgeht / und sucht welchen er verschlinge / hingeht / um bey demselben Raht und Hülffe zu suchen? Gewißlich einem Leuen / der auf den Raub ausgegangen / verlangt Niemand zu begegnen: und diesem blut-dürstigem Würg-Engel / der alle Leuen und Bären / an Grimmigkeit / weit übertrifft / und dem gantzen menschlichen Geschlecht seine erste paradisische Glückseligkeit zerbrochen / trauen / und seines Rahts pflegen? will man Artzeney von demjenigen bitten /der lauter Gifft zu mischen gewohnt? und Lebens-Erhaltung suchen / bey dem / der den Tod in die Welt gebracht hat? Es ist eine Anzeigung / daß die / so solches thun / keine Kinder deß Liechts / sondern von der Nacht sind: sonst würden sie ihr Vertrauen von dem / der deß [453] Menschen Heil und Licht ist / nicht wegwerffen / zu dem Fürsten der Finsterniß / der deß Menschen Verderber und Verblender ist.

Gleichwie aber die / so ihr Gesicht verlohren / oder im Finstern wandeln / gar leicht den Kopff sehr übel zerstossen / oder zerfallen: also werden gemeinlich auch die / so den Satan / der im Schatten deß Todes herrschet / zum Doctor annehmen / an stat gehoffter Heilung / mit Verwundung / abgefertigt / und macht er ihnen / aus übel / viel ein ärgers. Wie man denn kein Exempel trifft / daß Jemanden seine Hülffe / ob gleich nicht alsofort / doch endlich mit der Zeit / nicht mehr geschadet / als genützet hette.

Gar offt erzeigt sich die böse Würckung auch wol gleich zur Stunde: wie ich / mit sehr vielen Fällen /solches beweisen könnte. Unter andren / erinnere ich mich / daß Leute sich / bey den Unholdinnen / um Heilung der Kopff-Schmertzung / oder der Haupts-Blödigkeit / beworben / und drüber gantz rasend worden.

Doctor Adamus von Lebenwald schreibt / in seiner Observation: Er sey einsmals / zu einem kranck-ligendem Abbt / beruffen; unterwegens aber / auf der Reise / ein Bauren-Jung vor ihn geführt worden / der fünffzehen Jahre alt / und sehr guter Leibs-Beschaf fenheit / aber seines Gesichts gäntzlich beraubt war. Man spührte gleichwol keinen Fluß; so empfand er auch keinen Schmertzen / und ereignete sich keine Macul oder Flecken; ausbenommen / daß die Augäpffel grösser und schwärtzer schienen.

Als nun ruhm-erwehnter Medicus, nach der [454] Ursach solcher entstandenen Blindheit / forschete; antwortete man ihm / es hette niemals dem Knaben was / an den Augen / oder am Haupt gefehlt / auch seine Eltern nichts dergleichen an sich gehabt; aber / vorm halben Jahr / wäre er / von einem Tertian-Fieber angegriffen: Dessen sich zu entledigen / er (Zweifelsohn auf der Eltern Geheiß) zu einem Jäger gegangen / der sich deß Kurirens dann und wann zu unterstehn pflegen. Wie dann viel solcher Leute / mit aberglaubischen Sachen / den Raht ordentlicher Aertzte zu übertreffen vermeynen / und bey gemeinen einfältigen Pöfel-Leuten weitlich aufzuschneiden gewohnt / wie glücklich und augenblicklich der und der / durch das leichte und geringe Mittel / so sie ihm gereicht / wiederum genesen sey.

Der Jäger hat dem Jungen (wie die Leute ferrner berichten) einen kleinen Zettel gegeben / mit gewissen Characteren bezeichnet / (womit er / viel Andre gleichfalls zu curiren / gewohnt) daß er denselben einschlucken sollte. Daraus dann unschwer abzunehmen / bey wem dieser saubre Jäger solche Medicin studirt habe; nemlich / daß er / mit abergläubischen Teufels-Künstlein / nach mancher Jäger Weise / sich beholffen / und deß Theophrasti schönem Raht gefolgt: welcher sich nicht entfärbt hat zu schreiben / wenn man den Teufel commandiren und zwingen könne /daß er / zur Artzeney / gewisse Characteren gebe; so soll mans / an stat eines Krauts / nehmen / und eben so kräfftig achten.

Es mag seyn / daß der Satan Einem und Andren /dem dieser Kerl dergleichen Characteren / wie Pillen /einzuschlingen / gerahten / dadurch geholffen / [455] hingegen das Ubel wiederum / seiner Weise nach / auf einen Andren / mit doppelter Verschlimmerung / geworffen: so ist es doch diesem armen Jungen häßlich mißlungen. Denn nachdem er kaum den Zettel hinab geschluckt; hat sich / in seinem Kopff / ein solches Getöß / und zugleich ein so starcker Klang / Sumsen und Gethön / erhebt / als ob alle Glocken der gantzen Welt / wie er sagte / ihm / vor seinen Ohren / geläutet würden. Und auf diese Verändrung ist / gleich alsofort / der gäntzliche Verlust seines Gesichts erfolgt. Ehren-gedachter Doctor von Lebenwald verordnete ihm solche Mittel / wodurch die Seh-Nerven / von der zugefallenen Feuchtigkeit mögten entladen / das Haupt aber / und die Augen / gestärckt werden mögten; aber vergeblich / und gantz umsonst. Hin war hin! 1

Wann GOtt / der das Auge gemacht / einen Menschen / mit der Entäugung oder Blindheit / straffet /wird demselben keine natürliche Artzeney die Augen wieder aufthun; bevor sich der Göttliche Zorn / durch beharrliche Busse / in Gnade verwandelt. Welches geschicht / wann das innerliche Auge deß Gemüts seine Schau-Fehler redlich beweint: woferrn nicht / zur Straffe solcher begangenen Tod-Sünde / eine leibliche Blindheit / biß an den Tod / droben verhengt und beschlossen ist / damit der Geist sehend / und selig werde / auch denen Verführern / die ein solches armes Kind / zu einer so verdammten Kur / verleitet haben /der Verweis ihres schändlichen und verfluchten Rahts immerdar vor Augen stehe.

Fußnoten

1 Vid. Observat. CVI. Dec. 2. Anni 2. Ephemerid. Physico-Medicar. Germ. p.m. 261.

51. Das erlegte Gespenst

[456] LI.

Das erlegte Gespenst.

Der Satan wird / unter dem Leviathan und Behemot /unter andren / deßwegen fürgebildet / weil er eben so wenig der Spiesse und Lantzen achtet / als wie diese ungeheure Wasser-Geschöpffe / so von ihren dicken Schüppen / wie mit einem festen Harnisch / gesichert werden. Er ist ein Geist / und also vom Eisen unverwundlich. Und ob er gleich bißweilen / in einem Aas-Körper / oder todten Leichnam / herum wandert; könnte er denselben eben so wol / für der Schärffe deß Schwerts / Stein-fest machen / als wie er einem lebendigen Menschen / für der Kugel / sichere Gewehrschafft leisten / und demselben die Wunden verhüten kann; damit die Seele desto tödtlicher beschädigt werde.

Er lässt aber bißweilen seinen angenommenen Balg gern durchstechen und stümmeln / um die Leute zu äffen; oder wird / von einer höhern Gewalt / bezwungen / das Zeichen seines Betrugs / ihm selbsten zur Verachtung und Verspottung / damit man seine Gauckel-Possen kennen lerne / zu hinterlassen: wie / aus Folgendem / erscheint.

Lerchheimerus erzehlet / in einem Bedencken von teuflischer Buhlschafft / es sey / von vielen ansehnlichen Männern der Unsern / so in Welschland gestudirt / beglaubt worden / daß zu N. der Teufel / in einem Hause / sehr getumultuirt / [457] und den Leuten so uberlästig gefallen / daß Niemand darinnen wohnhafft verbleiben können: wie man dergleichen Exempel mehr / in den Geschichtbüchern / findet.

Zuletzt haben zween kühn-behertzte Gesellen es gewagt / und / nachdem sie sich / mit Gewehr gerüstet / eine Nacht darinn / dem Teufel zu Trutz / zu bleiben / beschlossen / und die Vermessenheit hören lassen /daß sie den Teufel vertreiben wollten.

Derselbe kommt / in der Nacht / an sie / gleich einem schwartzen Kerl. Sie entsetzen sich / für demselben / nicht sonders / sondern gehn auf ihn loß /hauen und stechen auf ihn; empfinden auch endlich /daß er einen Leib habe. Welcher letzlich / vom Geist /verlassen wird / und zu Bodem fällt.

Morgenden Tags / hat man selbigen Körper besichtigt / und erkannt / daß es der Leichnam wäre von einem Diebe / der / vor wenig Tagen / vor selbiger Stadt / gehenckt / und vom Galgen / bald hernach /weggekommen war / also / daß man nicht gewusst /wohin. 1 Ob aber das Gespenst hiemit habe nachgelassen / das Haus zu verunruhigen; wird weiter nicht gemeldet. Auf dieser beyder Gesellen ihr fuchteln /hauen / und stechen / hat er wol nicht dasselbe verlassen; auch nicht / aus beschwerlicher und allzuharter Empfindung derer / ihm von ihnen versetzten / Streiche sondern vielmehr darum / daß er sie gecken / und ihnen [458] einbilden mögte / er liesse sich vielmehr mit leib-weder geistlichen Waffen / vertreiben: auf daß er sie dadurch noch ruchloser machen könnte.

Auf gleiche Weise hat er auch seine Aufzüge und Kurtzweil / vormals / mit den alten Heiden / in den Nord-Ländern getrieben. Olaus Magnus, und Saxo Grammaticus, setzen davon unterschiedliche Exempel / wie die alte Gothische und Schwedische Kämpffer / in heidnischen Zeiten / mit den Satyrn / oder bock-gefüssten Wald-Männern / Hexen / Truden / Gespenstern / und Geistern der Verstorbenen / sich herum geschmissen.

Insonderheit meldet besagter Olaus, es habe der Schwedische König / Regner / als ein streitbarer und tapfferer Kämpffer / wider einen gantzen Truppen nächtliches Ungeheuers / welches ihm seine grausame Stieffmutter / Thorilda / die Zweifelsfrey eine redliche Hexe gewest / auf die Haut geschickt / die gantze Nacht durch / gestritten / und / nach angebrochenem Tag-Licht / auf dem Felde / mancherley Larven / und ungeheure Gestalten / angetroffen / so daselbst / als gleichsam für todt / gefallen: unter welchen auch die Gestalt der Thorild selbst sich befunden / und zwar voll Blut und Wunden. 2

Fußnoten

1 Lerchheimer. apud Dedekinnum Vol. II. p. 441.seq.

2 Vid. Olaus lib. 3. Rer. Septentrional. c. De pugna contra Faunos.

52. Die einbüssende Vermessenheit

[459] LII.

Die einbüssende Vermessenheit.

Welcher Mensch / ohne GOttesfurcht / mit dem geschwornem Menschen-Feinde / dem Teufel / auffnimt / der begeht die allergröbste Unbesonnenheit / und ruchloseste Vermessenheit / und wird / mit der blossen Faust in eine Hechel / oder spitziges Messer /schlagen. Die es thun / seynd gemeinlich verwigt /und epicurisches Gemüts und erschrecken wenig für der Höllen: darum sie auch nicht glauben / daß der Teufel / als der höllische Geist / ein so erschrecklicher Leu sey / wie ihn der H. Geist beschreibt. Und solcher Unglaube verleitet Manchen / zu so verwogenem Frevel / daß er / ohn gläubige Anruffung GOttes / mit Gespenstern zu kämpffen / und zwar mit fleischlichen / oder irdischen Waffen / oder auch wol mit dem Teufel / zu kurtz weilen / und einen Schertz zu treiben /sich erkühnt.

Es gelingt aber solchen epicurischen Frevlern / und Versuchern GOttes / offt sehr übel. Viele derselben seynd / nachdem sie / ruchloser Weise / den Gespenstern auf die Haut (also zu reden) gegangen / mit grausamen Schrecken gähling geschlagen / und mit der hinfallenden Seuche oder andren Kranckheiten /oder auch wol gar / mit einem gähen Tode / betroffen worden.

Scherertzius schreibt / es sey bey seiner Lebzeit /auf einem gar festen Schlos / in Böhmen / [460] gar offt ein Gespenst erschienen / in Gestalt einer fürnehmen Frauens-Person / welche daselbst zuvor gelebt: und selbigem Gespenst sey / um der offtermaligen Erscheinung Willen / von den Hofleuten / ein besondrer Nam zugeeignet worden.

Es befand sich aber / unter den Schildwächtern /ein gottloser und versoffener Kerl; welcher / wann sich das Gespenst bey Nacht / sehen ließ / vielmals allerhand liederliche und eitle Reden führte. Weßwegen man ihn / zu unterschiedlichen Malen / warnete /er sollte solche unterwegen lassen / damit ihm nicht etwan ein Mal ein Unglück begegnete. Aber er verachtets: der Wein den er stets im Kopffe trug / gab ihm ein verwogenes Hertz / also / daß er / in seiner Toll-Künheit / verharrete / und bey Erblickung der gespenstischen Gestalt gar schlimme Worte zum Maul heraus warff.

Als nun die Gestalt / etliche Mal nacheinander /sich ihm ins Gesicht gegeben / und er seine vorige Flüche wiederholte; ermahnte ihn sein Kammerad /gleich wie vorhin / zur Gottesfurcht / Mässigkeit /und christlicher Bescheidenheit. Welche löbliche Erinnerungen aber dem nassen und verruchtem Tropffen ja so viel galten / als der Sauen eine Hand voll Rosen / oder Perlen. Ja er gab so wenig drauff / daß er vielmehr dem Gespenste gerad entgegen ging / und sich verlauten ließ / er wollte dasselbe in die Arme nehmen / und umfahen. Indem der Andre ihn zu halten sich bemühete / aber nicht gnug halten kunnte; stund das Gespenst still / vor ihren Augen. Da tratt er nahe hinzu / und umfing es / mit beyden Armen; empfing aber / zu [461] danckbarlicher Erkenntniß / eine so holdselige Gegen-Umfahung / daß er todt zu Bodem fiel. 1

Wohin seine ruchlose Seele verfallen sey / steht leider gnugsam zu vermuten. Schwerlich hat sie ein andrer / uls eben dieser böse Geist / welchen er so freventlich in die Arme genommen / zu sich genommen /und eine betrübte Straffe geführt.

Was dieses für ein Schloß sey / sind man in denMiscellaneis historicis Regni Bohemiæ: darinn der Author / P. Bohuslaus Balbinus, vermeldet / es erscheine auff dem Schloß Perenstein / (oder Pernstein) in Mähren / ein jungfräuliches Gespenst: welches der Missionarius, Pater Johannes Drachovius, für eine rechte Jungfrau angesehn / und zur catholischen Religion bekehren wollen (massen wir solches /an seinem Ort / ausführlicher erzehlen.) Von eben dieser gespenstischen Jungfrauen / sey ihm dem P. Balbino, als er einsmals in selbigem Schloß ein Gast gewest / eine Geschicht erzehlt worden / die er aber von keinem so ansehnlichem (oder glaubwürdigem) Mann / als wie die erst-erwehnte / so dem Missionario begegnet ist / sondern nur von dem Thorwärter deß Schlosses / vernommen; nemlich es habe sich / im Anfange heutigen Sæculi oder Jahrhunderts / unter den Knechten Einer gefunden / welcher / nachdem er von Andren gehört / daß eine Jungfrau treflich-schöner Gestalt / bißweilen sich sehn liesse / geschworen /er wolle selbiger Jungfrauen / so bald sie ihm nur begegnete / einen steiffen Schmatzer recht aufs Maul geben / es möchte ihr gleich lieb oder leid seyn: Wie sehr ihm nun gleich die Andren solches widerrathen /[462] und / was für Gefahr drauff stünde / treulich zu Gemüth geführt; habe er sich doch nichts dran gekehrt /sondern seinen vermessenen Fürsatz / mit wiederholtem Eyd-Schwur / bekräfftigt: Nach wenig Tagen /sey ihm die Jungfrau / als er eben seine Haut tapffer voll gesoffen / bekommen / er auch gleich auf sie an-in ihre Arme gefallen / um ihr einen Kuß zu geben: Welches sie auch / dem Ansehn nach / nicht ausgeschlagen; aber ihr nicht jungfräulich / sondern gar gröblich und so hart und genau umfasset habe / daß sie durch solche Umfahung diesem unzeitigem und unglückseligem Buhler die Seele aus der Brust gepresst. 2

Diesem nach hat der Schloß-Pförtner dem Pater Balbino keine zweifel-sondern glaubwürdige Begebenheit hieran erzehlt: sintemal / wie zuvor erwehnt worden / mit Scherertzii Bericht / als zu dessen Leb-Zeiten sie sich zugetragen / dieselbe bezeugt und besteifft wird. Denn ob gleich Scherertzius das Schloß in Böhmen versetzt / welches Pater Balbinus in Mähren stellet; bleibt es doch einerley Ort und Geschicht. Denn weil Mähren und Böhmen miteinander grentzen / und zwar sonderlich das Schloß Pernstein sich zu Böhmen nahet; hat es Scherertzius / zu Böhmen / gerechnet. Dem es vielleicht vor Scherertzii Zeit / auch wol / durch einen gewissen Vergleich / mag einverleibt / und nach seiner Zeit / durch eine Verändrung /wiedrum an Mähren gekommen seyn. Daß aber Beyde einerley Schloß bezielen / erhellet gnugsam / aus den Umständen. Denn Scherertzius [463] spricht / es habe einer fürnehmen und wolgebornen Jungfrauen Gestalt sich sehen lassen: Und Balbinus schreibt / Sie sey demPater Drachovio, in zierlichem Jungfrauen-Schmuck / erschienen. Scherertzius sagt / es sey ein gar festes Schloß (Est in Bohemia nostra arx munitissima, giebt er es / zu Latein:) Und Balbinus nennet esarcem celeberrimam cum amplissima ditione ein gar berühmtes Schloß / dazu ein grosses Stück Landes gehört. Aus dieser Nachricht / erfolgt eben so wol / daß Perenstein müsse ein festes Schloß seyn /wie / es beym Scherertzio gerühmt wird: Denn die Schlösser / denen eine weitläufftige Herrschafft (oder Länderey) anhängig ist / werden gemeinlich / mit festen Wercken versichert.

Hernach / so bescheinigts auch der Nam deß Schlosses Pernstein (denn also muß es / und nichtBären-Stein / geschrieben werden) daß es ehedessen müsse zu Böhmen gerechnet worden seyn: angemerckt / das Wort Persten (oder Prsten) Böhmisch ist / und einen Ring bedeutet: Denn / vor Alters / hat das Geschlecht derer von Bersten / einen Aur-Ochsen /mit einem Ringe / in der Nasen / im Schilde geführt. Vor etlich hundert Jahren aber ist die Aussprache ihres Geschlecht-Nams endlich verübelt (oder verderbt) und für Persten oder Prsten Perenstein gesprochen worden.

Hiezu kommt auch dieses noch / daß Scherertzius /zu der Zeit / da er diese Geschicht / seinem Tractätleen von Gespenstern eingezeichnet / ein Pastor oder Prediger zu Tachau in Böhmen gewest: daher die Vermutung erstarckt / er müsse [464] von diesem Handel /guten Grund gehabt haben / dieses Schloß damals noch Böhmisch gewesen / oder darum / weil es an Böhmen stosst / insgemein zu Böhmen mit gerechnet seyn.

Also hat man nun nicht allein eines schlechten Schloß-Pförtners zu Pernstein / sondern auch eines gelehrten Manns / Gezeugniß / daß dieses kein Geticht / sondern warhaffter Verlauff sey. Der uns zum Beyspiel dienet / wie betrieglich der Satan die Häßlichkeit und Abscheuligkeit seines Zustandes und Zwecks wisse zu zieren.

Doctor Johannes Niderius / weiland ein Münch Prediger Ordens / welcher ums Jahr 1430 / geflorirt /gedenckt / in seinem Formicario, er habe / zu Nürnberg / Gegenwarts vieler Bischöfe aus Teutschlande /von Bischof Petern von Augsburg / erzehlen gehört /man habe um die Zeit / als der Hussiten-Krieg in Böhmen schier angehen wollen / gegen einem gewissen Thal / an den Böhmischen Grentzen / bey Nachtzeit / nicht allein ein Geschrey vieler / widereinander fechtenden / Reuter gehört; sondern auch offt die Reuter selbst / in Kleidern von allerley Farben / gesehn: Worüber einsmals in dem nechst dabey gelegenem Schloß / zween kühnē reisigen Knechten / die Lust angekommen / solchem Lärmen persönlich zuzuschauen / und sich also der rechten Gewißheit zu versichern. Gestaltsam sie sich deßwegen / bey Nachte /zu Pferde gesetzt / und dahin geritten: Bevor sie aber näher hinzu gelangt / hette sich der Eine gescheut /weiter hinbey zu reiten / und zu seinem Gefährten gesprochen: Wir wollen uns dran begnügen lassen /daß wir dieses gesehen. Ich mag diesen [465] Abentheuren nicht näher kommen. Die Alten haben zu sagen pflegen / man müsste / mit dergleichen /nicht viel schertzen: Der Andre aber habe seiner gespottet / und ihn / als einen verzagten feigen Men schen / verlacht; gleich damit sein Pferd angestochen /und sey den erblickten Nacht-Reutereyen / die er für eitel Schatten-Werck / und Spiegel-fechten geachtet /gar keck und unerschrocken entgegen geritten; Alsobald aber sey / aus dem vordersten Truppen / ein Reuter hervor gekommen / der ihm den Kopff weg gehauen / und darauff die Ruckkehr / zu seinem Truppen /genommen: Wie solches der Andre / welcher aus Furcht / ein wenig zurück geblieben war / gesehn /habe er sich auf die Flucht begeben / und / wie es seinem Kameraden ergangen / im Schloß angezeigt: folgenden Morgens wäre der entköpffte Rumpff / an der Stäte / da die Enthauptung geschehn; der Kopff auch /unweit davon / in demselbigen Thal gefunden / wo man bißhero die Reuter gesehn; doch aber keines Menschens Fußtapff / noch einiger Hufschlag / verspührt worden; sondern / an theils morastigen / und kotichten Oertern / nur einige Spuhr-Zeichen von Vögel-Klauen. 3

Daß man / vor bedeutetem Hussiten-Kriege / solche falsche Reuter gesehen / ist allerdings glaublich. Was aber die gespenstische Enthauptung deß Reuters betrifft; will ich eben nicht versichern / daß nicht etwan das gemeine und nicht selten zu viel schwätzende Gerücht / mit der Zungen / dem Kerl einen so starcken Hieb gegeben / davon ihm der Kopff / in dem Sinn der Leicht-gläubigen / herab gefallen:[466] gleichwie ich eben so wenig gleichwol auch unfehlbar sagen kann / daß es ein Fehl-Streich oder Geticht deß Gerüchts sey gewest: Denn / wofern der freche und unbesonnene Reuter / der hinzu geritten / vorhin ein ruchloses Leben geführt; wie dann / unter den Reisigen / die Gottesfurcht selten daheim / sondern offt über Feld reiset; könnte GOtt dem Satan / dessen wütendes Heer ohne Zweifel solche nächtlich-streitende Reuter gewest / wol verhengt haben / diesen vermessenen Waghals zu enthälsen.

Sonst wird auch von einem Freyherrn / gesagt / der / in Oesterreich / ein Schloß an sich gehandelt / darinn ein Gespenst herum zu wandlen pflegen / in Gestalt eines alten Manns / der aber bishero Niemanden was Leides zugefügt; daß der Käuffer den Schluß gefasst /solchem Alten / so bald er ihn erblickte / eine tapffre Maulschellen zu geben. Welches er auch / mit grosser Resolution / in Gegenwart deß Verkäuffers (angemerckt / das Gespenst eben / indem sie beyde davon geredet / sich ein- und ihm recht an die Seiten gestellet / nicht anders als ob seine Person / bey dem Verkauff / gleichfalls interessirt wäre) verrichtet habe: Denn weil er sein Wort nicht umziehen / noch für erschrocken / oder furchtsam / angesehn seyn wollen /habe er sich / gegen dem Gespenste / umgewandt /und gesprochen: Alter! ich sage dir! weiche! oder ich gebe dir Eins fürs Ohr! Dessen ungeachtet aber / das Gespenst still gestanden / als wie Einer / ders erwarten will; weßwegen der Baron zugeschlagen; aber dafür diesen schlechten Danck bekommen / daß ihm das [467] Gespenst / mit seinen Klauen / oben auff den Kopff / einen Griff gethan / wovon er zu Bodem / und in tödtlichen Schrecken gefallen / also / daß er sich /in etlichen Stunden / nicht besonnen / und von den Umstehenden / mit allerley Krafft-Wassern / kaum wiederum ein wenig erquickt worden: Nach welcher Rache / der alte Bösewigt verschwunden / und mit solchem Gestanck / aus dem Schloß / Urlaub genommen. Wie / am 913 Blat meiner Ersten Schau-Bühne /dieses etwas umständlicher zu lesen seyn wird.

So erinnere ich mich auch / daß vor 18 Jahren / in einer gewissen Reichsstadt / Ihrer zween / mit der Latern / über einen geraumen Platz / da bißweilen ein Gespenst wandeln sollte / gegangen; denen eine weisse Gestalt / wie ein Weibs-Bild / mit verhülltem Angesicht / entgegen gekommen: dem der Eine / weil er gemeynt / es wäre eine feyle Schwester / die sich etwan / mit Jemanden / bestellet hette / unters Gesicht geleuchtet / und ihr dasselbe entdecken wollen; aber drauff / von ihr / gifftig angeblasen worden: wovon ihm nicht allein sein Gesicht alsobald ausgefahren; sondern er auch / in eine plötzliche Kranckheit gefallen / über das eine Zeitlang / an seiner Vernunfft /ziemlichen Einbuß erlitten.

Fußnoten

1 Scherertzius de Spectris Admonitione octava.

2 P. Bohuslaus Balbinus lib. 3. Miscellaneor. Bohem. p. 192. b.

3 Johann. Nider. lib. 5. Formicat. c. 1. fol. 335.

53. Der Schwache wider den Starcken

[468] LIII.

Der Schwache wider den Starcken.

Wann wir / mit Gottesfurcht / geharnischt seynd; ist der höllische Riese / gegen uns ein ohnmächtiges Kind / ja ein todter Hund / der zwar den Rachen weit auffsperret / aber nicht beissen kann; ein von dem himmlischen Simson erschlagener Leu / der nicht verschlingen kann; sondern sich / von einem Unmündlinge und Säuglinge / muß erschrecken lassen / und fliehen. Tritt aber der Mensch / ohne Glauben / und andre Rüstung / mit diesem Starcken / in den Kampff; so fordert gleichsam ein Kind den stärcksten Milo aus / zum ringen / und der Stroh-Halm den Eychbaum; das Papier den Marmel.

Daß der Satan ein mächtiger Geist / und durch leibbare Waffen nicht überwindlich sey / wird / in Heil. Schrifft / deutlich angezeigt / indem sie ihn einenStarcken / (beym Esaia am 53sten) und beym Hiob /wiewol fürbildlich / den Leviathan / und Behemot /auch durch den Mund Christi selbsten / einen starcken Gewapneten / einen Fürsten dieser Welt nennet / auch durch die apostolische Feder / die bösen Geister / Gewaltige / genennet werden / mit denen man nicht also / wie mit Fleisch und Blut / zu kämpffen habe. Gestaltsam uns auch deßwegen derselbige Apostel nicht auff irdische Kriegs-Gewehr / sondern auf geistliche /weiset / [469] wenn wir / von dem bösen Feinde / angefochten werden. Denn er recommendirt uns den Harnisch Gottes (nemlich das Göttliche Wort) und die Ergreiffung deß Glauben-Schilds / als mit welchen wir ausleschen können / alle feurige Pfeile deß Bösewigts: 1 so wir nemlich ihm / durch Fürwurff göttlichen Worts /und eines gläubigen Gebets / Widerstand thun: als welches die rechte Donnerkeyle sind / so diesen ungeheuren Riesen können zerschmettern. Massen auch Jacobus keinen andren Widerstand versteht / wenn er uns zurufft: Widerstehet dem Teufel; so fliehet er von euch: nahet euch zu GOtt; so nahet Er sich zu euch. 2 Zu GOtt nahet man sich / durch gläubige Anruffung. Denn der HErr ist nahe / spricht David /Allen / die ihn anruffen etc. 3 Wo aber der HErr nahe ist / da muß der böse Feind weichen / fliehen /und sich entfernen.

Derhalben fehlen Diejenige gar gefährlich / und handlen sehr unweislich / welche dem Teufel Eisen und Stahl fürwerffen / oder mit pochen und schnarchen denselben abzutreiben / sich erkühnen. Auf GOtt und sein Wort / kann und soll man zwar / wider ihn pochen: aber ein solcher Pocher muß auch bey GOtt dem HErrn in Gnaden / und in einem guten Beruffe stehn / daß er auf sein Amt / pochen könne. Wer hingegen einen faulen Schuncken im Saltze hat; dem steht nicht besser zu rahten / er fliehe / wann der Satan ihn anficht / [470] behände zu GOtt / mit einem bußfertigen Seufftzen / und widerstehe alsdenn dem Satan getrost / in Glauben. Wer sich aber / auf sein eigen Hertz / verlässt / den erklährt die Heil. Schrifft / für einen Narren / und der Satan / wann er nicht gar / ihm den Hals zubrechen / Erläubniß von oben hat / agirt und vexirt ihn etwas / indem er sich für ihm erschrocken stellt.

Etlichen ist es aber übel bekommen / die / ihrer Hertzhafftigkeit zu viel getraut / und diesem grausamen Feinde eine blosse menschliche Entschliessung oder Großmütigkeit entgegen gesetzt: Sie sind entweder beschädigt / oder wol gar erwürgt / oder wenigstens spöttlich zu dem Hasen-Marsch getrieben worden.

Zu Leipzig lebte / vor einigen Jahren / ein gelehrter Doctor der Artzeney. In demselben war gar keine Furcht für Gespenstern: daher er / ob es gleich / in etlichen Zimmern seines Hauses / sonderlich bey dem Privet / nicht heimlich / sondern an einem so unsaubren Ort der unsaubre Geist sehr geschäfftig war /dennoch es Alles für nichts achtete. Einsmals / da es allbereit tunckel worden / erinnerte ihn die natürliche Leib-Erleichterungs-Nothdurfft eines Abtritts an gemeldten Ort: weßwegen man ihn mit dem Licht begleiten wollte: welches er aber nicht gestattete / noch mit sich in den Gang hinein nahm.

Vielleicht hat er / durch allzugrosse Künheit / GOtt versucht / ohne Noth / sich in die Finsterniß / im Finstern / gewagt / um den Leuten im Hause seine Hertzhafftigkeit zu beweisen: sintemal / aus dem betrübtem Erfolge / solches schier erscheinen [471] will. Denn nachdem man lange Seiner gewartet / und endlich aus Besorgung / es dörffte ihm ein Unfall begegnet seyn /nach ihm gesehn; hat man ihn in tieffer Bestürtzung angetroffen. Das Gespenst hatte ihm / auf dem heimlichen Gemach / angegriffen / und hefftig gedruckt. Darüber er so sehr erschrocken / daß er davon kranck worden und den Tod genommen. Welches mancher Gespenst-Verlacher / der gar nicht glauben will / daß es Gespenster gebe / zu mercken hette.

Mit nicht geringerer Gefahr / doch gleichwol noch mit dem Leben / ist anderswo Keptelin / ein damals angehender junger Kriegsmann / davon gekommen. Dieser / der nunmehr / unter einem fürnehmen gekröntem Haupt / ein ansehnliche Kriegs-Stelle bedient / wollte den Krieg / von Grund auff / lernen / um dermaleins den Ruhm seines Vaters / der / nach langjähriger und ansehnlicher Bedienung unterschiedlicher hohen Häupter im Felde / zuletzt / für die Christenheit / sein Blut ritterlich vergossen hatte) zu ersteigen: Weßwegen er / die untere Stafeln nicht gleich zu überhupffen / wünschte: zumal / weil seine Jugend ihm auch noch keine erhabenere verstattete. Also gab er einen gefreyten Corporal damals ab / als er eins /von Weingarten nach Heidelberg / gehend / sich verspätete / und das nechste Thor schon geschlossen antraff. Welches ihn bewog / einen Umweg / nach einem andren Thor / zu nehmen: in Hoffnung / selbiges mögte vielleicht noch offen seyn.

Indem er derhalben / aus aller Krafft / langst dem Graben / fort eilet; höret er Jemanden / zu Pferde / gar schnell und starck hinter ihm hertraben: [472] und / weil er vermutet / derselbe Reuter gedencke etwan auch noch in die Stadt / schauet er sich um / und sihet Einen /auff einem weissen Pferde / immer näher kommen. Endlich / da es schien derselbe wäre ihm nunmehr nahe am Rücken; wendet er sich um / und wird gewahr / daß es ein schwartzer Kerl / aber ohne Kopff /sey. Weil derselbige nun ihm hart auff den Leib drengete / und dazu / an einem solchen Ort / da Er so behände nicht ausweichen kunnte; überdas auch die Bestürtzung ihn / als der leicht merckte / es müsste kein natürlicher Reuter seyn / eingenommen hatte: riß er von Leder / und warf dem falschen Reuter die Spitze vor.

Der Kopff-manglende Kerl verliert sich zwar hierauff augenblicks ihm aus dem Gesicht: hingegen aber umfasst den Reptelin ein starcker Wind / der / ihn in den Graben hinab zu stürmen / trachtet. Er thut sein äussertes hingegen / und strebt / mit aller Macht / zurück. Zuletzt wird ihm der Hut vom Haupt gerissen /und in den Graben geworffen; er selbst aber / bey den Haaren gleichsam erfasst / und in etwas wie erhöhet. Damit hatte das Streben und Widerstreben ein Ende.

Hierüber kommt ihn noch viel hefftigers Grauen und Entsetzen an: also / daß er den Graben verlässt /und auf das nechste Dorff zuläufft: da man ihn / als einen vom Gespenst erschreckten / mit einigen Sachen gelabt / und die Nacht über beherberget.

Die jungen Soldaten können jemaln etwas mehr /als beten / oder seynd sonst bisweilen gar zu mutig /und keine Engel: daher lagert sich [473] auch nicht allemal der Engel deß HErrn um sie her. Gleichwol muß Reptelin noch / als ein junger feiner Mensch / im Geleit eines guten Engels / gegangen seyn: sintemal ihn sonst der schwartze Reuter besorglich selbsten / an stat des Huts / in den Graben würde hinab gestürtzt haben.

Dieses ist mir / von dessen nahen und glaubwürdigen Verwandten / mehr als einmal / erzehlt / mit Bericht / daß ihm / von Jugend auff / die Gespenster sehr gefähr gewest / und zugesetzt. Dessen auch noch ein andres Exempel dabey ward angeführt / so ihm / da er noch ein Knabe / ungefähr zwischen 15 und 16 Jahren gewest / widerfahren: nemlich / daß er / von etlichen besuchten guten Freunden / spät / doch bey hellem Mondschein / heim-gehend über einen Kirchhof /einen ziemlich grossen Hund erblickte / der von der Kirchthür herkommend / ihn zwerchs vorüber lieffe. Er / der sich zwar / verwundert / daß der Hund gleichsam aus der Thür hervor gekommen / doch gleichwol nichts Ungleiches vermutet / lockt denselben zurück; in Meynung / es sey ein rechter Hund.

Derselbe kehrt auch gleich wiederum / laufft auff ihn zu / und will ihn mit Gewalt anfallen. Er stosst von sich / und will ihn mit seinem in der Faust habendem Spatzier-Stäblein / von der Haut halten; biß sich der Hund / in eine abentheurlich-grosse Katze / verwandelt. Welche ihm gleichfalls zusetzt / alles Widerstands ungeachtet / hinterwerts auffspringt / und sich auff seinen Nacken wirfft / wie eine schwere Bürde. Wie sehr er sich nun gleich bearbeitete / sie herab zu schütteln: fehlte doch alle seine Bemühung. Sie bezahlte [474] ihm das Umsich-schlagen der Hände / mit ihren Tatzen / so reichlich / daß seine blutig-zerkratzte Hände und Wangen / in vielen Jahren / die Mahlzeichen behielten.

Mit solcher Angst- und Schrecken-Last / musste er fast biß in die dreyssig oder viertzig Schritte / wo nicht weiter / sich schleppen. Endlich da er spührte /daß er / mit seinem schütteln und schlagen / nichts richtete / sondern nur eine schädliche Rache damit beforderte; hub er an / das Vater Unser zu beten: und nachdem er solches ausgebetet / fiel ihm die Katze vom Halse. Worauff er / wie ein flüchtiges Wild /heim flohe / zu den Seinigen. Denen seine Erblassung eher / denn die Rede / anzeigte / es müsste ihn ein Schreck betroffen haben: Weßwegen sie ihn alsofort angestrichen / und zur Ruhe gebracht. Nachdem dieser Reptelin hernach dem Kriege lange nachgezogen /ist die wahre Gottesfurcht von ihm ausgezogen / und er ein übler Christ worden.

Johannes Niderius / weiland ein Doctor der Theologiæ / und Prediger Ordens / der ums Jahr Christi 1430 / geflorirt / gedenckt unter Andren / es habe / in seiner Gemein / ein krancker Mahler sich befunden /welcher mit dreyerley Gebrechen verletzt worden: Von Farben habe er einem Todten gleicher / als einem Lebendigen gesehn; am Gehör sey er halb taub / und auch mit der Zunge nicht fertig / sondern ein Stammler gewest.

Als besagter Niderius / von solchen seinen Gebrechen / und daß solche ihm ein Gespenst verursacht[475] haben sollte / vernommen; hat er diesen Mahler besucht / und sich den rechten Verlauff erzehlen lassen. Welchen ihm dann derselbe / mit diesen Umständen beschrieben.

Als ich / sagte er / eins Mals / in meiner Jugend /mit etlichen guten Gesellen / gegen Abend / in einem Wein-Hause / gezecht; ging ich hernach / bey Nacht /allein über Feld / mit meinem Degen an der Seiten /und eilte auf einen Meyerhof / (oder Fuhrwerck) zu. Da ich nun zwischen den Weinbergen war / schienen mir etliche schreckliche Gestalten / nicht zwar auff der Landstrassen / sondern neben dem Wege her / entgegen zu kommen: Weßwegen ich / von jugendlicher Unbesonnenheit / und Wein erhitzt / aus dem Wege sprang / meine Fuchtel heraus riß / gegen dem Ort deß Gespenstes einen Streich über den andren / führte / und doch Nichts traff / auch Niemanden / den ich treffen könnte / mehr vor mir sahe. Indem ich aber solche Lufft-Streiche that / fühlte ich / daß weiß nicht was für eine Lufft durch mich fuhr: durch welche ich gleich alsofort angesteckt / und mit diesen Gebrechen / die ihr an mir sehet / behafftet ward. 4

Fußnoten

1 Ephes. 6. v. 16.

2 Jacob. 4. v. 7. 8.

3 Ps. 145. v. 18.

4 Johann Nider. in Formicar. lib. 5. c. 1. fol. 335.

54. Das gezüchtete Großsprechen

[476] LIV.

Das gezüchtete Großsprechen.

Man hat nicht allein aus dem allgemeinem Gerücht /sondern auch / aus manchem glaubhafftem Munde /und vielen Aug-zeugen / die sichere Gewißheit / daß in gewisser / bevorab hochfürnehmer / Familien Häusern- oder Schlössern / die Gespenster / in besondrer Gestalt erblickt werden: In etlichen / wie ein Hund; in andren wie ein Pferd; anderswo / wie eine Weibs-Person / nemlich wie eine Jungfrau / oder Witwe; andrer Orten / wie ein Münch; noch andrer / wie ein Cavallier / oder dergleichen. Solche Gespenster erscheinen zwar gemeinlich / und am allermeisten / wann ein Todesfall obhanden; doch gleichwol auch nicht selten /zu andrer Zeit / eben so wol / und ohne Sterbens-Bedeutung. Gestaltsam / auff einem fürstlichem Schloß in Teutschland / welches ich nicht nenne / ein solches menschlich- und zwar geistlich-gebildtes Gespenst sich sehen lässt / welches bißweilen die Leute schreckt.

Es ist unlängst geschehen / daß der fürstlichen Edel-Knaben Einer / indem er hinauff / in ein gewisses Zimmer / wollen / im vorüber gehen vieler Lichtlein ansichtig worden / in einem Ofen / welcher doch /bey damaliger Sommerszeit / nicht angeheitzt war. Darüber er sich [477] zwar höchlich verwundert / auch in etwas entsetzt; doch gleichwol endlich seinen Gang fort und zur Stuben hinein setzt.

Wie er hinein gekommen / tritt ein grosser Kerl /wie ein Münch gekleidt / ihm entgegen / mit tieff-ligenden feurigen Augen / und einem / an der Seiten tragendem / Bund Schlüssel. Er über so unvermuteten Anblick schier von sich selbsten veräusserter / weicht plötzlich hinter sich / und schauet sich wieder nach der Thür um. Aber das Gespenst eilt auf ihn zu / erwischt ihn beym Flügel / ziehet ihn nieder / und etliche Mal auf dem Bodem hin und wieder: darüber er ein jämmerliches Zeter-Geschrey nach dem andren thut / und zwar so laut / daß es dem Fürsten selbsten /unten in seinem Zimmer / zu Ohren dringt. Worauff derselbe befihlt / man soll eilend hinauff lauffen / und sehen / wie dem Edel-Knaben geschehen sey / daß er so schreyet.

Sie finden ihn zwar allein / und von Schrecken erstummt / dennoch aber / in seinen starrenden Augen /blassenden Wangen / und zittrenden Geberden / die Anzeigungen eines eingenommenen ungemeinen Schreckens. Welcher ihn auch dermassen gefangen hielt / daß er allererst / nach einer Stunden / reden und berichten kunnte / was ihm widerfahren.

[478] Diesen lachte hernach sein Kammerad / ein andrer Edel-Knabe / der ziemlich frisch war / aus / und sagte / er sollte dem München nun ein paar wackerer Ohrfeigen gegeben / und resolut um sich geschlagen haben / so würde er ihm wol von der Haut geblieben seyn: und vermaß sich / daß er / wann das Gespenst ihm ein Mal auffstossen sollte / demselben tapffre Stösse geben wollte. Jener antwortet / er könne es versuchen / und sein Ritter-Stücklein erweisen: Der Erfolg müsse es dann lehren / ob er so viel Hertzens in der Faust habe / als in der Zungen.

Nach etlichen Tagen / kommt der so mutig-redende andre Edel-Knabe / in eben dasselbige unsichere Gemach / um für sich ein weisses Hemd zu holen /nichts weniger mehr / als an seine Rede / gedenckend. Indem er nun / aus einer Truhen / das Leinen-Geräht hervor langen will; wird an die Stuben-Thür geklopfft. Er nicht anderst vermeynend / als / es sey etwan die Wäschinn / oder ein Hof-Lacquay / oder Trabant / oder seiner Mitgesellen Einer / spricht:Herein! Herein! Darauff tritt der entsetzlich-grosse Münch hinein / von ihm hingegen aller Mut hinaus.

Wo war jetzo diejenige Faust / welche das gekappte Gespenst so tapffer behandeln / und schlagen sollte? Im Schieb-Sack! Das Hertz schoß ihm nicht in die Fäuste / sondern in [479] die Füsse / und frischte dieselben an / zum ausreissen. Aber der Münch wollte ihn so nicht ohne Rechenschafft passiren lassen; sondern packte ihn an / und versetzte ihm ein paar solcher Maulschellen / daß ihm Nase und Maul davon bluteten; und sagte: Jetzt gieb mir die paar Ohrfeigen /so du mir gedrauet hast!

Aber er / der einen so bösen Creditorn / mit gleicher Müntze zu bezahlen / sich nicht getrauete / ward fallit / ging durch / sprang zur Stuben hinaus / lieff und flohe / mit grossem Geschrey / die Stegen hinab /und mahlte gleich anfangs mit seinem blutendem Maul / folgends auch mit wortlicher Erzehlung / sein Begegniß ab.

Uber einige Zeit hernach / hat dasselbige Gespenst sich auch einer Wäschinn daselbst dargestellt / und derselben / durch die grausame Entsetzung / eine viertheiljährige Bettlägrigkeit verursacht.

Dieses bezeugt uns / daß / wider den starcken Gewapneten / Niemand wehrhafft erfunden werde / ohn allein derjenige / welcher den Harnisch GOttes hat angezogen / und daß Einer / der sieghafft ihn will bekämpffen / sich nicht auff sich selbsten / sondern auff GOtt / verlassen müsse.

55. Der Unerschrockene für dem Schrecker

[480] LV.

Der Unerschrockene für dem Schrecker.

Ins gemein muß das Natürliche / für dem Unnatürlichem / erschrecken. Den allertrutzigsten Todes-Verlachern vergeht das Lachen / und verkehrt sich in Zittern / wenn er seine dürr-beinigte und erd-farbne Faust nach ihnen ausstreckt. Ich habe die allerkühnste und verwigteste Eisenfresser Laub-ähnlich beben gesehn / da sie / dem Richt-Schwert / halten mussten. Und so man dem Verderber der Natur nicht / mit übernatürlichem geistlichem Gewehr / begegnet / wird er noch eher den Mut / als Blut und Lebens-Glut / in uns ersticken und ausleschen.

Weit tieffer würde der Schreck denjenigen aus sich selbsten reissen / der mit dem Satan / und seinen Larven / ohn GOttes / und seiner heiligen Engel / Beystand / sich in ein Gefecht wagen / und / durch seine eigene Hertzhafftigkeit / sich / wider denselben / wollte anführen lassen / zum Widerstande. Denn die Exempel zeugen / daß diejenige / welche sich / ausser solchem würcklichen Streit / für Ritter und Leuen /ausgeben / wenns zum Handel kommt / in Hasen verwandelt werden / und so fest stehen / wie ein Laub-Blätlein / für dem Sturm / oder wie der Hase bey der Trummel.

Cajus Cassius, der Mitgenoß an dem Meuchel-Mord Julii Cæsaris, war / in den Wahn-Sätzen [481] der epicureischen Sect so gar eingebeitzt / daß er die Gespenst-Erscheinung / für eitel falsche Phantasey / achtete / als ein guter Vorspieler vieler heutigen Ruchlosen / die ihm / in diesem Wahn / nachgeigen: gestaltsam er deßwegen den Brutum verlachte / als derselbe ihm erzehlte / was für ein wühster Mor ihm / bey Nacht / erschienen wäre / und sich / für seinen bösen Engel / ausgegeben hette: allein da der Tantz an ihn selbsten kam / ward er weich / und sein Eisen-vermeyntes Hertz zu Wachs; Er hatte sich bemühet / bemeldtem Bruto alles damit auszubilden / daß er sagte / es wären solche Gesichter lauter blosse Einbildung /die keinen tapffren Männern erschienen: Als aber / in den Philippischen Feldern / das Treffen geschahe; erschien ihm / wie theils Historici berichten / ein Gespenst / in Gestalt Julii Cæsaris, welchen er hatte helffen umbringen / zu Pferde / und machte / mit einem bedrohlichem Blick / ein solches Geberde / als wollte es / mit gantzer Gewalt / auf ihn ansetzen. Da steckte er das Hafen-Panier auf / und ließ sich / durch solchen Anblick / in die Flucht treiben / legte auch hernach dieselbige Hand / so sich am Cæsar meuchlerisch vergriffen hatte / eigenmördlich an sich selbsten.

Dennoch kann nicht geleugnet werden / daß dieses bißweilen seinen Absatz finde. Denn es giebt jemaln solche behertzte Leute / die keinem Gespenst ausweichen / sondern einen glücklichen Trutz bieten / und darüber keinen Schaden / vielweniger sonderlichen Schrecken / empfangen.

[482] Dieselbe unterscheide ich / in dreyerley Gattungen /in Heiden / in gute Christen / und böse Christen. Mancher Heide erschrickt deßwegen / für keinem Gespenst / weil er gar nicht weiß / noch gläubt / daß es der Satan sey / und derhalben / wann er einer großmütigen Natur ist / destoweniger sich dafür fürchtet / in Meynung / es sey der Geist eines Verstorbenen / nemlich die Seele. Welche die Heiden Umbram, denSchatten-Geist / nannten. Damit solche Heiden / in ihrem Wahn / desto fester beharren mögen / stellet sich bißweilen das Gespenst / als fürchte sichs / für ihrem Trutz / und fleucht für ihnen / wie für jenem Laconier: welcher / da er / zu Nachts / auf dem Grabe / ein weisses Schreck-Bild erblickte / mit seinem Spieß / darauf zulieff / und darnach stieß / schreyend:Quò fugis, anima denuò moritura! Wo fleuchst du nun hin / du Seele! Wann du noch nicht gnug dran hast / daß du ein Mal abgeleibt / will ich dir noch ein Mal den Tod zu schmecken geben. Denn das Gespenst verschwand / für ihm.

Hernach so sind / unter frommen Christen / Manche / mit einem besondrem Helden-Geist / begabt: daher sie viel weniger / als andre Gläubige / über der Erscheinung eines Gespensts / sich entsetzen; sondern alsofort eine glaubig-tapffre Resolution fassen / dem Satan Trutz zu bieten / und seiner zu spotten. Je stärcker derhalben der Glaube / in ihnen / sich ermuntert; je leichter wird der Teufel / von ihnen / in die Flucht getrieben. Angemerckt / dieses boshaffte Unthier den schwachgläubigen und furchtsamen Christen offt mehr Mühe [483] macht / und ihrer Vielen / mit Schrecken /gar hart anstehet / biß sie / durch anhaltendes Gebet /ihm obsiegen.

Unter bösen Christen aber / finden sich auch jemaln manche / die behertzt / auf ein Gespenst / angehen / und drüber nicht den Kürtzern ziehen / sondern dasselbe verjagen. Und solches kann zweyerley Ursachen haben. Denn entweder darff sie der Satan alsdann noch nicht verletzen; weil sie vielleicht in ihrem Beruff sind / und ihres Amts / um selbige Zeit / pflegen (daher er auch der ungläubigen Obrigkeit / in ihrem Beruff / durch seine Hexen / selten was Leids zufügen kann.) Oder / er begehrt sie nicht zu verletzen / und begnügt sich allein damit / daß er sie ein wenig vexire: auf daß sie / von ihrem Laster-Wesen / und verruchtem Wandel / nicht abgeschreckt / sondern vielmehr darinn besteifet werden mögen.

Mir ist / in meiner Jugend / ein gewisser Ehren-Mann bekandt / und verwandt gewest / der zwar eben der gottseligsten Keiner / sondern / als ein Welt- Mann / weltlich gesinnt schien; doch / mit keinen schandbaren Lastern / behafftet / sondern erbar und polit war / aber fehlbar / in Handhabung der Gerechtigkeit / und Abstattung der Gebühr gegen seiner nechsten Bluts-Freundinn / als deren ihm anvertrautes Erb-Gut / so ungefähr in vierdthalb tausend Reichsthalern bestund / er fein mit sich aufgehn lassen / und verprachtet hatte / und ihr keinen Heller wieder bezahlte; also / daß sie eine arme Wäise / und ohne Brautschatz / als den ihr leiblicher Bruder / ohne Noth / überflüssiger Weise / verdistillirt hatte / sitzen bleiben musste. [484] Ausser dem / sag ich / war er ein geschickter / ernster / gravitetischer Mann / und grosses Muts.

Diesem zeigt einsmals seine Frau an / es sitze droben / in seiner Cancelley-Stuben / auf seinem Stuhl /ein Mann / der ihm von Gestalt / Person / und Kleidung so gleich / als er selber. Weßwegen er hinaufgeht / und sie folgen heisst. Da er nun das Gespenst sitzen fand / und schreiben / angelegt mit einem dergleichen Schlaffrock / als wie er damals selber am Leibe trug; wollte sie ihn zurück halten / und bat / er sollte nicht näher hinzugehen; weil das Gespenst nicht wieche. Aber er wirckte sich loß von ihr / ging behertzt auf das Gespenst zu / und hieß es aufstehen /sprechend: Da gebührt mir / und nicht dir / zu sitzen! Steh auf / und weiche! Du hast hie nichts ver lohrn! Worauf das Gespenst / nachdem er zugleich den Stuhl ergriffen / und geruckt / verschwunden. Und dieser Geschicht werde ich auch / wo mir recht / in meiner Schau-Bühnen einer / wiewol etwas umständlicher / gedacht haben.

Dieselbe habe ich / zu erst / aus dem Bericht einer glaubhafften Person / vernommen / und als hernach /über Tisch / eins Mals dieser Discurs vorfiel / gegenwarts selbiges meines Vettern; lächelte er dazu: und fing seine Liebste darauf an zu erzehlen / daß er mehr / als ein Mal / zu Mitternacht / wann gegen ihrer Schlaffkammer über / in der Rüstkammer / unter den Harnischen und Armaturen / ein erschreckliches Getöß und Getümmel / so wol / als in dem Gange vor ihrer Kammer / sich hören lassen / ihres bittlichen Abhaltens ungeachtet / aufgestanden / die Kammer-Thür aufgerissen / [485] ohne Licht hinaus gegangen / zu besagter Rüstkammer / und geruffen: Was ist das für ein Lärmen und Getümmel? Stille! und halt ein! Worauf es gleich nachgelassen / und eine Weil geruhet.

Daß dieses kein Geticht wäre / kunnte ich desto leichter glauben / weil wir / an dem Ort selbiges Schlosses / dahin man uns / als Gäste / und Verwandten / quartiert hatte / selbsten / die gantze Nacht durch / ein entsetzliches poltern und rumoren draussen / vor unserem Schlaff-Gemach / hörten. Wie ich dann / mit Warheit / sagen kann / daß / zu zweyen Malen / ich /zu Mitternacht / aus dem Schlaff erwachend / gehört /wie die / in unserer Kammer an der Wand hangende /Laute und Pandor / von sich selbsten spielten / als ob sie / von menschlicher Hand / geschlagen würden. Darüber ich das Mal / als ein junger Knabe von fünffzehen Jahren / ziemlich angst-schwitzte / auch so viel erlangte / daß folgende Nächte / nicht allein das Licht / wie vorhin / brennen / sondern auch von deß Amtmanns Dienern Einer / bey meinem Bette / auf der Madratzen schlaffen musste.

Der Amtmann selber aber pflag / wenn man dergleichen vorbrachte / nur drüber zu lachen / und zu versichern / daß er / manches Mal / gantz allein / bey Nacht / mitten durch den Schloß-Saal / mit dem Licht ginge / und alsdann aller Tumult zur Stunde schwigtig würde / so bald er nur einen Fuß dahin setzte.

Ich halte dafür / weil er einen offentlichen Gewalt führte / und / an stat seines Fürstens / daselbst auf dem Schlosse saß / habe der Teufel sich / für [486] ihm / als einer obrigkeitlichen Amts-Person / scheuen / und einhalten müssen: Denn eine sonderbare Gottesfurcht dieses Manns / an welchem mehr Welt-Witzes / als himmlischer Weisheit leuchtete / hat ihn gewißlich nicht erschreckt.

Noch vielweniger leib- und zeitlichen Gewalts hat der Satan / über die Fürsten und Herren selbst: Denn sie seynd / in ihrem Stande / GOttes Stathalter / Spiegel und Bilder; massen der Apostel / ohne Unterscheid / sie und so gar auch die heidnische Obrigkeit /GOttes Dienerinn titulirt. Daher gemeinlich dieser Geist der Finsterniß / und deß Schreckens / in Gegenwart einer solchen Person / die von GOTT eine Macht und zu befehlen hat / still seyn / und erstummen muß. Wie man dessen vielfältige Beyspiele hat / und / meines guten Erinnerns / vor nicht gar vielen Jahren dergleichen geschehen / da der böse Geist / als man einen / in der Alraun-Wurtzel sitzenden / Spiritum, auf deß Burgermeisters Befehl / in die Cancelley getragen /und daselbst seiner Ankunfft erwarten müssen / unterdessen viel Wesens / und protestirens gemacht / also gar / daß er geredt / und doch Niemand den Redenden gesehn; so bald aber der Burgermeister zur Cancelley hinein getreten / schwigtig worden / und das Urtheil leiden müssen / ohn einiges weiters widersprechen und protestiren / daß man den Alraun / durch den Hencker / untern Galgen begraben sollte.

Jedoch begiebt sichs jemaln / daß er / aus sonderbarer Verhengniß GOttes / auch wol Regiments-Personen / wiewol wunderselten / und zwar zu solcher Zeit / da sie eben nicht / in ihren Regierungs- [487] oder Amts-Geschäfften / begriffen / sich hören oder sehen lässt. Ein gewisser König / als er / seiner Gewonheit nach / eins Mals / früh gegen Tage / in seiner Nachtschauben sich ans Fenster gelegt / hat / in der Lufft /ein starckes Knallen gehört / als ob viel Geschütze gegeneinander krachten / und Kartaun-Kugeln saussten: daraus er geurtheilt / es würde / mit nechstem /ein Krieg einbrechen. Welcher auch / bald darauf / erfolgt ist. Von dergleichen Exempeln wir / unter den Kriegs-Gespenstern / etliche mehr eingeführt haben.

Aber es lässt GOtt bißweilen auch wol andre gespenstische Händel / welche eben nicht dem gemeinen Zustande / oder dem gantzen Lande eine grosse Zerrüttung bedeuten / sondern auf ihre eigene Person /oder auf die Ihrige / zielen / ihnen entweder zu Ohren / oder zu Gesichte kommen: entweder solchen grossen Herren / oder andren ansehnlichen Leuten / dadurch ein Nachdencken zu erwecken: damit ihnen mancher einschleichender atheistischer Gedanck / als ob weder Engel / noch Teufel / noch künfftige Rechenschafft obhanden sey / vergehe; oder daß sie in sich gehen /und von ihrem gar zu ungebundenem Leben (wie es denn offt / an grossen Höfen / ein unordentliches Wesen setzt) abstehen sollen; oder / woferrn sie / in ihrem alten Sauerteige / bleiben / daß auch solche Gespenster sie dermaleins / vor jenem strengen Gerichte / ihrer Ruchlosigkeit überzeugen mögen.

Seynd aber solche Regenten tugendhafft / so geschicht vermutlich solche Göttliche Zulassung [488] darum / daß sie dadurch sollen um so viel mehr aufgemuntert werden / dem Fürsten der Finsterniß / durch ein gerechtes und Gottgefälliges Regiment / an seinem Reich desto grössern Abbruch zu thun. Und solchen Regiments-Personen begegnet darüber gar nichts Ubels / noch einige Versehrung an der Gesundheit ihres Leibes oder Verstands; wie zwar sonst gemeine Leute vielmals darüber im Haupt zerstreuet werden.

Ein ansehnlicher Mann berichtete mich / da ich die Ehre seiner Conversation und Besuchung hatte / es hette ein gewisser Potentat / den er mir auch nannte /seinem Fürsten für gewiß erzehlt / daß eins Mals sein Groß-Herr-Vater einen Edelknaben / von der Abend-Tafel / abgefertigt / ihm etwas / aus einem grossen Zimmer deß Schlosses / zu holen: Wie der Edelknabe in selbiges Gemach hinein getreten / habe derselbige /an dem daselbst stehendem Tisch / einen schreibenden München erblickt: weßwegen er / voller Schrecken / davon gelloffen / und es einem Kammer-Juncker angezeigt: Welcher mit ihm hingegangen / und eben dasselbige Bild / an bemeldtem Tisch / gesehen: Hievon sey alsobald / bey der Tafel / die Mummelung gangen / und zwar so lange / biß es der Potentat selbst vernommen. Der alsofort aufgestanden / und in Begleitung etlicher so wol Wind- als anderer Lichter /nebst einigen Hof-Junckern und Edelknaben / selbst hinauf gegangen / in besagtes Gemach; um sich /durch den Augenschein / selbst zu unterrichten / ob ihm die Warheit / oder eine falsche Einbildung / wäre vorgetragen: in Betrachtung / daß Furcht und Schrecken ein solches Eh-Paar / [489] die manche Mißgeburt /nemlich Selbst-Betrug / und irrigen Wahn / miteinander erzeugten. Da sie nun ingesamt / in mehr gedachtes Zimmer / hinauf gekommen / habe ihnen ihr eigner Anblick Alles hekräfftiget: angesehn / der Münch / in aller seiner Erbarkeit / unverrucktes Stuhls / fein still gesessen / und / bey einem auf dem Tisch stehendem Licht / steiff fortgeschrieben: Nachdem sie aber solches / eine kleine Weile / von Fernem / angesehn / sey endlich der Potentat selber / und zwar allein / nahe hinzu getreten an den Tisch / habe den gespenstischen Secretar behertzt angeredt / Was machst du hier? Welcher ihm geantwortet: Hie sitze ich / und schreibe deine Sünden auf! Worauf der Potentat gesprochen: Hat dir GOtt die Macht gegeben / so schreib immer hin! und habe sich hiernechst / samt seinen Aufwartern / wiedrum / zu dem Zimmer hinaus / gewandt.

Selbiger Potentat ist sonst ein Herr gewest / der Redlichkeit und Gerechtigkeit lieb gehabt / auch die Diener GOttes werth gehalten: aber / bey der Hofstat /mag es jemaln ziemlich frisch daher gegangen seyn: wie solches / leider! an grossen Höfen / keine Rarität. Welches zwar / weil es fast etwas Gewöhnliches / von undencklichen Jahren her / bey uns Teutschen / den Vorwand eines Hof-Rechts behält; vor GOtt aber doch gleichwol unrecht ist / und unsrem Ankläger freylich seine Klag-Verzeichniß tapffer füllet; also /daß / woferrn solche / vermittelst wahrer Busse /durch Christi Blut / in der Gnaden-Zeit / nicht ausgelescht wird / sie / vor jener strengen Verhör / [490] alle diejenigen / so davon nicht abgestanden / sie mögen Hof-oder Stadt- oder Dorff-Leute seyn / wird zittern machen / und ihnen dort noch viel mehr das bebende Hertz / weder allhie der Fuß / taumeln. Ich gebe aber diese letzte Erzehlung wieder / wie ich sie eingenommen / ohn Aufgeld.

56. Die unheimliche Wüsteney

LVI.
Die unheimliche Wüsteney.

Daß der Teufel sich gern / wie an andren einsamen /öden und verstöhrten Oertern / also auch gleichfalls in den Wildnissen und Wüsteneyen / sehen lasse / lehrt die Erfahrung derer / welche / durch wühste und unbewohnte Wildnissen / bißweilen reisen. Solches deuten Etliche also / gleich wäre ihm wol dabey / und liebte er solche rauhe und unfreundliche Gegenden / als ein melancholischer Traur-Geist / vor andren Plätzen. Aber ich halte dafür / stünde es in seiner Gewalt / er bliebe nicht lange in der Wühsten / oder in einem wühsten und zerbrochenem Schloß; sondern setzte sich lieber / bey den meisten Hofstäten / mitten an die Tafel / in sichtbarer Gestalt: imfall ihn nur sein eigener arglistiger Zweck nicht auch nur selbst daran verhinderte: welcher dieser ist / daß er die menschliche Seelen fahe. Weßwegen er sie lieber / in geheimer unvermerckter Gegenwart / mit Sicherheit körnet / weder mit offenbarer Gewalt erschreckt. Denn er hat seine Stricke [491] ins Verborgen gelegt; wer kann sie sehen?

Ich gläube / die bösen Geister haben ungern ihren Aufenthalt / in den Wüsteneyen; und werden gemeinlich darein / von den Engeln / gleichsam gebunden; wie der Eh-Teufel Asmodi / von dem Engel Raphael; bißweilen auch wol / um der Menschen Bosheit willen / ihnen heraus zu gehen / verhengt und erlaubt.

Jedoch zweifle ich gleichwol daneben auch nicht /daß sie vielmals sich / auf eine Zeitlang / freywillig hinein begeben; nemlich alsdann / wann sie mercken /daß Jemand / durch solche wuhste / oder abgelegene Oerter / allein / oder mit einem furchtsamen Gefährten / ziehen will: da sie dann alsofort / in einem Augenblick / ihm / auf hundert Meilen / nachfahren können /wie ein Blitz / und im Nu mitten / in derjenigen Wühsten seyn / da er durchziehet. Und solches geschicht /meines Vermutens / von solchen Geistern / welche insonderheit auf eine gewisse Person acht haben / und lauren / wie sie derselben einen Tuck erweisen / oder zum wenigsten etwas zuwidern thun mögen / aus feindseliger Rachgier; sollte es auch nur gleich / in einer blossen Schreckung / oder Bangmachung / bestehen. Denn daß die böse Feinde nicht nur allen Menschen insgemein nachstellen; sondern auch auf jedweden Menschen absonderlich mercken / und genau allen seinem Wandel nachspühren; lehrt uns GOTT selbst / da Er zum Satan spricht: Hast du nicht Acht gehabt / auf meinen Knecht Hiob?

[492] Oder sie lassen ihnen manches Mal auch wol darum eine Wüsteney / vor andren Stäten / wolgefallen; weil daselbst der Mensch / durch Raub / oder Mord / oder andre Unglücks-Fälle / gar leicht Schaden nehmen / und nicht so leicht Hülffe erlangen kann / als wie an bewohnten Orten; darüber sie sich dann höchlich ergetzen. Oder; weil sie selbst / durch Verführung in abwegige / irrsame / rauhe / und ungebähnte Hecken / und Moräste / ihn in Noth und Gefahr zu bringen / hoffen. Oder; weil etwan an dieser /oder jener Stäte eines Waldes / oder Gebirges / eine Niderlage / Ableib / oder Ermordung / schon vor langen Jahren / geschehen / auf ihr mördliches Eingeben: darüber sie noch / lange Jahre hernach ihre Freude haben. Denn der Satan ist ein Mörder von Anfang /und freuet sich / Böses zu thun / oder anzustifften: derhalben er die Stäte oder Gegend / da ihm solches gelungen / und / auf sein Anspinnen / ein Mensch umgekommen / nicht anders / als wie seinen Triumph-Platz / betrachtet / und keine Zehren darüber / wie Julius Cæsar über die Erschlagene / fallen lässt; sondern darüber frolockt; bey seinen verdammten Mit-Genossen / sich auch gar breit und groß damit macht /als ein ruhmsüchtiger Geist. Oder er entweicht auch vielmals wol / mit Fleiß / in die Wühsten / freywillig /aus Verdruß und Unmut / über den Verlust eines entweder geist- oder leiblich-besessenen Menschen / daraus er / durch Gebet und Busse / vertrieben worden. Denn das kräncket ihn viel härter / als den Türcken /wann er eine Haupt-Festung / oder grosse Schlacht /verlohren. Er schämt sich / für [493] seines gleichen Gesipp / für andren verfluchten Geistern / daß er / mit Schanden / weichen müssen; so wol / als für den heiligen Engeln: die seiner alsdann gleichsam lachen / und spotten: Gleichwie ein verleumderischer Kläger und Diffamant / wann er / im Gericht / zu schanden worden / und mit seiner Klage ab- ja wol gar der Stadt verwiesen / nicht gern / seinen Feinden und Freunden zum Spott / in der Nähe mehr herum geht / sondern die Ferne sucht: damit seine Schande ausgelescht /und seiner vergessen werde. Nicht weniger treibt ihn /ohne dem / dazu das Gebet / und gottseliges Christenthum etlicher frommer Leute / dafür er nicht stehen kann / auch nicht / in selbiger Gegend / bleiben mag /um solchen Greuel (wie / in seinen Augen / die wahre Gottesfurcht ist) nicht länger anzusehen.

Denn wo die Karte patscht / das Ronda schallt /Hagel und Donner / unter tausend Sacramenten / blitzen / zancken und hadern / rauffen und schlagen /schmeissen und beissen / neiden und affterreden /huren und buben / fressen und sauffen / leichtsinniges tantzen und schauspielen / geitzen / schinden und schaben / stoltziren / und dergleichen / im Schwange geht / da hat er seinen Freuden- und Tummelplatz. So aber daneben etwa / in selbiger Stadt / mancher lebendiger Tempel GOttes ist / und wider deß Satans Reich / mit den Waffen deß Lichts / bevorab mit dem sieghafftem Gebet deß Glaubens / streitet / durch tägliche Anruffungen und Seufftzer um die Zerstörung der Wercke deß Teufels; nimt er / aus grossem Widerwillen und Eckel / bißweilen gern seinen Abscheid [494] aus einer solchen Gegend / durchwandert dürre Stäte / und sucht daselbst / für seinen schwürigen / Neid-eitrenden / gifftigen Mut / Ruhe.

Mehrentheils aber geschichts / ohne Zweifel / Gefängniß-weise / daß manche Teufel / in den Wühsten und Wildnissen / ihren Aufenthalt haben: weil sie allda / durch Göttlichen Befehl / vermutlich / eine Zeitlang / eingesperrt leben / und weiter nicht kommen dörffen. Weßwegen sie daselbst alsdann mehr regieren / und den Wandrer erschrecken / als anderswo.

Nach mutmaßlicher Entdeckung der Ursachen solches ihres Aufenthalts in den Wildnissen; ziehen wir die Erfahrungen nun auch herbey.

Als der Admiral Adrianus Patritius, von dem Constantinopolitanischen Keyser / mit einer Kriegs-Flotte / abgeschickt war / die Stadt Saracosa in Sicilien zu entsetzen / und durch Ungewitter getrieben ward / in einem Peloponnesischen Hafen / welchen man denHabichts-Hafen nannte / einzulauffen / auch / durch widrigen Wind / daselbst etliche Tage verarrestirt lag; erfuhr er / von den Vieh-Hirten selbiger Gegend / besagte Stadt Saracosa wäre bereits über. Nun war solches / natürlicher Weise / zu wissen / wegen weiter Abgelegenheit solcher Stadt / unmöglich. Derhalben wollte er den Grund von ihnen haben / woher sie solches hetten: und erfuhr darauf / daß sie es / von den Gespenstern / so in der Wildniß sich aufhielten / verstanden. Denn / wie Curopalates erzehlt / der Ort /wo die Keyserliche Flotte vor Ancker lag / und den man die Pfütze (oder den [495] Pfuhl) hieß / war / zu beyden Seiten / sehr dick bewäldert: und daselbst hörten die weidende Hirten / einsmals in der Nacht / daß die böse Geister miteinander redeten / Saracosa wäre gestern erobert / und geschleifft. Welches die Hirten gar bald ausgebreitet / also daß das / von Einem zum Andren lauffende / Gerücht endlich auch vor den Admiral kam. Welcher / nachdem er die vorgeforderte Hirten darum befragt / und dieselbe es ihm bestetiget hatten / Verlangen empfunden / solches / mit seinem eignem Gehör / zu erlernen. Gestaltsam er deßwegen auch / nach dem Ort / sich hinführen lassen / und die Gespenster gefragt: Welche geantwortet / es sey nicht anders / Saracosa sey übergangen. 1

Diese Wissenschafft haben die Gespenster keines Wegs in sich selbsten gehabt / als wären sie allwissend gewest; sondern / durch Communication anderer Geister / welche entweder über Meer zu ihnen gefahren / und ihnens verkündigt haben; oder / durch etliche ausgeschickte Kundschaffter aus ihrem Mittel. Denn sie sind schnelle Geister / die den Wind weit übertreffen / und einen Augenblick in der Geschwindigkeit überwinden / ja mit unsren Gedancken dergestalt wettstreiten / daß sie / meines Vermutens / eben so schleunig / als wir mit einem Gedancken / von einem fernem Ort zum andren / fliegen. Denn ob sie gleich bißweilen wol etliche Stunden Frist begehren /wann sie den Wahrsagern etwas / aus einer Ferne von etlichen hundert Meilen / entdecken [496] sollen; wie / bey den Lapponischen Pauken / geschicht: rührt solches doch / aus andren Ursachen / her; nemlich weil sie zuvor andre Geister / so in solcher Ferne herumflattern / drum vernehmen müssen / und auch selbige dennoch nicht allemal solches gleich wissen / sondern deßwegen auch wiederum / von andren / erst sich eines Berichts erholen müssen. Insonderheit aber geschicht solche Verweilung hauptsachlich darum / daß derjenige / so den Wahrsager befragt / glauben möge /deß Warsagers Geist sey gewiß / am begehrtem Ort /indessen gewest. Zudem braucht der Geist auch ein Mal mehr Mühe / als das andre / daß er der Phantasey deß entzuckten Wahrsagers die Vorstellungen recht eindrucke.

Man lieset beym Plutarcho, aus welchem es auchEusebius Cæsariensis 2 angezogen / daß / hinter Britannien / viel wühste Inseln gelegen / deren etliche /mit bösen Geistern / angehäufft / welche daselbst Sturm und Platzregen erregt / und den Leuten / so etwan dahin gerathen / allerley Blendungen vorgemacht hetten.

Bey einer unter den Echinadischen Inseln / soll sich / wie genannter Plutarchus zeuget / diese Abentheuer zugetragen haben. Als deß oratorischen ProfessorsÆmiliani Vater nach Italien geschiffet / und zwischen gedachten Echinadischen Inseln der Wind sich gäntzlich gelegt / seyen sie / zu Nacht / bey Paxis angelangt: und / indem die gantze Schifgesellschaft allerdings wachte / hat man / aus der Insel Paxis (Paxis ist aber eine Insel im [497] Ionischen Meer / oder vielmehr zwo nahe beysammen grentzende Inseln / so man heut Pacsu und Anti-Pacsu nennet) eine starcke Stimme gehört / die dem Aegyptischen Schiffer / Thamno, mit Namen geruffen.

Da nun Männiglich die Ohren scharff spitzte / um zu vernehmen / was solches Geschrey bedeutete / und selbige Stimme doch immermehr vorbringen würde /ließ sie sich abermal hören / und zwar mit diesen ausdrücklichen Worten: Thamne! wann du wirst bey dem Mæotischen Meer-Pfuhl seyn; so zeig es an /daß der grosse Pan gestorben sey.

Hierüber seynd sie allesämtlich sehr erschrocken. Der Schiffer (oder Steuermann) aber hat dasselbe /was ihm die Stimme befohlen / ausgerichtet / und / als sie / bey benanntem See-Pfuhl / angelangt / über das Schiff-Bort hinab / ins Wasser sehend / mit lauter Stimme dasjenige / was die Stimme von ihm hatte begehrt / ausgeruffen; nemlich dieses: Der grosse Pan ist gestorben! Worauf man alsofort gleichsam viel /und zwar unzehlich viel Leute / seufftzen gehört / mit grosser Verwunder- und Bestürtzung Aller / die sich auf dem Schiffe befunden.

Wie sie nun endlich nach Rom gekommen; ist solches / beym Keyser Tiberio, erschollen: welcher darauf diese Leute vorfordern / und abhören lassen. Die ihm solches einhällig beglaubt haben; also / daß er sich deßwegen sehr hat darob verwundert.

[498] Von vielen Geistlichen pflegt diese alte Geschicht gedeutet oder wenigstens applicirt werden / auf die Scheidung deß HErrn Christi am Kreutze: weil es /wie man vermeynt / um die Zeit seines Leidens und Sterbens / oder vielmehr in der Nacht / nach seinem Scheiden / sich begeben: in Betrachtung / daß Pan zwar für einen Hirten-Götzen / von den Poeten / ausgegeben worden; die Philosophi aber Dominum universitas, den HErrn aller Dinge / darunter verstanden.

Ich schätze aber gar nicht für glaublich / daß GOtt / auf solche tunckle Weise / durch gute Engel / die Scheidung habe den Heiden wollen verkündigen lassen / und zwar unter dem Namen eines heidnischen Abgotts. Daß die böse Engel so ehrerbietig / von dem gekreutzigtem HErrn / sollten geredet haben / Magnus Pan mortuus est, der grosse Pan ist gestorben; gläube ich noch weniger: Es mögte dann / dieser arglistiger Meynung von ihnen geschehn seyn / daß die Wunder der Sonnen-Finsterniß / und deß Erdbebens / so zur Zeit deß Leidens und Sterbens Christi geschehen; weil sie weit und breit erschallen / und ruchbar werden dürfften / mögten in einen Mißverstand / bey den Heiden / verfallen / und nicht für eine Bezeugung dessen / daß der HERR aller Herren gestorben / sondern daß der Hirten-Götz / Pan / verblichen / aufgenommen werden.

Es gefällt mir auch nicht übel die Ausdeutung /welche ein Römisch-catholischer Scribent drüber verfügt; nemlich weil die Teufel / und Fürsten der Finsterniß / ihre / vor Christi Geburt / in der Welt ausgebreitete / Herrschafft / Ansehn / [499] und Großmachung /nach der Menschwerdung und Kreutzigung Christi /gewaltig eingebüsst / und sie / von dem Fürsten deß Lichts und Lebens / im Triumph gefangen geführt worden; so hetten sie sich lieber für sterblich und würcklich-gestorbene / als für bezwungene geachtet wissen wollen. Massen dann Plutarchus diese Geschicht deßwegen anziehet / daß er den Wahn / als ob etliche Götter / zumal die Fauni, Satyri, und Panes, sterblich wären / und zuletzt mit Tode abgingen /mögte bestetigen.

In der Asiatischen Tartarey / ligt / zwischen Ost und West / eine grausam-grosse Wildniß und Wüsteney / so man / nach der Stadt Lop / die Wüste Lop nennet. In selbiger Wüsten findet man weder Laub noch Gras; sondern einen unfruchtbaren traurigen Boden / welcher sehr bergigt / und an denen Orten /wo er eben / mit Sande so tieff bedeckt ist / daß man dadurch waten muß. Und weil sie also / mit keiner Weide / versehn; wird sie auch / weder von Thieren /noch Menschen / bewohnt.

In solcher entsetzlichen Wüsten / sihet / und hört man / bey Tage / und noch viel öffter / zu Nachts /mancherley Teufels-Gespenster. Dannenhero sich die reisende Handelsleute sehr wol müssen fürsehn / daß sie nicht zu weit von der Gesellschafft abweichen /vielweniger Einer allein / von denen Ubrigen / sich abreisse / oder etwas ferrn zurück bleibe. Denn wann Jemanden die Hügel und Berge seinen Gefährten aus dem Gesicht gebracht; so wird er sie nicht leichtlich wieder finden: Sintemal allda die bösen Geister der[500] Stimme der voraus gehenden Gefährten nachaffen /dem zuruckgebliebenem damit ruffen / und zwar bey seinem Namen. Wodurch er dann / vom rechten Wege ab- und ins Verderben verleitet wird.

Vielmals lassen sich daselbst / in der Lufft / Trummel und Heerpauken / bißweilen auch musicalische Instrumenten / hören. Weßwegen diese Wüste überaus gefährlich ist zu reisen. 3

Daß die böse Geister bißweilen gern / in öden und wühsten Oertern / hausen / aus einem Abscheu für dem Gebet und frommen Wandel etlicher Christen /schliesst man nicht unfüglich auch hieraus / daß sie /wann heilige und gottselige Leute sich an dergleichen Oertern / um daselbst desto unverhinderter GOtt zu dienen / wohnhafft nidergelassen / aus Feindseligkeit und Haß selbige Gegend quitirt haben.

Dessen giebt Beda ein Beyspiel / in seiner Engländischen Histori. Die Insel Lindis war eine Behausung vieler bösen Geister / zudem ungebaut / von allen Bäumen / Früchten / und andren Gewächsen / gantz ungeehrt / 4 überdas gantz arm und Mangel-reich an Wasser. Als aber der gottsfürchtige Cudberecht dahin gezogen; um daselbst ein streng- und heiliges Leben zu führen: seynd gegentheils die Teufel hinaus gezogen / und anderswohin gewandert. Denn wie [501] ein guter kräfftiger Geruch / und häßlicher Gestanck / einander vertreiben; also werden die verfluchte Geister verdrungen / wo fromme christliche Seelen hinkommen; es sey dann / daß zu Bewehrung ihres Glaubens / standhafften Vertrauens / und Unterhaltung der Gedult und Demut / bißweilen die boßhaffte Gespenster / an dem Ort / wo ein Gottsfürchtiger lebt / auf GOttes Verhengniß / noch eine Zeitlang beharren. Es ist hierauf / nachdem die unreine Geister das Land verlassen / selbiges / von den Knechten GOttes / bewohnt / gebauet / und / auf ihr fleissiges Gebet / mit gesunden Spring-Quellen / und Früchten / gesegnet worden. 5

Manches Mal begiebt sich aber auch wol das Widrige / nemlich / daß / wie allererst gesagt / die Teufel solche Oerter / da sie bißhero ihr Bleibens gehabt /nicht gleich verlassen; sondern noch wol ärger / eine Zeitlang / bewüten / und sich gewaltiglich sträuben /wider Gott-ergebene Einkömmlinge: ob sie gleich denselben nichts angewinnen können / sondern auch allerdings alsdann / wann sie zu gewinnen scheinen /verlieren / und / wann sie trotzen / verzagt sind. Cum altiori vitâ proficimus, maligni spiritus, qui semper bené agentibus invident, nobis inferiores sunt, spricht Gregorius. Wenn wir / mit unsrem guten Wandel / es höher bringen / seynd die bösen Geister / die unser Wolverhalten immerzu beneiden /schwächer als wir. Er setzt aber / bald hernach /dazu: Nec unus spiritus malus Electorum singulis, sed innumeri [502] deputantur, ut de consecuta eorum victoria tantò sit copiosior fidelium gloria, quantò eis irrogata fuerint prælia graviora. Es werden jedwedem Auserwehltem nicht nur einer / sondern unzehlich-viel böse Geister bestimmt: auf daß die Glori der Gläubigen desto häuffiger sey / wann sie / über solche Menge der Geister den Sieg erhalten / je schwerere Kämpffe und Treffen ihnen verord net seynd. 6

Daher vermeynen Etliche / geschehe es / daß sich die Menge der Teufel / an solchen Orten / offt mehr hören lasse / wo keine Leute seynd / die nach der Teufel Willen und Gefallen leben; ob gleich der Frommen daselbst / wo die Gespenster hausen / nur wenig beysammen wohnten: wo aber die böse Geister viel Menschen antreffen / die ihnen gehorchen / daß sie sich daselbst nicht sehen lassen / oder kaum gespührt werden: weil sie sich damit begnügen / daß man nur ihren Willen thut / und alsdann sich still halten.

Aber daraus lässt sich keine beständige Gewißheit /ja kaum eine starcke Vermutung / machen / daß die unreine Geister viel mehr poltern und rumoren sollten da / wo gottselige / als / wo gottlose Leute / leben. Denn das Gebet der Gläubigen ist der Rauch / so diese Hummeln vertreibt: Und wo solcher edler Rauch häuffig aufsteigt / da pfleget es diß höllische Geschwürm nicht lange zu machen; sondern sich bald an andre Oerter zu retiriren. Säue wühlen lieber / auf einem Misthauffen / weder unter den Lilien und Rosen / herum. [503] Darum glaube ich gäntzlich / wo viel Christen-Leute beysammen / da könne deß Satans Rotte nicht lange dauren. Massen man auch viel Exempel zu Zeugen hat / daß solche Wohnungen / so vordem ein Aufenthalt der Gespenster gewest / rein und befreyt worden / so bald eyfrige Christen dieselbe bezogen.

Doch giebt es hierinn Absätze. Denn wann irgend ein unruhiger Geist / von den heiligen Engeln / in die Wüsten bannisirt und verwiesen ist / und hernach etwan einige fromme Leute / zur Zeit der ersten Kirchen / aus Andacht / und Welt-Flucht / oder auch sich / für Verfolgungen / zu verbergen / daselbst ihren Aufenthalt gesucht; so kann erst-erzehlter Spruch Gregorii wol stat finden / und erfüllet werden; nemlich daß die Gespenster solchen Einsam-lebenden viel Unruhe machen / und es ihnen / von GOtt / auch zugelassen werde: mit die Frommen ihnen desto rühmlicher mögen obsiegen. Denn die Einsamkeit und verlassene Abgelegenheit der Oerter macht gemeinlich dem Satan ein Hertz / und bildet / ihm ein / er werde solchen frommen Leuten desto mehr Schreckens einwerffen / je weiter sie die Gemeinschafft andrer Leute von sich geworffen und entfernt haben: er werde ihnen /wann bißweilen Einer oder Andrer aus ihrem Mittel /allein hie oder dort in der Einöde wandelt / desto leichter beykommen mit Furcht und Kleinmütigkeit /je weiter sie von menschlicher Hülffe und Beystande entsessen sind.

Uberdas halten sich die verworffene Engel / an solchen unleutsamen Orten / häuffiger beysammen / als an volckreichen. Denn wo sie wenig [504] oder nur eintzelne Leute finden / und zwar in solcher Gegend / die ihnen den Teufeln nemlich / von den heil. Engeln /gleichsam zu einem Verhafft / auff gewisse Zeit /etwan angewiesen ist / da zerstreuen sie sich nicht so voneinander / als wie in bewohnten Oertern / da ein Teufel dieses / der andre jenes Haus umher beschleicht / und sucht welchen er verschlingen möge. Weil nun / an einsamen Oertern / sonderlich in Wüsteneyen / entweder nur wenig / oder gar selten / Menschen leben / daran diese Feinde menschliches Geschlechts sich versuchen könnten / und sie dennoch gleich unruhige / fürwitzige / und ehrsüchtige Geister sind / die immerzu gern Schaden thun mögten: setzen sie alsdann daselbst / an so unmenschlichen Orten /mit Raht und That List und Versuch / wider die wenig daselbst befindliche Menschen / desto öffter und stärcker an / je langweiliger ihnen allda die Zeit wird.

Aber wann solche wenig Personen sich gleichfalls daselbst / mit gläubigem Gebet / und aller Gottseligkeit / wider sie verbinden; müssen sie doch gleichwol zuletzt / mit Spott und Schanden / abziehen / und sich von ihnen heben / ja wol gar selbige Gegend räumen /und eine andre suchen.

Welches doch nicht eben also auffzunehmen / als bliebe hernach gar kein böser Feind mehr / um solche sieghaffte Christen: denn diß gantze Leben ist doch eitel Versuchung: darum können dennoch wol einige Versucher / heimlich herum schleichen / und auf ihren Wandel / Achtung geben. Sondern / durch offentlichen Schrecken sie weiter anzufechten / wird ihnen nicht mehr erlaubt: und haben sie selbst auch keinen Magen mehr dazu; weil [505] es nur für sie / spöttlich zu letzt ablaufft. Darum sie alsdann / um das ihnen verhasste Gebet / und nüchternes gottseliges Leben / als den Dorn ihrer (geistlichen) Augen / nicht mehr anzusehn / lieber sich auch von ihnen entfernen; doch aber / nach einiger Zeit / als rachgierige / und unermüdete Feinde / wieder umkehren / und auff Gelegenheit lauren / ob sie Macht und Verhengniß überkommen mögten / ihre schreckende Anfechtungen zu wiederholen.

Man lieset / beym Gregorio Turonensi, daß die zween Gott-ergebene Brüder / Lupicinus und Romanus / in der Lorensischen Einöde / ein strenges Leben geführt / und sich / mit nichts / als mit den Wurtzeln der Kräutern / getractirt. Welche Lebens-Strengheit den bösen Geistern sehr verhasst gewesen: deßwegen sie täglich / nach selbigen frommen Leuten / mit Steinen geworffen: sintemal so offt sie / ihrer Weise nach / auf die Knie gefallen / GOtt / mit einem andächtigem Gebet / (anzuruffen) alsofort / ein gantzer Stein-Regen auff sie angefallen; also / daß sie offt verwundt / und grossen Schmertzen darob gelitten: Doch sey endlich durch ihr beharrliches Gebet / dieser Feind überwunden / und von dannen gäntzlich zu weichen /gedrungen worden: gestaltsam sie hernach das Ubrige ihres Lebens / in selbiger Einsamkeit / gottselig / und ohne weitere leibliche Anfechtung von solchen Gespenstern / zurück gelegt. 7

Also muß der Satan / wider sich selbsten / streiten /indem er die / welche GOtt lieben / bestreitet; [506] und /indem er sie zu drucken trachtet / sich selbsten unterdrucken. Wann er nach den Frommen mit Steinen /zielet / trifft er seinen eigenen Schlangen-Kopff / und sie werden ihnen zu Edelgestein verwandelt / durch einen standhafften Glauben.

Fußnoten

1 Joannes Curopalates in Compendio Histor. fol. 43.

2 Lib. 5. de Præparat. Evangel. c. 9.

3 M. Paul. Venetus lib. 1. c. 44.

4 Denn die Fruchtbarkeit ist deß Feldes Ehre: darum Laub / Gras / und Früchte / im Lateinischen ruris & veris honores getitulirt werden.

5 Beda lib. 4. Hist. Angl. c. 28.

6 Gregor. in Reg. c. 7.

7 Gregor. Turonensis in vita SS. Lupicini & Romani.

57. Die kundschafftende Mucke

LVII.

Die kundschafftende Mucke.

Der stoltze Schand-Geist / Lucifer / hat jederzeit / den Wahn / unter den Heiden / auszubreiten / grosse Mühe angewandt / als ob ihm alle Dinge kund wären: damit er die Glori der Allwissenheit / als einer Göttlichen Eigenschafft / erwerben / und folgends für einen Gott angebetet werden / mögte. Gestaltsam er / zu dem Ende / die Oracula oder Antworten aus den Götzenbildern auf die Fragen der Ungläubigen / vormals eingeführt / dazu auch noch / bey vielen Heiden / in Asia / Africa / und America / unterhält. Denn hiedurch hat er die arme Verblendten / in ihrem geistlichen Sclaventhum / desto fester verstricken / und sein Reich über sie befestigen können. Weil ihm aber der Ausgang aller Sachen nicht bewusst: hat er seine Raht-Frager vielmals / mit tuncklem und Rätzel-artigen / oder zweiffelhafften / und zweydeutigem Bescheide / trüglich abgefertigt.

[507] Es verhindern ihn / neben Andren / an einer unfehlbaren Wissenschafft und Vorwissenschafft menschlichen Glücks / und bevorstehender Ausgänge / diese dreyerley: Erstlich / daß er nicht Hertzen und Nieren prüfen / noch den innersten Grund der Gedancken gründen kann / wie GOtt. Denn ob er gleich bißweilen / ja gar offt / auch eines Menschen Gedancken wol weiß; hat er doch solches nicht / wie GOtt / aus einer natürlichen Allwissenheit / die von Ewigkeit her ist; sondern allein aus seiner natürlichen Scharffsinnigkeit / Mercksamkeit / oder genauer Beobachtung gewisser Merck- und Kenn-Zeichen / daraus er gleich mit einem Blick / ergreifft / wie / der Vernunfft nach / die Sache lauffen werde / oder was der Mensch vermutlich bey sich selbsten dencke / und gesonnen sey. Wo aber solche Merckzeichen sich nicht eräugnen; so hat er auch keine Kenntniß menschlichen Gedanckens; als den er unmöglich anders / ohn bey einer oder andrem Würckung / oder kundbaren Beschaffenheit / oder scheinbaren Vermutung / abnimt. Wo derhalben solcher Zeichen keine ihm vorkommen / da versteht er /von deß Menschen Gedancken / wie auch An- und Ausschlägen seines Vorhabens / so viel / als wie ein Spion von den Einfällen / die ein hoher Potentat annoch keinem eröffnet / noch seinem eignem Hemde vertrauet hat.

Die zweyte Hinderniß besteht hierinn / daß GOtt ihm auch nicht ein Mal Alles zu wissen / oder zu erfahren / verstattet / was er sonst noch wol könnte /durch gewisse Mutmassungen / oder Gemercke / ausspühren; sondern ihm vielmals seinen [508] englischen Verstand-Blick anhält / daß er diß Mal nicht sehen kann /was er ein anders Mal wol sehen könnte. Gleichwie er damals / als der Stab Moses / aus dem Staube Läuse erweckte / solches nicht nachthun kunnte; da ihm doch sonst / dergleichen Ungeziefer / vermittelst Zubereitung natürlicher dazu gehöriger Mittel / hervor zu bringen / ein andres Mal gar wol möglich fiele / so es GOtt zuliesse. Kann er Ratzen Mäuse und Frösche / aus gewisser / dazu geschickter / Materi / auf gewisse Art / zu wege bringen / warum nicht auch Läuse? Hette er doch nur dem Pharao / und seinen Leuten / eine Blendung / vor den Augen / machen dörffen / und einbilden / als sähen sie Läuse / (wie denn Etliche dafür halten / daß er auf solche Blendungs-Weise die Schlangen nachgeafft habe) ob er gleich würcklich keine erweckt hette. Ja er hette nur /unsichtbarer Weise / von denen Läusen / die Moses erregt hatte / einen Theil auffraffen / und nachdem seine Zaubrer auch in den Staub geschlagen / dieselbe alsdenn wiederum sichtbar werden lassen können; da es denn das Ansehn würde gewonnen haben / als hetten seine Diener / die Zaubrer / solche Läuse gleich jetzo / auff den Streich deß Stabes / allererst hervor gebracht. Aber weil der Finger GOttes ihn / an einem so verächtlichem Ungeziefer / zu Schanden machen wollte; kunnte er / bey dieser hochwigtigen Gelegenheit / nicht thun / was er vermutlich / bey andrer / und ausser solchem Wett-Streit mit dem Finger GOttes /gar wol und leicht hette geleistet; wiewol dennoch nicht / aus Krafft einer Schöpffung / wie der Schöpffer; [509] sondern durch die / ihm wolbekandte / natürliche Hervorreitzung derer in der erschaffenen Natur albereit verborgenen / und dazu füglichen Kräffte /(applicando scil. activa passivis, wie die Schulen reden.)

Gleichwie nun damals ihm seine Geschicklichkeit zur Ungeschicklichkeit / unn das Licht seiner Scharfsinnigkeit vertunckelt worden: also verbindt GOtt ihm / bey mancher Gelegenheit / die Augen seines Verstandes / daß er bißweilen nicht weiß / oder begreifft /was er sonst gar leicht wissen oder begreiffen könnte /nemlich durch mutmassen / und errahten. Denn GOtt kann ihn / auch in den allerschlechtesten und leichtesten Sachen / gar leicht verwirren / daß er im Zweifel / oder gar in der Unwissenheit / stecken bleiben muß /biß es dem Allerhöchsten und Allwissendem gelegen /daß er es wissen mag.

Die dritte Hinderniß ist diese / daß / wenn er gleich / durch Erblickung der auff- und aus einander gehenden Ursachen / gar behände einen Entwurff deß Ausschlags / oder endlichen Ablauffs / bey sich machet; ihm dennoch nicht kund ist / ob GOtt nicht etwan noch / durch diese oder jene Rahtschlüsse der Menschen / einen Strich ziehen / und eine andre Bahn gehn werde; ob er nicht dem Menschen / wie dort dem Sennaherib / einen andren Mut machen / oder sonst etwas drein schicken werde / wodurch die genommene Entschliessung den Krebsgang gewinnen müsse?

Daß er die Gedancken der Menschen nicht sehe /sondern bißweilen nur / wie ein geschwinder und tieffsinniger Geist / errahte; lehret uns der [510] entfallene Traum Nebucadnezars: welchen der Satan seinen Werckzeugen / den Zauberern / nicht einblasen kunnte; weil er ihm selbsten war verborgen / und GOtt vom Himmel allein solches verborgen Ding kunnte offenbaren.

Daher schreibt derjenige Griechische Lehrer / welcher die Quæstiones ad Antiochum verfasst hat: Die Teufel verkündigen solche Dinge / welche sie / wie man wähnt / vorher zeigen können / auff diese Weise zuvor / daß sie es gantz listig erforschen. Zum Exempel / sie sehen offt / als Geister / zuvor /den Regen / welcher / noch bey den Indianern ist; kommen derhalben / in Egypten / mit ihrer Anzeigung / zuvor / und wahrsagen / durch Hexerey oder Träume / es werde eine grosse Uberschwemmung deß Nil-Stroms kommen: und / so machen sie es auch / in andren dergleichen Sachen. Manches Mal liegen sie auch. Will sie Einer darauf erwischen; ersinne er bey sich selbsten / nur eine Frage: als; Wie viel Pfennige muß ich morgen ausgeben: fordre hernach den Wahrsager / oder Zaubrer / zu sich / und frage / ob er wissen könne / was er bey sich habe beschlossen: Da wird er erfahren / daß der Wahrsager-Geist gar nichts drum wisse. 1

Unterdessen lassen doch so viel hundert Erfahrungen uns nicht leugnen / daß der Satan sehr viel menschliche Begegnissen vorher entweder errahten /oder ausspähen könne. Denn es [511] seynd dieser verdammten Geister unzehlich viel / dazu dieselbe / über den gantzen Erdbodem / unter sich ausgetheilt: damit sie Alles / was so wohl in offentlichen / als in gemeinen Wohn-Häusern / wie auch auf dem Felde / im Wald / und auff dem Meer / vorgehet / in heimlicher und unsichtbarer Lausche ligende / wie die Spuhr-Hunde ausspähen / einander im Augenblick zutragen /und auch den Wahrsagern (woferrn es GOtt zulässt /und sie selbst nicht / mit Fleiß / die rechte wahre Beschaffenheit fälschen wollen) entdecken mögen.

Wenn derhalben ein böser Geist / entweder / vermittelst eines Wahrsager-Spiegels / oder auff andre Weise / von Regiments oder privat-Sachen; eine Antwort geben / und nicht / wie er vielmals pflegt / vorsetzlich liegen will; so erfährt er / im Augenwinck /von andren seines gleichen Geistern / die sich / als Spionen und Kundschaffter / an diesem oder jenem Ort / gewöhnlich befinden / was daselbst für Raht-und Anschläge verfasst werden: oder er vermutet / aus Betrachtung mancher Umstände / und Ursachen / was für ein Erfolg daraus entstehn werde. Seynd keine solche Ursachen annoch vorhanden / welche diesen oder jenen Erfolg nothwendig nach sich ziehen müssen; so stellt er die Antwort auf Schrauben / also / daß sie nachmals sich drehen lasse / wie es ihm zur Versicherung der Ehre seiner Vorwissenschafft / am bequemsten kommt.

Manches Mal giebt er auch wol dasjenige / was er seinen Hexen / oder Rahtfragern / verkündigen will /nach Art und Gelegenheit der Sachen / [512] selber an / und bereitet die Gemüter derer / durch welche es verrichtet werden soll / dazu. Zum Exempel: Wann er einen Krieg vorher weissagt; so weiß er schon / daß seine Rott-Genossen / die andre Mord-Geister / in der Stats-Stuben dieses oder jenes ehrsüchtigen Potentaten / die Hertzen der bösen Rathe / aus GOttes Verhengniß / eingenommen / mit blutigen Rahtschlägen; weiß auch allbereit / daß GOtt / über dieses oder jenes Land / welches voller Sünden-Hügel steht / und dessen Missethaten biß an den Himmel reichen / befohlen habe / an die reiffe Laster- und Straff-Ernte /die Hippen oder Sicheln / anzuschlagen / und daß dem Satan verhengt worden / gleichwie vormals den David / also anjetzo diesen oder jenen König zur Musterung / und Rüstung zu reitzen. Er hört auch / als ein genauer Auffmercker / und schneller Protocollirer / was in der geheimen Rahts-Stuben / zumal ehrsüchtiger Statisten / für Stimmen gegeben werden. Also kann er leicht daraus seinen Schluß formiren / wo solche geheime Handlungen hinaus brechen werden.

Gleicher Gestalt wird er andrer besonderer Anschläge / so wider eines oder andren Menschens Leben und Wolfahrt verfasst werden / einträchtig. Denn er stellet / durch heimliches Eingeben / den Handel selber an: und entdeckt es auch wol hernach wiederum (wann GOtt die Vollziehung nicht gestatten will) demjenigen / welchem es an den als hätte gehn sollen.

Solches bezeugt der Verlauff / zwischen dem Langobardischen Könige Cunibert / und etlichen seiner Vasallen. Wovon Megiserus also schreibt:

[513] Im Jahr 695 / erhub sich / im damaligem Hertzogthum Friaul / ein schädlicher Aufflauff. Es war selbige Herrschafft / vor einer guten Zeit /vom Vectar / auff den Landar / und als dieser mit Tode abgangen / auff den Rodoald / einen fürnehmen und edlen Longobardischen Fürsten / kommen. Als aber auff einen Tag / in diesem Jahr /der Hertzog Rodoald von der Stadt Friaul (heutiges Tages Cividat de Austria genannt) abwesend war; hat ein Longobardischer Herr / so von der Veste Reumen herkommen / hiezwischen das Hertzogthum angefallen / und solches / ohne des Königs Cuniperts, welcher über die Longobarder herrschte / Verwilligung in seinen Gewalt bracht. Wie aber dessen Rodoald verständiget worden /hat er sich über diesem Handel fast entsetzet; ist doch alsbald in Histerich kommen. Daselbst saß er zu Schiffe / schiffte von dannen / auf dem Adriatischen Meer / gen Ravennon; und von dannen flohe er gen Pavia / zu dem Könige Cuniperto. Und war Ausfridus, an diesem noch unvergnügt /daß er das Hertzogthum Friaul erlanget hatte: Denn er geriet in solche Hoffart und Blindheit /daß er nicht allein von dem König / abgefallen; sondern gedachte auch das Königreich zu erlangen. Doch währte solcher Hochmut nicht lange: Denn als er sich ernstlich nach Kriegsvolck umgesehen / und damit gleich ausziehen wollte; hat ihn der König / zu Verona, ergriffen / wegen seiner [514] Mißhandlung ihm seine Augen ausstechen /und ins Elend verweisen lassen.

Darnach / von dieser Zeit an / hat Aldo, des Rodoaldi Bruder / das Hertzogthum erlanget / und ist demselben sieben Jahre vorgestanden. Es hat aber König Cunipertus diesen Hertzog Aldonem, und seinen Bruder Grausonem, in grossem Verdacht gehabt / als ob sie ihm nach dem Reich stünden; derowegen er ihm fürnahm / sie tödten zu lassen. Und damit er solches in mehrer Stille und geheim hielt / vertrauete er es allein einem seiner Leib-Trabanten. Wie nun an einem Tage Aldo und Grauson, ihrem Brauch nach / zu dem Könige giengen / und deme auffwarten wolten; sind sie / aus sonderbarer Schickung GOttes / von einem unbekannten Menschen / treulich gewarnet worden / daß sie sich für dem Könige mit Fleiß fürsehen sollten / als welcher nun ein böses Gemüht gegen ihnen gefasset hätte / und mit ihnen nicht wol zufrieden wäre. Auf welche Warnung /sie beyde alsbald / ihre Gesundheit und Leben zu erhalten / in den Tempel zu dem Altar S. Romani; so zu nechst an der Hand war / gelauffen kamen /und daselbst vermeynten / ihre Freyheit zu finden. Welches als es der König / verstanden; gedachte er nicht anders / als wann ihnen sein Vorhaben / und Rahtschlag / von dem obgenannten Trabanten wäre entdeckt worden. Drüber er sich sehr erzürnet / auch den Leib-Trabanten übel angefahren [515] und gestrafft / daß er also freventlich sein Geheimnuß ausgeschwätzet hätte. Wie es aber der Trabant starck widersprochen / und zu einer rechtmässigen Entschuldigung fürwandte /daß er immerdar bey dem König gewesen / und mit ihnen zu reden keine Gelegenheit gehabt / derowegen er von seinem Könige unfüglich beschuldiget würde: Ließ der König fleissig von Aldone und Grausone erkundigen / woher und von wem sie doch seinen geheimen Willen erfahren hätten. Sie zeigten dem Könige an / daß sie dessen / von einem lamen Menschen / der ihnen unversehens entgegen gekommen / wären unterricht worden. Als solches der König gehört / hielt er dafür und glaubte; daß es gewißlich ein Geist / und kein Mensch wäre gewesen. Aus dieser Ursach / würdigte er sie hinwiederum seiner Freundschafft. 2

Wir haben dieses bishero / mit deß Megiseri eignen Feder / erzehlt: die sich hierinn auff Paulum Diaconum, und Carolum Sigonium, beziehet; aber gleichwol das denckwürdigste davon auslässt / darum es uns allhie zu thun ist / auch die Sache / so unfleissig und unvollkömmlich vorbringt / daß sie drüber schier gar eine andre Gestalt gewinnt / nemlich / als ob / sothane Entdeckung den beyden / in Lebens Gefahr schwebenden / Brüdern / von GOtt / durch einen Engel / und nicht vielmehr / durch ein Gespenst /Warnungs-Weise / erröffnet [516] wäre. Gleichwie er auch sonst / in der Histori / einige Fehler begeht: deren etliche ich beyläuffig vorher verbessern muß / durch richtigere und völligere Erzehlung dieser Geschicht /bevor ich dieselbe / zu unsrem Zweck richte.

Erstlich wird man beym Diacono, nicht finden /König Cunibert (das ist Kuhnbart / oder vielmehr so viel / als Königsbart) habe die beyde Gebrüder Aldonem (welcher sonst / beym Diacono Ado benamset wird) und Grausonem, in Verdacht gezogen / als ob sie ihm nach dem Scepter strebten: Sondern daß sie vormals / wider ihn / sich mit seinem Feinde / eingelassen / und allbereit Pardon erhalten. Wir wollen den Ursprung kürtzlich erörtern.

Als der Langobarder König / Partarithus / für dem Grimoald / Hertzogen von Benevent / der sich zum Longobardischen Könige auffgeworffen hatte /von einem Reich ins andre fliehen musste / und endlich / aus Franckreich / nach England / zum Könige der Britannier / die nunmehr von Sächsischen Fürsten beherrschet wurden / segelte / auch allbereit ein ziemlich-Stück Weges / langst dem See-Strande / fort geschifft hatte: erschallete eine Stimme / vom Ufer /welche fragte: Ob Partarithus / in selbigem Schiffe / sich befünde: Und / als man Ja! antwortete; rieff selbige Stimme abermals: Sagt ihm / daß er wiederum / in sein Vaterland / kehre! Denn es ist heut der dritte Tag / daß Grimoald / aus diesem Liecht / hinweg geschieden. Worauff Partarithus zur Stunde umgewandt / nach selbigem Ufer zu / und weil man daselbst denjenigen / [517] der also geruffen / nirgends erfahren kunnte / geurtheilt / es wäre keines Menschen /sondern himmlischen Botens / Stimme gewest. Daher er auch gleich / von dannen / nach Pavia / gereiset /und allda wiederum / zum Könige / mit Freuden /auffgenommen worden.

Ob solche Stimme eines heiligen Engels / oder vorwitzigen bösen Geists / gewest / kann man nicht gewiß wissen: wiewol es scheint / sie sey / von einem guten / hergekommen.

Nachdem nun König Partarithus sieben Jahre auff dem Thron gesessen; verordnet er / im achten seiner Regierung / den Printzen Cunibert, als seinen Sohn /zum Reichs-Genossen / und hat / nebenst demselben zehen Jahre regiert.

Unter solcher Zeit / stund Alahis / Hertzog zu Trident / auff / wider König Partarithum / und rebellirte demselben. Welcher zwar den Alahis belagerte / aber durch einen starcken Ausfall / zurück geschlagen /und zu fliehen gezwungen worden. Nichts destoweniger ist doch hernach / durch den Königlichen Printzen Chunibert / Alahis / bey dem alten Könige / ausgesöhnt: und als derselbe dennoch / etliche Mal / den auffrührischen Kopff aus dem Mittel schaffen wollen; hat Chunibert / der dem Alahis / von langer Zeit her /sehr hold war / denselben / durch seine Fürbitte /nicht allein / beym Leben / sondern ihm auch die Belehnung mit dem Hertzogthum Brixia (oder Brescie) erhalten.

Nachdem aber Partarithus das Haup gelegt und zur Scheidung geneigt; erhebt sich hingegen der undanckbare Alahis / wider den neuen König Chunibert /henckte an sich den Aldonem [518] und Grausonem, zween Brüder / und fürnehme Bürger von Brixia, nebst vielen andren Langobardern / und nimt das Königreich ein / also / daß Chunibert die Flucht ergreiffen muß /mit grosser Betrübniß der gantzen Klerisey / die einen grossen Patron / und gar gnädigen Freund / am Könige Chunibert / verlohr.

Dieser retirirt sich / auf eine Insel deß Lacus Larii (Lago di Como) oder Comer-Sees: An welchem Natur-festem / und von ihm weiter fortificirtem / Ort /er verblieben; biß die feindselige und tyrannische Regierung deß neu-auffgeworffenen Königs / Alahis /jetztgenannten Gebrüdern / und andren fürnehmen Herrn / einen Verdruß / über solche Tyranney / und ein Verlangen zur Wieder-Einsetzung deß vertriebenen Königs Chunibert / erweckte.

Welches dann / unter andren / diese Begebenheit gängig machte. Der Tyrann / Alahis / zehlte ungefähr ein Mal Geld / und ließ unversehns ein Müntz-Stück davon fallen. Solches hebte deß Aldonis kleines Söhnlein / so eben damals zugegen war / und spielte /auff. Da sprach Alahis (oder Alachis /) nicht meynend / daß das kleine Kind Achtung darauff geben / und es auffassen sollte; diese unbedachtsame Worte: Dein Vater hat übrigs Geldes genug: Und ich hoffe / es soll bald in meiner Gewalt seyn. Wie das Knäblein Abends heimkommt / und der Vater in Schertz fragt /was der König Gutes geredt habe? erzehlt das Kind solche Rede deß Königs.

Aldo (oder Ado) erschrickt darob / denckt der Sachen weiter nach / beredt sich hierauf / mit [519] seinem Bruder / und etlichen vertrauten Freunden / in geheim; macht hernach den Alahis / mit einer angenommenen Schein-Treu / gantz sicher / ihm rahtend / er solle guter Dinge seyn / und sich mit der Jagt ergetzen; indessen gedencke er / nebst etlichen guten Freunden /dahin zu trachten / daß deß Cuniberts Haupt ihm / innerhalb wenig Tagen / geliefert werden möge.

Indem solches der Tyrann gläubt / und auf die Jagt reitet; macht sich Aldo auff / mit etlichen seiner Eyd-Genossen (oder Conjuranten) nach der Insel; bittet den König Kunibert fußfällig / um Verzeihung / und verspricht demselben Befordrung / zu seiner Wiedereinsetzung.

Hierauff wird / an einem abgeredtem Tage / Cunibert / zu Pavia / mit allgemeiner Frohlockung / bewillkommt / und dem Alahis / durch einen Currier /spöttisch angedeutet / Aldo und Grauso hetten ihr Wort gehalten: es sey nicht nur der Kopff / sondern auch gantzer Leib deß Cuniberts zu Pavia (da die Königliche Residentz war) gegenwärtig.

Ahalis erschrickt; ermuntert sich doch bald / und bringt eilends ein Kriegs-Heer auff / so wol / als König Cunibert. Dieser bot ihm ein Duell an / so damals / bey den Longobardern / sehr üblich war: aber Jener wollte nicht daran; sondern lieber eine Schlacht liefern: Welche er / und das Leben dazu / einbüsste. Dem Leichnam wurden Kopff und Beine abgehauen /der Rumpff aber Thieren und Vögeln vorgeworffen.

Als nun König Cunibert wiederum in guter Ruhe saß; kunnte doch seine Rachgier annoch nicht ruhen /noch dem Aldoni und Grausoni, das [520] Verziehene vergessen: besprach sich derhalben / mit Einem seiner vertrauten Ministern / wie man diese beyde Brüder nunmehr mögte / andren zum Exempel / abstraffen /und deß Lebens berauben. Daß aber solcher Vertrauter / mit dem Er es abgeredet / solte ein Trabant gewesen seyn / wie Megiserus setzt / ist falsch. Diaconus nennet ihn Stratorem, welches eigendlich einen Stallknecht bedeutet / und gleichfalls auch einen Wegbereiter / der voraus zu reiten pflag / vor der Armee / um die Wege / dadurch der Marsch gehen sollte / zum Durchzuge zu bequemen. Weil aber Diaconus kein gar guter Lateiner / noch Griech / ist; vermeyne ich /Strator solle / bey ihm so viel zu bedeuten haben / als Πρωτοςράτωρ: welches einen Ober-Marschall (oder Kron-Marschall) und zugleich Ober-Stallmeistern /bedeutete. Denn einem blossen Stallknecht / so wigtigen Handel zu vertrauen / wäre eine sehr unwitzige Anstalt. Uber ein so fürnehmes Blut / pflegt man keine so geringe Pursch zu Raht ziehen / ob es rahtsam / daß es vergossen werde / oder nicht; sondern die geheimste Räthe und Stats-Bediente. Derhalben ist vermutlich / König Cunibert habe seinem Ober-Stallmeister und Hof-Marschall diesen Handel vertraut / und sich / bey demselben / Rahts erholt / wie am füglichsten / und kürtzesten / dieses Vorhaben zu vollziehen wäre / damit nicht etwan eine Unruhe /oder Empörung / daraus quellete / noch Aldo und Grauso / wann sie etwan im geringsten mercken sollten / was man ihnen für eine Kappen zugemessen /gleichfalls entwischen mögten / wie sie dem Alahis entkommen.

[521] Indem nun der König / in einer verschlossenen Kammer / mit einem seiner geheimtesten Rähte allein / am Fenster steht / und über das Leben besagter beyden Brüder einen tödtlichen Schluß fället; kreucht eine grosse Mucke / an demselbigen Fenster: dieselbe will der König / mit seinem Messer / zertheilen; trifft ihr aber nur ein Bein / welches sie / vor dem Messer /fallen und zurück lassen muß / indem sie ihre übrige fünff Beine / samt dem gantzen Leibe / mit der Flucht salvirt / und das Königliche Messer / welches ihren Kopff gemeynt / einen Fehl-Schnitt thun lässt.

Fast um dieselbe Zeit deß Tages / machten sich auf die zween Brüder Aldo und Grauso / welche / von dem / was über sie beschlossen / annoch nichts wussten / auch / zu dem Könige / wegen deß ihm neulich-geleisteten stattlichen Dienstes / nichts wenigers / als einer tödtlichen Ungnade / versahen; und wollten /nach dem Königlichen Palast hinauf / gehn / zur Tafel. Da begegnete ihnen / vor dem Burg-Thor / ein vermeynter lahmer Krüppel / der / auf einer Steltzen /ging / und eines Beins beraubt war: dieser warnete /sie sollten nicht hinauf gehn / wann sie anderst jemals wieder von dannen zurück gehn wollten; denn es wäre die Todten-Glocke über ihren Kopff gegossen / und der Schluß gestellet / sich / so bald sie kämen / ihrer zu versichern / und sie hinzurichten.

Solche Warnung liessen sie nicht auf die Erde fallen; sondern flohen alsofort zurück / in die nechste Kirche deß Märtyrers Romani.

Wie König Cunibert / von solcher ihrer Flucht / berichtet wird; meynet er / sein vertrauter [522] Raht / dem er den Anschlag mitgetheilt / habe geschwätzt / und das Geheimniß heimlich entdeckt; verweiset derhalben ihm die vermeynte Untreu gar scharff. Dieser aber bezeugt / mit deß Königs selbsteigenem Wissen / er habe / nach dieser Unterredung / annoch keinen Fuß aus dem Zimmer gesetzt / noch mit einigem andren Menschen seit dem / daß er da vor dem Könige stehe /ein einiges Wort geredt.

Weil dann der König solches selber gestehn musste / und doch auch nicht zu ersinnen wusste / durch was für eine Ritze sein gehaltener Blut-Raht / oder blutiges Geheimniß / mögte durchgeschlupfft / und den beyden Brüdern zu Ohren geflogen seyn: schickte er hin / und ließ fragen / Warum sie sich / an den heiligen Ort / geflüchtet hetten? Sie liessen / zur Antwort /sagen: Darum / weil man ihnen angezeigt / der König wollte ihnen den Kopff nehmen. Dieser sandte wieder hin / und begehrte ernstlich zu wissen / wer ihnen dann solches hette kund gethan? Denn solches müsste er kurtzum wissen; und so sie ihm denselben nicht nenneten / könnte ihnen keine Gnade widerfahren. Hierauf erzehlten sie / daß ihnen ein Krüppel entgegen gekommen / dem ein Bein abgenommen gewest /und / an stat dessen / ihm eine Steltze gedient; welcher ihnen angedeutet / es wäre ein Schluß verfasst /sie ums Leben zu bringen.

Daraus merckte der König alsobald / diejenige Mucke / deren er einen Fuß abgeschnitten / wäre ein böser Geist / und seines Schlusses Verrähter gewest. Gleich damit ließ er ihnen andeuten / sie sollten / auf sein Königliches Wort / von [523] der Kirchen heraus und zu ihm kommen; verziehe ihnen nun hiemit völlig und von Hertzen / und nahm sie auf in seine Gnade; hat auch nachmals ein paar getreuer Ministern / an ihnen /gehabt. 3

Diese Erzehlung Diaconi will zwar dem hauptgelehrtem Welsero, der sie gleichfalls / mit Wenigem /berührt / nicht wol eingehen. Wie diese seine Zeilen deutlich genug anzeigen: Ferunt rem monstri similem, quam ego, ut à Paulo proditam invenio, referam, magis ne præteriisse videar, quàm, quòd in eum modum gestam narranti fidem accommodandam existimem. Das ist: Man erzehlt hiebey eine Sache / so einer Abentheuer gleich sihet: welche ich / so wie sie / vom Paulo Diacono, beschrieben /berichten will: mehr / damit es nicht das Ansehn gewinn / als ob ich sie vorbeygangen / weder / daß ich dafür hielte / man müsste dem / welcher sie /mit solchen Umständen / vorgebracht / Glauben zustellen. 4

Allein ich verwundere mich über solches Urtheil dieses / sonst hochweisen / Manns; daß nemlich derselbe dem Diacono, in dieser Beschreibung / nicht gläuben will; da er doch ihm / und andren Scribenten / wol andre viel schwer-gläublichere Sachen gläubt. Meines Bedunckens / ist gar keine Schwerigkeit /diese Erzehlung zu glauben / in derselben anzutreffen. Denn was ist Bekandters / [524] als daß der Satan sich offt /in eine Mucke / oder Hummel / verstellt? Man frage nur die Schöpffen / und andre Gerichts-Beamte / so der Hexen-Verhör beywohnen / ob nicht offt dergleichen Hummeln / oder Mucken / manches Mal / von den Unholden / hinweg fliegen / wann ihnen die Unempfindlichkeit vergehn soll? Daß der böse Geist bißweilen auch / in Gestalt der Lahmen und Krüppel /erschienen / könnte man eben so wol mit mehr / als einem Exempel / bewehren. Und was ist endlich Gewissers / als / daß er / in den Geheim-Stuben grosser Potentaten / unvermerckt beobachte / was man daselbst vornehme?

Sollte aber vielleicht dieses die Sache verdächtig machen / daß gesagt worden / das Gespenst hette gewarnt: so muß man bedencken / daß auch wol andre Leute / durch Gespenster / für zeitlichem Unglück gewarnet worden: nicht / aus Gunst gegen dem Menschen: sondern entweder auf GOttes Befehl / dem der Teufel / auch wider seinen Willen / gehorsamen muß: oder / aus einem weiterm Absehn eines / darunter suchenden / grössern Vortheils. Weil der Teufel / ohne Zweifel / dem Könige Cunibert das böse Vorhaben selbst eingegeben / und GOTT nicht gewollt / daß es ins Werck gesetzet würde: hat vielleicht der Anstiffter / zur Straffe und Beschämung solches seines Tucks /von oben Befehl empfangen / selbst die Gefährten dafür zu warnen / und also sein eigenes Gewebe selbst zu zerreissen.

Hats GOTT ihn aber nicht geheissen / daß er warnen sollte; so hat der Satan was andres darunter gesucht / und / keines Wegs / aus Mitleiden / [525] die Warnung gethan. Vielleicht ist er etwan / mit einem der beyden Brüder / oder mit Jemanden anders von ihrer Famili / in Bündniß gewest: weßwegen er denselben /zur Beharrlichkeit / in solcher verfluchten Bündniß /dadurch verpflichten / und zugleich / für sich selbsten / eine Hochschätzbarkeit seiner Vorwissenschafft erwerben wollen. Wie dann Lerchheimerus, welcher /in seinen Decisionibus, diese Begebenheit auch anführet / gleichfalls auf solche Meynung kommt. Und giebt es auch exemplarischen Beweises genug / daß solche Warnungen jemaln auch wol / von bösen Geistern / geschehn.

Das Hildesheimische Teuflein / Hudgin / hat Manchen / und damaligen Bischoff von Hildesheim selbsten offt / für Schaden / gewarnet / wie bekandt; aber einen viel grössern Schaden dadurch gesucht. Wenn sich der Teufel vertrau- und freundlich machen will; so ist gewiß eine verdeckte Feindseligkeit vorhanden.

Uns aber dient diese Geschicht allhie / zur Bestetigung obiger Rede; daß nemlich die Weis- oder Wahr-und Vorsagungen deß Satans bißweilen in keiner blossen und scharffsinnigen Mutmassung / sondern auch wol in seiner eigenen Eingebung / Anstifftung /und Anhörung böser Rahtschläge / ihren Grund haben.

Fußnoten

1 Author Quæstionum ad Antiochum, Quæst. 99.

2 Hieronym. Megiser. im 5ten Buch der Kärndienschen Chronic / Cap. 43 / am 420 Bl.

3 Paulus Diaconus de Reb. Gestis Langobardor. lib. 6. c. 3. fol. 31.

4 Welzerus lib. 4. Rerum Boicarum fol. m. 128.

58. Das wütende Heer

[526] LVIII.

Das wütende Heer.

Unter dem wütenden Heer / versteht Mancher insonderheit den gespenstischen Aufzug deß so genannten Treuen Eckards / insgemein aber meynet man / heutiges Tages / damit das Jagt-Geschrey und Gebell der Hunde / so der Teufel / manches Mal / bey Nacht / in den Wäldern / anrichtet. Und in dieser letzten Bedeutung / ist es zu nehmen / was ich jetzt erzehle.

Aus gutem Grunde / wird der böse Feind / in heiliger Schrifft / einem Jäger und Vogel-Beitzer verglichen / der dem Wilde und Geflügel Stricke und Garnen legt. Seine Versuchungen seynd Netze / und Lock-Körner / womit er die unfürsichtige Seelen zu fahen bemühet ist. Und wie ein unverdrossener Jäger /weder Hitze / noch Kälte / scheuet / sondern Tags und Nachts dem Wilde nachstellet / auch / ob er gleich etliche Mal mit ledigem Garn heimkehren muß / dennoch bald wiederkommt / dem Fange obligt / und lauschet: also / wann schon der geistliche Jäger bißweilen mit seinen Pfeilen einen blossen schiesst / und fehlzielet / und seine aufgespannte Stricke nichts / als leeren Wind / fahen: wird doch seine Unverdrossenheit dadurch nicht abgeschreckt / sondern ermuntert; seine gefährliche Jagt-Lust und Fang-Gierde nicht abgekühlt / sondern allererst heisser entzündet. Die Lufft-Streiche seynd seines Hirschfängers Wetz-Steine / daran sie nur geschärffet [527] werden. Dannenhero der Mensch / die gejagte Hindinn / immerdar alle Tritte beäugen muß; daß er den Schlichen dieses unermüdeten Jägers nicht zum Raube werde; und dem Zeitlichen nicht zu sehr nachjagen / damit er nicht erjagt noch gefangen werde von diesem arglistigem Jäger /der die Sicheren am ersten beruckt.

Ausser solchen unsicheren Jägerey aber / stellet der böse Geist manches Mal auch wol eine sichtbare Jägerey / oder vielmehr ein Affen-Spiel der Jagt / an: den Leuten entweder zum Spott / oder Schrecken; oder auch / daß er sie / zumal wann er sich / in eines Verstorbenen Gestalt / dabey sehen lässt / mit falscher Einbildung / es sey der Verstorbene selbst / der also in den Wäldern herumgehet / und jagt / betriege. Wie dann vor diesem die Dennemärcker geglaubt / der Geist ihres ruchlosen Königs Abel ritte / in den Wildnissen / und einig-andrer Orten / auf der Jagt sichtbarlich herum; da es doch ein Aufzug deß Teufels gewest.

Man versichert / daß er manches Mal auch wol etlicher annoch lebenden Personen Gestalt / und Weise zu jagen / gar lebhafft vorstelle.

In meiner Jugend / ward solches / in einem gewissen Lande / von einem hochbegüterten alten Cavallier / der seinen Unterthanen sehr übel / unchristlich / und tyrannisch / mitzufahren pflag / gar starck geredet; nemlich daß man / da er noch lebte / gar offt / in den Wäldern / sein Ebenbild erblickte / daneben auch seine Stimme gar kenntlich schreyen hörte. Ob der blosse und allgemeine Haß seiner Wüte / oder die Warheit / solches Gerücht [528] ihm erweckt habe / kann ich nicht wissen: so viel aber ist meiner Gedächtniß noch bekandt / daß er über die Masse gern zu jagen /und die arme leibeigne Leute damit gnug abzumatten / pflag: wann sie aber / aus Ungedult / davon / in andre Länder / entfliehen wollten / und / durch seine Nachsetzung / wieder erhaschet worden; hat er sie sehr übel tractirt.

Es sey nun gleich solche gespenstische Erscheinung seiner Person / auf der Jagt / eine Geschicht /oder Geticht: so glaube ich doch gar gern / GOtt lasse dergleichen Fürstellung dem Satan offtmals zu / solchen Leuten zum Spott / die ihr Hertz / mit dem Jäger-Netze / gantz verstrickt / hingegen das Band der Liebe / gegen ihren geplagten Unterthanen / gäntzlich zerrissen; den Wald mehr / als den Himmel / verlangt; ein Wild höher / als GOtt / und sein Wort / geschätzt haben; gleich jenem Edelmann / von welchem Johannes Rist erzehlt / daß / als man ihn / in seinem Letzten / ermahnt / sich / mit dem Zehr-Pfenning deß heiligen Abendmals / zu versehen / und GOtt / durch ein bußfertiges Gebet / zu empfehlen / er / auf sein gut Holsteinisch / geantwortet / Ja ja! dat kümt noch wol! (Es hat noch gute Zeit damit!) hingegen alle seine Jagt-Hunde herbey holen lassen / und nachdem dieselbe / ihrer Weise nach / ein grosses Jagt-Geheul und Gebell angefangen / mit gefaltenen Händen / seines Theils gar beweg- an Seiten der Umstehenden aber gantz lächerlich / gesprochen: Och du lewe GOtt! welck een arm verlaren Hüpken hinderlat ick! (Ach du lieber GOtt! welch ein arm- und verlohrnes [529] Häufflein hinterlasse ich!) und also mehr für seine Hunde / als für Seel und Seligkeit / Weib und Kind / gesorgt. Von dergleichen Jagt-verpichten /ruchlosen Personen / sage ich / steht gar leicht zu glauben / daß der Teufel / nach ihrem Tode / ihr Gedächtniß / in den Wäldern / offt begehe / ihrer Gestalt und Jagt-Manier nachaffe / und die Leute dadurch erschrecke.

Es ligt / ein paar Meilen / von hiesiger Stadt / ein grosses Dorff / und allernechst daran ein Wald. Daselbst musste ich einsmals / auf der Reise / im Wirtshause / übernachten. Als ich nun / nach dem Abend-Essen / mich / ungefähr um halb zehen / schier zur Ruhe legen wollte / und mit meinem Reis-Gefährten am Fenster stund; erhub sich / in dem Walde / ein überaus lautes Jagt-Geschrey / Gebell / und andres Getümmel / nicht anders / als ob man / in vollem Hetzen / begriffen wäre. Und solcher Jagt-Lärm wärete schier / meines Erinnerns / eine halbe Stunde; schallete bald lauter / bald gelinder / oder leiser / bald näher / bald weiter: biß er sich endlich gar tieff / in den Wald hinein zu ziehen / und zu verlieren / schien. Ob es hernach / da ich allbereit schlieff / nicht wieder angefangen zu jagen / kann ich nicht wissen.

Deß Morgens berichtete uns der Wirth / daß es /um den Neu-Mond / (der damals eben im An- und Eintritt war) allezeit sich also hören liesse.

Diesem nach glaube ich / seit dem / um so viel leichter / was der Theologus, Doctor Müller / in seinem Informatorio, gedenckt / daß ein Fürstlich-Mecklenburgischer [530] Secretar ihm erzehlt habe / er hette sich einsmals / im Walde / dergestalt verirrt /daß ihn die Nacht daselbst befallen / und sich / bald hernach / ein grosses grauerisches Geräusch und erschreckliches Getümmel / als gleichsam einer starcken Jagt / von weitem hören lassen: weßwegen er eilends abgestiegen / sein Pferd an einen Baum gebunden / unter dem nechst dabeystehendem sich auf die Erde gelegt / und in seinen Reis-Mantel gewickelt: Da dann endlich das (so genannte) wütende Heer näher gekommen / mit einem entsetzlichem Jagt-Getös / Gehetze und Geheul / hart neben ihm vorbey getrabt /ohn einige Berühr- oder Verletzung seiner Person.

Zu Tours in Franckreich / spricht man / König Hugo reite deß Nachts herum / und schmiere diejenige / so ihm begegnen / tapffer ab. Ich vermute / es sey / vor Alters / gleichfalls daselbst der Jag-Teufel / oder das Wütende Heer / bey Nacht-Zeit / umher geritten / und / nachdem solches / mit der Zeit / aufgehört /hernach ein Kinder-Mährlein draus gemacht worden /womit man die Kinder im Zaum gehalten. Nach welchem Gespenst / nemlich deß Hugonis, man die Hugenotten (oder Reformirten in Franckreich) endlich benamset hat: Massen solches dieser Bericht Thuani bezeugt:

Wie / in jedweden Städten / der Gebrauch / daß man die Kinder / und einfältige Weiblein / mit allerley ertichteten Abentheuren / Gespenstern / und Polter-Geistern / schreckt: also spricht man / zu Tours, daselbst reite König Hugo, zu Nachts / um die Stadt-Mauren / schlage die Leute / so ihm begegnen / [531] oder raffe sie gar hinweg. Solchen Namen hat man hernach / von solchem Gespenste / den Reformirten in Franckreich angehenckt / und Hugenotten benamst: weil sie gleichfalls / bey Nacht / zur Predigt / und zum Gebet /sich versammleten; indem sie es / bey Tage / nicht durfften wagen. 1

Wiewol / von dem Ursprung solches Namens derHugenotten / unterschiedlich geschrieben wird. Denn Etliche geben aus / das Wort Huguenots (oder Hugenotten) sey daher entsprossen / daß sie sich deß Königs / und Königlichen Geblüts / von Hugone Capeto her / angenommen / und solches defendirt haben. Andre sprechen; als die Faction zu Amboise gestillet /oder vielmehr / im Jahr 1559 offenbart worden / da habe ein junger Teutscher / damals gefangener / Edelmann / nachdem ihn der Cardinal von Lothringen vor sich bringen lassen / und wegen der Conspiration befragt / in Lateinischer Sprach geantwortet: Huc nos, Serenissime Princeps, advenimus etc. Welches die ungelehrte Frantzosen dahin verstanden / als ob er sich einen Hugenotten genennt hette. Solcher Mißverstand ist zwar wol zu glauben; angemerckt / ums Jahr 1581 / in Franckreich / über sechs und dreyssig tausend Personen / unter den Geistlichen / so Aemter gehabt / gewesen / deren kaum 150 recht haben Latein reden können; wann anderst dem Verfasser deß alten Büchleins / so le Cabinet du Roy de Françe titulirt und Anno 1581 in Octav gedruckt worden / hierinn sicher genug zu trauen. Allein woferrn [532] sichs / mit besagtem Mißverstande / also verhält; erfolgt daraus vielmehr der Schluß / daß selbiger die rechte Wurtzel deß Namens Huguenot nicht seyn könne. Denn weil die ungestudirte Frantzosen diese beyde einsylbige Worte Huc nos etc. für Huguenot aufgenommen; so muß nothwendig das Wort Huguenot allbereit zuvor bekandt gewest seyn.

Martinus Crusius will diesen Namen / von obgemeldtem Hugone Capeto, herführen; doch / durch einen andren Weg: nemlich / weil die Reformirte beschuldigt worden / als ob sie / von ihrem Könige abgefallen; wie Hugo gethan.

Wiederum ziehen Andre diesen Namen her / vonJohann Hussen; aber / wie mich dunckt / gantz irrig: denn der Nam Huß / und Huguenot stimmen / im Laut / wenig überein.

Viel einen bessern Schein hat es / was Gerlachius, in seinem Türckischem Tag-Buche / aus dem Bericht eines Frantzösischen Mahlers / erzehlt; nemlich der Hugenotten Nam komme her / von einem alten Hause oder Geschlecht: Dann es sey / in einer Stadt / da der König / eine Zeitlang / Hof gehalten / ein Thurn gestanden / darein die von der Religion (das ist / die Reformirten) mit guter Wissenschafft und Zusehen der Hof-Diener / zusammen gekommen / und ihren Gottesdienst verrichtet: Selbiges Haus / Thurn / und Geschlecht / habe deß Hugis Haus geheissen; daher man sie hernach die Hugenotten genannt. 2

[533] Dieses ist etlicher Massen verwandt / mit der Ursach / welche Chytræus, in seiner Sächsischen Chronic / davon anziehet; da er schreibt: Der Hugenotten Nam soll / wie man sagt / im Jahr 1561 erstlich / in Franckreich / zu Tours an der Lovre, aufkommen seyn: da die Leute / so der reformirten Religion anhängig gewest / bey S. Hugons Pforten sich versammlet und zusammen kommen / und daher / von den Bürgern / Hugenotten seynd genennet worden. 3

Unter solcher Manchfaltigkeit der Ableitung dieses Namens / führet die allererste und diese letztere / in meinen Augen / den Preis. Ja ich halte gäntzlich dafür / daß beyde / an seinem Ursprunge / auf gewisse Art /Theil haben. Die allererste Quelle zwar scheint diese zu seyn / so Chytræus angezeigt; nemlich die Zusammenkunfft bey S. Hugons Pforten / in einem Hause /welches hernach / wegen solcher nahen Pforten / von Andren / für ein Haus oder Thurn Hugonis, ausgegeben worden. Weil aber die Römisch-Catholische solchen / von besagter Pforten urspringlich also genannten / Hugenotten Spinnen-feind gewest; haben sie vielleicht / aus verbittertem Eyfer / hernach / mit der Zeit / eine andre Erklährung darüber gemacht / nemlich daß der Nam Hugenott / von dem Gespenst deß Königs Hugonis, herkäme / und nachmals die Reformirten / in solchem Verstande / auch Hugenotten genannt. Gestaltsam auch Camerarius deßwegen diesen Namen von solchem [534] Gespenst herleitet / wann er schreibt / Hugenot (oder vielmehr Hugo) sey ein Gespenst / so sich / zu Orliens, bey Nacht / sehen lasse: daher / wie man vermeyne / die Hugenotten ihren Namen haben sollen. Wiewol Thuanus, für Orliens, Tours setzet.

So muß derhalben / in den alten Zeiten / ein gewisses Gespenst / in Gestalt Hugonis, einige Jahre nacheinander / etwan gejagt / endlich aber sich verlohren haben. Weßwegen die Nach-Zeit / in Franckreich / es für ein Mährlein aufgenommen / und zum Kinder-Schrecken gebraucht. Woferrn sonst nicht diese Meynung / so ich / vors allerletzte / aus einem Frantzösischem Scribenten / erzehlen will / alle die vorhergesetzte überwindet. In der Stadt Genf / ist vormals eine gewisse Religions-Genossenschafft entstanden / welche sich wiederum / im Jahr 1536 / in zweyerley Hauffen oder Secten / zerspaltet; davon man eine dieEignots / und die andre Mammelus geheissen. Aber diese letzte wurden endlich / von jenen / zu Grunde gerichtet / und ausgerottet / also / daß damals die Eignots den Platz allein behielten. Und diese überbleibende waren alle / zu der Zeit / der Römisch-Catholischen Religion beypflichtig. Nachdem aber folgends die Stadt Genf / mit der Stadt Bern / in Bündniß /und gutes Vernehmen / sich begeben; rissen die Religions-Strittigkeiten und Verwirrungen / daselbst gleichfalls ein / und zerrissen die Eigenots zu Genf wiederum in zwey Theile: Eines bestund in Römisch-Catholischen; das andre / in reformirten Protestanten. Welche letztere Parthey / von Jahren zu [535] Jahren / zunahm über die Catholische den Meister spielte / selbige gar zur Stadt hinaus schlug / und verjagte: also /daß die Eignots (welche nunmehr reformirter Religion waren) zu Genf allein blieben / und ein grosser Theil derselben der Zwinglischen Lehr beystimmte / wie gelichfalls ihre Bundsverwandte / die von Bern. Weßwegen man / nachdem die Reformirten in Franckreich der Genfer Kirchen-Ordnung und Disciplin angenommen / dieselbe Hugenots (da sie zuvor Lutheraner genannt wurden) benamste / und also den vorigen Namen Eignots / der so viel / als Eyd-Genoß / oderBunds-Genoß bedeutete / mit der Zeit in den NamenHuguenots verwandelt hat. 4

Allein es will mir nich allerdings zu Sinne / daß der Name Hugenot, von Eignot, sollte entsprungen / oder so viel / als Eignot, gesagt seyn: angemerckt / Eignot, und Huguenot unterschiedlich lauten / auch Thuanus, ohne Zweifel / hierinn mehr Glaubens / als einig andrer Scribent / verdient / und ohne Zweifel die gründliche Nachricht hievon gehabt / als ein fürnehmer und hochgelehrter Præsident deß Parlements. Jedoch glaube ich / der Nam Eignot habe einigen Anlaß / zu dem Spott-Namen Hugenot, gegeben: ob gleich die Römisch-Gesinnte die Wörter Hugenot, und Eignot, an sich selbst nicht für einerley genommen. Denn es kann seyn / daß man die / so da eigendlich zuvor Eignots hiessen / endlich / nachdem sie / aus [536] Furcht /ihren Gottesdienst und Zusammenkunfft / bey Nacht /angestellt / per paranomasiam, durch eine schimpfliche Vernennung und Wort-Verdrehung / an stat Eignots, Hugenots genannt / nach dem entweder ehedessen warhafftig / oder dem Kinder-Geticht und Mährlein nach ertichteter Massen / herumstreinendem Gespenste Königs Hugonis.

Wir lassen aber diese strittige Mutmassung fahren /und schreiten zu einer andern unstrittigern Geschicht.

Nachdem / zwischen Könige Heinrich / dem Vierdten / und dem Könige in Spannien / der Friede getroffen; suchte Jener (Heinrich der Grosse nemlich) allerley Ergetzungen / und unter Andren die Jagt-Lust. Darinn er aber bißweilen der Sachen zu viel that / und die Masse zu weit überschritte / biß ihn endlich diese Abentheuer begegnete.

Er hatte eins Mals / in dem Forst bey Fontainebleau, eine Jagt angestellt; als er einen Hauffen Hunde bellen / auch dabey das Jäger-Horn schallen /viel Leute ruffen und schreyen hörte / allerdings wie es zugeht / wenn man dem aufgetriebenem Wilde nachsetzt. Solches lautete zwar anfangs / als obs noch ziemlich ferrn / und ungefähr eine halbe Frantzösische Meile weit / von ihm wäre: es kam aber / in einer Minuten / gar nahe.

Diß begunnte ihn zu verdriessen / daß sich Jemand erkühnen dörffte / ihm seine Lust zu zerstöhren / in einer solchen Gegend / die den Königen [537] in Franckreich allein / zu ihrer Ergetzlichkeit / vorbehalten wird: schickte derhalben den Grafen von Soisson hin /nebenst etlichen Andren; um solche kühne Jäger aufzusuchen. Derselbe reitet / mit seinen Gefährten / fort / kann aber nichts antreffen. Sie hören zwar Alle das Geschrey und das Getöß; bekommen aber weder Menschen / noch Hunde / ins Gesicht; können auch keinen gewissen Ort finden / da das Gehetz sich hören lässt.

Nachdem sie also eine Weile hierum vergeblich bemüht gewest / tritt / aus dicken und finstern Hecken /ein langer schwartzer Mann hervor / und redet sie an.

Was er sagte / kunnten sie / vor Bestürtzung /so gar eingendlich nicht verstehen. Etlichen daugte / als ob er spräche: M'attendez vous? Wartet ihr auf mich? Etlichen / als sagte er: M'entendez vous? Versteht ihr mich? oder wisse ihr / wer ich sey? und was ich hiemit sagen wolle? Andren aber kam es /und zwar fast am glaublichstem / vor / als spräche er:Amendez vous! Bessert euch!

Weil / nach solcher redenden Stimme / das Gespenst gleich verschwand; fanden sie nicht rahtsam /weiter fort zu reiten. Nachmals befragte man die Schäfer / Köhler / und andre Arbeits-Leute / welche sich / in diesem Walde / gemeinlich aufhielten; und vernahm / von ihnen / so viel Berichts / daß sie offt einen schwartzen Mann gesehn / der mit Hunden aufgezogen käme / gleich ob er jagen wollte / doch ihnen gleichwol kein Leid thäte; [538] und / von ihnen / der grosse / oder lange Jäger genannt würde.

Der Frantzösische Erzehler dieser Geschicht / de Serres, vermeynt / solche Geister und Gespenster erscheinen bißweilen auf Göttliche Zulassung / darum /damit die Leute mercken mögen / daß die ewige Providentz sie nicht unversehns überfalle; sondern vorher warne; insonderheit aber / durch diß Gespenst / den König Heinrich erinnern wollen / sich also zu erlustiren / daß er unterdessen nicht vergässe / seine Unterthanen / bey ihrem Recht zu schützen / Gericht und Gerechtigkeit zu handhaben. 5

Nun ist nicht ohn / daß GOTT dergleichen gespenstische Erscheinungen freylich denen / die wenig an Ihn / und nur an Lust und Uppigkeit / gedencken zu mehrer Uberzeugung ihrer unchristischen Ruchlosigkeit / wol mag begegnen lassen: aber diejenige / so den Warnungen Göttliches Worts und seiner Lehrer das Ohr verschliessen / werden schwerlich / durch deß Teufels Erscheinen und Zusprechen / sich bekehren. Und besorge ich / die Erscheinung dieses Gespenstes habe vermutlich dem Könige nicht viel Gutes / bedeutet; sondern die Herbey-Nahung seines traurigen Mord-Endes / durch den Meuchel-Mörder Ravaillac. Denn als Bruto, und Cassio Severo von Parma, ein schwartzer Kerl erschienen / seynd sie bald darauf ums Leben gekommen.

So schreibt man auch / dem Bischoff Brunoni sey gleichfalls / auf der Donau / ein Mor erschienen / als er Abends darauf / bey Einbrechung [539] deß Saals / darinn er sich / mit dem Keyser / befand / todt geblieben.

Es wollen auch Etliche / eben diesem Könige /Heinrich dem Vierdten / sey / kurtz vor seiner Ermordung / ein Mann vors Bette getreten / mit einem brennendem Licht / welcher ihm gedrauet / und also gewarnet: Wirst du nicht Busse thun / so soll dein Leben / mit Allernechstem / ausgelescht werden /wie ich diß Licht lesche! Welches er zugleich umgekehrt / und ausgethan.

Es ist zwar dieser Herr / von Natur / großmütig /gnädig / gütig und freundlich / aber dabey der Welt-Lust gar zu anhängig / und eben damals auch / in einem weit- und hochaussehendem Anschlage / begriffen gewest / der dem Römischen Reich / zu grossem Nachtheil und Unruhe hette gereichen sollen. Aber den Faden solches Gewircks (oder Anschlags) hat das meuchelmördliche Messer abgeschnitten / ehe denn er völlig ausgewirckt.

Zu deß Griechischen Keysers Isaacii Comneni Ablegung deß Regiments / soll / wie Zonaras, aus demThracesio, berichtet / ein Gespenst Ursach gegeben haben / auf diese Weise. Der Keyser war / auf das Jagen / sehr erhitzt: Aber einsmals stieß ihm ein wilder Hauer (oder wild Schwein) grausams Anblicks auf: dem er / zu Pferde / in vollem Sporn / nachsetzte. Aber der Bogger stürtzte sich ins Meer / und verschwand plötzlich. Hingegen fuhr ein Glantz oder Strahl / wie ein Blitz / den Keyser vorbey: davon er /vor [540] Schrecken / vom Pferde fiel / auch eine Weile /wie erstaunt / auf der Erden ligen blieb / und mit dem Munde sehr schäumete. Die Meisten hielten dafür / es wäre kein natürlicher Bogger / sondern ein Gespenst /gewest. Endlich hat man ihn / in einem Fischer-Nachen / nach seiner Burg / geführt. Da er eine Zeitlang kranck gelegen / und / in Meynung / er würde nicht wieder aufkommen / das Haar abscheeren lassen / solchem nach das Regiment verlassen / und in ein Kloster gegangen: darinn er auch / nach wiedererlangter Gesundheit / die übrige Lebens-Zeit zugebracht. 6

Von einem vormaligen Marchgrafen zu Brandenburg / schreibt man / daß er der Jagt allzusehr nachgejagt / und mehr einen Jägermeister / als Regenten /abgegeben. Als er aber eins Mals einem wilden Schwein sehr inständig und eyfrig nachgeeilt; hab er sich drüber / in dem Walde / verirrt / also / daß seine Jagtleute und Diener ihn verlohrn / und er / deß Nachts über / in der Wildniß / sein Quartier nehmen müssen. Je weiter er geritten / je finsterer ist es ihm /vor den Augen / worden. Weil nun / im Finstern /zumal in einem Walde / übel fortzukommen / und man leicht / mit dem Pferde / stürtzet; dabey dann weder Arm noch Bein / ja so gar der Hals selbst / für dem Bruch versichert seynd: hat er sich müssen gefallen lassen / abzusteigen / und unter einem Baum niderzusitzen.

[541] Wie grauerisch bey solcher Entfernung von allen Menschen / einem solchen Herrn / der mit vierlen Menschen umgeben / und von ihnen bedient zu seyn /gewohnt war / vorgekommen / zumal bey der häßlich-schwartzen und unleutseligen Nacht / fällt leicht zu ermessen. Noch gleichwol hette dieser Herr damals lieber mit Einsamkeit vorlieb genommen / als sich /von einer höchst-verdrießlichen und unmenschlichen Gesellschafft / beschreckt gewusst. Denn es ist nicht lange angestanden / da hat der höllische Nach-Affer /der Teufel / vor seinen Ohren / gleichfalls ein Jagt-Gehetz angestellt / und ist er / von Allerley teufflischen Gespenstern / grausamlich angefochten und geplagt worden: darum daß er die arme Unterthanen /mit seiner unmässigen Jägerey / gar zu unbarmhertziglich mit genommen / und zu Schaden gebracht. Daher er dann daselbst ein ziemliches Schweiß-Bad ausstehen / und lernen müssen / daß Fürsten und Herren / wann sie in ihrem Beruff stehn / auch solchem hohen Beruff gemäß wandlen / als göttliche Stathalter / vom Satan gescheuet / und gefürchtet werden; wann sie aber solchen ihren obrigkeitlichen Stand / mit Uppigkeit / Ruchlosigkeit / und Bedruckung der Unterthanen / überschreiten / alsdann sie hingegen den Satan / und seine Anfechtungen zu scheuen haben. Denn wie zwar die Jagt an sich selbsten einem Regenten nicht verboten / noch seinen Stand auffhebt / oder umstosst: also ist dennoch eine so übermachte Jagt /welche der Regierung Abbruch / und den Unterthanen Schaden thut / unfürstlich / und keinem obrigkeitlichem Stande zu- oder anständig. Daher dann auch nicht zu verwundern / [542] daß der Teufel / wann er solche Herren antrifft / die gar zu offt im Forst herum reiten /und sich / durch Verirrung dann ein Mal allein antreffen lassen (wiewol vermutlich der Teufel selbst diesen Marchgrafen unvermerckter Weise / in die Irre / verführt hat) alsdann nicht / wie Regenten und deß Himmels Anwalten / sondern wie deß Himmels Rebellen /betrachtet / und wie ruchlose Leute tractirt.

Darum hat auch dieser Fürst / nachdem er solche Jäger / und Schreck-Geister um sich gehabt / solchen Nacht-Schweiß / Tribulirung / Angst / und Schrecken / ihm zu einer guten Correction dienen / durch selbige sich zur Besserung bewegen / und die / in diesem Angst-Bade ausgeschwitzte / Jagt-Sucht hinfort nicht mehr so einnehmen lassen.

O wie heilsamlich würden manche grosse Herren nicht allein ihrem Lande / und fürstlichem Hause /sondern auch ihrer / mit so vielen Netzen gefährten /Seelen / vorstehen / wann sie / aus solchen Beyspielen / die Betrachtung ziehen mögten / unter was für eine Angst-Presse diejenige Herren / nach diesem Leben /verfallen müssen / welche / in diesem Leben / ihren Unterthanen / durch stetige Pressuren / das Leben so mühselig und bitter / wie den Tod / machen! Können die Gespenster anjetzo / da sie noch / mit beschränckter Macht / den Menschen nur anfechten / dannoch auff GOttes gemessene Zulassung / einem übel regierendem Herrn solchen Schweiß austreiben; was wird ihm dort nicht für Bangigkeit das Hertz beklopffen /wann alle die gesetzte Schrancken weggenommen /und der böse Geist völligen Gewalt über ihn erlangt hat!

[543] Weil dann / auff der Jagt / sich leicht ein Unglück begeben kann / und indem der Mensch dem Wilde nachsetzt / der Satan hingegen dem Menschen nachjagt / sonderlich aber denen grossen Herren daselbst gern nachschleicht / wann sie von dem Hauffen sich zu weit absondern / und entweder / durch Gefahr von einem schädlichen Thier / oder auch wol durch ein Gespenst / sie manches Mal / zumal diejenige / so den Forst öffters / als die Gerichts- und Regiments-Stuben / besuchen / erschreckt: hat man bey dem Jagen / billig diese Ermahnung Scherertzii, zu beobachten:Ejusmodi exercitia cum pietate, sine pauperum oppressione, & proximi damno, fiant: ne, dum creaturas alias capere volunt, à diabolo venatores capiantur: Solche Ubungen müssen / mit Gottesfurcht /ohne Druckung der Armut / und Schaden deß Nechsten / geschehen: damit die Jäger / indem sie andre Kreaturen wollen fahen / nicht selbst / vom Teufel / gefangen werden. 7

Fußnoten

1 Thuanus lib. 24. Histor. p.m. 1104.

2 Gerlach im Türckischen Tagbuch / am 308 Bl.

3 David Chytræus, im II Theil der Sächsischen Chronic am 147 Blat / beym Jahr 1561.

4 Spon. t.T. vie du Mareschall Tavannes le Labour. Addit aux Memoires de Casteln.

5 De Serres in Henrico IV. fol. 749.

6 Zonaras Tom. 3. Annal. fol. m. 128. a.

7 Scherertz. de Spectris, c. 1. Num. 6.

59. Der schädliche Jäger-Blick

[544] LIX.

Der schädliche Jäger-Blick.

Daß der Basilisk / aus seinen ertz-gifftigen Augen /tödtliche Strahlen schiesse / und diejenige / welche von ihm angeblickt worden / sterben müssen / wird /schon lange / unter die Getichte gesetzt; wiewol die würckliche Erzeugung eines Basilisken / vor unlanger Zeit / von Etlichen wiederum hat wollen behauptet werden. Ich übergebe solches den Natur-Kündigern /zu mehrer Untersuchung: und stelle aber allhie dem Leser einen andren Basilisken vor / nemlich den alten Drachen / der das menschliche Geschlecht / mit dem Sünden-Gifft / verderbt hat. Derselbe kann auch wol /durch blosses Ansehn seiner häßlichen Erscheinung /einen Menschen an seinen Sinnen / und Verstande /und an der Leibes-Gesundheit / tödtlich gefähren. Mancher / der ihn / in irgend einer angenommenen Gestalt / erblickt / nimt von solchem Schrecken / den Tod / oder verliert seine Vernunfft. Aus vielen Geschichten / die solches bezeugen / soll anjetzo eine neuliche erzehlt werden.

Um Martini 1684sten Jahrs / geht ein neunjähriger Knabe / und Wäise / Namens Peter Winckler / nachdem er seinen Groß-Vatern um Erlaubniß gebeten /von dem Dorff Urspring / so auff dem Ulmer-Bodem ligt / gantz allein / nach dem Dorff Ballendorff / da er geboren; zweiffels [545] ohn seine Verwandten daselbst zu besuchen / und ergetzt sich daselbst mit spielen. Nachdem er seine Freud und Lust allda gebüst / und wieder heim / zu seinem Großvatter / kehren will; verfehlt er deß Wegs / und geht in einem dicken weit-reichendem Walde / etliche Stunden / irre.

Da erblickt er unversehns einen Jäger / welcher einem Hirschen nachsetzt / der mit rücklings-geworffenem Gewigte vor ihm / und seinem Birsch-Rohr /flohe. Derselbe vermeynte Jäger / schoß bald darauf nach dem Wilde / und fällete dasselbe / nicht ohn erschreckliches Krachen / zu Bodem; ergriff auch selbiges / indem der Knabe noch zu gegen / bey den Füssen / schleppte es ins Gepüsche / und verbarg es in den Hecken. Hernach kam er / aus den Hecken / samt seinem / an der Hand leitendem / Hunde / wiederum hervor / ging auf den Knaben zu / und fragte ihn / ob er nicht Lust hette / nechster Tagen / wiederum bey ihm auf / der Jagt / zu seyn?

Für solcher entsetzlichen / verfluchten / und unverhofften Gesellschafft / erschrickt der Knabe / als welcher den Hirschen / den Hirsch-fällenden Jäger / und Jagt-Hund ihm selbsten mit sehr tieffem Nachdencken vorstellete und einbildete: derhalben wird ihm angst und bange / also / daß er erschrecklich anhebt zu schreyen / und endlich in tieffster Bestürtzung / nach dem er die Landstrasse wieder gefunden / heimkommt: Da er den Seinigen / zittrend und bebend /klagt / was ihm sey begegnet / und acht Tage lang gantz zerrüttet und bestürtzt bleibt.

Nach Verfliessung solcher acht Tagen / brach das Ubel / so von solchem Gesicht und Schrecken [546] bey ihm angesetzt / endlich recht aus: denn er verlohr die Sprache / bekam Convulsionem, sperrte und verdrehete das Maul gantz wunderlich / warff und erschütterte den gantzen Leib hin und wieder / machte ein trutziges / verkehrtes grausames Gesicht / gefährliche Augen und drohende Blicke / samt abscheulichen und entsetzlichen Geberden. Wobey auch allerhand Züfalle sich eräugneten. Solcher Gestalt ward er gantzer zween Monaten / mit grosser Bestürtzung aller Umstehenden / gequält / und wollten die / von einem benachbartem Medico verordnete / Artzneyen / nicht helffen. Darum brachten der Pfarrherr zu Urspring /welcher ihm / mit geistlichen Mitteln getreulich beystund / und der Pfleger zu Ballendorff / diesen kläglichen Fall bey dem Raht der Stadt Ulm an / und ersuchten denselben um Hülffe. Worauff der Knabe / in das gemeine Spittal daselbst genommen / und der Kur Doctoris Eberhardi Gockelii untergeben worden. Welcher erkannt / daß solches deß Knaben Ubel / urspringlich / von einem gespenstischem Larven-Gesicht / herrührete / jedoch hernach natürliche Ursachen / die er / in der hierüber gedruckten Observation 1 gar vernünfftig erörtert / dazu gefallen. Weßwegen er ihm allerhand Medicamenten dawider geordnet / und dadurch / nechst Göttlicher Hülffe / die Gesundheit so wol der Vernunfft / als deß Leibes / ungefähr nach anderthalb Monaten / wieder zuwegen gebracht.

Daß aber solcher Jäger unnatürlich / und der leidige Teufel gewest seyn müsse / gaben nicht [547] allein die ungemeine Bestürtzung / Angst / und drauff erfolgende Zufälle deß Knabens / gnugsam zu mercken: sondern man kunnte es auch hieraus ohnedem leicht schliessen / daß man damals / weder von einigem Jäger / noch erlegtem Hirschen / das geringste vernommen / oder in Erfahrung ziehen können.

Es steht aber dahin / ob nicht etwan der Knabe / als er bey den Verwandten gewest / und mit seines Gleichen vielleicht Büberey getrieben / auch nicht etwan dabey geflucht und geschworen: Massen man solches / in diesen Jahren / von der übel-gezogenen und ruchlos-auffwachsenden Jugend / nur leider! allzuviel /und überall / höret. Welche schlimme und böse Kinderzucht der von GOtt verhengten Macht deß Satans den Zügel um kein Geringes erweitert / und besorglich / neben andren Ursachen / den gerechten GOtt bewegt / fast alle Bäume zu Ruten über uns zu machen.

Fußnoten

1 Quæ inter Anni 4ti. Decad. 4. Observationes Observatio 27 est.

60. Die boshaffte Gauckel-Jagt deß Satans

LX.

Die boshaffte Gauckel-Jagt deß Satans.

Deß Satans Gauckeley / und Schein-Schertz verbirgt stets einen grossen listigen Ernst / dem Menschen zu schaden; es geschehe gleich / am Leibe / oder Gemüt /oder an der Seelen / oder an allen dreyen miteinander: Und [548] also richtet er auch sein Jäger-Spiel / auf keinen andren Zweck. Denn daß er / für sich selbst nur / darinn einen Spaß und Kurtzweil suche / darff man nicht gedencken: sondern er hat allezeit ein tückisches Ziel darunter verborgen. Kann seine larvalische Schatten-Jagt gleich keinen Menschen antreffen / den sie / mit Furcht und Schrecken / zum Nachtheil seiner Gesundheit / überschütte: so verhofft sie doch / Manchen /der solche Teufles-Jagt von fernem höret / oder etwas davon erfährt / in den Wahn zu verführen / als ob gewisse verbannte Seelen der Verstorbenen / in den Wäldern dieser Gestalt erscheinen / und durch solches Jagen ihre Unruhe bezeugen.

Den Heiden hat er ein andres dadurch einbilden wollen / nemlich daß ihre Götzen / Apollo / Diana /und Hercules / ein solches Gehetz / in den Wildnissen / anstelleten: damit sie also desto fester / in der Abgötterey mögten verstrickt werden. Hiedurch seynd vormals die Parther und Perser überredet worden /daß Hercules / bey dem Berge Sambolos, welcher /wie unter andren / Alexander ab Alexandro, zeuget / 1 in Persien gelegen / jagte. Und / um sie / in diesem Wahn / desto mehr zu verstärcken; pflag er / zu gewisser Zeit / den Pfaffen daselbst / im Traum / zu befehlen / sie solten Pferde zur Jagt rüsten / und bey dem Tempel Herculis hinstellen. Nachdem dann die Pferde / mit Pfeil-gefüllten Köchern / versehn worden; lieffen sie / in den Wäldern / hin und wieder herum: kamen aber / zu Nachts / wieder mit ledigen Köchern / voller Schweiß / und vom Jagen gantz keichend /[549] wie die Pferde / die man starck und eiligst geritten /und stets im Galopp hat gehn lassen. Demnechst zeigte ihnen der Abgott / Hercules / (oder vielmehr / unter dessen angenommenen Namen / der Teufel) wiederum / in einem Nacht-Gesicht an / in welcher Gegend deß Walds er gejagt hette. Da man dann / hie und dort /unterschiedliche gefällte Stücker Wildes / im Nachsuchen / fand. 2

Ob aber nunmehr gleich der Satan / unter der Larven eines vermeynten Gottes / seinen Betrug nicht länger bergen kann: stellt er deßwegen doch seine Gauckel-Jagt nicht ein; sondern trachtet / unter den Christen / andre Verführungen / oder auch Leib- und Lebensschädliche Schrecknissen / dadurch anzurichten; sonderlich bey furchtsamen / oder ausser ihrem Beruff wandlenden / oder GOtt nicht fest vertrauen den Leuten. Wiewol er bißweilen auch wol an christlichen und hertzhafften Personen / mit solchen seinen schreckhafften Gauckel-Possen / sich versucht; doch nur zu seiner Verspottung.

Im Jahr 1640 / schrieb man / aus Bäyern / daß daselbst der Satan / mit vielen seines gleichen Jägern und Hunden / durch die Wälder gejagt / und was sie von Leuten angetroffen / dieselbe / wie sonst / unter den Menschen / das Jagt-Recht gehalten wird / zum Nachaffen gebraucht. 3

Jarrius macht einen Unterscheid / zwischen denen Gespenstern / so um die Mittagszeit / und denen / so gegen Abend / oder zu Nachts erscheinen: [550] und schreibt / daß die erste viel boßhaffter / als die letztere / sich gegen dem Menschen / erzeigen / denselben viel hefftiger anfechten so wol mit geistlichen Versuchungen / als leiblichen Verletzungen. Zu solchen Mittags-Gespenstern / rechnet obbesagter Medicus den bösen Jäger / so den Knaben / dessen in voriger Geschicht Meldung geschahe / den Schrecken / und Kranckheit /an den Hals gejagt.

Der alten Heiden pflag der Wlad-Geist / unter der Gestalt eines Ziegen-Manns / oder Bockgefüssten Menschens / viel Bosheit und Buben-Stücke zu erweisen. Diesen / der gleichfalls unter die Mittags-Gespenster gesetzt wird / scheueten sie auch deßwegen gar sehr: weil er gar grimmig und boshafft mit denen umgieng / vor welchen er sich sehen ließ. Und soll ein solcher Pan / oder Geyß-füssiges Gespenst / eins Mals / auff einem waldechtem Gebirge / neun Bauren / welche Holtz daselbst gefället / mit seinem scharff-klingendem oder schnarrendem Gesange / und grimmiger Leibs-Gestalt / dergestalt erschreckt haben /daß sie gleich darüber gestorben.

Ungefähr vor funfftzig und etlichen Jahren / haben sich / auff einer berühmten hohen Schul in Teutschland / etliche Studenten bey einem starcken Trunck /miteinander lustig gemacht / biß in die Nacht. Als sie nun / in dem nechst der Stadt ligendem / Walde / von Fernem / das Wütende Heer / mit einem Jäger-Geschrey / vorüber ziehen hören; schreyet derjenige Student / welcher die Andre / auf seiner Stuben / bewirthete / zum Fenster / mit einem in der Hand haltendem Glase / [551] bey vollem Rausche / hinaus: Es gilt ein Mal / auff deine Gesundheit! Bring mir aber auch /wenn du was fähest / ein Wildprett mit! Als er nun deß Morgens aufsteht / hangt ein Viertheil von einem verrecktem Pferde / an seinem Fenster / welches von Maden und Schmeißfliegen wimmelte / und einen unerträglichen Gestanck ausstreuete. Daher der unbesonnene Student bemüssigt worden / selbiges Aas /durch den Hundschlager / wegnehmen zu lassen; kurtz aber darauff um seine Vernunfft gekommen.

Vor anderthalb Jahren / erzehlte mir ein Doctor Juris, mein gewester sehr geneigter Gönner und Freund / der nunmehr zu den Engeln gegangen / daß er eins Mals / von selbiger Universität / nach Besuchung etlicher guten Freunde daselbst / und ziemlich-starckem Valet Trunck / mit einem Gefährten ziemlich spat hinweg geritten: auff daß man ihm / mit keinem Trunck / weiter mögte zusetzen: Weil ihn dann /vor Erreichug der noch zu weit ligenden Stadt / die Nacht überfallen; sey er gezwungen worden / um die Verirrung zu verhüten / samt seinem Ritt-Gefährten /abzusteigen / nahe bey einem wolbekandtem Bach /und die Pferde an einen Baum zu binden: Wie sie aber kaum / auff ihren / an Hauptküssens Stat untergelegten / Reitmänteln / eingeschlummert; wären sie /von einer vorbeyfahrenden Jägerey / plötzlich auffgeweckt: da sie dann / bey schallendem Jägerhorn / die Hunde bellen / die Jäger schreyen / gehört / und der Zug gantz nahe bey ihnen vorüber gegangen: Worüber nicht allein sie / fein wol geschwitzt / sondern auch ihre Pferde gezittert / und mit den [552] Füssen gestampfft: Und solches Spiel habe schier die gantze Nacht durch gewährt / indem der Lärm / bald in der Ferrne erschollen / bald aber sich wieder zu ihnen genahet / und in vollem Trabe vorbey gegangen.

Fußnoten

1 Lib. 2. c. 14.

2 Tacitus, Annalium libro 12, c. 13.

3 Gottfried Schultz / in den Geschichten deß 1640sten Jahrs.

61. Die grausame Heimholung

LXI.

Die grausame Heimholung.

Durch das Heil. Tauffgelübde / verlobt sich der Mensch / mit GOtt; durch Ergebung an den Teufel /mit dem Teufel / und muß / aus dieser letzten Verlöbniß / einer Heimhollung gewärtig seyn / dergleichen folgendes Exempel weiset.

Abraham Pollier / (oder Boullir) ein / aus der Schweitz Bürtiger / (der nie geborn zu seyn hette wünschen mögen!) hatte anderthalb Jahre Chur-Pfaltz / für einen gefreyten Corporal / gedient / als er sich hernach in die Grafschafft Hohenlohe begeben / und unterm Herrn Grafen von Hohenloh-Pfedelbach und Waldenburg / für einen Musketirer / oder wie Andre wollen / für einen Dragoner / werben lassen. Wie nun / aus dieser Profession wol zu vermuten / es werde ihn das Geld nicht gedruckt / noch er dessen einen Uberfluß gehabt haben: Also hat ihn die ungestüme Geld-Begierde / zu einem bösen und Seel-verderblichem Handel / verleitet / daß er nemlich / mit dem leidigen Satan / einen Bund gemacht / und von demselben[553] Geld genommen / mit Bedinge / solches innerhalb gewisser Frist wieder / oder sich selbsten zur Zahlung /ihm zu geben / mit Leib und Seele.

Wer hat jemals einen gefährlichern Creditörn / oder Herleiher / gehabt / als den allgemeinen Ertzfeind menschliches Geschlechts / welcher Tag und Nacht darnach strebt / wie er uns in den ewigen Schuld-Thurn bringen möge? Wer bleibt unbetrogen / von einem solchen Gläubiger / der keinem jemals Glauben hält / und aller Redlichkeit abgeschworner Feind ist? Einen solchen Betrieger hatte der verruchte Pollier (oder Boullier) an sich: als der / von seinem vorgestreckten Gelde / kein andres Capital / noch Zinse /eigendlich wieder begehrte / ohn den Schuldner selbsten / und derhalben denselben so arglistig umzutreiben wusste / daß er niemals / mit der völligen Bezahlung / kunnte auff kommen / sondern ihm allemal /wann er das Geld (so vermutlich wol ohne dem / in keiner ansehnlichen Summa / bestanden /) schier beyeinander gehabt / ein Thaler daran gemangelt.

Es scheinet / der Soldat habe ihm sich für das Geld / verschrieben / und solche Verschreibung mit Wieder-Erlegung deß Geliehenen / wieder auslösen sollen; der Teufel aber ihn / wenn er etwan wiederum einiges Geld gesammlet / um von dem Teufel sich loß zu machen / zu spielen / fressen / und sauffen / gereitzt: damit es wiederum herdurch gejagt würde / und der Verstrickte also / biß an den gesetzten Termin /ihm verhafftet und verpfändet bliebe.

[554] Zwar soll der Bauer / bey dem er zu Kuhebach / im Quartier gelegen / ihm ein gutes Zeugniß gegeben haben / daß er sich / bey ihm wol gehalten / und nie einigen Fluch von sich hören lassen. Wiewol dennoch das Schreiben eines Gräfflichen Amt-Vogts ihm / aus gemeinem Ruff / viel ein schlechters Zeugniß ertheilt /nemlich daß er sich / wie ein Ruchloser / der mit dem Satan ein Pact hette / erwiesen.

Solche Ruchlosigkeit besteht eben nicht bloß allein in Fluchen und Schweren / oder andren wilden Sitten; sondern auch wol / ohne Fluchen / in Meldung der Kirchen / Unterlassung deß Gebets / oder in fressen und sauffen / rauben und stehlen / huren und buben /schlagen und rauffen / und dergleichen rohem Wesen. Zweifels ohn ist Eines und Andres / an diesem unseligem Menschen erfunden worden / sonderlich die gäntzliche Enthaltung vom Gottesdienste. Denn sonst wird berichtet / er sey immerzu schwermütig und traurig gewest: Traurigkeit aber wird wunderselten / von frischem / und wildem / oder frechem Thun / begleitet. Jedoch pflegen solche / mit dem Satan verwickelte / Menschen / nüchternes Muts / zwar melancholisch zu seyn; aber um so viel mehr die Zeche besuchen /damit sie die Traur-Gedancken / im Wein oder Bier /mögen ersäuffen.

Wie man denn sagen wollen / es wäre eben dieser heillose Mensch / Tags vor seiner ungesegneten Abholung / aus dem Quartier / samt seinem Quartier-Mann / ins Wirtshaus gegangen / um seine Traurigkeit zu vertrincken: und indem er daselbst / mit andren / sich ein wenig lustig gemacht / [555] sey Einer / von Anblick wie ein Jäger / oder / nach Andrer Bericht /wie ein Werber / oder Kriegs-Officier / hinein getreten / und habe ihm angedeutet / es wäre die Zeit vorhanden / er müsste mit gehen: Da nun der Pollier gebeten / er sollte ihm doch vergönnen / sich heut noch lustig zu machen; sey der Fremde / mit diesem Bescheide / er mögte heut immerhin noch bleiben / er wollte ihn schon zu finden wissen / zur Stuben wieder hinaus getreten / und davon gegangen; also / daß Niemand anders gemeynt / denn es wäre etwa ein Officier / der ihn hette auffgefordert / zum Marsch: Als aber dieser Dragoner hernach / mit seinem Quartier-Wirth / heimgegangen / und sich / samt dem Sohn deß Wirths / oben auff den Boden / schlaffen gelegt; sey /um Mitternacht / ein grausames Getümmel entstanden / welches den Sohn deß Bauren geschreckt / daß er hinab geloffen / zu seinem Vater / und ihm angezeigt /was um das Bette / darinn er bey dem Dragoner gelegen / für ein furchtsam- und entsetzliches Getöß / Gepolter / und Geras / sich erhoben: Da nun der Bauer /samt seinem Gesinde / mit einem Licht hinauff gegangen / habe sich der Soldat / aus dem Bette schon verlohren gehabt / und nirgends im Hause gefunden.

Ich habe / als dieser Fall / 1684sten Jahrs / ruchbar / und zwar / mit jetzt angezeigten Umständen / von einer glaubhafften Person / an welche solcher ausführlich geschrieben war / erzehlet worden / eben deßwegen einen Geistlichen / in derselbigen Graffschafft /um näheren und gewissen Bericht hievon / schrifftlich ersucht; auch / so viel derselbe / von einigen Gräflichen Amtleuten / erfahren [556] können / durch seine Willfährigkeit / erhalten. Darinn ward aber solcher Umstände nicht gedacht; sondern nur dieser nachgesetzten; die auch / mit den beygeschlossenen Abschrifften einiger Amts-Briefe mir zugleich beglaubt wurden:

Den 4ten Aprilis (1684sten Jahrs) als am Freytage nach dem Oster-Fest / gab der Dragoner seinem Quartier-Wirth / etlicher Massen / seinen schlechten Zustand zu erkennen / sagend er hette eine böse Zeitung (daraus zu vermuten / der Bauer müsse ihm etwan eine sonderbare Traurigkeit angemerckt / und nach der Ursach seines betrübten Blicks oder Wesens vielleicht gütliche gefragt haben;) Als der Bauer zu wissen verlangt / was für eine? antwortete Jener: Man wird mir abdancken. Der Bauer / dem das Wort abdancken gar zu gut oder frühzeitig / und derhalben ja so unglaublich / als unvermutlich / lautete; sintemal den Landleuten nichts tröstlichers / als die Abdanckung / ins Ohr fällt; fragte wiederum: Warum? und wie kann das seyn? der Krieg geht ja erst recht an / und die Trouppen werden ja vestärckt. Der Soldat versetzte: Mein Herr / glaube ich wol / danckt mir nicht ab: aber ein Andrer wird mir abdancken / nemlich der Teufel (GOtt sey bey uns!) Der Bauer spricht: Da behüte GOtt vor! Jener beantwortets: Es ist nicht anders: Denn ich habe Geld drauff genommen. Er fuhr fort / und that hinzu / daß er / gegen Vorstreckung solches Geldes / mit dem saubren Gesellen / einen Vergleich gestifftet /und wann er / vermöge desselben / das Geld wieder erlegen [557] wollen / hätte ihm (wie anfangs gedacht) allemal ein Thaler gemangelt.

Selbigen Abends / ist er / wie in besagtem Nachricht-Schreiben stehet / aus deß Bauren Hause / oder wie es / in einem beygelegten Amts-Briefe / lautet /aus dem Quartier / und Bette / da er gelegen / hinweg- und nimmer wieder heimgekommen.

Ein Jäger hette ihn erretten können / wie man vermeynt; wann er nicht in die Gedancken gefallen / es wäre derjenige närrische Mensch / so in selbiger Gegend herum wandelte. Denn man hat diesen armen Menschen / unter den Klauen deß hellischen Raubthiers erbärm- und jämmerlich schreyen / auch zu GOtt flehen hören / daß er ihn doch nur noch ein Mal zu Gnaden annehmen wollte. Welches auch / in angezogenem Schreiben deß Beamten / mit dieser Umständlichkeit / bekräfftigt wird: Man habe gleich deß andren Tags / nachdem sich der Kerl verlohren / nemlich Montags früh / denselben / in erlichen Flec ken / schreyen gehört / also / daß er um Hülffe geruffen / und auch zu GOtt geschrien; ihm aber niemand zugeloffen; und als man seinen Degen /Rock / und Hut / nahe bey Feßbach / besagten Montags / seinen Leib aber nicht gefunden; gleichwol aber er / auch noch mehrer Orten / als nemlich zu Hach / Etzlinsweyler / und Cuntzelsbach / schreyend gehört worden; habe man dafür gehalten / daß er mit dem bösen Feinde gerungen / und endlich durch die Lufft entführt sey.

[558] Nichts desto weniger hat / bald darauff / ein Fischer aus dem Dorff Kocher-Stetten / nachdem er /morgens früh (wird der achte Aprilis / nemlich am Dienstage / gewesen seyn) seine gelegte Angel-Schnur hinwiederum aus dem Wasser nehmen wollen / ein parr lederner Hosen / samt dem Hemde / am Kocher-Strom gefunden; dabey man wargenommen / daß ein Mensch / deß Orts / ins Wasser gekommen. Schier über acht Tage hernach aber / hat / allernechst an bemeldtem Dorff / der Vogt selbiges Orts / unterm spatzieren gehn / einen todten gantz-nackt-ausgezogenen Leichnam erblickt / und denselben alsofort lassen anländen.

Wie er / aus dem Wasser gezogen worden / hat man in acht genommen / daß ihm der Hals herum gedrehet gewesen / und die Brust blaue Flecken gehabt. Wiewol Andre / um solche Verstellung / nichts haben wissen wollen. Man hat ihn endlich / unterm Hochgericht / begraben.

Hie dörffte wol mancher christlicher Leser / zu wissen verlangen / ob nicht für einen so armen / vom Teufel entführten / Menschen / noch Gnade und Seligkeit zu hoffen / oder dieselbe ihm schlechts abzusagen sey:

Die Hoffnung mögte etwan sich dieses / als eines Anckers / getrösten / daß gleichwol der Entführte zu GOtt geschrien / um Gnade und Barmhertzigkeit: Nun werde gleichwol die Gnaden-Thür eher nicht / als /durch den zietlichen Tod / den Unbußfertigen verrigelt; und GOtt verspreche / wann sich der Sünder bekehre / solle er leben / und nicht sterben / nemlich deß andren Todes.

[559] Dem kann begegnet werden / mit der Antwort / daß zwar die Gnaden-Thür wol allen und jeden Spät- oder End-Büssern / noch unverschlossen sey / vor dem letzten Athem; wann sie rechte warhaffte End-Büsser seynd; daß aber auch manchem mutwilligen Gnad-Verächter die Gnaden-Thür / droben in GOttes verborgenem und gerechtem Gericht / noch wol vor dem zeitlichen Tode / auf eine andre Weise zugeschlossen werden / oder vielmehr / nachdem er sie ihm selbsten / durch lange Verstockung / zugesperrt / hernach unaufgesperrt verbleiben könne: keines Weges zwar dieses Sinns / als ob einigem / wann gleich / am äussersten Lebens-Ende / bußfertig zu GOtt flehendem /Tod-Sünder / die Gnaden-Thür unaufgethan verbliebe: sondern / in diesem Verstande; daß GOtt auch wol / in seinem Gerichte / jemaln / ja vielmaln / beschleusst / manchem Frevler seines Heil. Geistes / der die Busse in uns wircken muß / nicht mehr zu würdigen. Denn gleichwie Er zwar Allen / die Busse thun /Gnade versprochen; also hat Er hingegen Niemanden versprochen / daß er ihn / von seinem fürsetzlich-bösem Pfad / und mutwilligst-gereitzter Ungnade /durch Wiederschenckung der Busse / wiederum in den Stand der Gnaden setzen wolle: sondern die Wiederverleihung der Busse geschicht aus freyer Gnade /ohne Verbindlichkeit einiger Verheissung / da hingegen die Gnade / durch Verheissung an eine würckliche Busse / sich verbunden. Und / hat Er da seine gerechteste Ursachen / warum er diesen zur Busse bringt / jenen nicht. Wiewol dennoch keiner zweifeln soll /GOtt wolle gern allen Menschen geholffen sehen /und auch ihm gerne [560] helffen / wenn er ihn zur Busse lässt ermahnen / oder das Gewissen selbst ihm zum Buß-Mahner wird. Denn / bey dem verbossten Menschen selbsten / steckt der Fehler / wann GOtt die Verstockung / und End-Beharrung in Sünden / über ihn verhengt.

Derhalben muß solche Rede / daß die Gnaden-Thür biß ans Ende unversperrt bleibe / ja nicht / auff Mutwillen / gezogen; oder / so solches geschehen wäre /desto hertzlicher solches GOtt abgebeten werden: sintemal GOtt sonst / in seinem verborgenem Gericht /solche Fälle über einen mutwilligen Ubertreter / verhengen dörffte / durch welche ihm die Gnaden-Thür verrennt / und er / um die Busse / folgends auch um die Gnade / verkürtzt würde: Oder Er dörffte / mit dem Geist der Busse / und deß Glaubens / gegen einem in fürsetzlicher Boßheit-lang beharretem Bösewigt / der bißhero seine Anerbietungen mit dem Rücken angesehn / an sich halten / und ihn hinfort ungeregt zu lassen / das ist / in einen verkehrten Sinn dahin zu geben / um deß schrecklichen Undancks und Verachtung willen / beschliessen. Welches allen Leidtragenden / ob sie gleich viel / und offt / und schwer /und wissendlich / gesündigt hetten / zur Auffrichtung hingegen allen Sichern und Ruchlosen zur Warnung /dienet.

Fürs Andre / könnte man gleichfalls antworten /daß / ob schon ein Gottloser / nachdem er vorhin nichts nach GOtt gefragt / mitten in der Todes und Höllen-Angst erst / zu GOtt um Gnade schreyet / es doch noch dahin stehe / ob ein solches Geschrey / mit rechter Reue der Sünden / vermenet / und aus einem gläubigem Vertrauen zu [561] GOtt / als ohn welches keine wahre Busse seyn kann / herrühre / oder nur aus einer tieffen Bestürtzung / Furcht / Angst / und verzweifelter Zaghafftigkeit / entstehe? Wen die Flut ersäuffen will / der rufft auch wol denjenigen an um Rettung /dem er im Hertzen feind ist.

Man kann diesem entgegen setzen / der entführte Soldat müsse kein verzweifeltes / oder blosses Zeter-und Angst-Geschrey / sondern auch ein bußfertiges /zugleich gethan haben; weil der Satan so lang / mit ihm gerungen: Denn sonst hette er ihn leicht im Augenblick erwürgen / oder davon führen können / und würde deß Soldatens ringen weniger denn nichts dagegen verfangen / noch ihn aufgehalten haben: weil denn solcher Verzug / und verhinderliche Widerstehung deß Soldatens / nothwendig einem gläubigem Bußflehen zu zuschreiben; so sey daraus abzunehmen / GOtt habe nur / über den Leib / dem bösen Feinde /Macht gegeben / die Seele aber begnadet.

Darauff kann gleichwol / zur Gegen- oder Nach-Antwort / gegeben werden: daß das so lange ringen /mit dem Satan / eben kein unfehlbares Zeichen eines kämpffenden bußfertigen Glaubens sey: angemerckt /GOtt wol darum dem Satan den völligen Gewalt über diesen Elenden eine Weile könne aufgeschoben und vorenthalten haben / daß andren Leuten solches klägliche Zeter-Geschrey zu Ohren kommen / und zum Schreck-Exempel dienen mögte / für dergleichen verfluchten Teufels-Bündnissen sich desto ernstlicher zu hüten / und daß auch den irrigen Gedancken vorgebauet würde / als [562] ob dieser Dragoner nun / von der Compagnie / wäre durchgegangen und ausgerissen.

Hernach könnte man noch weiter darauf antworten: daß / ob schon vielleicht ein Glaubens-Füncklein in dem Fleh-Geschrey zu GOtt / mögte geglimmt / und solches dem Satan seine Gewalt eine Zeitlang gehemmet haben; dennoch zu beförchten stehe / der Satan dörffte nicht nur äusser- sondern auch innerlich / mit seinen feurigen Pfeilen / diesem Zeter- und Hülff-Schreyer / so hart / so halsstarrig / so erschrecklich zugesetzt haben / daß bey diesem darüber der Glaube endlich aufgehört / Verzweiflung an die Stelle getreten / und ihn der Macht deß bösen Feindes völlig unterworffen hette.

Meine einfältige Meynung nun endlich betreffend: so muß die rechte Gewißheit der Gnade oder Verdammniß über diesen Elenden freylich allererst / von dem allerletzten allgemeinen Offenbarungs-Gericht /erwartet werden. Denn die Entführ- und Erwürgung deß Leibes giebt kein unbetriegliches Zeichen der Verdammniß; unterdessen doch aber eine grosse Sorge / und kleine Hoffnung. Denn es ist nicht ohn /daß man Exempel hat / wie auch ein bußfertiger Sünder / vom Satan / um dergleichen Bündniß willen /zerrissen / die Seele aber / wie man billig gläubt / ihm entrissen und errettet worden: aber da ist eine auffrichtige und gewisse Reu-Bezeugung / dazu eine gläubige Hoffnung auff GOttes Gnade / aus deß / bald hernach weggeführten / Menschens eigenen Worten /vorher verspührt worden. Welches hie nicht so deutlich geschehen. Derhalben / bey so mißlicher Bewandniß / man leichter sagen kann: Ich [563] fürchte fürwar / die Göttliche allezeit verspottete Gnade wird schwerlich auf ihm schweben; weder also: Ich habe gute Hoffnung / er sey ein Kind der Seligkeit worden / und zu Gnaden kommen.

Felix, quem faciunt aliena pericula cautum. Der ist klug und glückselig / der sich fremdet Gefahr /zu seiner Versicherung / das ist / zur Fürsichtigkeit / benutzet!

62. Der gehemmte Bad-Teufel

LXII.

Der gehemmte Bad-Teufel.

Die Bäder der Alten waren gar weitläufftig / und viele derselben überaus prächtig. Unter solchen seynd zwar nicht alle dem Antoninischem und Diocletianischem ähnlich: deren jenes wunder-hoch / von dem schönsten Marmel aufgebaut / und mit mächtig-grossen Seulen geziert war; dieses aber auch jenem / weder in der Grösse / noch andrer prächtiger Ausarbeitung /um einen Fuß breit gewichen / so gar / daß es gleichfalls vielmehr eine entsetzliche Höhe gehabt / daran hundert und viertzig tausend Menschen / viel Jahrelang / gebauet. 1 Ob nun gleich andrer privat-Personen / oder auch gemeiner Stadt offentliche / Bad-Häuser solchen grossen Herren es nicht gleich thun kunnten: mangelte es ihnen doch nicht / an ziemlicher Weitläufftigkeit und Vielheit [564] der Stuben / oder Kammern: Wofür ich billig Gewelber schreiben sollte: angemerckt / sie unterschiedliche gewelbte Gaden gehabt /welche so wol oben / als unten / in gewisse und mancherley Gemächer abgetheilt waren.

Dergleichen Bäder richteten auch die Städte / in andren Ländern / an / wo die Römer / mit ihrem Regiment / hingelangten. Denn diese verpflantzten / nebst ihrem Obgebiet / auch zugleich ihre Sitten / und Weise zu leben: Welche / von den fremden Ländern /in so weit / als sie gemäch- und ergetzlich fielen / gar gern nachgemacht wurden. Denn Wollust unterhält die meisten Affen. Wiewol sie / die Römer selbst / an denen Orten / da sie regierten / oder / als hohe Befehlhaber deß Keysers / zu gebieten hatten / gemeinlich auch allerley Bequemlichkeiten / und unter andren auch die Bäder / stiffteten.

Weil nun solche Bäder / von Vielen / zur Uppigkeit und Wollust / nur mißbraucht worden indem die Wenigsten / mit gleichem unsträfflichem Sinn / wie Tertullian / gebadet / und demselben nicht ein Jedweder hat mit Warheit nachsprechen können / Non lavor diluculo Saturnalibus, ne & noctem & diem perdam: Attamen lavor honestâ horâ & salubri, quæ mihi & calorem & sanguinem servet. 2 Ich bade nicht / in Faßnachts-Zeiten / mit anbrechendem Tage: damit ich nicht beydes die Nacht und den Tag einbüsse: doch gleichwol bade ich / zu einer Stunde / da es erbar / [565] und heilsam ist / so wol die Wärme / als das Blut zu erhalten: Weil / sag' ich nicht ein Jeglicher so mässig und ziemlich badete; sondern mancher / aus pur lauterer Wollust / Weichlichkeit / und Zartheit / also / daß / gleichwie der Leib mit warmen Wasser / also das Gemüt mit dem Unflat geyler und üppiger Gedancken / übergossen wurde: so erwehlte auch der böse Geist / in manchen Bädern /sein Wohn-Haus und Thurnier-Platz / und pflag diejenige / welche sich / ohne Gesellschafft / oder bey Nachtzeiten / darinn auf hielten / offtmals sehr zu schrecken.

Dergleichen / vom Gespenst vexirter / Bäder gedenckt Gregrius Nyssenus, im Leben Gregorii Neo Cæsariensis, und schreibt / daß die Gespenster darinn viel Ubels gestifftet / also / daß Keiner / der bey Nacht hinein gegangen / am Morgen wieder heraus gegangen / ohn allein der Diaconus Gregorii Neo Cæsariensis: welchem / weil er sich / mit dem Zeichen deß H. Kreutzes / gesegnet / nichts Ubels darinn begegnet ist.

Es beschreibt solches erstberührter Gregorius Nyssenus, mit diesen Worten:

Als der Diaconus, am Abend / gantz müde von der Reise / in die Stadt gekommen / hat er sich / zur Erquick- und Erfrischung seines Leibs / eines Bades benöthigt zu seyn geachtet. Es regierte aber / an selbigem Ort / ein gar boshafftes Gespenst / und rechter Mord-Geist: welcher selbst denen / welche / nach eingebrochener Finsterniß / darinn badeten / den Kopff (so zu reden) häßlich zwagete / das ist / ihnen am Leben Schaden that. Darum pflag mans / so bald die Sonne [566] untergangen / zu schliessen / und Niemande mehr / darinn zu baden / erlauben. Dieser Diaconus aber hielt inständig an / mit Bitten / man sollte ihms doch öffnen / und das Bad / dessen er so hoch / zur Ersetzung seiner Müdigkeit / anjetzo bedörffte / nicht verweigern. Der Meister / oder Vorsteher selbiges Bades / bezeugte ihm aufrichtig / daß er noch wol grössere Ursach wüsste / warum das Bad / bey gegenwärtiger später Zeit / mehr schädlich / als nützlich wäre / und er ihm / durch die gesuchte Aufsperrung /nur eine Thür / zu seinem Untergange / aufthun würde: weil bißhero noch keinen Menschen / der / um diese Nacht-Zeit / hineinzugehn / sich gewagt / seine eigne Füsse wieder heraus getragen: sintemal der Teufel sie Alle übermeistert / und ihrer Vielen / so nichts um solche Ungelegenheit gewusst / es gar übel ergangen / indem sie / an stat gesuchter Leibs-Erquickung /die Unterdrückung oder Erstickung / oder aufs wenigste harte Verletzung desselben empfunden / und hernach / an stat Warm-Wassers / in heissen Threnen der Ihrigen gebadet / ja aus dem Bade / bald hernach / ins Grab getragen worden. Er hielt aber ferner an / man mögte ihn doch nur hinein lassen: also reichte ihm der Aufseher den Schlüssel / und begab sich / von der Badstuben / damit hinweg.

Nachdem er nun hinein gekommen / und sich abgekleidet; hat der Teufel bald mancherley Schrecken erregt / durch furchtsames poltern / rasseln und werffen; auch / nach der Hand / sich in allerley Gestalten sehr entsetzlich vorgestellet / und unter andren wie Rauch und Feuer. Weil aber besagter [567] Ertz-Diaconus sich /mit einem gläubigem Gebet / verwahrt / und offt gesegnet: ist dem Satan dadurch seine Gewalt und Macht gebrochen / und zunicht worden. Wobey insonderheit der heilige Gregorius von Neu-Cæsarien /von Fernem / auch abwesend viel ausgerichtet / indem er / eben damals diesen verreiseten Diaconum, in seinem Abend-Gebet / und Nacht-Seufftzern der Göttlichen Bewahrung fleissig empfohlen.

Als nun der Diaconus genug gebadet / und vermutlich nicht nur natürlich / sondern auch / etlicher Massen / vor Angst / geschwitzt; und der Teufel die ihm von GOTT gesetzte Schrancken nicht übergehen dörffen: hat dieser / der Bösewigt nemlich / beym Herausgehen deß Diaconi, überlaut gesprochen: Wärest du nicht / von deinem Hüter so recommendirt / und durch deß Gregorii Stimme so eyfrig verbeten worden; solltest du mir / mit dem Leben / wol nicht seyn davon gekommen. Das Zeichen deß Kreutzes / womit du dich gesegnet / ist dein Schild / und gedachte Stimme dein Harnisch gewest / wider meine Pfeile.

Dieser Mann hat also ein gesegnetes Bad gehabt /da / wo Andre ungesegnet gebadet / und das Leben verschwitzt. Daran wir ein Beyspiel erkennen / daß GOTT allenthalben Meister und Gebieter sey / auch allerdings an solchen Orten / wo / so zu reden / alle die lebendigen Teufel los und ausgelassen sind; und daß derjenige / welcher unter deß Höchsten Schutz ist / auf Leuen und Ottern gehen könne.

[568] Was den Gottlosen zur Niderlage / das geäht den Frommen zum Triumph: und wer den Stärckern zum Schutzherrn hat / dem müssen die Starcken / im Streit / gewonnen geben.

Fußnoten

1 Vid. Andr. Palladium de Antiquit. Urbis Romæ.

2 Tertullian. in Apologet.

63. Das Berg-Männlein

LXIII.

Das Berg-Männlein.

Daß nicht nur / in der Lufft / und auf Erden / fürnemlich / an wühsten Oertern / in Wildnissen / und sonderlich an solchen Stäten / da grosse Missethaten /und schändliche Buben-Stücke geschehen / die bösen Geister sich auf halten; sondern auch / und zwar viel öffterer / unter der Erden / in den Berg-Gruben / in sichtbarer Gestalt / sich den Arbeitern weisen; ist /durch tägliche Erfahrungen / unleugbar worden / und bezeugen solches nicht nur die Berg-Leute; sondern auch manche gelehrte Scribenten.

Olaus Magnus vergewissert es / mit diesen ausdrücklichen Worten: Man weiß gewiß / daß die Teufel / welche man Wigtelein / oder Berg-Männlein / nennet / denen Einwohnern deß Landes zur Hand gehen / und viel Arbeit verrichten; sonderlich in den Ställen / und Bergwercken / da sie die Steine zerbrechen / und zerschlagen / und alsdann in die Eymer werffen / womit man sie heraus zeucht / die Rollen einheben / die Seiler darum thun; als wollten sie gleichsam viel [569] ausrichten. Sie lassen sich auch bißweilen sehen / und erzeigen sich / in angenommener Gestalt der Bergleute; verlachen / verblenden sie / und trei ben allerhand Gespött mit ihnen / um sie dadurch zu betriegen; ruffen sie bißweilen / an einen andren Ort. Wenn sie dann dahin kommen; so ist Niemand vorhanden. Sie werffen ihnen etwas unter die Hand: Und wenn solches die Arbeiter wollen angreiffen; so ist nichts mehr da; sondern verschwindt. 1

Fast dergleichen zeuget Lavaterus, wenn er schreibt: Die Metall-Gräber bezeugen / daß / in etlichen Ertz-Gruben Gespenster / oder Geister sich sehen lassen / die nach der Bergleute Weise bekleidet. Diese lauffen herum / in den Schachten / Grüfften /und Ertzgängen / scheinen sich / mit allerley Arbeit /zu bemühen / da sie doch nichts thun; Adern aufzugraben / das ausgegrabene zusammen zu tragen / in die Eymer auszuschütten / etc. Man sagt / daß sie wunder-selten den Bergleuten was Leides thun / daferrn sie / von denselben / nicht ausgelacht / oder mit Scheltworten angegriffen werden: Denn so werffen sie / nach ihnen / mit Sand-Steinlein (oder grobem Sande) oder verletzen sie / auf andre Weise. Man sagt aber / daß sie fürnemlich / in solchen Ertz-Gruben /wandeln / die voll Metalls stecken.

Er erzehlet hievon ein Exempel dieses Inhalts. BeyTafuns, in den Graupüntnerischen Alp-Gebirge / war eine Silber-Grube / darein [570] der Burgermeister deß Orts / Namens Peter Buol, ein braver Mann / viel Geldes gesteckt / auch keinen schlechten Gewinn daraus erhoben. In selbiger Gruben / ist ein Berg-Teufel gewest / welcher / wann die Arbeiter das gegrabene in die Eymer schütteten / gemeinlich am Freytage / sich sehr geschäfftig angestellt / und das Metall / aus einem Gefäß ins andre / gegossen. Welches der Burgermeister sich nicht hat verdriessen lassen; doch aber / so offt er / in den Berg hinab fahren und wieder hinauf steigen wollen / sich / mit dem Zeichen deß Kreutzes / gesegnet; und niemals / von dem Geist / beleidiget worden. Es begab sich aber / eines Tages / daß der Berg-Teufel sehr importun und beschwerlich sich erzeigte: Darüber ward einem Arbeiter der Kopff warm / also / daß er ihn / mit vielen Scheltworten / sich forttrollen hieß / an den Galgen / und dazu / im Zorn /weitlich fluchte. Wie nun das Gebet deß Menschen Harnisch / wider den Bösewigt ist; also ist der Fluch seine Entwaffnung und Blössung / gegen der Gewalt deß Teufels: und das eräugnete sich hier alsofort. Denn der Geist erwischte den wünschenden und fluchenden Berg-Knappen beym Kopff / und setzte ihm denselben so übel zurecht / daß das Antlitz auf dem Rucken zu stehn kam. Doch ist der Mensch nicht gleich davon todt / sondern noch eine Zeit hernach /mit also verdrehetem Kopff / und verkehrtem Angesicht / im Leben geblieben. Gestaltsam ihn viel Leute / so zu deß Lavateri Zeiten annoch gelebt / wol gekannt / und in solcher Miß-Gestalt gesehn. Jedoch ist er / wenig Jahre nach solcher Verstellung deß Haupts / [571] gestorben. Dieses Exempel hat Lavaterus, aus der Feder eines gelehrten und gottsfürchtigen Manns / der ihms vergewissert / seiner Schrifft von den Gespenstern einverleibt. 2

Georgius Agricola, ein Mann / der in dem Bergwerck / und dessen Gelegenheiten / ungemeine Erfahrenheit gehabt / ertheilet / durch sein Gezeugniß / und ausführliche Beschreibung / uns die Versicherung /daß es keine Mährlein / was man von den Berg-Gespenstern / insgemein sagt. Wir mögen (spricht er)drüber lachen / oder nicht; so ist doch gleichwol /aus der Erfahrung / gnugsam bekandt / daß / in etlichen Berg-Gruben / eine Art von Teufeln herum gehe: Deren etliche den Metallgräbern keinen Schaden thun; sondern nur / in den Gruben / (und Klüfften) oder Schachten / herum schweiffen / und fleissig zu arbeiten scheinen; da sie doch nichts verrichten. Denn bald durchgraben sie einen Gang / (oder Ader) bald fassen sie das (vermeyntlich) gegrabene in den Eymer /bald arbeiten sie an der Rolle / als wollten sie etwas hinauf ziehen; bald vexiren sie die Bergleute / und machen dieselbe irre. Am allermeisten thun sie solches / in denen Gruben / daraus viel Silbers gegraben / oder / zu erlangen / gehoffet wird. Andre aber seynd gar schädlich; wie der /welcher / vor etlichen Jahren / die Ertz-Gruben zu S. Annæberg / so man die Rosenkron heisset /[572] dermassen verunsicherte / daß er zwölff Bergknappen / wie vielen Leuten bekandt ist / umgebracht / auch deßwegen selbige Grube / ohnangesehn sie Silber-reich war / verlassen worden.

Bald hernach schreibt er: Etliche / unter ihnen /seynd / wie gedacht / so bös / daß die Bergleute sie scheuen / wie die Pestilentz / und für ihnen fliehen. Andre hingegen seynd sanfftmütiger: und die Berggräber sehens nicht ungern / sondern wünschen vielmehr / und haltens für eine glückliche Bedeutung /daß dieselbe offt herzu kommen / und sich / mit ihrer (Gauckel-)Arbeit hören lassen. 3

Eben dieser Author machet anderswo / zwischen diesen Berg-Teufeln / eben dergleichen Unterscheid /und berichtet / daß etliche sehr trutzig / grausam und schrecklich anzusehn / den Bergknappen sehr gefähr /und aufsetzig seyen. Dabey ziehet er abermal an / zum Exempel / den Annæbergischen Geist / in der Rosen-Kron; mit fernerem Bericht / daß derselbe erschienen in Gestalt eines sehr lang-hälsigen Pferdes / mit grimmen Augen / und einen Dampff / aus seinem Rachen /geblasen; und / wie vor gesagt / zwölff Arbeiter ums Leben gebracht. Ein solcher ist auch (seines Berichts) der zu Schneeberg gewest / der eine schwartze Kappen getragen / und in der Georgens-Grube / einen Bergknappen / von der Erden / aufgehoben / und auf die öberste Stäte der allertieffsten Hölen (oder [573] Gewelbes) so ehmals Silber gab / nidergesetzt / nicht ohne Verletzung seines Leibes. Und / bey den Türcken / ist ein Jud gezwungen worden / eine Gewinn-reiche Grube zu quitiren / von einem Metall-Teufel / der den Leuten offt erschienen / in Gestalt einer Ziegen mit güldnen Hörnern.

Psellus (schreibt er weiter) setzet sechserley Arten der Geister / und giebt diese / für schlimmer / aus. Etliche Philosophi nennen diese Geister / die schädlich / und boshaffter Natur sind / viehische und unvernünfftige. Hernach giebt es auch sanfftmütige / welche von etlichen Teutschen / wie auch Griechen / Cobali benamset werden: weil sie es den Leuten nachmachen. Denn sie lachen /gleichsam vor Freuden / und stellen sich / als ob sie gar viel thäten / da sie doch das geringste nicht thun.

Von Andren / werden sie Bergmännlein genannt / nach der Statur / oder angenommener Leibes-Masse / so man / an ihnen / insgemein erblickt: denn sie erscheinen / wie Zwerge / dreyer Spannen lang; und zwar / wie alte Männlein / gekleidt wie die Bergmänner / in einem gekappten Hemde / und mit einem / um die Lenden herab- hangendem Leder. Diese pflegen den Ertz-Gräbern keinen Schaden zu thun; sondern schweiffen herum / in den Schachten / und Gängen / etc. etc. darinn man allbereit die Metallen gräbt / oder auch vermuten kann. Weßwegen die Bergleute dadurch / von [574] der Arbeit / nicht abgeschreckt; sondern / als durch ein gutes Zeichen / aufgemuntert werden / desto hurtiger und eyfriger drauf zu setzen / und stärcker zu arbeiten. 4

Schwenckfeld und Schicksusius erzehlen / von einem Venetianischem Kauffmann / daß als derselbe den so genannten Riesen-Grund an den Böhmisch-Schlesischen Grentzen durchgesucht / er endlich / an dem Fluß auf eine Wiese / unferrn von dem Ursprunge deß Flusses Zacke, gekommen / und daselbst /unter gar hohen Felsen / viel Goldes und Edelgesteinwercks gegraben; daran ihn zu verhindern / sich ein böser Geist sehr bemühet habe / und deßwegen mancherley Gestalt an sich genommen; dessen ungeachtet / der Venetianer gleichwol tapffer fortgegraben /gleich als sähe er dergleichen Nichts: da gleichwol die Einwohner so viel Muts nicht haben / diesem Kauffmann es nachzuthun; weil / ihrem falschem und furchtsamen Wahn nach / selbiges Gespenst sehr vielen Leuten den Hals umgedrehet haben soll. 5

Balbinus schreibt / daß / gleichwie / schier auf-oder an allen Böhmischen Metall-Bergen / Kirchen der Heiligen stehen / also unter denselben die Berg-Hölen / von den bösen Geistern / bewohnt werden /welche / in der Finsterniß daselbst / nemlich in den Ertz-Gruben / dominiren. Insonderheit berichtet Zacharias Theobaldus, von den Geistern in dem Cubitensischem District, daß sich dieselbe den [575] Metall-Gräbern offt ins Gesicht stellen / wie alte Männer / so drey Elen lang / denen der Bart biß auf den untersten Bauch herab hange; und zwar bißweilen in Bergmanns-Kleidern / mit Laternen / Schlägeln / Hammern / und andrem Geräht / aufgezogen kommen; und so man ihrer nicht spottet / noch ihnen sonst einige Widerwertigkeit zufügt / sondern sie mit Frieden lässt / werden sie Einem keine Beschwerniß machen: An gewissen Orten aber doch / wüten sie / und erscheinen in grimmiger Gestalt.

Aus einem geschriebenem Buch von dem Cutnensischem Bergwerck / gedenckt ersterwehnter P. Balbinus, daß man sie / zu Cutna, offt / in grosser Anzahl /habe gesehn / zu den Berg-Gruben hinein- oder herausfliegen; und wann kein Bergknapp drunten / sonderlich aber wann ein grosses Unglück und Schade obhanden gewest / habe man die Geister hören scharren / graben / stossen / und stampffen / und andre Berg-Arbeiten mehr vorstellen / bißweilen auch wol /nach gewisser Masse / wie die Schmiede auf dem Amboß pflegen / das Eisen umkehren / und mit Hammern schlagen.

In eben denselbigen Berg-Hölen höret man auch vielmals gar subtil klopffen oder hämmern und bicken / als ob drey oder vier Schmiede etwas fliessen. Dannenhero solche Geister / von den Böhmen / Haus-Schmiedlein benamset werden. 6 Wiewol diese nicht nur / in den Berg-Gruben / sondern auch in manchen Häusern / gehört [576] werden / vorab wann eine merckliche Verändrung zu Freud / oder zu Leid / vorgehen soll.

In der berühmten Berg-Gruben zu Kuttenberg /welche man Smytna genannt / haben / Anno 1509 /die böse Geister / auf eine Zeit / angefangen / gewaltig zu arbeiten. Man hörte viel Tage und Nächte nacheinander / von aussen zu / wie geschäfftig sie sich erzeigten / mit graben / und andrer Arbeit. Solches wird / in der Cuttnensischen Histori / für eine Vorbedeutung gehalten deß Tods-Falls der Bergleute daselbst; die hernach / in selbiger Gruben / das Leben eingebüsst. In selbiger historischer Beschreibung / wird vermeldet / daß / zehen Jahre hernach / eben daselbst / die Teufel / in grosser Anzahl / und unterschiedlicher Gestalt / aus unterschiedlichen Orten / durch die Lufft geflogen / und von den Bürgern deß Orts gesehn worden. 7

Manche wunderliche Köpffe werffen alle dergleichen Erzehlungen / unter die Mährlein: und wann sie je nicht leugnen können / daß die Bergleute offt etwas solches sehen / oder hören; begehren sie doch nicht zu gestehen / daß es Berg-Geister seyn; sondern schreiben es den starcken Einbildungen zu. Wenn aber solche Einbildungen hiebey Raum fünden; würde der verständige und hocherfahrne Medicus, Thomas Bartholinus, der sonst in allen seltsam-lautenden Sachen / nach Möglichkeit / natürliche Ursachen hervorsuchet / und woferrn sich nur der geringste Schatten [577] derselben äussert / alsofort die Natur / für eine Würckerinn solcher Begebenheiten / erkennet / nicht schreiben: Die Norwegische Berg-Gruben machen / daß wir / an denen unterirdischen Teuflein / nicht zweifeln: sintemal diese daselbst / nicht selten / erscheinen. Und solches zu beglauben / zeucht er an / aus einem Schreiben seines Sohns Christophori Bartholini, der / aus Curiositet / mit seinem Oheim / Johannes Finch / die Silber-Gruben allda besichtiget hat / diese folgende Nachricht / welche ich / aus der Lateinischen / in Teutsche Sprache versetzen will.

Den Berg-Arbeitern bringen fürnemlich die unterirdische Gespenster Hoffnung zur guten Ausbeute /wenn sichs begiebt / daß man sie erblickt. Ich selbst (sagt er) habe / mit demjenigen Bergmann / geredet /dem / als er / in der Gruben / gearbeitet / ein Berg-Teufel / mittelmässiger-Statur / mit einem langen Bart / aber über dem gantzen Leibe schwartz / an die Seiten getreten. Als dieser schwartze Gesell angekommen / redete er kein Wort; sondern bot dem Arbeiter /aus einer Büchsen / ein Taback-Pulver dar. Derselbe aber ward drüber ungedultig / daß ihn der Geist / in seiner Arbeit irre machte; und warff die Taback-Büchsen / aus der Hand / zur Erden. Hierauf flog ihm der Erd-Teufel gleich ins Gesicht: Dieser setzte sich /mit seinem in der Hand haltendem Instrument / behertzt zur Wehr; zoch aber bald den Kürtzern /musste die Flucht ergreiffen / und aus der Gruben hinauf eilen. Indem er nun den Schacht hinauf zu steigen / sich äusserst bemühet / fühlet sein Rucken eine so überaus schwere [578] Bürde zum Anhange / daß er / solche Gefahr / mit äusserster Krafft-Anstreckung / sich kaum entziehen kunnte.

Endlich ist er doch / durch GOttes Hülffe / entrunnen; hat sich aber / von den Nägeln deß Teufels / sehr übel zugerichtet / und verwundt / sein Hemd zerrissen / auch sonst überall seinen Leib / wie eine gemahlte Tafel / das ist / gebräunet / gebläuet / und blutrünstig gefunden; also / daß / biß auf diesen Tag / ihm die Wund-Malen / aus dem Gesichte / noch nicht vergangen.

Neulichst (setzt derselbe jüngere Bartholinus hinzu) hat ein andrer Bergknapp den Herrn Finchen sehr demütig gebeten / er mögte doch erlauben / daß er / in eine andre Ertz-Grube / versetzt würde; weil ihme ein unterirdisches Gespenst so hefftig zusetzte /daß er seiner anbefohlenen Arbeit nicht recht vorstehn könnte. Demselben hat man diesen Raht gegeben /daß / so bald das Gespenst käme / er demselben alsofort / ehe denn jenes die Arme bewegte / eine Ohrfeige geben sollte.

Es urtheilet aber der ältere Bartholinus christweislich / es stecke mehr Krafft / und Nachdruck / darinn /daß man andächtig bete / und sich / mit dem lieben Kreutz / segne: Sintemal solches die rechte πανοπλία oder Rüstung / wider den Satan / ist. 8 Denn jener heilige Führer und Leutenant Christi / spricht nicht:Gebet dem Teufel Ohrfeigen; oder bietet ihm Axt / Schlägel / und Stösse an! sondern: Ziehet an den Harnisch [579] GOttes: daß ihr bestehen könnet /gegen die listigen Anläuffe deß Teufels. Ergreiffet den Schild deß Glaubens. 9 Und ein andrer Vorgeher / in dem Goliaths-Kampffe / vermahnt gleich also: Widerstehet dem Teufel fest / im Glauben. 10

Es hausen aber nicht nur in unsren Europæischen Berg-Gruben; sondern auch / in andren / so ausserhalb Europa ligen / dergleichen Gespenster. Die Schwartzen (oder Moren) in Guinea / pflegen / von den Ertz-Gruben und Schachten daselbst / wunderseltsame Sachen (Mährlein giebts der Author Africæ; aber unbillig: sintemal es gar zu wol glaublich ist) zu erzehlen; nemlich / daß man daselbst ein grosses Getümmel und Geschrey höre / und sich niemand (aufs wenigste kein Heide) unterstehen dörffe / allda(allein etwan) zu bleiben: Imgleichen / daß die Bergleute und Gold-Gräber offtmals mit Gewalt heraus gejagt werden; da sie doch Niemand sehen können: Daß auch / zum offtern / ein güldner Hund / oder dergleichen Thier sich sehen lasse; doch gleich wiederum pflege zu verschwinden. Und was dergleichen Gespenster mehr. 11

Wie nun dergleichen Exempel uns gnugsam überführen / daß solche unterirdische Gespenster / in keiner blossen Phantasey / oder falschen Einbildung deß Menschen / bestehen; sondern ein würckliches [580] Wesen seyen: also gelüstet manchen Leser / zu wissen /wofür solche Geister dann anzusehen / für rechte Geister / oder für Mittel-Geschöpffe zwischen Menschen und Thieren? für lauter Teufel / oder theils für gute Engel? Derhalben werde ich hievon etwas discurriren.

Petrus Tyræus wähnete / die Cobeln beydes in den Häusern / und Bergwercken / wären gar keine Teufel /noch Geister; sondern gewisse kleine Menschlein /oder vielmehr ein Mittel-Geschlecht zwischen Menschen und Thieren / die / unter menschlicher Leibs-Gestalt / mit ihrer besondern und eignen Seele belebt /und an geheimen Oertern verborgen steckten / jedoch bißweilen den Leuten sich ins Gesicht stelleten.

Diesem Wahn hat nachmals auch Philippus Theophrastus Bombastus von Hohenheim / sonst insgemein Paracelsus benamst / aus gewöhnlicher Lust-Seuche seltsamer Meynungen / seine Stimme zugelegt / und dieselbe eyfrig verfochten; vorgebend / GOTT hette / ohne die Nachkommen Adams / überdas noch viererley Mensch-Arten erschaffen / mit Fleisch / Bein / und Vernunfft / begabt / und denselben / in jedwedem Element / eine Wohnung gegeben / darinn jedes Geschlecht seine Republic haben / durch Handel und Wandel / und Arbeit / ihme selbsten Nahrung und Kleidung verschaffen sollte: Unter denen nennete man diejenige Pygmæer / und Gnomos, welche / unten in der Erden / lebten; die aber / so in den Wassern /Nymphen und Undenas; die / in der Lufft / Sylphas und Melusinas; und endlich die / im Feuer / Vulcanen / und Salamandern.

[581] Ich will seine selbsteigene Worte erzehlen: welche /weil sie fast eben so abentheuerlich und unförmlich gesetzt sind / als wie die Meynung selbst lautet /einem forschgierigem Auge billig vorgelegt werden /gleich einer wundersamen Mißgeburt / die so wol den Anschauer eine Weil an sich halten kann / als wie eine schöne Gestalt.

Das sollen wir wissen / (sagt er) daß GOtt / in allen Elementen / lebendige Kreaturen geschaffen hat / und nichts hat lassen leer seyn / nicht allein Unvernünfftiges / sondern auch Vernünfftiges. Als nemlich / im Wasser / sehend ihr die Fische; in der Erden / den Talpam (oder Maulwurff.) Wie ihr nun da sehet / also gedenckt nicht anders / im Lufft / im Himmel / seynd dergleichen animalia, die da leben: als / im Lufft / Matene, das ist / Mücken; im Himmel / Tortelleos. Noch auch zu dem /ein lebendig empfindliche Kreatur / in Geistsweise: als / im Wasser / die Nymphen; in der Erden /die Gnomi; im Lufft / die Lemures; im Himmel /die Pennates.

Was er aber / durch die Gnomos, verstehe / nemlich die Bergmännlein / erscheinet / aus diesen seinen folgenden Zeilen.

Damit ich (aber) desto leichter verstanden werde / von was für Superis ich rede; zeige ich sie hie an / daß sie seynd im Firmament / und wohnend im selbigen / mit allen Weisheiten und Verstanden / und Künsten / und dergleichen Wirckungen über die Natur: bey uns in der unsern (soll vielleicht [582] heissen untern) Globul gleich den Bergmännlein / Lemuribus etc. also sollen wir wissen / daß nicht allein wir Menschen / auf Erden /solchen Verstand allein haben / also / als ob es sonst nichts wäre / als allein der Mensch / in dem der Verstand wäre: sondern es seynd noch mehr /in denen solcher Verstand / und mehrer auch ist /dann im Menschen / in allen dem / das die Natur antrifft / im natürlichem Verstande. Denn GOtt ist wunderlich / in seinen Wercken und Geschöpffen / der ohn End wunderbarlich den Menschen /als den edelsten Kreaturen / selbst Alles zu philosophiren befohlen hat / und zu erforschen die Natur; damit sie die Wunderwerck GOttes herfür zeige / etc.

Hernach will er / zwischen diesen Allen / und uns /den Unterscheid eröffnen / wie folget:

Wie ich gemeldet habe / von den Saganis der vier Elementen / wie sie in denselbigen wohnen /nicht bey uns Menschen; so ist / zwischen denselbigen / und uns / ein solch Unterscheid: daß wir Menschen seynd durch GOtt geschaffen / innen und aussen mit der Seele ohne Tod: welche Seele die andren nicht haben: wol menschliche Vernunfft und Kunst / aber menschliche Seele nicht /sondern menschlich seynd sie. Die Gnomi haben alle Kunst der Menschen / und beweisens auch; die Nymphen auch; also auch die andren. Da ist aber keine Seel / für die Christus gestorben sey; allein für die [583] Menschen; und für die Menschen /mit deren Blut und Fleisch Er geredt hat.

Hieraus könnte man zwar seine seltsame und mißbürtige Meynung allbereit zur Gnüge erfassen: weil er aber die Wunder-Brut seines eigen-sinnigen Gehirns noch besser an die Sonne legt / und erklährt; müssen wir seinen thörichten Einfällen noch weiter aufmercken.

Vom Menschen (schreibt er) sollen wir wissen /daß er keines Elements ist: sondern er ist frey /also / daß er nicht der Erden / nicht deß Wassers / nicht deß Himmels / nicht deß Luffts / allein ist: sondern aus ihnen allen lebt er / und wandelt in ihnen allen / und alle Dinge seynd von Seinentwegen geschaffen / und er ist der / dem sie gehorsam müssen seyn. Aber die Gnomi bleiben in der Erden / mögen deß Luffts / deß Firmaments / deß Wassers / nichts / gleich einer Schermaus: Die Nymphæ, im Wasser allein / gleich einem Hering: Die Lemures, im Lufft / gleich einem Vogel. Der Mensch aber ist nicht in Elementen körperlich; sondern frey auf der Erden / und nicht in der Erden; auf dem Wasser / und nicht im Wasser; unter dem Himmel / und nicht im Himmel; neben dem Lufft / und nicht im Lufft: und ist doch in allen vieren der Centrum (das Centrum) in den alle vier operationes, und ihren reflexum auf ihn geben / und ihre radios alle in ihnen. Damit so wisset die Unterscheid auch / die da ist zwischen [584] dem Verstand deß Menschen und den Saganis, ein Unterscheid zwischen ihren beyden Weisheiten / Kunst / Wirckungen und mansionen (oder Aufenthalt und Quartier.) Aber alles solches melde ich darum an / daß der Mensch nicht soll vermeynen / es sey kein Ertzmann nicht / als er allein; so doch die Gnomi noch besser sind / und gar im Ertz wohnen: oder / daß er allein wisse / was im Wasser sey / so doch die Nymphæ im Wasser darinnen gar seynd vielmehr wissend: deßgleichen auch nicht mehr wisse / was im Lufft sey / als die Lemures, oder daß er allein der Philosophus sey deß Luffts; die Lemures wissen noch mehr: also auch die Superi mehr wissen / im Firmament /denn der Mensch. Der Mensch weiß allein zu philosopiren / was ihm zukömmt; als / was auf dem Erdreich ist / als Laub und Gras / und was die mineralia aus dem Wasser herfür treiben; was das Firmament / und aër, herfür geben; da gehet seine Philosophey an. Aber die Saganæ wissend /was in der prima materia ist / im selbigen zu philosophiren und operiren; das mehr ist / und höher zu achten / denn die Philosophey der ultimæ materiæ. Wiewol der Mensch primam materiam auch versteht: so ist ihm doch gleich / als Einem / der von Ferne / in einer Schmieden / sihet schmieden: Der darinn ist / ist gewisser / denn der / der darfür ist / etc. 12 Was [585] er weiter dazu thut / gehört hieher nicht / und wird derhalben billig vorüber gegangen.

Solche ungesunde Lehre treibt dieser sonst berühmte Gesund-Macher und Artzt / auch an andren Orten mehr; sonderlich / in der Schrifft von den Nymphen / Sylphen / Pygmæern / und Salamandern; wie nicht weniger / im fünfften Tractat seines Buchs von der geheimen Philosophia / da er / von den Menschen und Geistern unter der Erden / handelt. Woselbst er /diejenige zu widerlegen / bemühet ist / die solche Bergmännlein / Kobeln / und Schrötlein / entweder für gute Engel / oder für eine Gattung böser Geister /oder für blosse Gespenster für Hexen-Wercke / für Seelen der Verstorbenen / oder derer / die ihre Schätze vergraben / oder für eitle und leere Einbildungen und falsche Gesichter / achten. Er lehret / auf was Weise sie dem Satan / etlicher Massen / verwandt / und / in welchem Verstande / sie / ob sie gleich beleibt / dennoch Geister können genannt werden. Er will sie lieber Sylphes und Pygmæos / als mit ihren / seinem Vorgeben nach / eigendlichem Namen / genannt wissen / weder Schröt- oder Bergmännlein / wie man sie ins gemein sonst heisst. Wie solches dieser sein Discurs / in bedeutetem Buch / von der geheimen Philosophia / ausweiset:

Sie sind nicht Geister / wie andre Geister; aber den Geistern gleich zu rechnen / in aller Vermöglichkeit und Kunst; haben doch Fleisch und Blut /wie die Menschen: das sonst kein rechter Geist hat; Wie dann Christus sagt / zu seinen Jüngern.

[586] Und / über ein wenig hernach / schreibt er: Wollen sie je Geister genennt werden / so mag mans irdische Geister nennen / von wegen deß / daß sie /unter der Erden ihr Chaos, und Wohnung haben / und nicht / wie andre rechte Geister / in Lüfften wohnen. Derhalben man dieser irdischen Geister sonderlich viele sindt / spühret / siht / und höret /wo grosse Schätze / und Reichthum / verborgen ligen. Also auch / wo köstliche gute Bergwercke von Gold und Silber sind: Denn daran haben sie ihre Lust und Freude / verhürens / und lassens nicht gern von sich. Wie dann die Bergleute von ihnen viel erfahren haben; werden auch viel von ihnen verhindert und angefochten / in mancherley Weise und Wege / etwan von ihnen verfolgt /geschlagen / oder geworffen. Hingegen erzeigen sie auch offt grosse Wolthat / und verkündigen Einem den Tod. Also / wo mans höret klopffen /zum ersten / andren / und dritten Mal / demselbigen Ort bedeuts einen Tod deß Bergmanns / der daselbst seine Arbeit hat. Entweder er wird / vom Bergwerck / bedeckt / oder kommt sonst um sein Leben. Das ist nun / bey den Bergleuten / eine gewisse Erfahrenheit / und die Berg-Verständige haben grosse Achtung auff solche Dinge. Es sind auch diese Geister der bösesten Geister / ob allen andren Geistern / die nicht Teufel sind; sonder lich wem sie übel wollen. So ist auch / zwischen dem Teufel / und diesen / ein grosser Unterscheid. Der Teufel stirbt [587] nicht ab; so diese (doch) absterben. Darum mangelt ihnen dieses allein / das ist das / daß sie absterben / nach langem Leben: sonst würden sie auch billig Geister genannt; aber zuvor nicht: Denn die Geister leben ewig und sterben nicht ab. Darum / was Leib / Fleisch /und Blut hat / dem Tod unterworffen ist / und je einmal absterben muß. 13

Er ist auch / mit der gemeinen Sage / daß der Teufel reich / und ein Herr über alle Schätze sey / nicht zu frieden; spricht / der Teufel sey die allerärmste Kreatur / besitze nichts / theile auch nichts aus / verlange auch nichts; sondern die Besitz- und Austheilung derselben stehe diesen Sylphen und Pygmæern zu. Von welchen er dieses hirnschellige Urtheil fället:

Es sind rechte wesendliche Leute / deren in allen vier Elementen wohnen / die in den ersten Zeiten der Natur / offt sind für GOtt gehalten /und angerufft worden. Und das sind eben die /davor uns GOtt der Allmächtige warnet / in seinem Gebot / in der ersten Tafel Moysi / wir sollen nicht andre Götter / neben Ihm / haben / weder die im Wasser; da meynet Er die Nymphen; noch die unter der Erden; da er die Sylphes und Pygmæos meynet: denn Er allein sey ein eyfriger GOtt / der da heimsuche solche Missethat der Väter / an ihren Kindern biß in das dritte und vierdte Glied. Was er vorhin / [588] von ihrer Leib- und Sterblichkeit / gesetzet / das bestetigt er nicht allein /bald hierauff; sondern spricht ihnen auch das ewige Leben ab / wann er sagt: Sie sind beydes dem natürlichen / und ewigem Tode / unterworffen / und sind deß ewigen Lebens / und der ewigen Freude beraubt.

Doch giebt er gleichwol so viel zu / daß auch diese Geister (wie seine Worte lauten) dem Teufel nahe verwandt / und offtermaln auch GOttes Hencker sind. So sind sie auch offt unsre Warner / Wächter / und Beschützer / in grossen Nöthen /helffen offt Einem außm Gefängniß / und dergleichen Hülffe mehr.

Scheinet / Theophrastus habe sich (wie gelehrte und gewissenhaffte Medici dafür halten) dieser schwartzen Nothhelffer jemaln bedient / oder auffs wenigste ihrer abergläubischen Erfindungen; und dafür ihnen / zur Danckbarkeit / dieses Lob sprechen wollen.

Ob er sie nun gleich / für solche Nothhelffer / ausrufft; will er doch keinem rahten / daß er sie zu sich ruffe / oder / durch schwermütige Gedancken und Einbildungen / einen Zutritt öffne. Gestaltsam diese seine Rede solches verwarnet:

Wie wir sie aber zu uns bringen / daß sie uns leiblich erscheinen / zu uns kommen / mit uns reden / uns helffen / und rathen / etc. ist nicht gut / dasselbige offentlich zu beschreiben / und anzuzeigen; um groß Ubels und Mißbrauchs willen /so mit (unter) würde lauffen. Aber so viel sage [589] ich doch / daß allein unser Glaube / unsere Gedancken / und unsere Imagination, solches kann und vermag. Darum man einen solchen Menschen /der also / mit traurigen / schwermütigen / bösen Gedancken / und Imaginationibus, beladen / und überfallen wird / nicht allein soll lassen; sondern /bey ihm / frölig und guter Dinge seyn / viel mit ihm reden / von viel und mancherley kurtzweiligen Dingen / ihn auch ernstlich ermahnen / daß er solcher Imagination vergesse / und ihm die böse gefährliche Gedancken aus dem Sinn schlage. Denn weder der Teufel / noch diese irdische Geister / feyren / sondern verfügen sich bald zu solchen Leuten. Daher kommts / daß etliche Leute /und fürnemlich die Kindbetterinnen / zu Nacht /im Schlaffe / gedruckt werden / daß sie vermeynen / sie müssen ersticken / können darzu nicht schreyen / oder Jemands ruffen / zu Morgens sprechen / Mich hat heint Nacht ein Trut gedruckt / ist ein alter Mann / oder alt Weib / gewesen / etc. Haben je und allwege vermeynt / es seyen Hexen: so doch die Hexen leiblich / durch kein beschlossene Thür / oder Fenster / mögen /noch können / einkommen / wie diese Sylphes, und Pygmæi, können. O du zweifelhafftiger Mensch! und kleinglaubiger Petrus! der du dich einen jeglichen Wind bewegen lässest / und so leichtlich sinckest! Du bist / an Solchem / selbst schuldig. Dein verzweifelter Glaub / der so schwach und klein in dir ist / auch deine eigensinnliche [590] böse Gedancken / bringen dich dahin / und fügen dir solches zu. Darzu hast du einen Magneten in dir verborgen / darmit du solches an dich zeuchst. Das ist der himmlisch Magnet über alle andre Magneten / die da Eisen und Stahl aufheben / und an sich ziehen; auch über die quintam essentiam, oder constilli rten Magneten / welche das verfallen und verborgen Eisen verrahten / und offenbar machen. Dann der himmlisch Magnet ist einer solchen grossen Macht / daß er / über hundert oder tausend Meil / ja Alles / was er will / aus den vier Elementen an sich zeucht / wann er in seine exaltation geht. 14

So viel man aus diesem Allen begreifft / vermag die Meynung Paracelsi dieses: Daß die Berg-Männlein solche Pygmæer seyen / wovon die Alten geschrieben; und daß sie solche Menschen / die zwar mit uns nicht allerdings eines Geschlechts / jedoch /dem Wesen nach / wahre Menschen / und von uns nicht unterschieden / als allein an der Seelen; unterdessen doch der Vernunfft sich so wol gebrauchen /als wie wir / ja / mit Wissenschafft / Kunst / und Klugheit / uns Alle weit übersteigen. Also eignet er ihnen hiemit denn auch rechte natürliche Leiber zu: sintemal er schreibt / daß sie einen wahren und begliederten Leib haben / leben / und sterben / auch etwas wircken / künsteln / und dergleichen.

Seine Ursachen / oder Beweisthüme / darauf er diesen seltsamen Wahn gegründt / scheinen [591] folgende zu seyn: I. Weil GOTT der HErr allmächtig / und von unendlicher Krafft; daher Er viele und mancherley Dinge schaffen könne. Zweytens: Weil diese Dinge unsren Sinnen begreifflich und bekandt sind. Drittens: Weil sie Blut / und Gliedmassen haben. Vierdtens: Weil sie leben / und lebendige Würckungen thun / wie wir Menschen; auch / gleich uns Menschen / sterben.

Hieher gehört / an Stat seines fünfften Beweisthums / was er / in seiner Schrifft von den Meteoris, setzt. Ich sage solches darum / daß wir / in der Meteorica, wissen sollen / daß verstanden Geschöpff (verständige Geschöpffe will er sagen) mit menschlicher Vernunfft und Sinnlichkeit / in solchen Elementen wohnen und seyn. Dann nehmet euch für viel Wunderwerck / so durch die oberste Generationes geschehen / in die Erden herab / die ohne solchen Verstand nicht geschehen mögten. Denn wie mögte es seyn / daß ein Strahl so gerad in das Ort schlagen müsste / und nicht in ein anders: Daraus gut zu nehmen / und zu ermessen ist / daß solches durch Verstand geschicht der Obern / id est, Superorum. Die Superi seynd die Pennates. Und solches zeige ich darum an / daß wir endlich und gründlich verstehn und wissen sollen / daß solche Kreaturen im Firmament seynd / die solche Wissenheit tragen / wie ein Geist: was in der Welt ist / daß auch / im Firmament / Wissenschafft bey ihnen sey. Dann sich soll in dem Niemands [592] verwundern; Es ist warhafftig von Gnomis, von Nymphis, so ist es doch wunderbarlich. Jedoch ist es schon über deß Menschen Verstand /wie bißher; so ist es doch also / und das Werck beweiset es. 15

Aber es müsste Einer ein sehr schwaches Gesicht haben / der nicht den Ungrund alles solches Geschwätzes erblickte / und wird derhalben unvonnöthen seyn / durch ausführliche Widerlegung / denselben zu entdecken. Es seynd kaum so viel Zeilen / els grobe Fehler darinn. Unter denen dieser nicht der geringsten / sondern ansehnlichsten / einer ist / daß er die Bergmännlein / für Pygmæer / achtet: daraus seine schlechte Erfahrenheit in den Geschicht-Büchern hervorblickt. Denn die so genannte Pygmæi / oder Trochlodytæ (wie sie / von theils Alten / genennet worden) wohneten zwar in Hölen; doch darum nicht überall / in allen Ländern; dazu auch eben nicht in Berg-Hölen / oder Ertz-Gruben. 16 Wiewol Andre / zwischen den Pygmæern und Troglodyten / unterscheiden / und jene für ertichtete Zwerch-Völcker / diese aber für rechte / doch sehr wilde Völcker ausgeben / die /wie Mela schreibt / keine rechte Ausprache gehabt /sondern mehr gekirret und geschnarret / weder geredet / in die Hölen gekrochen / und daselbst / von Schlangen / sich genährt. 17

[593] Weil die Paracelsische Pygmæi ihren Ursprung und Untergang nehmen / entstehen und vergehen; so erfordert man billig / von ihm / ein urkündlich-historisches Gezeugniß ihrer Geburt / Herkunfft und Fortpflantzung? Seynd sie geborne Menschen / so müssen sie je / aus fleischlicher Zusammenkunfft und Vermischung beyderley Geschlechts / männ- und weibliches / erzeuget seyn / wie andre Menschen und Thiere. Von solcher Erzeugung und Unterscheidung deß Geschlechts der Berg-Pygmæer ist / in keinen historischen Schrifften / ein einiger Tüpffel zu finden / viel weniger von ihm etwas dargethan: also haben sie keiner andren Gebär-Mutter ihren Ursprung zu dancken / als seiner Phantasey. Es mögte denn das Pygmæer-Geschlecht etwan / nach Spagyrischer Kunst / aus menschlichem Saamen / in einem Distillir-Glase (Cucurbita) oder Pferde-Bauch / durch die Putreficirung / hervorgebracht seyn. Massen er eine solche Erzeugung und Ursprung sonst solchen Geschöpffen zuzueignen pflegt / die uns / seines Vorgebens / an Weisheit übertreffen / und dieselbe Geschöpffe zu erkennen /für eines der höchsten Geheimnissen preiset / so GOtt denen tödtlichen und sündlichen Menschen hat wissen lassen. Ja! er titulirt solches ein Miracul / und Magnale DEI, ein Geheimniß über alle Geheimnisse; so auch billig ein Geheimniß bleiben soll / biß zu den allerletzten Zeiten / da nichts verborgen bleiben / sondern Alles offenbart werden wird.

Daß er aber die Gnomos dieser Zahl auch mit einrechne / und allen Geschöpffen / so auf solche [594] Weise entstehen / grosse Wunder zulege / erhellet / aus diesem seinem Zusatze:

Wiewol solches bißanhero dem natürlichen Menschen ist verborgen gewesen: so ist es doch den Sylvestris, und den Nymphen / und Riesen /nicht verborgen / sondern vor langen Zeiten offenbar gewesen; daher sie auch kommen. Dann aus solchen homunculis, so sie zu männlichem Alter kommen / werden Riesen / Zwerglen / und andre dergleichen grosse Wunderleute / die / zu einem grossem Werckzeug und Instrument / ge braucht werden / die grossen gewaltigen Sieg /wider ihre Feinde / haben / und alle heimliche und verborgne Dinge wissen / die allen Menschen sonst nicht möglich seyn / zu wissen. Dann durch Kunst überkommen sie ihr Leben / durch Kunst /überkommen sie Leib / Fleisch / Bein / und Blut; Durch Kunst / werden sie geboren. Darum so wird ihnen die Kunst eingeleibt und angeboren /und dörffen es von Niemand lernen / sondern man muß von ihnen lernen. Dann von der Kunst seynd sie da / und aufgewachsen / wie eine Rose oder Blum im Garten / und werden der Sylvestern und Nymphen Kinder geheissen / darum /daß sie / mit ihren Kräfften und Thaten / nicht Menschen / sondern sich Geistern vergliechen. 18

[595] Aber ich muß aufhören / die Paracelsische Weiber-Mährlein zu beschreiben: sintemal eben so wenig Geschmacks und Saltzes / in seinen Worten / als in seinen Getichten / zu finden.

Jedoch damit seine vermeynte Beweisthümer nicht gar unbeantwortet bleiben: wollen wir sie ein wenig /auf die rechte Vernunfft-Wage / legen. GOtt (schreibt er) ist allmächtig / und unendlicher Krafft. Wol! aber gibt das einen Beweis / daß Er / um solcher seiner unermeßlichen Krafft und Allmacht willen / Alles schaffe / und wircke / was dem Paracelso träumet /oder zu fabuliren / beliebt? Mit der Weise / liesse sich gleichfalls beweisen / daß alle Abrahams-Kinder / aus den Steinen / bürtig wären: Denn Christus sagt /GOTT könne dem Abraham auch / aus den Steinen /Kinder erwecken. Mit eben so einem strohernem Beweis-Grunde / haben etliche Stern-Kündiger darzuthun / gehofft / daß auch die Sterne / von verständigen Geschöpffen / bewohnt würden; weil GOttes Weisheit und Allmacht viel grösser / weder ein Mensch ermessen könnte / zudem auch der Erdbodem allein viel zu klein und zu gering wäre / daß die / darauf wohnende / Menschen Ihn gnugsam loben und ehren könnten. Was für eine Albertet ist es aber doch / daß man entweder die Zahl / oder die Lobsprechung der Menschen / der unendlichen Allmacht GOttes vergleicht?

Von nicht besserm Korn und Schrot ist sein zweyter Schluß: Weil wir die Cobeln / mit unsern Sinnen / erfassen; so müssen es natürliche Körper seyn. Oder: Weil wir sie [596] sehen / so müssen sie natürlich Leiber haben. Denn hierum wird eben gestritten / ob sie / weil sie uns zu Gesichte kommen / in einer gewissen Gestalt / in einem rechten Leibe / oder nur in einer phantastischen und schattirten Fürstellung / uns erscheinen? Angemerckt / aus ihrer blossen Annehm- und Fürstellung menschlicher Figur / kein Schluß gezogen werden kann / für ihre wahre Leiblichkeit / oder menschliche Wesenheit. Sonst müsste ein Konterfeyt auch ein Mensch seyn / weil es einem Menschen gleich sihet / und der Spiegel einen rechten menschlichen Leib erfassen / indem er die Gestalt deß Menschen erfasst / oder zurück giebt.

Den dritten Schluß / daß sie Blut / und einen begliederten Leib / haben / muß Paracelsus erst beweisen. Denn was selbst unterweislich ist / kann / zu Erweisung eines Andren / nicht taugen. Vielleicht hatParacelsus einem Bergmännlein zur Ader gelassen /oder das Maul blutig geschlagen / daß er so ungescheut ihnen Blut zuschreibt. Welches aber schwerlich geschehen ist: sintemal er sonst / ohne Zweifel /eine sonderbare Essentz / Tinctur / und dergleichen /daraus bereitet / und allen Sachen / so von Menschen-Blut kommen / weit vorgezogen hette: weil jene / seinem Schwarm nach / viel eines edlern Herkommens. Nachdemmal aber / in allen seinen Schrifften / kein Tröpflein davon anzutreffen: so glaubt man auch nicht / daß er jemals einiger Essentz / oder Tinctur /von seinen erträumten Pygmæis, fähig worden.

[597] Noch ungereimter fabulirt er / mit seinem vierdten Beweis / von dem Absterben der Cobeln / und Bergmännlein. Vielleicht hat er einen darunter / zu Grabe /kurirt / oder begleitet / und daraus die Künheit eines so vermessenen Ausspruchs erlangt.

Gantz erbärmlich / kräncklich / und hyppocratisch gefärbt sihet sein fünffter Beweis / der von dem richtigen und ungefehltem Einschlagen deß Strahls genommen ist. Der Strahl von einer Fackel / von einem Licht / oder Feuer / wie auch aus der Sonnen / fähret auch gantz richtig / an gewissen Ort; sollte deßwegen eine vernünfftige Kreatur darinn sitzen? Eben so übel geht die Folge von statten / welche / mit deß Paracelsi seinem Strahl / geflogen kommt.

Betreffend aber dieses sein Fürgeben / daß die Bergmännlein bekörpert seyen; so ist nicht ohn / daß etliche fürnehme Schrifft- und Vernunfft-Lehrer der Meynung gewest / es wären alle Engel / und Geister /beleibt / und Niemand ohne Leib / als GOTT allein. Vor andren / hat Michaël Psellus, ein gelehrter Philosophus, der ungefähr tausend Jahre nach Christi Geburt gelebt / insonderheit ernstlich dafür gestritten; und berufft sich / unter andern / darauf / daß die Geister vielen Alt-Vätern leiblich erschienen. Und der alte Lehrer Basilius, welchen auch bemeldter Psellus mit anzeucht / vermeynte / daß nicht nur die Teufel /sondern auch die Engel / beleibt wären. Zur Bescheinung dessen / bezeucht er sich / auf die Worte deß Königlichen Propheten / Davids: Du machst deine Engel zu Winden / [598] (ὁ ποιῶν τὸς ἀγγέλoς πνεύματα)und deine Diener zu Feuerflammen: Denn die Engel und Ministern (oder Diener) so in ihre Aemter und Provintzen abgefertigt werden / müssen ja einen Leib haben / daß sie sich bewegen und ruhen / und erscheinen können. Denn auf andre Weise / kann solches nicht geschehn / als vermittelst eines Leibes. 19

Evodius erzeiget sich / in einer Epistel / an den Augustinum, gleich also gesinnt: und Augustinus selber stehet dieser Meynung nicht hart entgegen; nemlich daß die Engel etwas Leibliches / wiewol gar Subtiles / an sich haben. Justinus Martyr, Tertullianus, Cyrillus Alexandrinus, Hilarius, Ambrosius, und noch Andre mehr / urtheilen gleich also.

In diesem Welt-Alter (oder Seculo) haben gleichfalls etliche solcher Meynung beygepflichtet. Darunter auch der gelehrte Medicus und Philosophus Sonerus, weiland Professor, auf der Hohen Schul zu Altdorff: welcher aber mit weit ansehnlichern Beweisthümern /weder besagte Väter / hervor kommt. 20 Und hiedurch / sollte man gedencken / hette Paracelsus nun viel zu fürnehme Beystimmer hierinn / als daß man seinen Satz so gar verwerffen / und verhönen könnte.

[599] Allein es fehlt noch Himmel-weit / daß darum seine Meynung so erträglich wäre / als dieser trefflichen Lehrer ihre. Denn ob gleich diese den Engeln rechte Leiber zueignen; verstehen sie doch keine solche / wie die unsrige / die natürlich / und aus den Elementen gemischet / dazu den Affecten / Gemüts-Regungen /und Leidschafften (oder Passionen) unterworffen sind; sondern solche / die über unsre leibliche Natur weit erhöhet / und einer himmlischen Art / dazu unsichtbar / unvergänglich / und unsterblich / ja also beschaffen /daß man sie / mit gutem Recht / Geister nennen könnte. Also haben sie demnach den Engeln / und Teufeln / keinen blossen Leib nur / sondern / neben dem Körper / oder vielmehr zu dem Körper / auch noch anders / das gantz spiritalisch / zugeschrieben; bevorab Augustinus. Denn sonst hetten sie ihnen eine weit schlechtere Natur / als den Menschen / zugeeignet. Welches hoch gefehlt wäre / und ihnen (den lieben Vätern) nicht zuzumessen: sintemal sie vielmehr die engelische zwischen GOttes / und der Menschen /als eine Mittel-Substantz / betrachten.

Aber so glimpflich geht Theophrastus nicht; sondern macht die Berg-Geister / zu Menschen / und menschlichen Körpern / ja / wenn mans recht nachdencket / zu viehischen Körpern; sintemal er dieselbe nicht allein dem Leibe / sondern auch der Seelen nach / für sterblich / ausgiebt. Derhalben kann solcher Mißverstand der lobwürdigen Väter dem groben und ungeschwungenem Fürgeben Paracelsi, zu keiner Decke / gereichen.

[600] Hernach so ist auch bemeldte Mutmassung gedachter Väter / von allen andren Vätern / dazu vielen jüngern Lehrern der Schrifft und Philosophiæ, gründlich widerlegt; auch so gar von dem LateranensischemConcilio für einen solchen Satz / der zwar eigendlich nicht ketzerisch / dennoch von Ketzerey nicht gar ferrn sey / erklährt worden.

Den Schein-Gründen besagten Soneri, welche / auf Aristotelischen Grund-Sätzen / guten Theils / gebauet / und meisterlich wol beschönet worden / hat der / in GOtt nunmehr ruhende / Professor Felwinger, die Farbe abgewischet / und das Gegentheil richtig behauptet. 21 Wiewol auch / vor diesem / der scharffsinnige Scheiblerus solchen Wahn der engelischen Leiblichkeit / mit guter Vernunfft / bestritten / und überwunden / und zwar / unter andren / mit diesen fast kräfftigen Folgereyen. Wann die Engel einen Leib hetten; müssten sie materialisch seyn / gewisse Masse und Statur / und folgends die Inpenetrabilität /haben. Das ist / sie würden / wegen der dreyfachen Körper-Maß / nicht können durchdrungen werden /noch ihrer Viele zugleich in einem Punct (wodurch das Griechische Wörtlein ποῦ allhie verstehe) noch /mit einem andren Körper zugleich / auf einer Stelle /seyn. Welches doch gleichwol falsch / und sich viel anders befindt: angesehn / die Engel / in einem überall fest vermaurtem / und versperrtem / Gefängniß /erscheinen / [601] und ihre Gegenwart stellen können. Wie man dessen gewisse Exempel hat. Daraus erscheinet /daß weder die Länge / noch Breite / noch Dicke / und Festigkeit der Mauren / den Engeln widerstehe / oder verhinderlich falle. So lieset man auch in heiliger Schrifft / daß in einem einigem Besessenen eine gantze Legion / das ist / sechstausend / oder siebendhalb tausend Teufel / ihr Quartier gehabt. Welche grosse Menge / bey einem einigen Menschen / keinen Raum hette gehabt / wenn ein jeglicher böser Engel daselbst einen solchen besondern Ort besessen / davon er einen andren Teufel / und dessen vermeynten Leib /hette ausgeschlossen. 22 Noch ein und andres / so dieser Hochgelehrter zum Beweis darstellet / laß ich aus: weil es mit lauter Kunst-Wörtern setzt worden / die /in unsrer Teutschen Sprache / dem Leser gar zu schwer vorkommen dörfften.

Wer von dergleichen Gegen-Gründen einen Auszug und Kern verlangt / kann auch deß gelehrten Spannischen Rechtslehrers / Francisci Torreblancæ Dæmonologiam 23 durchsehen: darinn er dieselbe / in etwas engerer Verfassung antrifft.

Ich muß aber dennoch bekennen / daß diejenige Väter / so die Engel für einiger Massen beleibt ausgegeben / doch noch einen Ruck-Streich thun / und damit / alle bisher angezogene Gegen-Schlüsse / zu Boden legen mögten. Denn sie könnten unterscheiden einen englischen und menschlichen Leib / [602] und sagen /Jener sey gleich den glorificirten Leibern der Heiligen im ewigen Leben. Welchen dieses zugeignet wird /von gar fürnehmen Theologis / daß es geistliche /dennoch aber rechte / wahre Leiber seyn werden /denen gleichwol keine Maur / noch sonst etwas / widerstehen solle; sondern die Alles durchdringen / ja auch wol (wie Etliche noch dazu thun) ihrer viel mit einander / in einer Stelle / seyn werden können. Kann doch die Lufft / kann doch der subtile Wetter-Strahl /durch andre harte Körper / fahren / und hört darum doch nicht auff körperlich zu seyn: Wie viel leichter würde denn ein glorificirter Leib / ohne Anstoß / alles gleichsam durchfliegen: Nun könnten aber solche Englische Leiber den glorificirten Menschen-Leibern gleich seyn: Weßwegen es nichts Ungereimtes / daß man jenen eben die Vollkommenheit zurechnete /deren diese dermaleins sollen theilhafft seyn: Weil denn der Engel Leiber nicht / gleich unsren sterblichen Leibern / natür- sondern gleich jenen unsterblichen / übernatürlich seyen; schliesse man / mit denen / wider sie vorgebrachten / Ursachen / so viel / als Nichts. Und das gewinnet keinen schlechten Schein. Denn / durch gemeldte Ursachen / können den Engeln nur natürliche / und keine über unsre jetzige Natur erhabene / Leiber abgesprochen werden.

Hie muß gewißlich die Vernunfft das Gewehr niderlegen / und den Glauben allein die Sache ausmachen lassen: Welcher einen solchen Schluß macht: Was die Heil. Schrifft selbst sagt / das fehlet nicht. Sie sagt / ein Geist hat nicht Fleisch und Bein: Darum fehlet solches nicht. Wie wann aber Jemand dennoch wiederum [603] auch diesen Streich ausnähme / und versetzte: Ob der Engel gleich / weder Fleisch / noch Bein habe; könne er doch wol einen andren / viel subtilern und himmlischen Körper haben? Da würde es abermal schwer zugehen / daß man die Sache recht hebte. Daß ein glorificirter Leib eine Maur durchdringen könnte; beweist der aufferstandene Leib deß Allerheiligsten. Daß aber viel verherrlichte Leiber /gleich wie die Geister / miteinander auff einer Stelle /und gleichsam in einem Punct / sich enthalten könnten; wie zwar etliche berühmte Theologi eben so wol dafür halten; bedarff eines Beweises: und denselben wird man / weder aus Heil. Schrifft / nach aus gründlicher Vernunfft / aufbringen. (Von dem verhimmelten Leibe deß Sohns GOttes / wird allhie nicht geredt) Augustinus / und andre Lehrer / sagen gleichwol / daß die verklährte Körper haben sollen veri corporis modum die Masse oder Quantität eines rechten Leibes. Und solches erfolgt auch aus dem Trost-Spruch Hiobs: Ich werde / mit dieser meiner Haut / umbgeben werden. 24 Und jener Märtyrer / im zweyten Buch der Maccabæer / tröstet sich damit / GOtt werde / ihm diese seine Glieder wol wiedergeben. 25 Soll uns denn ein Corpus organicum, ein begliederter Leib wieder gegeben werden; so muß ein solcher Leib auch seine rechte Quantitet und Grösse haben. Welches aber / gar nicht seyn könnte / wann viel glorificirte Leiber / gleich wie die Geister / auff- und in einerley Punct / beysammen seyn könnten. Denn [604] es könnten nicht einmal einer einigen Person Gliedmassen / ohne Zerrüttung / und gäntzliche Entgliederung /sich in einen Punct concentriren: angemerckt / sonst Fuß / Hände / Kopff / von ihrer Stelle weichen / und alle mit einander nur ein einigen Tupff formiren müssten. Welches gar ungereimt / und der Natur eines wahren Menschen-Leibs gar nicht gleich: sintemal alle Quantitet und Masse desselben dabey würde verschwinden: Welches / mit keinem Buchstaben der Schrifft / zu behaupten steht / auch die Eigenschafft und Natur eines wahren Leibes gantz umkehrt / auch den Unterscheid zwischen einem Geist und Menschen / guten Theils / auffhebt.

Will man dagegen einwenden / die Schrifft sage /daß wir seyn werden / wie die Engel Gottes; so schickt solches sich daher im geringsten nichts. Denn der HErr zielte damit hauptsächlich nur / auf dieses /daß man / im Himmel / so wenig / als die Engel / heirathen würde: und ob man selbigen Spruch auch wol noch weiter / auf die Behändigkeit / Klugheit / Unsterblichkeit / und theils andre englische Vollkommenheiten / gar wol zugleich / mit ziehen kann: lässt sich doch solches nicht durchaus / auff alle englische Eigenschafften / bequemen: Denn sonst würde Leib und Geist endlich gar einerley.

Will man aber vorschützen / es müsse solches er folgen / aus dem / daß man den verklährten Leibern eine unverhinderliche Durchdringung alles Gegenstands gesteht; so ist es noch weit gefehlt / daß / aus solcher Durchdringung / Solches nothwendig zu schliessen wäre. Mit der Durchdringung alles [605] Gegenstandes / wird die gewisse Quantitet und Masse deß Leibs nicht auffgehoben; aber durch die Zusammenziehung vieler Leiber auff einerley Stelle / müsste sie nothwendig auffgehaben und vernichtet werden. Laß einer zwey oder drey Tröpfflein deß alleredelsten Syrischen Balsams in die Hand fallen: so werden sie im Augenblick mitten durch die Hand dringen / und an der auswendigen Seiten der Hand ihre Feuchtigkeit blicken lassen. Es dringe nun gleich die gantze Substantz deß Balsams / oder nur der subtile Ausfluß oder Dunst / desselben hindurch (wiewol die Reisbeschreibung deß Hanns Werli von Zimber meldet /man sehe die Feuchtigkeit selbst / auff der umgewendeten Hand) so ist der Ausfluß / und Dunst / dennoch auch ein Körper. Ein wol rectificirter Spiritus / oder Wein-Geist / dringt gleich durch die Haut. Aber darum lässt sich noch nicht schliessen / daß zween oder drey Tropffen / oder derselben Dünste einerley Mittel-Tupff / oder eben denselbigen Tüpffel / zum Ruhplatz erwehlen / den etwan andre Balsam-Dünste allbereit eingenommen / noch daß zwey oder drey zugleich ausgeschüttete Tropffen sich also zusammen ziehen / daß Einer eben dasselbige Tupff-Spitzlein bedeckt / welches der andre / und dritte. Denn daraus entstünde eine Confusion oder Verwirr- und Vermischung leib- und geistlicher Natur.

Diesem nach bleibt die Durchdringung wol stehen; ob gleich die Concentrirung / oder Verengerung und Einschliessung vieler verklärten Leiber in einerley Tupffel nicht bestehen kann. Damit liesse [606] sich nun /meines Bedunckens / die irrige Meynung derer / welche den Engeln und allen Geistern / so bösen / als guten / einen subtilen Körper zumessen / am gewissesten deß Irrthums überweisen. Denn ob gleich der glorificirte Leib / zu einem verschlossenen Kercker /eindringen könnte / so wol / als wie ein Engel / oder Geist: so hat doch der Engel / oder Geist / keine gewisse Quantitet / oder Abmessung / wie der glorificirte Leib. Wiewol ich diese meine Gedancken einem Verständigern / zur Verbesserung / gern untergebe.

So nun gedachte Meynung etlicher Väter von den englischen Leibern / aus angezeigter Ursach / nicht gelten kann; welche dennoch viel bessern Schein hat /als Paracelsi seine: wird gewißlich dieses seine viel ungültiger / und keines Hellers werth seyn: weil dieser den Berg-Geistern rechte / natürliche / elementarische / und sterbliche Menschen-Leiber anflickt.

Fußnoten

1 Olaus M.L. VI. c. 9.

2 Lavater. de Spectris, part. 1. c. 16.

3 Agricola in Dialogo de Re metallica, qui inscribitur Bermannus.

4 Idem in sine libri de subterran. animantib.

5 Balbinus in Miscell. histor. Bohem. l. 1. c. 6. §. 2.p. 13. in fine.

6 Idem l. 1. c. 16. p. 45.

7 Idem lib. 3. c. 16. §. 5. p. 197. 2.

8 D. Thom. Bartholin. Vol. 2. Act. Medic. Observ. 8. p.m. 12.

9 Ephes. 6. v. 11. 16.

10 1. Petri 5. v. 9.

11 Neue Africanische Beschreibung fol. 460.

12 Theophr. Paracels. lib. Meteoror. c. 4.

13 Idem lib. de occulta Philosoph. Tract. 5.

14 Idem ibid.

15 Idem c. 4. Meteororum.

16 Vid. Aristot. l. 8. Histor. animal. c. 12.

17 Mela lib. 1.

18 Idem lib. 1. de Rer. natura. s. de rer. natural. generat.

19 Hæc Psellus in Dial. de Operat. Dæmon. edit. Parisien s. Gilberti Gaulmini. p. 38. Et Basilius ipse lib. de Spir. S.c. 16.

20 Vid. Comment. illius in lib. 12. Metaphys. Aristotel. c. 8. p. 671. seqq. & imprimis Disp. de Problem. Miscell. Philos. Probl. 10. in Phil. Altorph. p. 521.seqq.

21 Vid. Comment. Ejus in Alpha Majus Arist. Metaphys. c. 7. Qu. 1. p. 211. seqq.

22 Scheibler. Oper. Metaphys. l. 2. c. 4. Tit. 3. art. 3. N. 28.

23 lib. 2. c. 28. N. 2.

24 Hiob. 19, v. 26.

25 2. Maccab. 7. v. 11.

64. Der Zwerg- und Kindleins-Geist

[607] LXIV.

Der Zwerg- und Kindleins-Geist.

Nicht allein in den Bergwercken / sondern auch wol anderer Orten / lassen sich bißweilen kleine Männlein blicken: die man / für Vorboten eines obhandenen grossen Unglücks / achtet; zumal wann sie anderswo /als in den Bergwercken / sich den Leuten ins Gesicht geben. Wiewol man nicht allerdings gewiß seyn kann / ob solche Männlein eben alle Mal böse / und nicht bißweilen vielleicht wol gute englische Geister seyn. Denn man weiß / daß bißweilen auch wol die Heil. Engel / in Gestalt kleiner schöner Knaben / bevorab manchen Sterbenden / kurtz vor ihrem Ende / erschienen.

So wollen wir dann / in der Ungewißheit / ob dieses für einen bösen / oder guten Geist / zu halten sey /erzehlen / was im Jahr 1686 / am 8 Junii / aus Basel /für eine gewisse Zeitung / geschrieben worden; und nicht die würckliche Begebenheit / sondern nur das Urtheil von derselben / bezweifeln.

Es soll sich bey jetzo benamter Zeit / in einer Bündtischen Gegend / zugetragen haben / daß zween Edelmänner / mit ihren Dienern / auff dem Wege nach Chur / an einem Busch / ein kleines Kind erblickt /welches in Leinen gewickelt da gelegen: weßwegen der eine Edelmann / aus Mitleiden / seinem Diener befohlen / abzusteigen / und solches Kind [608] auffzuheben: auf daß mans / ins nechste Dorff / mit nehmen könnte. Wie nun der Diener abgestiegen / hinzu getreten / das Kind angefasst / und auffheben wollen; hat er es nicht von der Erden erheben können. Worüber die beyde Edelleute sich höchstens verwundren / und dem andren Diener befehlen / er sollte gleichfalls absitzen / und dem ersten helffen. Welchem aber damit so weing geholffen / daß sie beyde / gesammter Hand / desselben nicht mächtig werden / ja es nicht ein Mal von der Stelle rücken können. Nachdem sie aber lange genug daran gezogen und vergeblich gehoben; hebt das Kind an zu reden / und spricht / sie sollten es nur gehen lassen; denn sie würden es doch nicht von dannenn hinweg bringen können: unterdessen wolle es ihnen nur so viel anzeigen / daß es anjetzo ein köstlichs und fruchtbares Jahr geben / aber sehr wenig Leute solches erleben würden. So bald es solche Worte ausgeredt / ist es verschwunden.

Worauff die beyde von Adel / in höchster Bestürtzung / fortgeritten / und / wie sie nach Chur gelangt / es daselbst angezeigt / auch / vor dem gantzen Raht / eydlich abgehört worden: daher man der Gewißheit solcher Begegniß gnugsam versichert ist. Ob es aber ein heiliger Engel / oder ein Gespenst / gewesen; das wird so leicht nicht zu entscheiden seyn. Sollte aber / weder ein fruchtbares Jahr / noch ein Sterb / oder keine gewaltsame Austilgung vieler Leute durch das Kriegs-Schwert / drauff erfolgen; so würde es / für eine blosse gespenstische Gauckeley / und Betrug deß Satans / zu achten seyn. Denn der Heil. Engel Weissagung fehlt nicht: sondern GOtt lässt dasjenige / [609] was sie verkündigen / kommen; es sey dann / daß es / mit dieser / darunter verstandenen /Bedingung / woferrn durch Busse das Unglück nicht abgewandt werde / angedrohet worden.

Im Jahr 1644 / am 18 Augusti / zoch der Curfürst zu Sachsen / Johann Georg der Erste / die Stadt Chemnitz vorbey; als seine Leute / in einem Gehöltze selbiger Gegend / ein wildes Weiblein fingen / so nur einer Ellenlang / sonst aber recht menschlich gestaltet war. Ihr Angesicht / Hände und Füsse / waren gantz glatt; der übrige Leib aber aller rauch. Selbiges Weiblein fing an / zu reden / und sagte: Ich verkündige /und bringe den Frieden im Lande.

Der Curfürst befahl / man sollte sie wieder lauffen lassen: weil vor etwa 25 Jahren / auch ein Männlein /in gleicher Gestalt / gefangen worden / welches den Unfrieden und Krieg verkündigt hette. 1

Diß muß entweder ein Engel / oder Teufel / gewesen seyn: Denn unvernünfftige Thiere können nicht reden. Ich besorge aber / es sey ein Teufels-Gespenst gewest: sintemal man nicht lieset / daß die Engel in einer rauhen Gestalt / jemals wären erschienen. Der Satan sucht bißweilen das Ansehn / als ob er gesandt sey / was Gutes zuverkündigen / wann er sihet / daß er dasselbe nicht länger verhindern darff. Die heilige Engel erscheinen gemeiniglich / in einer schönen /holdseligen / oder gar ernsthafften / ehrwürdigen / und ansehnlichen Gestalt / und keiner solchen Miß-Gestalt.

[610] Ist derhalben zu vermuten / es habe sich daselbst ein Wald-Teufel / gern / und für Spaß / fangen lasssen: Angemerckt / der Satan seine Lust daran hat, daß er die Menschen ässe / und ihnen einen Auffzug mache.

Fußnoten

1 Gottfried Schultz / im 1644sten Jahr seiner Chronic.

65. Der schlack- und schadhaffte Geist

LXV.

Der schlack- und schadhaffte Geist.

Wie sich eine grosse Schlange vielfältig krümmet /und wickelt: also schlängelt und wirket die Seelen-Otter / der böse Geist / seine Händel inn- und durcheinander / um das rechte Haupt seines Anschlages und Ziels desto besser zu verstecken. Er macht allerhand Gauckeleyen den Leuten vor die Augen: damit sie sein rechtes Absehn nicht ersehn sollen: Welches niemals etwas anders ist / als Schaden und Unglück zu thun / fürnemlich den Unschüldigen. Denn weil er ein Verleumder und verdammter ist; führt er / wider die Unschuld / einen unversöhnlichen Zorn und Groll: auff daß er demjenigen / der ihn verdammt und überwunden hat / einen Verdruß / in seinen Gliedern / erzeigen möge. Die Fersen deß triumphirenden Schlangen-treters sitzen ihm nunmehr / viel zu hoch / nemlich zur Rechten GOttes: daher er sie nicht mehr stechen kann: weil aber die Gläubigen auch dahin zu kommen trachten / da Christus ist / nemlich in seine Herrlichkeit; hasst er [611] sie / als Diener und Knechte / ja als geistliche Glieder seines Uberwinders / und richtet auff jedweden derselben / seine Stiche täglich / auff mancherley Weise. Das ist / er trachtet ihnen Schaden zuthun / an Leib und Seele. Damit sie aber sich desto weniger dafür hüten mögen: weiset er nicht gleich den Angel / sondern verdeckt ihn / unter mancherley abentheuerlichen Possen / darein sich die Unfürsichtigen vergassen und vernarren / biß sie sich bethört und übern Tölpel geworffen sehn. Er lässt bißweilen etliche Warheiten (oder vielmehr Verräthereyen) mit unterlauffen / wann er seine Lügen und Lästerungen zu Felde treibt / oder unter die Leute / führt: und vermengt sein gifftiges Unkraut / mit etlichen leeren Weitzen-Hälmlein: und daß er Unlust stifften könne /belustigt er zuvor diejenige / die auff Narrentheidungen verlüstert seynd.

Solches wird / in dieser Geschicht / gnugsam erscheinen / so sich / in einem Dorff am Rhein / zugetragen.

Daselbst that sich ein schalckhaffter Geist hervor /und viel (falsche) Miraculn / machte den Gaffern mancherley Possen-Spiel und Augen-betriegliche Blendungen vor. Daran solche Zuseher / welche seine List nicht merckten / ihre Lust und Kurtzweil hatten /und also manche Stunde / so sie hetten GOtt / und ihrem Beruff zueignen sollen / diesem Ertz-betrieger und Verleiter zuwendeten. Hiedurch hat er je länger je grösseren Gewalt erlangt / den Einwohnern allerley Beschwers und Uberlast zu zufügen. Wie denn allezeit diejenigen / so sich an diesem Wunderthäter ergetzen / zuletzt einen Ubelthäter an ihm finden / und im Ende erfahren müssen / [612] daß alle seine Kunst-Stücke / auf Buben Stücke hinaus gehn.

Anfangs ließ sich der Bösewigt von Niemanden sehen; warff aber / mit der Zeit / nach den Leuten /mit Steinen / und klopffte an die Thüren: bald hernach verbarg sich der höllische Spitzbube unter einer menschlichen Gestalt / und beantwortete die / ihm auffgegebene / Fragen; entdeckte auch bald diesen /bald jenen Diebstal / nebenst andren Unthaten; beschuldigte aber offt auch manchen Unschüldigen / und warff vielen Leuten eine Kletten an: daraus grosser Unwill / Zwietracht / und Hader / entstund. Er fing gleichfalls an / nach und nach / Hütten und Scheuren anzuzünden / und manche gar abzubrennen.

Einem gewissen Mann aber setzte er insonderheit hefftig zu: wo derselbe ging und stund / stellete er sich ihm an die Seiten / und brannte ihm sein Haus ab. Er / verhetzte / wider ihn / die gantze Nachbarschafft dermassen / daß er seines Lebens nicht sicher genug war: indem der Ertzlügner und Verleumder ihm aufstichtete / um seiner vielen Ubelthaten willen wäre diese Ort verflucht und verschreyt: also muste der gute Mann / unterm freyem Himmel / bleiben. Denn Jedermann scheuete und meidete ihn / als einen Menschen / an dem lauter Flüche klebten / und der den bösen Geistern zur Plage übergeben wäre: weßwegen er nirgends eingenommen / noch beherbergt ward /gleich als ob er die Pestilentz am Halse hette. Wollte nun der Mann / in der Nachbarschafft / seines Lebens sicher seyn; so muste er / zur Bewehrung seiner Unschuld / ein glüend Eisen in Händen tragen: [613] und weil ihn selbiges nicht verletzte / ließ man ihn endlich aus dem Verdacht. Nichts destoweniger hat ihm dennoch der vermaledeyte. Geist / auff dem Acker / sein Getreyde angezündt. Weil dann von Tage zu Tage / dieser Verfolgter noch verhasster / und zum allgemeinen Scheusal ward: brachte man zuletzt die Sache / für den Bischof von Mäintz. Welcher hierauff etliche Priester abfertigte / die das Feld daherum / mit Weihwasser / und geweihetem Saltz / besprengen sollten. Darauf gab der Bösewigt anfänglich nicht viel; sondern warff etliche mit Steinen / daß sie bluteten: Als man aber / mit dem Gebet / und Beschwerungen / angehalten; hat er endlich auffgehört zu toben / und sich nirgends mehr hören noch sehn lassen.

Diesen / oder dergleichen Verlauff findt man / bey unterschiedlichen alten Scribenten; sonderlich beym Sigeberto / und Vincentio / wie auch Wierio 1 Es würde aber zweifels-ferrn der Höllen-Bube keine Macht bekommen haben / so viel Unwesens anzurichten; wann die fürwitzige Leute sich nicht hetten / mit ihm / in die Rede begeben / und mit seinen Possen ihren Schertz getrieben. Mit Leuen / Leoparden / und Bären / ist nicht gut schertzen; vielweniger mit dem Teufel / gegen dem die Leuen eitel Schäflein seynd. Wer den vermeynten Mirakuln deß Teufels seine Augen und Lust verfändet; der handelt viel ungereimter / als ob ein Fürst / an einer springenden und hüpffenden Sau / seine Ergetzlichkeit suchte / und verunehrt GOtt / indem er den Feind GOttes so viel achtet /daß [614] daß er seinen Gauckelwercken gern zusihet: Denn der verdammte Geist soll / in eines Christen Augen /viel zu gering dazu / ja lauter Greuel seyn.

Fußnoten

1 Lib. 2. c. 22. de Præstig.

66. Die geharnete Seide

LXVI.

Die geharnete Seide.

Man sagt / der Satan habe einen Kauffmann zu Lyon gelehrt / den Tafft gläntzen zu machen. 1 Ob solches gewiß / oder ein falsches Gerücht; kann ich nicht versichern. Wann es aber würcklich geschehen; wäre es doch keine so abentheurliche Sache / als dieses / daß er Jemanden kann Seide harnen machen. Wie folgende Geschicht bezeugt.

Ein fürnehmer Edelmann / dessen Namen und damaligen Aufenthalt kundbar zu machen / ich Bedencken trage / ward / von gewissen Leuten / dermassen verhext / daß er / an stat deß Nachtwassers / allezeit blaue / rote / grüne / leibfarbne / und gelbe Seiden /von sich ließ. Die Aertzte erkannten solche Abentheuer / für Hexen-Werck; versuchten doch gleichwol allerley natürliche Heil-Mittel dawider: deren aber keines solchem unnatürlichem Ubel obsiegen kunnte.

Wie nun manche Edelleute / ja noch wol fürnehmere Personen / bey dergleichen Zuständen / gar leichtsinniger Weise / von ihrem Felsen / Christo / [615] mit ihrer Hoffnung / absetzen / und an statt beharrlicher Anruffung GOttes um Hülffe / sich zu den Wahrsagern /Zeichen deutern / Beschwerern / und Teufels-Bannern wenden: so machte es nun auch Basilorus / (also soll er allhie dißmal heissen) er ließ einen Scharffrichter holen / der den unrühmlichen Ruhm führte / daß die Hexereyen seiner Kunst weichen müssten / ja die Geister selbst / von seinen kräfftigen Beschworungen /bezwungen würden: Massen denn derselbe dessen unterschiedliche Prob-Stücke abgelegt.

Der Diebs-Würger kommt / und begehrt / den Augenschein solches seidenen Harns / vor erst / einzunehmen. Womit der Edle ihm auch willfahrte: und sahe man / als die Nothdurfft deß Wasser-abschlagens sich anmeldete / kein Wasser / sondern lauter Seide /aus der männlichen Fontein und Wasser-Kunst / hervor steigen. Manchem geitzigem Krämer dörffte solches ein gewünschter Handel seyn / daß er lauter Seide harnen könnte; und er noch wol dazu wünschen / daß auch sein Kot (mit Erlaubniß zu reden) in eitel Gold / und sein Schweiß in Perlen / verwandelt würde. Wiewol vermutlich dieses keine rechte Seide /sondern eine teuflische Augen-Verblendung / gewest: sintemal der Satan schwerlich so viel Macht hat / daß er so viel natürlicher Seiden den Seiden-Krämern entziehe.

Nachdem nun der Hencker diese Gauckel-Possen deß Teufels / nemlich die Hervordringung der Seiden von so mancherley Farben / mit angesehn; hat er gesagt / es käme von Hexen her / auch sich erboten /durch seine Beschwerungs-Kunst / [616] ihm diejenige ins Gesicht zu stellen / welche ihm solches angethan. Er giebt ihm zuforderst einen Tranck ein / (vermutlich das poculum magnanimitatis oder Getränck der Großmütigkeit) und unterrichtet ihn / samt denen übrigen Beywesenden / derer noch zween gewest / wie sie sich / gegen seiner vorhabenden Handlung / hetten zu verhalten / damit ihnen kein Leid widerführe.

Folgends geht er zur Stuben hinaus / und in den Keller hinab / um den Satzungen seiner verdammlichen Kunst gemäß zu verfahren / und bleibt sehr lange / nemlich bey anderthalb Stunden / aus.

Indessen lässt sich nicht allein / draussen vor der Stuben / im Hause / ein grausames Getümmel / sondern auch rings um das Schloß her / ein gewaltig-brausender Sturm hören / und war denen in der Stuben kaum ein Glied / oder Härlein übrig / das nicht erschaurete / oder zitterte / vor Furcht und grausen.

Endlich kommt der erbare Teufels-Banner wieder herauf / und zu ihnen: sein Angesicht siht aller blaß /wie eine Leiche: die Schweiß-Tropffen ligen ihm dick vor der Stirn: und giebt er ihnen zu verstehen / sie könnten nunmehr / da alles Getöß vorüber / ausser Gefahr / mit ihm hinab steigen in den Keller: woselbst sich die Anstiffter dieser Hexerey würden stellen müssen. Also gehen sie / zu Mitternacht / als die gemeinlich solchen Wercken der Finsterniß gewidmet wird / ingesamt hinunter. Und nachdem allda der Scharffrichetr sich / samt ihnen / in einen gemachten Kreys / gestellt / [617] und seine Beschwerungen vollbracht / treten zwo ihnen sehr wol bekandte Personen zu ihnen hinein: unter welchen der Hencker die älteste fragt: warum sie diesem Herrn diese Beschwerniß zugefügt? Weil sie nun / das erste und andre Mal / keine Antwort giebt; fragt er / zum dritten Mal. Darauf spricht die Person / (oder vielmehr das Gespenst:)Was hast du darnach zu fragen? Davon bin ich dir / keine Rechenschafft zu geben / schuldig. Gleich damit wendt sich das Gespenst / zu Einem der Anwesenden / welcher damals / bey diesem Edelmann / sich nur / als ein Gast / eingefunden / und sagte:Was hast aber du hiebey zu schaffen? Welcher darüber hefftig erschrocken. Und ist die erbare Versammlung / ohne Besserung deß Patientens / voneinander geschieden. Was es aber endlich für einen Ausgang / mit demselben gewonnen; ist meiner Gedächtniß entsuncken. Unterdessen zweifle ich nicht / daß der böse Geist sich / in Gestalt der Personen / allda habe gestellet.

Fußnoten

1 S. die Ehre deß Hertzogthums Crain am 85 Blat deß XI. Buchs.

67. Der Isländische Schatten-Geist

[618] LXVII.

Der Isländische Schatten-Geist / auch vermeynter Natur- und Schutz-Engel.

Es waltet / unter uns Christen / noch heut zu Tage /die Frage / Ob jedweder Mensch einen besondren Leib-Engel habe? Etliche / vorab die Römisch-Catholische / bejahen es; Andre verneinen es / oder nehmens / aufs Wenigste / für keine Gewißheit / an: weil wir keine Göttliche Nachricht davon haben / und es /von unsrer Vernunfft / nicht erlernen können. Denn (sprechen sie) das geoffenbarte Wort GOttes lehret uns zwar / daß die Engel uns behüten; meldet aber /von keinem absonderlichem Engel / der einem jeglichen Menschen wäre zugeordnet.

Die heidnische Weisen zweifelten daran gar nicht; ausgeschlossen die Peripatetici und Epicurer. Sie glaubten / der Mensch würde / von seiner Geburt an /durch einen Schutz-Engel / bedient / oder beobachtet: welchen sie auch deßwegen Genium, das ist / den Geburts-Engel / hiessen; entweder darum / weil er /ihrem Wahn nach / zuwegen brächte / daß wir geboren würden; oder weil er / mit uns / zugleich geboren würde; oder weil er / nachdem wir zur Welt geboren worden / uns in seinen Schutz nähme: Dieser Geburts-Engel / oder Genius, müsste deß Menschen so unaussetzlich hüten und warnehmen / daß er [619] keinen Augenblick von ihm zu weichen / sondern von Mutterleibe / biß an den Tod / ihn zu begleiten / verbunden bliebe: Immassen Censorinus die Bedeutung deßGenii, und dessen vermeynte Amts-Pflicht / also erklährt. 1

Pindarus, und theils andre alte Poeten / stunden in gleichen Gedancken: imgleichen die Platonische Philosophi, Plotinus und Proclus. Plato selbst hielt dafür / es wären einem jedwedem Menschen eintzelne oder eigne und besondre Zeugen / Hüter und Aufseher / zugegeben / die sich / unsichtbarer Weise / allezeit um ihn fünden / und nicht allein seine würckliche Verrichtungen / sondern auch Gedancken / bemerckten. 2 Eben dahin gehet auch die Rede Epicteti, GOtt habe einem Jeglichen einen Schutz-Engel zugeordnet /und diesem den Menschen in seinen Schirm anbefohlen: derselbe Schirm-Engel entschlummere nicht /könne auch nicht / von seinem Untergebenem / dem Menschen / getäuschet und hintergangen werden.

Die alte Kirchlehrer stimmen fast alle hiemit überein / daß ein Jedweder seinen besondern Schutz-Geist habe. Und solches schlossen sie / aus der Apostolischen Geschicht-Beschreibung / darinn gedacht wird /nachdem Petrus / durch den Engel / aus dem Kercker erledigt worden / hetten die Seinige / nachdem die Magd Rhode / angesagt / daß er / vor der Thür angeklopfft / und sie seine Stimme gehört hette / gemeynt /es wäre sein Engel. 3

[620] Denn es war diese Meynung / unter den Jüden /(die Sadducœer ausgenommen) gar gemein / daß GOtt jedweden Menschen einem gewissen Schutz-Engel hette / zur Hut / anvertraut.

Dieses lassen sich auch / wie gesagt / die alte Kirchen-Lehrer gefallen / und bestetigen es / wiewol in gesünderem Verstande / weder die Heiden / hin und wieder / mit ihren Zeugnissen.

Origenes schreibt: Wir bekennen / daß auch theils Engel dienstbare Geister seyen / die von GOtt ausgesandt werden / zu denen Leuten / so die Seligkeit ererben sollen; und daß dieselbe bald hinauf fahren / in die reinste Himmels-Oerter / ja auch zu den Uberhimmlischen; um die Gebete der Menschen vorzutragen; bald wiederum herab fahren zu den Menschen / und zu jedwedes Nutzen etwas mitbringen; nachdem Jemand einer Wolthat / oder Gnade würdig ist. 4 Eben hierauf ziehet er auch angedeutete Stelle aus der Apostel Geschichten / in dieser Rede: Von dem Petro / nachdem derselbe aus dem Kercker geführt / und an die Thür geklopfft / sprachen diejenige / welche damals im Hause waren. / Es ist sein Engel! So vernimmt man hieraus / wie deß Petri seiner / also sey auch ein andrer besondrer Engel deß Pauli / und ein andrer Apostel habe gleichfalls einen andren / und also nach gleicher Weise ein jedweder.

[621] Chrysostomus zeucht eben denselbigen Schluß daraus / wenn er spricht: Sie sprachen / Es ist sein Engel. Und es ist wahr / daß ein Jedweder seinen Engel hat. 5 Und anderswo schreibt er: Die Engel seyen anfänglich / nach der Zahl und Austheilung der Völcker / zum absonderlichen Schutz einer jeglichen Nation / vertheilt worden; nunmehr aber seynd sie / nach Anzahl der Gläubigen / zu Wächtern bestellt: wie wir lesen / daß sie gleichfalls / im alten Testament / den Heiligen beygestanden. 6

Wobey zu beobachten / daß Chrysostomus dafür hält / es werden nur den Gläubigen allein Schutz-Engel zugeordnet.

Welcher Meynung auch Basilius ist / und solche /mit diesen Worten / klärlich ausdruckt: Nicht Allen und Jeden / sondern allein den Gottsfürchtigen und Guten / stehen die Engel vor / etc. Daß einem jedweden Gläubigen ein Engel an der Seiten stehe / und wie ein Zuchtmeister und Hirt / sein Leben regiere / muß Niemand widersprechen / welcher der Worte deß HErrn eingedenck ist: Sehet zu /daß ihr nicht Jemand von diesen Kleinen verachtet. Denn Ich sage euch / Ihre Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht meines Vaters im Himmel. 7 Und: Der Engel deß HErrn lagert sich um [622] die her / so Ihn fürchten. 8 Und: Jacob spricht: Der Engel / der mich erloset hat / von allem Ubel / der segne die Knaben. Gen. 48. v. 16. 9

Diesen pflichtet gleichfalls bey / nebenst Andren /Anastasius Nycænus, und Petrus Damianus: welcher schreibt / es seyen uns / von Zeit unsrer Geburt an / die Engel zu Hütern und Wächtern verordnet. Womit auch Hilarius einhällig ist.

Hingegen schreiben andre Kirchen-Scribenten /allen und jedweden Menschen einen besondern Schutz-Engel zu; als Gregorius Thaumaturgus, Methodius, und vor diesen auch Didymus: welcher aber setzt / daß die Frommen / von den Engeln deß Lichts; und die Bösen / von den Engeln der Finsterniß / bewahret werden. Wiewol / meines Erachtens / diese Mißstimmung leicht / zur Harmonie und Einstimmigkeit / gebracht werden kann.

Hieronymus rühmt es / für eine besondre Begnad-und Beehrung der Menschen / daß ein Jeglicher /unter ihnen / mit seinem eigenem Schutz-Engel / versichert wird. Es gereicht (schreibt er) den Seelen zu grossen Ehren und Würden / daß Jedwede /gleich vom Anfange der Geburt / einen / zu ihrer Hut bestimmten / Engel hat. 10

Unter den protestirenden Theologis, wollen Etliche so wol evangelischer / als reformirter Religion / [623] diese Meynung nicht verwerffen: ob sie gleich dieselbe / für keinen Glaubens-Articul / erkennen. Der gelehrte Gerardus Vossius scheinet hiezu allerdings geneigt /indem er diese Worte gebraucht: Ex eo etiam id evincitur, quod legimus. Act. XII. 15 cùm ancilla Rhode dixisset, se agnoscere vocem Petri præ foribus stantis, hi, quibus illud nunciabat, dicerent, Ο᾽ ἄγγελος ἀυτοῦ ἰςιν. Ut indè liqueat, communem fuisse opinionem inter Judæos, singulis nominibus Angelum à DEO custodem attributum. Es wird dieses (nemlich / daß jedweder Mensch seinen Engel habe) daraus erobert / daß wir / im 12 Capittel der Apostel Geschichten / lesen / es hetten diejenige / welchen die Magd Rhode angekündigt / sie vernähme die Stimme Petri / der vor der Thür stünde / gesagt: Es ist sein Engel. Daß also daraus erhellet / es sey damals / unter den Jüden / diese Meynung gemein geweßt / GOTT habe jedwedem Menschen einen Schutz-Engel zugeeignet. 11

Er hält gleichfalls dafür / daß gantzen Königreichen und Völckern gewisse Engel vorstehen. Wie wir anderswo ihn hierüber vernehmen werden.

Philippus Camerarius ist / in seinen Horis sive operis subcesivis, derselbigen Meynung. Ja Mancher will nicht allein jedwedem Menschen / und Lande /sondern auch jedwedem Geschlecht der Thiere [624] Thiere und Pflantzen / und jeglichem Element / besondre Schirm-Engel zuschreiben; als Aretus, Andreas Cretensis, Cassianus. 12 Und dieses seynd auch deß H.Augustini Gedancken.

Von Andren aber / will dieses / daß ein Jeglicher seinen eigenen Schutz-Engel um sich habe / für unscheinbar angesehn werden: weil / wie sie sprechen /uns der vorgeschützte Spruch H. Schrifft / Es ist sein Engel! nicht dazu zwinge.

Etliche Gelehrte deuten das Wort Engel allda nicht / auf einen Geist; sondern auf einen Boten. 13 Daher es auch Isidorus Clarius also übersetzt hat: Es ist sein Bote.

Andre sprechen / man brauche solcher Erklährung nicht ein Mal; sondern könne es näher haben; angemerckt / es der heilige Scribent nicht assertivè (oder Bekräfftigungs-Weise) sondern nur relativè (Erzehlungs-Weise) gesetzt habe / nemlich zu deuten / daß damals selbige / allda versammlete / Heiligen / in solcher Meynung / gestanden. 14

Calvinus schreibt / wer diejenige Sorge / so GOTT für uns trägt / nur auf einen Engel allein einschränckt / oder verbindet / der thue ihm selbsten / und allen Gliedmassen der Kirchen / groß Unrecht / und scheine dadurch so viel zu sagen / als ob die englische Hülff-Schaaren / womit wir / im Streit / allenthalben um ringt seyen / vergeblich uns versprochen wären: die H. Schrifft sage nicht / Er [625] hat seinem Engel; sondern / seinen Engeln / über dir befohlen / etc. 15

Aber dieser / deß Calvini, Beweis ist der stärcksten keiner. Denn aus gleichem Grunde (oder Schein-Grunde) könnte ich folgern: GOtt hat / uns zu Dienste / die heilige Frohn-Boten ausgesandt; derwegen hat Er nicht den Ertz-Engel Gabriel allein / sondern alle heilige Engel / zu der hochgebenedeytesten Jungfrauen / gesandt.

So ermangelt die Auslegung derer / welche / wie vor gemeldet / wollen / die / so in dem Hause gewest /hetten einen Boten dadurch verstanden / eines vernünfftigen Scheins / und laufft wider die Apostolische Beschreibung. Welche bericht / die Magd habe drinnen angezeigt / sie hette Petri Stimme erkannt. Darzu schickt sich gar nicht diese Antwort: Es ist sein Bot. Denn sie kunnten leicht gedencken / daß Petri Stimme / und seines Botens Stimme / unterschiedlich lauten müssten / und die so genau horchende Rhode solchen Unterscheid leicht würde erkannt haben. Bleibt also dieses das Vermutlichste / daß sie gemeynt / es wäre sein Engel.

Ich will / in dieser Strittigkeit / mich zu keinem Richter aufwerffen; doch unterdessen meine unvorgreiffliche Gedancken nicht verheelen.

Daß ein Gottsfürchtiger allezeit einen Engel um sich habe / steht bey mir weit ausser dem Zweifel: sintemal der obangezogene Psalm solches gar deutlich /mit diesem schönem Trost-Spruch / vergewissert: Der Engel deß HErrn lagert sich [626] um die her / so Ihn fürchten / und hilfft ihnen aus. Daß er aber Keinen mehr / als nur Einen allein / um sich habe; kann ich nicht verbürgen; sondern glaube vielmehr / daß mancher Mensch / zumal ein solcher / an welchem andren Leuten viel gelegen / mehr / als einen / um sich habe. Solten einem christlichen Fürsten und Regenten die Augen aufgehen; würde er ohne Zweifel wol hundert Engel um sich sehen / so wol als manchen Hof-Teufel; und sich entsetzen / wie genau sie zu beyden Theilen / die gute Engel zwar zu seinem Schutz / und deß Landes Wolfahrt; die bösen aber / zu derer beyder Verderben / und Erweckung vieles Jammers / vieler Ungerechtigkeit / böser An- und Rahtschläge / wachen und aufmercken.

Wie dem Allen; so darff ich doch gleichwol auch nicht kecklich / für verwerfflich / ausgeben / daß ein jeglicher Mensch einen besondren englischen Hüter habe. Denn es folget nicht / wann gleich ein Mensch viel Engel um sich hat / daß / unter denselben / nicht Einer insonderheit / auf ihn / verordnet sey / ihn / wie einen Augapffel / zu bewahren. Ob aber ein solcher Schutz-Engel / von der Geburt biß an denTod / bey ihm verharre / und unterdessen / durch keinen andren Leib-Hut-Engel deß Menschen / werde abgewechselt /kann ich nicht sagen; Beydes kann vermutet werden. Dann die Engel seynd Gedancken-schnelle Geister /die im Augenblick seyn können / wo sie wollen: darum könnten ihrer zween / deren Einer in Indien /der Andre in Teutschland wäre / in einer Stunden /mehr als tausendmal einander abwechseln / und [627] deß Zustandes ihres / hie und da / anvertrauten Pfleglings berichten: also scheinets / es dörffte ein so schneller und vielmaliger Umwechsel der Oerter ihnen behäglicher / weder die unabgelöste Schildwache bey einer Person / fürkommen. Daher denn Mancher die Folge ziehen mögte / es sey die Abwechslung am stärcksten zu vermuten.

Allein es kann die englische Schnellheit / an der andren Seiten / eben so leicht der Sachen einen Schein geben; nemlich daß ein eigener Leib-Engel allstets und immerzu seinen Anvertrauten beobachte; doch einen Weg / wie den andren / in einem Augenblick /auch andre ferrn-entweitete Oerter / auf erhaltenen Göttlichen Befehl / besuchen / und in dem andren oder dritten Augenblick wieder bey seinem Anbefohlenem seyn.

Man muß sich / von den Engeln / keine solche Eigenschafft einbilden / wie von einem Menschen / als ob sie / durch stetige Beobachtung eines gewissen Menschens / immerzu an einem Ort verarrestirt blieben. Die Engel der Kleinen tragen allezeit ihr Schutz-Kind in den Augen; und sehen doch allezeit das Angesicht ihres Vaters im Himmel: Das ist überaus nachdencklich / und zeuget von einer Schnellheit der Engel / die im Augenblick / von der Erden / in den höchsten Himmel / sich hin- und wieder zurück schwingen kann: ob sie schon nicht / gleichwie GOTT / allgegenwärtig seynd. Ja! es will noch mehr sagen: nemlich / daß die Engel / wo sie gleichsam gehn und stehen / von GOttes Angesicht erleuchtet werden; das ist / in GOtt / Alles augenblicklich erkennen / sehen / und erfahren können / was sie wissen und erfahren [628] sollen; solchem nach in demselbigen Augenblick / ja vielmehr immerzu / wissen / und sehen /wie es ihrem Schutz-vertrautem Menschen gehe.

Dieses voraus gesetzt / braucht es im geringsten keines Abwechsels / daß ein Schutz-Engel der Freuden geniesse / seines eignen Pfleglings zu warten /und doch beynebst vor GOttes ihm überall gegenwärtigem Angesicht andrer Menschen Beschaffenheit zu erkennen / auch / zu noch vielen andren Diensten /seinem Schöpffer und HErrn aufzuwarten.

Will mir hie Jemand antworten / man möge / durch diese Engel-Schnellheit / und durch ihre Anschauung Göttliches Angesichts / eben so bald bewogen werden / zu vermuten / daß ein Schutz-Engel bißweilen wol ihrer drey / vier / fünff / oder zehen / ja wol fünfftzig Menschen / unter seinem Schutz habe; begehre ich mich nicht zu widersetzen: denn es ist gar wol möglich. Aber eine Unfehlbarkeit / in allen diesen Vermutungen / zu geben / wird uns wol fehlen / so lang wir annoch aller Fehlbarkeit nicht entnommen / und gleich den Engeln vor GOttes Angesicht stehn.

Unterdessen ist / aus H. Schrifft / beweislich / daß der Mensch / zumal der Gläubige / seinen Schutz-Engel habe: ob er mehr / als einen / habe / oder wann er nur einen hat / ob derselbe allezeit / ohnabgewechselt / Zeit seines Lebens / ihn begleite / und ihn nur einig allein / oder auch zugleich mehr Menschen /unter seiner Obachtung habe; stelle ich aus / biß meine Seele / von den Engeln / meiner gläubigen Hoffnung nach / in Abrahams Schoß / getragen wird; finde mich doch immittelst [629] geneigt / zu einer Mutmassung / daß / ob gleich mehr als ein Engel / von dem gnädigem und liebreichem GOTT / einem frommen Christen / zu Dienste ausgesendet werden / und auch /ohne Zweifel / mehr / als einer / sich freuen / sein Gebet vor GOtt zu tragen / dennoch gar wol Einer /vor Andren / ihm zum ungeschiedenem Gefährten /Beobachter / und Schützer / verordnet seyn könne; doch also / und dergestalt / daß eben derselbige nichts destoweniger / ohne Müh und Verhindrung / daneben noch eines andren Menschen Hüter und Schutz-Engel seyn könne; und derjenige / dessen sonderbarer Bewahrer er ist / dennoch gleichfalls / von dem Schutz und Schirm andrer heiliger Engel / nicht ausgeschlossen sey.

So will ich derhalben nicht streiten / daß einem eignem Engel jedweder Christen-Mensch vielleicht insonderheit / von GOtt / zur Aufsicht / anbefohlen /und ohne dem doch überdas auch andren Engeln die Beschirmung desselben / in gewisser Masse / recommendirt sey: damit nemlich mehr / als einem Engel allein / die Ehre solches dem Gliede Christi geleisteten /Dienstes mitgetheilt werde / auch nicht nur ein Engel /sondern viel Engel miteinander / sich seines Wolverhaltens / ritterlichen Kampffs / und endlichen Obsiegs / erfreuen mögen. Denn nebst der sonderbaren und special-Aufsicht / so Einer insonderheit über Jemanden führet / kann dennoch auch wol eine allgemeine /so ihrer Viele über denselbigen haben / Stat finden.

Uber einen Sünder / der Busse thut / freuen sich /auf Erden / alle christliche Lehrer / die / durch [630] ihre offentliche Ermahnungen auf dem Predigt-Stuhl / an ihm gebauet; insonderheit aber sein eigener Seel-Sorger und Beicht-Vater / dessen Fürsorge seine Seel sich anvertraut hatte: und über eben denselbigen Sünder / wird Freude seyn / im Himmel / vor den Engeln GOttes; insonderheit aber vor demjenigen Engel / der (vermutlich) Seiner insonderheit und allezeit / mit fleissiger Obachtung / gewartet. Daher auch Lazarus nicht nur von einem / sondern von etlichen Engeln / in Abrahams Schoß getragen ward.

Manche Platonisten wollen die menschliche Seele selbsten / für deß Menschen Schutz-Geist / halten. Und gewinnt es einen grossen Schein / daß Plato selber der Meynung gewest; wenn man bedenckt / daß er dem Menschen eine materialische Form / oder korpörliche Seel / zugeschrieben / so wol als auch ein unkorpörliches Gemüts-Wesen / oder unmaterialischen Geist / oder unleibbare absonderliche Form / welche einem jeglichen Menschen beywohnete / wie eine abgesonderte Substantz / und doch bißweilen ausser ihrem Hause / herumschweisete / auch den Menschen vertraulich unterrichtete / und durch geheimes Eingeben belehrte.

Von dem Genio, oder Geburts-Geist Socratis / erzehlt / dieser Meynung / Apulejus / daß derselbe stets Seiner / nemlich deß Socratis / gehütet / als ein sonderbarer eigener Auffseher / und geheimer Haus-Wächter / der das Böse an ihm gestrafft / das Gute gebilligt / in gewissen Dingen gute Vorsehung gethan /für Gefahr und Unglück vorher gewarnet / in der Gefahr selbst ihn beschirmt / [631] und im Nothstande ihm hülfflich beygesprungen habe. 16

Maximus Tyrius berichtet / der Genius, oder Geburts-Geist / Socratis sey auffrichtig / vertraulich / gemeinsam und leutselig gewest; habe ihn / wenn er durch ein allzutieffes Fließ-Wasser gehen (oder schwimmen) wollen / zurück geruffen / und als er den Alcibiadem lieben wollen / ihm solches widerrahten /etc. 17

Plutarchus hält dafür / es sey dieser Genius deß Socratis / in keinem Gesichte bestanden; sondern es habe sich etwan eine gewisse Stimme ihm hören lassen / und eingesprochen / was er thun sollte. 18

Obangezogener Apulejus urtheilet gleichwol nicht /daß der Genius Socratis, desselben Seele / oder verständiges Gemüt gewesen sey; sondern ein Geist / aus der hohen Ordnung: gleich wie sonst auch Plato selber / von der Ausschweiffung menschlicher Seelen bey ihres Leibes Leben / nichts gehalten. Maximus Tyrius setzt / es sey Einer / aus dem Geschlecht solcher Geister / gewest / die mitten zwischen Himmel und Erden schweben / von welchen er / als ein Heide /also redet:

Es ist gewiß / GOtt bleibt / an seinem Ort / in dem Er den Himmel regiert / disponirt und ordnet daselbst Alles mit einander: Derhalben hat er einige unsterbliche Kräffte / welche man die andre Unsterbliche (oder [632] Affter-Götter) nennet /mitten zwischen Himmel und Erden / gestellt. Diese seynd so mächtig nicht / als wie die Götter; vermögen doch gleichwol mehr als die Menschen: sie seynd der Götter Bediente / Vorsteher der Menschen / den Göttern am nechsten / fleissige Verpfleger und Vorsorger der Leute. 19

Ob nun gleich Plato / vorberührter Weise / dieses für Mährlein annimmt / daß die Menschliche Seel /bey lebendigem Leben / bisweilen / ausser dem Leibe / wallen sollte: seynd unterdessen doch alle Platonici der Meynung / daß die Seel / nach ihrer Ableibung /ein Dæmon, das ist / ein solcher seliger Geist / oder Götter-Dienerinn werde.

Seine Worte führt er also: Wenn sich die Seele auffgemacht / aus diesen Oertern / ihren Leib ausgezogen (wie ein Kleid) und der Erden / zur Verwesung / hinterlassen; wird sie / gleich zu selbiger Zeit / aus einem Menschen / ein glückseliger Engel-Geist (δαίμον) belustigt ihre reine Augen /in ihren Schau-Lüsten: wird auch daran / durch keine Finsterniß deß Leibs / noch Unterschiedlichkeit der Figuren / verhindert / oder darinn irre gemacht; noch / durch einige Grobheit der Lufft / davon ausgeschlossen: sondern befindt sich in solcher Geniessung / daß sie das Schöne selbst mit ihren Augen / anschauet / und völliger Freuden geniesst. Wann sie nun hie alsdenn ihres vergangenen Lebens gedenckt; betrübt sie sich drüber: indem [633] sie aber / an ihr nunmehr anderes und gegenwärtiges Leben / gedenckt; freuet und preiset sie sich glückselig. Sie beweint auch andre / ihr anverwandte / Seelen / die annoch auff Erden / herum getrieben werden / und wallen; mögte gern / aus Liebe / gegen den Menschen /mit ihnen umgehen / (conversiren) und ihnen /wenn sie straucheln oder fallen / unter die Arme greiffen. Immittelst ist ihnen (den abgeleibten Seelen) dieses Amt / von GOtt / aufferlegt / daß sie jedwedem Menschen / welches Geschlechts oder Stands sie auch seynd / so wol in gutem als bösem Glück / ingleichem dem Verstande / Gemüt / und der Kunst / bey- und vorstehen; mit diesem Bedinge / daß sie den Frommen Hülffe leisten: denen / welchen Gewalt und Unrecht angethan wird / Rache (oder Sicherheit) verschaffen / und ihre Beleidiger straffen. Jedoch verrichtet nicht ein jeglicher Dæmon (oder Schirm-Geist) Alles miteinander: sondern es hat auch daselbst ein Jeglicher seine besondre Verrichtungen; dieser eine solche; Jener eine andre. 20

Wir / als Christen / haben GOtt-lob / aus Heil. Schrifft / hierinn eine viel bessere Wissenschafft; nemlich / daß unsere Seelen / in keine Dæmones verwandelt / noch einiger Massen / woferrn sie christgläubig abgeschieden / mehr betrübt / oder mit Beobachtung der hinterlassenen Sterblichen / weiter verunruhigt werden; glauben hingegen ungezweiffelt / daß die Engel GOttes Unserer [634] / mit ihrer unsichtbaren Hut / unfehlbarlich pflegen / und daß niemals ein einiger getauffter Christ / ohn englische Obacht / wandle.

Für mich selbst aber halte ich auch dieses / für wolvermutlich / daß / nebst etlichen Andren Engeln /auch einer insonderheit / auf diesen oder jenen Menschen / Acht habe / und denselben in seiner Hut halte: gleichwie eben so vermutlich / daß ob gleich alle böse Engel / wie brüllende Leuen / umher gehen / und suchen / welchen sie verschlingen mögen; dennoch auch wol ein oder andrer böser Geist diesem oder jenem Menschen insonderheit auffpasse / und denselben an Leib und Seele zu gefähren / ja würcklich zu beschädigen trachte; dahingegen ein guter Engel eben einen solchen / von dem bösen Engel / belaurten / Menschen / imfall dieser GOtt fürchtet / insonderheit bewahrt / daß der Satan keine Macht an ihm finde / noch ihn stürtzen und verderben könne.

Dennoch glaube ich darum mit nichten / daß /wann vielleicht der Mensch / nebst andren Engeln /auch einen solchen ordentlichen Schirm- und Leib-Engel / von seiner Geburt an / hat; deßwegen er auch einen ordentlichen und besondern bösen Engel / von seiner Geburt an / nothwendig haben müsse. Denn die guten Engel empfahen von GOtt / Ordre und Befehl /dieses oder jenes Menschen insonderheit zu warten; mit nichten aber die böse Engel / auf diesen oder jenen zu lauren; sondern der böse thut solches / aus eigner boßhaffter Bewegung / und kann also geschehen / daß die Teufel / gleich wie andre Verrichtungen / also auch diese Jägerey / dergestallt [635] / unter sich austheilen / daß einer diesem / der andre jenem Menschen / immerzu nachschleiche / um denselben / so bald er sich durch geistliche Unachtsamkeit und mutwillige Sünden / deß englischen Schutzes entblösset / zu erhaschen / und anzufallen.

Es sollen von beyderley / nemlich so wol von dem Mord- als Hort-Engeln / so wol von dem Schutz- als Trutz-Geistern / von den Hut-Engeln / sage ich / so wol / als von den Wut-Engeln / in denen folgenden Erzehlungen / nach und nach / etliche gar denckwürdige Beyspiele angeführt / anjetzo aber die Einbildungen etlicher Isländer allhie zur Betrachtung gestellet werden / von denen Geniis, oder Schatten-Geistern der Menschen / welche sie / ihres beständigen Vorgebens / mit ihrer Scharffsichtigkeit / erblicken.

Diese Leute sagen / daß sie ohne Gebrauch einiger Kunst / oder Artzeney / und ohne einige Leibs- oder Verstands-Erkranckung / von Kindheit auf / eine solche Gesichts-Schärffe haben / daß sie eines Menschen Schatten / oder Natur-Geist / (Umbras five Genios) in Gestalt einiges Thiers / gantz klar / kennt-unterschied- und eigendlich / vorhertreten sehen / auch /aus den Gestalten selbiger Schatten-Geister / urtheilen können / was der Mensch für eine geheime Inclination, oder innerliche Zuneigung habe / und wie er gesinnet sey.

Insonderheit muß Einer diese Zweyerley / an ihnen / hiebey verwundern.

Erstlich: daß sie offt dieses oder jenes Menschen Zukunft / etliche Stunden zuvor / wissen; und wenn man sie / um die Ursach solcher Vorwissenschafft /[636] fragt / zur Antwort geben / es werde alsdann schon deß erwartenden Menschens vorauslauffender Schatten ersehn / als der bißweilen / einen weiten Weg /vor seinem Leibe / her gehe.

Zweytens: daß sie / aus der Gestalt solches Schattens / die geheime Raht- und Anschläge desselbigen Menschens / oder zum wenigsten die Art und Neigungen derselben / errahten können. Als zum Exempel /aus der Wolffs-Bildung selbiges Schattens / schliessen sie / er sey gesinnt zu rauben / oder von Gemüt gar raubsuchtig. Ist der Schatten-Geist gebildet / wie ein Fuchs; so weissagen sie / der Mensch gehe / mit listigen Rencken / um / sey verschlagener und betrieglicher Natur. Presentirt die Bildung einen Leuen; so vorverkündigen sie / derselbe Mensch gehe an / leuen-mütiger Weise / mit edler Entschliessung / und Tapfferkeit.

Woserrn auch auff die Aussage der Dennemärckischen Handels-Leute / die jährlich dahin reisen /sicher genug zu gehen / so verkündigen sie (die Isländer) denselben vielmals zuvor / daß sie sich / für diesem / oder jenem / ob er gleich annoch nicht ihr offenbarer Feind / hüten sollen: als welches sie hieraus vermuten / weil beyder Theile Genii (Natur-Engel / oder Leib-Geister) einander zuwidern / und bißweilen mit einander streiten: daher sie dann schliessen / es müsse / zwischen beyden Personen / ein geheimer Groll gehegt werden / der zwar noch nicht ausgebrochen /doch gleichwol in kurtzem / zur offendlichen Ruptur /hinaus schlagen werde. Und solches soll / nach gedachter Kaufleute Aussage / nachmals auch in der That / also ergehen. Immassen [637] der berühmte Dänische Medicus Doctor Olaus Borrichius diese Relation / zu denen Actis Medicis, gesteuret / 21 Doch aber nichts darüber schliessen / sondern das Urtheil / von solchen Geniis, oder (vermeynten) Natur-Geistern / eines Jedwedem Verstande und Gutdüncken heimgestellt seyn lassen wollen.

Es fällt aber / meines einfältigen Ermessens / nicht schwer / zu vermuten / was solche Thier-gebildte Schatten für Genii, oder Geister / seyn müssen; nemlich keine Natur-sondern Gespenst-Geister. Von denen man nicht gewiß sagen kann / daß sie eben /solchen Personen allstets das Geleit geben / vor welchen sie / herzulauffen / scheinen. Gleichwie es auch eine wahre Unmöglichkeit / daß einiger Adler / oder Lux / geschweige dann einiger Mensch / solche Geister / natürlicher Weise / sollte erblicken können. Sondern / so ferrn die Aussage der Isländer anderst gewiß; wie ich denn dafür halte; muß der Satan dergleichen Leuten / als wie in einem Spiegel / solche Thier-Schatten in die Augen werffen: gleich wie er /bekandter Massen / manchen Lapländern / ob sie gleich sich bekehrt haben von der Zauberey / dennoch offt wider ihren Willen / die Leute zu Gesichte stellet / welche wol 40 oder 50 Meilwegs annoch von ihnen entfernet sind.

Es können aber solche Isländer / welche sich solcher Vorblicke / und Vorwissenschafften / rühmen /schwerlich rein vermutet werden / von einem heimlichen Verstande mit dem Teufel: Oder / so sie je / in keine ausdrückliche Bündniß mit ihm [638] verhengt sind /müssen sie / zum Aberglauben sehr geneigt seyn: daher alsdann der böse Geist durch solche Gesichter /sie zu belüstigen / und in seinen Dienst zu reitzen /strebet. Einmal ist diß was Ungezweifeltes / daß die Vorverkündigung eines jeglichen Zu- oder Abneigungen / Hasses / und Grolls / weder aus menschlicher Wissenschafft / noch von einem guten Geist / entspringe; sondern / von einem solchen wahrsagerischem Zigeiner-Geist / der / bey dergleichen Leuten /durch seine Weissagerey / den Aberglauben stärcken /und sie / zu einem Pact mit ihm / verleiten; auch /durch Entdeckung dieses oder jenes geheimen Grolls /Groll / Haß / und Feindseligkeit allererst stifften /oder vermehren / die Gemüter wider einander entrüsten und noch hefftiger verbittern / will; beynebst auch / solche fremde Kauff- und andre Leute die dergleichen Isländischen Vorverkündigungen gern Gehör reichen / von Jerusalem nach Endor / vom Vertrauen auff GOtt / zu aberglaubischen Wahrsagern / zu ziehen / trachtet: auff daß sie der (vermeynten) Lux-Augigkeit oder Scharffsichtigkeit solcher Isländer mehr /als der ewigen Fürsichtigkeit und Fürsorge GOttes /trauen / und sich an die unnützen Schwätzter / so gemeinlich deß Teufels Kuppler sind / mit fürwitzigem forschen und rahtfragen / hencken sollen.

Mir kommen gewißlich solche Lux-Augen der Isländer samt ihren Vorschauungen / und erblickten Geniis, nicht besser vor / als die Augen jenes Aegyptischen Wahrsagers / und die Genii, so derselbe / gesehn zu haben / sich rühmte; Von welchem Aegypter /Plutarchus berichtet / daß derselbe [639] die Kunst gewusst / zukünfftige Dinge / aus den Geburts-Zeichen / eines Menschen / zu weissagen. Dieser (schreibt besagter Plutarchus) hat / entweder der Cleopatra zu Gefallen / oder weil es die Warheit war / dem Antonio offenbarlich bewiesen / sein trefflichst-blühendes hohes Glück würde / von der Fortun Cæsaris (Octavii Augusti) vertunckelt / und ihm gerathen / er sollte sich / von diesem jungen Menschen / auffs allerfernste / entfernen. Denn dieses (Augusti) seinen Genium (oder Geburts-Geist) sagte er / scheuet dein Genius: welcher allezeit auffrecht und hoch einher tritt / wo er allein ist; aber / wann jener herbey nahet / nidriger / kleinmütiger / und verzägter wird. 22

Wir wollen demnach solche vermeynte Genios lieber böse Speon- und Unglücks-Geister / als Geburts-oder Natur-Geister / nennen / und sicherlich gläuben / daß sie um kein Haar ehrlicher / weder derjenige /welcher / zum Bruto, und Cassio Parmensi, gesprochen: Ego sum malus tuus Genius! Ich bin dein böser Leib-Engel! oder Ich bin dein Unglücks-Geist!

Im fall aber / dieser oder jener Mensch / einen gewissen Leib-Engel / und besondern Schutz-Engel hat; scheinet derselbe / solcher Art zu seyn / als wie der /dessen der Frantzos Gabriel Cappuys gedenckt; wann er schreibt: Er habe eine ehrliche / gar gottsfürchtige und züchtige Frau gekannt / die / durch ungewöhnliche und lange Verstopffung der Monats-Zeit / irrig im Haupt worden. / [640] Welches ihr / zu unterschiedliche Malen widerfahren / und alle Mal / ziemlich lange /bey ihr / angehalten. Unter solchem beschwerlichen Zustand / dabey nicht allein die Gesundheit deß Leibes / sondern auch deß Verstandes / Noth gelitten /hat sie vielmals den unbesonnenen oder wahnsinnigen Sinn und Schluß gefasst / ihren Ehemann im Schlaff /und nachmals sich selbsten / umzubringen: Welches doch der gütige GOtt noch immerzu gnädiglich abgewandt.

Als aber / eines Tags / der Hüter / welchen man ihr zugeordnet / andren obligenden Geschäfften nach gegangen; ist sie geschwinde / aus dem Bette auffgesprungen / und im blossen Hemde / hinab geloffen in den Garten an ihrem Hause / und hat sich / in den daselbst befundenen Brunnen / der sieben oder acht Klaffter tieff war / am Seil / biß auff den Bodem /hinab gelassen. Nachdem sie allda / biß ans Kinn /eine Weile / im Wasser gestanden / ist sie hernach /an demselbigen Seil / wieder herauff gestiegen / und gantz naß wiederum in ihre Kammer gekommen.

Uber wenig Tage hernach / stellet sie sich / als habe sichs mit ihr gebessert / und führt einen ihrer Söhnen / welcher zwischen vier und fünff Jahren war /bey sich an der Hand / deß rasenden Fürsatzes / denselben samt sich selbsten / in den Fluß hinab zu werffen. Wie sie dann auch / biß auf die Brücke gekommen / und allda / etliche Mal / hin und wieder gegangen. Daß Kind lächelt ihr holdselig zu / giebt ihr auch tröstliche Worte / und hält sie damit auff.

[641] Als sie wieder nach Hause kam / ward sie / über eine kurtze Zeit hernach / durch eine Lässe an der Rosen-Ader / und gelinde Blut-Reinigung / (oder Purgation) ihrer Kranckheit ledig; erzehlte aber / da sie nunmehr ihrer Vernunfft wiederum mächtig / daß ihr /in solchen beyden gefährlichen Zuständen / ein weiß bekleidter Mann / wunder-liebliches Angesichts erschienen / welcher ihr / wann sie sich verletzen oder ums Leben bringen wollen / die Hand gehalten / und gleichsam mit einem freundlichen lächlen sie ermahnt / Sie sollte auff GOtt hoffen: Imgleichen / als sie / in dem Brunnen gewesen / und ihr / weiß nicht was für eine schwere Last den Kopff untergestossen / um sie gar unters Wasser zu sencken / ja so gar ihr auch das Seil aus den Händen reissen wollen / auff daß sie zu Grunde gehn mögte; sey eben diese schöne Person zu ihr gekommen / habe sie / bey den Achseln / angefasst / und ihr geholffen / daß sie wiederum heraus gestiegen: welches ihr sonst / aus eignen Kräfften / für sich allein / zu thun / wäre unmöglich gewest: Nicht weinger habe er sie / hernach / im Garten / getröstet / auch / in der Stille / nach der Kammer zugeführt; und sey darauf verschwunden: Wie sie auch / nach der Zeit /sich zu der Brucken / genahet / sey er ihr gleichfalls begegnet / und von weitem nachgefolgt / biß sie wieder zurück gekommen. Massen sie solchen Bericht /bey vorfallender Gelegenheit / mehr als ein Mal / so wol ihrem Mann / als ihrem Seelsorger / und auch andren guten Freunden / pflag zu wiederholen.

Nachdem sie zu völliger Gesundheit gelangt / war ihr höchstes Verlangen / nach einem seligen [642] Abscheide aus dieser Welt: darum sie auch täglich GOtt anrieff. Derselbe erhörte sie hierinn / nicht übrig lange hernach. Wie sie dann / über einen Monat nach ihrer Wiedergenesung / dessen eine nicht undeutliche Vorbedeutung bekommen. Denn / als sie wollen in die Kuchen gehn / ist ihr der Ober-Augzahn / aus dem rechten Kiefer / ohn einig-vorher- oder hernach-empfundenen Schmertzen / in die Hand gefallen. Welches sie aufgenommen / für ein Vorzeichen ihres obhandenen Endes / und sich auch durchaus nicht eines andren bereden lassen wollen. Dergleichen auch dem in dreyssigjährigen vormaligem Teutschen Kriege / eben so wol dem Keyserl. Generaln / Grafen von Gallas / begegnet ist. Denn als dieser / zu Lintz (wo mir recht) am Stein gelitten / ist ihm / eines Tags / unvermutlich ein Kiefer-Zahn / freywillig heraus gegangen / und gleichsam das Bild einer Todten Bar darauff von ihm erblickt worden: Welches er seinem Beichtvater gezeigt / und / als eine Fürbildung seines nah-bevorstehenden Endes / selbst ausgelegt; auch die rechte Bedeutung damit wol getroffen: angesehn / er deß Lagers nicht wieder auff / sondern / in wenig Tagen / ins Grab gekommen.

Dieser Frauen hat gleichfalls die Erfüllung Recht gesprochen; und zwar vier Wochen nach dem Ausfall ihres Backen-Zahns. Wodurch vermutlich GOtt so viel ihr anzeigen wollen / daß Sie ihr meistes Brod in diesem weltlichem Angst- und Threnen-Thal / schon gessen / und dessen / in kurtzer Zeit / hiernechst wenig mehr beissen würde. Er hatte / nach solchen 4 Wochen / das wenigste [643] Ansehn einer Kranckheit / mit ihr; als sie / an einem Morgen / früh / da sie eben auffstehen / und ihren Haus-Geschäfften obliegen wollte / sich bezwungen fand / im Bette zu bleiben; auch ihren Ehemann / als derselbe / über ein paar Stunden / ihr vors Bette kam / ihrer / von den ausgefallenen Zahn geführten Reden und Gedancken erinnerte / mit angehenckter christlicher Ermahnung / er sollte sich in GOtts Willen ergeben. Nach einem zwantzigtägigem Lager rühmte Sie / gegen ihrem Seelsorger / was für vortreffliche Erlösungen ihr offt von GOtt wiederfahren / dabey sie Alles / was oben gedacht worden / wiederholte; erzehlte auch noch viel andre dergleichen Sachen; und nahm daher destomehr Anlaß / der Göttlichen Vorsorge und Vergewisserung ihres Heils / sich zu versichern / und zwar mit vielen sehr schönen Trost-Reden. Da nun endlich der Tag ihres Ends herzu kam / lächelte sie: und als der Seelsorger / nach der Ursach fragte / antwortete sie gar leise: Ich sehe meinen Menschen: O wie ist er so schön! Bald nach solchem / schrie sie laut: Wart! warte mein! Worauff sie / nicht lange hernach nechst Gesegnung der Ihrigen / und Sprechung vieler tröstlichen Reden von ihrer seligen Hoffnung / unterm Gebet der Ihrigen / verblichen. Sie selbst betete mit /und / unter solchem ihrem inbrünstigen Gebet /schloß sie die Augen zu / gleich als ob sie schlieffe /verschied darauff / mit so lieblichem Angesicht / als man jemals / in ihren Lebzeiten / an ihr erblickt hat.

[644] Was / in dieser Erzehlung / gedacht worden / von der schweren Last / so ihr den Kopff unter sich gestossen / und sie gar ins Wasser sencken wollen /halte ich für keine blosse Einbildung / sondern hefftige Zusetzung deß Mord- und Würg-Engels / den ich zuvor einen Trutz-Engel hieß. Denn daß / um einen solchen Menschen / der ihm selbsten fürsetzlich das Leben abbrechen will / der Mord-Geist gar geschäfftig sey / daran zweifelt kein Christ / und lehrt es auch die Erfahrung nur leider allzuviel. Mir ist ein / diesem Fall ähnliches Exempel bekannt; daß ein / sonst frommes / aber etwas dabey einfältiges / Dienst-Mensch /als sie gewahr worden / daß die Ratzen und Mäuse alle / ihr von ihrer gebietenden Frauen / in Verwahrung gegebene Schaf-Käse zernagt hetten / aus grosser Angst und Furcht der Streiche (welche ihr auch /ob sie gleich nichts dafür kunnte / ohne Zweifel gantz mildiglich wären mitgetheilt worden) in einen gewaltig-tieffen Brunnen gesprungen. Denn nachdem solches / zu ihrem grossen Glück / der Schloß-Becker von fernen gesehn / und an seine Haus-Thür einen starcken Streich gethan / damit seine Becken-Knechte ihm geschwinde folgen mögten / hernach zum Brunnen geloffen / und sich in dem einem Eymer hinabgelassen: haben bey die 6 starcke Personen alle ihre Kräffte dran gestreckt / bey der eisernen Brunn-Ketten / ihn / samt der Schloß-Kuchen-Magd / herauff zu ziehen. Sie war / auff sein Zusprechen / mit einem Fuß allbereit zu ihm in den Eymer / womit er zu ihr hinab gefahren war / gestiegen; blieb aber / mit dem andern / im Wasser / welches doch nicht sumpfficht noch lettich / sondern [645] gar tieff gewesen / stecken; wie sehr sie sich auch bemühte denselben nach sich zu ziehen: und klagte / daß ihr derselbe Fuß / mit starcker Gewalt zurück gehalten / und hinab gezogen würde. Daher auch die / so droben / an der Ketten / zogen / eine gute Weil umsonst gearbeitet / biß mehr Hülffe gekommen / und man sie / mit grosser Gewalt heraus gerissen. Darüber ihr gleichwol der böse Geist / von demjenigen Fuß / welchen er bißhero auffgehalten hatte / den Schuch abgerissen; denn sie drunten hat hinterlassen müssen.

Eben so wenig ist dasjenige / was die Todschwache Frau / von dem vor ihr stehendem trefflich-schönem Menschen / gesagt / und darüber gelächelt / für eitel Phantasey / oder Irrthum einer verderbten Einbildung / zu achten. Denn man weiß auch dißfalls dergleichen Begebenheiten gar viel. Allhie / in dieser Stadt ist /vor wenigen Jahren / ein tugendhafftes gottsfürchtiges Weibsbild gestorben: Vor deren Ende / sich die Thür / zusehens andrer Leute / von selbsten geöffnet / und die krancke Frau drauff gesagt: Schau! da kömmt ein kleiner allerschönster Jüngling / mich abzuholen / und winckt mir / ich solle ihm folgen! Eine viertheil Stunde hernach / ist sie entschlaffen.

Fußnoten

1 Censor. de Dienat. c. 3.

2 Plato apud Apulejum de Deo Socratis p. 50.

3 Act. 12.

4 Origenes advers. Celsum.

5 Chrysost. in c. 12. Act.

6 Idem in Epist. ad Coloss. Homil. 37.

7 Matth. 18. v. 10.

8 Ps. 34.

9 Basil. Homil. in Ps. 33. p. 220.

10 Hieronym. lib. 3. in Matth. 18. v. 10.

11 Voss. De Orig. & Progr. Idololatr. lib. 1. cap. 7.p.m. 56.

12 Et Collect. 1. 3. c. 12. & Collect. 8. c. 7.

13 Brochm. Tom. 1. System. Theolog. art. de Aug. c. 2. quæst. 1. p. 244. Scharp. Curs. Theol. col. 366. & alii.

14 König in Cas. Miscell. p. 78.

15 Calvin, lib. 1. Instit. p. 48.

16 Vid. Apulejus de Deo Socr. p. 51.

17 Max. Tyrius Diss. 26. p. 265.

18 Plutarch. de Socrat. Genio p. 588.

19 Max. Tyr. Dissert. XXVI. de Dæmone Socr.

20 Idem Dissert. 27. p. 278.

21 Vid. Acta Medica & Philosophica Hafniensia Thomæ Bartolini Vol. 2. Observ. 80. p. 199.

22 Plutarchus in Antonio.

68. Der angefochtene Unglücks-Verhüter

[646] LXVIII.

Der angefochtene Unglücks-Verhüter.

Wer Unfall verhütet / der beraubt den höllischen Unglücks-Stiffter einer grossen Freude und Hoffnung: darum trachtet dieser / sich / an einem solchen / zu rächen. Ich will / unter vielen Beyspielen / eines hervorziehen.

Man hat den fünfften Sonntag in der Fasten / derJudica sonst genannt wird / den Schwartzen Sonntag benamst / und ihn darum mit solchem Namen geschwärtzt / weil / gemeiner Sage nach / in der Wochen / die mit demselben eingeht / gemeinlich gern ein und andres Unglück geschicht. Ob solches sich also befinde / will ich jetzo nicht untersuchen; sondern nur so viel melden / daß ich manchen dergleichen Sonntag erlebt habe / dessen Woche von keinem sonderlichem Unglück begleitet worden: wiewol ich mich hingegen auch etlicher erinnere / darinn sich gar traurige Fälle zugetragen: Wofür doch gleichwol andre Täge und Wochen auch nicht privilegirt seynd.

Nichts destoweniger will ich wol glauben / daß / in dieser Wochen / der Satan geschäfftiger sey / ein Unglück zu stifften / und ihm solches darum offt von oben verhengt werde / weil manche Ruchlosen / in derselben / an stat eines bußfertigen Wandels / und obligender Vorbeitung zur Andacht gegen der heranruckenden Marter-Woche / [647] ein gottloses Wesen treiben: oder weil ihm auch sonst etwan / aus verborgenem Gericht GOttes / zugelassen wird / gegen selbiger herannahenden heiligen Zeit / zu trachten / wie er Leid und Unfall erwecken möge / sonderlich bey denen / die in keiner guten geistlichen Rüstung stehen. Wiewol eben so wol auch manchen Frommen alsdann / auf GOttes Verhengniß / zur Ubung ihres kämpffenden Glaubens / und streitender Gedult / bißweilen ein Unglücks-Fall widerfährt.

Es mag aber endlich für ein Tag seyn / was es wolle: so ist man / an keinem / für dem Satan / sicher / wann man unordentlich lebt / und der rohen Welt mit seiner Nachfolge / oder Gesellchafft / beypflichtet / solchem nach eben so wenig / wo vielleicht nicht noch weniger / an dem schwartz-genanntem Sonntage.

Solches hat / im Jahr 1556 / an diesem Sonntage /ein junger Edelmann / in der Lausnitz / erfahren /nach dem er frühmorgens / in einem Dorff / mit andren jungen Edelleuten / derer ungefähr neun oder zehen gewest / zusammen gekommen / und samt ihnen die Kirche besucht. Unter denselben hatten Ihrer zween ein adelichen Hof in selbigem Dorff /wohnten auch / weil sie beyde noch unverheyrahtet /beysammen. Von diesen wurden / nach angehörter Predigt / die Fremde eingeladen / in ihre Behausung zum Mittagsmal / und / um sie desto lustiger zu machen / angefangen / ihnen bey Halben zuzutrincken. Mit solchem starcken Trunck hat man auch angehalten / biß an den Abend. Wie nun / unter jungen Leuten / solches Gezech selten sich friedlich endet: also[648] erhub sich auch / selbiges Orts / zwischen zweyen Gästen / ein Zanck / um ein Glas Bier / so Einer dem Andren nicht wollen (auch vielleicht nicht können) mehr Bescheid thun: und nahm der Hader dermassen zu / daß sie endlich einander nach den Köpffen griffen / und sich mit solchen Maulbieren beschenckten /wornach der rote Safft floß.

Hieraus besorgte ein junger frommer zwantzigjähriger Edelmann / nemlich derjenige / dessen anfangs gedacht ward / es dörffte / so diese zween wider einander Ergrimmte nicht von sammen geschieden würden / zuletzt auf ein grosses Unglück hinaus gehen: weil sie zwar / nachdem man sie voneinander gebracht / sich zusammen versöhnt / aber doch den Groll noch im Hertzen hatten / und immerzu aufeinander stockerten; darüber endlich der Faustwechsel wieder angehn / und also das Letzte ärger werden dörffte / als das Erste. Solchem Unheil wollte das gute Gemüt gerne vorkommen / und nahm derwegen Einen solcher beyden Zäncker mit sich heim / nach seines Vaters Hause; vermeynend / wenn man von zweyen gegeneinander glimmenden Bränden einen hinweg rückte / hette man nicht leichtlich eine Brunst zu fürchten.

Der Vater lässt ihm die Einkehr deß mitgebrachten Gasts angenehm seyn; nöthigt denselben / zum nidersitzen / und lässt ihm den besten Trunck auftragen.

Nachdem sie nun manchen guten Becher / oder Glas / miteinander geneigt / und sich wol berauschet; begiebt sich der Vater / samt dem Gast seines Sohns /zu Bette / wie auch das gantze [649] Hausgesinde: und blieb der Sohn / als welcher / den gantzen Tag über /gezecht / und einen steifen Rausch geladen hatte / allein / mit den Armen / auf dem Tische ligen. Welches der Vater nicht groß achtete / sondern ihn ligen ließ; in Meynung / weil solches schon vorhin mehr geschehen / würde es dißmal auch nichts zu bedeuten haben / und er / wann er den Rausch ein wenig ausgeschlaffen / das Bette schon wissen zu finden.

Indem nun das übrige gantze Haus in ersten und festestem Schlaffe ligt; wird der / in der Stuben gleichfalls am Tisch eingeschlummerte / Sohn / durch ein starckes rauschen und raßlen / erweckt / von etlichen /zum Stubenfenster hineinkriechenden / Gespenstern: deren er zwar bald ansichtig worden / und sie / mit Entsetzung / angeblickt / doch gleichwol / wie viel /oder was es wäre / nicht eigendlich erkennen können /ohne daß er sich beduncken lassen / es wären kleine schwartze Männlein / die nicht viel länger / als ungefähr eine Spanne. Dieses Geschwärm hebt an / um ihn her / auf-neben- und unter dem Tisch / und Bäncken /zu krabeln / und herum zu rauschen; biß ein Licht in die Stube kommt. Darüber stosst ihn ein grosser Schrecken / Furcht und Grausen an: weßwegen er eilends nach der Thür trachtet / aber kaum nur vor den Tisch kommt / als er / bey der Stubenthür / alsofort eines grossen schwartzen und auch schwartzbärtigen Kerls gewahr wird / und daß auch / neben ihm / auf einem Leuchter / ein grosses Liecht steht.

Indem er diesem zuschauet / und nicht hinaus kann / setzen sich indessen die kleine schwartze Männlein[650] rings um den Tisch / werden aber / aus kleinen / alsobald grosse Männer; bringen auch behände / unter dem Tische / mehr Licht- und Leuchter / hervor: also /daß er / verspührend / wie es hinter ihm gleichfalls liecht werde / und sich / von dem / bey der Thür stehendem / Mann / umwendend / viel Leuchter / und auf jedwedem ein brennend Licht / stehen siht / nebenst vielen Kannen / und gefüllten Biergläsern; den Tisch aber / mit grossen lang- und schwartz-gebärteten Männern / überall besetzt / die in schwartzen Mänteln sassen / zerschnittene weisse Wämser / und auf dem Kopff lange Braunschweigische schwartze / mit langen schwartz- und weissen Hanen-Federn besteckte /Hüte trugen / so mit silbernen und güldnen Vorten eingefasst: Unter welchen Sitzern / seines Bedunckens / etliche seinen Mitgesellen / mit welchen er / den gantzen Tag über / getruncken / ähnlich sahen / und Einer nach dem Andren / zu ihm sagte: Hanns / es gilt dir! Hanns / es gilt! Hanns / thu Bescheid! Hast du heut können sauffen / so kannst du mit uns jetzt auch sauffen. Musst sauffen / oder wir drehen dir den Hals um.

Solcher grausamer Anblick / und zuschreyendes Anfordern / machte ihn schier halb todt. Doch ermunterte er sich / fiel vor dem Tisch nider auf die Knie /hub die Hände auf / und wollte beten.

Gleich damit fand sich bey ihm ein Mann / in einem weissen Kittel / mit schönen gelben und langen Haaren / so freund- und liebliches Angesichts / als einer Jungfrauen immermehr: wiewol er nicht [651] gewahr worden / wie derselbe hinein gekommen. Derselbe sprach zu ihm: Hanns! trinck nicht mit ihnen: denn so bald du solches thust / werden sie dir den Hals brechen. Sondern bete / und ruffe zu GOtt dem HErrn / im Namen JESU Christi. Der wird dich / aus diesen gegenwärtigen Nöthen / erretten / und von dieser bösen Gesellschafft ledig machen / daß sie dir nichts wird können anhaben.

Hierauf hat er zwar angefangen zu beten; auch /weil er / bey solchem Schrecken / sich nicht wol besinnen können / der Mann im weissen Kittel ihm drein geholffen / und hernach zu ihm gesagt; Indem er seinen Gast heut mit heimgeführt / hette er einen Todschlag verhindert; welcher noch den Abend geschehen wäre / wann derselbe / bey den Andren / geblieben: und hierinn bestünde zum Theil die Ursache / warum diese üble Gesellschafft ihn / vor Andren / anföchte /und ihm so hart zusetzte.

Ehe er wieder von ihm geschieden / hat er ihms vorher gesagt / sie würden übel mit ihm verfahren /ihn plagen und martern. Er sollte sich aber nichts dran kehren / sondern seines Gebets warten / auch damit fleissig anhalten / mit ihnen ja nicht trincken / und sich nicht umsehn / so lieb ihm sein Leben: Der allmächtige GOTT würde ihm schon beystehen / und ihn / durch seinen Sohn / JEsum Christum / erretten: Das Warzeichen solcher Errettung sollte dieses seyn / daß sie / so bald der Han zum ersten Mal krehete / ihn verlassen / und sich alle von ihm verlieren würden. Neben [652] dem hat er ihn auch vermahnt / zur Busse / und Besserung deß Lebens / und daß er sich hinfüro sollte hüten / für dem viehischen fressen und sauffen / auch für fluchen / und schweren bey GOttes Namen / Marter und Wunden.

Endlich band er ihm auch ernstlich ein / er sollte sich nichts hindern lassen / morgenden Tags zur Beicht und Abendmal zu gehen / auch diß Alles / wie es ihm ergangen / seinen Mitgenossen erzehlen / und sie ermahnen / daß sie gleichfalls / bey Zeiten / ehe der schreckliche Zorn GOttes über sie anbrennete /von ihrem rohen gottlosem Wesen abstehen / Busse thun / und sich bekehren / auch gleichfalls darüber die Absolution suchen / und das hochwürdige Sacrament empfahen sollten. Nach solcher Vermahnung / ist er allgemählich / an seiner Seiten / hinterwerts entwichen / und verschwunden.

Der junge Edelmann hat nachmals hoch und theuer bezeugt / er habe sich nichts gefürchtet / so lange dieser schöne Mensch / den er / ohne Zweifel / für einen guten Schutz-Engel gehalten / sich zugegen befunden; sondern es sey ihm sehr wol gewest.

So bald derselbige aber hinweg war / traten zu ihm ein paar schwartzer langer Männer / von gleicher Gestalt / wie die am Tische; ausbenommen / daß sie weite und lange Pluderhosen trugen / so biß an die Erde hingen; dergleichen er an den andren / die am Tische gesessen / nicht gesehn; imgleichen grosse Augen / wie die Käsenapffe. Jedweder tratt ihm an eine Seite / fasste ihn an / und [653] zwickte ihn dermassen in die Ohren / daß man davon die Mahlzeichen länger / als vierzehen Tage / hernach gesehn: weil er denen /welche am Tisch ihm zugetruncken / nicht Bescheid thun wollen. Weßwegen er auch / seines Bedunckens /hefftig geschrien / und sich gewundert / daß es Niemand gehört. Wiewol das Gesinde gesagt / daß es zwar ein Geschrey vernommen / aber vermeynt / der Vater schlüge den Sohn; oder daß vielleicht der Sohn noch mehr Gäste bekommen hette / die sich miteinander raufften; darein es nichts zu reden / vielweniger sich drein zu mengen hette: Weßwegen sie nicht aufgestanden / und darüber wieder eingeschlaffen.

Uberdas lagen ihm etliche andre schwartze Männer zun Füssen / unterm Tische / zupfften und rupfften ihn / blöckten und plerrten ihn auch abscheulich an.

Solche seine Plage hat so lange gewährt / biß der Han / zum ersten Mal / gekrehet: Worauf sie / im Augenblick / mit grossem Ungestüm / samt Liecht- und Leuchtern / und allem mitgebrachtem / auf dem Tische stehendem / Geschirr / verschwunden / und ihn in der Stuben allein gelassen.

Da er nun hernach sich in etwas wieder erholt / und besonnen / ist er / auf allen Vieren / zur Stubenthür hinaus gekrochen / so lange winselnd und heulend /biß das Gesinde und der Vater davon aufgewacht / ein Licht schlagen lassen / und hingegangen / zu sehen /was seinem Sohn fehlete. Welchen er / an der Stubenthür / liegen gefunden [654] / und gefragt / was ihm sey? wie er daher komme? Ob Jemand bey ihm gewest /und ihm was Leides zugefügt?

Der Sohn bittet / der Vater wolle dißmal so eigendlich und genau doch nur nicht nachfragen: über drey Tage / werde er es ihm schon sagen: So viel aber könne er ihm unterdessen nich verhalten / daß ein Mann im weissen Kittel bey ihm gewesen / welcher ihm hette befohlen / auf den künfftigen Morgen / zur Beicht und hochwürdigem Sacrament zu gehen: wie er auch / mit GOttes Hülffe / zu thun / gewillet sey. Der Vater mercket daraus / er müsse ein Gesicht haben gesehn; hält derhalben mit ferrnerer Nachfrage ein / und nimt ihn mit sich / in seine Kammer / zu Bette.

Deß Morgens gehet der Sohn hin / zum Pfarrern /beichtet / und erzehlt demselben / was ihm / die Nacht über / begegnet; begehret darauf die Lossprechung /und das heilige Sacrament.

Der Pfarrer entsetzt und verwundert sich darüber gar hoch; sihet es auch für bedencklich an / ihm so gleich die Absolution / und das heilige Sacrament /mitzutheilen: weil er / vorigen Tags / mit ihm / bey denen beyden Junckern / gespeiset / und biß der Hader angehn wollen / daselbst verblieben war. Doch hat er ihm endlich / auf Befindung / daß er / bey seinem Bericht / und christlichem Vorhaben / beständig beharrete / gewillfahrt / und / nach gesprochener Absolution / das heilige Abendmal gereicht.

[655] Uber den dritten Tag hernach / machte er nicht allein / vermöge seines Versprechens / seinem Vater /sondern auch vielen andren Leuten / kund / was ihm widerfahren; insonderheit aber seinen Zechbrüdern: denen er dabey zugleich treulich rieth / sie sollten doch hinfüro ein andres Leben führen. Allein es kam ihnen vor / wie ein Mährlein / oder Schwanck / oder Traum / so ihm in der Nacht / bey vollem Rausch /solche Gespenster für gemahlt hette / so ihm / in rechter Warheit / nicht erschienen wären: darum verlachten sie ihn / gingen ihre alte Gänge / und kümmerten sich um nichts.

Nichts destoweniger hat es der Pfarrer selbiges Orts / auf Bewillig- und Ermahnung deß jungen Edelmanns / dem es geschehn / offentlich von der Kantzel verkündigt. Jobus Fincelius, welcher diese aufgezeichnete Geschicht / durch offentlichen Druck /kundbar gemacht / gedenckt / 1 ihm sey so wol der Nam / als der Ort / wol bewusst.

Fußnoten

1 Apud Strigenitium in Præfatione Gallicinii, & M. Casparum Titium, Artic. 8. de Diabolis, p.m. 157.

69. Der hofmeistrende Geist

[656] LXIX.

Der hofmeistrende Geist.

Viel Menschen leben unmenschlich und viehisch /und erheben ihr Hertz so wenig zum Himmel empor /als wie eine Mast-Sau ihren Kopff / zu dem Gestirn /aufrichtet. Um solche epicurische Säue / oder Säuisch-genaturte Leute / die wenig nach GOtt fragen /bekümmern sich die Engel GOttes auch wenig / und äussern ihrer Gesellschafft sich gar weit. Hingegen stifften die bösen Geister / mit so irdisch-gesinnten und ungöttlichen Gemütern / nur allzu gern eine (wiewol ungetreue) Vertraulichkeit. Dannenhero schreibt der gelehrte Bodinus gar nicht fein / noch christ-vernünfftig; Ihn beduncke / es können sothane Leute /auf keinerley Weise / weder mit bösen / noch guten Geistern / in Gesellschafft kommen; weil / zwischen solchen zweyfüssigen Säuen / und den Geistern / als derer Substantz unleiblich und gantz geistlich ist / ein gar zu grosser Unterscheid sey. Denn die leidige Erfahrung widerlegt es / und stellet / leider! tägliche Beweisthümer dar / daß die böse Engel / als unreine Geister / ein unreines Hertz für ihr bestes und liebstes Quartier halten.

Er führt zwar an den Spruch Jamblichi, die Seele eines Menschens / der seine Gedancken auf was Böses wendet / und sich darinn freywillig bemühet /verarte sich / in eine teuflische Natur; anfangs zwar mit stummer / nachmals aber mit [657] ausdrücklicher Bewilligung und Vergleich: allein damit widerspricht er ihm selbsten / und bekräfftigt / daß viehische Leute /die ja auch unter denen bösen sind / mit bösen Geistern / in Gemeinschafft treten / und diese sich zu jenen gesellen.

Er sagt hernach weiter: Wer sich hingegen deß Guten befleisst / sein Gemüt zu GOTT / und zur Tugend erhöht / und seine / durch GOttes Gnade gereinigte / Seele / erstlich auf die sittliche (oder Gemüts-) Tugenden / alsdann auch folgends auf die geistliche /legt / der könne vielleicht / mit einem Engel GOttes /eine solche Gesell- und Kameradschafft gewinnen /durch welche er bewahrt und erhalten / auch desselben Gegenwart empfinden / und solche Sachen / so ihm derselbe gebeut / oder verbeut / erkennen werde.

Dieses aber (spricht er) widerfahre sehr Wenigen /auch nur aus sonderbarer Gnade und Wolthätigkeit GOttes. Welches Averroes die Erlangung deß Verstandes genannt / und darein die grösseste Glückseligkeit aller Menschen gestellt. Er / der Bodinus, setzt hiernechst dazu das Exempel Socratis, welcher /beym Platone rühmt / er geniesse dieser Göttlichen Glückseligkeit / daß ihm ein gewisser Geist beystehe /so ihm / von Kindheit auf / überall sey nachgefolgt.

Weiter bemühet sich dieser gelehrte Frantzos solches / durch unterschiedliche Exempel H. Schrifft /und endlich / mit diesem denckwürdigem Beyspiel /zu vergewissern.

[658] Er hat / wie er schreibt / von einem Menschen /welcher dazumal / als er seine Dæmonomaniam, geschrieben / nemlich 1579 / und 80 / noch gelebt / vernommen / derselbe hette einen Geist zum beharrlichen Gefährten: welchen er damals allererst kennen gelernt / als er sieben und dreyssig Jahre alt war. Denn wiewol / seiner Meynung nach / derselbige Geist / die gantze Zeit seines Lebens / um ihn gewest: Massen er solches gemutmasset / so wol aus den vorher gehabten Träumen / als Gesichtern / wodurch er gewarnet worden / für gewissen Lastern / und Fährlichkeiten sich zu hüten: so hette er ihn dennoch niemals zuvor so vollkömmlich gemerckt / als wie / von gemeldtem 37sten Jahr seines Alters an. Solches aber ist ihm /seinem Bericht nach / widerfahren / nachdem er zuvor nicht aufgehört / ein gantzes Jahr durch / GOTT von Hertzen / Abends und Morgens / anzuruffen / daß Er einen guten Engel senden wollte / der ihn / in allem seinem Thun und Fürnehmen / führen und leiten mögte: Vor- und nach solchem Gebet aber / hette er eine bestimmte Zeit / zur Betrachtung Göttlicher Wercke / angewendet / bißweilen zwo oder drey Stunden gesessen bey der Bibel / dieselbe / mit ernstlicher Aufmerckung / und Andacht / gelesen / und in seinem Geist geforschet / ob er daraus ergreiffen mögte / welche dann / unter allen strittigen Religionen / doch die rechte wäre / und mit der Warheit übereinträffe. Dabey er dann nicht selten diese / aus dem 143 Psalm genommene / Verse gesprochen:


[659]
Me, Deus, informa quæ sit tua sancta voluntas,
Morigerasque manus præsta, gressusque sequaces:
Namque eris ecce Deus semper mihi: tramite recto
Spiritus ille tuus, divinaq; virgula ducat!
GOtt lehre mich / sey an der Seiten!
Und zeig mir deinen Willen an:
Laß deinen Geist / und Stab / mich leiten /
Mein GOtt! auf einer ebnen Bahn!

Er sagte / daß er die Weise derjenigen gar nicht loben könne / die GOTT bitten / daß Er sie / in ihrer vorgefassten Meynung / wollte erhalten: Nachdem er also immerzu / mit solchem Gebet / und Lesung heiliger Schrifft / angehalten / hette er / beym Philone, dem Hebrœer / im Buch von den Opffern / gefunden / es könnte ein guter / frommer / vollkomner / und von GOTT gereinigter / Mensch / GOTT dem HErrn kein grössers / noch angenehmers Opffer thun / als so er sich selbsten dem HErrn opfferte: Solchem Raht folgend / habe er GOtt seine Seel aufgeopffert.

Von der Zeit an / seynd ihm (wie er sagte) Träume und Gesichte voll Belehrungen gegeben / bald diesen / bald jenen Fehler zu corrigiren / bald einiger Gefahr vorzubeugen / bald diesen bald jenen schweren Knoten / so wol in göttlich- als menschlichen Dingen /aufzulösen / oder aus einer Beschwerlichkeit sich heraus zu wickeln. Unter andren / habe ihn gedunckt / als hörte er / im Schlaffe / GOttes Stimme / welche zu ihm spräche: Ich [660] will deine Seel erhalten: Ich bin der welcher dir erschienen.

Nachmals klopffte der Geist / alle Morgen / von drey oder vier Uhren / an seine Thür. Wann er dann aufstund / und die Thür aufthat / sahe er niemanden. Der Geist aber fuhr fort / solches jede Morgen zu thun / und weckte ihn / wann er nicht aufstund. Deßwegen begunnte er sich endlich / zu fürchten / und gedachte /es wäre ein böser Geist; ließ derhalben nicht ab /GOtt aneinander bitten. / Er wollte seinen guten Engel senden; sang auch offtmals die Psalmen / welche er schier auswendig kunnte.

Hierauf offenbarte sich ihm der Geist / als wachte /und klopffte nur leise an. Selbigen Tags / vernahm /und hörte er gar eigendlich / daß der Geist / zum offtern / ein Glas anrührte: darfür ihn keine geringe Entsetzung ankam. Als er nach zweyen Tagen / seinen guten Freund / einen Königlichen Secretar / (der gleichfalls Anno 1580 noch am Leben war / als Bodinus diß Buch drucken ließ) mit einer Mahlzeit / zu Mittage / bewirthete: klopffte der Geist an die nechst /bey dem Gast / stehende / Banck: worüber derselbe sich errötete / und zu fürchten begunnte; er aber ihm hernach / sagend: Erschreckt nicht! Ihr habt deßwegen nichts zu fürchten! Und damit er ihm die Furcht desto besser möchte aus dem Sinn bringen / erzehlte er ihm die wahre Beschaffenheit.

Von selbiger Zeit an / ist der Geist allezeit um ihn gewest / und er / von demselben / durch ein kindliches Zeichen / erinnert und abgemahnt / [661] Und ###damit er ihm die Furcht desto besser möchte aus dem Sinn bringen, erzehlte#### er ihm die wahre Beschaffenheit. oder angefrischet worden. That er was Ungeschickts / oder Unrechts / gab ihm der Geist einen gelinden Streich ans rechte Ohr; widrigen Verhaltens aber / ans lincke. So Einer kam / ihn zu betriegen /oder zu hintergehen / empfand er den Streich am rechten Ohr: Daferrn aber ein redlicher Mann / der es gut mit ihm meynte / und ihm was Gutes zu erweisen gewillet / ihn besuchen wollte / fühlte er den sanfften Schlag / am lincken Ohr. Wann er was Böses (oder Ungesundes) essen / oder trincken wollte; ward ihm ein Zeichen gegeben / so wol / als wann er zweifelte /oder säumte / etwas fürzunehmen. Gedachte oder setzte er sich was Ubels vor / ward er / durch ein Zeichen / davon abgekehrt. Hub er unterweilen an / GOtt mit Psalmen zu loben / oder von seinen Wunderwercken zu reden; fühlte er sich / durch eine geistliche Krafft / darinn gestärckt und bestetigt seyn. Und damit er die eingegebene Träume / von den Phantaseyen / könnte unterscheiden / die von ungesundem Geblüt / oder Zerrüttung und Verwirrung deß Gemüts / zu entstehn pflegen / pflag ihn der Geist um die zweyte oder dritte Stunde zu wecken: Und nachdem er darauf wieder eingeschlaffen / alsdann ward ihm /durch warhaffte / Träume / angezeigt / was er von dem / darüber er in Zweifel stund / gläuben / oder thun sollte / oder was ihm vorstossen würde: also gar / daß / von selbiger Zeit hero / ihm fast nichts begegnet ist / so ihm nicht vorher angedeutet worden; auch nichts für glubwürdig geachtet / dessen er nicht vorher wäre erinnert worden.

[662] Er bat zwar GOtt täglich / daß Er ihn wollte seinen Willen / Gesetz / und Warheit / lehren und wandte einen Tag in der Wochen an / zu Lesung / und Betrachtung heiliger Schrifft / lobte GOtt / mit singenden Psalmen: brachte also denselbigen gantzen Tag /welchen er gäntzlich feyerte / in fröliger Andacht / zu / und kam alsdann keinen Tritt aus dem Hause. Hiezu bediente er sich aber nicht deß Sonntags / an dem sonst Andre ihre Andacht zu verrichten pflegen: Weil / wie er sagte / am Sonntage lauter Uppigkeit und Ruchlosigkeit getrieben würde.

Sonst bezeigte er sich / in allen seinem Thun / und übrigen Handlungen / eines fröligen Gemüts / pflag auch hierauf anzuziehen die Worte der Schrifft: Vidi facies Sanctorum lætas.

Imfall er / bey irgend einer Gesellschafft / kein gar zu gutes Gespräch gehalten / oder etliche Tage das liebe Gebet unterlassen hatte; ward er / im Schlaffe /alsofort daran erinnert. Woferrn er ein Buch las / das nicht gut war; schlug der Geist alsobald auf das Buch / daß er es sollte weglegen. Was seiner Gesundheit nicht dienlich / dafür warnete er ihn: und wann er kranck war / kurirte er ihn aufs allerfleissigste. Kurtz zu sagen: Er erzehlte dem Bodin hievon so vielerley /daß es dieser für unzehlich achtet / und nicht Alles wiederholen können.

Insonderheit ward er / von dem Geist / ernstlich erinnert / früh aufzustehn / und zwar gemeinlich um vier Uhr: Angemerckt / ihm (wie er berichtete) sich eine Stimm im Schlaff hören ließ / welche sprach:Wer wird am ersten aufstehn / zu [663] beten? Imgleichen ward er offt vermahnt / Almosen zu geben. Und je mehr Almosen er gab / je mehr gingen ihm seine Sachen von statten: In allen seinen Geschäfften / war das Glück mit geschäfftig.

Als seine Widersacher ihm nach dem Leben stunden / und in Erfahrung gezogen hatten / er würde zu Wasser reisen; hatte er im Traum ein Gesicht / als ob sein Vater zwey Pferde ihm zuführte / ein rotes / und ein weisses. Darum schickte er aus / um zwey Lehn-Pferde: worauf der Knecht ihm ein weisses und ein rotes brachte; ob er diesem gleich / wegen der Farbe /nichts hatte befohlen.

Bodinus hat ihn ein Mal gefragt; Warum er den Geist nicht offenbarlich anredete? Und darauf zur Antwort empfangen; Er hette zwar solches einsmals an den Geist begehrt; welcher aber gleich darauf einen starcken Schlag / als wie mit einem Hammer / an die Thür gethan; damit zu verstehn gebend / daß ihm solches nicht angenehm wäre. Er verhinderte ihn auch offt / am gar zu langen lesen und schreiben; damit seine Sinnen etwas ruhen mögten / und er auch der Betrachtung ein wenig abwarten könnte. Gar offt kam ihm eine gar subtile / oder gantz leise / und unabgesetzte (oder unarticulirte) Stimme zu Ohren: Was aber dieselbe habe andeuten wollen / davon gedenckt Bodinus weiter nichts.

Als dieser Author Jenen fragte: Ob er jemals die Gestalt deß Geistes gesehn? antwortete er: Wachend hette er niemals was gesehn / ohn allein einen hellen Schein / in Form einer runden [664] Blatten: Wie er aber einsmals in äusserster Lebens-Gefahr gestanden / und GOtt von gantzem Hertzen gebeten / Er sollte Sichs doch gefallen lassen / ihm sein Leben zu retten; habe er / früh Morgens / da er noch im Schlaff gelegen /über dem Bette / ein kleines Knäblein erblickt / im weissen / wiewol sich auf Purpur-Farbe neigendem Rock / von Angesicht trefflich schön / und von Gestalt hochverwunderlich. Und dieses bestetigte er vielmals / daß es gantz gewiß wäre.

Ein andres Mal / da ihm abermal eine grosse Gefahr zunahete / und er sich eben zu Bette legte; verhinderte ihn der Geist / und ließ ihm keine Ruhe / biß er vom Bette aufgestanden: Weßwegen er / die gantze Nacht durch / im Gebet / beharrete / und / folgenden Tags / wunderbarer und unglaublicher Weise den Fäusten der Mörder / oder Henckersbuben 1 entrann. Nach Uberstehung solcher Lebens-Gefahr / hörte er /schlaffend / eine Stimme ruffen: Jetzt soll man sprechen: Wer unter dem Schirm deß Höchsten sitzt /etc.

Summa; in allen Fährlichkeiten / und Schwerigkeiten / Reisen / und Unternehmungen / ersuchte er GOTT / um Raht. Und als er / in einer Nacht / bat /GOTT wollte ihm seinen Segen geben; bekam er / im Schlaff / ein Gesicht / darinn ihn sein Vater segnete.

Bodinus beschliesst diese / aus dem Munde selbiger Person geschöpffte Erzehlung / mit diesem Urtheil: daß man sich nicht zu verwundern habe / [665] daß sich auch die bösen Geister zu den Leuten gesellen /wann auch die Engel und gute Geister / der menschlichen Gesellschafft sich theilhafft machen. Daß ein Jedweder seinen guten Engel habe / will er nicht / für gewiß / ausgeben / weil solches / wie er recht urtheilet / schwer falle / recht zu versichern. Wo er aber / mit jetzt-erzehlter Geschicht / hinaus trachte / ist gleich anfangs erwehnt; nemlich er will dadurch erweisen /daß der Engel GOtes mit einem tugendhafftem und Gott-ergebenem Menschen / eine sonderbare und genaue Vertraulichkeit schliesse / ihn allenthalben begleite / und schirme: wiewol solches nicht allen Tugendhafften / sondern nur sehr wenigen / widerfahre.

Allein die Stellen / so er deßwegen / aus Göttlicher Schrifft / zu Zeugen rufft / beweisen weiter nichts / als eine englische Beschirmung aller und jeden gottseligen Menschen / und keine so sonderbare ungeschiedene immerwährende Gegenwart eines einigen / auf eine gewisse Person nur / bestimmten Engels: Denn daß der Engel deß HErrn sich um die herlagere / so Ihn fürchten / wird nicht nur etlichen wenigen / sondern allen und jeden Gottsfürchtigen / zum Trost / im Psalm / gelehrt.

Nichts destoweniger gestehe ich dem Bodino gar gern / daß dennoch etlichen Personen / von GOTT /die Gnade einer sonderbaren und sehr mercklichen / ja augenscheinlichen Engel-Hut / vor Andren / zu theil werde. Denn wie GOtt seine Gaben unterschiedlich /unn nicht nach einerley Maß / austheilet / diesem mehr Erkenntniß giebet / denn jenem / auch bißweilen im Gesicht was offenbaret / [666] was Er einem Andren unentdeckt lässt; weil ohne dem Jedermann / an der allgemeinen Offenbarung seines heiligen Worts und Willens / zu seiner Seligkeit die Gnüge hat: also kann Er auch wol / mir sonderbarer Entdeckung der Engel-Hut / Einen / vor dem Andren / beehren und behulden.

Um den Elias / lagerte sich so wol eine Englische Hut / als wie um den Elisa / und um den / von den Arrianern verfolgen / Athanasium: gleichwol ward nur dem Ertz-Vater / Jacob / und dem Elisa / und seinem Knaben / nicht aber dem Elias / noch dem Athanasio, das Heer der Engel sichtbarlich gezeigt: ohnangesehn / diesen so wol / als jenen / der Engel deß HErrn ausgeholffen.

Aber daß ein Engel jemals einem Menschen solcher Gestalt sollte zum Hofmeister verordnet seyn / daß er demselben täglich hette gewisse Erinnerungen seines Thuns und Lassens geben müssen; dessen wird man /in heiliger Schrifft / gar keine Fußtapffen erspühren: angemerckt / GOtt / zu dem Ende / sein Wort uns /zur Richtschnur / verordnet / daß wir darnach unsren täglichen Wandel abmessen und einrichten sollten /und deßwegen keiner andren so ordentlichen Offenbarungen / oder übernatürlichen Anzeigungen / benöthigt seyn mögten.

Ich widerspreche deßwegen nicht / daß die Göttliche Liebe manchen / Ihr / durch fleissiges Gebet /sonderlich wol befohlenen / Menschen / entweder durch ein Gesicht / oder Traum / für Unglück warne /ja auch wol bißweilen manchem ruchlosen [667] also ausserordentlich zur Busse wincke / oder auch von verkehrter Beharrlichkeit ihn abschrecke: Denn es überzeugt hierinn die gewisse Erfahrung allen Zweifel. Und solche wunderbare Warnungen / oder auch merckliche Träume werden vermutlich durch einen Engel / dem Menschen vorgebildet.

Als Abt Otto zu St. Lamprecht / Rudolff von Liechtenstein / und Heinrich von Waldsee / beym Könige Jacob in Arragonien anlangten / um desselben Fräulein Tochter / Elisabeth / vor Keyser Friedrichen /zu werben; war / in der Nacht vorher / dem Fräulein /im Traum / ein schöner Fürst erschienen / der Friedrich hiesse. Da nun erstbenamte Gesandten / Keyser Friedrichs / (den seine Schönheit den Beynamen deß Schönen erworben) durch ihre Ankunfft und Werbung solchen Traum ihr eines Theils wahr machten: trug sie destoweniger Bedencken / neben ihrem Herrn Vater /in diese heirahtliche Ansuchung zu willigen; bevorab / weil das Bildniß deß schön-gestalten Keysers / mit der Gestalt / welche ihr der Traum hatte vorgestellt /sich auffs Beste verglich. Massen Sie dann hierauf /um Pfingsten / in Teutschland / gen Basel begleitet /allda prächtig eingeholt und mit dem Keyser gecopulirt auch hernach / mit offentlicher Krönung / zu einer Römischen Keyserinn / beehret ward.

Noch viel verwunderlicher ist der Traum Keysers Caroli deß Vierdten / damals aber nur Königlich-Böhmischen Printzens / gewest. Bey dessen Herrn Vater / dem Könige Johann / hielt der Königliche Dauphin / oder ältester Printz von [668] Franckreich / um Beystand an / wider den Hertzog von Savoyen, als mit welchem er Krieg führte; bekam auch darauff gute Vertröstung. Indem König Johann Völcker zusammen bringt / kommt eins Mals gedachtem seinem Printzen / Carl / im Traum / ein Kriegsheer zu Gesicht / und unter demselben ein schön-gebildter Jüngling; welcher aber / mitten aus dem Kriegs-Hauffen / hinweg geführt ward / an einen besondern Ort / allda er Männiglichen vor Augen stehend / seines Geschlecht-Gliedes beraubt ward. Worüber Printz Carl sich höchlich verwundert / und nachdem er allernechst bey sich einen andren Jüngling / von ungemeiner Herrlichkeit und Ansehn / erblickt hatte / denselben fragt / Wer doch immer mehr der Jüngling sey / mit dem man so scharff verfahre / und aus was Ursach man ihm solche peinliche Schmach angethan? Jener antwortet: Es ist der Dauphin / erst-geborner Sohn deß Königs in Franckreich / der diese Straffe empfähet. Den Unzüchtigen pflegt mans so zu machen.

Da Printz Carl deß Morgens auffgestanden war; berichtete er seinen Herrn Vater / was ihm geträumt /und bat / derselbe mögte den Marsch der Hülff-Völcker nur contramandiren: denn der Dauphin würde schwerlich mehr der Völcker verlangen; sondern ohne Zweifel allbereit deß Lebens beraubt seyn.

Der König kehrte sich / an solche Rede / nichts /sagte / man müsse auff Träume nicht gehen / noch so viel darauf halten: und ließ den Zug der Völcker vor sich gehen.

[669] Nachdem man aber / ungefähr zwo Tagreise / mit den Völckern fortgerückt / flog die Zeitung daher / es hette den Dauphin / unter Belägerung eines Schlosses / ein Pfeil an die Schaam getroffen / darüber er sein Leben eingebüsst. Massen Carolus hernach / zur Erinnerung dieses überaus denckwürdigen Traums /eben an dem Ort / wo ihm solches Traum-Gesicht vorgestellet worden / ein Stifft gebauet / und selbiges mit Einkünfften / reichlich versehn hat. Der Bäyerische Scribent / Adelzreiter / gedenckt / es habe dieser Königliche Printz / Carl / in Italien / sich mit vielen Ehfrauen befleckt / und ohne Zweifel diesen Traum zur Warnung bekommen / sich an dem Dauphin zu spiegeln. 2

Dieser herrlich-gestalter Jüngling / der ihm / auff seine Frage / antwortlichen Unterricht gegeben / ist vermutlich eben derjenige Engel gewest / welcher den Traum gebildet; und nicht seine eigene Seele.

Georg Friedrich / Marchgraf zu Brandenburg / ein vortreflicher Herr / befand sich / im Traum / gleichsam auff seinem Grabe / welches Er / in der Kirchen zu Heilbrunn / bey seinem Leben / sehr kostbar hatte verfertigen lassen / und sahe / daß daselbst ein Engel-Bild umgefallen wäre. Dieser Traum bewegte ihn / alsofort einen Kammerdiener / auff Heilbrunn zu schicken. Welcher es also / in der Warheit befunden / und das umgefallene Bild mit sich gebracht. Weil nun also der Augenschein erwies / daß es kein leerer Traum gewesen: legte [670] der tugendhaffte Fürst / alle andre Sachen aus dem Sinn / und schickte sich zum seligen Ende. Massen Er auch / kurtz darauff / am 22sten Aprilis / 1603ten Jahrs / die Ewigkeit angetreten /und sein hochfürstlicher Leichnam / das herrliche Engel-Bild / in die Verwesung gefallen. 3

Lasst uns / von so hohen / zu niedrigern / Personen schreiten. Eine / mir ehedessen in Ehren bekandte /Jungfrau / traumte / wie sie / von vier grossen Hunden / angefallen würde / welche ihr den Rock zerrissen. Gleich deß folgenden Tags / gingen zweymal / und in zweyen Gassen / doch in einer Stunde / zween grosse Hunde / solchem nach in allem vier / auff sie loß: unter denen die beyde letzte ihr so hefftig zusetzten (vielleicht weil sie / als eine reisende Person / in selbiger Stadt / fremd war) daß sie sich nicht mehr zu retten wusste / und ohne Zweifel von ihnen zu Bodem gerissen wäre / wann nicht die Leute zugeeilt / und diese beyde grimmige Rüden / mit Steinen und Prügeln / vertrieben hetten. Nichts desto weniger hat der allerböseste ein grosses Stück ihr aus dem Schurtz gerissen.

Mir selbsten kam / in meiner Jugend / im Schlaffe /vor / als ob / bey einer Hochzeit / eine gewisse Person / die Hanns genannt ward / mich kurtz um mit einemRohr erschiessen wollte / und ich schier keinen Raum / auszuweichen / fand: es käme aber zuletzt meine Base (so eine Witwe war) und schändete den Kerl weg / daß er / mit seiner Büchsen / fortgehen müsste. Folgenden Tags / fiel mir / über dem Mittags Essen /ungefähr dieser Traum [671] ein / den ich / gegenwarts meiner seligen Fr. Mutter Schwester / bey der ich zu Tische gieng / erzehlte / und zu der andren / gegen mir über sitzenden / Basen / beym Zutrincken / lächlend sagte: Ich bin der Frau Basen unsterblichen Danck schuldig / weil sie mich diese Nacht vom Sterben errettet hat.

Diese antwortete / ich sollte diesen Traum nicht allerdings verspotten; sondern heut daheim / ohne Gesellschaft / bleiben: Denn es wäre eben diesen Morgen ein groß Unglück geschehen / indem einer Corporal-Frauen ihr Kind / durch einen unfürsichtigen Schuß / auff dem Arm getödtet worden.

Als ich / nach dem Essen / auffstund / hinauff nach meiner Studier-Stuben / zu gehen; reichte sie mir /den Schlüssel zum Obst-Boden / darauff allerley delicate Baum-Früchte lagen; damit ich / bey empfindendem Appetit / nehmen und essen könnte; so viel mich gelüstete: vermeynte also / diese Obst-Kugeln sollten mir dienlicher seyn / weder die / so man mir im Schlaffe hette spendiren wollen. Welches ich auch /nicht ungern annahm. Und dieser Schlüssel ist /nechst GOtt / damals / für dem Tode / mein Schild gewest.

Nach meiner Stuben / ging der Weg / durch einen Saal / dessen Fenster / auff meine Stuben-Fenster /hinschauten: Und in selbigem Saal / stund der Diener am Fenster; welchen gedache meiner Fr. Mutter Schwester / weil ihr seliger Herr unlängst erst mit Tode abgangen war / annoch bey sich in Diensten eine Zeitlang behielt / und auch die andre Base / so ihres verstorbnen [672] Herrn gleichfalls längst begrabenen Brudern Tochter / und so wol / wie sie / eine gar christliche Witwe war / zur Gesellschafft bey sich im Hause hatte. Besagter Diener / so ein Engländer von Geburt / putzte damals eben ein paar Röhre ab / welche er verliehen / und nun allererst wieder heimbekommen hatte. Ich stund ein wenig still bey ihm / und fing an / von guten Röhren / mit ihm zu reden. Als er mir aber eines derselben schier gerad entgegen richtete / und nur bloß allein das Zünd-Pulver anzufeuren gedachte / der Meynung es wären beyde Röhre ungeladen (massen er dann auch vorhin eines schon loßgebrannt / und ungeladen befunden hatte) wollte ichs nicht gestatten; sondern sprach in Schertz und Ernst zu ihm: Ich traue euch nicht: Ihr heisst Hanns! Und ein Hanns hat mich heint erschiessen wollen. Worauff er / mit Lachen / das Rohr / wider zu dem Fenster und auff die Fenster-Simsen niderlegte; damit er es vorher noch weiter saubern unn bläncken mögte; ich aber meines Weges fort- und herum / nach der Studier-Stuben zu / gieng.

Weil ich nun / so gleich nach der Mahlzeit / nicht studiren wollte: gedachte ich / in der Arcadia deß Herrn von Sidney / um deß zierlichen Stili willen / ein paar Bläter zu lesen / und setzte mich / samt dem Buch / auff den Stuhl / an das / jedoch / uneröffnete /Fenster / nachdem ich obberührten Schlüssel neben mir nidergelegt. Kaum hatte / ich ungefähr etliche Bläter durchgeblickt / als ich auffstund / das Buch aus der Hand legte / und nach dem Schlüssel griff / um auf den Boden zu gehen / und ein paar guter Borstörffer zu holen. Indem [673] ich aber zugleich die lincke Hand empor hebe / und in Gedancken den Kopff kratzte /druckt ermeldter Diener / dasjenige Rohr / welches er gleichfalls kugeln-leer zu seyn gemeynt / loß / und hält es gerad gegen mein Fenster zu: also / daß er vermutlich / mich unfelbar getroffen hette / so ich nicht /um einen Augenblick zuvor / aufgestanden / und ungefähr um eine Handbreit zurück gewichen wäre / ehe der Schuß geschahe.

Denn weil derjenige / dem er die Röhre geliehen /dieses eine auff einen Wolff sehr scharff geladen hatte: fuhren / nebst einigem groben Hagel / zwo Kugeln durch mein Fenster / zwar Gott-lob! ohn meine Verletzung / doch gleichwol über alle Masse gefährlich: angesehn / die eine Kugel hart an meiner Brust /genau unter meinem aufgehabenen lincken Arm vorbey; die andre gleichfalls genau vorüber / passirte. Beyde schlugen in die Wand hinein; der Hagel aber /zur rechten und lincken Seiten / neben mir / dergestalt hin / daß mich kein einiges Schrott davon berührte; aber die Fenster häßlich zerlästert und gelöchert wurden.

Wie der Diener / aus dem Geklinge der in den Hof hinabgefallenen Fenster-Gläser / merckt / daß er unwissend scharff geschossen / eilt er meiner Stuben zu: weil ihm bekandt war / daß dieselbe gerade gegen seinem Fenster über. Vor Bestürtzung / kunnte er / kein Wort reden / sondern sahe mich nur an / und gab durch die Gesichts-Erblassung seinen Schrecken zuverstehn: gleich wie ich auch / vor Entsetzung / nicht stracks / sondern über eine kleine Weile allererst /lächlend / zu ihm sagte: [674] Seyd nur gutes Muts! Ich lebe noch! Jetzt ist mir mein Traum redlich ausgangen. Nehmt / ein andres Mal / euere Röhre besser in Acht.

Indem er hierauff höchlich um Verzeihung bat; kam obgemeldte Base dazu / schändete ihn ärgerlich aus / und wann ich mich noch recht erinnere / so hat sie ihm gar ein paar tapffere Maulschellen gereicht. Denn man hatte drunten / so wol den Schuß / als die klingende Gläser / gar starck gehört.

Daß solche Träume / aus natürlichem Vermögen der menschlichen Seelen / ihren Ursprung nehmen sollten / wie ein und andrer Medicus geschrieben /welcher der Seelen eine weissagende Krafft zugerechnet / geht aller Vernunfft zu widern / und könnte /wann solche Weitläufftigkeit allhie nicht zu ungelegen fiele / mit vielen gewissen Beweis-Schlüssen widerlegt werden. Es mus entweder / von einem guten /oder bösem Engel / oder unmittelbar von GOtt / dergleichen Verwarnung / so durch wachende / oder traumende Gesichter / geschicht / entspringen.

Wann aber Jemand fragte / wozu solche vorbedeutliche Träume sollten nützen / nachdemmal die Erfüllung dennoch entweder würcklich erfolgen / oder der Traum eitel Phantasey gewesen seyn müsse? so antworte ich / es nütze fast viel denen / die GOtt fürchten. Denn die werden dadurch bewogen / sich GOtt desto fleissiger / im Gebet / zu befehlen / daß Er sie für Unglück behüten / und im fall der Traum vielleicht was Böses weissage / dasselbe gnädiglich abwenden wolle.

[675] Zudem wird bey manchem kalt-sinnigem; bevorab jungem / Menschen / dadurch ein Nachdencken und ernstliche Betrachtung göttlicher Allwissenheit / und Vorsehung / erweckt. Und wann junge Leute / in ihrer unbedachtsamen Jugend; gleich nicht alle Mal solchen Begegnissen sonders viel nachsinnen; thun sie es doch gemeinlich / in ihrem männlichem / oder auch wol allererst im betagtem / Alter. In welchem ich mich solcher Händel nicht selten erinnere / und damit / zur Dancksagung für göttliche Hut / ansporne. Denn das Alter betrachtet / das Vergangene viel anders /weder die Jugend das Gegenwärtige. Und weil GOtt zuvor sihet / daß der Mensch dermaleins zu solcher Erkenntniß werde kommen / errettet Er ihn / durch seine zuvorkommende Güte / aus der Gefahr / kehret das andringende Ubel zurück / oder lindert es auffs wenigste / und bricht ihm seinen Gewalt: oder so Er demselben seinen Lauff ungehemmt lässt / giebt Er dem Menschen / welcher damit verunglückt und beladen wird / durch solche merckliche und seltsame Träume zu mercken / daß ihm solches nicht / ohn GOttes Willen / ungefähr zugefallen / sondern durch dessen Verhengniß also vorher zugedacht sey / entweder zur Straffe / und Züchtigung / oder zur Versuchung.

Daß aber vielmals würcklich dadurch der Unfall ruckfällig werde / liesse sich / durch mancherley Fälle / bezeugen. Ich kann es auch / mit diesem meinem eigenem Exempel / bewehren. Hette mir der Traum nicht gedräuet / es wollte mich Einer / den man / mit lauter Stimme / Hanns nannte / durchaus erschiessen; so wäre ich besorglich / vor diesem [676] Diener meiner seligen Frauen Mutter Schwester / stillgestanden / als er schertzend das Rohr gegen mir loß feuren wollte; hette auch / als ich / in der Nacht / aus dem Angst-Traum / erwachte / nicht eine / (wiewohl damals ziemlich kurtze) Bitte zu GOtt gethan / daß Er mich behüten wollte.

Wann solches die Menschliche Seele selbst mir hette geweissagt / würde sie auch wol zugleich die Umstände etwas besser dabey mir vorgestellet haben; als / zum Exempel / an welchem Ort ich / in solche Gefahr / kommen / durch was für eine Person damit angefochten / und wie daraus gerettet werden sollte: dergleichen Umstände die Engel / mit Fleiß / auslassen. Wie kunnte doch meine Seele errahten / daß meine Base / durch Uberreichung deß Schlüssels / das mir bevorschwebende Unglück würde verhindern? Welches doch gleichwol derjenige muß gewusst haben / welcher mir den Traum gebildet. Es muß /durch Göttliche Offenbarung / ihm solches seyn entdeckt worden; nemlich daß ich / durch Ergreiffung deß / auff dem Fenster-Simse ligenden / Schlüssels /dem Schuß behände entweichen würde.

Ich muß noch ein merckwürdiges Exempel beyfügen. Der hoch-wolgeborne Freyherr / Herr H. Johann Weichard Valvasor / schreibt / in seinem grossen Werck / welches die Ehre deß Hertzogthums Crain getitulirt wird / es habe ein gewisser Cavallier / in Seiner / und etlicher Andrer Gegenwart / erzehlt / ihm hette getraumt / wie ihn sein bestes Pferd bäte / er sollte doch dißmal seiner / mit der vorhabenden Reise / verschonen; wo nicht / so würde es / bey dem ersten Berge umfallen. Weil aber [677] doch solches nur / für einen natürlichen blossen Traum geachtet: habe er dennoch / deß andren Tags / eben dieses Pferd vor andren / zu seinem Ritt / erwählt / und sey / in Gefährtschafft etlicher andrer Herren / darunter auch hoch-gedachter Freyherr von Valvasor gewest / folgenden Tags fortgereiset. Wie sie nun ein Stuck-wegs mit einander fortgeritten; ist das / sonst vortreffliche Pferd bey dem ersten Berge / nidergestürtzt / und Augenblicks / mit hoher Verwundrung seiner Gefährten /todt geblieben.

Wie ist es doch möglich / daß die Natur / oder menschliche Seel / solche noch verborgene Obhandenheiten / eine Zeitlang zuvor sollte wissen / und /aus eigener Krafft / durch sich selbsten / ihr selbsten /im Traum vorstellig machen? Derhalben fliessen nothwendig solche nachdenckliche und zutreffende Träume aus einer übernatürlichen Ursach / und vermutlich / von einem Engel.

Will nun Jemand / mit Bodino / solches einem sonderbaren Schutz-Geist / oder Schirm-Engel / gleichwie die Träume / welche derjenige Mensch / dem er einen absonderlichen und ungeschiedenen Schutz-Geist zugeeignet / soll gehabt haben / zurechnen: begehre ich ihm darinn weder beynoch abzustehen; sondern allein dieses / für gewiß / zu setzen / daß solcher Warnungs-Träume Eingeber ohne Zweifel ein Engel sey. Obs ein absonderlicher / jedwedem Menschen zugeeigneter / oder bald dieser / bald jener Engel sey /davon kann ich wie vorhin gemeldet / keine Gewißheit und Unfehlbarkeit machen.

[678] Es mag aber ein besonders dem Menschen zur Leib-Hut gewidmeter / und ihm zugeeigneter Schutz-Engel / oder ein allgemeiner / jedoch für dißmal / zu seiner Bewahrung verordneter Engel seyn: so glaube ich doch nimmermehr / daß GOtt der Herr einigem Engel Befehl gebe / durchgehends / bey allem Fürnehmen und Handel / einen Menschen zu- oder abzumahnen: ob ich schon oben zugestanden / und noch gestehe / es werde etlichen Menschen bißweilen solche Engel-Hut merck- und empfindlich zu erkennen gegeben / auch wol ein solcher Englischer Wächter oder Beschützer seinem Bewachten öffter / als ein Mal /sicht und scheinbar / in einer angenommenen gewissen Gestalt. Und darum will ich zwar die Warheit der Erzehlung / oder Begebenheit / so wir aus der Feder Bodini vernommen / nicht bestreiten; aber doch auch nicht dafür bürgen / daß der Geist / welcher demselbigen Menschen so geheim und vertraulich worden /fromm und heilig / das ist / ein guter Engel / gewest: Angemerckt / unterschiedliche Sachen denselben sehr verdächtig machen / und in Zweifel eines auffrichtigen Zwecks bringen.

Es will / aus denen Umständen / welche Bodinus giebt / an derselbigen Person / schier eine geistliche Hoffart / Scheinheiligkeit / Offenbarungs-Begierde /und Enthusiasterey / hervor blicken: wenn man betrachtet / daß dieselbe / mit dem geoffenbartem Wort GOttes / unvergnügt / GOtt inständigst angeruffen /Er wollte seinen Engel senden / der sie / in allem thun und fürnehmen / führen und leiten mögte. Welches Gebet besorglich nicht / auff das gewöhnliche Englische Geleit [679] / oder auff denjenigen Dienst / welchen die heilige Frohn-Geister allen denen / so die Seligkeit ererben sollen / auff göttlichen Befehl / thun / gerichtet worden; sondern / auf eine solche sonderbare vertrauliche Gemeinschafft / Conversation / und sinn-oder empfindlichen / ja gleichsam sichtbaren / oder aufs wenigste vernehmlichen Beystand / und Hofmeisterey eines eigenen ihr zugeordneten Engels / dergleichen nachmals / ihrer Meynung und Einbildung nach /erfolget ist; imgleichen / auff eine ausserordentliche Erleuchtung in Glaubens- und Religions-Sachen / wodurch sie / in der Bibel / die Unfehlbarkeit in Religions-Strittigkeiten erkennen könnte. Welche man doch / durch ordentliche Mittel / nemlich durch lesen und Anhörung göttliches Worts / wie auch vernünfftige Gegenhaltung andrer Religions-Sätze / nechst einem andächtigem Gebet / wol erhalten kann; und deßwegen um keine ungemeine / sondern um nöthige und gewöhnliche Erleuchtung / und Oeffnung deß Verständniß am Göttlichen Wort / beten muß. Denn ungemeine / ausseordentliche Erleuchtungen / oder Gaben / und unmittelbaren Beystand / hat GOtt keinem versprochen; ob er sie gleich Etlichen / aus freyem Willen / schencket / und den Aposteln / oder ersten Lehrern / bey erster Anrichtung christlicher Gemeinen / vorher im alten Testament / bey dem Propheten Hesekiel / verheissen hat; damit ihre noch nicht ausgebreitete Lehre / unter Jüden und Heiden / ohne Irrthum gepflantzet / und durch grosse Wunder / als eine Glaubens- und Wandels-Richtschnur / bestetigt würde. Seit dem solches geschehen / und die Lehre der Evangelisten und Apostel [680] / nebst denen Göttlichen Regel-Büchern altes Testaments / für eine unbetriegliche Lehr und Offenbarung Göttliches Willens /von dem Christen-Volck angenommen ist / kann Niemand mehr / ohne hoffärtige Einbildung / oder geistlichen Stoltz / GOtt / in seinem Gebet / um unmittelbare Erkenntniß / und Wegweisung im rechten Christen-Wandel / ersuchen; sondern muß sich / an das gegebene Wort / halten / und GOtt bitten / um Beystand deß Heil. Geistes / daß er Ihn / und seinen Heil. Willen / daraus unbetrieglich erlerne / auf solche Weise / die GOtt allen Christen vorgeschrieben; nemlich daß er selber / aus reiner Heilgegierigen / und keiner ehrsüchtigen / Intention / oder blosser Wissens-Lüsternheit / in der Schrifft / unter fleissiger Anruffung GOttes / fein mit einfältigem und gläubigem Hertzen / forsche / nach dem Grunde der Warheit /und was er nicht gnugsam begreifft / von den christlichen Lehrern erfrage.

Alsdenn wird der Heil. Geist / mit Erleuchtung unsrer Augen / und mit seiner Würckung / nicht ausbleiben / daß man die rechte Warheit erkenne / oder in der erkandten befestigt werde.

Wer aber über das / nach einem sonderbaren Liecht trachtet: der steckt sich / in rieffe Gefahr / daß seiner innerlichen Ehrsucht / unn geistlich-stoltzen Einbildung / nicht ein Irrlicht / auff GOttes gerechtes Verhengniß / begegne. Und ein solches dörffte eben diesem Mann / den Bodinus einen / auff denselben insonderheit bestimmten / Schutz-Geist / zum Directorn aller seiner Handlungen / zuschreibet / vielleicht / auff ein dergleichen hoffärtiges Gebet / widerfahren seyn.

[681] Es ist gewißlich / von einem solchen Mann / der ein gantzes Jahr durch / die Heil. Schrifft / so ernstlich gelesen / und GOtt / um die Sendung eines guten Engels / so inbrünstig dabey angeruffen / wol was Seltsames / daß ihm allererst Philo / der Hebræer / im Buch von den Opffern weisen müssen / der Mensch könne GOtt kein angenehmers Opffer thun / als so er sich Ihm selbst opffere: da doch solches die Heil. Schrifft / an mehr als einem Ort / und zwar viel besser und deutlicher weiset / was / und wie man GOtt / für geistliche Opffer thun müsse; nemlich zu forderst / im Glauben und Gebet / seinen Sohn / der da ist die Bezahlung für unsere Sünde / zum vollgültigen (wiewol am Kreutz ein Mal auffgeopffertem) Versöhn-Opffer; und hernach unsren Willen zur gäntzlichen Ergebung und gehorsamer Gelassenheit / wie nicht weniger das Danck-Opffer / deß Lobs und der Liebe / für alle seine leib- und geistliche Wolthaten / darbieten.

Hernach so will mir diese Verfahrung und Manier gantz nicht Englisch scheinen / daß der vermeynte Schutz-Geist ihm bald einen gelinden Streich ans Ohr gegeben / wann er etwas Geschicktes / oder Ungeschicktes / gehandelt; bald ein Glas angerührt / bald an die Banck geklopfft: Denn solches haben gemeinlich die Polter- und Geheim-Geister im Gebrauch.

Drittens / kann dieses nimmermehr eines guten Geistes Eingeben seyn / daß er den Sonntag nicht hat / mit der Gemein / zugleich feyren wollen / sondern denselben verworffen / und / aus eigener Wahl / einen andren Tag in der Wochen / zu seinem Sabbath / oder GOttes dienst / erkoren. Und [682] weil sein Schutz-Geist ihm solches nicht gewehrt / da er ihn doch andrer viel geringerer Sachen stets erinnert hat; sehe ich nicht /wie es ein guter Geist könne gewesen seyn. Denn daß / von vielen Gottlosen Leuten / der Sonntag / durch allerley Ruchlosigkeit / wird entheiligt / entbündt mich gar nicht meiner Schuldigkeit / denselben zu heiligen und zu feyren; so wenig mich dieses / daß der meiste Hauff den heiligen Namen GOttes mißbraucht / oder lästert / beursachen kann / denselben nicht gläubig anzuruffen / noch zu loben.

Guckt derhalben der Sonderling und Enthusiast /aus dieses wunderlichen Heiligens Wandel / fast scheinbarlich heraus / so wol als der ruhmredige Maul- und Schein-Christ. Wäre er ein rechter ungefärbter / und so eyfriger Christ gewest / wie er sich /beym Bodino / rühmt / so würde er nicht bißweilen /seiner eigenen Bekenntniß nach / sich mit unnützem Gespräch / und eitel-sinniger Gesellschafft / beruffet /noch etliche Tage das liebe Gebet eingestellt haben: Sintemal auch allerdings kein laulechter / geschweige dann ein wahrer Christ / einen einigen Tag ungebetet lässt vorüber gehen.

Daß ihn endlich sein eingebildter Schirm-Geist /auch / zum Früh-Gebet / offt auffgeweckt / verbessert mir meine Meynung von selbigem Geist noch nicht: weil derjenige / so sich in einen Engel deß Lichts zuverstellen weiß / offtmals auch so thut / und unter solchem Schönbart seinen Schalck / den Wolff unterm Schafs-Beltze / verbirgt.

Beym Athanasio / lieset man / daß der Teufel die Ordens-Leute offt ermahnt habe / deß Nachts aufzustehen / zu beten / und GOtt zu loben / mit Psalmen.

[683] Wie viel einfältige Christen hat dieser Betrieger zu fleissiger Anhörung Göttliches Worts zum Gebet /zur Wolthätigkeit gegen den Armen / und allerley andren gottseligen Wercken / aufgemuntert / wann er sich / bey ihnen / in ein gut Credit setzen / und ihnen einbilden wollen / er wäre ein guter englischer Geist! Schreibt doch Bodinus selber / es habe eine Hexe / zu Bloys, als sie ein bezaubertes Weib kuriren wollen /befohlen / man solte zu Mitternacht / in der Sanct Marien Kirchen / die Messe deß Heil. Geistes singen lassen. Und von einem Meister aller Hexen-Meister /sagt er / daß derselbe schreibe / wenn man Schätze graben wolle / müsse man / nach gemachten Kreysen /(und aberglaubischen) Characteren / gewisse Psalmen sprechen; als / Aus der Tieffen ruffe ich Herr etc. GOtt sey uns gnadig etc. u.a.m. Imgleichen Vater Unser etc. Gegrüsst seyst du / Maria! etc. Ich glaube daß ich sehn werde das Gute deß Herrn etc. Requiem æternam etc. Item auff vier mit saubren Pergament überzogene Täflein diese Worte schreiben: Alles / was Odem hat / lobe den HErrn! oder Allegute Geister loben den Herrn!

So lieset man / im 12ten Articul / der Entscheidung / welche / von der Sorbona zu Paris / im Jahr 1398 /wider die Zauberer heraus gegeben worden / daß der Satan / einfältige oder solche Leute die seiner Arglist noch unerfahrn seynd / betriege / indem er ihnen befehle / zu fasten / zu beten; auch / zu dem Ende / offtmals der Heil. Hostia mißbrauche.

[684] Wann es nun gewiß ist / daß der Satan / bey zaubrischen Händeln / manche heilige Sprüche / zum Deck-Mantel der Tod-Sünde / so man dadurch begeht /mißbrauchen lässt: warum sollte er nicht eben so wol / wann es GOtt zugiebt / auch seinen subtilen Betrug /und heimtückischen Zweck / bey den Sonderlingen und Enthusiasten / damit schmincken / verheelen /und verlarven?

Solchem nach kann ich / auff diesen Schutz-Geist /welchen Bodinus / mit manchen falsch-gedeuteten /Sprüchen heiliger Schrifft / zu bescheinigen bemüht ist / kein gutes Auge haben / noch ihn ausser Verdacht lassen.

Es soll sich auch Niemand irren lassen / daß der Geist diesem Menschen / in Gestalt eines kleinen Knäbleins im weissen Rock / einsmals / und ein andres Mal / wie ein heller Scheiben-runder Schein / erschienen: Denn es stellet sich gleichfalls der Satan / in so beliebter Zier / Gestalt / und Glantz manchen Leuten bißweilen vor / wann er das verführische Irrlicht seines Eingebens / für einen Leit-Stern / verkauffen will. Manche Zaubrer / und Schwartzkünstler / erblicken ihn / in Gestalt eines kleinen zarten Kindes: wie /in meiner Jugend-Zeit / in einer Reichs-Stadt / er allezeit einem Hexen-Weibe / in solcher Bildung / vorgekommen / auch sich / wann er zulange bisweilen ausgeblieben / von ihr mit Ruten hat streichen lassen /wie ein kleiner Bube. Und daß er auch wol / in weissen Röcken / jemaln sich ihnen / zumal denen / die einen Geheim- oder eignen Hauß-Geist / bey sich führen / præsentirt / wie ein Büblein / ist [685] gewiß. Massen er auch / um ihnen sich desto annehmlicher zu machen / sich allerley leutseliger Namen anmasst / und ihnen befihlt / daß sie ihn den weissen Geist / oder das kleine Herrlein / etc. tituliren sollen: Wie der gelehrte Italiäner / Paulus Griliandus / aus der / von ihm / als Richtern / bey peinlicher Verhör der Zaubrer / eingenomenen Bekenntniß und Aussage / seiner Bezeugung nach / solches erfahren hat. Weßwegen man /auf solche äusserliche Erscheinungen / eben so wenig sich kan sicherlich verlassen.

Der hoch-ehrwürdige Pater / und gelehrte Jesuit /Bohuslaus Balbinus, beglaubt / in seinen Collectaneis historicis Regni Bonemiæ, daß / in einer gewissen Böhmischen Land-Stadt / welche er nicht gerne nennen wollen / die so genannte Haus-Geisterlein / in einem Hause daselbst / regiert / und bey den Leuten deß Hauses das Ansehn guter Geister gewonnen haben: Weil sie ein paar ausbündig-schöner Büblein /als wie von fünff Jahren / erblickt / welche man fast alle Tage gesehn / mit ineinander geschlungenen Armen und Füssen / spielen und lachen. Massen auch die Einwohner selbiges Hauses deßwegen dieselbe gar andächtig verehrten / und für heilige Schutz-Engel achteten. Dagegen diese vermeynte Engel-Knaben sich auch danckbar erzeigten / ihnen die Pferde striegelten / der Kühe / Schafe / Gänse / und Hüner / fleissig warteten: also / daß alles Vieh / nach der Hauswirthinn bestem Wunsch / gesund / fett- und fruchtbar / und so schön ward / daß alle Nachbarn diß Haus darum neideten.

[686] Zuletzt gelangt dieser wunderliche Handel vor gemeldten Pater Balbin / als derselbe einsmals deß Orts / im Schloß / bey dem Grafen / sich befand. Weßwegen er dahin geht / und von den Leuten im Hause die Versicherung einnimmt / es habe ihn das Gerücht hierinn nicht betrogen; sintemal es ihnen Allen nur allzuwol bekandt sey.

Es kostete ihn grosse Mühe / sie zu überreden / daß es böse Geister und Kobalten wären: Denn sie erzehlten vielerley Bequemlich- und Nutzbarkeiten / und gute Dienste / so ihnen von diesen lieben Englein geleistet würden; welche ja gar nichts Böses thäten; sondern / wann ein Unglück obhanden / nur weinten /und Gegen-Stands / wann etwas Gutes sollte erfolgen / frölich lachten.

Er befahl endlich / man sollte ihm ruffen / wann solche Englein wiederkämen. Das geschahe: man sagte ihms an / als sie wieder zugegen waren: darum machte er sich stracks auff / sie zu sehen. Allein ehe er noch zur Thür hinein getreten / seynd sie verschwunden. Zuletzt / seynd sie / wie er glaubte / durch die heilige Sachen / so er den Leuten ausgetheilt / vertrieben / und also der Göttlichen Ehren / wornach sie /allem Ansehn nach / getrachtet / verlustig worden /auch hernach niemals wiederum erschienen. 4

[687] Ich mögte wünschen / dieser hochgelehrte Mann hette hernach / da er die Weisse Frau / um ihrer Sittsamkeit / züchtigen Ansehens / und Laster-Hasses /willen für eine selige Seele / und für keinen bösen Geist / erkennen wollen / dieses seines eigenen Exempels von den schönen Knäblein / sich wieder erinnert.

Unterdessen habe ich ihm / an diesem Ort / billig zu dancken / für diß / von ihm entliehene / Beyspiel: welches mir bestetigen hilfft / daß die böse Geister offt / unter einer schönen annehmlichen Gestalt so wol deß Gesichts / als der Wercke / verborgen stecken: dergleichen auch besorglich obgedachtem Sonderling Brillen verkaufft / und seine heimtückische Bosheit / in den Glantz einer gütigen Schönheit / versteckt hat; wie manche Vergiffterinn / in einem zierlichem Pocal / oder Glase / den Tod samt ihrer Meuchel-List / verheelet.

Fußnoten

1 Carnificum manus steht / beym Bodino.

2 Adelzreiter. Parte 2. Histor. Bavar. lib. 3. Num. 16.

3 H. J.W. Rentsch / am 686stem Blat deß Brandenburgischen Ceder-Heins.

4 P. Balbinus in Collectan. Hist. Regni Bohem.

70. Der vermeynte Fürsten- und Nation-Geist

[688] LXX.

Der vermeynte Fürsten- und Nation-Geist.

Nicht zu leugnen ists / daß die böse Geister sich austheilen unter die Völcker / und an unterschiedliche Reichs-Höfe: um desto füglicher Empörungen / Aufruhr / blutige An- und Rahtschläge / Blut-Bäder / erschreckliche Niderlagen / Verfolgungen der christlichen Kirchen / und allerley Ketzereyen / anzurichten. Weil nun die englische Geister ihren guten Fleiß / und heilige Klugheit / der List deß Satans stets entgegen setzen / und dawider streiten: schliesst man nicht unfüglich / daß sie gleichfalls / zur Verhütung grosser Land-Verwüst- und Blutstürtzungen / wie auch der Unterdruckungen deß wahren Gottesdienstes / von dem Allmächtigen / an gewisse Höfe / in die Königy-und Fürstliche Raht-Stuben / abgeordnet werden: damit / auf bußfertiges Gebet frommer Christen /manch böses Fürnehmen zuruck gehe / und manches schädliches Decret oder Verlaß abgegraben werde.

Dieses gewinnt keinen geringen Schein / aus den Worten Konigs Nebucadnezars: Sihe! ein heiliger Wächter fuhr vom Himmel herab / etc. Und: Solches ist im Raht der Wächter / beschlossen / und im Gespräch der Heiligen berahtschlagt. 1 Denn da werden die heiligen Engel Wächter benamset; nicht allein [689] weil sie / für das gefangene Volck GOttes in Babel / wachten; sondern auch weil sie den Königlichen Regiments-Baum / das ist / den Babylonischen König selbsten / bewachten / und auf seine Anschläge Achtung gaben; eines / und zwar fürnehmsten Theils /damit dieselbe nicht / zu völliger Ausrottung deß Jüdischen Volcks / oder allzugrosser Bedrengniß desselbigen / hinaus schlügen; andren Theils / damit / nach dem Göttlichen Rahtschluß / seine Gewalt und Macht / so ihm von oben gegeben war / andren Heiden und Königreichen zur Geissel und harten Zucht-Ruten /doch aber gleichwol auch denen / so sich ergaben / zu einem Schatten und Schirm gereichten: endlich aber auch darum / daß seiner eigenen Person / als dem güldnen Haupt deß monarchischen Bildes / daran so vielen Ländern viel gelegen / und das von GOtt selbsten / Rache zu üben / ausgerüstet war / nichts am Leben widerführe; er aber dennoch / durch eine scharffe Zucht-Rute / zur Erkenntniß einer höhern Gewalt / die über ihn zu gebieten hette / gebracht / und sein / samt dem Glück gewachsener / Hochmut gedemütigt würde.

Bey demselbigen Propheten / gedenckt auch der heilige Engel deß Engels aus Persen- und Griechenland / mit welchem er hette / für das Volck GOttes /zu streiten. 2 Welches gnugsam ausweiset / daß so wol gute / als böse Engel / dieses oder jenes Stats /jene zwar zur Erhaltung desselben / durch Abwendung alles dessen / was der Kirchen GOttes könnte zum Nachtheil gedeyen; diese aber / zur Verderbung /Stürtzung / oder Verführung [690] desselben / wider die Gerechtigkeit / und rechtgläubige Frömmigkeit / auf gewisse Masse / sich annehmen.

Ich unterstehe mich zwar hiemit nicht / einen Engel / an einen gewissen Ort / oder an ein gewisses Land /dergestalt gleichsam zu binden / und einzuschräncken / daß seine Obacht demselben gantz unverruckt / und einig allein / gewidmet sey: ob mir gleich bekandt /daß nicht nur die Heiden / sondern auch manche gelehrte Christen / solches dafür halten: wie man dergleichen / beym Const. Lando, 3 Lilio Greg. Gyraldo, 4 Justo Lipsio, 5 Philippo Camerario, 6 und Andren mehr / findet; wiewol also / daß die Heiden Land-Götter / jetzt-genannte Christen aber Engel daraus machen: Gleichwol begehre ich deßwegen nicht / die Meynung zu verspotten / daß GOtt gewissen Engeln dieses oder jenes Land / Reich / Fürstenthum / oder Stadt / zu fleissiger Hut und Aufsicht / anweise.

Israels Götter sind weder Feld- noch Berg-Götter /wie die Syrer wähneten: dennoch hatte Israel seinen Engel / der zwischen das Israelitische und Aegyptische Heer tratt. Und haben ohne Zweifel noch alle Länder / darinn Gerechtigkeit im Schwange geht / so wol als alle löbliche Städte / Gottes- und Raht-Häuser / ja alle Fürsten und Könige / ihren heiligen Wächter /der sich um sie her lagert. Gestaltsam auch der gelehrte Vossius [691] eben dieser Meynung sich vernehmen lässt, die Stimme / so / im Tempel zu Jerusalem / kurtz vor dessen Zerstörung / erschollen / und überlaut geruffen: Μεταβαίνωμεν ἐντεῦϑεν, Lasst uns von hinnen fahren / sey / auf Göttlichen Winck / durch die Schutz-Engel / geschehn. 7

Viele schreiben die Warnungs-Zeichen / oder Gesichter / so vor einer grossen Niderlage gemeinlich erschallen / solchen Reichs- oder Nation-Engeln /gleichfalls zu. Nun ist nicht ohn / daß / wenn zwey Kriegsheer feindlich zusammen rücken / vermutlich gute und böse Engel dem Spiel nicht allein zusehen; sondern auch / zumal wenn die Wolfahrt der Kirchen /oder deß Reichs / mit auf dem Spiel stehet / auf gewisse Art dabey etwas mitwircken; ob sie gleich nicht / mit sicht-sondern unsichtbaren Pfeilen / streiten. Wer will zweifeln / David habe / im Treffen / stets einen besondern Engel um sich gehabt / der ihn wol angeführt / und seine Königliche Person / als einen Augapffel GOttes / in Schutz gefasst?

Ob nun wol erst-besagte Warnungs-Zeichen / so manchesmal einer gewaltigen Niderlage zuvorgehen /bißweilen von einem guten / und vielleicht einem Schutz-Engel deß Reichs / geschehen: halte ich dennoch / daß sie mehrmaln / von den bösen Engeln /entstehen; zumal / wenn sie / in schrecklich- und gespenstischer Gestalt / erscheinen / wie dem Römer /Bruto. Denn zu diesem tratt / wie Plutatchus beschreibt / zu Nachts / da er / in seinem [692] Gezelt allein /beym Liechte saß und las / ein Morenähnliches Gespenst hinein / mit aufgeworffenen Wurst-Lippen; und als der behertzte Brutus fragte: Quis hominum, vel Deorum es? Du seyest ein Mensch / oder der Götter Einer; wer bist du? sagte der hellische Mor;Ich bin dein böser Geburts-Geist. Morgen wirst du mich / in den Philippischen Feldern / sehen. Worauf Brutus antwortete: Videbo: Ich wills sehen.

Denn die böse Geister / ob sie gleich äusserlich bißweilen warnen; reitzen sie doch indessen heimlich den Menschen an / und befördern ihn zu seinem Sturtz: Sie suchen / mit der falschen Warnung / anders nichts / als ihm den Mut zu nehmen / und sich in grosses Ansehn einer unfehlbaren Vorwissenschafft zu bringen.

Als der Portugallische König / Sebastian / sich / zu dem unglücklichen Treffen / bereitete / darinn er /samt seiner fürnehmsten Ritterschafft / von den Moren / erlegt ward; erblickte sein / ihm sehr werth-und hochgeschätzter / Feldhauptmann Taboras, in der vorhergehenden Nacht / ein Riesenlanges Manns-Bild / in schwartzem Trauer-Kleide; erschrack aber dafür so gar nicht / daß er vielmehr gantz kühn-mütig fragte: Was ist dein Begehren? Warum folgest du mir nach? Das Gespenst gab zur Antwort: Ich trage Leid um das Königreich / und um dich / und um mich.

Der Portugallische Historicus vermeynt / es sey der Schutz-Geist deß Königreichs Portugall [693] gewest / welcher die obhandene klägliche Niderlage der Seinigen bejammert habe. 8

Daß dieser ein Schutz-Engel der Kron Portugall gewest / wie gemeldter Author vermutet / dörffte manchem unvermutlich vorkommen: weil ein guter Engel sich selbsten nicht betrauren kann. Man könnte dagegen einwenden / die gute Engel traurten zwar nicht würcklich; stelleten sich aber vermutlich also / um den Menschen dadurch süglich vorzubilden / daß ihnen ein grosses Unglück bevorstehe: gleichwie sie auch / in leiblicher Gestalt / erscheinen / doch unbeleibt sind: Darauf lässt sich aber weiter antworten / es sey zwar / zwischen Trauren / und traurig sich geberden / ein Unterscheid; allein der Engel habe ausdrücklich gesagt / er trüge auch Leid um sich selbst: Zudem bequeme sich die traurige Gestalt / als eine Schrecken-wirckerinn / besser zu der bösen / als zu der guten Geister Manier. Denn / von den guten / wird man nicht bald lesen / daß sie Jemanden / in leidischer und melancholischer Gestalt / erschienen wären.

Will man hie vorhalten das Beyspiel deß Engels /der dem David / bey der Tennen / mit dem blossen Schwert / zwischen Himmel und Erden / erschien: so antworte ich darauf / es habe die Erscheinung selbiges Engels ein andres Absehn gehabt / als die Vorbedeutung eines völligen Untergangs; nemlich dieses / daß David desto grössere Reu empfinden / Busse thun /und desto ernstlicher GOtt / um Aufhebung der Pestilentz / anruffen mögte.

[694] Will man mir entgegen setzen die Erscheinung der Engel / welche Sodom umgekehrt; so gebe ich zur Antwort / daß dieselbige den Sodomitern nur / wie natürliche / schöne Jünglinge / erschienen; aber dem frommen Loth allein sich geoffenbart / daß sie Engel wären / und zwar zu seiner Errettung.

Man könnte noch weiter anhalten / und sprechen: Wann GOTT / durch heilige Leute / den Gottlosen das Verderben / im alten Testament / angekündigt habe; warum Er nicht eben so wol / durch heilige Engel / den Leuten bißweilen sollte ihren Untergang anzeigen lassen? wie Er dem stoltzen Nebucadnezar seine Straffe / mit diesen Worten; Dir Nebucadnezar wird gesagt / etc. vermittelst eines heiligen Wächters / angekündigt. Aber dem mag begegnet werden mit dieser Ausrede: Es sey / zwischen einem Propheten /oder Prediger / und einer Englischen Botschafft / ein grosser Unterscheid: Jene seyen GOttes ordentliche Boten / zu seinem Volck / gewest / wie die Lehrer noch heut; die Engel aber ausserordentliche: Durch die Propheten und Lehrer / hab er die Niderlage gedrauet / mit ausdrücklichen Worten / oder solchen Gesichten / welche den Propheten gezeigt worden; damit sich aufs wenigste noch Etliche bekehren / und mercken mögten / die erfolgende Plage / oder Niderlage /wäre eine Straffe von GOtt: aber solches hette man /aus der Rede dieses vermeynten Schutz-Geistes der Kron Portugall / nicht abnehmen können: Zudem geschehe solche Göttliche Straff-Verkündigung selten so spat erst / biß das Unglück schon an der Thür steht: [695] Dem Nebucadnezar aber sey die Straffe / zur Besserung und Verhütung seines gäntzlichen Verderbens / angedeutet; und nicht zur Weissagung eines festbeschlossenen Untergangs / angezeigt: Wie dieses Gespensts Rede darauf gegangen: Gesetzt aber / es wäre ein guter Engel gewest; so sey doch darum noch nicht gewiß / daß es der Kron Portugall Schutz-Engel eben gewesen.

Ich enthalte mich zwar hierinn eines gewissen Ausspruchs / verdrucke indessen doch nicht meine Mutmassung / daß es eher wol ein böser Schreck-Geist /als ein Engel / gewest: weil seine Worte / weder zur Warnung / noch Raht / noch Bekehrung / sondern einig allein zur Verfeigung und Zaghafftigkeit / gereichen kunnten; auch dergleichen Beyspiele etlichen heidnischen Fürsten / vor ihrem andringendem Verderben / begegnet seyen: weßwegen unter der / äusserlich angemassten Leidtragung deß Gespenstes / eine heimliche Schaden- und Unglücks-Freude vielmehr zu vermuten.

Was die Finger betrifft / so dem gottlosen Belsazer das Mene tekel, upharsin etc. geschrieben; ist solche für keines Engels Erscheinung zu achten; sondern kann unmittebar solches Gesicht also von GOTT verschafft worden seyn. So leugne ich hiemit auch nicht /daß GOTT bißweilen auch wol / durch einen guten Engel / die Straffe anzeigen lasse: allein alsdann wird Er solches auch gemeinlich dabey deutlicher zu erkennen geben.

[696] Beym Ammiano Marcellino begegnet uns ein Exempel / so dem obigen fast ähnlich. Denn als der verfluchte und meyneydige Christen-Verfolger Julianus, in der Nacht vor seinem Umkommen / um / dem Julio Cæsari nachzuaffen / unter dem Gezelt / nachdem er vom Schlaff aufgewacht / saß / und etwas schrieb /von etlichen tieffen philosophischen Sachen; erblickte er die Gestalt deß Genii publici, wie es Marcellinus, als ein mehr heidnisch-weder christlicher / Scribent /nennet; nemlich den vermeynten Schutz-Geist deß Römischen Volcks / oder Reichs; welcher ihm / in Gallien / da er zur Keyserlichen Regierung erhaben war / zu Gesicht gekommen. Derselbe presentirte sich anjetzo / in einer traurigen Gestalt / mit Verhüllung so wol deß Haupts / als deß gewöhnlichen Füll-Horns (Cornu Copiæ) und ging durch die Teppichte / traurig davon. 9

Vielleicht könnte hieher auch füglich gezogen werden / nemlich auf den vermeynten Genium publicum, das / was Livius schreibt: es habe ein gemeiner Hauptmann / Namens Cæditius, im Jahr 360 nach Erbauung der Stadt Rom / der Obrigkeit zu Rom angedeutet / er hette / bey Nacht / eine Stimme / die menschliche Stimmen übertroffen / gehört / welche ihm befohlen / ihnen anzuzeigen / es würden die Gallier kommen / und Rom verderben. Weil er aber ein schlechter Mann war: haben sie ihm keinen Glauben gegeben. Aber der Glaube ist ihnen hernach in die Hand / und über den Hals gekommen. Denn Brennus [697] hat Rom eingenommen / viel Volcks erwürgt / die Häuser verbrennt / und Alles verwüstet. Wie solches /in deß von Freundsberg Ritterlichen Kriegs-Thaten /bey Beschreibung der Stadt Rom Eroberung durch das Kriegsheer Keysers Caroli V. Aus dem Orosio angezogen wird. 10

Eben darauf gehen auch Zweifels-ohn diese ZeilenLivii: Expiandæ etiam vocis nocturnæ, quæ nuncia cladis ante bellum Gallicum audita, neglectaque esset, mentio illata; jussumque, templum in Nova via Ajo Locutio fieri. Es ist auch (im Raht) gedacht worden der nächtlichen Stimme / welche / vor dem Gallischen Kriege / hatte angezeigt / daß eine Niderklage vorhanden wäre / aber in den Wind geschlagen war: und hierauf erging der Rahts-Verlaß / daß man / am Neuen Wege / dem Ajo Locutio einen Tempel bauen sollte. 11

Wiewol Florus meldet / solcher Tempel sey demJovi Capitolino aufgerichtet / wann er schreibt: Ædes Jovi Capitolino facta, quo loco, ante urbem captam, vox audita erat, adventare Gallos: Dem Capitolinischem Jupiter ist ein Tempel bereitet worden / an dem Ort / da man / vor Einnahme der Stadt / eine Stimme gehört hatte / die Gallier kämen herzu. 12

[698] Beym Besoldo, wird einer wunderlichen Begebenheit gedacht. Als Ferdinandus, König zu Neapolis und Sicilien / mit Tode abgegangen; ward / an seiner Stat / der Sohn / Alphonsus, Hertzog in Calabrien /wieder zum Könige gewählt. Dieser setzte / in die Fußtapffen deß Vaters / seine Tritte so unaussetzlich /als ob der alte Tyrann noch selbst regierte.

Der Alte war / im allgemeinem Haß deß Volcks /gestorben: wegen seines / gar tyrannisch-geführten /Regiments. Er war einer grausamen Natur / und grosser Blutschuldner. Mitten unter der Gastungs-Fröligkeit / da man nichts anders vermutete / als daß er lustig und gutes Muts wäre / ließ er offt nach den Leuten greiffen / und / ohn alle Barmhertzigkeit / ihnen das Leben nehmen. Gegen dem Volck / verhielt er sich auch sonst gantz unbillig / griff demselben überall ein / in seinen Handel / Gewerbe / und Nahrung. Es war kein Gewerbe / noch Kauffmannschafft / zu ersinnen / da sich dieser unersättliche Herr nicht hette mit eingeflochten. Ja er war so filtzig und geldhungrig / daß er sich auch nicht entfärbte / die Säue gewissen Leuten auszutheilen / und ihnen auferlegte / solche /auf ihren Kosten / ihm zu mästen; damit er sie hernach desto theurer im Verkauff könnte ausbringen. Geschahe es / daß etliche solcher Schweine etwan /zufälliger Weise / umkämen / oder verreckten; so mussten diejenige / welchen / dieselbe auszumässten /aufgebürdet worden / den Schaden ihm gut machen.

In Apulien und andrer Orten / ließ er so viel Oels und Getreids / als ihm beliebte / aufkauffen: [699] verkauffte es hernach wiederum / in so hohem Preis / als ihm möglich. Imfall dann das Getreide begunnte wolfeil zu werden / wegen überflüssiger Menge; so zwang er doch die Leute / daß sie mussten von ihm allein dasselbe nehmen / (nach dem Tax nemlich / welchen er setzte) und sonst Niemand ein Körnlein / oder Oel-Tröpflein verkauffen durffte / als lange ihm noch was / von dem Seinigen / übrig war. Durch welche Tyranney er ihm den gemeinen Fluch deß Volcks einsammlete; dessen sich alle solche Leutbedrenger theilhafft machen / und durch ihre verdammte Schinderey /ihnen die ewige Verdamniß erwuchern.

Fanden sich / unter dem Adel / (oder andren fürnehmen und wolhabenden Leuten) Einige / die / aus einer guten Haushaltung / ein ehrliches Vermögen erlangten; so liehe er denselben ein Stück Geldes ab /und was ihm sonst / unter ihren Sachen / gefiel. Wollten sie kein Vorlehn thun; so nahm er ihnen es mit Gewalt hinweg. Hin und wieder hielt er viel Pferde /und Stuttereyen; aber auf andrer Leute Kosten: welche ihm solche unterhalten / aufziehen / und ausfuttern mussten.

Als nun zuletzt der Tod diesem unersättlichem ein Könige die Finger starren / und zu fernerem scharren /raffen / und reissen ungeschickt machte; gab ihm das Volck einen solchen Segen mit ins Grab / der gemeinlich solcher Herren Leiche zu begleiten pflegt.

Sein Sohn / Alphonsus, erbte samt der väterlichen Kron / auch die natürliche Sitten / [700] presentirte sich / in der Grausamkeit / Geilheit / und Gottlosigkeit / als ein perfectes Ebenbild seines Vaters. Beyde schändeten gar viel Weibsbilder; bewiesen der Kirchen gar keine Ehr; sondern verkaufften die geistliche Kirchen-Aemter. Wie dann der Alte / nemlich König Ferdinand / das Bisthum zu Taranto, um dreyzehentausend Ducaten / einem Jüden überlassen / welcher vorgegeben / er wollte selbiges / für seinen Sohn / der ein Christ wäre / kauffen. Seinen Knechten und Hof-Dienern schenckte Ferdinand Aebteyen / und andres der gleichen / an Stat eines Lohns / oder Solds; wiewol bißweilen / mit dieser Bedingung / daß sie ihm seine Habichte und Falcken eine Zeitlang unterhalten /zahm machen und abrichten / oder sonst etwas dergleichen verrichten sollten.

Alphonsus verachtete über das auch die viertzigtägige Fasten / begehrte nicht zu beichten / noch zu communiciren. Dannenhero begunnte ihn endlich sein übles Gewissen dermassen zu verfolgen / daß er /weder Tag / noch Nacht / ruhen kunnte / und ihm / im Schlaffe / diejenige Edelleute / so von ihm umgebracht waren / allezeit vorkamen.

Als nun dieser Alphonsus erfuhr / daß sein Sohn /Printz Ferdinand / von Rom weggezogen / hingegen Carl von Anjou, deß Königs in Franckreich Bruder /mit einem Kriegsheer / in vollem Anzuge wäre; beschloß er / die Königliche Regierung nider zu legen: und / wegen ermangelnder Hoffnung / das auf ihn erbitterte Volck anderst zu stillen / gedachte er seinem Sohn / Ferdinand / [701] das Regiment zu übergeben: in Meynung weil dieser Printz annoch Niemanden hatte beleidigt / so würde / wann derselbe sich auf den Königlichen Stuhl gesetzt / der Unterthanen Zorn sich legen / und ihnen die Lust zu den Frantzosen wol vergehen.

Damals hat dem Königlichem Leib- und Wundartzt / Jacobo, und zwar in dreyen unterschiedlichen Nächten / sich ein Gespenst gezeigt / in Gestalt deß verstorbenen tyrannischen Königs / Ferdinandi; und denselben erstlich mit gelinden / hernach aber mit bedraulichen scharffen Worten / befohlen / in seinem Namen / dem Alphonso anzudeuten / er sollte sich nur keine Hoffnung machen / daß er dem Könige in Franckreich würde können Widerstand thun; sintemal es oben also bestimmt wäre / daß seine Nachkommen / von unzehlich-vielen Unfällen / angefochten / auch endlich dieses so herrlichen Königreichs beraubt / und gar ausgetilgt werden sollten: darum daß sie alle Beyde so viel böse Stücke miteinander begangen /und zwar absonderlich deßwegen / daß er / der Vater /Ferdinand / auf seinen / deß Sohns / Alphonsi, Antrieb / in der S. Leonards-Kirchen / bey Neapolis /hette verübt.

Was solches für eine Unthat gewest / ist zwar nicht ausdrücklich gemeldet worden: doch haben die Leute dafür gehalten / Alphonsus hette / an demselben Ort /seinen Vater / Ferdinand / überredet / daß er viel fürnehme Herren / welche er schon lange gefänglich gehalten / heimlich liesse umbringen.

[702] Dieses mag vermutlich dem Könige Alponso die Furcht verdoppelt haben. Gestaltsam er alsofort seine köstlichste fahrende Habniß in vier Galeeren eingeladen / und / mit solchem Schrecken / als ob ihn die Frantzosen schon umringt hetten / nach Sicilien davon geflohen; ja hierinn eine so ungemeine Furcht spühren lassen / daß er seiner Schwiegermutter gesagt / daferrn sie nicht alsofort sich aufmachte / er sie allein sitzen lassen / und davon ziehen wollte. Und / da sie gebeten / nur drey Tage doch noch zu warten / welche noch daran mangelten / ehe dann er ein gantzes Jahr regiert hette; hat er geantwortet / so sie ihn nicht ziehen liesse / wollte er sich zum Fenster hinaus stürtzen.

Also ist er / eben an dem Tage / da sein Vater Ferdinand / ein Jahr vorher / mit Tode abgegangen war /seines Königlichen Zepters quit- und flüchtig davon gegangen / in ein Kloster. Darinn er Busse gethan /doch kein gantzes Jahr mehr gelebt. 13

Das Gespenst aber / welches ihm / durch seinen Hof-Wundartzt / obbemeldtes hat entbieten lassen; wird / von Etlichen / für seinen / und deß Königreichs / Schutz-Engel / geachtet.

Fußnoten

1 Daniel. 4. v. 10. 14.

2 Daniel. 10.

3 In Explic. vet. Numismat.

4 Syntagm. 15. Hist. Deor.

5 Lib. 1. Phys. Stoic. c. 19.

6 Centur. 2. Hor. subcisiv. c. 14.

7 Vid. Voss. de Orig. & Progressu Idololatr. l. 1. in fine cap. 7.

8 Faria in Epitome Regni Lusitani.

9 Ammian. Marcellin. libro 25. c. 2. p.m. 417. in folio.

10 S. deß von Freundsberg Ritterliche Kriegs-Thaten 5tes Buch / am 106ten Blat. Und Orosii lib. 2. c. 19.

11 Livius lib. 5.

12 Flori Epitome libri 5. I. Livii.

13 Besoldus de Regib. Sicil. & Neap. p.m. 1152seqq.

71. Der warnende Reichs-Engel

[703] LXXI.

Der warnende Reichs-Engel.

Mir wollen die vorige Handlung / von den Fürsten-und Reichs-Engeln / mit neuen Exempeln / und Erzehlungen / anjetzo noch weiter beleuchten.

Der Frantzösische Author / Claude Duret stellet die Frage / Ob es gewisse Engel gebe / welche Regierer / Fürsten / Schutzherren / und Patrons (oder / wie man sie sonst gewöhnlich zu nennen pflegt / Protectores der Monarchien / Königreichen / und Republicken seyn? und Ob solche Herrschafften nicht können vergehen / oder verändert / und umgekehrt werden /ehe sie / von solchen Engeln / verlassen und auffgegeben worden? 1 Er bejahet solches / und führet / zur Bestetigung / dieses ein / daß die Spannier / als Feinde der Kron Franckreich / gantz sichere / und von langer Zeit hero ungezweifelte Gewißheit haben / der Ertzengel S. Michael / welcher vormals Protector und Schutz-Engel des Volcks GOttes gewest / habe das Königreich / gleich bey erster Auffrichtung desselben / unter seine Auffsicht und Schirmung / von GOtt /bekommen / und von so viel hundert Jahren hero / seit dem behütet und erhalten; bewahre [704] und erhalte dasselbe auch / noch heutiges Tages / wider die Schutzengel und Geister andrer Monarchien / Keyser- und König reiche / und Republicken.

Er schreibt ferner / es hetten / die Spannier / weil ihnen solches bewusst / vor etlichen Monaten / in einer gewissen Spannischen Stadt / diesem Ertzengel mit abscheulichen und gottlosen Gebeten / oder vielmehr zaubrischen Beschwerungen (avec certaines maudites & impies oraisons, ou plustot incantations & conjurations) geruffen / Ihn / wegen künfftigen Zustandes der Kron Franckreich / befragt / und zu bereden getrachtet / daß Er seine Protection diesem Königreich entziehen / und ihnen verstatten wollte / selbiges alsofort anzugreiffen / und einzunehmen. Der Ertzengel hette aber geantwortet / Ihm wäre / von GOtt / nach Verfallung deß Jüdischen Reichs / die Gubernir- und Verwaltung Franckreichs / biß ans Ende der Welt / anbefohlen; solchem nach in seiner eignen Willkühr und Macht nicht / davon abzudancken. 2

Aber Limnæus erklährt solche Relation dieses Frantzösischen Scribentens / für ungewiß (oder vielmehr ungegründt) gottlos / und ungereimt. Er fragt /ob die andre Engel / welche / laut dieser Relation /andren Königreichen / wider Franckreich / geholffen /gute / oder böse Engel seynd? Seynd es / spricht er /gute gewest: so hat der Ertz-Engel / Michael / wider dieselbe / der Kron Franckreich nicht beystehn sollen: weil sie nichts Unrechts / wider dieselbe / vorgenommen. Denn wo die Bestreitung recht und billig; da ist[705] die Vertheidigung unrecht und unbillig. Seynd es aber böse Engel; so ist kein Wunder / daß sie / auff Erden /wider den Heil. Ertzengel Michael / nichts ausgerichtet / als welcher sie schon vormals / im Himmel /überwunden / und gestürtzt. Es ist auch (thut er hinzu) damit nicht gnug / daß man die Spannier einer so gottlosen Beschwerung bezüchtigt: man muß sie dessen auch recht überweisen / und den Ort / nebst andren Umständen / benennen / durch welche ein solches frevles Beginnen mögte hell und klar dargethan werden. Wann Einer von den Engeln durch Beschwerung eine Entdeckung Göttlicher Geheimnissen vermeynte zu erzwingen / was würde derselbige anderst thun / als dem Teufel eine Herrschafft über die Heil. Engel zueignen?

Er beschämt diesen unverschämten Frantzosen noch ferrner / mit diesen Fragen: Haben die Spannier den Heil. Ertzengel Michael gesehn / oder reden gehört? So sie Ihn gesehn; durch was für Anzeigungen seynd sie vergewissert / daß derjenige / den sie gesehn / St. Michael wäre? Denn er hat ja kein gewisses Angesicht / wie ein Mensch: so er eines hat / welches seynd dann die Lineamenten / wodurch Er von dem Engel Gabriel / und andren so wol Engeln / als Ertz-Engeln / könnte werden unterschieden? Vielleicht hat er sich / für den Ertzengel Michael / ausgegeben / und kann doch ein solcher / der sich einen Engel deß Lichts genannt / ein Engel der Finsterniß gewesen seyn. etc. 3

[706] Ich vermute ein jeglicher frommer und verständiger Christ / was für einer Religion er auch seyn mögte /wird hierinn dem Limnæo Beyfall geben / und besagte Fantzösische Relation / für einen wackren Auffschnitt / erkennen. Ob aber demselben hierinn beyzustimmen sey / daß er zweifelt / ob es wahr / daß die Fürstenthümer / Reiche / und Republicken / gewissen Engeln anvertraut seyen / in ihren Schutz / daran zweiste ich gar sehr. Vereor (spricht er) ne credulitas & imaginatio hic utramque faciat paginam: Ich fürchte / es dörffte diß Alles nur in leichtgläubiger blosser Einbildung bestehen.

Warum sollte solches eine falsche Einbildung seyn / da es doch dem christlichem Glauben und Gottes Wort nicht entgegen lautet / daß gewisse Engel um die grossen Häupter schweben / und derselben wol warnehmen? Warum sollte GOtt seine Heil. Engel nicht so wol gantzen Königreichen / als jedwedem Christen / zu Hütern und Bewahrern geben / und solche Auffsicht / so wol unterschiedlichen Engeln / als auch diesem oder jenem Engel in sonderheit anbefehlen? Aber ob ein solcher Land-Reich- oder Königs-Engel immerzu / für dieses oder jenes Königreich /Republic / oder Stadt / nur einig allein wache / und sonst kein andres Land mehr beschütze / oder auch nicht jemaln / durch einen andren Engel / abgewechselt werde: darüber begehre ich nicht zu urtheilen; sondern sage / mit eben diesem Limnæo: Rem, quæ meam excedit professionem, strictiùs examinare haud placet.

[707] Unterdessen gläube ich doch gäntzlich / daß nicht allein Königreiche und Länder / sondern auch / um derselbigen willen / die regierende Häupter derselben / unter eines Engels Beobachtung stehen / und gleichfalls von einem argen bösen Geist / ja vielmehr von Vielen / belaurt werden. Es zweifelt mir gar nicht /daß in einem Reiche / unzehlich-viel böse Geister herum flattern / um so wol an Leibe / Blut / und Gut /als an der Seelen / die Einwohner desselben zu beschädigen / und gleichfalls / bey fürnehmen Hofstäten / allezeit eine grosse Menge solcher geistlichen Spionen / in den Stats- und Rahts-Stuben / herum kriechen / um daselbst das Regiment / und den gantzen Hof /(oder eine fürnehme Stadt) mit Land- oder Stadt-verderblichen Eingebungen / vergifften / und solche Rathschläge ihnen einspeyen / die zu Hochmut / hochkostbarem Pracht / Aussaugung und Pressuren deß Volcks / allerhand Ungerechtsamkeit / auch wol gar zu blutigen Kriegs-Empörungen / gerathen. So reitzte Satan den König David / und stund wider Israel. Daneben stelle ich auch dieses fast ausser Ungewißheit /daß / unter allen solchen Hof- und Statts-Teufeln einer insonderheit für sich diesen oder jenen Hof wähle / zu verleiten; (imfall es ihm von Oben nicht verboten wird) und als ein abgeführter hellischer Machiavellist / der mit seinen subtilen Netzen viel andre böse Geister übertrifft / beydes dem Fürsten / und dem Fürstenthum eine Stats- und Seelen-Ruin auszuwircken / eyfrigst arbeite. Derjenige Geist / welcher auftratt / mit dieser Erbietung / daß er den gottlosen König Ahab überreden wollte / zu einem unglücklichen Feld-Zuge wider die [708] Syrer / und ein falscher Geist seyn / in seiner Propheten Munde / hat ohne Zweifel insonderheit / und beharrlicher als alle die andre / um den Königlichen Stuhl Ahabs schwebende / Geister / seine Pfeile auf diesen König gerichtet / biß er ihn endlich gestürtzt; nachdem er vorhin / durch den Mund der verfluchten Jesebel / ihm eine solche Pestilentz eingeblasen / welche viel tausend armer Seelen in Israel ermordet hat; nemlich den abscheulichen Baalsdienst / und die Aufräumung der Propheten deß HErrn.

Gleich also halte ich für gewiß / daß auch mehr /dann ein oder etliche Engel den Thron eines fürnehmen Regierers und dessen gantzes Land / beäugen; um einen frommen König zu schützen / oder eines boßhafften Tyrannens Fürnehmen zu beobachten /und demselben / gestalten Sachen nach / zuwiderstehen; und daß nichts destoweniger unter solchen Engeln / insonderheit Einer oder Andrer solcher Auffsicht oblige. Wie dann der Englische Großfürst / Michael / in Heil. Schrifft vorgestellet wird / als ein Regenten- und Schutz-Engel / der die Obrigkeiten und Länder schützet / auch für die göttliche Lehr streitet. Unter welchem Ertz-Engel vermutlich viel andre Engel stehen / und in die Länder / zu derselben Bewahrung / wie auch Behütung ihrer Regenten / ausgetheilet seynd.

Ob aber ein solcher Fürsten- oder Königs-Engel /von dessen Geburt an / biß zum Ende seines Lebens /denselben unabgesondert bewache / in seine Hut und Obacht fasse / und solches Amt indessen keinem andrem Engel überlasse; wie zwar der Heil. Lehrer Basilius / von jedwedem Christen / schreibt: Cuilibet Fidelium est Angelus assistens, [709] Patrem Domini JEsu, qui est in cœlo, videre dignus 4 davon will ich lieber gelehrte Theologen reden lassen / als mich eines Schlusses unternehmen.

So viel sage ich allein / daß / wann grosse Herren vor ihrem Unglück / Fall / oder Niderlage / bißweilen durch eine Erscheinung gewarnet werden / oder andren Personen solcher Fall deß Regentens / durch ein Gesicht / vorher verkündigt wird / man nicht alle Mal wissen / noch gewiß unterscheiden könne / obs durch einen guten Schutz-Engel / oder böses Gespenst / geschehe.

König Jacob in Schottland / dieses Namens der Vierdte / ließ / im Jahr 1513 / dem Könige in Engeland / Heinrich dem VIIIten / einen Krieg ankündigen / und ruckte bald darauff / mit seinem Kriegs-Heer /biß gen Limnuch: Allda er einen Tag oder etliche still lag / und die Völcker ein wenig ausruhen ließ.

Diesen Krieg hatten Ihm die fürnehmste und klügste Herren deß Königreichs Schottland treulich widerrahten / sonderlich die Grafen von Archambaut, Duglaß / und etliche Andre. Allein sein geheimst- und vielgültigster Raht war sein eigensinniger Kopff /welcher lieber etliche gewissenlose und von Ludwig /dem XIIten / Könige in Franckreich bestellte Leute anhörte / als Andre / die es mit Ihm / und der Kron redlich meynten. Denn benannter Frantzösischer König bemühete sich / Ihn / wider gedachten König Heinrich in den Harnisch zu reitzen / damit dieser /von der Arbeit / so Er den Frantzosen zugeschnitten hat / mögte abgezogen / und [710] anderswo beschäfftigt werden; gedachte also / die Schotten ins Feld zu treiben / und wie starcke Bären-Hunde / diesem grimmigen Leoparden auff die Haut zu hetzen: damit König Heinrich seinen Streit-gierigen Degen / an den streitbaren Schotten / stumpff hauen / hingegen Franckreich indessen im Trucknen sitzen / und dem Spiel müssig zuschauen könnte. Wie denn die Frantzosen /in solchen Stücklein / zu dieser Zeit / noch hundert mal geübter seynd / und niemals dem höllischen Mord-Engel / einen grössern Dienst gethan / als jetzo / da gantz Europa schier / durch ihre Anstifftung / die Faust an den Degen geschlagen.

Indem nun also der König / an besagtem Ort / eine Vesper singen ließ / und dem Himmel damit gleichsam ein Cainitisches Opffer presentirte / in Meynung /derselbe würde seine Waffen schon beglücken / wann Er Ihm nur / wie jetzt auch offt in Franckreich / nach einer ungerechten Eroberung / durch abscheulichen Mißbrauch deß Te Deum Laudamus, geschehen ist /Lippen und Zähne / hingegen Hand und Hertz dem Würg-Engel widmete: sahe man einen älterlichen Mann / gar ehr- und ansehnlicher Gestalt / daher kommen / mit unbedecktem Haupt / in einem blauen Rock / so mit einem Gürtel auffgebunden war. Sein rötliches Haar hing ihm über die Schultern herab: aber vorn am Kopff war er kahl. Dieser ehrwürdiger Alter begehrte / mit dem Könige / zu reden; drang derhalben durch das Volck / und / als er / ihm selber Platz machend / nahe hinzu kame / tratt er / ohne gemachte Reverentz / oder andre höffliche Zeremonien / vor den König / lehnete sich auff seinen Stuhl / [711] und sprach zu Ihm: Herr! Ich bin zu Euch gesandt / Euch zu vermahnen / daß Ihr sollt wieder umkehren / und nicht weiter fortrucken. Werdet Ihr aber diese meine Erinnerung verachten; so werdt Ihr / und Alle die / so mit Euch ziehen / in Unglück kommen. Neben dieser Abwarnung ist mir auch befohlen worden / Euch anzudeuten / daß / wann Ihr Euch / mit den Weibs-Bildern / gar zu gemein machet / und ihrem Raht folget / solches Euch /zur Schande und Untergange / gereichen werde.

Diß geredt / drang er sich mitten durch das Volck /wieder hinweg.

Als die Vesper ein Ende hatte; ließ der König diesen Alten suchen: allein er fand sich nirgends mehr. Viele / die Ihn solche Vermahnung ablegen sahen /hetten gern von Ihm ein Mehrers / und recht eigendliche Umstände vernommen: darum schauten sie sich auch fleissig nach Ihm um; kunnten aber nicht erfahren / wo Er sich hette hingewendet. Unter solchen hat sich dabey befunen eine gelehrte / verständige / und gar tugendhaffte Person / Namens David Lindes von Berg: welcher hernach dem Beschreiber dieser Geschicht / Buchanano / solches erzehlete.

Weil aber / dessen ungeachtet / der / zur Straffe gantz reiffe / König in seinem Fürnehmen fort fuhr /und / wider alles Abrahten seiner fürnehmsten Räthe /den Engländern eine Schlacht zu liefern / mit dreyzehentausend Mann / auff dreyssig tausend anzugehen sich erkühnte: schlug Ihn / samt dem Kern deß Schottländischen Adels / das [712] feindliche Schwert zu Bodem 5 und muste also derjenige / welcher die Warnung verschmähet hatte / den Königen und Fürsten /zum Warnungs-Spiegel dienen / daß man unnöthige Kriege zu unterlassen / ja so hohe Ursach habe / als wie ein unnöthiges Würffel-Spiel ums Leben.

Es hat das Ansehn / der Mann / welcher diesen König also gewarnet / sey ein guter Engel / und vielleicht ein solcher gewest / der für den König / und das Reich gewöhnlich die Auffsicht getragen.

Ob aber dieses Nachfolgende / durch einen guten /oder bösen Engel / geschehen / steht bey mir in grösserem Zweifel.

Zur Zeit Königs Jacobi deß Fünfften / losirten drey Edelleute / deß Grafens von Aetholia / unfern vom Hause jetzt besagten Königs: und / nachdem sie eingeschlaffen waren / bedunckte um Mittenacht ungefähr / Einen unter ihnen / welcher gegen der Wand zu lag / nemlich den Daniel Stuart / wie Jemand zu ihm nahete / und mit der Hand ihm gelinde so wol über den Backen / als über den Bart / streichend zu ihm sagte: Auf! man will den König umbringen! Darüber wachte er auff: und indem er / diesen Traum zu betrachten / begunnte; fuhr / in dem andren Bette /seiner Kammeraden Einer auff vom Schlaffe / und schrie: Was tritt mir auf die Füsse? Der Stuart antwortete drauff: Vielleicht ists eine Katze / die etwan bey Nacht da herum streicht.

[713] Gleich damit sprang auch der Dritte / welcher bißhero noch geschlaffen / auff / fiel zum Bette hinaus /und fragte / wer ihm einen so harten Backenstreich hette gegeben? Hiernechst / daugte sie / als ob Jemand / mit grossem Getöß und Gepolter / zur Kammerthür hinaus ginge.

Indem nun diese drey von Adel; von dieser Abentheuer miteinander redeten; gab das / im Hause deß Königs auffgehende / Pulver einen grausamen Schlag; wovon das Haus einfiel / und deß Königs Tod erfolgte. 6

Deß Tags zuvor / ehe denn gedachter Schottländischer König / Jacobus der Fünffte / umgebracht worden / fing Jacob Londin / ein Schott ehrliches Geschlechts / nachdem er lange am Fieber danieder gelegen / ungefähr um die Mittags-Zeit / gähling und gleichsam gantz erschrocken / an / den Seinigen zuzuschreyen: Auff! Auff! kommt dem Könige zu Hülffe! Die Mörder umringen Ihn / und wollen Ihn erwürgen! Uber ein Kleines hernach / fieng er an zu weinen / und mit jämmerlichem Lamentiren / zu schreyen: Ach! es ist nicht Zeit mehr / zu helffen! der arme Herr ist todt! Gleich damit gab dieser Febricitant seinen Geist auff. 7

Dieses habe ich nur beyläufftig mit anhencken wollen: weil es / mit dem / was den dreyen Edelleuten widerfahren / einige Verwandniß hat: will aber hiernechst noch ein drittes Exempel / welches auf die gute oder böse König-Engel / vielleicht [714] gedeutet werden mögte / beybringen / und diese Materi damit beschliessen.

Nicht lange vor der Schlacht / welche die Ungarn /samt ihrem Könige / Ludwig / bey Mohatz / verlohren / saß einsmals dieser König / in seiner Burg / zu Ofen / zur Tafel / bey einem ziemlich-schlechten Tractement (wie Ihm dann die Ungarische Herren fast Alles entzohen / und Ihn dazu schimpfflich hielten; hingegen selbst sich / mit Königlichem Pracht / auffführten / und großherrlich lebten) als zu dem verschlossenem Burgthor ein elender Krüppel kam / und mit kläglichem Geschrey begehrte / man sollte dem Könige anzeigen / daß er mit Ihm reden müsste / weil er Ihm nothwendig etwas anzuzeigen und zu offenbaren hette / daran seine / und des gantzen Königreichs Wolfahrt hinge.

Gleichwie nun gemeinlich einem Elenden / bey Hofe / weder Thor / noch Ohr geöffnet / sondern ein Solcher / mit Verachtung / abgewiesen wird: also achtete man auch dieses Krüppels nicht. Deßwegen hub er an / mit stärckerem Geschrey / kläglichem Heulen und Weinen / zu bitten / man wollte es doch dem Könige anzeigen. Weil er dann deß flehens und bittens kein Ende machte: wurden Etliche / durch sein ernstliches Anhalten / bewegt / solches an den König gelangen zu lassen: weil er gesagt / daß er solches Geheimniß Niemanden / als dem Könige selbsten / offenbaren könnte.

Der König fertigte hierauf einen seiner fürnehmsten Hofbedienten ab / mit Befehl / daß er sich sollte stellen / als ob er der König / und fragen / was es dann für eine Heimlichkeit wäre?

[715] Wie nun dieser zum Kruppel kommt / sich für den König ausgiebt / und begehrt / der Krüppel solle ihm entdecken / was er dann Heimliches wisse; spricht der Krüppel: Du bist nicht der König: Ich habe dir nichts zu sagen. Weil der König nicht hören will; so geh hin / und sag Ihm / daß Er in kurtzem werde umkommen. Diß gesagt / ist er / vor Aller Augen / verschwunden. Die Hofleute / wie auch die Wacht / und der König selbst / gaben nichts drauff. 8 Aber die Mohatzische Niderlage / dabey dieser junge König / in der Flucht / von seinem / auff Ihn gefallenem Pferde / in einem morastigen Bach / jämmerlich erdruckt und erstrickt worden / ist hernach kläglich genug darauf erfolgt.

Diese und dergleichen Gespenster zehlet Lipsius /unter die Genios, oder Schirm-Engel: Welches ich dahin gestellt seyn lasse; aber mein vorgemeldtes Beduncken wiederhole / daß man mehrmals nicht wissen könne / ob es gute / oder böse Engel seynd / die solche unglückliche Vorbotschafft ablegen.

Fußnoten

1 Claude Duret, au Discours de la Verité des causes, & effects des descedançe, mutations, changements etc. & ruines des etc. Royaumes & Republiques, Chap. 21. p. 397.

2 Idem. chap. 21. p. 409.

3 Limnæus lib. 1. c. 13. Notit. Franciæ pag. 294.seq.

4 Basil. in Ps. 48.

5 Georgius Buchananus lib. 13. Historiæ Scotic.

6 Idem. lib. 18.

7 Idem lib. cod.

8 Leunclavius parte 3. Histor. Turciæ fol. m. 383. Et Lipsius in Monitis politic. c. V. Monito V. Num. XI.

72. Die tödtliche Vorgeher

[716] LXXII.

Die tödtliche Vorgeher.

Die Nacht ist niemands Freund: und wenn sie Jemanden / ohne Gesellschafft / antrifft / giebt sie ihm offt Grauen und Schrecken zu Gesellen. Darum wird Einer / der bey Nacht allein reiset / von den Geistern der Finsterniß / am ersten alsdann angefochten und erschreckt: weil der Schatten / zur Vergrösserung der Furcht / und furchtsamer Einbildung / ein Grosses kann beytragen: Wie nachgehender Fall bezeugt.

Antonio de Costilla, ein fürnehmer / und tapffrer Spannischer Edelmann / der sich / aus mancher grossen Gefahr / mit behertzter Gewalt / heraus gerissen /auch sonst gar leicht in Harnisch zu bringen war /ritte eins wolmondirt / und eine leichte Lantze in der Hand führend / nach dem Dorff Villa nova, und verweilte sich daselbst / in seinen Geschäfften / so lange / biß die finstre Nacht einfiel. Indem er nun so spat wiederum den Ruckweg nehmen musste / vermeynte er / es wäre nicht fein / wann er nicht zuvorderst / bey einer kleinen / nechst vor dem Dorff stehenden / Kapellen / darinn eine brennende Lampe hing / die mit einem höltzernem Gitter vermacht war / ein kurtzes Gebetlein verrichtete: Betete also / auf seinem Pferde / bey sich selbsten / und ritte also etwas langsam vor über.

Indem er aber / in die Kapellen / eine Blick hinein warff; sahe er drey Gespenster / welche [717] gleichsam aus der Erden hervor zu steigen schienen / mitten / aus der Kapellen / heraus treten / und vor ihm still stehen. Er schaute diese drey seltsame Heiligen / die drey Gespenster sage ich / welche das Angesicht verhüllt hatten / eine Weile an / und begunnten ihm die Haar /vor Schrecken / empor zu steigen / gleichwie hingegen der sonst frische Mut zu sincken: derhalben warff er das Pferd herum / und ließ es fort gehen.

Aber gleich alsofort sahe er / diese drey saubre Larven-Gesichter vor sich her traben / nicht anderst / als ob sie mit ihm reisen wollten. Er / dem solcher Vortrab gantz nicht angenehm war / befahl sich GOtt /und versuchte / durch öfftere Verwendung seines Pferdes / dieser ungeladenen Gefährten sich zu entladen; kunnte doch damit ihrem Vortrabe seinen Nachtrab nicht entwenden: sie blieben immerzu vor ihm. Als er nun ihrer nicht loß werden kunnte / fasste er einen Mut / rüstete sich zum Streit / und setzte / mit seiner Lantzen / Spornstreichs auf sie zu: musste aber gewahr werden / daß die Gespenster / eben in solcher Masse und Schnellheit / sich bewegten / als wie sein Pferd. Ging dasselbe fort; so gingen sie zugleich mit: stund es / so stunden sie auch still / und blieben stets /in gleicher Weite / vom Pferde: also / daß er / ohn sei nen Danck / diese mißfallige / schauerische und grauerische Geselschafft behalten musste / biß in den Vorhof seines Hauses.

Als er nun daselbst vom Pferde abgestiegen / und zu der / ihm aufgethanen / Thür hinein getreten war; liessen sich eben diese Gespenster wiederum vor ihm sehen. Dennoch ging er fort / biß [718] zu der Kammer /darinn sich seine Frau befand / und rieff / sie sollte ihm aufmachen. Nachdem er hinein gegangen / verschwunden zwar die Gespenster; ihm aber darum die Entsetz- und hefftige Bestürtzung so gar nicht / daß seine adliche Ehliebste / aus seiner blassen Farbe /Gedancken schöpffte / er müsste etwan unter seine Widersacher gerahten / und ihm ein Unglück begegnet seyn. Darum fragte sie gar fleissig darnach: kunnte doch nichts von ihm heraus bringen: schickte derhalben hin / zu einem fürnehmen gelehrten Mann / der ihm sehr angenehm / und sein bester Freund war /auch alsofort sich einstellete. Als derselbe sahe / daß seine Todten-ähnliche Gesichts-Blassung / und verwirrter Blick eine ungemeine Gemüts-Verändrung anzeigten; lag er ihm an / mit dringender Bitte / er mögte von sich sagen / was ihm wäre begegnet.

Solche inständigste Bitte erweichte endlich ihm sein steinernes Schweigen / also / daß er es Alles umständlich erzehlte. Hierauf tröstete ihn Jener / mit gar beweglichen und vernünfftigen Reden / als deren er ein guter Meister war / aufs allerbeste; ermahnete ihn auch / er sollte diese Abentheuer / samt der Furcht /aus dem Sinn schlagen / und zu Nacht etwas essen; begleitete ihn auch endlich / in seine Kammer / zu Bette / und / nach Hinterlassung eines brennenden Lichts auf dem Tische / ging er von ihm hinaus: auf daß er ruhen und schlaffen mögte.

Kaum war dieser aber zur Kammer hinaus getreten / da fing Costilla an / überlaut Morido, und Zeter zu schreyen / und um Hülffe zu ruffen: weßwegen [719] Alle /im Hause befindliche / Personen / zu ihm / in das Schlaffgemach / hinein eilten. Denen sagte er / daß /so bald man ihn allein gelassen, die drey Gespenster wieder zu ihm gekommen / in den Bodem gegraben /ihm die Augen voll Staub und Erden geworffen / und schier damit geblendet hetten: Wie man denn auch /nach Beleucht- und näherer Besichtigung / solches augenscheinlich verspührte. Darum ließ man ihn nicht mehr allein; sondern verschaffte ihm allezeit gute Gesellschafft. Es wollte aber nichts verfangen: die Furcht und Erschreckung / welche den Mut dieses sonst überaus hertzhafften Manns gar eingenommen /und gäntzlich erobert hatten / thaten / bey demselben /eine so tödtliche Würckung / daß der siebende Tag sein letzter / und er / ohne Zustossung einiger andren Kranckheit / deß Todes / war.

Torquemada urtheilet nicht übel / daß zwar man cher Medicus dieses Gesicht einer schweren melancholischen Feuchtigkeit / und sehr verletzten Einbildung / zurechnen dörffte; aber dennoch / von würcklicher Erscheinung solcher Gespenster / solche verderbte Phantasey / urspringlich entstanden / und das Ubel folgends / durch einen grossen Zusatz solcher furchtsamen und erschrockenen Einbildung / dermassen überhand genommen / daß der Mann endlich drüber sterben müssen. 1

Es ist besorglich / dieser Edelmann nicht gar zum besten eben in der Gnade GOttes / folgends auch nicht / in gäntzlichem Schutz der heil. Engel / gestanden: weil er / als ein gähzörniger Cavallier / [720] mit der Fuchtel so fertig und hurtig / allezeit heraus gewest. Zudem hat er es auch damit versehen / daß er nicht so sehr mit dem Gebet / als mit der Lantzen / deren doch der geistliche Behemoth und Leviathan / als welcher Schuppen wie feste Schilde seynd / nur spotten / auf die drey Gespenster angerannt / und dazu besorglich /mit ungedültigem Fluchen und sacriren. Worauf dieselbe weitre Macht gewonnen / ihm seine Einbildung / mit Furcht und Schrecken dergestalt zu bepflantzen /daß endlich der Tod daraus erwachsen ist.

Fußnoten

1 Torquemada, im dritten Gespräch / p.m. 268. seqq.

73. Die erscheinende Malefiz-Person

LXXIII.

Die erscheinende Malefiz-Person.

Ein vortrefflicher / hauptgelehrter / und hocherfahrnerMedicus dieser Zeit / hat denen Ephemeridibus Germanicis Anni secundi eine Observation einverleibt /so Er intitulirt Calvariæ recenter è patibulo desumtæ miram destillationem: Wunderliche Destillirung einer / neulich oder frisch vom Hochgerichte herabgenommenen / Hirn-Schalen. Von selbiger Destillation erzehlt er hierauf / was folgt / und zwar mit folgenden Worten; welche ich aber / aus dem Lateinischen / allhie Teutsch geben will.

[721] In der fürnehmsten Medicament-Officin unserer Stadt / ist eine / vom Hencker erkauffte / und neulichst vom Galgen genommene / Hirn-Schale gestanden / so bey Nacht-Zeit / in einer Retorten / hat sollen calcinirt werden. Um Mitternacht / ist / in dem Laboratorio, ein gewaltiger Tumult entstanden / bald diese bald jene Thür mit Gewalt aufgerissen / und ungestümlich wieder zugeschlagen / ja ein solches Getümmel / Gepolter / Werffen / und Toben / gehört worden / daß man nicht anders vermuten sollen / als es würde Alles umgekehrt / und übereinander zu ligen kommen. Gleichwol hat man / folgenden Tags / nichts verändert noch verruckt / sondern die Thüren wol verschlossen /auch sonst Alles an seiner Stelle / und in behörigem Stande / gefunden / ohn einigen Schaden oder Bruch.

Von dem Besitzer solcher Officin selbsten / bin ich / als ich nach diesem Handel fragte / berichtet / daß solches werffen / und rumoren / eher nicht angegangen / als biß die Hirn-Schaal (welche nicht von einer gehenckten / sondern bey Würtzburg geräderten / Malefiz-Person / genommen) würcklich in der Retorten gestanden / und auch länger nicht gewährt / ohn biß der Spiritus gäntzlich herüber gezogen. Worauf Alles still geworden / und man weiter nichts gehört.

Wolgedachter Doctor setzt / in dem angehencktemScholio, und Erklährung / noch eine andre Abentheuer hinzu / so nach Hinrichtung einer Kinds-Mörderinn sich begeben. Etwas gleich (schreibt dieser hochgelehrte Mann) hat sich zugetragen / mit einer Kinds-Würgerinn: welche / [722] nachdem sie abgehauen worden; folgende Nacht darauf / in einem weissen Kleide / dem Loch-Hüter / vorm Bette / erschienen /und ein schönes geistliches Lied / welches sie / bey Leibs Leben / im Gefängniß / offt mit wollautender Stimme gesungen / nochmals wiederholt hat.

Eben in derselbigen Nacht / hat man / in der S. Peters Kirchen / (dahin gemeinlich derer / mit dem Schwert gerichteten / Körper getragen / und in selbige Kirche / welche ein paar Büchsen-Schüsse weit draussen von hiesiger Stadt steht / so lang gestellet wird /biß man ihn / nach Untergange der Sonnen / auf dem Kirchhofe daselbst / begräbt) woselbst sie mir (ad extemporaneam sectionem Anatomicam aliquot vicibus celebrandam) um eine unvorbedachte und hurtige anatomische Zergliederung etliche Mal / in Gegenwart einer ansehnlichen Versammlung / mit dem Körper vorzunehmen / überlassen worden / ein hefftiges Geräusch / Getoß / und so starckes Gerümpel und Gekrach / gehört worden / daß die nechst daran Wohnende gesorgt / es dörfften alle Stüle und Bäncken übern Hauffen seyn gefallen. Dennoch hat man / am folgenden Morgen / alles unversehrt und unverschoben befunden.

Er eröffnet endlich seine Gedancken hievon / in diesen Lateinischen Zeilen. Utrum hæ actiones à spiritu corporis vitali, qui jam è corpore dimissus reditum suum quasi molitur, & nonnunquam sub spectrorum forma hominibus imponit, & consternat, an verò Satanicis adscribendæ sint imposturis, dubium esse videbitur. Cùm verò tales, ad mortem destinatæ [723] personæ Deo se seriò commendent, nec quicquam ipsis commercii sit cum diabolo, facilè fuerit judicandum, soli spiritui vitali hasce actiones adscribendas esse. Spiritum autem vitalem in corpore intelligo primum in eo motorem, vitæ authorem, Archæum, quin vitam ipsam; qui, quæ ipsi dictat, efficit, illius se movens voluntate & instinctu, naturalibusque, vitalibus, & animalibus actionibus præest. Hic, ex interfecto egrediens corpore, deposito cadavere, liber jam existens, cum aura sese vitali in aëre iterum unit, & in illa lætatur, tanquam in propria sua natura: quia, dictante Philosopho, omne eò revertitur, unde exivit. 1 Ist / auf Teutsch / so viel gesagt: Ob diese Handlungen / von dem Lebens-Geist / welcher nun / da er aus dem Leibe erlassen ist / gleichsam wieder umzukehren / trachtet /auch bißweilen / unter Gestalt der Gespenster /die Leute betriegt und erschreckt; oder ob sie den Triegereyen deß Satans zuzuschreiben seyen /dörffte fast ein zweifelhafftes Ansehn gewinnen. Weil aber solche / zum Tode bestimmte / Personen / GOTT dem HErrn sich ernstlich empfehlen / und mit dem Teufel nichts zu schaffen haben /hat man leicht zu schliessen / daß diese Actionen (oder Händel) einig allein dem Lebens-Geist zuzuschreiben seyen. Durch den Lebens-Geist aber /verstehe ich [724] den ersten Beweger im Leibe / den Urheber deß Lebens / welchen man den Archæum, nennet / ja das Leben selbst: Welcher Lebens-Geist dasjenige verrichtet / was die Vernunfft ihm sagt / nach deren Willen und Eingeben er sich bewegt / und allen natürlichen / lebhafften und sinnlichen Handlungen vorstehet. Wann derselbe /von dem getödtetem Körper / heraus geht / befin det er sich / nach Ablegung deß Leichnams / nunmehr frey; vereinigt sich demnach wiederum / in der Lufft / mit der aura vitali, oder Lebens-Lufft /und ergetzer sich darinn / als wie in seiner eigenen Natur. Denn / wie der Philosophus sagt / ein Jedes gehet wieder dahin / von wannen es ist heraus gegangen.

Er will so viel / daß der Lebens-Geist / aus der astralischen Stern-Lufft / dem menschlichen Leibe eingepflantzt sey / und / wann der Leib gestorben /nach solcher lebhafften Stern-Lufft wiederum hinauf fahre.

Ich stehe dennoch an / ob dieser berühmte / und in der Natur tieff-erfahrne / Medicus solches ernstlicher Meynung / oder vielmehr nur / aus Lust / und Andren zur Aufmuntrung eines weiteren Nachsinnens / und zur Erweckung eines Gegen-Schertzes / diese Zeilen gesetzt; Oder endlich auch / ob er es nicht so sehr /für seinen selbsteigenen / als für deß Theophrasti Satz / dargegeben? ohnangesehn er diesen dabey eben nicht nennen wollen / in Betrachtung / daß gelehrte Leute / (zumal in der Artzney-Kunst) ohne dem [725] schon wissen würden / daß Theophrastus dieses ungemeinen Sinns wäre. Denn daß dieser Welt-berühmte Mann / der Paracelsus, weichen sehr viel ausbündig-gelehrte Medici, für ihr Auge / in der Artzney / achten / und der gewißlich auch / zur Erhöhung dieser preißwürdigen Kunst / durch seine ungemeine Erfahrenheit / mehr als eine Stuffen gelegt / die erscheinende Gestalten der Verstorbenen / nicht für die Leiber derselben / auch für keine Teufel / sondern für deß Menschen eigenen Geist / gehalten / mag nicht verneinet werden.

Aber gleichwie solche Paracelsische Meynung an sich selbsten wunderlich; also verwundre ich mich auch nicht unbillig / über seine so unterschiedliche und fast mißhällige Beschreibung solches Geistes. Denn bißweilen stellet er den umgehenden Geist der Todten also für / daß derselbe seinem anderswo beschriebenem Spiritui vitali, oder Lebens-Geist / nicht allerdings gleich sihet. Lasst uns doch einen und andren Discurs dieses abentheurlichen Geist-Beschreibers betrachten.

In dem Buch von den Seelen der Abgestorbenen /beschreibt er den Lebens-Geist also:

Es ist (sagt er) übernatürlich / daß ein verstorbner Mensch solle aufstehen / und gehen / für Eins; zum Andren / daß er sein Blut und Fleisch / bey-oder an sich habe / darinn er geboren ist. Drittens / so ligt sein Körper in der Erden / und faulet. Der Geist aber / der sich von ihm geschieden [726] hat /gehet. Wie die Schrifft sagt: Und der Geist geht wieder zu dem / der ihn gegeben hat / etc.

Der Geist ist nicht die Seele: sondern wann es möglich wäre / so wäre der Geist der Seelen Seel /wie die Seel deß Leibes Geist ist. Der Geist deß Menschen ist nicht der Leib / ist auch nicht die Seele; sondern ein Drittes im Menschen / also /daß der Leib ruhet in der Erden: Das ist / er wircket nichts mehr / er ist der Arbeit entledigt /und in den Schlaff gelegt / biß zu seiner Auferweckung. Die Seele ist / an dem Ort / da man zahlen muß / biß zum letzten Quadranten. Nun ist der Geist / da GOtt ihn hinschicket; bey Ihm / bey der Seelen / beym Leben / oder in der Wohnung der Menschen. Wann ichs recht fürstellen soll; so ist der Geist der Schatten der andren Beyden. Wie man etwan solches / an der Imaginati on /mögte vorbilden. Der Mensch imagini rt. Nun ist die Imaginati on weder Leib / noch die Seel / sondern der Geist. Der weichet nicht vom Menschen. Dann / im Geist ligen deß Menschen Urtheile über die Seele / und über den Leib / und dergleichen. Wisset derhalben: Den Leib sihet Niemand aufstehen: dann der Mensch ist in der Erden. Also auch die Seele sihet Keiner aufstehn: denn sie ist eben so wol da / wohin GOtt sie bescheidet; wie den Leib / der in die Erde beschieden wird. Den Geist aber sihet man / und die andren Zween nicht. [727] Darum sihet er dem Leibe gleich / und sihet auch der Seelen gleich: denn da sind beyder Schatten. 2

In dieser Rede Theophrasti, erblicke ich keine recht kenntliche Spuhr eines solchen Spiritus vitalis oder Lebens-Geistes / der aus dem Gestirn herrühre; sondern einen gantz andren / der noch edler und vollkommner seyn müsste / als die Seele selbst: in Betrachtung / daß er ihn gleichsam für eine Seele der Seelen will geachtet wissen.

Wie hoch er aber diesen umgehenden Geist erhebt und veredelt; so tieff ernidrigt er ihn doch wiederum anderswo: indem er ihn / für verwes- und sterblich ausgiebt / doch aber nichts destoweniger wiederum solche Eigenschafften deß Geistes mit einmischet / die einer sterblichen Substantz nicht zugeschrieben werden können; als nemlich / Vernunfft / und Weisheit: welche er dem Geist zueignet; so sie doch vielmehr der Seelen sollten zugerechnet werden. Daß er also /bey dieser Beschreibung der umgehenden Geister einen rechten unbeständigen Flatter-Geist an sich spühren lässt.

Der vernünfftige Leser lasse sich nicht verdriessen / diesen seinen Discurs / den er anderswo hievon führt / durchzublicken: Denn es wird / zur Beleuchtung vorbeschriebener Meynung von den umgehenden Todten / dienen.

Das Gestirn (schreibt er) theilt sich in zween Theile: Deren Eines / im Stern-Himmel; [728] das Andre / im Globo der Erden ist. (Er will sagen /das erste sitze am Firmament / oder an der Festen der Fix-Sterne; das zweyte / in der Himmels-Sphœr oder Himmel-Kreyse / der nechstens die Erd-Kugel umgiebt; unter welchem letzten / er vermutlich den Planeten-Himmel versteht). Daraus erfolgt nun / daß /in dem Gestirn / zwyerley Wesen sey; ein besonders in dem Gestirn der Festen; und wiederum ein besonders / in dem Gestirn der Erd-nahen Himmels-Sphœr. Das Gestirn in der Sphœr der Globul (oder Planeten-Kreyse) ist eines solchen Wesens / daß daraus erwächst Alles / was der Erd-Körper / und die Elementen / geben. Als / aus der Erden / treibt das Erd-Gestirn (so will ichs / mit einem kurtzen Wort / lieber nennen / weder / mit demTheophrasto, das Gestirn der Erd-Globul) die Früchte heraus: denn ohn das Gestirn könnte es nicht geschehen. Gleicher Weise geht es / mit allen andren Dingen / so aus der Erden wachsen.

Das andre Gestirn am Himmel (nemlich am Firmament) hat seine besondre Würckung: das ist /es trifft allein den Menschen an: Und wiewol beyderley Gestirne / das obere und nidere / miteinander verwirrt (in Correspondentz begriffen) und vermählt sind / miteinander lauffen / sich vergleichen / und (harmonisch) vereinigen: führen sie doch diesen Unterscheid / daß das Ober-Gestirn die Sinne regiert; das Unter-Gestirn die Gewächse. Das ist / das obere giebt dem [729] thierischen (oder besser nach dem Lateinischen zu reden / animalischen) Verstand; das untere die Gewächse / so aus der Sphæra erwachsen.

Von dem Gestirn der Globul / will ich hie nichts sagen; dessen Philosophey allein / in Früchten und Gewächsen / besteht: Sondern / von dem Sinnreichen Gestirn / ist mein Fürnehmen /zu reden. Wir sollen wissen / daß der Mensch eben also / in zweyerley Leiber / unterschieden sey; nemlich in einen Leib der Globul / und in einen Leib der Sinnen; solchem nach / in einen sichtbaren oder greifflichen Leib / und in einen unsichtbarn / oder ungreifflichen; als nemlich in den Leib der dreyen ersten Elementen deß Saltzes / Schwefels / und Mercurs; und in das Gestirn / so weit es den Menschen betrifft. Also heisst sein Leib Blut und Fleisch: und was in ihm unbegreifflich / heisst der Geist. Ist demnach der Mensch Blut und Fleisch / und ein Geist. Nun ist aber Blut und Fleisch der Mensch nicht; sondern der Geist /in demselben / ist der Mensch. Denn (NB.) der Geist ist deß Menschen Weisheit / Sinn / Vernunfft: und diese Stücke seynd der Mensch: der Leib aber ist ein Thier.

Der Geist ist ein Subject (oder Unterthan) deß Gestirns; und der Leib ein Unterthan deß Geistes: Also regiert das Gestirn den Menschen / im Geist; und der Geist deß Menschen regiert den Leib / in seinem Blut [730] und Fleisch. Dieser Geist ist tödtlich (oder sterblich) in dem / daß er nicht die Seel ist. Denn ein anders ist die Seel. Denn die Seel ist ein andres / und über die Natur: von welcher Seelen ich hie nicht rede; sondern allein /von dem / das in Adam geschaffen. Dieses trifft allein die Natur an / nemlich Blut und Fleisch / und derselben Geist. Darum wer nicht neugeborn wird / der stirbt: der Geist mag ihn nicht erhalten: sondern er kommt in den Tod: Also ist eine Vereinigung / mit dem Gestirn / und dem Menschen / mit den Elementen und den Menschen: und ist allda eine einige Verbündniß / zwischen welcher keine Theilung / oder Scheidung / gefunden werden mag. Aber das mag seyn: die Seele scheidet sich davon / (nemlich im Tode) verlässt dasjenige / was aus der Machina mundi geboren ist / und nimt an sich das Ewige. 3

Diese Rede eröffnet uns den rechten Sinn Theophrasti, von dem / was er deß Menschen Geist nennet / und in der ob-erzehlten Beschreibung edler / als die Seele selbsten / ausrusst; in dieser aber weit unter dieselbe setzt / indem er ihn / für sterblich / darinn erklährt: Zugleich vernehmen wir auch daraus / daß er solchen Geist / von dem Gestirn / herab holet / und denselben / wiewol gantz unvernünfftig / deß Menschen Vernunfft / Sinn / und Weisheit nennet. Von welchem er auch / [731] nicht lang hernach / fabulirt / daß dieser astralische Menschen-Geist (der ihm allein der Mensch / und hingegen der Leib ein Thier ist) eben so wol / in dem Firmaments-Gestirn / würcke / als wie selbiges hohe Gestirn / in ihm.

Wie übel / und ungereimt auch dieses geredt sey /daß der menschliche Geist ein Unterthan deß Gestirns sey (nemlich ein solcher Geist / der deß Menschen Weisheit und Vernunfft seyn soll) gleichwie der Leib dem Geist unterworffen; bedarff keiner Erörterung / bey denen / welchen der Spruch bekandt ist:


Astra regunt homines, Sapiens dominabitur astris:

Der Stern regiert den Mann / er rührt ihm das Gehirn:
Wer aber witzig ist / herrscht über das Gestirn.

Das Gestirn kann dem Menschen seine Geister subtilisiren und schärffen; mit nichten aber ihm die Weisheit und Vernunfft selbsten mittheilen: welches keine Kräffte deß Gestirns / sondern der Seelen / sind.

Denn Theophrastus versteht dennoch gleichwol /durch solchen Stern-Geist deß Menschen / anders nichts / als den Spiritum vitalem, oder Lebens-Geist deß Menschen. Und eben diesen astralischen Lebens-Geist schätzt er / für die umgehende oder erscheinende Gestalt eines verstorbenen Menschens /welche wir ein Todten-Gespenst zu nennen pflegen. Angeblickt / solches / [732] unter vielen andren Sachen /aus dieser seiner aberglaubischen und wahnwitzigen Lehre von der Nigromantia erscheint. Wodurch er die Todten-Weissagung oder Wissenschafft / mit den Geistern der Verstorbenen / umzugehen / versteht /und dafür Necromantiam hette setzen sollen. Man höre doch nur / wie gottlos / und verteufelt / solcher sein Bericht lautet.

Damit ihr (spricht er) Nigromantiam, und Nigromanticum (die Schwartze Kunst / und den Schwartzkünstler) recht verstehet; so mercket /daß Nigromantia ausgetheilt wird in fünfferley Species. Welcher solche fünff Species kann / und weiß / der kann die Nigromantiam (oder Schwartze Kunst) und ist ein Nigromanticus: und ist diese Schwartze Kunst (oder Todten-Wahrsagerey) das andre Glied der Astronomiæ 4 oder Stern-Kunst.

Das erste Fundament solches astronomischen Gliedes ist dieses: Nach dem Tode deß Menschen / wann das Ewige / und das Sterbliche / voneinander geschieden sind; so NB. hinterbleiben zween sterbliche Geister auf Erden / die der Mensch hinter sich lässt; nemlich der elementarische /[733] und siderische. Jetzt folgt / auf das / die Erkenntniß der ersten Species. Wer solche zween Geister erkennet / was sie seyen / und ihre Eigenschafft /Wesen / und Art / weiß; derselbe kann die erste Gattung der Nigromantiæ etc. Wer also die Geister eines verstorbenen Menschen erkennt / in solcher Gestalt / wie gemeldt; der ist vollkommen /in der ersten Specie: und heisst / mit ihrem rechten Namen / Cognitio Mortalium, die Erkenntniß der Sterblichen.

Um die zweyte Speciem, ist es also beschaffen. Wer / mit solchen Mortalibus Spiritibus, schaffen /handeln / und gebieten kann / daß sie sein Geschäffte vollbringen / der kann die andre Speciem Nigromantiæ. Welches / nach dieser Gleicheit / zu verstehen / als wann ein Herr / mit seinem Knechte / schafft und gebeut / daß er diß oder jenes thun muß. Was also / in solcher Gestalt / einem Diener zu thun möglich ist / das ist auch möglich /durch den (vom Leibe) verlassenen Geist / zu thun: jedoch aber also / daß man sie lasse Diener seyn / und nicht Herren; auch dabey betrachte /weß Sinnes er (nemlich der Geist) lebendig (das ist /da der Mensch noch lebte) gewesen sey: und diese Species heisst / mit ihrem rechten Namen / Tortura Noctis.

Mercket weiter / von der dritten: daß solche schwebende Geister / in vielerley Art und Wege /vom Gestirn / geborn werden / und schwebend ins Chaos verwerden / und sterben. Das ist: Sie werden geboren / und [734] durch den Tod wieder verzehrt; andre wieder geboren / und auch wiederum verzehrt; Wie wir Menschen / auf Erden /Einer wird / der Andre stirbt. Wer nun dieselbe (Geister der Verstorbenen) erkennt / wie der Artzt die Kräuter brauchen kann; der kann die dritte Speciem Nigromantiæ: und die heisst / mit ihrem rechten Namen / Meteorica Vivens.

Nun weiter / von der Vierdten / sollt ihr wissen. Welcher / in einen Menschen / greiffen kann / ohn desselben Verletzung / das ist / ohn Eröffnung; zu gleicher Weise / als wie Einer / in ein Wasser greiffend / einen Fisch heraus nimt / und doch das Wasser kein Loch gewinnt: oder wie Einer was ins Wasser hinein legt / welches doch darüber kein Loch empfähet: derselbige kann die vierdte Speciem Nigromantiæ. Das ist / er mag in einen Leib greiffen / und etwas / im greiffen / heraus nehmen / auch etwas hinein legen. 5 Dieser ihr eigendlicher Nam heisst Clausura Nigromatica.

Also mercket / zum Fünfften: Wer da kann und weiß / einen sichtbaren Leib unsichtbar zu ma chen / und denselben zu verdecken. Zu gleicher Weise / als wie die Nacht / mit ihrer Finsterniß /den Menschen unsichtbar macht; oder / als wann Einer / [735] mit einer Wand / verdeckt würde; oder dergleichen: der kann die fünffte Speciem Nigromantiæ: welche / mit ihrem rechten Namen Obcœcatio nigromantica heisst. Wie die Natur und Kunst / durch ein solches erwehntes Mittel / einen sichtbarn kann unsichtbar machen: also vermag diese fünffte Species Nigromantiæ einen sichtbaren Leib / mit einem unsichtbaren / zu verdecken.

Solcher Gestalt nun machen die fünff Species einen gantzen Nigromanticum, und handlen durch die natürliche Kräffte. Und wiewol sie dem kleinerm Licht der Natur verborgen; seynd sie doch dem grössern Licht der Natur offenbar. 6

Gleicher Meynung / setzt er auch / unweit hernach /in einer andren Erklährung der gantzen Astronomiæ, die Krystall-Schau / und Spiritus astrales, zuder Nigromantia, und titulirt beyde eine Kunst. Von den astralischen Geistern aber / schreibt er insonderheit: Diese Species der Nigromantiæ lehret / mit den siderischen Geistern / handeln / so sie vom Leibe geschieden werden; also / daß sie müssen /wie ein Knecht / dem Menschen dienen. 7

Wer sonst Theophrastum nicht kennt; der / meyne ich / kann / aus solchen seinen Reden / leicht ergreiffen / was für ein saubrer Geist ihm / bey [736] dergleichen Philosophirung / die Feder geführt Unterdessen haben wir hieraus gnugsam verstanden / daß er den astralischen Geist / für den Lebens-Geist deß Verstorbenen halte.

An einem andren Ort / nennet er diese beyde Geister / nemlich den astralischen und elementarischen /nur Körper / und hat doch / im Vorhergehenden / gesagt / ein Necromanticus könne solche einen Stern-Geist commandiren / wie einen Diener oder Knecht /den er nicht müsse herrschen lassen. Welches ja dem Körper einen Verstand zueignet: (wie er dann vorhin auch dem siderischen Geist / Sinn und Vernunfft zugeschrieben.

Diesen Stern-Geist / oder Stern-Körper / giebt er aus / für die Gespenster; nach Ausweisung dieser seiner eignen Worte:

Spectrum (oder Gespenst) seynd die Gesichte /so die astralische Körper / von einem gestorbenen Menschen / geben. Denn der Mensch hat zween Körper: einen von den Elementen; den andren /vom Firmament. Der vom Element stirbt / und fault in der Erden: und ist derjenige / welcher vergraben wird. Der andre schwebt in Lüfften etc. und auff Erden etc. Wo nun solche æthe rische Körper eines verstorbenen Menschens gesehn werden; da ist ein Spectrum. Dieselbige / fliehen / vor den roten Korallen; zu den braunen / nahen sie sich. 8

[737] Daß bißweilen / aus den Gräbern / ein Dunst herauff steige / welcher von Manchen / bey Nachtzeit /für ein Gespenst werde angesehn / kann man wol zugeben: aber / was Theophrastus will / ist ein Andres.

Mir geht nicht eben so ungern ein / was Licetus, und theils andre gelehrte Naturkündiger urtheilen /daß solche / von den Gräbern auffahrende / Dämpffe oder Dünste / eine menschliche Figur bißweilen gewinnen mögen. Wiewol dennoch Eines und Andres solches auch leicht umstossen dörffte; angemerckt /sich billig fragen liesse: Wie es möglich / daß ein solcher Dunst / der / bey deß Menschen Leben / keine menschliche Bildung gehabt / nach dem Tode deß Menschen allererst solche erlangen sollte / da die wesendliche Form / nemlich die Seele / welche in Mutterleibe / den Leib für sich zu einem bequemen Wohnhause / zurichtet und ausarbeitet / schon hinweg ist? Und warum dann nicht eben so wol solches geschehen sollte / an einer solchen Stäte / da man entweder einen verreckten Hund / oder Katze eingescharrt? (wie dann manche Leute / wann sie das Vieh lieb gehabt / solches nicht für die Raben werffen /sondern durch Jemanden / unter einen Baum im Garten einscharren lassen.) Davon man gleichwol hernach niemals / bey Nacht / einen Dampff in Hunds-oder Katzen-Gestalt / empor steigen sihet. Doch begehre ich es / wie gedacht / so hart nicht zu widersprechen.

Gleich wie ich mich eben so wenig denen allhie hart widersetze / welche vorgeben / der Lebens-Geist könne bißweilen / über dem begrabenen Leichnam /in einer Leichnams-förmigen / oder vielmehr [738] Leichnam-ähnlichen / (wiewol ohne gar eigendliche / und in behörige Glieder ausgetheilte / oder disponirte) Figur / erblickt werden. Denn daß / von dem Gestirn /gewisse leibbare Stralen hervor gehen / (wie viel hochgelehrte Natur- und Artzney-Verständige heut wollen /) und der Seelen so wol / als andren Körpern unter dem Mond / das Vermögen beydes im Leibe zu würcken / und zu bleiben / verschaffen / wird / von Etlichen / mit ziemlichen Farben / begleisset. Unter welchen / auch der hauptgelehrte D. Benjamin Broechuysius, Königlich-Englischer Medicus; welcher einen subtilen und vortrefflichen Discurs darüber /und / unter andren / diese Worte / führt:

Ex omnibus corporibus egrediuntur radii tenuiores, qui figuras rerum secum vehunt, sive potiùs extrinsecus aliis cum vehiculis aëris, similibusque illas componunt, & intra activitatis suæ sphæram obtinent; quasque in loco tenebroso ipsas mediante vitro convexō pellucido demonstrant, & docent nos, quousque subjectum planè in aliud conversum non fuerint; Spiritumque vitalem easdem functiones, ut antea, quantum possibile, perficere. Sic passim hyemali tempore variis picturis imaginibusque vitra fenestrarum congelata esse cernimus; & præterea mirum in modum Achatis lapillos varias imagines rerumque Simulachra repræsentare comperimus: unde Spiritus activitatem aliis corporibus dimissam ibidem dominium quoddam exercuisse, luculenter probamus. Sed quia organis illa corpuscula carent requisitis; [739] ideoque sensiles operationes perficere nequeunt: sed potiùs, obumbrationes quasdam dare, Spiritus ille sategit.

Quare nec obstat, quin alibi aliàs peragere non desinat: nec etiam magna obrepit contemplanti difficultas, cur circa sepulchra violentâ morte interemtorum spectra observentur. Spiritus quippe ille, necdum plenè & planè destructus ob indissolutum ejus vinculum, exhalationibus quibusdam imprægnatus, formam humanam induit; id est per poros corporis interemti transiens, & peculiarem adhuc activitatis suæ Sphæram obtinens, & postea ad aërea impingens corpuscula, ex iis non potest non formam sibi adaptare, qua cum hominis figuram quodammodo refert, repræsentatque: quia Spiritus ille vinculis corporeis nondum solutis simile operari semper intendit; ad locaque maximè sibi congrua meat, quamdiu intactus remanserit. Verùm ex dictis causa manifesta videtur, quare non longum temporis ibidem commorari possit: tum quod indesinenter à concausis aliis mutationem incurrere debeat; cum etiam quod non novum quoddam pabulum, quo alioquin reficitur, sibi acquirere possit, quia nihil per potum, & cibum, aliasque concausas porrigitur, subministraturque; unde noviter præsentiâ quâdam ad illas solitas operationes necessariò adsit; sed potiùs repagulis disruptis à corpore illo liber aliis cum vehiculis, & quidem similibus aut dissimilibus, similia vel dissimilia perficit, modò subjecto [740] debito requisitisque instrumentis polleat organicis. 9

Es ist zwar / in diesem Discurs / kein einiger Noth-fester Beweis. Sintemal weder die zu Winterszeiten sich / an den gefrornen Fenstern / ereignete Manchfaltigkeit der Figuren / noch die mancherley Bildnissen auff den Marmel-Steinen / welche vielmehr der / überall / auch so gar tieff in dem Busen der Erden / wunderlichspielende Natur / als dem Lebens- oder Stern-Geist / zu zuschreiben / uns gnugsam / zu diesem Schluß verbinden kann / daß ein / um die Gräber erscheinendes / Gespenst eines erschlagenen / und allda begrabenen Menschens Lebens-Geist sey.

Die Figuren / an den befrornen Fenstern / seynd niemals einem Thier / oder Menschen / vollkömmlich / oder durchaus gleich / und entstehen / zufälliger Weise / aus unterschiedlicher Disponirung der Feuchtigkeit / womit die Fenster-Gläser uberzogen werden /wie auch zugleich durch unterschiedlichen Ansatz der Kälte / welche einen Theil deß Glases stärcker oder schwächer / angreifft / als den andren / und also an einem Eck / oder Ort / den am Fenster hafftenden feuchten Nebel / oder Dunst / (der eben wol nicht überall / gleiche Dicken hat) mehr zusammen- oder einzeucht / oder / nachdem er gefroren / von ander reisst / oder dehnet / weder am andren. Welches dann / nothwendig mancherley Figuren nachaffen und etlicher Massen vorbilden muß: Wiewol der grösseste Aff dabey / in deß Menschen Phantasey / steckt / [741] der ihm selbsten alsdann / bald diß / bald jenes / dabey ein- und vorbildet: allerdings / wie man / an dem Gewölck / sich allerley Thiere einbilden kann; da doch kein herum schweiffender Lebens-Geist / sondern die ungefähre Zusammenstoss- oder Fügung der Theile deß Gewölcks / Anlaß giebt / daß der Anschauer die Figuren sothaner Wolcken-Striche / oder Züge / mit gewissen Sachen kann vergleichen.

Und warum sollte nicht eben so wol der / von dem Begrabenen auffsteigende subtilste Leibs-Dunst /durch eben dergleichen Gründe / die dieser Author führt / für einen Stiffter solcher erscheinenden Gestalt / oder Figur / sich auffwerffen oder ausgeben können?

Noch lieber würde ich / mit dem Doctor David von der Becke, solche Erscheinung eines begrabenen Leichnams ob dem Grabe denen / annoch unausgeleschten / Ideis deß menschlichen Leibes zuschreiben. Durch welche Ideas er aber keinen blossen Entwurff oder Vorbildung in Gedancken / verstehet; sondern solche Signaturen / welche würcklich / auch ausserhalb unsers Gedanckens / in dem Saamen eines Körpers stecken. Ja er nimt sie auch / für den Saamen selbst / also / daß ihm Idea, semen, und forma, einerley seyen. (Wiewol hie kein semen prolificum, sondern bloß eines jedweden Dinges innerliches würckliches und erstes Grundwesen / und Urkrafft ein Gleiches zu erzeugen / gemeynt wird).

Durch diese Ideas geschicht es / seiner Meynung nach / daß die Enten / weil sie offt von Schlangen fressen / nach ihrer Ersterb- und Fäulung [742] / bey Sommers-zeiten / in Schlangen sich auflösen / oder deutlicher zu schreiben / daß / aus ihrem faulendem Fleisch / Schlangen erwachsen. Denn solche Ideæ, oder Semina, ob sie gleich / durch den Tod ihres Körpers /darinn sie bishero gewohnt / ihrer Fruchtbarkeit beraubt / und unfruchtbar worden / seynd darum dennoch nicht gäntzlich alsdann ausgerottet; sondern bleiben in den todten Körpern noch übrig / und werden auch / in den Leichnamen verstorbener Leute / allerdings gewisse Zeichen sothaner Idearum verspührt.

In dem gedistillirten Menschen-Blut / hat man jemaln mancherley Ideas der Theile menschliches Leibs in acht genommen. Welches den Borellum bewogen zu sagen / man könnte / in denen Ideis, durch eine erlaubte Necromantiam, den Vater / Großvater / und die gantze Stamm-Reihe / ja so gar die alte Römer /Hebræer / und wen man wolle / als wie gleichsam in einem Auferstehungs-Schatten / wiederum ans Licht bringen / in ihrer recht eigendlichen Gestalt; so man nur die Asche (oder Staub) und Gebeine derselben aufhübe.

Diesem stimmt auch der von der Becke bey / vermeynend / es stehe solches / in der Natur Gewalt / so tieff gegründet und gewurtzelt / daß kein Zweifel daran möge hafften.

Worauff er dann weiter diese Folgerey macht:Wann die seminales Ideæ (oder saamhaffte Signatu ren und Urzeichnungen) der unvernünfftigen Thiere / ob sie gleich andern mächtigern Formis oder Bildungs- [743] und Gestalt-Kräfften) unterwürffig worden / dennoch unvertrieben bleiben und beharren: Wie sollten denn die Ideæ deß menschlichen Leibes / nachdem sie / von dem bewegendem Geist verlassen worden / gleichwol auch nicht annoch / in dem Leichnam / vollkömmlich ruckständig verbleiben?

Er setzt vor- und hernach / noch unterschiedliche Beyspiele mehr / daran man solches möge erkennen: Unter welchen insonderheit dieses mercklich ist / daß die Aegypter / und die Bewohner der Insul Madagascar, viel Heuschrecken fressen / und nachmals wann sie verbleichen / aus ihren todten und faulenden Leichnamen / hingegen wiederum Heuschrecken erwachsen.

Woher / fragt er / kommt solches? wird mans hie nicht willig müssen geben / daß derer gefressenen /und von denen Ideis seminalibus humanis (denn ich will dieses um so viel lieber / als deutlicher / Lateinisch setzen) in die Substantz deß Menschen-Fleisches verwandelten / Heuschrecken Ideæ. (Ur-Bildungs-Kräffte / oder Bildungs-Sämlein) auch allerdings durch so vielerley Digestionen und Verdauungen nicht gäntzlich ausgetilgt seyn / sondern annoch völlig / ob gleich unterm Joch der sämlicher Ideen eines Menschens / in ihrem Stande verblieben.

Um deß willen / verwirfft er auch die Meynung derer / welche setzen / es können Frösche / durch einen warmen Sonnen-Schein / ohn einigen vorverhandenen Saamen oder Ideâ, aus dem blossen Leimen / formirt werden; welcher Meynung [744] viel Gelehrte seynd: dahergegen / Er der Author / urtheilet / es sey noch niemals ein Frosch / aus blossem Leimen / durch die Sonnen-Wärme / hervor gebracht. Denn was sollte / spricht er / im Leimen / für eine Geschicklichkeit oder Möglichkeit zur Erzeugung eines Frosches wohnen / und zwar mehr zur Hervorbrin gung dieses / als eines andren Thiers? Sondern /wann sichs jemals begeben / daß die / auff den Leimen fallende / Sonnenstrahlen einen Frosch daraus gebrütet; so müssen absonderliche u. eigendliche Ideæ ranarum formatrices (das ist Bildungs-Kräffte) in dem Leimen / verborgen gewest seyn / welche aus zertretenen / oder gequerschten / und verfaulten / nachmals mit dem Leimen vermischten / Fröschen entstanden.

Letztlich kommt er auch / auff die Gestalten / welche / bey Nachtzeiten / bisweilen / auff den Begräbnissen / gesehn werden / und schliesst / aus vorher erwehnten Ursachen / daß dieselbe nicht allemal / für Teufel Gespenster / zu achten / auch nicht für Erscheinungen guter Engel; weil es bißweilen / natürlich geschehen könne / daß deß verstorbenen Körpers Ideæ, vermittelst einer centralischen Wärme / erhaben werden: welche man nicht allein bey nächtlicher Zeit /sondern auch bey Tage / allda sehen würde / wann es das viel stärckere und grössere Sonnen-Liecht verstattete / vor welchem eben so wol die Sterne / am Tage /unsichtbar seyn müssen.

Jedoch will Er gleichwol auch nicht leugnen / daß unterweilen der Satan solche Gestalten / und [745] Phantaseyen erwecke / um / bey leichtgläubigen Leuten / den Aberglauben zu vermehren / und sie in sein betriegliches Netz zu führen: Denn es könne / so GOtt es zu lässt / geschehen / daß der Teufel / welcher sonst / als ein Geist / leiblichen Augen unsichtbar ist / die sämliche Ideas oder Bildungs-Zeichen deß todten Körpers anziehe / und damit eine gewisse Person / als den Samuel / oder einen Andren / dessen Ideas er angezogen / vorstellig mache. 10

Es dörfften zwar dieser Meynung gleichfalls / nicht geringe Anstösse und Einwürffe begegnen. Denn es könnte kräfftig verneinet werden / die Beharrlichkeit derer Idearum / welche allbereit der Gewalt eine andren Form oder seminalischen Ideæ unterthänig worden / bevorab / wann dieselbe würcklich allbereit sich / in eines andren Körpers Fleisch und Blut verwandelt haben. Welche Verwandlung schwerlich ohne vorhergehende Corruption deß Verwandelten / geschehen kann. Dahero alsdann auch / samt der verwandelten Materi deß verzehrten / verdauten / und theils in menschlich Fleisch und Blut verwandelten Thier-Körpers / nothwendig auch die Signaturen solcher Materi mit corrumpirt / und die vormalige Geschicklichkeit oder natürliches Geschick zur Hervorbringung eines neuen Körpers / der ihres Geschlechts oder Gattung sey / in ihnen sich verlieren / auffhören / oder auffs wenigste aller Krafftloß werden muß.

[746] Wer nicht glauben kann / daß die Sonne / aus dem blossen Leimen / Frösche erwecken könne / ohn vorher darinn befindlichen Idealischen Saamen / der gehe hin zum Nil-Strom: da wird er / nach dessen Abflut /allerley / unter dem Wasser / Zeit währender Flut / erzeugtes Ungeziefer erblicken / und unter andren Mäuse / so halben Theils gebildet / halb aber noch ungebildet seynd: Welche / aus keinen seminalischen Mäus-Ideis bürtig seyn können; sondern aus dem Nil-Leimen. Denn die Mäuse hecken nicht / unterm Wasser / Jungen. Will man aber sagen / solche halb-geformirte Mäuse seyen / aus denen / bey der gähen Uberschwemmung deß Landes ersoffenen und unterm Wasser verfaulten Mäusen / erboren: so frage ich /warum dann der halbe Theil solcher Mäuse nur gebildet / die andre Helffte aber annoch ein purer Leimen /und nicht vielmehr auch eine Mausähnliche fleischichte / ob gleich annoch ungebildte / Materi ist? Er gehe hin / zu den Blumen / und Blätern: die können ihn lehren / daß ohn zuvor vorhandenen idealischen Saamen der Sommer-Vögel oder Zwiefalter / und Raupen / solches Geziefer / aus Blumen und Laub erwachsen können.

Aus Raupen / werden Spinnen / aus Würmern Mucken und Fliegen; aus dem faulenden Aas eines verreckten Rind-Viehes / oder Pferdes gleichfalls Fliegen / und Bienen; aus dem (mit Erlaubniß zu schreiben) Roß- oder Küh-Mist / Kefer: da doch das Würmlein keine Mucken / der Ochs / und das Pferd auch weder Fliegen / noch Bienen frisst / noch einige idealische Signatur [747] der Bienen oder Fliegen / in seinem Fleisch hat / so lang er noch lebendig ist.

Derhalben erscheinet / aus dem / daß / aus den faulenden Leichnamen der Egypter Heuschrecken erwachsen / nicht gleich eine nothwendige Folge / daß die Signatur derer gefressenen Heuschrecken solche Bruten formire: weil das Aas eines Ochsens dennoch Bienen und Fliegen zeuget / ob der Ochs gleich niemals Bienen / oder Mücken / verschlungen.

Wie mir nun solches gar schwer eingehet / daß die seminalische Signatur / welche einer andren unterwürffig worden / nicht aufgelöset werden könne; und deß Borelli Vorgeben / von natürlicher Vorstellung der Gestalt und Bildung der Vorfahren / gar seltsam lautet: also scheinet hingegen dieses so gar ungestalt noch ungereimt nicht / daß die von ihrem selbsteigenem todten Leichnam empor steigende sämlicheIdeæ, oder Signaturen / einige Menschen- oder vielmehr Leibähnliche Gestalt / bey Nacht / formiren könnten.

Doch glaub' ich nicht / daß solche Gestalten so articulirt oder begliedert erscheinen könnten / wie manches Gespenst / bey den Gräbern / erblickt wird: sintemal zu solcher völligen Bildung / die Signatur /oder Idea, allein nicht gnugsam bekräfftet ist. Aus den hinterstelligen Signaturen oder seminalischenIdeis der ruinirten Leiber / macht die Natur keine so vollkommene Gestalten mehr; sondern / nach und nach / schlechtere. Als / zum Exempel / aus dem Aas-Fleisch / ein fliegendes Geziefer / oder Maden / [748] und dergleichen. Und wann die / in einem todten Leichnam annoch verborgene / Ideæ die rechte Form oder Gestalt eines Corporis organici oder begliederten Leibes uns / bey Nacht / fürmahlen könnten: so müssten die / im verrecktem Aas eines Hunds oder Viehes /solches gleichfalls thun: Welches doch bishero noch /von keiner Erfahrung / bezeuget worden.

Das Exempel der Aegypter / und Enten / treibt oder zwingt mich nicht / zur Erkennung einer begliederten Gestalt aus denen / im Leichnam hinterbliebenen /Ideis. Denn erstlich erzeugt die Natur / viel leichter und williger / Schlangen / Drachen / Eidexen / und allerley gifftiges Ungeziefer / weder einen Menschen: bringt jene / aus allerley Corruptionen / oder Fäulungen / offt hervor / ohne Paarung und Vermischung deß Männ- und Weibleins / wie die Naturforscher beglauben; diesen aber nicht. Mylius schreibt / daß / aus zwey grünen Rasen / so man dieselbe dergestalt übereinander legt / daß sie / mit ihrem Grase / aufeinander schliessen / und hernach solche / also übereinander gelegte / Rasen ans Ufer eines Wasser-Teichs hinlegt / alsdann viel kleine Aele / aus solchen Rasen / erwachsen sollen. Sollte aber dieses eine Ungewißheit /und müssige Speculation seyn: so ist doch gewiß /daß man / auff gewisse Art / aus gepulverisirten Aalen / Schlangen / und zerstossenen Schnecken / lebendig-junge Aaale / Schlangen / und Schnecken / natürlich wieder hervor bringen könne.

Aus einem verstorbenem menschlichem Leichnam aber / wird man nimmermehr einen lebendigen [749] wieder hervor bringen / sondern / in solcher Kunst / allein GOtt den Herrn / für den einigen Meister / erkennen müssen.

Diesem nach könnten / aus denen faulenden Aegyptischen Körpern (imfall sonst nur die Erzehlung nicht / in einem blossen Gerücht / ausser gründlicher Gewißheit / beruhet; angemerckt / der Author das Wortfertur Man sagts / dazu setzet) die / in selbigem Lande häuffigst befindliche / Heuschrecken / welche /von den Einwohnern / gerostet / und also gessen werden / gar wol Heuschrecken erwachsen; ob gleich der gestorbene Aegypter / in seinem Leben / nie keine Heuschrecken versucht hette: Denn die Sonnen-Wärme / und in Aegypten unbeständige / mehrentheils warm-feuchte Lufft kann solches / auch wol ohne Speisung und Geniessung vieler Heuschrecken /auswircken.

Gleicher Massen / zweifle ich nicht / daß eben so wol / aus einer todten und faulenden Enten / wann das stinckende Fleisch derselben / an einem dazu bequemen Ort / und in einer darzu getemperirten Lufft; läge / gewisse Schlänglein / von der Sonnen / ausgebrütet werden dörfften; ob dieselbe gleich von keinen Schlangen was gefressen hette. Denn wann solches schon nicht alle Mal geschicht daß ein faulendes Fleisch der todten Enten / Schlangen gebiert: so folgt darum noch nicht / daß es niemals geschehen könne. Die Lufft ist nicht alle Mal geschickt / Schlangen zu zeugen: doch weiß man Exempel / daß sie jemaln auch Würmer / Schlangen / Mäuse / Hamster (sonderlich in Norwegen) und Frösche / herab geworffen.

[750] Im Jahr 1348 / fielen / in dem obern Asien / und im Reich Cathay, unglaublich-viel Würmer / und kleine Schlangen / aus der Lufft / herunter; durch welcher Gestanck das gantze Land vergifftet / und mit einer grimmigen Pestilentz angesteckt ward / die gantz Asien durchwütete / und gewaltig verheerte; auch Aegypten / Africam / Griechenland / und Italien angriff; hernach / gleichfalls in Franckreich / Spannien /England / Teutschland / Polen / und andren Nord-Ländern / ihren Gifft ausbreitete / und dieselbe häuffigst begräberte. 11

Daß aber damals / in selbiger Lufft / sollten dieIdeæ solcher Ungeziefer vorher sich befunden haben (nemlich die Signaturen verreckter Schlangen und Würmer) wird keine gesunde Vernunfft gläuben: sondern die Natur hat sie / durch GOttes sonderbares Straff-Geschick / aus allerley gifftigem Dunst / in der Lufft gebildet / und vermutlich eine gewisse Conjunction deß Gestirns auch einen Einfluß dazu verliehen.

Kann nun die / mit schädlichen Dünsten geschwängerte / Lufft / Schlangen / und andres Ungeziefer / gebären: wie sollte dann nicht auch der faulende Menschen-Körper Heuschrecken generiren können / (in einem Climate / das / zur Ausbrütung solches Ungeziefers / sehr geneigt ist /) ohne daß derselbige Mensch / bey Lebens-Zeit / einige Heuschrecken verzehrt hette? Oder aus verwesenden todten Enten keine Schlangen erwachsen können / es hette dann vorher die Ente Schlangen gefressen?

[751] Hernach / und fürs Andre / so hat die Erfahrung dasselbe vergewissert / was Manche für ein Geticht gehalten / daß aus dem Fleisch eines begrabenen Menschens / nicht allein Schlangen / sondern auch Kröten / bißweilen geborn werden können. So dann solches / ohne vorhergefressene Schlangen / geschehen kann: wie sollten dann nicht / aus der Fäulung deß Aegyptischen verwesenden Menschen-Fleisches /auch ohne vorher gefressene Heuschrecken / die Heuschrecken generirt werden können? Kann ich also / in denen vorgelegten Exempeln / keine Verbindlichkeit ersehen / die mich bemüssigte / zu gläuben / daß /solche seminales Ideæ, welche allbereit / unter der Herrschafft eines neuen Subjects (oder Leibes) ligen /und ihren vorigen selbst-eigenen schon verlohrn haben / einige Krafft mehr besitzen / aus einem fremden Körper / der sie gleichsam in gewaltsamen Arrest gefangen hält / eine solche Würckung zu thun / daß sie die Gestalt ihres vormaligen eigenen Körpers /auch nur der blossen äusserlichen Figur nach / geschweige dann organicè, das ist / mit Vorstellung der Gliedmassen / sollten ausbilden können.

Unterdessen scheinet gleichwol dieses nicht unvermutlich / daß / so lange die seminales Ideæ, in ihrem selbst-eigenem Körper / noch seßhafft / und von demselben annoch nicht verdrungen seynd / sie wol jemaln über dem Grabe ihres eingescharrten Leibes /die Figur / oder den Schatten eines Leichnam-ähnlichen / Körpers / wiewol ohne deutliche und gar kenntliche / oder richtig- und genau-ebene Vorbildung der Glieder / überhaupt / und allein einer gewissen Statur nach / presentiren könne: [752] ob schon solche Schatten-Statur bald grösser / bald kleiner erscheinen könnte /als der Körper selbst / in seinem Leben / gewest: Denn solches wird in etwas wahrscheinlich gemacht /durch die künstliche Wiedergeburt der Pflantzen / aus ihrer Aschen / oder Staube. Und darum habe ich oben erwehnt / daß mir diese Meynung fast williger einginge / weder die Erscheinung deß Spiritus vitalis über der Grabstäte: In Betrachtung / daß der Lebens-Geist / schwerlich mehr sich / in dem todten Leichnam /lasse beherbergen / nachdem er / als das Band / welches Leib und Seele mit einander verbindt / sich abgelöset von seinem natürlichem Sitz-Sintemal das lebhaffte / zu dem Erstorbenem kein Verlangen mehr trägt / und also schwerlich der Lebens-Geist / im Leibe / der nunmehr dem Tode gantz unterworffen ligt / sich nicht gern übrig lange auffhalten / noch so lange beharren wird / biß solcher todter Leichnam gäntzlich verweset / und in eine andre Substantz /nemlich in Wurm und Staub / verkehret worden.

Ich halte zwar die Erscheinung eines Körper-Schattens über den Gräbern / wann dieselbe nicht unnatürlich / noch ein Gespenst ist / für nichts anders / als für einen gewissen / von den Begrabenen heraufffahrenden / Schwefel-Dunst: welcher / woferrn ihm einigeIdeæ oder sämliche Signaturen / einvermischt seynd /vielleicht wol eine / doch unbegliederte Gestalt deß Leichnams ausbilden mag: Gesetzt aber / es sey entweder der Spiritus astralis, (der siderische Lebens-Geist) oder die Idea seminalis; wie ich dann mich oben erklährt habe / daß ich / weder das Eine / noch das Andre [753] gar zu hart widersprechen wolle: so hat es doch / mit dem astralischen Menschen-Geist Theophrasti / eine viel andre Gelegenheit. Denn er schräncket denselben so nicht ein / um die Begräbniß / und um den begrabenen Körper; wie der Doctor Broechhuysius seinen Spiritum vitalem, und der Doctor von der Becke / seine seminales Ideas; sondern lässt ihn bald in freyer Lufft / bald auff Erden herum flattern /bald in die Häuser spatziren / allda den Leuten zu erscheinen / zu poltern / klopffen / und werffen.

Wie Er aber / an vorhin angezogenen Stellen / diesen astralischen Geist / oder spiritualischen Körper /für sterb- und verzehrlich angiebt; also preiset er ihn gegentheils / in seiner Schrifft / von der Scheidung natürlicher Dinge / unverweßlich. Wie aber die Unverweßlichkeit / mit der Verzehr- und Sterblichkeit /sich vergleiche / kann ich nicht begreiffen. Wir werden abermal am besten solches / von ihm selbsten /aus seiner eignen Feder / vernehmen: Welche also / in gedachter Schrifft / davon redet.

Die Erste Separation (oder Absondrung) gebührt uns / von dem Menschen anzufahen: weil er die kleine Welt ist / und die grosse seiner wegen geschaffen worden / daß er soll derselben Separator seyn. Die Scheidung aber der kleinen Welt gehet erst an / im Tode. Denn im Tode deß Menschen /scheiden sich zween Leiber von einander; der himmlische / und irdische: das ist / der Sacramentalisch- und Elementarisch. Der eine fährt über sich / wie die Adler: [754] der Andre fällt unter sich / zur Erden / wie Bley.

Der Elementarische verweset / wird ein faules cadaver, in die Erde vergraben / und nicht mehr gesehn. Der sacramentalische / das ist / der himmlische und syde rische / verweset nicht / wird nicht vergraben / und besitzet keine Stäte. Derselbige Leib erscheint dem Menschen / und wir /nach dem Tode / gesehn. Von selbigem kommen her (NB.) die Spectra, die Visiones, und übernatürliche Gesichte. Daher hat die Cabalistische Kunst ihren Ursprung genommen / bey den alten Magis etc. Nach dieser Scheidung / scheiden sich auch / in Tode deß Menschen / die drey Substantzen voneinander / Leib / Seel und Geist / ein jedes von dem andren / an seinen Ort / in die Arch 12 (in den Anfang) daraus er ursprünglich herkommen: Der Leib / in die Erden / wiederum zu der prima materia Elementorum) zu dem Ur-Stoff der Elementen / oder Urwesen aller materialischen Dinge: die Seele / zu der prima materia Sacramentorum: Der Geist wiederum / zu der prima materia, deß lüfftigen Chaos. 13

[755] Diesen Theophrastischen Satz hat vermutlich vorhin ruhmermeldter Medicin-Doctor / zu seinen angezogenen beyden Exempeln / appliciren / und / als einParadoxon, oder ungewöhnliche Meynung / denen /die auf ungemeine Meynungen erhitzt sind / oder dieselbe gern erörtern / gleichsam zum Ziel oder Spiel setzen wollen. Und solche Vermutung bescheinigen mir diese seine / unter andren / hiebey gebrauchte Worte dubium esse videbitur, Es will / allem An sehn nach / bezweifelt werden. Wann und woferrn er nun also / ex mente Theophrasti, (nach dem SinnTheophrasti) hievon geschrieben: so hat man nicht ihm / sondern dem Theophrasto, dessen Satz er / der gelehrten Welt zur Betrachtung / aufgestellt / das /was man dawider hat / entgegen zu stellen.

Sonst ist nicht ohn / daß manche Andre / durch das Ansehn Theophrasti, bewogen worden / dieser ungegründeten Lehre desselben ernstlich beyzupflichten; nemlich daß die Erscheinung deß Verstorbenen nichts anders / als dessen gewesener astralischer Lebens-Geist sey. Darunter auch Comenius, und der so genannte Philosophus Teutonicus, Jacob Böhm / begriffen. Welcher letzter aber den Leuten weiß machen oder einbilden wollen / als ob ihm diese Erkenntniß vom Himmel / und vom Heiligen Geist / geoffenbart wäre: da doch / in den meisten Stücken / Theophrastus sein heiliger Geist gewesen: wie derjenige / welcher Beyde gelesen / leicht erkennen wird / und /neben Andren der gelehrte reformirte Theologus, Becmannus, diesen Brunnen der Böhmistischen [756] Wahn-Sätze meister- und augenscheinlich hat aufgedeckt.

Unterdessen ist nicht ohn / daß der Jacob Böhm /gleich wie manche andre / aus dem Theophrasto entliehene / Sätze / also auch diesen / ein wenig verändert / und / bey der Todten-Erscheinung nicht nur den blossen Leben-Geist / sondern auch Leib / und Seele deß Abgestorbenen / mit ins Spiel zeucht. Wovon dieses sein Sendschreiben / an einen Edelmann / der ihn /um die Ursache eines gleichsam threnenden Leich-Steins / muß gefragt haben / den klaren Augenschein giebt / und dieses wortlichen Lauts ist.


An H.V.S.

Vom 1. Januarii / 1622.

Die Frage anlangend; ist dieselbe tunckel im Verstande / und dürffte einen Joseph / der es erklährte: 14 Dann es ist ein magi sch Ding / und fast wunderlich / darauf gar übel zu antworten ist /dann es gehet aus der Magia.

2. Jedoch E. Gestr. mein Bedencken darüber zu eröffnen / nicht / daß ich darüber wollte schliessen / und Urtheil fällen / will ich mein Bedencken kurtz-summarisch anzeigen / und E. Gestr. und andren von GOtt [757] erleuchteten Männern / ihr Bedencken auch lassen. Hette mir es aber GOtt gegeben zu prüfen / das stelle ich zu E.G. Judicio, welche die Gelegenheit der bewussten Person mehr weiß / als ich / dann alle Dinge gehen nach der Zeit / Maß und Ziel desselben Dinges.

3. Ein harter grober Mauer-Stein hat kein Leben / das beweglich wäre / dann das elementische vegetabili sche Leben stehet darinn stille / und ist mit der ersten Impressi on eingeschlossen /aber nicht dergestalt / daß es ein Nichts sey. Es ist kein Ding in dieser Welt / da nicht das elementische / so wol als das siderische Regiment innen läge / aber in einem mehr beweglich und würckende / als im andren / und können doch auch nicht sagen / daß die vier Elementen samt dem Gestirne / nicht ihre Würckung täglich in allen Dingen hetten.

4. Weilen aber dieses ein harter Stein ist / so ist das Mirakel fast über den gewöhnlichen Lauff der Natur / so kann man gar nicht sagen / daß eine gewöhnliche Ursache im Steine habe / daß die Würckung deß Steins solches errege: sondern es ist eine magi sche Bewegniß von dem Geiste /dessen Bildniß in dem Steine ausgehauen / und abgemodelt worden.

5. Dann ein Stein stehet in dreyen Dingen / wie dann auch alle Wesen in diesen dreyen Dingen stehn / aber in Zweyerley eingeschlossen / als in einem geistlichen / und [758] einem leiblichen / und die drey Dinge / darinn Alles stehet / was in dieser Welt ist / das ist Sulphur, Tartarus, Mercurius; in zweyen Eigenschafften / als in einer himmlischen /und einer irdischen / gleichwie GOtt in der Zeit wohnet / und die Zeit in GOtt / und ist doch die Zeit nicht GOtt / sondern aus GOtt / als ein Bild der Ewigkeit / 15 mit welchem sich die Ewigkeit abmahlet. 16

6. Also ist auch der Mensch aus der Zeit / und auch aus der Ewigkeit / und stehet auch in drey Dingen / als in Sulphure, Mercurio, und Tartaro; in zweyen Theilen / als eines aus der Zeit / als der äussere Leib / und das andere in der Ewigkeit /als die Seele.

7. Weiln dann der Mensch / und die Zeit / so wol die Ewigkeit / in einem Regiment stehet im Menschen / so ist uns die Frage jetzt nachzusinnen: Dann der Mensch ist eine kleine Welt aus der grossen / und hat der gantzen grossen Welt Eigenschafft in sich: Also hat er auch der Erden und Steine Eigenschafft in sich. Dann GOTT sprach zu ihm / nach dem Fall: Du bist Erde /und sollst zu Erde werden / das ist Sulphur, Mercurius, und Tartarus: darinn steht Alles in dieser Welt / es sey Geistlich 17 [759] oder Leiblich / biß auf diese Seele / welche in solcher Eigenschafft nach der ewigen Natur Recht stehet; wie ich in meinen Schrifften gnug dargethan habe.

8. Wann nun der Mensch stirbt / so verleschet das äussere Liecht im äussern Sulphure mit seinem äusserlichem Feuer / darinn das elementische Leben hat gebrennet / so zerstäuber der äussere Leib / und gehet wieder in das / daraus er ist kommen / die Seele aber welche (NB.) aus der ewigen Natur ist erboren / 18 und dem Adam vom Geist GOttes eingeführet worden / die kann nicht sterben: denn sie ist nicht aus der Zeit; sondern aus der ewigen Gebährung.

9. Und so es nun ist / daß die Seele hat ihre Begierde etwan in zeitliche Dinge eingeführt / und sich damit gepresset / so hat sie desselben Dinges Eigenschafft in ihre Begierde eingepresset / (imprimirt oder eingedruckt / will er sagen) und hält es magisch / als hette sie es leiblich. Den Leib kann sie zwar nicht halten / verstehet den elementischen: aber den syderischen Leib hält sie / biß ihn das Gestirne auch verzehret.

[760] 10. Und geschicht offt / daß sich Leute lassen nach ihrem Tod sehen / in Häusern / mit ihrem eigenem Leibe / aber der Leib ist kalt / todt und erstarrt / und der Seelen Geist ziehet den nur durch den Sternen-Geist an sich / also lange / biß der Leib fauler. Es wird auch mancher Leib /vom Sternen-Geist / also sehr eingenommen /durch der Seelen Begierde / daß er langsam verweset.

11. Dann der Seelen Begierde führt den siderischen Geist darein / daß die Elementen gleich wie mit einem Stern-Leben geimpresset werden: sonderlich so die Seele noch nicht zur Ruhe kommen ist / und daß sie ihr / bey Leben deß Leibs / hat etwas zu hart eingebildet / und ist ihr der Leib indessen / ehe sie hat ihre Begierde aus dem Dinge wieder ausgeführt / abgestorben / so laufft ihr Will noch immerdar in derselben Impressi on /und wollte gern ihre Sache in Recht verwandeln /kann aber nicht / so sucht sie Ursach ihres Haltens / und wollte gern in der Ewigkeit in Ruhe seyn / aber das geimpresste Ding mit dem Stern-Geist / hat sein Treiben / biß es das Gestirn verzehrt. Vor Zeiten im Papsthum (diß seynd noch deß Böhmens Worte) ist etwas davon gehandelt worden; aber nicht mit gnugsamen Verstande.

12. So kann E. Gestr. diesem nun leicht nachsinnen / wie es zugegangen sey / daß die Leich-Steine haben Wasser geweinet: [761] Es ist nicht geschehn aus deß Steins Gewalt / sondern aus Gewalt deß Geistes / dessen der Stein ist / dessen Bildniß er ist: So ist es auch nicht aus der Seelen eignen Essentz geschehn; sondern (NB.) magi sch /durch den Stern-Geist. Das Gestirn am Seelen-Geiste hat sich in den siderischen Geist im Stein geimpresset / Alles nach Begierde der Seelen. Sie hat hiemit angedeutet / daß ihr etwas Schweres bey Lebzeiten im Gemüt gelegen / und derselbe Schwermut ist nach dem siderischen Geist in ihr gewesen. Dann Christus sprach: Wo euer Schatz ist / da ist auch euer Hertz. Item / in der Offenbarung JESU Christi stehet: Es sollen uns unsere Wercke nachfolgen.

13. Mein geliebter Herr! Allhie weiter zu richten / gebührt mir nicht. Bedenckt euch / ob nicht gemeldete Person / vor ihrem Ende / etwas schweres anligend hat in sich gehabt / ob ihr Jemand groß Unrecht gethan / oder ob die Kümmerniß um ihren Ehegemahl oder Kinder sey gewesen /woferrn sie eine heilige Person gewesen / und aber gesehen / daß die Ihrigen etwan einen bösen Weg gegangen / daß sie mögte also durch Gewalt deß siderischen Geistes / durch den Stein solche Andeutung zur Besserung haben gegeben. Bedenckt euch nur recht / mein edler Herr! Ich lasse mich beduncken / ich werde es ziemlich unter dieser obgenannten Dingen einem getroffen haben.

[762] 14. Weil ich aber die Person nie gekannt / auch nichts von ihr weiß / so stelle ich E. Gestr. das Judicium selber anheim / sie werdens besser wissen /als ich / was ihr angelegen sey gewesen. Ich schreibe allein von der Möglichkeit / wie es geschehn kann / und stelle weiter kein Urtheil.

15. Daß aber solches mögte verlacht werden /lasse ich mich nichts irren. Ich verstehe / GOtt Lob! Denn ein solches Wissen hab ich nicht (NB.) von oder durch Menschen gelernt / sondern es ist mir gegeben worden / und wollte es / mit weiterer Erklährung / genug gründen / so ich sollte von menschlicher Eigenschafft schreiben / wie ein Mensch im Leben und im Tode sey / etc. 19

Und ich lasse mich noch viel weniger dieses Menschen Geschwätz / irren oder abschrecken / zu sagen /daß ihm unmöglich diese abergläubische Fratzen /von GOtt / der ein GOtt der Warheit ist / eingegeben. Denn sein Geheim-Geist / der ihm solches eingeblasen / ist die schwärmende Feder Theophrasti: von dem er fürsetzlich stillschweigt / um desto mehr / bey leichtgläubigen Leuten / den Schein zu erhalten / als habe ihm dieses und dergleichen der hohe Geist / mit dessen Begabung er sich überall rühmt / geoffenbart. Man halte nur jetzt-angezogenen seinen Brieff gegen vor-erzehlte Reden Theophrasti: so wird Einem [763] bald unter Augen leuchten / daß / wider sein ruhmrediges Vorgeben / er dennoch dieses von einem Menschen /und zwar von einem ertz-abergläubischem / nemlich von besagtem Theophrasto, gelernt.

Der Böhm spricht / das was / mit dem Grabstein deß Edelmanns / vorgegangen / sey ein magisch Ding. Woher hat er solches / ohn von dem Theophrasto, gelernt / der / im zweyten Buch Philosophiæ sagacis, spricht: Wir sollen wissen / daß die Cœlestis Magia auch / durch die Abgestorbene / geschicht; als nemlich / daß die Monumen ten und Gräber magicas operationes, magi sche Würckungen / haben /etc. 20

Der Böhm vermutet / der Seelen der verstorbenen Frauen dörffte vielleicht groß Unrecht geschehen seyn / vor ihrem Ende. Eben dergleichen wird man / in der Schrifft Theophrasti de Animabus Hominum post mortem apparentibus, finden; nemlich daß solche Leute entweder mit Haß / oder Neid / oder Rachgier /oder sonst mit einiger Begierde / abgestorben / die /nach ihrem Tode / umgehen.

Aber hierinn weicht / so viel mir wissend / der Böhm / von seinem Lehrmeister / dem Theophrasto, ab / daß er den kalten Leichnam deß Verstorbenen dem herumwandlendem Stern / und Lebens-Geist ankleidet und zueignet; wie wir / aus seinem Sendschreiben / vernommen. Welches aber Theophrastus nicht thut; sondern den umgehenden Lebens-Geist / für den Schatten so wol [764] der Seelen / als deß Leibs / ausgiebt. Massen solches diese Theophrastische Worte ausweisen: Den Geist sihet man; aber die andren Zwey (nemlich Seele und Leib) nicht. Darum sihet er dem Leibe gleich / sihet auch der Seel gleich: dann da seynd Beyder Schatten. 21 Das ist: der Stern-Geist ist so wol der Seelen / als deß Leibes / Schatten.

Gleichwie aber Theophrastus gar ohne Vernunfft /und selbst-widersprechlich schreibt / der / nach dem Tode erscheinende / Stern- und Lebens-Geist sehe beydes der Seelen / und dem Leibe gleich / da er doch kurtz zuvor sagt / man sehe weder den Leib / noch die Seele / und dennoch nichts destoweniger die unsichtbare Seele für sichtbar dargiebt / indem er ihr den Lebens- oder Stern-Geist / so wol / als dem Leibe / in der Gestalt / vergleicht: also phantasirt der Böhm mit nicht geringerer Unvernunfft / indem er nicht erblödet / zu sagen / der Seelen Geist ziehe den kalten und erstarrten Leichnam / durch den Stern-Geist / an sich. Denn wie wird die Seele doch / vermittelst deß Stern-Geists / den begrabenen Leichnam / aus der tieffen Erden / ohn Eröffnung und Aufscharrung deß Grabes / hervor ziehen? Und wann solches an-sich ziehen nur so lange geschicht / biß der Leib faulet; so müsste /nach Verfaulung deß Leichnams / kein Gespenst mehr / in deß Verstorbenen Gestalt / erscheinen. Daß sich aber solches anders befinde / giebt die häuffige Erfahrung: denn man weiß / daß manches Gespenst / in Gestalt dessen / der schon längst verweset ist / noch[765] lange hernach erscheinet. Ist demnach dieses Manns Vorgeben / so wol / als seines Lehrmeisters und Vorgehers / Theophrasti, seines / lauter Ungrund / und dazu der heiligen Schrifft allerdings entgegen.

Was sonst / in angeführtem Sendschreiben / von der Seelen / gemeldet worden / daß sie aus der Ewigkeit geboren sey; damit ruckt er an die Grentze deß Manichœischen Irrsals. Denn die Manichœer lehreten / die Seele wäre eine Particul oder Theil GOttes.Cerdo, und Marcion, die zween Ertz-Ketzer / schwärmeten / der / von GOtt dem ersten Menschen eingeblasene / Athem wäre μέρος τι τῆς ϑείας ὀσίας, ein Stück oder Theil deß Göttlichen Wesens. 22 Dahin will auch dieser Böhmischer Spruch: angemerckt / er an unterschiedlichen Orten / und zwar gleich anfangs in der Vorrede seiner Autor / oder Morgenröte / mit ausdrücklichen Worten / setzt / der Mensch sey / aus der Göttlichen Substantz / erschaffen / und ein Theildivinæ auræ Göttlichen Wesens / der Seelen nach; aber dem Leibe nach / aus dem Gestirn / etc. habe aber / nach dem Fall / eine monströsische (oder abentheurliche) Gestalt gewonnen; und was sonst der wol redlich monströsischen Händel / in selbiger finstrenMorgenröte dieses Manns / hervorblicken. Ja / er kommt endlich so weit / daß er sich nicht scheuet / zu sprechen / GOtt habe Alles / was erschaffen ist / aus sich Selbsten / (nemlich aus seiner eigenen Substantz) erschaffen. Massen ich solches / mit vielen Sprüchen unterschiedlicher seiner Bücher / warhafftiglich belegen [766] könnte / wann es unser vorgestellter Zweck allhie zugäbe. Es sagt aber ein rechtgläubiger Christ / mit dem Augustino, anders dazu; nemlich / die Seele sey kein Theil GOttes; sondern ein Geschöpff Gottes 23 ab illo, non de illo factam, 24 von Ihm / nicht aus Ihm / gemacht.

Unterdessen mögen diejenige / welche so hertzhafft ausgeben / es sey / in den Böhmistischen Schrifften /nichts enthalten / so dem reinen Glauben / und der heiligen Schrifft / entgegen / zuschauen / wie sie / mit diesem Sendbriefe deß Böhmens / solches vergleichen. Denn derselbe begreifft allein Irrthümer gnug. Die ich aber hie nicht alle mag hervor- noch zur Erörterung ziehen. Denn wir müssen / von unsrer / Materi / nicht gar abweichen.

Was für ein Geist es seyn müsse / obs der Lebens-Geist / oder vielmehr der Todes-Geist / nemlich der Satan / der / entweder in der Gestalt deß gehenckten /oder geköpfften / oder geräderten / Ubelthäters / erschienen; kann man / aus andren Geschichten / noch deutlicher mercken.

Im Wintermonat deß Jahrs 1674 ward / aus Luxenburg / berichtet / daß daselbst ein Soldat widriger Religion / von der Garnison ausgerissen / welchen die Bauren angehalten / und wieder hinein gebracht. Als ihn nun das Kriegs-Recht zum Tode verdammte /nahm er die Römisch-Catholische Religion an / in Hoffnung / dadurch [767] durch sein Leben zu erretten: Nachdem aber die Justitz das Urtheil darum nicht ändern wollen / begehrte dieser gottlose Mensch / von seinem Cameraden / einen Brandwein / zum Valet-Trunck / wovon er gantz voll / und wie unsinnig nach dem Galgen geeilet. Da es nun an dem / daß er die Leiter hinauf steigen sollte; bat er wieder um Gnade /die aber nicht erfolgen wolte. Worauf er anfing / den angenommenen Glauben zu verfluchen / den Priester mit dem Crucifix von sich stieß / und mit dem Hencker sich dergestalt herum zerrete / daß sie beyde gantz ermüdet und blutig waren. Da sie sich nun beyderseits wol abgemattet / rieff der gottlose Mensch nochmals um Gnade; aber wieder vergebens. Darauf sagte er / mit grosser Ungestüm / zum Hencker / er sollte sein Amt schleunig und wol verrichten: Fing darauf an / die umstehende Kriegs-Officirer zu schmähen / und rieff: Ist dann alle Menschen-Hülffe verlohren / so will ich / ins Teufels Namen / auf die Leiter steigen.

Ob welcher grausamen Verzweiffelung die Umständer und Zuseher nicht unbillig erschrocken / und ihm der Priester zugeruffen / sich zur Buß zu schicken / und GOTT um Verzeihung zu bitten. Den er aber wieder von sich gestossen / und damit die Leiter hinauf gestiegen: Als er aber den Strick vermerckte; tobte er dergestalt / in der Höhe / daß er sich endlich wieder zur Erden stürtzte / der Hencker verfolgte ihn von Stund an / und brachte ihn wieder auf die Höhe / und machte ihn dergestalt fest / daß er letzlich sterben muste.

[768] In folgender Nacht / als vier Soldaten die Runde gingen; begegnete ihnen ein feuriger Geist / welcher sie nicht allein sehr erschreckte / sondern gar / mit aller Ungestüm / einen Brandwein abforderte. Als nun einer aus ihnen fragt / wer er sey? Antwortet der Geist / Weist du nicht / wer gestern gehenckt worden? Womit er verschwunden.

Vier Personen / die man hierüber zu Rede gesetzt /und examinirt / haben solches mit einem Eyde betheuret. 25

Ich halte / dieser umgehender Geist dörffte füglicher in Brandweins-Geist / weder der Stern-Geist /und billiger der verdammte Geist deß Todes / als derSpiritus vitalis, oder Lebens-Geist / getituliret werden.

Ein glaubwürdiger Priester / der nunmehr vorlängst in GOtt ruhet / hat für gewiß erzehlet / daß / als er /zu Stendel in der Marckt / ein Diaconus gewest / daselbst ein Brandweinbrenner die Hirnschaal / von einem gehencktem Diebe / in den Kolben gethan / um den daraus gedistillirten Spiritum seinem Brandwein einzumischen; damit dieser desto häuffiger sollte abgehen: wie bißweilen dergleichen Leute / aus verfluchtem Geitze / mit solchen aberglaubischen Händeln sich behelffen. Indem er nun damit / zu Nachts /(denn solches seynd Wercke der Finsterniß / und geschehen durch die Kinder von der Nacht) umgehet; tritt der / vor etlichen Tagen gehenckte / Dieb (oder vielmehr [769] mehr der böse Feind / in deß Erhenckten Gestalt) zu der / selbst-eröffneten / Thür hinein; schauet die Umstehende eine Weil an / und spricht endlich /Gevt mi min Höpt wedder! (Gebt mir mein Haupt wieder!)

Ist dieses der Spiritus vitalis, oder Lebens-Geist /gewest; so muß derselbe weit mehr nachals vor dem Tode vermögen: weil er / ohne Hände / die Thür aufthun können. Die Hände / so an ihm erschienen /müssen keine rechte menschliche Hände gewest seyn /sondern nur ein Schatten-Bild der Hände / so wol / als wie der gantze Leib / nur ein blosses nachgeafftes Bild deß natürlichen / der bereits unterm Galgen eingescharret war. Oder / so es der rechte natürliche / am Galgen erbraunte / Körper gewesen / muß der Lebens-Geist demselben einen andren Kopff angefügt /und hernach den gantzen Leichnam / in einen subtilen unkörperlichen Geist / verwandelt haben / auf daß er mit demselben aus der zugeworffenen Erden / sonder Aufgrabung derselben / herauf fahren könnte / und dem aberglaubischen Brandweinbrenner ihn darstellen. Er muß gleichfalls ihm eine neue Zunge selbst formirt / oder ohne Zunge geredt haben. Endlich muß er auch Wissenschafft und Verstand gehabt haben /weil er etwas geredt: denn reden erfordert einen Verstand. Letzlich muß er gleichfalls (denn solches folgt hieraus unwidersprechlich) eine vernünfftige Seele bey sich geführt haben: sintemal der Verstand eigendlich nicht deß Lebens-Geists / sondern der vernünfftigen Seelen unabtrünniges Eigenthum ist. Hat er dann eine vernünfftige Seele bey sich gehabt: [770] so muß das Umgehen eines solchen Böhmistischen Spiritus vitalis oder Lebens-Geistes / wie auch das klopffen / poltern / werffen / und reden / desselben / mehr der Seelen selbsten / weder dem Lebens-Geist / zugeschrieben werden / und diejenige Seel also einen Polter-Geist / einen Jean Potage, oder Comedianten und Spieler agiren: welche doch / imfall sie selig ihres Leibs ist entstrickt / in der Hand GOttes ruhet / da keine Qual sie anrühret.

Ein noch viel frischeres Exempel hat mir / nicht längst erst / ein hochgelehrter Medicus erzehlt; welches sich / im Jahr 1688 / und also allererst gantz neulich zugetragen. Man hatte den Körper eines Kerls / welchem / um seiner gepechten und unbeschnittenen Nägel willen / auf dem Rabenstein / seinem empfangenem gnädigem Urtheil gemäß / das Gerichts-Schwert durch den Hals geschnitten / aus Obrigkeitlicher Vergunst / zur anatomischen Zerlegung erhalten /und geschicklich zergliedert / die Haut aber hernach anderswo einem Weißgerber übergeben / um dieselbe aufs beste zu säubern.

Indem nun der Meister eines Tags / und zwar zur Mittags-Zeit / daran arbeitete / tratt der justificirte /enthauptete und enthäutete Maleficant zu ihm / Gegenwarts der Meisterinn / hinein / ohne Haut / also /daß sich alle die Mäuse in dem Fleisch vollkömmlich entdeckten / und zu erkennen gaben. Er sahe den Meister gar scharff an / und sprach endlich: Gieb mir meine Haut wieder! Über eine Weile hernach / kam er wieder / und wiederholte sein Begehren / mit eben[771] dergleichen Worten. Darauf aber der Gerber ein Mal so wenig antwortete / als das andre / sondern diesen seltsamen Haut-ohnigen Gesellen / mit stillschweigen wieder fortgehen und verschwinden ließ.

Jedoch hat ihn die Erschreckung kranck- und auf etliche Tage bettlägrig gemacht; die fleissige Kuhr aber seines Medici bald wiederum aufgerichtet.

Daß solches würcklich geschehen / ist bey mir /nach genugsam eingenommener Versicherung und glaubwürdiger Nachricht / unstrittig: daß es aber deß Haut-entblössten Menschen-Körpers Lebens-Geist gewest / glaube ich keinem Paracelsisten zu Gefallen; ob gleich seine Gelehrtheit und Erfahrung ihn biß ans Gestirn erhübe: er beweise mir dann erst / daß derSpiritus astralis, oder vitalis reden / verstehn / den zerlegten Leib wieder zusammen setzen / auch durch sich selbsten / aus eigener Krafft / wieder beziehen /bewohnen / beleben / regen / bewegen / damit einhergehen / ja / was noch mehr ist / indem das Sceleton, oder anatomisch-aufgezogene / und in einer Anatomi-Kammer aufgestellte Geripp würcklich an seinem Ort stehet / mit eben demselbigen seinem getödtetem und zergliedertem Leibe / dennoch in gantzer und unzergäntzter Leibes-Vollkommenheit / (biß auf die manglende Haut) dem Gerber erscheinen / mit demselben reden / und gleich Augenblicks wieder verschwinden könne. Wann GOtt ihm ein so langes Leben verwilligt / biß er mir das beweiset / so stirbt er gewißlich nimmermehr / sondern [772] lebt gantz gewiß / biß an die Auferstehung der Todten.

Wann ich nicht glauben soll / daß die Todten nicht offt / sondern nur ein Mal / nemlich am letzten Tage dieser Sterblichkeit / auferstehen; so habe ich / diese Auferstehung eines begrabenen oder auch anatomizirten Leichnams / welche der Spiritus vitalis zuwegen bringen soll / zu glauben / noch viel geringere Ursach.

Man sagt / daß auch zu etlichen Schmieden / vor etwan dreyssig Jahren / indem sie etliche Gleichen oder Glieder von einer Diebs-Ketten / unterm Hammer gehabt / zu Mitternacht Einer / der dem Gehenckten natürlich gleich gestaltet / nachdem er ein paar Mal angeklopfft endlich / durch die aufgesprungene Thür / hinein gekommen / den Hammer ergriffen / und drey Schläge damit / auf den Amboß / gethan / hernach wieder hinaus gegangen / und verschwunden: unterdessen hette / bey Gefahr Hals-umdrehens / Keiner ein Wort sprechen dörffen.

Daß nun der Böhmistische Spiritus vitalis gleich falls solche drey Streiche / mit dem Hammer / verrichtet hat / kann ich übel glauben. Wer mich dessen überreden will / muß mich erst gantz umschmieden /oder schmeltzen / damit ich gantz unglaubliche Dinge glauben könne. Er müsste mir vorher eine solche Kette / von so hoher und unfehlhaffter Authoritet /schmieden / daß ich meine Vernunfft damit fesseln und gefangen nehmen könnte / unter den Gehorsam seines eitlen Fürgebens. Und alsdann wollte ich / ihm zu Gefallen / glauben / der also hammrende Spiritus vitalis [773] müsste etwan / in seiner Jugend / eine Zeitlang / für einen jungen Schmiedknecht gearbeitet / aber das Handwerck verlossen / und sich der Raben-Kunst hernach beflissen haben / die er nicht ausgelernt / sondern daran erwürgt sey. Noch lieber aberglaubte ich /es wäre einer von denen Vulcanischen Gesellen gewest / die / wie Torquemada erzehlt / etlichen Reisenden eins Mals begegnet seyn / und gefragt /Wohin? zur Antwort gegeben / In den Berg Aetna.

Ich erinnere mich / daß / als ich noch ein Jüngling war / in einer fürnehmen Reichs-Stadt / ein ruchloser Huren-Jäger gefänglich eingezogen / und beym Scharffrichter / (nach selbiger Oerter Gewonheit) in die Eisen gelegt ward; damit ihm / durch Urtheil und Recht / sein Recht / folgender Tagen / wiederführe /weil er ein ehebrecherisches Weib / so mit ihm / in Unzucht / zugehalten / nachdem sie sich untereinander entzweyet / im Zorn mit dem Messer entleibt hatte. Zu demselben ist / bey Nacht-Zeiten / mehr als ein Mal /die Erstochene / und allbereit / wiewol ohne Gesang und Klang / Begrabene / gekommen / mit geblösster Brust / deren Wunde mit roter Seiden zugenehet war /so wie man sie in den Sarck hatte gelegt. Diß Gespenst hat dem Gefangenen offt ein Messer dargereicht / damit er sich mögte entleiben. Wofür er / ob gleich sonst die Verwogenheit selbst / dermassen sich entsetzt und gefürchtet / daß so wol er / als derjenige Henckers-Knecht / welcher bey ihm gewacht / um mehrere Gesellschafft gebeten.

Vor vielen Jahren ist / zu Königsberg in [774] Preussen /dieses Unglück geschehen. Ein Student / welcher /deß andren Tages / eine Predigt / zu seiner Ubung /ablegen wollen / geht gegen Nacht / über die Gassen. Ihm begegnet ein andrer Student / der sich betruncken / und diesen / nach einigem Wort-Wechsel / ausforderte. Welcher / da er sich billig mit dieser Entschuldigung / ihm gebühre kein Balg-Eisen / sondern das Schwert deß Geistes / zu führen / entschuldigen / und dem andren verruchten Menschen entweichen sollen /gar willig und bereit gewest / mit jenem anzubinden /und etliche Mal geschrien / man sollte ihm doch einen Degen geben. Der ihm endlich auch gereicht worden: und weil sich hernach Keiner / zu solchem Degen /bekennen wollen; hat der gemeine Wahn geglaubt /der Teuffel hette es gethan. Welches auch nicht unrecht geredt. Denn was Einer / durch einen Andren /thut / das scheint er selbst gethan zu haben. Der Satan hat es ohne Zweifel demjenigen eingegeben / der den Degen hergeliehen; damit das Mord-Gefecht nicht mögte hinterbleiben. Weil aber derjenige / welchen er hiebey / zu seinem Werckzeuge / und Beforderer deß Rauffens / gebraucht / sich nicht kund geben / sondern lieber den Degen verlieren / als sich in Gefahr der Straffe setzen wollen: ist der Herr deß geliehenen Degens verschwiegen blieben / und der Verdacht / auf dessen Principal / oder Anstiffter / den Teuffel / gefallen / als hette derselbe selbst den Degen überreicht.

Wie dieser nun den Degen / so aber ein Hieb-Degen war / überkommen / geht er auf den Andren /der eine Stoß-Klinge führte / damit loß. Es wird ihm aber gar bald zu fühlen gegeben / die Gewißheit [775] der Weissagung Christi: Wer das Schwert nimt / der wird durchs Schwert / umkommen. Wer Gefahr liebt / der kommt darinn um. Denn sein Gegner hat ihn durchgestossen / also / daß er auf der Stelle todt geblieben / und seine Seele besorglich / an einen betrübten Ort / gefahren.

Nachdem nun solches / bey Hofe / erschollen; ist Churfürstlicher Befehl ergangen / daß man den Erstochenen nirgend anders / als an selbiger Stäte / da er gefochten und entleibt worden / nemlich bey einer Gassen-Rinnen / begraben sollte. Welches auch so geschehen.

Der Thäter war dem menschlichem / aber nicht dem Göttlichem Gericht / entflohen: und weil ihn sein Busem-Hencker nirgends unverfolgt / noch ruhen ließ / überdas auch die Gestalt deß Ermordeten immerzu erschreckte / und hiedurch seinem nagendem Wurm das Gebiß desto schmertzlicher schärffte: kam er endlich wieder / und gab sich selber an / bittend / ihm /durch Urtheil und Recht / seiner Quaal abzuhelffen /weil ihm der Entleibte überall erschiene / und hiedurch seinem Gewissen eine unerträgliche Marter erweckt würde. Es wird an Churfürstlichen Hof berichtet / und mit dieser Sententz verabscheidet: daß man diesem Thäter das Haupt abschlagen / hernach aber seinen Leichnam unter dem Hoch-Gericht begraben sollte; Andren zum Beyspiel / daß man deß gottlosen und verfluchten Duellirens müsse müssig gehen. Welches Urtheil / in Betrachtung der löblichen Intention /nicht kan getadelt werden / von einem einigen Menschen / der ein rechter Christ seyn will.

[776] So wir nun fragen / was das für ein Geist sey / der in Gestalt der Entleibten / den Thätern erscheine? dörffte Mancher sprechen / Es sey nichts anders / als eine blosse starcke Einbildung deß bösen Gewissens /welches ihm / in den verzweifelt-traurenden Gedancken die Gestalt deß Ermordeten / vorstelle / und so tieff eindrucke / daß der Ubelthäter anders nicht meyne / denn er sähe würcklich deß Umgebrachten seine Gestalt. Solches wollen wir nicht schlechter Dings verwerffen / daß nemlich bißweilen die starcke Einbildung einem schwermütigem Gewissen falsche Gesichter und Vorstellungen formire. Aber doch halte ich gäntzlich dafür / daß offt beydes sich beyeinander finde / nemlich eine starcke Einbildung / und eine würcklich-erscheinende Gestalt. Denn wann das böse Gewissen erzittert / und aus der Ruhe vertrieben ist; so versucht gern der unruhige Mord-Geist / der böse Feind / sein Aeusserstes / ob er einen solchen zagenden Menschen möge entweder zur Verzweiflung /oder doch zum wenigsten auf Rabenstein / Galgen /und Rad bringen: weil Menschen-Blut sein Freuden-Wein ist. Und solche seine Anfechtungen schärffet er alsdann / durch Erscheinung in der Gestalt deß Ermordeten.

Denn so es alle Mal / in blosser Einbildung deß geängsteten Gewissens / bestünde; würden andre Leute bißweilen solcher erscheinenden Gestalt deß Erwürgten nicht auch / sondern nur der Thäter allein / ansichtig werden. Welches letzte doch / durch obiges Exempel deß ehebrecherischen Todschlägers / widerlegt wird: weil die erstochene Ehebrecherinn demselben /in seinem Verhafft / nicht [777] allein; sondern auch denen /ihn bewahrenden / Henckers-Knechten / alle Mal zu gleich sichtbar worden.

Sollten wir Theophrasti, oder deß Böhmens Lehr-Sätze hierüber anhören; müsste solches der Stern- und Lebens-Geist auch gethan haben / und zwar / nach deß Böhmens Wahn / solcher Lebens-Geist / in dem kalten Leichnam deß ermordeten Weibes / zu dem Gefangenen hinein getreten seyn. Da man denn wol billig erst fragen mögte / wie der Lebens-Geist den tieff-vergrabenen Körper / aus der Erden / hervor ziehen / und wieder hinein sencken können / daß man dessen keine Spuhr-Zeichen sollte erblickt haben? Imgleichen wie er den Leib / durch die verschlossene Thür der Henckerey / so behände hinein bringen können? Und wie doch immermehr ein solcher todter Leichnam / im Augenblick / ohne Zurücktreten / und Wiederhinaus-gehn / vor den Augen deß Gefangenen /und seiner Hüter / habe verschwinden können / so es nicht ein Teufels-Gespenst / sondern ein natürlichbeleibter Lebens-Geist der Entleibten gewest.

Derhalben soll man dergleichen Todten-Gespenst /für keinen Spiritum vitalem, sondern infernalem; nicht für den Lebens-Geist / sondern Höllen-Geist /achten.

Fußnoten

1 Vid. Observationem, quæ est dicti anni secundi centesima nonagesima secunda.

2 Theophrastus Paracelsus in Fragmento libri de Ammabus Mortuorum, p.m. 166. seq.

3 Theophrastus in seiner Erklährung der gantzenAstronomiæ, am 256 Bl. Teutscher Edition / Parte X. Operum ipsius.

4 Aber keiner redlichen und christlichen / sondern abergläubigen / verdammten / und teuflischen / Sterndeuterey: womit der Nostradamus, und viel andre Frantzösische Satans-Lehrlinge / sich beholffen: wie man / von besagtem Nostradamus, bey dem de Pontis, einem catholischen Edelmann und Officier Königs Ludwig deß XIII. hierüber ein merckwürdiges Exempel lieset.

5 Wer das thun will / muß gewißlich / als ein guter Hexenmeister / den Satan / um seine Klauen / begrüssen / und es durch den Teufel thun / Domine Theophraste!

6 Idem lib. 1. Philosophiæ Sagacis, p. 42. Editionis Germanicæ, Parte X.

7 Idem in der andren Erklährung der gantzen Astronomen / am 265 Bl.

8 Idem Parte VII. Tractat. de Corallis p.m. 58. b.

9 D. Benjaminus Broechhuysius, in Rationibus Philosophico-Medicis etc. p. 562. seq.

10 D. Davidis von der Becke / Experimenta & Meditationes circa Rerum naturalium Principia, p. 141.seqq.

11 Kircherus De Peste p.m. 145.

12 Im Lateinischen / wird der Griechische Accusativus ἀρχὴν stehen: welches der unverständige Dolmetscher die Arche geteutschet.

13 Idem lib. de Separatione Rerum naturalium lib. 8. Parte VI. p.m. 170. edit. German.

14 Gleichwol rühmt sich dieser Jacob Böhme / GOtt habe ihm viel ein höhers Licht gegeben / und höhere Dinge geoffenbart / als dem Moses: und daß er / auf sein eyfriges Anruffen / bald diese bald jene Offenbarung erhalten: wie daß er denn nicht diese viel geringere Sache hat erklähren können?

15 Ist / von einem so hocherleuchtetem Theosopho Mystico, nicht wol geredt: Denn die Zeit / welche endlich / kann kein Bild der unendlichen Ewigkeit seyn.

16 So müsste sich die Ewigkeit geflügelt abmahlen /und die Unermeßlichkeit mit einem Leisten sich messen.

17 Er meynt astralisch-Geistlich.

18 Durch diese ewige Natur versteht er die Göttliche. Denn er giebt anderswo für / der Mensch sey / der Seelen nach / aus der Göttlichen Substantz und Wesen / gleichwie auch die Engel / bürtig. Wie er dann / in seinem ersten Theosophischem Sendschreiben / gantz deutlich schreibt: Der Mensch sey nicht allein ein Wesen aus der geschaffenen Welt / sondern seine Krafft / Materi / und eigen Wesen / das Er selbst ist / stehet und inquali rt mit allen dreyen Principi en Göttliches Wesens.

19 Aus dem 22 Sendbriefe der Theosophischen Sendschreiben J. Böhmens / am 115 und folgenden Blätern neuester Holländischer Edition.

20 Theophrast. lib. 2. Philosophiæ sagacis p.m. 189.

21 Idem de Animabus Mortuorum p.m. 16.

22 Vid. Epiphanius in Hæresi LXVI.

23 Augustin. Epist. 157.

24 Idem lib. 1. de Origine animarum cap. 4. & lib. 3. cap. 3

25 Franckf. Fasten-Relation anni 1674. am 94. Bl.

74. Der schädlich-gebannte Geist

[778] LXXIV.

Der schädlich-gebannte Geist.

Als der Hort unsers Lebens zeigen wollte / daß Er den Teufeln zu gebieten hette / und diese erschreckliche Cerberi / diese grimmige Höllen-Hunde / Wölffe /Leuen / Leoparden / Bären / Ottern / Schlangen und Drachen / wie grausam sie auch ihren Rachen / zum verschlingen / aufrissen / gleichwol immerzu / an den Ketten seines Verhengnisses geschlossen gingen; erlaubte er ihnen / auf ihr bitten unn betteln (denn sie baten ihn sehr / spricht der Evangel ist) in die Säue zu fahren: nachdem er mit dem Wort / Fahr aus / du unsaubrer Geist! denjenigen gebändigt und gebannt / der / biß daher / alle Ketten und Banden zerrissen hatte / und kurtzum ungebunden seyn wollen. Dieses kostete die Gadarener zwo tausend Säue / welche sich darüber ins Meer stürtzten / und ihren Herren / denen doch noch die allergarstigste und gröbste Sau im Hertzen saß / das Nachdencken hinterliessen / daß / an eines / einigen Menschen Heil / mehr gelegen /als an viel tausend Schweinen: dahingegen man / heutigs Tages / offt / um etliche Schweine zu behalten /lieber die Menschen drauff gehen lässt / und Hunde werther / als die Leute / hält.

Wie nun der Satan ein arglistiger Gäuckler ist / der / in allem / den Göttlichen Krafft-Wercken nachaffen will: also macht er auch hierinn eine [779] Nachfolgungs-Larve; indem er seinen Dienern / den zauberischen Teufels-Bannern / das äusserliche Ansehen erwerben will / als ob sie / durch eine gewisse Kunst / und sonderbare Beschwerungs-Krafft / Geister vertreiben könnten / und die Macht hetten / solche boßhaffte Geister zu binden und zu verweisen / wohin es ihnen beliebte: Alles zu dem Ende / damit Er / durch solchen ihren Dienst / sie / in den Augen unglaubiger Leute / groß mache / zugleich aber schleichender Weise / auch sich und sein Reich vergrössere und nicht nur die Seele deß Beschwerers dadurch immer fester an sich verstricke / sondern auch Andre / die durch den Raht und Gebrauch solcher verdammten Teufels-Banner sich beflecken / unvermerckt sich mit einverwickeln mögen in die Netze / womit Alle / derer Hertz nicht fest an GOtt sitzt / gefangen werden / zum ewigen Tode.

Ihre Leichtglaubigkeit aber desto trieglicher zu äffen; bildet er solchen Leuten / so wol / als den Beschwerern selbsten / ein / es stecke in denen Worten und Characteren / oder Kräutern / so diese gebrauchen / eine absonderliche Krafft und Würckung / wodurch er gedrungen werde / von dannen zu weichen; lässt sich gleichsam in einen Sack schieben / und in den Wald hinaus vertragen; indem er den Beschwerer ein Aas / oder dergleichen etwas / dem der Teufel eine menschliche Form angebildet / zu tragen giebt. Und wann Jener solches hinaus geschleppt; lässt er bißweilen nach / in dem Hause / darinn er / in Gestalt eines Vestorbenen / bißhero umgegangen / und die Leute geschreckt / zu poltern; wol vergnügt / daß er denen / welchen zu [780] Gefallen er / von dannen gantz entfernet zu seyn / sich stellet / mitten im Hertzen hingegen zu sitzen kommt. Denn wer sein Vertrauen / zu Teufels-Künsten / darunter solche Beschwerungen gehören / setzet / dessen Hertz besitzt der Satan geistlich / mit Aberglauben / Meyneid / und Mißtreu an GOtt: und befestiget solchen seinen heimlichen Sitz /indem er sich / von einem Ort / zum andren / von ihnen / dem äusserlichen Schein und Beduncken nach / also versetzen lässt.

Ob derhalben gleich / im Hause / bißweilen es hierauff still / und kein Gespenst mehr gesehn / noch erwittert wird: geschicht doch / durch eine solche Teufels-künstliche Ausbannung / weit grösserer Schade /als Gewinn. Denn die Seele dessen wird tieff verwundet / der seine Wohnung auff / solche Weise / von der Unruhe lässt heilen. Und weil diese Teufels-Beschwerer gemeinlich den bösen Geist an solche Oerter verbannen / da die Leute durchreisen müssen; kann auch hieraus viel Unheils erwachsen: Zumal wann sie ihn /in dieses oder jenes wildes Thier / verweisen. Daher auch kein Christ dem bösen Geist Erlaubniß giebt /an diesen oder jenen Ort / oder in einiges Thier / zu fahren. Denn obbemeldtes Exempel deß Herrn Christi / da er den Teufeln erlaubt hat / in die Säue zu fahren / berechtiget keinen Menschen / deßgleichen zu thun. Er / als der Schöpffer / hatte solches Macht / und seine erhebliche Ursachen dazu. Ein blosser Mensch aber hat keine Ordre / noch Gewalt von oben empfangen / dem bösen Geist / dieses oder jenes einzuräumen / zur Wohnung und Auffenthalt [781] / damit er nur von den Besessenen / oder von einem verunreinigtem Hause / ausfahre.

Was für Unglück manches Mal daraus erfolge /kann uns dieses / annoch nicht gar alte / Exempel zeigen / und zugleich darthun / was ein solcher umgehender Geist (oder vermeynter Spiritus vitalis) für schöne Händel anrichten könne.

Vor wenig Jahren ist / in einer Teutschen Stadt /eines erbaren Mannes Gestalt / nach seiner Begräbniß / erschienen / und das Haus dadurch so sehr verunruhigt worden / daß man einen Teufels-Banner (gleich als wäre eine ernstliches Gebet nicht mächtig / noch starck genug / den starcken Gewapneten zu vertreiben) bedungen / solchen überlästigen Gast aus dem Hause zu weisen. Derselbe hat ihn / in den nächsten Wald getragen: da der / im Sack steckende Geist / den Teufels-Banner gebeten / ihm zu erlauben / daß er / in einen / eben damals vorbey lauffenden / Wolff fahren mögte. Welches der Beschwerer eingewilligt.

Hierauf ist selbiger Wolff alsofort sehr erwildert /hin und wieder / durch Dörffer / Felder / und Wälder herum gestrichen / hat gewaltig-viel Leute gebissen /und hart beschädiget; insonderheit aber viel Kinder zerrissen. Und ob ihm gleich so wol die Wildschützen / als die Bauren / gewaltig nachgestellet; ist er ihnen doch allezeit entkommen: indem er / so bald sie / auf ihn gezielt / entweder unsichtbar worden / und sich aus ihren Augen im Augenblick verlohren; oder / ob er gleich hart vor ihnen gestanden / im Nu gar ferrn-und weit ausser dem Schuß / von ihnen gewest: weßwegen man [782] auch gemeynt / es müsste etwan ein Wehrwolff seyn.

Endlich aber kehrt er / in einen Flecken / ein / und setzt auf ein Kind an. Welches ihm entspringt / in ein Haus kommt / und die Gattern geschwinde nach sich zuschlägt. Der Wolff will hinüber / und dem Kinde nachsetzen; wird aber durch eine Magd / mit einem Scheit Holtzes / abgewiesen; erblickt hierauf einen Hahnen / und eilt demselben nach: weil vielleicht der / in ihm wohnende / Spiritus vitalis (oder Böhmistischer Lebens-Geist deß Verstorbenen) Appetit zum Hüner-Fleisch gehabt. Der Han hat aber keinen Appetit noch Lust / sich von ihm fressen zu lassen; sondern hupfst oder fleucht über einen Brunnen; der zottichte /das ist / mit dem Wolffs-Peltz überkleidete / Spiritus vitalis, Theophrastisch-Böhmistischer Stern- und Lebens-Geist) will ihm nachspringen / nimt aber die Mässe zu kurtz / und fällt hinab in den Brunnen.

Da kommen die Bauren herbey / deponiten und hobeln den gefangenen Wolff / mit Prügeln / Steinen /Stangen / Gabeln / und dergleichen / so grob / daß der Spiritus vitalis, und zwar der recht natürliche / von ihm weicht / das ist / daß er das Leben drüber einbüsst; nachdem kurtz vorher / vermutlich auch Spiritus infernalis, der böse Geist / auf Gottes Geheiß /von diesem reissendem Thier ausgefahren / und selbst dasselbe in den Brunnen getrieben. Man soll ihn aber kaum / und nicht eher / haben erwerffen können /bevor man ihn / mit einem sehr grossen und schweren Stein / zerquetschet: sintemal die vorigen [783] Steinwürffe ihn so wenig gedämpffet / daß er sich vielmehr mit gantzer Gewalt wieder empor gearbeitet / und schon biß auff die Helffte hinauf gekommen / als ihn zuletzt die Last besagten schweren Steins getroffen und erschlagen. Worauf ein abscheulicher Gestanck von ihm gegangen.

Hernach hat man diesen erschlagenen Wolff / aus Befehl / aufgehenckt: um vielleicht dadurch / wie gebräuchlich / andre Wölffe scheu zu machen. Uberdas ist ihm eine Parruck aufgesetzt / und die Larve eines menschlichen Angesichts vorgebunden.

Nachdem er aber etliche Tage / am Eck eines Waldes / also gehangen; ist er / ungeachtet der Galge sehr hoch war / dennoch herabgestolen / und hernach der letzte Betrug ärger / denn der erste worden: angemerckt / nicht allein das vorige Manns-Gespenst / in dem Hause / wiederum angefangen / umher zu gehen /und viel erschrecklicher / als vorhin / zu thun; sondern auch der Wolff gleichfalls / in den Wäldern / von neuem erblickt worden.

Es hat dieser Wolff / unter andren / einen achtjährigen Knaben erwischt / und im Rachen eine starcke halbe Meil fort getragen / biß ihm bey zwantzig immer nach setzende Personen wieder denselben abgejagt / daß er ihn endlich hat fallen lassen; nachdem er ihm drey Löcher gebissen: eines an der Wangen und Kinnbacken / unterm Ohr; das andre zwischen dem Halse und Rucken; das dritte / in der Seiten.

Man giebt vor / der Mann / in dessen Gestalt das Gespenst erschienen / habe bey anvertrauten Pupill-und Almosen-Geldern / untreulich gehandelt. [784] Welches ich aber / an seinem Ort / stehn / und unverbürgt lasse: in Betrachtung / daß offt mehr geredt / als erwiesen wird / und daß es solchen abentheurlichen Händeln gehe / wie den Quellen / und fliessenden Wassern / welche je weiter sie lauffen / von desto mehr zu ihnen eingehenden neuen Bächen einen Zufluß bekommen / und auch / indem sie zwischen zweyen bewohnten Gassen nur vorüber wallen / bald hie bald da / aus diesem oder jenem Hause / einiger Unraht zu ihnen hinab geworffen wird. Weßwegen ich auch den Namen nicht habe ausdrucken wollen: ohnangesehn mans biß noch / für die beständige Wahr-und Gewißheit / ausgiebt.

Man setzt auch dieses hinzu / daß Ein- oder Andrer der Meynung / es sey die verdammte Seele deß erschienenen Manns / in den Wolff gefahren / und also herum gestreint / durch die Wälder; welches aber Andre hetten widersprochen / und es / für den bösen Geist / gehalten.

Gewißlich müsste aber ein solcher Menschen-Geist / oder auch Spiritus vitalis, wol ein rechter Narr seyn / daß er sich / im Brunnen / von den Ruste vielen /oder Bauren / so ängstigen / tribuliren und werffen /imgleichen von einem russigen Schlotfeger / beschweren liesse / und nicht bey Zeiten Reiß-aus nähme. Dieser Teufels-Banner / der Schlotfeger / soll davon geloffen seyn / aus Furcht / die hohe Obrigkeit dörffte ihm auff die Haut greiffen / und durch den Hencker das Leben aus dem Leibe / mit dem Schwert (welche Bannisirung am gewissesten von statten geht) verbannen lassen. Wie dann alle gewissenhaffte Obrigkeit /bey Vermeidung [785] göttlicher Ungnade / solche Teufels-Bannerey / hart abzustraffen / und auszurotten / verbunden ist / so ferrn sie sich nicht solcher schrecklichen Sünden theilhafft machen will.

Unlängst berichtete mich ein Glaubwürdiger / daß /ungefehr vor 23 Jahren / zu N.N. in eines Beckers Haus / ein Polter-Geist viel Getümmels gemacht / und absonderlich in den obern Gemächern deß Hauses so getobt / daß Niemand darinn ruhen können. Wann die Geistlichen dahin kamen / wich er zwar aus dem Zimmer / und ließ sich nicht sehen; hingegen aber / oben auff dem Bodem / hören; zoch allda gleichsam einen Schubkarn / und lachte überlaut.

Unter Andren / ist ein Metzger aus Ungarn / in diß Beckerhaus eingekehrt: weil er mit dem Hauswirth in guter Kundschafft gestanden; und hat mit Vorwendung grosser Müdigkeit / bey demselben / um eine Nachtherberge bittlich angehalten. Der Wirth spricht /er wollte ihn gern auffnehmen und beherbergen; habe aber keine andre Gelegenheit dazu übrig / als eine obere Kammer: welche ihm aber nur die äusserste Ungelegenheit machen dörffte: indem es sehr unheimlich darinn und ein boßhafftes Gespenst daselbst regiere. Der Metzger lässt sich verlauten / das gebe wenig zu bedeuten; er gebe / auf solche Sachen nichts; werde wol dadurch hinschlaffen / und der Poltergeist ihn wol ungetribulirt lassen müssen. Also wird er / nach eingenommenen Nachtessen / und verschmäheter Warnung / hinauff gewiesen / legt sich zu Bette / und hebt an tapffer zu schnarchen.

[786] Er hat aber die süsse Ruhe kaum ein wenig geschmeckt / so hebt das Gespenst an zu tourniren; kommt auch endlich ihm vors Bette / packt ihn an /und wirfft ihn zum Bette hinaus. Weßwegen er sich /droben zu bleiben nicht mehr getrauet / und drunten im Hause schlaffen müssen.

Es hat sich / über einige Zeit hernach / dieser Poltergeist verlohren; nachdem man sich lange vergeblich bemühet hatte / ihn heraus zu bringen: Wiewol man nicht erfahren können / auf was Weise und Vermittelung er ausgetrieben worden. Es bewohnte aber eben in selbigem Hause / einen Zins Jemand / der sich Juncker schelten ließ / weil er auch / ausser dem Städtlein / auff dem Lande / einen Hof / mit seiner Frauen hatte erheirathet / dennoch aber meistens in der Stadt sich /mit ihr / auffhielt. Dieser wusste um das Geheimniß /und hatte es / zwey Jahre lang / bey sich behalten: vertraute es aber zuletzt derjenigen Person / von welcher ich den Bericht empfangen; nemlich / daß man dem Hauswirth gerahten / die Schlösser deß Hauses /mit einem sonderbarem Naß / (welches ich / mit Fleiß / ungenannt lasse) anzustreichen: Worauf sich das Gespenst / von der Zeit an habe weder sehen / noch hören lassen.

Solche gewissenlose Leute treiben den Teufel / aus dem Hause / in ihr Hertz: darüber er / durch so gottlosen Aberglauben und Mißbrauch / zum Herrn und Regenten gesetzt wird.

75. Der Kobalt oder Kobel

[787] LXXV.

Der Kobalt oder Kobel.

Die Kobalten / so man / in Niderteutschland Kobolden / und in Ober-Sachsen Cobel / nennet / seynd eine Gattung von Gespenstern / oder Haus- und Stall-Teufeln / so / zu Nachts / in denen Häusern / da man sie gern / hingegen keinen redlichen Fleiß / noch Vertrauen auff GOtt / hat / herum gehen / und Knechts-Arbeit verrichten / auf beschehenen Ruff / erscheinen / die Stegen herunter gehen / die Thür öffnen / Feuer schirren / Wasser schöpffen / Speise / und Alles / was sonst im Hause vonnöthen / zurichten; da sie doch unterdessen gantz nichts würcklich ausrichten. Wie /von ihnen / Wierus schreibt. 1

Welches doch eben nicht durchgehends allemal sich so verhält; sondern allein / von solchen Kobaltischen Gespenstern / zu verstehen / die der gottlose Hauswirth nicht ausdrücklich dazu erfordert hat / daß sie Ihm knechtisch Dienste thun sollen. Denn wann er sie dazu bestimmt / und in seinen Dienst angenommen; so versorgen sie das Vieh / und theils andre häusliche Verrichtungen: wiewol hingegen seiner Seelen dadurch übel gedient wird.

Diß Teufels-Geschmeiß hat seinen Namen Kobald deßwegen / ἀπὸ τῆς κοβαλείας, das ist / [788] von Schmei cheley / Heucheley und Nachafferey / bekommen: weil es den Sitten und Gewonheiten der Leute nachaffet / und mit Bedienung ihnen schmeichelt. Wie etliche Gelehrte vermeynen. Wiewol ich der Meynung bin / diß Wort / Kobalt / oder Kobel / welches allein /in solcher Bedeutung / unfrem Teutschlande bekandt /habe seine Benennung vielmehr / von dem schädlichem Metall / welches die Bergleute Kobelt nennen. Denn daß unsre Alten den Teufel / wegen der Gifftigkeit dieses Metalls / den Kobelt benamset / habe ich /vom Theobaldo / erlernet / aus diesem seinem Unterricht: Der Kobelt / zumaln so er spreyssig und heiß-gretig (das ist unartig /) ist ein Ertz-Schelm /wie der Teufel in der Hell / ein sehr gifftig schädlich Metall; er halte gleich Silber / oder nicht. Er raubt / im Feuer / matter / und frisst viel Bley (das ist / er verdirbt / und bringts zu Schanden) biß man / von seiner Unart / das Silber bringt etc. Daher die alte Teutschen den Teufel den schwartzen Kobelt / und seine zaubrische Höllraunen /Cadartinn / Unholdinn / Truden / Unholdinnen /und Hexen / alte Kobel genennt. Welche Wörter /am Hartze / noch bekandt sind. 2

Es ist zwar nicht ohn / daß / wie Agricola erinnert /dieser Nam solchen Gespenstern / von den Griechen /gleichfalls gegeben worden: Angemerckt / der Scholiastes Aristophanis schreibt / [789] κοβάλος esse dæmones quosdam Dionysiacos, asperos & immites; Kobaln seyen gewisse verlarvte Geister / die sehr rauhe und grausam. Und / wie derselbige lehret / so hat man auch / bey den Alten / gewisse Rauber und Mörder also genannt / die mit einer Keulen (oder Mord-Kolben) sich auff den Raub begaben. Allein wann schon das Wort κόβαλος dem Griechen nicht nur einen verschmitzten Heuchler / Schmeichler / Betrieger /Schwätzer / und Ubelthäter (denn alle solche Bedeutungen finden darunter Stat) sondern auch einen Buschreuter / und Gespenst / bedeutet: so folgt daraus noch nicht nothwendig / daß unser Teutsches Wort Kobalt davon herstamme. Denn was wissen diejenige Bergleute / die Müller / Hausknechte / bey denen die Kobalts einkehren / vom Griechischen: So doch dieselbe vermutlich / am ersten / ihnen den Namen Kobalt gegeben? Wann gleich Andre / und vielleicht gelehrte Leute / denselben ihnen zugeeignet hetten; würden doch schwerlich die gemeine Leute / denen solche Geister erschienen / unterlassen haben / den Namen /welchen sie ihnen vorher gegeben / fahren zu lassen /und den Griechischen dafür anzunehmen. Oder im Fall ja etwas dran / daß auch unsre Teutsche hiebey den Griechen ein Wort abgeliehen: so mags etwan der Name Kobel seyn. Aber der Name Kobalt / ob er schon Gleiches bedeutet / scheinet dennoch / von besagtem boshafften und gifftigem Metall / diesen Gespenstern beygelegt zu seyn. Ob schon derselbe vorher selbst auch wol / aus dem Griechischen / entsprossen seyn mögte.

[790] Georgius Agricola 3 setzet derselben zweyerley Gattungen. Deren Eine den Leuten selten erscheinet; da sie (die Kobalten) doch täglich einen Theil der Arbeit verrichten / und deß Viehes warten. Diesen haben die Teutschen den Namen Gütel gegeben; weil sie den Menschen. Guts zu thun / und ihm hold zu seyn /scheinen. (Scheinen sag ich: denn / unter solchem falschen Schein / steckt ein böser Tuck verborgen). DieAndre aber nennet man Trullen. Welche so männ-als weibliche Gestalt / annehmen / und bey manchen Nationen / sonderlich aber bey den Suionibus, das ist / bey den alten Rügianern und Schweden / in Knechtischen Diensten gewesen seyn sollen.

Dieses Gelichters sind auch / wie es scheint / gewest die / in alter Ruthenischer (oder Reussischer) Sprach also genannte Coltri, so ehedessen / wie Delrio, aus dem Johanne Meletino berichtet / von den alten Sarmatis oder Polacken / verehret worden. Welche glaubten / diese Coltri hetten ihre Wohnungen /an verborgenen Oertern im Hause / oder in den Holtz-Stössen. Dieselben unterhalten sie / schreibt Meletinus / gar wol / mit allerley Speisen: weil sie / aus fremden Scheuren / das Getreide heimlich zu stelen /und ihren Unterhaltern zu zutragen pflegen. Wann aber selbige Geister / an einem Ort / Wohnung und Unterhalt verlangen / erklähren sie dem Hausvater ihren Willen / auff diese Weise: Sie tragen / bey Nachte / etliche Scheiter Holtzes zusammen / und werffen den Kot und Mist von mancherley Thieren /in die Milchvolle [791] Eymer. Wenn nun der Hauswirth dessen gewahr worden / und weder die Scheiter von einander-noch die Roß- oder Küh-Oepffel / Schaf-oder Ziegen-Lorbeer / von dem Milch-Eymer heraus wirfft; sondern / von der verunreinigten Milch / mit seinem gantzen Haus-Gesinde / isset: alsdenn sollen sie daselbst erscheinen / und bleiben. 4

Durch die zweyte Art der Cobalden / verstehet Agricola die Gespenster / so man Bergmännlein nennet: weil sie / in den Bergwercken / meistens / in Gestalt alter kleiner Männlein / erscheinen / unn daselbst mancherley Gauckeley treiben / den Bergleuten / so wol in der Kleidung / und ertichteter Arbeit (angemerckt / sie in der That / nichts ausrichten) als in der Gestalt / nachaffen / vielmals auch wol allerhand Ungelegenheit machen / und Schaden thun. Weil aber anjetzo / von diesen Berg-Bösewigtern / allhie zu handeln / meines Vorhabens nicht ist; sondern allein /von denen insonderheit so genannten Cobalten / oder Haus-Teufeln: als will ich hierauff etliche seltsame historische Muster dieser Abentheuer vorstellig machen. Deren eines soll seyn / jener berüchtigter Haus-Geist /oder Cobald / zu Hildesheim / dessen Johannes Trithemius / und aus ihm Wierus / gedenckt.

Dieser böse Geist / der gleichwol den Schein der Güte und Frömmigkeit / eine Zeit lang / gesucht / ließ sich lange / im Stifft Hildesheim sehen / in Bauren-Kleidern / mit einem bäurischen kleinen Hütlein. Wovon man ihn auch Hudgen (oder [792] Hütchen) auff Nider-Sächsisch aber Hödekecken) genannt. Derselbe trieb viel wunderseltzamer Händel: wie denn der Teufel sich gar gern / eine Weil / für einen Narren /gebrauchen lässt / wenn er Narren machen / und die Leute / von der himmlischen Weisheit / von wahrer Gottesfurcht / ableiten will. Er schien gern / bey Leuten zu seyn / gleich als ob er seine Lust und Freude /an ihrer Gemeinschafft / trüge / redete mit Jedermann / fragte / und antwortete gar gespräch- und freundlich: also / daß man ihn / nach solchem äusserlichem Uberzuge seiner Büberey / gar füglich hette den freundlichen Teufel tituliren mögen. Bißweilen redete er / in leib-ähnlicher Gestalt; bißweilen / in der Unsichtbarkeit. Niemanden fügte er was Leides zu / er wäre denn / von demselben / am ersten / beschimpfst: wer Seiner aber spottete / dem vergaß ers nicht; sondern bewies ihm wiederum einen Schimpff. Denn wie sollte der Geist der Rache etwas ungerochen lassen?

Als Burchard / Graf von Luca, durch Grafen Hermann von Winsenburg / erwürget war / und die gantze Grafschafft Winsenburg in Gefahr der Plünderung stund; tratt dieser Hudgen / zu dem Hildesheimischen Bischoff / Bernhard / als derselbe schlieff / vors Bette / weckte denselben auff / und sprach: Steh auff / ô Kahlkopff! und führ ein Kriegsheer zusammen! Denn die Graffschafft Winsenburg ist / nach Erwürgung ihres Herrn / ledig / und verlassen: und mag jetzo / mit leichter Mühe / unter deine Botmässigkeit / gesetzt werden. Der Bischoff stund auff / brachte sein Kriegsvolck eilig zusammen / [793] überzog damit / und bezwang die Grafschafft: welche er / mit Einwilligung deß Keysers / dem Hildesheimischen Stifft / auf Ewig / einverleibte. Eben diesen Bischoff hat derselbige Geist / ungefragt / für mancherley Gefahr / gewarnet. Welches aber kein Einfältiger also annehmen soll / als hette er solches / aus Guthertzigkeit / gethan: denn er hat ihn dadurch / an seiner Seelen / gefähren wollen. Denn wer sich den Satan lehren lässt / was für Glück oder Unglück er zu gewarten habe / und denselben nicht von sich schaffet; der wird deß Satans Knecht. Die Apostel hiessen den Teufel verstummen / und ausfahren; ob er gleich rühmlich von ihnen redete: Diese Menschen sind Knechte GOttes deß Allerhöchsten / die euch den Weg der Seligkeit verkündigen. 5

Also hette auch der Bischoff / wenn er eine einige Ader eines rechtschaffenen apostolischen Hirtens an sich gehabt / dem Hudgin soviel Platzes nicht einräumen sollen.

Welch ein mächtiger Unterscheid ist / zwischen dem Meyländischen H. Bischoff Ambrosio / und diesem Hildsheimischen / gewest! Als böse Leute /Jenem die Teufel auff die Haut hetzten / um denselben zu verderben; entschüldigten sie sich / mit dem Fürwand / er hette eine feurige Maur umsich: gleich wie sie auch / von dem H. Apostel Johannes / sagten / daß sie nicht einmal / zu seiner Thür riechen dörffen. Aber diesem Hildelsheimer sind sie gar vors Bette gekommen. Wie er [794] denn auch / auff deß Teufels Erinnerung /die Grafschafft eingenommen.

Am Hofe dieses Bischoffs / erschien Hudgen gar offt / gieng gemeinlich aber den Köchen zur Hand /schwatzte auch vielmal / mit ihnen / in der Kuchen. Und als man nun seiner so gar gewohnt worden / daß Keiner sich für ihm fürchtete; begunnte ein kleiner Koch-Jung / ihn zu verachten / zu verspotten / und zu beschimpffen / beschüttete ihn / so offt er nur kunnte /mit unsaubrem Wasser. Das verdroß ihn sehr. Gestaltsam er deßwegen den Koch selbsten bat / den Knaben zu straffen / daß er solche Büberey unterwegen liesse; mit Bedrohung / er würde sich sonst selbst / für solchen Hohn / zu rächen / wissen. Aber der Koch lachte ihn aus / und sprach: Bist du ein Geist /und fürchtest dich / für einem kleinem Jungen? Dem antwortete das Teuflein: Weil du / auff meine Bitte / den Buben nicht züchtigen wilt: will ich /nach wenig Tagen / dir zeigen / wie ich mich / für ihm fürchte. Und hiemit gieng er / im Zorn / hinweg. Aber nicht lang hernach / da der Jung / nach dem Abend-Essen allein / in der Küchen saß / und vor Müdigkeit schlieff / kam der Geist / erwürgte / und zerstückte ihn / warff folgends die Stücker in einen grossen Hafen / und setzte denselben zum Feuer. Als solches der Kuchenmeister erfuhr / fing er dem Hudgin an / zu fluchen. Welcher hierob noch hefftiger erbittert / über alle Braten / so / für den Bischoff / und dessen Hofleute / angespiesst waren / und am Feuer stunden / abscheuliche Kröten zerdruckte / also / daß mit dem Gifft und Blut derselben / das Fleisch betröpffelt ward. Weil nun [795] der Koch ihn wieder deßwegen schmähete / und ausschändete; stieß er denselben von einer ziemlichen Höhe / nemlich von der Brücken / in den Graben hinab. Und weil man in Sorgen fiel /er dörffte anzünden; mussten alle die Hüter / auff den Mauren so wol der Stadt / als deß Schlosses / fleissigst wachen.

Ein reisfertiger Mann / der seiner Frauen / weil ihm ihre Geylheit bekandt war / nicht viel trauete / sagte in Schertz / zum Hudgen: Mein guter Camerad! laß dir mein Weib doch anbefohlen seyn / biß zu meiner Wiederkunfft / und schaue / daß du wol Acht auff sie habest. Da nun das Weib / in Abwesenheit deß Manns / mit ihren Ehebrechern / sich lustig machen wollte / und viel Buhler zu sich ins Bette reitzte: tratt (oder legte sich) der Geist / unsichtbarlich / allezeit ins Mittel / warff die Huren-Hengste zum Bette heraus / und ließ Keinem zu / sie zu berühren / geschweige zu beschlaffen. Und ob gleich / dessen ungeachtet / diese brünstige Camelinn alle Nächte / ja schier alle Stunden / andre Buhlen / in ihre Schlaff-Kammer führte / um ihren geylen Brand zu leschen: warff doch der Geist Einen nach dem Andren / so bald sie nur / sie anzurühren / sich unterstunden / weit vom Bette hinweg / auff die Erden.

Endlich / als der Mann wieder heimkehrte / und nicht weit mehr / bis zu seinem [796] Hause hatte; lieff ihm der erbare Commissarius frölig entgegen / und sagte:Mir ist deine Wiederkunfft trefflich lieb; damit ich der Unruhe und Mühe / so du mir auffgeladen hast / einmal abkomme. Der Mann fragte: Wer bist du denn? Er sprach: Ich bin Hutgin, dem du / bey deiner Abreise / dein Weib / in seine Hut anbefohlen. Sihe! ich habe Ihrer / deinet wegen / gehütet /und sie / für dem Ehebruch / verwahrt; wiewol mit grosser und unablässiger Mühe. Allein ich bitte / du wollest sie meiner Hut nicht mehr untergeben: Denn ich will lieber der Schweine in gantz Sachsen / als eines einigen solchen Weibes Hut auff mich nehmen / und Gewehrschafft für sie leisten: so vielerley List und Kencke hat sie erdacht / mich zu hintergehen / und freyen Paß und Spaß / zur Erfüllung ihrer Lust-Begier / ersonnen!

Unzehlich-viel andre / so wol ernst-als lächerliche Händel / und Abentheueren / hat dieser Geist getrieben: welche man nicht leicht beschreiben kann / und die man auch schwerlich alle glauben würde / ob sie gleich Jemand alle beschriebe. Unter Andren / soll er einen Geistlichen / der ein ungelehrter und einfältiger Idiot gewest / als derselbe zu einem Synodo, oder Zusammenkunfft / erfordert worden / durch einen Ring /so von Lorbeer-Laub / [797] und andren Sachen / zusammen geflochten war / auff gewisse Zeit trefflich gelehrt gemacht haben. Endlich hat vorbesagter Bischoff / Bernhard / durch die Kirchen-Beschwerungen / ihn vertrieben / und / aus dem Bisthum zu weichen / gezwungen. 6

Zu Magdeburg (wie Schreiben unterm achtzehenden Februar 1675 melden) hat sich in gedachtem Jahr / diese ungemeine Geschicht zugetragen: daß ein Weib von Kalbe einem Becken / in einem Sack mit Saltz / einen Cobalt ins Haus gepracticirt. Als nun das Saltz im Hause stund / lieff der Sack gantz hoch auf: Drum der Beck seinem Jungen befohlen / sich darauff zu setzen / und das Saltz nieder zu drucken. Ehe man sichs aber versahe / warff der Cobald den Jungen mitten ins Haus; schlug zugleich eine Kachel aus dem Ofen / auch etliche Krüge und Gläser entzwey. Worauff viel Leute von der Gassen zusammen geloffen / welche alles mit Verwunderung angesehen. 7

Fußnoten

1 l. 1. de Præstig. Dœmon. c. 22. §. 5.

2 Theobald. in Arcanis Naturæ p.m. 116.

3 Lib. de Animant. subterran.

4 Del-rio l. 2. Disquisit. Mag. quæst. 27. Sect. 2

5 Actor. 16. v. 17.

6 Wierus ex Trithemio l.s.c.

7 Fr. Relat. an. 1675. p. 86.

76. Die übernatürliche Korn-Pyramiden

[798] LXXVI.

Die übernatürliche Korn-Pyramiden.

Die Gelehrten halten insgemein dafür / der Teufel könne solche Dinge / welche / aus freyem Willen / geschehen / nicht gewiß vorher verkündigen; nemlich solche / die absolut / und vollkömmlich / an dem Willen GOttes hangen; als da sind die Gubernamenten /Regier- und Verändrungen der Herrschafften / Königreichen und Republicken: weil die Hertzen der Könige in GOttes Hand seynd / der sie lencket / wie die Wasser-Bäche: Hernach auch solche / welche / aus freyem menschlichem Willen / erfolgen; als / zum Exempel / was ich morgen vornehmen / thun / und gedencken werde: Und drittens / solche / die / allerdings zufälliger Weise / sich zutragen werden; so lange sie annoch keine gewisse und abgezielte Ursach haben.

Ich vermeyne aber / weil der Satan täglich wachet /für die Zerrütt- und Verunruhigung der Regimenter /so könne er doch / aus denen von GOTT ihm gesetzten / Schrancken hierinn viel mutmassen.

Fürs Andre / kann der Teufel / aus denen Sachen /so ihm bewusst / viel wahrscheinliches schliessen /und / nach solcher seiner Vermutung / vorher sagen. Denn durch seine lange und unzehlich-viele Anmerckungen / hat er eine grosse Erfahrung erlangt. Zu dem ist er auch mit englischer [799] Scharffsinnigkeit begabt / und verstehet gar stattlich die Kräffte der Natur / auch wozu dieselbe den menschlichen Willen / vermittelst der begierlichen Krafft / Gemüts-Regungen /und auch äusserlichen Sinnen / reitzen und neigen können. Er weiß aller Menschen Temperament / samt den Affecten / und was daraus für Würckungen zu entstehn pflegen. Daher kommts / daß er offt / auf ein Haar / eintrifft / mit seiner Vordeutung / was die Leute beginnen werden; oder / daß GOtt dieses oder jenes Volck straffen / dieses oder jenes Kriegsheer /durch Schwert / Hunger / und Pestilentz / umkommen / dieser Mensch von jenem getödtet / oder ein Fürst vom Thron künfftig gestürtzt werde: Denn auch dieses kann er / aus dem Eyfer und starcker Verbündniß der Zusammgeschwornen / oder Unachtsamkeit und Unfürsichtigkeit deß Fürstens / abnehmen.

Fürs Dritte / kann der Satan noch vielmehr solche Sachen zuvor verkündigen / die aus nothwendigen Ursachen / als nothwendige Würckungen / fliessen / und von andren natürlichen Ursachen nicht verhindert werden mögen; als da seynd deß Himmels Lauff / die Finsternissen / Zusammentretung der Gestirne / und dergleichen.

Fürs Vierdte / hat man nicht zu zweifeln / der Teufel behalte alle Sachen im Gedächtniß / was entweder / aus andrer Offenbarung kund / oder / in seiner unsichtbaren Gegenwart / gehandelt worden.

Fürs Fünffte / kann ihm / von dem / was gegenwärtig ist / oder würcklich vorgehet / nichts [800] tunckel /geschweige etwas verborgen seyn. Denn was durch äusserliche Handlung / zur Würckung gekommen /das ist den Teufeln wol bekandt: ausbenommen /wann GOtt will / daß es ihnen verborgen bleiben soll.

Fürs Sechste / kann er offt-wiewol nicht alle mal /die Gedancken der Menschen errahten; aber nicht unfehlbar vorher wissen; sondern nur mutmassen / und abmercken / entweder aus gewissen Zeichen / oder auch aus denen Phantaseyen und Vorstellungen / so er selber ihnen bißweilen zu wegen bringt.

Daß aber anfänglich gesagt worden / er könne die Reichs- und Regiments-Verändrungen nicht zuvor wissen; muß / mit diesem Bescheide / angenommen werden / daß er sie nicht vorher wissen könne / gantz ungefehlt / und aus ihm selbsten. Denn er kann sie sonst / aus gewissen wahrscheinlichen Vermutungen /zuvor vermercken; obgleich nicht / mit gantz unbetrieglicher Vermerckung. Es beglauben die Geschicht-Schrifften / daß er gleichwol offt einen zukünfftigen Regenten zuvor verkündigt hat: als die künfftige Gelangung Theodosii, zum Keyserlichen Thron. Der Mutter / deß Tyrannen Neronis, hat er ja / als sie ihn fragen lassen / zur Antwort gegeben / ihr Sohn würde regieren / aber seine Mutter umbringen. Worauf sie gesprochen / Occidat, modò imperet! Er mag mich immerhin tödten / wann er nur herrschet! 1

[801] Daß der Satan auch / von künfstiger Zufälligkeit /oder auch von solchen Handlungen / so am freyen Willen deß Menschen hangen / keine Vorwissenschafft habe; braucht eben so wol eine gewisse Unterscheidung. Denn daß sie ihm so gewiß / so ungezweifelt / und Irrthums-frey sollten vor-kündig seyn / wie dem allwissenden GOTT / kann man / ohne Verunehrung Göttlicher Allwissenheit / nicht setzen. Unterdessen zeugen doch warhaffte Geschichte / daß er auch die manches Mal vorher wisse / und richtig anzeige; solchem nach seine Vorwissenschafft / in obige Schrancken allein / sich nicht allezeit schliessen lasse: darunter auch wol billig diese für eine / mitpassiren kann / so sich / in diesem Welt-Alter / in Norwegen begeben hat.

Ein Bergwerck-Schreiber daselbst führte diese kluge Weise / daß er seine Korn-Böden / Küchen /und Keller / weil der Ort seines Aufenthalts / von den Städten / weit abgelegen war / fein zu rechter Zeit /früh versorgte / und so offt er / in die benachbarte Städte reisete / allezeit etwas mit sich heimführte /womit er sich / wider den Winter / und Krieg deß Magens / mögte wehren. Daher schaute man / allerdings auch in seiner Schlaffkammer / alle Behalter voll Gewürtz; daß ich nicht / von so mancherley Feldfrüchten / und Gemüß-Korn / ein Mal sage.

So offt nun dieser Berg-Schreiber / entweder in der Kirchen deß Gottesdiensts / oder in der Berg-Gruben /seines Amts / wartete; so offt sahe er / wenn er /gegen Abend / heimkam / daß alles sein Gewürtz /und andre Früchte / die man [802] verspeisst / als Korn /Gersten / Erbsen-Senff / etc. durchs gantze Zimmer /in Form der Pyramiden / gäntz Kunst-richtig / hie und da / empor gerichtet war; und zwar so nett / zierlich /und perfect / daß jener Schleckerey- und Tafel-Meister / Apicius, mit seiner Kunst / sich dafür hette verkriechen müssen.

Er entsetzt sich darob / und lässt seinen Pfarrherrn zu sich bitten / um bey demselben sich Rahts zu erholen / und zu vernehmen / was davon zu halten sey. Der spricht / er könne es für nichts andres / als teuflische Gauckeley / erkennen: zumal / weil er so wol auf dem Bette / ja gar unter den Bett-Tüchern / als auf dem Pflaster / gleichsam gantze Legionen (oder Regimenter) von Erbissen / Senff / Korn (oder Roggen) und andren rundlichen Körnern / die man / viel Meilwegs weit von dem Bergwerck / vergebens gesucht /zu kleinen Pyramiden oder Thürnlein aufgerichtet sahe. Und weil man wol wüsste / daß das Centrum oder Mittel-Tupff deß Gewigts (Centrum gravitatis) so richtig und genau zu finden / in keines Mathematici Vermögen stünde / damit er beydes so schleunig /und so accurat oder vollkömmlich / dergleichen /runde Körnlein also aufthürnen mögte: vermahnte er den Schreiber / er sollte fleissig beten / und dadurch deß bösen Feindes Gauckelwerck von sich treiben.

Wiewol dieser nun solchem fleissig nachkam; wurden dennoch die / voneinander zerhäuffte / Pyramiden gar offt wieder aufgehäufft / und aufs curiöseste formirt. Derhalben ward er Sinnes / diese / bißher ziemlich-lang verschwiegene Abentheuer [803] den Anwohnern der Berg-Gruben zu eröffnen / und / was sie ihm rahten würden / anzuhören. Diese sagten gleich / mit fröligem Blick / er sollte gutes Muts seyn: es würde ihm hiemit nichts Böses bedeutet: Denn es trieben nur die unterirdische Berg-Geister also ihren Schertz und Kurtzweil / und weissagten ihm damit / er würde nicht Hungers sterben; sondern seine übrige Lebens-Zeit / unter einer grossen Menge Korns / und allerley Hülsen-Früchten / zubringen. Er glaubte diesen Landleuten so viel davon / als er wollte / das ist / gar wenig.

Uber zwey Jahre hernach musste er / in seinen Verrichtungen / nach Copenhagen reisen: da ihm ein grober ungeschickter Bader so übel geschröpfft / daß er ihm / mit dem Laß- oder Schrepff-Eisen / die Knie-Sennen durchgehauen: weßwegen er den DoctorOlaum Borrichium holen lässt / und von demselben Hülffe begehrt. Welchem er damals / für die lange Weile / diesen possirlichen Handel von den Korn-Pyramiden erzehlt / und über die thörichte Weissagung so wol der Geister / als der Bauren / weitlich lacht.

Aber / (wer sollte sich nicht darob verwundern?) sechs Jahre hernach / nemlich von Zeit der erblickten Korn-Thürnlein an / wird er / gantz unvermutet / über das Königliche Korn-Haus gesetzt / und folgends General-Proviandmeister über die gantze Königliche Flotte. Welchem Amt er / mit grossem Lobe / vorgestanden / und offt gelächelt / wann ihn besagter Doctor Borrichius, bey Gelegenheit / seiner eigenen Erzehlung von den Korn-Pyramiden erinnert hat.

[804] Dieser berühmte Doctor / welcher den Handel selber beschrieben / 2 schliesst solche Erzehlung nicht unbillig / mit dieser Frage: Wer wird hie erachten /woher die genii præsides ærariarum, oder Geister /so den Bergwercken vorstehen / solche zufällige Sachen haben zuvor wissen können?

Daß er sie præsides ærariarum nennet / ist für sie zu viel: denn es seynd solche Berg-Geister keine gute / sondern böse Engel / die nicht / als Præsidenten /oder Vorsteher / sondern als Gefangene / in den Bergwercken / und denen benachbarten Oertern herumflattern; ob sie gleich allerley Gauckeley und Büberey darinn treiben.

Seine Schluß-Frage aber zu beantworten / dörffte nicht so leicht fallen: Unser Verstand reicht / in diesem Leben / so hoch nicht / daß er die Höhe der Scharffsinnigkeit eines Engels sollte ersteigen / und so genau Alles fassen oder begreiffen können / durch welches ein Geist zukünfftige / und zwar zufällige Sachen / manches Mal vorher sihet.

Jedoch halte ich dieses Exempel für keines der allerschwersten; sondern für ein solches / das er wol leicht habe in Vorwissenschafft bringen können. Denn er hat ohne Zweifel mancherley Beschaffenheiten in Betrachtung / und daraus eine starcke Mutmassung gezogen / dieser Berg-Schreiber würde seine Feder dermaleins / in höhern Geschäfften / noch gebrauchen. Zuforderst hat er an ihm verspührt eine sonderbare haushalterische [805] Emsigkeit / an demselben / und eine geschickliche Versehung deß Hauptwesens / wie auch sonderbare Lust und Sorgfalt / für Küchen / Keller / und Speicher / allerley Vorraht / zu rechter Zeit / um wolfeilsten Preis einzukauffen: Zweytens /einen Verstand / Fähigkeit / und Unverdrossenheit /zu einer viel grössern Oeconomie, Dispensation / und Hausmeisterey / und zu einem Commissariat in Verwaltung einer hochfürnehmen Proviand-Meisterschafft: Drittens / eine gewisse Art und Manier sich /bey hohen Leuten / angenehm zu machen / und ihre Gunst zu gewinnen / durch bequeme Reden / Geberden / und diensthaffte Aufwartung: welches die gewöhnlichste Mittel seynd / sich bey den Grossen einzuwerben / und das Hertz derselben / samt dem Ohr /zu fahen. Vierdtens / hat er vermutlich / bey diesem Mann / auch ein Verlangen / nach der Verbesserung seines Zustandes / und Gedancken auf ein höhers Amt / gemerckt: welche nicht wol auf was anders / als auf Proviand-Wesen / oder dergleichen Verwaltung / gezielt haben mögen. Wiewol diß letzte etwas ungewiß; nemlich daß er so eben / nach einer Proviandmeisterey / sollte getrachtet haben / und nicht vielmehr ein fürnehmers Amt bey dem Bergwerck gehofft.

Es kann aber / fürs Fünffte / der Geist auch wol /zu Kopenhagen / bey etlichen Grossen / eine grosse Neigung zu diesem Mann verspührt haben: weil ihnen seine gute Qualitet / durch seine Freunde und Patronen / bekandt gemacht / auch er selber sich bißweilen mit Einem und Andrem / womit man die Sach recht nachdrücklich zu erzehlen [806] pflegt / bey dieser oder jener viel-geltenden Person / sich lange vorher vielleicht recommendirt hat: daher man ihm die Proviandmeister-Stelle / so bald dieselbe würde ledig werden /beym Könige auszuwürcken / schon lange vorher entschlossen gewest. Aus welchem Allen der Geist die Mutmassung gefasst / dieser Mann würde dermaleins Proviandmeister über die Königliche Flotte werden.

Ich gestehe aber gerne / daß gleichwol diese erzehlte Merckzeichen nicht alle von gleicher Gewißheit: sonderlich dieses / daß der Schreiber / nach einer höhern Verwaltung getrachtet hette: weil er nemlich selber die Weissagung der Bauersleute / welche ihm damit gleichsam gratuliren wollen / verlacht hat. Zudem hat / aus allen obberührten Observationen /der Geist dennoch keine so genaue Wissenschafft schöpffen können / daß dieser Mann eben zum General-Proviandmeister würde gemacht / und nicht vielmehr sonst mit irgend einem andren Amt von Hofe angesehn werden: wenn er je sich / bey den Grossen /auf ersterwehnte Weise beliebt gemacht / und ihm daselbst / durch beforderlichste Mittel / hohe Patronen erweckt hette.

Derhalben muß der Teufel vielleicht noch andre /uns gantz verborgene / Gründe haben / daraus er die Vorwissenschafft / oder aufs wenigste starcke Vermutung solcher sonderbaren zufälligen Obhandenheiten erlangen könne.

Fußnoten

1 Vid. Binsfeld. in Rub. Cod. de Malef. & Mathemat. Not. 10.

2 In Actis Medicis D. Thomæ Bartholini Vol. 3. Observat. 68. p. 171.

77. Die bestraffte Vor-Schau deß Bräutigams

[807] LXXVII.

Die bestraffte Vor-Schau deß Bräutigams.

Es ist ein ungereimter Handel / daß man von dem /der alles zeitlichen und ewigen Unheils erster Urheber ist / sein zukünfftiges Heil / Glück / und Wolfahrt /zu erfahren / sich Tod-sündlich erkühnt / und denjenigen Geist um Raht / oder Nachricht und Vorverkündigung begrüsst / der alle seine Raht- und Anschläge /auf deß Rahtfragers Verderben stellet / und eben /durch solches ungesegnetes Rahtfragen / Macht gewinnt / den Fragenden entweder / durch einen bösen Raht / oder auf andre Weise / in Schaden und Unglück / wo nicht gar um den Hals / zu bringen.

Mit dieser schädlichen Thorheit / beflecken sich auch viel mannsüchtige Dirnen / welche / zu erkündigen / wer ihr Liebster und Heiraht werden solle / auf Anleitung alter aberglaubischer / und wol gar zaubrischer Vetteln / bey gewissen heiligen Zeiten / gemeinlich aber in der Nacht vor dem S. Andreas- oder hochheiligem Christ-Fest / an einem Kreutzwege / oder vor dem Küchenheerd / sich nidersetzen / alsdenn entweder / zum heiligen Andrea / die abergläubische Frage thun / oder sonst andre besondre Worte sprechen / und also / auf die Erscheinung deß vermeynten Bräutigams / warten. Dabey ihnen aber insgemein diese saubre Bedingung ernstlich eingebunden wird /daß / [808] wann Jemand erscheinet / sie nicht reden / noch an GOtt gedencken / viel weniger GOtt nennen / und anruffen sollen.

Etlichen Einfältigen / welche der Satan zu furchtsam / oder noch ein wenig gewissenhafft / achtet /wird dergleichen von dem Wahrsager-Geschmeiß nicht vorgeschrieben / sondern nur etwan ein umgekehrtes / oder von hinten zu betendes Vater Unser. Wodurch manche junge Menscher in die Gedancken verführt werden / es sey keine Sünde / weil es ja ein heiliges Gebet: ohnbedacht / daß die Mißbrauchung heiliger Gebete / zur Wahrsagerey und teuflischen Fragen / eben die grösseste Sünde sey.

Es bleibt aber solcher verdammlicher Fürwitz nicht ungestrafft. Denn entweder bleiben solche Zitrönlein unverheirathet sitzen / in armseliger Einsamkeit; oder kommen zu Fall / und mit Schanden eher ins Gefängniß / als in den Ehestand; oder führen eine böse Ehe mit ihrem Mann; oder werden alsofort im Haupt verrückt / oder dermassen erschreckt / daß sie den Tod drüber nehmen.

Vor fünff und zwantzig Jahren ungefähr hat sich in einer Stadt / die ich nicht nenne / ein einfältiges Weibs-Stück / zu dergleichem Handel / bereden lassen / und an einem Kreutz-Wege übernachtet: Massen denn solches Werck der Finsterniß / im Finstern / getrieben wird. Daselbst ist sie / durch ein Gesicht / so hefftig erschreckt worden / daß man sie frühmorgends / als wie todt / angetroffen / und ob gleich die Lebens-Kräffte wiedergekehrt [809] / dennoch der Verstand ausgeblieben. Daher man denn keinen Bericht von ihr erholen können / wie ihr geschehen: weil sie / immerzu im Haupt verstreut / nicht wusste / was man sie fragte: ausbenommen / daß sie / nach etlichen Tagen / mit seufftzen / gesprochen: Ach! verzeihe es GOTT der Alten! wie hat sie mich armes Kind angeführt! Kurtz vor ihrem Ende / welches bald drauf gefolgt /ist sie wieder / zu völliger Vernunfft / gelangt / und hat so viel berichtet; daß / nachdem sie die gewöhnliche Miß-Gebräuche / an dem Kreutz-Wege / abgestattet / ihr / gegen über / auf dein Dach / eine feurige Todten-Baar erschienen: worüber sie in solchen Schrecken gefallen / daß ihr Hertz und Sinn entfallen sey.

Vor vielen Jahren / trieb ein gleicher Fürwitz ein junges und wolgestaltes Mensch in Oesterreich / die ihres Gleichen noch wol in Ehren bekommen / so sie /mit GOtt und Ehren / es angefangen / der Göttlichen Vorsehung getrauet / und der Zeit ihres Glücks erwartet hette. Denn der Mensch kann es je nicht besser treffen / noch sicherer gehen / als wenn er die Vorwissenheit seines Glücks- oder Unglücks derjenigen Allwissenheit heimstellet / welche zu den Ihrigen spricht: Ich will dich / mit meinen Augen / leiten! Wer aber / mit deß Teufels Augen / der ein Geist der Finsterniß ist / vor sich aus- und ins Zukünfftige schauen will; der muß anstossen und fallen. So ist es auch dieser Oesterreicherinn ergangen.

Sie hat / auf Einrahten einer alten / dem Satan wolbefohlenen / und / in seinen Diensten / [810] verruntzelten /Mutter / zu Mitternacht / mit erforderten Zeremonien /ihren Liebsten zu sehen begehrt. Worauf ein Schuster / mit einem Dolch / daher tritt / ihr denselbigen zuwirfft / und darauf schnell wiederum aus dem Gesichte kommt. Sie hebt den / nach ihr geworffenen / Dolchen auf / und sperret denselben in eine Truhe. Nach kurtzer Zeit / wird ihr eben dieser Schuster zur Ehe.

Die Frucht der Sünden geht nicht allemal auf / zu einerley Zeit: Einer erndtet den ausgesäeten bösen Saamen langsamer ein / als der andre: Denn die Göttliche Rache verbirgt sich bißweilen / und schlummert eine Zeitlang; wacht aber hernach einmal plötzlich auf / und bricht desto schrecklicher / über den Unbußfertigen / aus. Solches ist auch diesem Weibe widerfahren / etliche Jahre nach ihrer Verheirathung. Denn wie sie eins nach der Sonntags-Vesper / zu ihrer Truhen /gehet / um eines und Andres hervor zu suchen / gegen den Morgenden Tag / zur Arbeit; kommt ungefähr der Mann drüber zu / und bittet / sie solle ihn doch einmal sehen lassen / was sie Gutes in dieser Truhen habe / welches er bißhero noch nicht erlangen können. Ihr erschrockenes Widerstreben vermehrt ihm sein Gelüsten: und weil sie mit Güte nicht will / sondern sich sehr dawider sträubt / stosst er sie mit Macht auf die Seiten / schauet hinein / erblickt den längst verlohrnen Dolch / erwischt denselben alsofort / und begehrt kurtzum zu wissen / wie sie zu dem Dolchen gekommen / den er einsmals verlohrn habe? Die Bestürtzung giebt wenig Raums zu einer Erfindung /[811] oder ertichtetem Vorwand. Sie wusste gar nichts vorzuschützen: der Schreck hatte ihr so wol aus dem erblasstem Angesicht / als aus dem Sinn / alle Farben weggelescht: also sprang endlich die gepresste Warheit heraus / und bekannte sie / auf sein ernstliches Andringen / es wäre ja eben derselbige Dolch / den er ihr hinterlassen / in derselbigen Nacht / da sie um ihn gebetet hette.

Hierauf ergrimmet er / und spricht: Ey du tausend Sacraments-Hur! so bist du die redliche Dirne /welche mich / in selbiger Nacht / so unmenschlich hat geängstet! Und stosst ihr damit den Dolchen mitten durchs Hertz. Wofür hingegen ihm das Gerichts-Schwert / durch den Hals / gedrungen.

Man erzehlet dergleichen Begebenheiten / wiewol mit Verändrung der Personen / Oerter / und andrer Umstände / noch mehr. Bey Hamburg / solle ein Mann-hungrige Schwester eben solches Mittel fürgenommen / und darüber einen Forst- oder Wildmeister erblickt haben. Welcher / weil sie / vor Schrecken /sich zu segnen / angefangen / seinen Hirsch-fänger nach ihr geworffen / und damit verschwunden. Sie aber verwahrt den hinterbliebenen Hirsch-fänger / mit allem Fleiß.

Es steht nicht lange an / da bekommt sie den Wildmeister ins Ehe-Bette: ob es nicht mit einiger Arglist /und auf unziemliche Weise geschehn / steht dahin /und gar nahe bey der Vermutung. Denn solche Tröpfsinnen / die / von dem ewigen Feinde ihres GOttes /die Person / so ihnen soll [812] zur Ehe werden / erkündigen wollen / seynd auch nicht zu fromm dazu / daß sie denselbigen / dessen Gestalt ihnen der böse Geist vorgestellt / durch gewisse Rencke und Netze / an sich leichtfertig verstricken / und entweder durch Unzucht / oder Liebes-Träncke / oder andre böse Künste / gefangen nehmen.

Doch dieses der Ungewißheit heimgestellt / auf was Weise sie nemlich dieses Wildprets fähig worden / ob sie demselben die Garnen gestellet / oder ob es freywillig drein gegangen / und ihre Schönheit vielleicht das Netz gewest: so hat sie doch gewißlich nur gleichsam um ihren Hencker / oder Scharffrichter gebuhlt. Denn nachdem sie / mit diesem Forstmeister /ein Kind gezeugt; begiebt sichs / daß er nach einer Sachen fragt / die in ihrem Kasten ligt / und zwar eben denselbigen / darinn sie den Hirsch-fänger / in einer Beyladen / bißhero fleissig aufgehebt hatte. Sie /die eben das Kind säugt / und derhalben nicht gern aufsteht / reicht ihm den Schlüssel / zu eben derjenigen Truhen / mit Bericht / in derselbigen werde er ein Solches finden / wie er begehre: und gedenckt nicht daran / daß der Hirsch-fänger in der Beyladen lige. Er / der vordem noch nicht gesehen / was sie / in selbiger Truhen Alles hette / bekommt Lust / dieselbe gäntzlich zu erörtern; und wird / nach Eröffnung der Bey-Lade / seines vormaligen Hirschfängers / mit höchster Befremdung / gewahr; ergreifft denselben / weiset ihn seiner Frauen / und will durchaus wissen / woher sie solchen habe? Denn es sey sein Hirsch-fänger / der ihm / in der Andreas-Nacht / weggekommen. Und weil ihm [813] ihre Bestürtzung zu mercken giebt / daß es nicht richtig darum; setzt er desto inständiger an sie /mit Erforderung einer gründlichen Bekenntniß.

Da sie nun gantz heraus geht / und das Geheimniß von sich bricht / wie er nemlich / in selbiger Nacht /da sie gebetet / selbigen Hirschfänger nach ihr geworffen / überwältiget ihn der gähe Zorn so grausamlich / daß er / unter diesen Worten / Hast du Schand-Balg / solche Mittel gebraucht? und mich damals in so schreckliche Angst gesetzt? mit einem grimmigen Streich / ihr die eine Brust / und dem daran saugenden Kinde zugleich den halben Kopff / weggehauen.

An einem andren Ort / setzt man / für den Wildmeister / oder Schuster / einen Metzger; für den Dolchen und Hirsch-fänger aber / ein Messer: und wer weiß / ob man nicht wiederum anderswo einen Schneider mit der Scheer dafür angiebt / oder einen Schwertfeger mit einem Hiebdegen?

Wie dem allen; so ist doch wol glaublich / daß /was an einem Ort / mit dieser oder jener Person / sich zuträgt / solches auch wol / an andren Orten / andren Personen / die ein Gleiches fürnehmen / begegnen könne; oder daß / was warhafftiglich an einem gewissen Ort / vorgegangen / selbiges hernach / durch diejenige / so es gehört / aber den rechten Ort aus der Acht gelassen / einem andren Ort / und auch andren Leuten / zugeschrieben wird. Denn es giebt zur Verwerffung oder Leugnung einer Geschicht / nicht Beweises gnug / wenn dieselbe / an unterschiedlichen Oertern / unterschiedlich [814] vorgebracht wird. Unter diesen dreyen Begebenheiten / welche / mit Umständen /einander so nahe verwandt / halte ich die Wienerische für die allergewisseste: sintemal die Leute noch am Leben / welchen dieses / von solchen Personen / beglaubt worden / die sich damals zu Wien aufgehalten /als der Schuster / um gedachter That willen / seinen Kopff hergeben müssen.

Man will auch dieses unter die unertichtete Sachen rechnen / was / vor schon langer Zeit / ebenfalls / unferrn von Wien / auf einem Schloß / soll passirt seyn. Eine alte Köchinn hatte drey Edel-Jungfern unterrichtet / wie sie sich / bey Herzuforderung ihrer erscheinenden künfftigen Ehliebsten / hetten zu verhalten; nemlich sie sollten / von allen ihren Mittags- und Abend-Essen / ein wenig aufheben / und solche Bißlein / nebst einem Trüncklein Weins / auf den Tisch stellen / auch ein Karten-Spiel auflegen; alsdenn würden ihre drey Bräutigams / so aber / mit gewissen Worten / von ihnen zu Gast geladen werden müssten /sich zur Tafel einfinden. Welches sie Alles getreulich in Acht genommen und erfüllet / und zwar viel fleissiger / als die Zehen Gebot / zumal das erste / andre /und dritte.

Wie nun diese drey saubre Charitinnen (oder Närritinnen) ihre aberglaubische / und den Christen unziemliche Narrentheidungen / verrichtet / auch ihre künfftige Liebsten eingeladen; stellen sich drey Cavalliers ein / sitzen zu Tisch und essen / (jedweder von dem Teller derselben / deren Liebster er werden sollte) heben auch / nach der kurtzen Mahlzeit / an /zu spielen. Einem unter ihnen [815] entfällt endlich ein Karten-Blat: weßwegen Eine der Jungfern / aus Höflichkeit / hinzu tritt / und sich unter den Tisch ernidrigt /um das Blat wieder auf zu langen. Indem wird sie gewahr / daß diese drey Cavalliers gefüsset seyen / wie die Böcke / und entsetzt sich dermassen darob / daß sie der Bedingung / kein Wort zu reden / vergisst /und mit einem lauten Zeter-Geschrey anhebt: JEsu! sey mir gnädig! Mit welchen Worten sie zugleich eiligst davon fleucht / in ihrer Mutter Kammer.

Ihr Cavallier laufft ihr nach; muß aber / vor der Kammer-Thür / stehn bleiben; und spricht: Hettest du dich nicht / in diese Kammer / retirirt / die mir verboten wird / sollte es dir ergangen seyn / wie deinen Gesellinnen. Die der Teufel alle / nemlich die zwo übrige Jungfern / samt der Magd / als der Angeberinn dieses Handels / auf Stücken zerrissen.

Ob mir nun gleich dieser grausame Ausgang / für gewiß / aufgetragen worden: laß ich ihn doch / zwischen Gewiß- und Ungewißheit / Geschicht und Geticht / schweben: und verwundre mich / wenn es würcklich also geschehen / daß keine Geschicht-Bücher eines so denckwürdigen Handels Meldung gethan. Doch wird Manches / der Famili zu Ehren / bißweilen unterdruckt / oder von dem Druck ausgelassen.

Dieses folgende soll / wie ein ansehnlicher Mann /so noch im Leben / bezeugt / in rechter Warheit / sich / zu N.N. in der Schlesien / als er sich daselbst bey Hofe aufgehalten / begeben haben. Drey Hof-Jungfern haben / in einer [816] heiligen Nacht / gleichfalls sich / an einen gedeckten Tisch / gesetzt / und über das drey Teller / an so viel ledige Stellen gelegt / für ihre erwartende Liebsten / welche / auf ihre Einladung / sollten erscheinen. Worauf nur zween Cavalliers hinein gekommen / und sich zu zweyen Jungfrauen an den Tisch gesetzt; der dritten verhoffter Beysitzer aber ausgeblieben. Als nun dieselbe darüber traurig und ungedultig worden / endlich auch / nach langem vergeblichem harren / aufsteht / und sich ins Fenster legt: erblickt sie / gegen ihr über / einen Sarck / darinn eine Person ligt / so ihr gantz gleich gestaltet. Worüber sie / vor Schrecken / erkranckt ist / und bald hernach gestorben.

Am allergewissesten kann ich / für eine Gewißheit / ausgeben / was einer fürnehmen Jungfrauen / die ich gekandt / widerfahren. Dieselbe war noch zart / und im zwölfften Jahr ihrer blühenden Jugend / als eine von ihren Mägden ihre jugendliche Einfalt überredet /sie solle / in der Andreas-Nacht / sich zum Feuerheerd gantz allein setzen / und nur das Vater Unser rückwerts sprechen: Alsdenn werde sie ihren künfftigen Bräutigam zu sehn bekommen. Wie das Mägdlein solches thut; öffnet sich die Küchen-Thür / und tritt eine weisse Gestalt herzu. Worüber sie die Einbildung bekommt / die von ihr hinausgegangene Magd sey es / habe ein weisses leinen Tuch um sich gewickelt / und gedencke / ihr einen Schertz-Schrecken zu machen: weßhalben sie ihr zurufft: Du Närrin /meynst nicht / daß ich wisse / du seyest es.

Das weisse Bild tritt hierauf näher zu ihr. Da ersiht sie / daß dasselbe / im Angesicht / gantz [817] Todten-färbig / wie eine Leiche. Und weil sie hieran merckt / es müsse ein Gespenst seyn; schreyet sie der / draussen vor der Küchen stehenden / Magd zu / sie solle ihr zu Hülffe kommen. Da weicht das Gespenst hinter sich /in eine Ecken / und verschwindt. Die Magd aber eilet zur Thür hinein / spricht ihr zu / sie solle sich nicht fürchten / und nachdem sie vernommen / was ihr sey erschienen / macht sie ihr diese Auslegung darüber /ihr Bräutigam werde der Tod seyn.

Nun hat zwar diese Jungfrau hernachmals / da sie zu mehrerm Verstande gelangt / sich gantz züchtig /erbar / und christlich / gehalten / auch ein Alter von 67 Jahren erreicht; aber viel Unruhe / und Mühseligkeit ausgestanden: und ob ihr gleich zwo Heirathen /zu unterschiedenen Malen / angetragen; hat sichs doch / beydes Mal / wiewol ohn ihre Schuld / zerschlagen. Und weil sie überdas um ihr Erb-Gut / von bösen Leuten / schelmisch betrogen worden; ist sie ledig verblieben / biß an ihr Ende.

Von einer Magd sagt man / daß dieselbe sich / wie Manche alsdann thun / nackt ausgezogen / und hinterwerts / mit einem Besem / die Stuben gekehrt; in Hoffnung / ihren Bräutigam zu erblicken. Darüber Jemand von hinten zu (der Teufel nemlich) ihr einen Streich / auf den Rücken / gegeben. Womit die Göttliche Zulassung vermutlich so viel sagen wollen / daß ihr der Besem billig den Buckel kehren sollte. Es hat aber ihre Vernunfft die Striemen davon empfangen: angemerckt / sie gleich rasend worden.

Mancher Orten haben solche saubre Schwestern [818] im Gebrauch / daß sie drey Gläser auf den Tisch stellen /das erste voll Wassers / das zweyte voll Biers / das dritte voll Weins. Das Wasser soll eine Ehe und Ehmann von geringen Mitteln bezeichnen; das Bier ein ehrliches Auskommen / im Ehstande; der Wein eine reiche Heirath.

Hievon setzt Doctor Frommannus, in seiner Schrifft de Fascinatione Magica, ein sonderbares Exempel / und berichtet / es habe / bey seinen Eltern /eine Magd gedient / welche / durch dergleichen Mittel / eine Weissagung ihres Heiraht-Glücks gesucht / und von ihrer Edel-Frauen / in deren Diensten sie damals gestanden / sich bereden lassen / diese verfluchte Weise zu begehen / und zwar in Gesellschafft zweyer Mitdienerinnen. Jedwede hat drey Gläser vor sich gesetzt; die Edel-Frau aber / in der Kammer stehend /durch die offenbleibende Stuben-Thür / dem gantzen Verlauff zugeschaut; indem die drey Dirnen Fadem-nackt am Tisch gesessen / und auf den Anblick ihres Liebsten geharret.

Hierauf ist / zum Ersten / ein Hausknecht (oder vielmehr der in dessen Gestalt verstellete Geist) hineingetreten / hat das Glas mit dem Wasser genommen / und sich damit fort gemacht. Nechst diesem ist Einer / wie ein Büttner / erschienen / hat das vor der andren Magd stehende Bierglas erwischt / und darauf seinen Abtritt genommen. Der dritte händigte ihm selbsten das Weinglas ein / und tratt auf als ein Dorff-Schulmeister / in schwartzer Kleidung / und leinen Strümpffen. Dieser ging / mit dem Weinglase / davon.

Es soll auch solche stumme Vorsagerey der [819] Ausgang bestetigt haben / wie die dritte Magd besagten Frommannischen Eltern dabey angezeigt. Die erste /welcher das Glas mit Wasser gehört / ist / mit einem Knecht / in Eh- und Weh gekommen / hat schmales Brod mit ihm beissen / und ihren Durst / mit Wasser /stillen müssen / vermutlich also den Schweiß deß Angesichts offt mit Threnen vermischt. Die Andre ist besser berahten worden / mit einem wolhabendem Büttner / bey dem sie keine Noth gelitten: imfall sie nicht etwan sonst eine böse Ehe mit ihm geführt: angemerckt / dergleichen / also angefangene / Heirahten hernach seltē ohne Zwietracht / und Widerwertigkeit /bleiben. Was sie aber selbst / die Dritte / welche dieses erzehlet hat / für einen Bräutigam gewonnen / ist dem Author unwissend: weil sie / aus seiner Eltern Diensten / und auch gar aus ihrer Heimat hinweg gekommen / in die Fremde: da vielleicht ein Schulmeister auf dem Lande sie geheirahtet. 1

Zu dieser Materi schickt sich zwar besser seufftzen / als lachen: doch kann Einer kaum ohne Gelächter lesen / was / vor nicht vielen Jahren / etlichen Mann-lüsternen Dorff-Nymphen in Crain ist widerfahren /als sie sich / am heiligen Christ-Abend / vertraulich /auf einen nächtlichen Spatziergang in einen kleinē Wald / zu einer Brunnquellē / verbunden.

Ein junger Baurenkerl hatte unvermerckt Alles angehört / was die zwo junge Bäurinnen miteinander geredt / und welchem Ort sie ihre Wasser-Weissagung bestimmt hetten. Weil er dann trefflich gern Eine dieser Beyden zur Braut gehabt [820] hette: ging er / vor ihnen / heimlich hinaus / in den Wald / nach der bezielten Brunnquellen: und weil dieselbe / von einem hart daran stehendem Baum / überzweiget ward / schätzte er solchen Baum gar dienlich und bequem zu seinem Wunsch / nemlich daß die beyde Bauren-Mägde / in dem quellendem Wahrsager-Spiegel / sein Ebenbild erblicken mögten; erwehlte derhalben selbigen Baum / zu einem Gerüst / darauf er seine / und auch deß Wahrsager-Geistes / Person zu spielen wünschte /kletterte also denselben hinan / und setzte sich auf einen Ast / welcher ob dem Wasser-Pfühl (denn diese Wasserquelle macht daselbst eine etwas breite Pfützen) hervor hing. Allda wartete er / mit heisser Begierde und Verlangen ihrer Ankunfft. Er hoffte / der Betrug sollte ihm desto besser gelingen / weil er ihnen / unter andren / diesen Vergleich abgehorchet hatte /daß Keine ein Wort reden / noch über- oder hinter sich / schauen sollte; wie ihnen vermutlich eine alte Vettel solchen Unterricht mitgetheilt. Denn sonst hette er besorgen müssen / die ziemlich-klare Nacht dörffte ihn / für ihrem Anblick / nicht gnugsam verbergen.

Nachdem sie nun ihrem Vorgänger endlich gefolgt / und die Brunnquell im Gehöltz erreicht hatten; guckten beyde ins Wasser / in Vermutung / eines frischen jungen Pflug-Ritters darinn ansichtig zu werden. Wie Jener solches merckt / lenckt und streckt er den Kopff / auf dem Ast / besser vorwerts hinaus /nach aller Möglichkeit: damit das Wasser seine Gestalt desto gewisser empfangen mögte. Aber der Ast /so vermutlich schon etwas älterlich und gebrechlich /oder sonst einer solchen [821] Bürde nicht gewachsen war /ward ungetreu / und brach / ehe denn sichs der Dorff-Courtisan versahe. Darüber dann dieser plötzlich sich gezwungen fand / an stat seines Ebenbildes / oder Schattens / und Konterfeyts / sich selbsten / als das lebendige Original / ihnen im Wasser zu unterwerffen. Denn er fiel herab / plumpte und platzte in die Brunnquelle hinein / mit so schrecklichem Geräusch /daß die zwo Wasser-Schauerinnen / in der Einbildung / es führe der lebendige Teufel von oben herab / oder stürtzte sich vielleicht / mit einer besessenen Sau (wie dort mit zwey tausend) ins Wasser / vor grosser Entsetzung / die Flucht nahmen / und ein furchtsames Wettrennen nach ihrem Dorff anstelleten.

Sie seynd aber hernach hierauf in grosse Kranckheit gefallen / und hat die Eine es gar / mit der Haut /bezahlen müssen. Wie dem liebbrünstigem Crainerischem Corydon das Kühlbad bekommen; lässt der Herr Author ungemeldt. Man hat hierauf dem Wäldlein den Namen Kurbenborst, das ist / Hurenwald /gegeben. 2

Fußnoten

1 Vid. D. Frommannus de Fascinatione Magica lib. 3. Part. 6. c. 7. p. 79.

2 S. das XVI. Capittel deß Siebenden Buchs Topographisch-historischer Beschreibung deß Hertzogthums Crain.

78. Das Unglück-weissagende Krystall

[822] LXXVIII.

Das Unglück-weissagende Krystall.

Daß denen / welche / durch aberglaubische Mittel /ihr künfftiges Ergehen / vorher zu sehen / begehren /von Ewigkeit her / eine Straffe bestimmt sey / mercket man allerdings hieraus / daß diejenige / welche ihren Bräutigam vom Teufel zu wissen begehren / gemeinlich einen bösen Anblick / oder widrige Antwort / erhalten / oder mit einer übelen und widerwertigen Ehe gefesselt werden. Da sie hingegen / durch fleissiges Gebet / eine erfreuliche hetten hoffen und erharren können. Solches soll abermal / durch eine Geschicht /bezeugt werden.

Eine Jungfrau / zu N.N. welche so wol von Gestalt / als Geschlecht / fürnehm war / trug Gunst und Liebe gegen einem seinem jungen Gesellen / der ihr solche Liebes-Huld / mit gleich-verliebter Gegen-Huld / beantwortete: also daß sie Beyde / ein eheliches Paar zu werden / inbrünstig verlangten. Aber beyderseits Eltern wollten nicht drein willigen: und solches machte den beyden Verliebten grosse Hertzens-Quaal.

Wie sich der Satan aller menschlichen Leidensreg-und Bewegungen wider der Menschen Heil und Wolfahrt / zu bedienen trachtet: also strebt er mit sonderbarem Eifer darnach / wie er / durch eine eigensinnige / und den Eltern ungehorsame / [823] Liebe / die Leute / in göttliche Ungnade / und grosses Hertzleid bringe. Und zu solcher Verführung / braucht er solche Leute /die schon von ihm verführt seynd: als die Unholden /Wahrsager und dergleichen Geschmeisses Andre mehr. Bey diesen beyden Lieb-entzündten / ergriff er dergleichen Mittel.

Eine alte Vettel / welche / schier in allen fürnehmen Häusern selbiger grossen Stadt / einen Zutritt und Kundschafft hatte / kam / zu dieser Liebverwundten Jungfrauen / auch / um sie / in ihrer Traurigkeit / zu trösten / (rechter zu sagen / ihrer Wunde einen Gifft einzustreichen) und sagte ihr / was sie gerne hörte; nemlich die Person / in welche sie entzündet wäre /würde ihr endlich doch noch unfehlbar zu Theil werden.

Diß war der Jungfer ein Lied / das sie gern hörte /und kam ihr vor / wie eine Labung / auff den Brand ihres Hertzens. Sie begehrte aber / von der Alten /hierüber mehrere Erläuterung / und fragte / Woher ihr solches eigendlich kund wäre? Das Weib sprach: Ich habe die Gnade / von GOtt / künfftige Dinge vorher zu entdecken; darum kann mir dieses so wenig / als viel Andres / verborgen seyn. Euch aber alles Zweifels / an dem / was ich / von eurer künfftigen Heiraht /euch anzeigen werde / zu befreyen / so will ich euch /wie es damit gehn werde / in einem Krystall / so klärlich weisen / daß ihr meine Kunst sollet loben. Allein wir müssen eine solche Zeit dazu ausersehn / da eure Eltern nicht daheim seynd: alsdann sollt ihr Wunder sehen.

[824] Die thörichte Jungfrau lässt sich solches Erbieten gefallen: und / nachdem also der Schluß getroffen / erwartet sie der Zeit / mit Verlangen / daß ihre Eltern nach ihren Landgütern hinaus fahren: Worauf sich die Zauber-Vettel alsofort / bey ihr / einfindet / und von ihr / in ihre kleine Kammer geführt wird. Weil aber die Jungfer / bey dem Weibe allein zu bleiben / sich fürchtet / und darob ein Grausen empfindet: geht sie hinauf / in die Studier-Stube deß damaligen Præceptorn ihres Brudern / nemlich deß Joh. Ristens: welcher damals noch ein Student gewest / nachmals aber als ein gelehrter Poet / und zierlicher Redner / durch seine Feder gar berühmt worden / und diesen Verlauff selber umständlich beschrieben. Demselben vertrauet sie ihr Vorhaben / mit hoher Bitte / er wolle doch hinab kommen / und mit dabey seyn / wann ihr die Wahrsagerinn / die so hoch verlangte Sache / nemlich ihr bevorstehendes Heirahts-Glück / im Krystall /würde vorstellig machen.

Er bemühete sich sehr / diesen sündlichen Vorwitz ihr auszureden / sie um Gottes Willen bittend / eines /in Gottes Wort so hoch verbotenen Handels / müssig zu gehen / daraus ihr leicht ein grosses Unglück entstehn könnte. Aber ihre ungehaltene Liebe trieb viel stärcker dazu an / weder er davon ab: Ihre Begier war viel zu heiß / und brünstig / als daß sie / durch sein höchliches Widerrahten / wäre erloschen. Sie wollte /seines Bittens / Ermahnens / und Warnens / ungeachtet / kurtz um / durch Krystall-Guckerey / deß Ausgangs mit ihrem Liebhaber / sich erkündigen. Er ließ sich endlich / durch ihr überhäufftes / und mit Threnen [825] vermengtes / Bitten / erweichen / daß er / von seiner Studier-stuben / mit ihr / hinunter ging zu vernehmen / was doch das alte Wetter immermehr würde vorbringen. Wiewol er daran nicht weislich gehandelt: sintemal er vielmehr der Jungfrauen ihre unziemliche Bitte hette rund abschlagen / sie ihres Tauff bundes / und wie sie / demselben entgegen / mit dem Satan sich hiedurch verhengen / ja ihre zeitliche und ewige Wolfahrt verschertzen würde / erinnern / anbey auch bedrauen sollen / woferrn Sie / von solchem sündlichem Fürhaben / nicht abstünde / daß er alsdann / ihren Eltern solches anzuzeigen / Gewissens halben verbunden würde. Uberdas wäre ihm besser angestanden / die alte Vettel / gleich / mit rauhen Worten / aus dem Hause wegzuschänden / als einen Zuseher dabey abzugeben: wodurch er besorglich sich der Sünden dieser Jungfrauen / etlicher Massen /theilhafft gemacht. Denn es mögte ein unsinniger Mensch noch so beweglich anhalten / und bitten / ich sollte ihm doch zu einem Messer / damit er sich verletzen könnte / beforderlich seyn; oder mit ihm hingehen an einen gewissen Ort / da er ein zugerichtetes Gifft stehen hette; und zuschauen / was es für eine seltsame Würckung an ihm thun würde: sollte ich darum dem Unsinnigen hierinn willfahren? Oder so ich mit dahin gienge / sollte es auch wol / andrer Meynung / mit gutem Gewissen können geschehn /als daß ich das Gifft mögte hinweg reissen / und den melancholischen / oder absinnigen Menschen / von seinem schädlichem Vorsatze / verrucken wollte? Eben so wenig hette dieser Student / durch die threnende Bitte der / von unsinniger Liebe brennenden /Jungfrauen [826] / sich erweichen lassen sollen / die verfluchten Handlung mit seiner Gegenwart beyzuwohnen / und dadurch derselben Fortgang zu befordern: bevorab / da er wusste / daß dergleichen in GOttes Wort hart verboten. Deß Teufels Wercke muß kein Christ / solcher Gestalt / mit anschauen / aus Lüsternheit / oder einem Andren zu Gefallen; sondern vielmehr dieselbe zerstören helffen / und ruckgängig machen / so viel ihm möglich fällt.

Allein die damals noch etwas unbedachtsame Studenten-Jugend dieses Manns hat es so weit eben nicht ausgerechnet / noch das blosse Zuschauen für Sünde geachtet: indem ihm nicht eingefallen / daß die Sache dadurch / zu ihrer Werckstelligkeit / an stat schuldiger Verhindrung / eine Befordrung erreichte. Wie man denn / aus feiner / selbst auffgesetzten / Erzehlung /nicht anders kann schliessen / als daß ihn nachgehends solche Bitt-Gewehrung / und Beywesenheit /gereuet hat.

Da sie nun in die Kammer kamen; fanden sie das Weib sehr geschäfftig. Sie zoch ihr Wahrsager-Gerähtlein / aus einem kleinem Korbe / hervor; sahe aber ungern / daß die Jungfer / ihn mitgebracht: sagte / sie könnte es ihm in den Augen ansehen / daß er / von ihrer Kunst / nicht viel hielte. Worauf er weiter nichts antwortete / als / sie sollte nur fortmachen; man würde es ja bald erfahren / was sie für eine vortreffliche Künstlerinn wäre.

Hierauff säumte sie sich nicht lange; sondern fing folgender Gestalt an / ihr Expergefex (wie es der Auhor giebt) zu machen. Sie bereitete ein [827] blau-seiden Tüchlein / worauf wunderliche Bilder von Drachen /Schlangen / und andrem Ungeziefer / genehet / oder gestickt waren / über die Tafel: setzte / auff dieses Tuch / eine grüne gläserne Schale; und legte darein ein andres goldfarb-seidnes Tuch (mercke / wie der verdammte Geist / sein verfluchtes Gauckelwerck äusserlich schmückt / und seinen / mit Gunst zu schreiben / Teufelsdreck so ansehnlich heraus putzt / und zieret / als ob es gar was Besonders / und gleichsam der edelste Biesem oder Schlagbalsam / der eines silbernen Büchsleins würdig wäre! Endlich setzte sie auf besagtes Goldfarbnes Tuch / eine ziemlich-grosse Krystallene Kugel; und bedeckte dieselbe gleichwol auch / mit einem weissen Tüchlein / nicht anderst / als ob sie ein grosses Heiligthum verhüllete.

Bald darauff / hub sie an / bey sich selber etwas zu murmeln / auch wunderlich sich zu geberden. Und wie nun solche Zeremonien / oder vielmehr teuflische Narrenpossen / geendigt waren; nahm sie die Krystallene Kugel / mit grosser Reverentz und Ehrerbietung /aus der gläsernen Schalen / rieff die Jungfrau / samt dem Studenten / zu sich / gegen das Fenster / zeigte ihnen die Krystallene Kugel: Darinn sie anfänglich nichts sahen. Bald aber tratt / in dem Krystall / die Braut hervor / in überaus köstlicher Kleidung / und zwar eben so prächtig angethan / als sie / an ihrem Hochzeit-Tage / gewest; wiewol der Herr Rist demselben hernach nicht beygewohnt / aber deßwegen /von andren ehrlichen Leuten / Bericht empfangen hat.

[828] Ob nun gleich die Braut überaus herrlich gekleidt erschien: sahe sie doch (in diesem Krystall) so betrübt und jämmerlich aus / hatte auch dabey eine solche Todtenfarbe / daß man sie / ohn grosses Mitleiden /nicht kunnte betrachten. Sie schauten das Bild an /mit nicht geringem Schrecken. Welcher aber / bald darauff sich noch ungleich mehr vergrösserte; als /gerad gegen der Braut über / der Bräutigam hervor kam / mit einem so grausamen und entsetzlichem Gesicht / (da er doch sonst ein gar freundlicher Mensch war) daß man dafür hette zittern mögen. Er war gestiefelt und gespornt; hatte einen grauen Reisemantel mit güldnen Knöpffen um: unter welchem er zwo neue Pistolen hervor langte / und / in jeder Hand /eine hielt. Die in der lincken Hand / richtete er an seine eigne Brust / oder vielmehr auffs Hertz. Die in der rechten / setzte er der Jungfer Braut recht für den Kopff. Hierüber wurden diese beyde Anschauer / mit einem solchen Schrecken / überfallen / daß sie weder aus-noch ein wusten: biß er endlich die eine Pistole /welche er der Liebsten recht vor die Stirn gesetzt hatte / loßdruckte / mit einem dumpffigten (oder dumperen) Knall oder Puffen.

Darob erstaunten diese Krystall-Gucker / nicht anderst / als ob das Wetter bey ihnen nideroder vielmehr eingeschlagen hette / und Himmel samt der Erden ihnen / auf der Brust läge. Sie stunden gantz erstarrt: biß sie endlich / halb gehend / und halb kriechend /zur Kammer hinaus kamen: da dann das Gesinde genug zu thun fand (so geht man wieder davon / wenn man nach Endor [829] gegangen!) sie ein wenig wieder zu erquicken / und zur Ruhe zu bringen.

Der alten Hexen war / bey der Sache / auch nicht wol zu Mut; als die vielleicht nicht gedacht / daß solche Händel vorfallen sollten: weßwegen sie / über Hals und Kopff / zum Hause hinaus lieff / auch / wie der Author vermutet / so bald nicht wieder gekommen ist.

Unterdessen kunnte Er solches teuflischen Gesichts / in einer geraumen Zeit / nicht vergessen; lag etliche Nächte schlafflos / und bekam offt einen grossen Schrecken: Welches der Jungfrauen / wie sie vielfältig klagte / ebenmässig ist widerfahren.

Dieses Schreck-Eys kunnte gleichwol die / in dem Hertzen der Jungfrauen fort glimmende / Liebe nicht ausleschen; hingegen aber auch ihre Hoffnung den /ihr im Wege ligenden / schweren Stein / nemlich den Widerwillen der Eltern / nicht wegräumen: derselben Sinn und Entschliessung blieb gantz eisern / und von aller Bitte der Tochter ungebogen: Es beharrete so wol die leibliche Mutter / als der Stief-Vater / auff diesem Schluß unerweichlich / daß diese Heiraht durchaus nicht vor sich gehn sollte. Ja sie brachten es vielmehr / durch Bedrauung / und harten Zwang /dahin / daß die Jungfrau einem fürnehmen Fürstlichem Bedienten / in der Nachbarschafft / die Ehe versprechen musste.

Das setzte eine traurige Würckung / und gebar diese aufgedrungene Heiraht der unglückseligen Braut eitel Hertzleid. Sie brachte ihre Zeit zu / in lauter Seuffzen / Weinen / und Klagen: und [830] ihr erster Bräutigam ergab sich gleichfalls dem Unmut und Verdruß so gar zueigen / daß er dadurch / in die äusserste Verzweiflung gerissen ward.

Inzwischen ward der Hochzeit-Tag angesetzt / und / wegen Erwartung unterschiedlicher Fürstlicher Personen / welche diesem Vermählungs-Fest sollten beywohnen / um so viel herrlicher darauf zugerüstet. Der Braut Bruder ward / nebenst dem Erzehler dieses Verlauffs / von der Hohen Schul zu Rostock / allda sie beyde miteinander bishero studirten / nach Hause gefordert. Jener aber zoch allein hin; weil dieser noch keine Lust hatte / auff solche / ihm gantz unglückselig scheinende Hochzeit zu kommen.

Wie nun / nach / in allen Dingen so herrlich und prächtig gemachter Anstalt / als ob man dem Unglück das Opffer krönen wollte / der Tag herbey kam / daß die Braut / in ihrem grössestem Gepränge / solte abgeholet werden; schickte die Fürstinn ihre Leibgutsche / samt etlichen darinn sitzenden Hof damen / mit sechs Pferden / und etlichen Reutern / in die Stadt. Welchen sich der Braut fürnehme Anverwandten /und andre ansehnliche Freunde / theils zu Pferde beyfügten / solchem nach / in einem zierlichen Auffzuge /und schönen Ordnung / zur Stadt hinaus fuhren und ritten.

Diß hatte der vorige / nunmehr gäntzlich enthoffte /Bräutigam Alles gar genau ausgekundschafftet / und dem Andren / ohngeachtet derselbige weit höheres Standes / als er / war / seine Liebste so schlechtshin nicht zu überlassen / sondern / demselben kurtze Freude zu machen / beschlossen; [831] diesem nach ein paar schöner neuer Pistolen machen lassen; deß teufflischen Vorsatzes / mit der einen der Braut / und / so bald solches geschehn / mit der andren ihm selbsten den Rest zu geben.

Solchen unmenschlich-grausamen Doppelmord werckstellig zu machen / hat er ein wolge legenes Haus / so etwan das zehende oder zwölffte vom Thor war / dazu ausersehn; weil die Braut allda musste vorüber fahren. Indem dieselbe nun / in grosser Herrlichkeit / und äusserlichem Pracht / (auswendig voll Perlen / inwendig voll Zehren) mit Wagen und Reutern /unter dem Zuschauen einer grossen Menge / von allen Orten zulauffenden / Volcks / daher fuhr; gab der verzweifelte Liebhaber Feuer in die Gutsche. Doch ging es dem Satan nicht / nach seinem Willen: denn der Schuß geschahe ein wenig zu frühe / also / daß die unschuldige Braut gantz unverletzt blieb / und allein einer adlichen Damen / die im Schlage saß / ihr Hauptschmuck / welchen sie / der Zeit Gewonheit nach / etwas hoch trug / vom Kopff herunter geschossen ward. Worüber sie / aus Schrecken / in Ohnmacht sanck / deßwegen auch aus der Gutschen gehebt / und in das nechste Haus getragen / werden musste; auff daß man sie daselbst mögte erquicken.

Indem aber fast Jedermann der Gutschen zueilete /und der Thäter / aus dem Geschrey / merckte / daß er gefehlt / und die Braut im wenigsten verletzt wäre; flohe er / durch das Haus / zur Hinterthür geschwind hinaus / sprang über ein / ob gleich ziemlich-breites /Wässerlein (wie er dann [832] überaus fertiger Füsse war) und kam also / wie eifrig man ihm auch nachforschte /endlich davon.

Nachdem aber die Unruhe ein wenig gestillet war; verfolgte die Braut ihre Reise / und gelangte / samt ihrer hoch-ansehnlichen Gesellschafft / noch zu rechter Zeit / auff dem Fürstlichen Hause an: allda die Hochzeit zwar / mit übergenugsamen Pracht / aber geringer Vergnügung der hertzbetrübten Braut / ward gehalten: also / daß man wol sagen mögen / sie habe /bey ihrem Braut-tantze / nicht auff Rosen getantzt. So war auch hernach ihr Ehgarte / kein Rosengarten; sondern gleichsam eine traurige Wüste mit Hecken und Dörnern verwachsen. Denn ihr Ehmann hatte einen harten / boßhafften / und feindseligen Kopff; tractirte dieses schöne / holdselige / und (ausser obigen Fehler) tugendreiche Bild nicht / auf menschliche / sondern bestialische Weise / und handelte sie über alle Massen übel. Ob sie ihm gleich noch so freundlich unter Augen ging / auch / durch GOttes Segen / ihm ein lieblichs Kindlein zur Welt brachte; halff es doch Alles nichts: er war und blieb im Hause / ein Leu /setzte Ihr täglich / vor den Buchstaben E / ein W. Er beschimpffte und schmähete sie unauffhörlich / auch wol in offentlichen Gesellschafften / und fürnehmer Leute Gegenwart. Täglich musste sie seine Fäuste prüfen. Manches Mal schlug sie dieser Weiber-Teufel gar zum Hause hinaus / und musste sie manche Nacht draussen bleiben. Daher für einen solchen groben Knorren / und feindseligen Saturn / eine zörnige Xantippe sich nicht übel sollte geschickt haben / die ihm in die Haare geflogen wäre / oder eine Nachtscherben[833] über ihm ausgeleert / oder sonst / gegen seinen Fäusten / ihre Nägel angesetzt / und seinem Gesicht eine Katzen-Signatur damit auffgedruckt hette. Wiewol zu zweifeln / ob Xantippe selbst / für diesem wütendem Unhold / die Klauen nicht hette ein- und den Kürtzern ziehen müssen. Denn gegen einem bösen Rekel (oder Rüden) richtet auch die allerzörnigste Haderkatze nicht viel aus: wann sie ihn nicht etwan / durch ihr Zungen-Schwert / dämpffet / und für den Nachbarn schaam-rot macht. Welches aber / bey manchen Weiber-Dreschern / nichts verfängt.

Unterdessen zoch sich dieses fromme Hertz solches so sehr zu Gemüt / daß sie / noch kaum dreissig Jahre alt / in der besten Blüte ihres Lebens / vor Kummer /Graam / und Hertzleid / gleich einer Rosen / verwelckte und tödtlich verblasste. Diß ist aber die Straffe ihres sündlichen Vorwitzes gewest / welchen sie / an der Krystall-Schau / verübet hat; Andren aber eine Warnung / sich / für Wahrsagerey / zu hüten. Weil sie sich hat verleiten lassen / von der alten Vetteln / und der Abmahnung deß Studentens kein Gehör geben /sondern den Ausgang ihrer Liebe / vom Teufel wissen wollen: ist ihr dafür ein gleichsam leiblicher Ehteufel / an stat eines lieben und frommen Ehmanns / zu Theil / worden.

Allein hiemit ist der gottlose / unbarmhertzige /und grausame Weiber-Tyrann / nemlich ihr Ehmann /darum nicht gerechtfertigt / noch der göttlichē Straffe entgangen. Denn nachdem dieser Haus-Drach sein gutes / tugendhafftes / schönes und junges Ehweib zu Tode gequält und geängstet hatte; fiel endlich [834] der Bösewigt / bey seinem Fürsten / in die höchste Ungnade: also / daß ihm alles das Seinige genommen worden / und er zuletzt ohne Ehr und Gut / auch / wie der Author vermutet / ohne die Göttliche Gnade / als ein rechter Atheist / Ohne-Gott / und Epicurer / eines elenden Todes gestorben.

Nicht weniger haben auch die ehr- und geldsüchtige Eltern / an stat gehoffter Freude / ein nagendes Hertzleid dafür zu Lohn bekommen / daß sie ihr Kind / mit Gewalt und Zwang / zu einer Person / genöthigt / die demselben gantz zuwidern war. Kinder seynd den Eltern / zum Gehorsam / verpflichtet: gleichwol muß ihr Will auch dabey seyn / wenn sie sich ehelich sollen versprechen. Gezwungene Eh gebiert Weh; gleich wie die Verehelichung / wider der Eltern Willen / eben so wol Unglück nach sich ziehet.

Wir müssen uns aber auch / nach dem entrunnenen und verzweifeltem Liebhaber / umsehen / und melden / wie es demselben hernach ergangen. Der hat nachgehends die Grillen fahren lassen / und eine glückliche Heiraht gethan / ist auch ein gar reicher Mann worden / der fürnehmen Städten / in seiner Profession / rühmlich gedient / und auch noch zu der Zeit / als vielgemeldter Author diese Geschicht beschrieben / bey erwünschtem Wolstande sich befunden. 1

Hie dörffte Mancher fragen / wie der T. vorhero wissen können / daß der erste Bräutigam die Braut würde umbringen wollen / und zwar mit [835] einer Pistolen? Aber darauff steht leicht zu antworten. Weil er gewust / daß die Eltern sie diese ersten Liebhaber nicht geben wollten: hat er derselben die Gedancken selber eingegossen: Zum nachdem sie ihm / durch ihre / den Eltern unbeliebte Liebe / und sonderlich auch die Braut / durch ihren Vorwitz / Macht eingeräumt /dergleich Vorsatz dem ersten Bräutigam einzuspeyen. Alsdann der Author schreibt / er erinnere sich / da dieser verzweifelte Liebhaber / noch ehe und bevor seine Liebste dem Fürstlichen Bedienten ehelich versprochen worden / zu sagen pflegen / Ehe er den wollte / daß seine Liebste einem Andren / ihm / sollte zu Theil werden / wollte er lieber Paar Pistolen nehmen /und mit der einen Jungfrau / mit der andren sich selbsten / erschiessen: daß er also / mit diesen bösen Gedancke und unchristlichem Vorsatze / schon lange schwanger gangen: Welches auch der Author / als der täglich mit ihm umging / leichtlich wargenommen. Diesem nach hat der Satan unschwer solches vorstellen können / was er demjenigen Menschen selber ins Hertz gegeben / und derselbe schon eine gute Zeit bey sich im Schilde geführt.

Fußnoten

1 Aus der alleredelsten Zeit-Verkürtzung J. Ristens /pag. 255. seqq.

79. Die gespenstische Buhlschafft

[836] LXXIX.

Die gespenstische Buhlschafft.

Alle Ordnungen Gottes trachtet sein Feind / der Satan / durch schändlichen Mißbrauch / zu beflecken / oder gar umzukehren. Sonderlich aber sucht er Alles hervor / was dem heiligen Ehestande zum Abbruch gereichen kann / und der ordentlichen Fortpflantzung menschliches Geschlechts nachtheilig ist. Er verleitet deßwegen die Unzüchtigen nicht allein zu Hurerey /und Ehebruch / ja gar zu stummer Unzucht / und abscheulichen Sodoms-Lastern; sondern auch wol / welches entsetzlich zu hören / zu verfluchter Buhlschafft mit ihm / dem unsaubren Geist / selbsten.

Dazu treibt der Schand-Geist diejenige / so mit ihm / in einen ausdrücklichen Bund / sich einlassen: auf daß die natürliche Erzielungs-Krafft / so der Allerhöchste dem Menschen verliehen / möge verschwendet / verschüttet / vergreuelt / dem natürlichen Gebrauch / nemlich der Vermehrung vernünfftiger Geschöpffe / und deß Reichs Christi / entzogen / hingegen zu den vermaledeytesten Greueln / und Vermehrung deß hellischen Reichs / verkehret werden: wie nicht weniger darum / daß dergleichen Teufels-Bräuterey den abtrünnigen Gottes-Verleugner ihm desto fester verstricke / je tieffer er dadurch in GOttes Zorn gesencket wird.

[837] Die böse Geister wissen / aus der Lufft / Erde / und Wasser leicht einen Körper zu bereiten / oder auch die Leichnam unlängst-verstorbene Gottlosen / wie nicht weniger der verreckten Thiere Aas-Gerippe / in solche Bequemlichkeit zu setzen / daß sie damit ihren Sclaven / oder Sclavinnen / zu verfluchter Geylheit / und venerischer Lust / dienen können / bald nach männ-bald nach weiblicher Manier. Es wird hievon nicht leicht einiger Zauberer / oder Hexe / unbesudelt bleiben: wiewol auch manche Andre / die seiner Vertraulichkeit pflegen / diesem unreinem Geist hierinn / zu einer Kloack / sich bewilligen / oder auch wol selbst antragen.

Ein gelehrter Philosophus und Professor der berühmten hohen Schule zu Jena / 1 meldet / in einerDisputation / es sey / vor unlanger Zeit / in dem benachbartem Dorff / eine Trude (oder rechter zu schreiben / Drute) ergriffen / und zum Scheiterhauffen verurtheilt: Die habe / unter andren / bekannt / der Satan habe / zum ersten Mal / wie ein Soldat gekleidt / sie angeredt / ihr Treu und Huld versprochen / hernach sie / im Namen aller Teufel / umgetaufft / und nach solcher Um Tauffe / wobey sie GOtt / und seine Diener / und Alle / die GOtt anbeten / verleugnen und ihnen absagen müssen / sie durch den Beyschlaff erkannt / sey auch täglich wieder bey ihr eingekehrt /und habe mit ihr der Geilheit gepflegt.

So bekannte auch / im Jahr 1520 / Anna Schneiderinn / die ehedessen / zu Friedersdorff / [838] hernach zu Pritschendorff / gewohnt / ehe denn sie sterben musste / daß sie / mit einem Incubo, oder Buhl-Teufel / eine Zeitlang / zugehalten. Welchen Doctor Eisenberg /vorderster Pastor zu Dresden / Sonnabends vorher /von ihr getrieben; da sie / Montags darauf / bußfertig gestorben / und ihr Feuer-Recht gedultig ausgestanden. 2

Bißweilen besudelt dieser Schand-Geist wol andre Personen / mit seiner Buhlschafft / wann sie gleich sich nicht in seine verfluchte Pflicht begeben haben /sondern nur sonst von geyler Brunst entzündet / oder zur Buhlerey geneigt / und unkeusches Hertzens seynd.

Es ist / wie Boëthius, aus dem Cardano, erzehlt /in regione Marrhæa, (so vielleicht Marria heissen /und die Landschafft Marry in Schottland seyn soll) eine Jungfrau schwanger befunden: und als die Eltern wissen wollen / wer sie geschwächt und geschwängert hette? hat sie geantwortet / sie würde / bey Tage und Nacht / von einem schönstem Jünglinge / besucht /wiewol unwissend / von wannen er käme. Ob sie nun solcher ihrer Antwort schlechten Glauben zwar zugestellt; seynd sie nichts destoweniger / am dritten Tage hernach / auf Anzeigung der Magd / daß der Jüngling wäre wiederkommen / nach geschwinder Aufsperrung der Thür / hinein getreten in die Schlaff-Kammer / mit Fackeln und Windliechtern / und haben ein greuliches Ungeheuer / in ihrer Tochter Umfahung angetroffen. Worauf / nebenst den Nachbarn / auch der Priester selbiges Orts / zugeloffen / und solchen Scheusal mit angeschauet. [839] Dieser soll das Evangelium Johannis recitirt / und / als er an die Worte / Und das Wort ward Fleisch / etc. gekommen / der Teufel alles Bettwerck angezündt / hernach einen schrecklichen Knartzer gehen lassen / und sich also davon gemacht haben. Folgenden Tags / hat die Tochter ein Monstrum, oder abentheuerliche Mißgeburt geboren. 3

Nicht viel Jahre hernach / hat / in einem Flecken der Landschafft / kaum vierzehen tausend Schritte von der Stadt Aberdon in Schottland / ein Jüngling sich /bey dem Bischoff selbiges Orts / beklagt / er würde offentlich / von einer Teufelinn / (oder weiblich-gestaltem Gespenst-Bilde) angefochten; wüsste derselben / und ihres so schändlichen Beginnens / sich / auf keinerley Weise / zu befreyen. Der Bischoff befahl dem Jünglinge / er sollte sein Hertz und Gemüt / zum fasten und beten / gewöhnen. Hiedurch ist der Teufel überwunden / und die Flucht zu geben gezwungen worden. 4

Torquemada führet ein paar denckwürdige Geschichte hievon ein. Zu Calaris, in Sardinien / ward eine sehr schöne Edelfrau / von siebenzehen oder achtzehen Jahren / durch eine Zauber-Vettel so weit verreitzt / daß sie / mit einem Teufel / Gemeinschafft und Verständniß machte: und derselbe saubre Galan kam bißweilen zu ihr / in Gestalt eines schön-gebildten Jung-Gesellen: darunter er sie betrog / und seines Gefallens so lang [840] mißbrauchte / biß sie hefftig in ihn verliebt ward.

Nachdem er sie / mit so schändlichem und vermaledeytem Spiel / eine lange Zeit unterhalten / ist von ihr ein Gerücht erschollen / sie wäre eine Hexe. Ob man nun ihr solches gleich mit unwidertreiblicheit Erweisungen und Zeugnissen unleugbar dargethan: hat man doch alle Mühe / die Erkenntniß der Sünden von ihr zu erhalten / verloren. Sie blieb gantz verstockt / und fest in der eingebildten Hoffnung / der Teufel würde sie erretten / wie er ihr hette versprochen. Die unselige und hellische Liebesbrunst gegen diesem erschrecklichem und schön-verlarvtem Engel deß Abgrunds trieb ihr hingegen manche abscheuliche Geheimnissen zum Munde heraus / also / daß sie bißweilen Sachen sagte / worüber sich die / so sie verstunden / mit grosser Bestürtzung entsetzten.

Sie ließ sich also lebendig ins Feuer setzen / rieff ihrem Teufel aneinander: der aber so wenig antwortete / als wie Baal den herumhinckenden und schreyenden Pfaffen. Also verdarb sie jämmerlich / zeitlich und ewig / und fuhr ihre betrogene arme Seele / aus dem irdischen / in das höllische Feuer. 5

Also gefährlich ist es / daß ein junger Mensch seinen fleischlichen Begierden sich gäntzlich überlässt!

Sie können ihn dergestalt gefangen nehmen / daß er nachmals schwerlich Ihrer kann los werden. Sie verbinden ihm die Augen / oder Gedancken / [841] für der Gruben / und dem Pfuhl / der mit Pech und Schwefel brennet.

Bey eben diesem Spannischem Scribenten / findet man einen wunderbaren Fall / so einer andren Edel-Jungfer begegnet ist / und zum Beyspiel gereicht / daß auch wol solche junge Leute / die sich eben nicht / mit dem Teufel / verbinden / bißweilen / von diesem Höllen-Buben / geschändet worden.

Eine andre adliche Jungfrau / auch zu Calaris, (oder Cagliari) in Sardinien oder Sardegna) reich /schön / von grossem Ansehen / und von vielen Tugenden / erblickte einen Ritter / ihren Nachbarn / eine wolbegüterte und annehmliche Person; und verliebte sich in ihn / betrachtete ihn mit sonders grosser Affection und Liebes-Neigung; offenbahrte ihm ihre Gedancken dennoch nicht weiter.

Als etliche Zeit solcher Gestalt verflossen / spähete ein Teufel diese Jungfrau aus / nahm die Gestalt deß gedachten Ritters an sich / und hinterging sie solcher Massen / daß er sie zu seinem Willen brachte / mit dem Bedinge / daß sie einander die Ehe versprachen. Sie empfing ihn / der Meynung / als wäre es der Rittersmann / und ließ ihn etliche Nächte gar in ihre Kammer kommen. Allda schlieffen sie beysammen /und brachten / auf solche Weise / etliche Monaten zu. In welcher Zeit der Teufel sie beredete / daß sie ihm nirgends keinen Boten schicken sollte: dieweil ihre Sache verschwiegen bleiben müste: und wann er ihrer ansichtig würde / wolle er sich gleichfalls stellen / [842] als kennete er sie nicht. Daher kams / daß / ob sie schon bißweilen den rechten Ritter sahe / sie doch / ihrer Abrede nach / gar kein Liebes-Zeichen an sich spühren ließ. Wie sie denn auch / wann er mit ihr kaltsinnig redete / in den Gedancken stund / und seiner Dissimulirung und äusserlichen Stellung / zuschriebe /daß er keine Anzeigung einiger Kundschafft von sich gäbe.

Eine Zeit hernach / gab die Mutter der Jungfrauen ein Heiligthum / solches am Halse zu tragen. Der ertichtete Ritter stellte sich / als ob er einen Abscheu davor hette / und blieb aus. Solcher Gestalt passirten viel Monden vorbey / in welcher Zeit der natürliche Ritter sich anderswo verliebte. Wie die Jungfrau das hörte / begunnte sie mächtig darob zu eifern: und weil sie solchen schmertzhafften Verdruß länger nicht erdulten kunnte; sandte sie ihm einen Boten / und ließ ihn bitten / er mögte doch zu ihr kommen: sie hette etwas mit ihm zu reden.

Der Ritter wusste zwar die Ursach nicht: jedoch /weil er ein holdseliger und höflicher Cavallier war /gieng er alsbald zu ihr / fand sie allein / und sagte /daß er / auf ihr Begehren / erschienen wäre / von ihr zu vernehmen / was sie ihm Gutes schaffen wollte.

Als die Jungfrau ihn solche fremde Reden führen hörte / als ob er sie kaum kennete; fing sie an / sich wider ihn zu beklagen / daß schon eine geraume Zeit verflossen / in welcher er sich ihrer entschlagen / und sie weder zu sehen / noch mit ihr zu reden / gewürdiget.

[843] Der Ritter verwunderte sich sehr / als dem was zwischen ihr und dem Gespenste vorgegangen / gantz unbekandt war: und antwortete ihr auf solche Art /daß sie in diese Rede heraus brach. Es brauchte anjetzo deß Verstellens gantz nicht / sintemal kein Mensch bey ihnen wäre. Sie fuhr auch endlich / im Zorn / mit Scheltworten heraus / und sprach: Dieweil er ihrer Liebe so lange genossen / wäre es nicht billig / daß er sie gedächte zu verlassen; sondern an dem /daß er seinem Versprechen ein Genügen thun müsste /weil er ihr die Ehe zugesagt: und wann er anders gesinnt / wollte sie es nicht allein GOTT und der Welt klagen / sondern auch keinen Fleiß spahren ihn zu zwingen / seine Zusage ins Werck zu richten / weil er es nicht mit freyem Willen thun wollte.

Der Ritter / noch mehr als zuvor erschrocken / gab zur Antwort / daß er von der Sprache gar nichts verstünde / und daß sie sich irrete; dieweil er niemaln mit ihr heimlich oder in der Stille geredet / ihr nichtes verheissen / und daß sie keine Anforderung an ihm hette.

Die Jungfrau vermeynte rasend und unsinnig über dieser Antwort zu werden / sagte drauf: Wisset ihr dann nicht / daß ihr so und so mit mir umgangen seyd? und erzehlte ihm / von Punct zu Punct / Alles /was ihr von dem Betrieger / unter der Gestalt deß Ritters / war begegnet. Sie sagte weiter: Ihr könnet nicht umhin / sondern müsset mein Ehemann seyn / und ich eure Frau.

Der Ritter fing gantz bestürtzt dawider an zu protestiren / und das Widerspiel zu bezeugen / daß sie sich irrete / nur solches zu gedencken / um wie [844] viel mehr zu erweisen: und als sie deßwegen strittig wurden /nannte ihm die Jungfrau den Tag der Verlöbniß / an welchem ein hohes Fest gewesen. Darauf schwur der Ritter einen Eyd / daß er nicht allein denselbigen Tag / sondern auch drey Wochen zuvor / und hernach /weder in der Stadt / noch in seinem Hause / viel weniger in dem ihrigen gewesen; mit dem Versprechen /solches so klar zu beweisen / daß sie damit würde zu frieden seyn: protestirte auch ferner / daferne sie Jemand unter seinem Namen betrogen / so könnte und wollte er die Schuld nicht tragen. Damit sie aber / an der Warheit seines Vorgebens / nicht zu zweifeln hette; wollte er ihr solches / gleich dieselbige Stunde /darthun: ließ gleich drauf / ohne von ihr einen Schritt zu weichen / sieben oder acht Personen / aus seinem und andern Häusern / zu sich fordern. Die / ohne Wissen / zu was Ende solches geschähe / erklärten und eydlich bekräfftigten / daß der Ritter die Warheit redete / und daß er / die gantze Zeit / mehr / als funfftzig Meilen / von dannen gewesen.

Die edle Jungfrau ward / über solcher Aussage /sehr betrübt und traurig / und fing an / etlicher sonderbarer Sachen / in vergangener That / sich zu erinnern / woraus sie geschwinde abnahm / daß kein sterblicher Mensch dieselben verrichten können. Solche gaben ihr nun endlich so viel zu mercken / daß es deß Teufels Betrug gewesen: Also fing sie an / bald nach dem der rechte Ritter wieder von ihr geschieden /den Ursprung dieses Irrthums genauer zu betrachten: und nachdem sie ihre thörichte Begierde verflucht /und sich selbst gedemütiget [845] hatte / beschloß sie /nicht mehr an den Ehestand zu gedencken; sondern begab sich in ein Kloster / und vollendete allda ihre übrige Lebens-Zeit. 6

Daß aber diese adliche Jungfrau so tugendhafft gewest / wie ich sie Eingangs dieser Geschicht-Erzehlung / mit der Feder deß Torquemada, beschrieben; kann ich / meines Theils / mir nicht wol einbilden: sondern besorge vielmehr / ihr Hertz und Gedanck habe vorher / in geylen Lüften / gewallet. Aeusserlich mag sie zwar wol einen erbaren Schein / und scheinbares Wesen / geführt haben; ihr Inwendiges aber voll Unflats böser Begierden gewesen seyn. Schwerlich wird sie Christum geliebet und gewißlich wenig gebetet haben: sonst hette sie sich dem Willen deß vermeynten Ritters / in welchen sie so feurig entbrannt war / zur Mißbrauchung / nicht untergeben; also auch der Teufel keine Macht an ihr gefunden / ihren Leib so schändlich zu vergreueln. Denn es ist nicht gläublich / daß er einige Weibsperson dörffe schänden / daferrn ihr Gemüt eine Lilie / und ihr Hertz dem H. Geist gewidmet ist.

Man lieset / beym Wilhelmo Parisiense, daß einsmals ein Soldat sich eingebildet / er schliesse bey einer schönen Jungfrauen / (oder vielmehr häßlich-schönen Metzen) aber / am Morgen / befunden / daß er / von dem grausam-stinckenden Aas eines verreckten Esels / die Nacht über / unterhalten worden / und er / bey selbigem / auf einem kotigtem Misthauffen /gelegen.

[846] Wie man zehlte 1626 / begegnete einem Weibe /im Walde / Einer zu Pferde / und sprach sie an / um einen Beyschlaff / gegen die Bezahlung. Sie bewilligte solches / um sechs Reichsthaler; empfing dieselbe von ihm / und umfing ihn darauf / unwissend / von was für einem schönen Gesellen sie bedient würde. Nach vollbrachter Schande / wischte sie das Maul /wie jene Unzüchterinn / von welcher der weise König schreibt / Sie spricht / ich habe kein Ubels gethan. Sie hub das Geld / eine Zeitlang / fleissig auf: Endlich aber / da sie es ihrem Mann geben wollte; fand sie /für sechs Reichsthaler / so viel Roßäpffel.

Man merckt / aus diesen Umständen / gar leicht /was diß für eine Bröckin gewest. Die ihre Ehre / und eheliche Treu um sechs Thaler feil trägt; mag wol werth seyn / daß der Teufel ihr dieselbe / um dergleichen Pferd-Obst / abkauffe / und mit allen Ehren /eine Teufels-Hur heissen.

Insonderheit ist merckwürdig / was der Italiänerdella Valle, von einer besondren Secte und Orden unter den Ost-Indischen Heiden / nemlich von denen so genannten Gioghi, die eine gewisse Art der Einsiedler ist / erzehlet.

Diese heidnische Ordens-Leute gehen herum betteln; streichen ihren Leib / an vielen Orten / mit einer roten Farbe / an: darunter Etliche etwas Gelbes von Sandelholtz / Andre aber von Saffran mischen. Sie führen ein strenges Leben / gehen nackend / tragen einen langen Bart / und gantz ineinander verwirrete Haare / die bißweilen so starck / oder steiff / wie ein Horn. Ihrer Viele überstreuen sich gantz mit Aschen /färben auch den [847] Leib / und das Gesicht / mit einer weissen Farbe über die schwartze / vermittelst eines gewissen Steins / der sich zu Meel reiben lässt / wie Kalch. Offt seynd sie auch / mit unterschiedlichen Farben / angestrichen / oder vielmehr besudelt. Welches abscheulich / und fast einem Teufels-Bilde gleich / zu sehen / von solcher Gestalt und Form / wie man /in unsren Comedien / die Teufel vorstellet. Die Asche / so sie auf den Leib streuen / soll von verbrannten Todten-Körpern seyn / welche sie / die gantze Zeit ihres Lebens / also tragen.

Sie leben vom Almosen / verachten Geld und Gut /samt allen andren weltlichen Dingen; leben in Gemeinschafft / unter dem Gehorsam ihrer Häupter; haben keine beständige Wohnung; sondern lauffen /in der Welt / von einem Ort / zum andren / umher. Ihre Wohnungen seynd die gemeine offentliche Plätze / die Gassen / die Gänge und Vorhöfe der Tempel /und die Bäume; sonderlich aber diejenige / welche /wegen einiges Aberglaubens / bey ihnen in Ehren gehalten werden. Sie ertragen / mit grosser Gedult / so wol bey Tage / als Nacht / beydes alle rauhe Lufft /und übermässige Hitze der Sonnen.

Sie üben sich / auf ihre Weise / so wol in geistlichen Dingen / als in Wissenschafften. Allein solche beyderley Ubung besteht mehrentheils / in nichts anders / als in den Geheimnissen der Kräuter / und andrer natürlichen Dinge / imgleichen in der Weissa gungs-Kunst / in der schwartzen Kunst / und Zauberey / deren sie sehr ergeben sind / und sich berühmen /daß sie Wunder-Dinge damit ausrichten können. Sie rühmen sich / vermittelst [848] ihres betens / fastens / und dergleichen Sachen / Offenbarungen zu erlangen: Welche doch eigendlich anders nichts seynd / als eine Gemeinschafft mit dem Teufel / der ihnen unter mancherley Gestalt erscheinet / und sie / auf vielerley Weise / äffet / indem er ihnen bißweilen zukünfftige Dinge vorher verkündigt.

Sie nehmen keine Weiber; sondern thun ein strenges Gelübde der Keuschheit; zum wenigsten / dem äusserlichen Schein nach: denn man weiß / daß Viele / unter ihnen / heimlich allerhand Bosheit treiben.

Unter solcher Bosheit ist nicht die geringste / daß sie sich manches Mal fleischlich vermischen / mit dem Teufel. Wiewol sie nicht gläuben / oder zum wenigsten nicht sagen / daß es der Teufel; sondern vorgeben / daß es gewisse / unsterbliche / geistliche / und unsichtbare Weiber seyen: Deren sie viertzig zehlen /und die von ihnen / durch unterschiedliche Gestalten /mancherley Namen / und verschiedene Würckungen /unterschieden werden. Dieselbe werden / von ihnen /geehrt / als Göttinnen / und / an vielen Orten / auf eine wunderliche Weise / angebetet; also gar / daß auch etliche möhrische Fürsten in Indien / und unter andren Einer von den dreyen Königen / welche in Decan, Telengane, und Meslepaton, (zu della Valle Zeiten) das Regiment hatten / noch biß auf damalige Zeit / wegen deß überbliebenen alten Heidenthums /ob er gleich sonst eigendlich ein Mor war / Einer von diesen Weibern (oder Teufelinnen) in einer gewissen Höle / unter einem hohen Berge / in seinem Lande / in welcher dieses unsterbliche [849] Weib / wie man sagte /ihre besondre und geliebte Wohnung hatte / hohe Feste hielt / und grosse Opffer that.

Wenn nun Jemand von den Gioghi, durch langwierige geistliche Ubungen / darzu gelangen kann / daß ihm eine von diesen Weibern erscheinet / ihm zukünfftige Dinge verkündigt / und die Gunst erweiset /durch sie noch andre Wunderwercke zu thun; so wird er / von ihnen / für einen Mann / der in dem Grad grosser Vollkommenheit stehet / gehalten; allermeist aber / wann er / von einer solchen unsterblichen Frauen / für ihren Sohn / Bruder / oder sonst in einem andren Grad der Verwandschafft / absonderlich aber /wenn er für ihren Mann angenommen wird / und diß Weib fleischliche Gemeinschafft mit ihm hat / derGioghi auch sich aller andren Weiber in der Welt enthält: Denn alsdenn preiset man ihn für einen geistlichen Mann / der eine übermenschliche Natur überkommen habe; und die thörichten Leute versprechen sich auch unzehlich-viel Wunder-Dinge von ihm. 7

Alexander ab Alexandro gedenckt / es habe sich einsmals der Teufel / in Gestalt einer trefflich-schönen Jungfrauen / vor sein Bette gestellt. 8

Albertus Krantzius berichtet / es habe der böse Geist offtmals die Gestalt eines gewissen wolgebildten Edelmanns angenommen / und sey also [850] offt erblickt worden / als ob er von der Schlaff-Kammer der Keyserinn Künigund / Heinrichs deß Andren Gemahlinn / heraus käme: wodurch Sie in Verdacht und übles Gerücht / gekommen / als ob sie / mit einem jungen von Adel / gar zu vertraulich umginge. Weil sie aber nachmals / mit blossen Füssen / auf eine glühende Pflugschaar / getreten; wie solche Probe der Unschuld damals im Gebrauch war; und unversehrt davon gekommen: hat sie damit ihre Unschuld bezeugt / und man dafür gehalten / der Teufel hette ihr solchen Possen gespielt / daß er / in Gestalt besagten jungen Edelmanns / erschienen; um sie in solchen Verdacht zu bringen. 9

Ich erinnere mich eines Exempels / beym Manlio: Nemlich / daß einst der Teufel einem Edelmann / in Gestalt und Kleidung / nachgeafft / und samt etlichen Gefährten / die so gut gewesen / als er / vielmals zur Zeche gegangen / bey einem Wirth zu Rotenburg: da er sich / für reich und hochbemittelt ausgegeben /auch / durch seinen ertichteten Pracht / solches zu beglauben sich bemühet / und also um dieses Manns schöne Tochter geworben / unter dem Schein / als ob ihre sonderbare Schönheit ihn hiezu gezwungen / und seinen so fürnehmen Adel / wie ein starcker kräfftiger Magnet an sich gezogen hette.

Weil aber der Jungfrauen Vater einigen Argwohn und Zweifel empfangen / ob die Sache recht zuginge; und deßwegen ein paar Geistliche / um selbige Zeit /da der falsche und höllische Freyer [851] sich wiederum eingestellet / und um den Hand Streich / oder das Versprechen / anhalten wollen / in sein Haus geladen: sollen diese / aus GOttes Wort / haben angefangen zu reden. Welches der verfluchte Betrieger nicht hat leiden können; (sintemal es wider ihn das allersieghafftest Schwert ist) sondern gleich alsofort seine üble Empfindung an den Tag gegeben. Worüber er dann erkannt worden / und mit Schanden und Gestänck gewichen. 10

Lerchheimerus berichtet / es sey nicht zu sondern nahe bey Rotenburg / geschehen / und erzehlt es / auf folgende Weise:

Nicht weit von Rotenburg an der Tauber /kommt in eines ehrlichen Manns Haus Einer / wie ein Edelmann / mit zween Dienern / deren Einer pfeiffen kunnte / der Andre geigen: gibt für / er begehre deß Manns züchtige und wolerzogene Tochter zur Ehe; stellet Gasterey an / banquetirt /tantzt / und ist frölig / wie die Buhler und Freywerber pflegen. Der Wirth merckt / daß es nicht recht zugehe / sondern Bubenwerck und Betrug sey; spricht zum Gast / es sey eine ungleiche Heiraht; Edel und Unedel reime sich nicht zusammen; er solle sich anderswo bewerben / und seiner müssig gehen. Der lässt nicht ab; kommt ein andres Mal wieder. Da ladet der Wirth einen Kirchendiener dazu / und redet mit demselben aus heiliger Schrifft. Das verdreusst den [852] Gast; spricht / wenn man wolle frölig seyn / solle man von andren Sachen reden.

Da fährt der Wirth heraus / und spricht: Ihr seyd Buben / und unsre Feinde! seyd kommen /mich und die Meinigen zu beschädigen: Es soll euch aber / wills GOtt / fehlen. Wir seynd getaufft / und trauen auf unsren HERRN Christum / der uns / wider eure List und Macht / wol schützen wird / etc.

Zur Stunde fahren sie davon / lassen einen bösen unleidentlichen Gestanck hinter ihnen /und bleiben drey Leichnam / die vorhin am Galgen gehenckt / in der Stuben.

Der Author thut diese seine Meynung hinzu: In einem solchen angenommenen Manns-Leibe /kann sich der Satan / mit den Hexen / vermischen. Was für Lieblichkeit / bey solcher Buhlschafft / sey / und was er von ihm gebe / ist zu erachten / etc. 11

Beym Camerario, lieset man 12 ein viel schrecklichers Beyspiel / von einem Freyherrn: welchen der /in eine Jungfrau vermummte / Satan / anfangs betrogen / und eine Zeitlang mit ihm gebuhlt; hernach aber / da er ihm ein andres rechtes Frauen-Bild zur Ehe genommen / ihn erwürget / [853] und damit bestetiget hat /daß seine Umfahungen ärger als Hencker-Stricke /hellische Banden / Ketten der Finsterniß / und Fesseln deß ewigen Todes / seyen.

Vor vier und zwantzig Jahren / las ich / in einem Schreiben von Wien / daß damals / (im Herbst-Monat 1665sten Jahrs nemlich) ein Edelknabe / ungefähr siebenzehen Jahre alt / um eine Jungfrau gebuhlt / und /derselben zu Gefallen / manchen Tritt gethan / vermutlich / sie zu seinem Willen zu überreden / und ihrer Lilien zu mißbrauchen. Worauff ihm endlich einmal / in der Jungfrauen Gestalt / der Teufel begegnet / mit ihm schändliche Unzucht getrieben / und ihm dabey alle Mannskräffte völlig benommen. Hernach habe diese vermeynte Jungfrau / oder höllische Buhlerinn / drauf gedrungen / er sollte / neben ihr / sich dem bösen Feinde verschreiben / mit Leib und Seel: Welches er auch vollzogen: Solche verdammliche Bündniß wiederum zu zerreissen / hetten die Geistliche / im Keyserlichen Spittal / grosse Mühe und Arbeit / mit Ihm. Was es endlich / mit ihm / für einen Ausgang gewonnen / habe ich nicht erfahren.

Was jenem Schaarwächter Leutenant / zu Lyon /begegnet sey / ist von so vielen Federn bekandt gemacht / daß ich es allhie nicht mit einmengen mag. Was ist es aber Wunder / wann solche saubre Gesellen / die also dem Weidwerck / nachspühren / jemaln ein solches Wild fangen / von welchem sie selbst viel ärger gefangen / und mit Belials-Banden verstrickt werden? Wunderns würdig ist vielmehr die Göttliche Langmut / daß [854] Sie dem Satan nicht verhengt / solche Hurenhengste / nach vollbrachter Greuelthat / gleich auff Stücken zu zerreissen; Es ist nicht lange / daß ein ruchloser fremder Trompeter / einem / bey abendlicher Zeit vor den Thüren schöne geistliche Lieder singendem / armen Weibe / mehr / als ein Mal / einige Müntze hinab warff / und endlich / überlaut ruffend /fragte: Seyd ihr eine Hur? in Hoffnung / sie sollte kommen / und ihm seine hürische Lust büssen. Weil sie aber fort sang / und zwar ein sehr andächtiges Lied / dessen jedweder Vers / mit dem allerheiligstem Namen JESUS / geziert ist; ward er zöring / daß sie nicht aufhören / noch zu ihm kommen wollte; fing an zu schreyen / und den Namen deß Herrn JESU mit einem garstigem abscheulichem Wort zu lästern / und zu schmähen. Sollte es nun Jemanden wol Wunder nehmen / wann einem solchen / verhurten Gottslästerer / und Ertz-bösewigt / der böse Feind eine Masquerade gemacht / und ein Subject von dem Schind- Anger / in ertichteter Weibs-Gestalt / demselben in die Umfahung geführt hette? Aber er hat seinen letzten Athem noch nicht gezogen. Wer weiß / ob ihm nicht einst eine saubre Avernus-Nymphe seine Huren-Brunst stillet / oder / so wol wegen seiner Leichtfertigkeit / als entsetzlichen Gottlästerung / jener höllische Moloch ihn / mit seiner glühenden Umfahung /nach dem Tode nicht ewiglich drucken werde. Solche ruchlose Frevler / deren gantzes Leben eine geistliche Buhlschafft mit dem Satan ist / ligen / so schon tieff genug in seinem Netze: darum braucht es der Mühe nicht / um solche sich / durch leibliche Buhlerey / erst zu bewerben.

[855] Ich muß aber noch etliche Exempel auch / aus derPraxi Criminali deß hochberühmten Juris-Consulti, Carpzovii, beybringen / und zwar aus den Rechts-Sprüchen / so die Scabini zu Leipzig / an unterschiedliche umligende Oerter / in etlichen peinlichen Processen wider einige Zauberinnen / ertheilt haben.

Im Brachmonat 1589sten Jahrs / hat C.B. in scharffer Frage / damit sie / vermöge (ergangenen) Recht-Spruchs / angegriffen worden / auch hernachmals in Gutem bekannt / daß sie / ungefähr vor eylff Jahren /von einer Weibs-Person / die Krauselköpffische genannt einen Segen / dadurch sie Menschen und Vieh die fahrende Dinger zu- und absegnen könnte / gelernet: und daß sie ihr zugesagt / einen Mann zuzuweisen / der ihr nicht allein die Kunst besser / als sie /sondern auch viel Andres mehr / lehren könnte: und daß darauff eine Mannsperson / so schwartze Kleider angehabt / zu ihr in einen Garten gekommen / mit welchem sie sich verbunden / daß sie sein Bule und eigen seyn / auch sich von GOtt ab / und zu ihm begeben wollte / und daß solcher ihr Bule auch / dieselbe Nacht / zu ihr ins Bette kommen / und sie mit ihm seinen Willen vollbracht: dagegen er ihr einen Thaler gegeben / mit Zusage / sie reichlich zu ernähren. etc. 13

Anno 1608 / hat die Gefangene V.M. in Gutem bekannt / und gestanden / etc. etc. daß sie mit dem Teufel umgegangen / und zu unterschiedenen Malen mit ihm zu schaffen gehabt / und [856] unmenschliche verbotene Unzucht getrieben: Sie hette den Teufel Schönhanns heissen müssen: Welcher offtmals / beydes in ihrem Witwenstande / und auch bey ihres vorigen Ehmanns Leben / wenn er abwesend gewesen / mit ihr gessen und getruncken / und wenn er angekommen /habe er ihr einen Bauch voll Milch mitgebracht / so er / durch seinen Rachen / in ein Gefäß / welches sie ihm dargestellt / ausgespeyen / daraus sie hernach Butter und Käse gemacht / solches zum Theil im Hause verbraucht / theils auch verkaufft / das übrige aber für das Vieh / auch wol gar weggeschüttet. etc. 14

In demselbigen 1608ten Jahr / bekandte und gestund die Gefangene G.J. daß sie / mit dem T. vor 28 Jahren / ungeachtet ihr Ehmann noch im Leben / ehelich sich verbunden; und / daß sich derselbe Lucas /und er sie Margaretichen / genannt: er wäre / zum ersten Mal / zu Königshofen / zu ihr kommen / und (hette) gesagt / wann sie seines Willens pflegen wollte / sie ihr Lebenlang gnug haben sollte: darauff sie /in der Stuben / auff der Erden / mit ihm / unmenschliche Unzucht getrieben; dafür er ihr einen Thaler zur Verehrung gegeben; welchen sie zu sich genommen /gewechselt / und ausgegeben: Seither dessen wäre er noch zwey Mal bey ihr gewesen / ein Mal zu Treben /das andre Mal zu Renschen; damals er im Felde / als sie gegraset / zu ihr gekommen / weisse Strümpffe /und einen leinen Kittel / an- auch einen Braunschweichischen Hut auffgehabt; und ihr zu Treben / 18 Gr. und zu Rensche 1. Thaler / deßwegen / daß sie unmenschliche Unzucht mit ihm vollbracht / [857] gegeben und zugestellt: immassen auch / für 6 Jahren / gedachter ihr Bule / Lucas / zu Rotenschirmbach / dergleichen Unzucht mit ihr geübt: dafür sie von ihm einen Thaler empfangen: Als sie zur gefänglichen Hafft gebracht worden / wäre es zu ihr in den Thurn kommen /und die verbottene Unzucht abermal mit ihr getrieben / hette ihr aber nichts gegeben / sondern sie vermahnt / sie sollte nicht schreyen / noch etwas von ihm sagen / oder sonsten bekennen: wie denn auch endlich ihr Bule / Lucas / an einem Mittwochen / als gleich der grosse Sturmwind gewesen / zu ihr ins Gefängnis kommen / und gesagt / sie würde bald andre Post und Botschafft erfahren; und zugleich das Werck der unnatürlichen Unzucht mit ihr vollbracht / auch ihr den Rath gegeben / daß sie sich selbsten umbringen und erhencken sollte; darzu er ihr einen Strick dargereichet; nachdem sie es aber nicht thun wollen / wäre er wieder von ihr gewichen / und hette den Strick mit sich genommen. Wann sie mit ihrem Buhlen zu schaffen gehabt / hätte sie weisse Elben / und derselben allezeit 10 bekommen / so gelebet / spitzige Schnäbel /und schwartze Köpffe / gehabt / und wie die junge Raupen hin und wieder gekrochen; welche sie zur Zauberey gebraucht etc. Ferner habe sie auch die weisse Elben mit schwartzen Köpffen in den Brantwein gethan / und darinn zergehn lassen / dieselbe auch klein zerrieben / in Kuchen gebacken / und solches auff ihres Buhlen / Lucassen / Befehl: Welcher gesagt / wenn sie zu jemand Feindschafft hette / sollte sie demselben die Kuchen / oder den Brantwein / beybringen / darauf derselbe / an Gliedern [858] und Leibe /übel würde geplagt und gemartert werden. etc. etc. 15

Die Gefangene D.M. hat (Anno 1713) gestanden /daß / vor 18 Jahren / wie ihr Mann gestorben / und sie traurig / auff ihrem Acker / weil es / ihrem Wunsch nach / nicht fortgehn wollen / herum gangen / der böse Feind / in einem schwartzen Kleide / und rotem Hut / zu ihr gekommen / und ihr angemutet / sie sollte sich ihm ergeben; und / wiewol sie an den Füssen gesehen / daß es der Teufel gewesen / hätte sie doch darein gewilligt / ihm / dem Teufel / die lincke Hand darauf gegeben / und dargegen von ihm einen halbē Gülden an halbē Batzen angenommen / auch hierauff /mit ihm / verbotene unmenschliche Unzucht verübet unn getrieben. Folgends darauf hette sie Gottes im Himmel gäntzlich sich verziehen / demselben abgesagt / und / daß sie nimmermehr kein Theil an Ihm haben wolle / sich erklährt etc. etc. Ihr Bule sey allezeit / nach gehaltenen Conventen / mit ihr heim zu Hause gefahren / auch sonst / seiter ihrem Verlöbniß /wochentlich zwey Mal zu ihr kommen / habe ihr einen halben Batzen mitgebracht / und Unzucht mit ihr getrieben. 16

Eben desselbigen Jahrs bekannte M.H. daß neben der Bötticherinn / von welcher sie die Zauberey gelernt / draussen im Grase immer ein schwartzer Rabe gegangen / so ihr Bule gewesen / welchen / nach ihrem Absterben / ihre Tochter zum Buhlen angenommen: dieselbe hette auch ihr / (der M.H.) einen Hanen zum Bulen zugewiesen / den sie Juncker Han geheissen: derselbe / wenn er mit ihr zu [859] thun gehabt / wäre / als ein alter Mann / im graue Bart / und blau bekleidet gewesen / hette keine Füsse sondern nur Hundes-klauen / und einen roten Federbusch aufgehabt: mit welchem sie so offt und viel zu schaffen gehabt / daß sie nicht gedencken könnte / wie offt es geschehen /etc. Nach verrichteten Werck / hette sie alle viertheil Jahr ein paar Elben gezeugt / welche eines Fingers lang gewesen / und gantz / buntstreiffig ausgesehn /wie die Raupen etc. 17

Auch in demselbigen Jahr / hat die Gefangene J.S. in ihrer Urgicht / und dann auch hernach in gutem /bekannt / etc. etc. daß anfänglich die gerechtfertigteM.T. ihr ihren Buhlen / so sie Juncker Hanns hiesse /zu gewiesen; welcher auff dem Felde / da sie Gras geschnitten / zu ihr kommen / und gesagt: Junge Frau! wollt ihr mich haben? darauf sie ihn / ungeachtet sie ihren Ehemann gehabt / angenommen / und mit ihm zu schaffen gehabt: Das erste Mal hette er ihr einen Thaler gegeben / so wieder zerschmoltzen und weggekommen. Solchen ihren Buhlen hette sie 4 Jahre gehabt / und im Hause / auf dem Boden gehalten; so ihr zwar anfangs viel zu bringen zugesagt / aber solches nicht gehalten / sondern jedes Mal nur etwan auff ein / zwey oder drey Pf. werth / zubracht. Sie hette mit ihm böse Dinger / oder Elben / gezeugt / (mit welchen sie viel Ubels gestifftet / auch dem Paul Henningen seine Schafe / mit 2 Paar Elben / die sie ins Heu gethan / getödtet und umgebracht etc. etc. Die A.S. derer Bule Juncker Greger geheissen / wäre / nach ihr / auf den Blocksberg gefahren kommen / [860] und hette auch (wie der Juncker Caspar) helffen Kuchen backen etc. Der alte A.S. wäre auch auffm Blocksberge gewest /hette mit der Taschinn / so krum und lahm wäre / getantzt und gesprungen: Imgleichen auch M.W. der auch ein Zaubrer wäre / und eine Frau-Teufelinn hette / die hübsch und schön wäre / und einen schwartzen leinwandten Rock mit einem Vorstadt-Schweiffe trüge / so ihm auch in einer schwartzen Lade Geld gebracht: Ihr Bule wäre im Thurn / darinn sie gesessen /in Gestalt einer grauen Gans / bey ihr gewesen / und hette sie 2 Mal mit ihm zu schaffen gehabt / etc. 18

Anno 621 hat die Gefangene M.P. etc. bekannt; daß sie / mit dem T. zu schaffen gehabt / und zu solchem Werck / von der M.J. gebracht worden / indem der T. in Gestalt eines Manns / zu ihnen beyden gekommen / und anfänglich mit der M.J. im Kraut / hernach auch mit ihr / zu thun gehabt; und hette selbes Mal der Teufel Bären-Klauen am lincken Bein / und einen grossen hofmännischen Rock an / auch Federn auffm Hut / gehabt: Nach solcher Vermischung /wären Elben von ihr gekommen / so wie schwartze und graue Fliegen ausgesehn etc. 19

Im Jahr 1622 / hat die Weiß Barbara / in scharffer Frage bekannt / etc. etc. daß sie die Zauberey von der Münnichinn / so vor dessen verbrannt worden / gelernt: Welche zu ihr gesagt; Ich will dir einen Buhlen zuweisen / von dem du was lernen kannst; der auch alsobald zur [861] Stelle gewest / und ihr auff die Buhlschafft eine schönen Thaler gegeben; hette geheissen Juncker Hanns Bastian; wäre ein hübscher Mann gewesen / so einen grossen schwartzen Bart gehabt und einen blaueu Hut / mit rot- und weissen Federn; einen hübschen Fuß; der andre Fuß aber wäre ein Pfote gewest mit blauen Strümpffen. An der lincken Hand / hette er lange Nägel gehabt mit dem sie über 20 Jahre gebuhlt: Es hette sie zwar gedaugt / als wenn ihr Mann bey ihr gelegen / und mit ihr zu thun gehabt / jedoch aber wäre ihr Bule gantz kalt gewesen. Von ihm hette sie gelernt / was sie wider etliche Personen / verübt; wäre auch / mit diesem ihrem Juncker Hanns Bastian / in die 10 Mal auffm Blocksberge gewest / hette daselbst sich lustig und guter Ding erzeigt / Kuchen gehabt / gegessen und getruncken auch mit ihrem Juncker getantzt; mit mehrern Bericht / daß derselbe wochentlich / auf gewisse Tage / als deß Dienstags / Donnerstags / und Sonnabends / auff eine Stunde / bey ihr gewesen / und wann er seinen Willen mit ihr geübt / wäre er wieder davon gangen /und hette nichts gesagt. etc. 20

Die M.L. hat (Anno 1622.) bekannt daß ihr Juncker / der böse Feind / in Gestalt eines Manns / zu ihr gekommen; dem sie / in alle Ewigkeit eigen zu seyn /zugesagt etc. darauff er ihr zu Bestätigung einen Dreyhellers-Pfenning gegeben: er habe / als er / zum ersten Mal / bey ihr geschlaffen / schwartze Kleider an-einen schwartzer Hut auff-einen gelben Federbusch / rote Strümpffe und einen Kühfuß / gehabt /ihr dasselbe Mal einer [862] Groschen zu Lohn gegeben: Er hiesse Hanns: etc. Sie habe von ihm / nach vier Wochen / 5 Paar böser Dinger gezeugt und geborn; die wären wie weisse Würmer gewesen / und hetten schwartze Köpffe gehabt; die habe sie der Hirtischen Margareten in das lincke Bein gebracht / und / gezaubert / durch nachfolgenden Spruch: Im Thum steht die Rosenbluhm / sie ist weder braun noch fahl /so müssen die Huffdinger zerstäuben / und zerfahren / und kommen der Hirtischen Margareten / in deß T. Namen / an. Wie er aber / zum andren Mal / zu ihr kommen / und mit ihr zu thun gehabt /sey es in ihrem eigenem Hause / in der Stuben - - - - -(etliche Worte lasse ich / mit Fleiß / aus) geschehen /als ihr Ehemann in der Scheuren gewesen; und habe er / zum selben Mal / graue Kleider und Hut / einen braunen Federbusch / gelbe Strümpffe / und den rechten Fuß wie ein Esel gehabt / und ihr nicht mehr /denn 3 Pf. zu Lohn gereicht. Dasselbe Mal habe sie von ihm 3 Paar böser Dinger geboren / die sie der Justinen Stillin in das lincke Bein gezaubert / und ihr also grossen Schmertzen gemacht: dabey die Gefangene weiter berichtet / daß ihr Bule / in den 18 oder 19 Jahren / so offt bey ihr gewesen / und mit ihr Gemeinschafft gehabt / daß sie es nicht zehlen könne; sey /noch gestern / bey ihr im Thurn gewesen / und habe /bey ihr geschlaffen; in währender Captur und Verhafftung / sey er 5 Mal bey ihr gewesen / und habe ihr jederzeit nicht mehr / den 3 Pfenninge / zu Lohn entrichtet. 21

[863] Also mag man / von dieser Teufels-Buhlerinn / wol recht sagen / daß sie eine arme und hartverblendte Hur gewest / die nicht allein ihre Ehr / sondern auch die Seel / um wenig Pfenninge / dem allerbetrieglichsten Ertzwucherer verkaufft hat.

Bey dem Viadana wird / in dessen Schrifft de malignis Spiritibus, einer Druten oder Zauberinn gedacht / deren Ruchbarkeit sich weit ausgebreitet /unter dem / ihr ins gemein zugeeignetem Namen der Baderinn. Nachdem dieselbe / gerichtlich verhafftet /unn zur Verhör gezogen worden; hat sie ausgesagt unn bekannt / daß / als sie einsmals aus begierlicher Fleisches-Lust / ihrem Buler nachgezogen / ihr der böse Feind / auff dem Felde / in Gestalt eines schönen Jünglings erschienen / und sie beschmeichelt habe /seinen schändlichen Willen mit ihm zu vollbringen: Indem sie aber sich nicht anderst eingebildt / als es hette ein brünstiger und venerischer Jüngling solches Schandwerck mit ihr vollbracht; hette er / nachdem er sie zu Fall gebracht / darauff gefragt / Ob sie ihn kennete? Da sie nun Nein gesagt / habe er sich ihr / zu erkennen gegeben / und gesagt / Er sey der Teufel selbst / und wie sie jetzo sehe / bey weitem so schwartz noch schändlich nicht / wie ihn die Pfaffen beschrieben: Sie sollte es nur mit ihm halten; so würde es ihr / an zeitlicher Lust und Freude / niemals mangeln; er wolle ihr / in allen Nöthen / beystehen /und alle Lebens-Mittel verschaffen.

Da sie nun hierzu eingewilligt / und GOtt / ihrem Schöpffer / erschrecklichst abgesagt / habe sie / biß ins achtzehende Jahr / dem Teufel / in allen [864] Stücken /zu Gebot stehen / eine Schande / Laster / und Bosheit / über die andre / verüben müssen. 22

Man könnte solcher entsetzlichen Fälle noch viel mehr anführen / und dadurch befestigen / daß solche leichtfertige und verhurte Leute gar leicht endlich den Satan selbsten zum Courtisan bekommen / und von demselben / mit abscheulicher Vermischung / bekotet werden: aber es ist unvonnöthen / eine solche Kundbarkeit / mit mehrerm Begebenheiten / zu bestetigen. Ich setze nur / zum Beschluß / diese Zeilen / eines hochgelehrten Theologi, welche Er jetzt erzehltem /und von ihm auch angezogenem / Verlauff mit der Baderinn / beygefügt.

Wer sollte hieraus nicht eigendlich abnehmen und ermessen / in was für einem gefährlichem Stande diejenige sich befinden / welche ihren sündlichen Lüsten und Neigungen keinen Wider stand thun / noch der Satanischen Anläuffe sich erwehren wollen? Also willig und gern gehen die thumme Welt- und Huten-Vögel / in das / ihnen gelegte / Netz und Garn ein! Also fliegen die Mucken hauffen-weise in das Gewebe / der teuflischen Spinnerinn! darinn sie so lange verwickelt bleiben / biß sie zuletzt gar von ihr verschluckt und aufgefressen werden. 23

Fußnoten

1 Joh. Christoph. Hundshagen in Disput. de Dæmonum Potestate §. 8.

2 S. Weckens Dresdische Chronic im letzten Capittel.

3 Boëthius lib. 8. Histor. Scotiæ ex Cardani lib. 16.de Variet Rerum c. 93.

4 Del-rio in Disquisit. Mag.

5 Anton. Torquemada in der dritten Tag-Reise.

6 Author s. cit.

7 della Valle in dem vierdten Sendschreiben seiner Reise; an unterschiedlichen Blätern.

8 Alex. ab Alexandro lib. 2. Gonial dier. c. 9.

9 Krantz lib. 4. c. 5. Metrop.

10 Manlius in Locis communib.

11 Lerchheimerus, in seinem Bedencken / von deß Satans Beyschlaff / so zu finden im II. Volumine Dedekinni, am 441 Bl.

12 In Meditat. Histor. Cent. 1. c. 70.

13 Benedicti Carpzovii Practica nova Criminal. Part. 1. Quæst. 5. N. 8. fol. 334.

14 Idem fol. 336. N. 20.

15 Idem fol. 337 a.

16 Idem fol. 338.

17 Idem fol. 338.

18 Idem p. 339.

19 Idem fol. 340. a.

20 Idem fol. 343.

21 Idem in fine Partis Primæ f. 344.

22 Viadana lib. de malign. spiritibus.

23 Her Spizelius, in seinem hoch erbaulichem Buch /die gebrochene Macht der Finsterniß / genannt /am 38 Bl.

80. Die angefochtene Einsamkeit

[865] LXXX.

Die angefochtene Einsamkeit.

Der Satan hat das menschliche Hertz / zum Ziel seiner Pfeile / gesteckt: darum spannet er / auf selbiges / seinen Bogen überall / und trachtet ihm allenthalben beyzukommen / auf allerley Weise. Wie nun ein leiblicher Feind diejenige Zeit / und den Ort / gern erwählt / da sein Gegner den wenigsten Beystand um sich hat: also setzt auch der geistliche Feind dem Menschen am vortheilhafftesten zu / zu solcher Zeit und bey solchem Aufenthalt / da derselbe sich / ausser aller menschlichen Gesellschafft / befindt: auf daß er ihn alsdann / mit seiner List / zu zaghaffter Kleinmütigkeit / Furcht / und Mißtrauen an GOTT / bringe. Weil Niemand zugegen / der ihn / mit Trost / aufmuntere / und ihm ein Hertz zuspreche.

Diesem nach macht er es den reissenden Thieren nach / welche sich am grimmigst- und häuffigsten erweisen / in grossen Wildnissen / die von aller Leutseligkeit entfernt sind / da sie ihre meiste Wohnungen und Lager haben: Er begegnet dem Menschen zum öfftersten da / wo er keinen Menschen bey sich hat; nemlich an einsamen und unbewandelten Orten: weil selbige / zum Schrecken / am gelegnesten und furchtsamsten / und er der Furchtsamkeit seine Larven am nachdrucklichsten vorstellen kann. Daher er nicht allein / für diejenige / [866] welche er / mit Verzweiflung /und mißtrauigen Gedancken / ansicht / die Einsamkeit beobachtet; sondern auch / zu seinen gespenstischen Erscheinungen und Erschreckungen / gern wühste Oerter aussucht.

Daß unwandelbare Oerter sein Wandel-Platz / und die unwegsame sein Weg seyen / findt sich / in heiliger Schrifft. Esaias drohet den Feinden der Kirchen eine solche Zerstöhrung / daß nicht nur Dornen / in ihren Palästen / Nessel und Disteln in ihren Schlössern / wachsen sollen; sondern auch ein Feld-Teufel dem andern daselbst begegnen / und der Kobold darinn herbergen / und seine Ruhe daselbst finden werde. 1

Dahin kann gleichfalls gezogen werden / die Weissagung Johannis / Babylon sey eine Behausung der Teufel / und Verhältniß aller unreinen Geister worden. 2 Denn ob zwar hiedurch fürnemlich eine geistliche Teufels-Behausung bezielet wird / die in unreinen Lehren der Teufel / wie nicht weniger unreinem Wandel / begriffen ist: wird doch zugleich damit auch bestetigt die Gewonheit der bösen Geister; nemlich daß sie gern wühste Oerter / zu ihrer Wohnung / einnehmen / und daselbst / in erschrecklicher Gestalt / denen / so ungefähr dahin kommen / sich blicken lassen.

Zudem giebts das Exempel jenes arglistigen Versuchers / der sich / an den Sohn deß Allerhöchsten / in der unleutsamen Wühsten / machte; der [867] Hoffnung /daselbst am allergelegnesten / Ihn überrittern / und zu fällen / wo die Abgelegenheit selbst / auf deß Versuchers Vorgeben / mit einem stimmen / und nebst dem Holtz auch die Steine zu ruffen schienen / Er / der HERR / wäre von GOTT verlassen / und hette denjenigen für keinen Vater Ihm einzubilden / der Ihm / an stat Brods harte Steine vorlegte.

Deßwegen schreibt auch Cyrillus, aus glaubwürdigem Bericht und Zeugniß andrer Leute über obangezogene Worte Esaiæ: Man sagt die bösen Geister wohnen gern / an wühsten Oerten. 3 Welches auch die Erfahrung kräfftiget. Denn wann der unsaubre Geist durch eines frommen Priesters / und andrer gläubiger Christen / kämpffendes Gebet / bestritten und hart gedrungen wird / von einem leiblich-besessenem auszufahren; bittet er jemaln um Erlaubniß / in diesen oder jenen Wald / oder Feld / hinzufahren und daselbst sich aufzuhalten. Massen man insonderheit erzehlet / daß die Teufel den gottselig Bischoff zu Paris / S. German / bittlich ersuchen haben / wann ihnen je verboten seyn sollte / und den Menschen zu wandlen / daß ihnen dann nur doch freygelassen würde / durch eine einsame Wüsteney herumzuschweiffen. 4

Daß er / in einer so traurigen Gegend / als ein rechter Traur-Geist / dem / welchen er allein darinn antrifft / sehr molest und beschwerlich falle; [868] vormals mancher Einsiedler wol innen worden; bevorab der gottselige Antonius.

Von diesem schreibt der heilige Athanasius, (wiewol Etliche zweifeln / ob es Athanasii Schrifft / und nicht vielmehr eines andren alten Lehrers sey) er habe gewünscht / GOTT mit reinem Hertzen zu dienen /und gehorsamlich nach seinem Göttlichen Willen zu leben; solchem nach das Exempel Eliœ zum Muster gewählt / und nach solchem Spiegel seine Lebens-Art zu bilden beschlossen: weßwegen er sich nach etlichen Begräbnissen / unferrn von einem Meyerhofe /oder Land-Gut / sich aufgemacht / und eines derselben zur Behausung / oder Hütten / erkoren: Ohne Zweifel / damit ihn solches Moniment seiner Sterblichkeit täglich mögte erinnern; als / zu welchem Ende / die Gräber eigendlich / von den Alten / Monumenta benamset worden. Daselbst verharrete er gantz allein /in einer grossen Marmel-Truhen / und ließ ihm / von einem Bruder / mit dem er wol bekandt / die tägliche Nothdurfft an Speisen bringen.

Dem Teufel / welcher / nach unsers Heilandes Bericht / wüste Stäte oder Oerter durchwandert / (wie denn noch heut / manche Wüsten / mit bösen Geistern / und verführischen Gespenstern / bevorab die Asiatisch-Tartarische / angefüllet sind) gefiel das nicht: er besorgte / diß dörffte Anlaß geben / daß / mit der Zeit / selbige Einöde wohnbar würde. Derhalben versammlete er etliche seiner finstren Rott-Gesellen zu sich / und wischte / eines Tages / über den Antonium, her; schlug und zerkratzte denselben [869] / mit seinen Klauen / so übel / daß ihm / von Schmertzen / schier hören und sehen verging / und er sich weder wenden /noch regen noch reden kunnte. Das war der Willkomm!

Deß andren Tags / kommt besagter sein Provisor /oder Versorger / und Speisebringer / finde ihn / auf der Erden / halb todt ligen / und die Thür zum Eingange der Begräbniß zerbrochen. Weßwegen er ihn auf hebt / und auf seinen Schultern nach dem Meyerhofe trägt. Dahin / von der benachbarten Oertern /viel Volcks zusammen kommet / Willens / dem / in ihrer Einbildung / so gut als schon todtem / Antonio, die letzte Ehren-Dienste zu erweisen.

Indem nun diese Guthertzige / bey dem todt ähnlichem Körper / biß schier nach Mitternacht / gewacht /und zuletzt ihre Müdigkeit vom Schlaf überschlichen wird; ermuntert sich hingegen der in Ohnmacht gelegene Antonius, schöpffet Odem richtet / mit einem starcken Seufftzer / den Kopf empor / schauet sich umher / und weil er mercket / daß Niemand mehr /ohn allein der / welcher ihr daher getragen hatte /wache; fordert er denselben / durch einen Winck / zu sich / und bittet inständigst / er solle der Andren Keinen aufwecken / ihn aber unterdessen wiedrum nach seiner vorigen Grab-Wohnung zuruck bringen. Der ihn auch erhört / und wiedrum dahin trägt.

Also blieb er daselbst / nach voriger Gewonheit /allein: und weil die noch grosse Leibs-Mattigkeit ihm nicht gestattete / auf seinen Füssen zu stehen; lag er /auf seinem Antlitz / und betete. Nach dem Gebet aber / rieff er / mit heller Stimm: [870] Schaut! hie ist der Antonius nun wieder! ich fliehe / für eurem Kampffe /nicht; ob ihr gleich noch schärffer an mich setzer. Niemand kann mich scheiden / von der Liebe Christi. Er sang auch dabey den Psalm: Der HERR ist mein Licht und mein Heil / etc. Ob sich schon ein Heer wider mich legt; fürchtet sich doch mein Hertz nicht. (Ps. 27.)

Diß gesprochen / und gesungen; hörte er gleichsam Jemanden zu Andren also reden: Was dunckt euch? Diesen hat weder der Huren-Geist überwinden /noch die neuliche schmerzhaffte Bläuung mürbe machen können; besondern er noch wol das Hertz / uns auszufordern / und zu trutzen. Wir müssen ihm den Hochmut vertreiben / und ein wenig anders begegnen: daß er innen werde / mit was für Gegenstreitern / seine Künheit es aufgenommen. Auf dieses / vernahm er eine brummelnde Beystimmung der andren Geister.

Gleich damit erhub sich ein gählinges Gekrach /wovon der Grund und Bodem deß Orts selbst erbebte. Die Wände deß Grab-Gewölbs rissen sich von einander: und erblickte er einen grossen Hauffen böser Geister / in Gestalt reissender Thiere / und Schlangen. Uberall ward die Gegend / vor seinen Augen / mit Leuen / Leoparden / und Bären / mit Wölffen / wütig-grimmen Büffel-Ochsen / Schlangen / Ottern / Drachen / Scorpionen / angefüllt: die Alle / Jedes nach seiner Art / einen entsetzlichen Laut von sich gaben. Die Leuen brülleten / und draueten ihm mit ausgebreiteten Klauen. Die Bären brummeten: der zörnig-[871] brummende Stier presentirte die Hörner / zum Stoß: der Wolff heulete: das Pantherthier / oder Pardel /machte sich fertig zum augenblicklichen Ansprunge. Die Schlangen und Ottern zischten und bliesen.

Vor dem blossen Anblick dieser Abentheuren /hette Mancher vergehen mögen; so grausam und entsetzlich waren sie anzusehn! und / vor dem entsetzlich-grausamen Gelaut ihres Gebrülls / sollte auch wol dem Allerbehertzesten das Hertz / natürlicher Weise / enthertzet seyn. Aber S. Antonius / ob zwar sein Fleisch / von der neulichen Verletzung / annoch sehr schwach / war doch im Geist gar starck / standhafft; machte / aus dieser Schreck-Larven seiner Widersacher / nur ein Gespött / und sagte: Hettet ihr einige Macht / oder Gewalt; wäre Einer unter euch mir Feindes genug / zum Kampffe: Weil aber der HERR eure Macht zerbrochen und euch entkräfftet hat; gedenckt ihr / mir durch eure Menge /einen Schrecken einzujagen: da dieses doch eine Entdeckung eures Unvermögens ist / daß ihr euch / in unvernünfftige Bestien / verstellet.

Und bald fing er wiederum an zu reden: Könnt ihr mir was thun / und der HERR hat euch Gewalt über mir gegeben; wolan! hie bin ich / fallet herzu / und verschlingt mich / wanns euch erlaubt ist! So ihr aber dessen keine Macht habt; warum bemühet ihr euch so vergeblich? Denn das Zeichen deß Kreutzes / und der Glaube an der HERRN Christum / ist uns Christen eine [872] unüberwindliche Maur. Sie hingegen droheten / brummten / bissen die Zähne aufeinander / vor rasender Ungedult und Verdruß / daß es / mit ihrer Versuchung / so kahl ablieff /und er ihrer noch dazu spottete.

Hierauf ließ der / welcher sein Schild war / seines Beystandes Gegenwart leuchten. Denn als Antonius seine Augen auf hub / sahe er / daß sich die Spitze deß Dachs voneinander thät / und ein heller Glantz /der alle Finsternissen vertrieb / zu ihm herab fuhr. Worauf nicht allein alle die gespenstische Larven /sondern auch seine Leibs-Schmertzen / alsofort verschwunden. Das Haus / oder die Hütte / so kurtz zuvor / von den Teufeln zerbrochen worden / ist gleichfalls wiederum zur Stunde ergäntzt. 5

Wobey ich gleichwol nicht ungemeldet lassen kann / daß / in dieser Erzehlung / so dem heiligen Athanasio fälschlich (wie Einige wollen) zugeschrieben wird / etliche Umstände sich nicht wol miteinander zu vergleichen scheinen. Denn / im Anfange derselben /wird gedacht / er habe sich / in ein Begräbniß / eingequartirt; und zuletzt wird doch ein Haus / das einen Giebel oder zugespitztes Dach gehabt / dafür gesetz. Aber daraus ergeht noch kein Schluß / die gantze Erzehlung sey ein Geticht; sondern nur dieser / daß sie etwas einfältig dißfalls verfasst worden. Zudem kann auch noch wol solche Ungleichheit verglichen werden. Denn die Alten haben manche Grab-Gebäue so raumlich [873] und bequemlich eingerichtet / daß auch die Lebendige darinn wohnen können / wie in einem kleinen Hause: Weßwegen vielleicht der Beschreiber deß Lebens S. Antonii, es sey gleich Athanasius, oder /wie es das Ansehn hat / ein Andrer gewest / den obern Theil solcher Grab-Wohnung einem Giebel / oder Dach-Spitzen verglichen.

In derselbigen Lebens-Beschreibung dieses frommen und gottseligen Einsiedlers / wird auch gedacht /als Antonius durch die Wüsten einsmals gegangen /habe er eine silberne / auf der Erden ligende / Schüssel erblickt: als er aber den Betrug deß Teufels gemerckt / und gesprochen: O du Kerl! das ist eines von deinen Kunststücklein! du solt mich / in meinem Vorhaben / nicht irre machen. Daß du verdammt seyest / mit deinem Gelde! (oder Silber!) sey darauf die Schüssel / vor seinen Augen / verschwunden / wie ein Rauch: Nachmals habe er / auf der Reise / kein ertichtetes / sondern recht wahres grosses Stück roten Goldes ersehn: und weil dasselbe keine Verblendung der Augen / sondern ein natürliches Gold / gewest / sey er in Zweifel gerahten / ob es / wie das vorige Silber / vom Satan / oder etwan von GOtt / ihm zur Versuchung / dahin gelegt wäre; solchem nach eben so schnell davon geloffen / als wie man / heutiges Tages / dem Golde zulaufft.

Der gelehrte und wolberedte Jesuit / P. Engelgrav /erzehlt aus der Lebens-Beschreibung deß Paters Alvarez, daß / als dieser Pater einsmals die Mariam Diatiam besuchet / er / ohn das Bette derselben / auch noch ein andres kleines Bettlein / [874] in einem Winckel ihrer Zellen / erblickt / und derwegen gefragt habe /wozu selbiges Bettlein dienete? Worauf sie ihm aufrichtig bekannt / ein böser Geist hette sie einsmals gar erschreckt und tractirt; seit dem sie sich allezeit so sehr gefürchtet / daß sie nicht / in der Zellen allein /übernachten dörffen / sondern ein Mägdlein zu sich genommen. Hierum hat der Pater Alvarez ihr einen scharffen Verweis gegeben / daß sie / nach so vielen Zeichen der Göttlichen Vorsehung / Krafft welcher Er die höllischen Geister binde / noch so kleinglaubig wäre / und eine so schwache Zuversicht auf GOTT stellete: Welcher doch allgegenwärtig wäre / und sie nicht würde hülfflos lassen. Wann ihr / sagte er / dieses Beystandes ermangelt / was wird euch dann ein solches Kind viel helffen?

Er hat auch eher / aus der Zellen / nicht weggewollt / bevor man solches Bettlein weggenommen / und hinaus geworffen. Wobey er ihr / zum Trost / und Belehrung / diesen Spruch deß Tugendlehrers / Sirach /recommendirte: Wer den HERRN fürchtet / der darff für nichts erschrecken / noch sich entsetzen: denn Er ist seine Zuversicht. Sir. 34. v. 16.

Ist sehr fein und christlich erinnert worden / und sollte sich nicht übel auch der schöne Versicul deß 27 Psalms dazu geschickt haben: Der HErr ist mein Liecht / und mein Heil; für wem sollte ich mich fürchten? Der HErr ist meines Lebens Krafft; für wem sollte mir grauen? 6

[875] Es führet hernach bemeldter P. Engelgrave / neben andren / auch den Xaverium an: welcher / zu Nachts /ohn alle Scheu / durch die Wüsten / zu dieser oder jener besonders stehenden / Kirchen / allein gegangen / um daselbst seine Andacht zu verrichten.

Allein die Christen seynd nicht alle / in Glauben /gleich geübt und starck: Zudem ist auch Einer / von Natur / behertzter / als der Andre. Das Frauenzimmer / und die kleine Knaben / werden alle Mal leichter erschrecken / als ein erwachsener Mann: ob sie dennoch auch gleichwol an GOtt gläuben. Ihnen dienet zwar die Belehrung / mit obigen / und andren heiligen Sprüchen / zur Erbauung und Verstärckung ihres Glaubens: aber weil die erste Beweg- oder Entsetzungen den Menschen plötzlich überfallen / und leicht in eine Kranckheit stürtzen: so verdencke ich Keinen /zumal einen Furchtsamen / daß er grauerische Oerter lieber / mit einem Gefährten / als gantz allein / durchwandle. Denn der Satan wird allezeit leichter und viel härter Einen / welcher sich allein befindt / als ihrer Etliche / die beysammen seynd / erschrecken. Weßwegen er auch der Einsamkeit am meisten zusetzt.

Ich gedencke noch vollkömmlich dessen / was mir /da ich noch ein kleiner Knabe war / einsmals widerfuhr. Hinter dem Hause / darinn mein seliger Vater wohnete / war ein langer Garten / welcher / zu beyden Seiten / von unterschiedlichen ziemlich-weit hinaus reichenden Zimmern begleitet ward; biß man endlich /da wo der Garten [876] auf hörte / an ein Hinterhaus gelangte: welches unten einen Stall für Pferde und Gutschen; oben aber unterschiedliche gute Wohnzimmer /und / unter andren / ein langen Saal hatte / darinn /weil dieses Hinterhaus / von etlichen Jahren her / niemand bestanden / anderst nichts / als eine Bettstäte voll Stroh stund.

Gleichwie ich nun daselbst offt / langs dem Garten hinab / allein herum zu lauffen / und zu spielen pflag: also ging ich einst auch gantz allein / mit einem kleinen Stecken in der Hand / die Stiegen dieses Hinterhauses / hinauf / und schauete mich / in denen offenstehenden Gemächern / ein wenig umher; biß ich zuletzt auch in den Saal kam / und allda / wegen der bequemen Breite und Länge / weiß nicht was für ein Spiel trieb. Uber ein Kleines aber ließ sich / unter gedachter Bettstäte / ein solches murren und brummen gar laut / und zwar immer stärcker hören / als ob eine grosse Menge Katzen also murrete / wie sie pflegen /wenn man ihnen Speck giebt / oder sie eine Maus gefangen haben. Ich achtete solches anfänglich nicht besonders viel / in Meynung / es wären rechte Katzen da; ging auch hin / mit dem Stecklein dieselbe zu erschrecken / und hervor zu treiben. Weil aber / ehe dann ich gar die Bettstäte erreichte / das Murren viel stärcker / und gar abscheulich / zu lauten begunnte: bekam ich ein schauren und grauen; ob ich gleich /von Gespenst- und Poltergeistern / annoch nie was hatte reden gehört / noch / was ein Gespenst wäre /verstund: daher ich auch / an nichts dergleichen / gedachte. Nichts destoweniger überfiel mich / samt der Einbildung / daß solches überaus [877] düsterliche Murren kein Katzenhader / sondern gantz was anders seyn müsste / eine grosse Furcht: welche mich endlich bewegte den Rucken zu wenden / und allgemach Fuß für Fuß (angemerckt / ich sorgte / wann ich geschwinde davon lieffe / und mich flüchtig oder furchtsam anstellete / so dörffte mir weiß nicht was / gleich nachsetzen / und in den Rucken eilen) mit einem sumsenden Gesinge / als ob mir nichts drum wäre / die Thüre zu ergehen / und die Stiegen wieder hinab zu treten.

Als ich nun gantz hinunter- und wieder in den Hofplatz / der nechst vor der Stiegen lag / gekommen war; da fing ich erst an / das Hasenpanier aufzustecken / und strich tapffer davon; sahe auch nicht eher hinter mich / ohn biß ich ungefähr dreyssig Schritte zurück gelegt hatte. Da wagte ichs / und wandte mich um; zu sehen / ob mir wer nachfolgte. Indem ich aber also ein wenig still stund; kam geschwinde ein grosser Hund die Stiegen herunter geloffen / dessen Gestalt mir einen desto grössern Schrecken machte / je häßlicher sie war. Denn er sahe als wie halb geschunden; also / daß Wechselsweise bald eine Handbreit mit dem Fell überzogen / bald eben so viel von der Haut gantz entblösst / und blutig-rohes Fleisch war /und demnach vier oder fünff Theile seines Rückens keine Haut hatten.

Ich stund gantz erstaunt / und blickte diesen geschundenen Hund mit erschrockenen Augen an; biß er / von der Erden / hart vor der Stiegen / über sich auf das Dach / womit die Stiege oben / vor dem Regen bedeckt / hinauf sprang / ohngeachtet selbiges Dach gleichwol gern anderthalb Mann [878] hoch von dem Bodem seinen nidrigsten Anfang nahm. Folgends lieff er immer höher das gantze Haus-Dach hinan / biß an die öberste Höhe; richtete sich daselbst auf die Hinter-Füsse / und verschwand im Augenblick.

Darüber gerieth ich in solche Angst / und so harte Entsetzung / als ob ein Blitz vor mir wäre in die Erde geschlagen. Und weil ich förchtete / der schändliche Hund dörffte wiederkommen / mir nachzueilen; kürtzte ich mir die Flucht / und lieff nicht den langen Weg nach dem Vorhause zu; sondern retirirte mich nechstens in die gleich hart bey mir zur Seiten ligende Badstube; Welche doppelte Thüren hatte: und blieb allda zwischen den zweyen Thüren / nachdem ich die vordre hinter mir zugeschlagen / stehen / gantzer zwo-oder dritthalb Stunden. Biß endlich die Meinigen / so mich überall suchten / auch an das Bad kamen. Denen ich / durch ein weinendes Geschrey / zu mercken gab /wo ich steckte / und also endlich solches meines Gefängnisses befreyet ward.

Man bemühete sich mir das / was ich gesehn zu haben / mit Threnen klagte / aus dem Sinn zu reden; labte mich auch mit Sachen / so für den Schrecken dienlich: Nachdem ich aber einen grössern Wachsthum erreicht hatte / bestetigte man mir dieses / daß ich damals müsste ein Gespenst gesehn haben; weil mein Gesicht gantz blaß gewest wäre / und die Augen einen solchen verworrenen / und bestürtzten Angst-Blick gegeben hetten / der einen ungemeinen Schrecken bezeugte.

Fußnoten

1 Esa. 34.

2 Offenbar. Joh. 18.

3 Cyrill. in c. 34. Esaiæ.

4 Fortunat. Episcopus Pictavorum, in Vita S. Germani, c. 30.

5 Vid. Vita S. Antonii, à S. Athanasio, vel quisquis author est, descripta.

6 P. Henricus Engelgrave in Luce Evangelica, Domin. IV. post Epiphan. p. 122.

81. Das scheinheilige Gespenst

[879] LXXXI.

Das scheinheilige Gespenst.

Mancher Spähvogel / und Land-fahrender Schau-Spieler / stellet bißweilen wol einer grossen Potentaten für / und verbirgt sich / unter dem nachgeäfftem Königlichen Rock: also thut auch bißweilen der Satan: er verkleidet sich jemaln in grosse Heiligen GOttes / ja! in der Allerheiligsten selbsten / um die Leute dahin zu verleiten / daß sie GOtt versuchen /oder auff geistlich Hoffart gerathen / und besondre Offenbarungen verlangen mögen. Den blinden Heiden stellet er sich vor / als einen Gott / und fordert von ihnen Göttliche Verehrung; wie der schaamlose Schand geist dem Sohn Gottes selbsten ansinnen dürffte. Als die West-Indische Heiden über die Gewalt und Streitbarkeit der Christen / und wie wenig er sie dawider zu schützen vermogte / sondern vielmehr überall seine Götzen-Häuser niderreissen lassen mir sie sich / höchlich verwunderten: gab er sich für Christ Bruder / oder liebsten Freund / aus: um / durch solche Lügen / sie in der Lügen / wider die Warheit zu behalten.

Durch den Mund der Jüden-Betriegen gab er bald diesen / bald jenen Verführer aus / für den Messias: durch viel falsche Propheten / je durch alle grund-fal sche Lehrer / rufft er: Sihe hie ist Christus! sihe! da ist Er!

Aber den Enthusiasten / und Allen / die sich an der Gnade seines geoffenbarten Worts nicht [880] lassen genügen / macht er eins an / unter solchen Larven und Farben / welche ihnen am angenehmsten; äffet und täuschet sie bißweilen / nicht allein mit sonderbarer Eingebung oder Träumen / so dem auswendigen Schein nach / auff einen wunder-heiligen und strengen Wandel / dem innerlich-verborgenem Ziel nach aber /Alles / auf geistlichen Stoltz / Versuchung GOttes /Verachtung andrer Leute / Verlassung der ordentlichen Werck-Mittel oder Unterweisungen zur Seligkeit / nemlich der Göttlichen Lehr und Sacramenten /zwecket; sondern auch manches Mal / mit sichtbarlicher Erscheinung / einer falsch-angemassten Gestalt Christi.

Hiemit sucht er / als der rechte Versucher zum Bösen / auch wol frommen Leuten einen betrieglichen Auffzug zu machen. Dem H. Martino hat er sich angemeldet / für den Herrn Christum; ist aber bald darüber zu Spott / und ein Betrieger erfunden worden. Der Wittwen / Theodoræ bildete er sich für / in der Gestalt Gottes.

Einer Nonnen zu Bologna (oder Bononien) erschien er / mit Blut-trieffenden und Dorn-gekröntem Haupt / wie der Heiland am Kreutze / und künstelte ihr die fünff Wunden-Malen daher. Wiewol es / in kurtzem / offenbar ward / daß dieser verfluchte Comediant / solche Bildung hette ertichtet. Massen Petrus Ribadenaira / der es mit angesehen / solches bezeugt. 1 So ist auch nicht unbekandt / was dem berühmten Ludovico Granatensi für eine Abentheuer begegnet / mit einem Weibe / [881] das gleichfalls schier auff solche Weise / vom Satan / genarret worden. 2

Denckwürdig aber ist / vor andren / dieses / wasBoissardus erzehlt. Im Gebiet Francisci Pici / Grafens von Mirandula / lebte ein Weibs-Bild / so einen guten Lebens-Wandel führte / und mit beten und fasten GOtt täglich dienete. Diese offenbarte ihrem Beicht-Vater / in der Beicht / ihr erschiene alle Tage der HErr Christus / in Gestalt eines wunderschönen zwölff-jährigen Knabens / und einem hell-gläntzendem Kleide; um den Kopff trüge er eine weisse Binden / daran ein wunderhelles Kreutz-Zeichen / wie ein Karfunckel funckelte: Von diesem Knaben / würde sie immerzu ermahnt / sie sollte ja / in einem christlichem Leben / und bey unbefleckten Sitten / verharren: nach welcher Belehrung / der schöne Knabe verschwünde.

Der Priester erzehlt solches dem Pico. Welcher /als ein überaus scharffsinniger Kopff / fleissig / nach dem Wandel der Frauen / und was es / mit ihrer Gottesfurcht / für Bewandniß hette / geforschet. Da er nun / von dem Priester verstanden / daß es nur aller erst drey Jahre / seit dem sie diese strenge Lebens-Art angefangen / und sie annoch / zu keiner solchen heiligen Vollkommenheit gelangt / die eines so göttlichen Gesichts würdig wäre / und seines Gesprächs geniessen mögte; überdas auch die Frau erzehlte / daß dieser vermeynte Christ-Knabe / in seinem Gespräch / viel abgeschmackte und liederliche Sachen lehrete / neben dem auch zukünfftige Dinge weissagte / zu deren Erfüllung er eine Zeit [882] angesetzt / die allbereit / sonder einigen würcklichen Erfolg / verflossen wäre: machte Picus / aus dem Allen / einen Schluß / das Gesicht müsste nicht von Christo / sondern vom Teufel / seyn; der sich / in einen Engel deß Lichts / ja in den HErrn der Engel selbsten / verstellet hette / um das einfältige Weib zu betriegen. 3

Der Satan verhält sich hierinn / gleich denen betrieglichen Sophisten / von welchen Seneca schreibt /daß sie es den Apotheckern seiner Zeit nachgethan; welche die Büchsen / darinn Gifft verborgen gewest /mit gar ansehn- und ehrlichen Uberschrifften / oder Titeln / zierten. Wie möchte ein Titel / oder Schein und Fürgeben / heiliger / oder höher seyn / als dessen sich dieser Ertz-betrieger / im Jahr 1121 / angemasst? Da er / wie Nicolaus Remigius erzehlt / gern für die hoch-heilige Dreyfaltigkeit / hat angesehn seyn wollen / und deßwegen einem Ordensmann / in einer Gestalt mit dreyen Häuptern / erschienen; um demselben desto leichter einzubilden / er wäre eben die hochgelobte Dreyeinigkeit / in deren Betrachtung Jener seinen Geist / bishero so tieff versenckte / und täglich übte: mit Vermeldung / daß er als der dreyeinige GOtt / sich ihm / seiner vortrefflichen Verdienste / sonderbaren Andacht und Gottseligkeit halben / hiemit sichtbarlich vor Augen stellete: damit er denselben nun / in augenscheinlicher Gegenwart / könnte anbeten.

Aber der Mönch merckte die scheinheilige Schelmerey gar bald; schändete den Bösewigt [883] hefftig aus /an stat fußfälligen Anbetens / und trieb ihn also / Seiner spottend / von sich;

Derselbige Remigius, gedenckt auch / er habe / von deß Hertzogs in Lothringen geheimen Rath / Melchior Ehrich gehört / daß Theodorus Maillot / welcher nachmals über eine gewisse Landschafft in Lothringen Unter-Landrichter (oder Landverweser) worden /in seiner Jugend / sich in ein schönes / aus einer hoch-ansehnlichen Famili bürtiges / Jungfräulein verliebt /und dasselbe zur Heiraht gewünscht; aber sich gantz ohne Hoffnung gesehn / das schöne Bild zu erlangen: weil er damals annoch nur arm und dörfftig / dazu von schlechter Condition / als ein Auffwarter / gewest / und also kein Hertz gehabt / sich um sie anzumelden.

Wie nun manche Leute / wann es nicht nach ihrem Sinn geht / und der Zweck ihrer Begierden von der Hoffnung allzuweit entfernet ist / gemeinlich gern / zu verzweifelten Mitteln / greiffen: also beschloß auch dieser Verliebter seinem Verlangen / eine Bahn zu eröffnen; es mögte / auch gleich dieselbe erlaubt oder verboten / christlich oder verdammt / seyn. Er hatte die Nachricht / sein Mitknecht / ein geborner Teutscher / hette einen Geheim Geist / der zu aller Dienst-erweisung gar hurtig und willig wäre: Also ging er zu ihm; vertraute ihm sein Anligen / und bat / er sollte ihm behülfflich zu seinem Zweck seyn / wann er Raht dazu wüsste / und ihn dafür nicht undanckbar finden.

Dem Teutschen daugte dieses / eine erwünschte Gelegenheit / seine Centner-schwere Angst- und Sorgenbürde von sich ab- und auff einen [884] Andren / zu wältzen: sintemal / in wenig Tagen / seine Zeit / aus war / darinn er entweder den bösen Geist einem Andren zubringen / oder seinen Hals / ihm umdrehen lassen musste / Vermöge deß / mit dem Satan getroffenen / Vergleichs. Derhalben war er mehr als froh /daß jemand vorhanden / der / an seiner Stelle / sich in die Bande deß Teufels begeben / und ihn damit davon erledigen wollte; bestimmte demnach dem unbesonnenen Jüngling eine Frühstunde deß folgenden Morgens / darinn sie / in einem verschlossenem und geheimen Zimmer / wollten zusammen kommen / und allda deß ehrlichen Handels miteinander eins werden.

Kaum waren sie daselbst bey einander / als zur Stunde die Thür aufging / und eine Jungfrau lieblicher Gestalt / freundlichen Blicks / und züchtigen Geberdes / hinein tratt. Denn auff solche angenehme Weise / wollte sich / der Teufel Anfangs stellen: damit der Maillot / für seinem erschrecklichem Anblick / sich nicht entsetzen / noch in seinem Vorhaben / wendig werden mögte. Diese vermeynte Jungfrau gab für / sie wollte ihm die / so sehr gewünschte / Heiraht leichtlich zu wegen bringen / daferrn er dem nur würde getreulich nachkommen / was sie ihm würde vorschreiben.

Indem er nun hiezu die Ohren spitzte / und mit Verlangen erwartete / ihre Meynung zu vernehmen; hub sie an / ihn zu ermahnen / daß er sich / vor allen Dingen / hüten sollte / für Dieberey / Trunckenheit /Unzucht / Gottslästerung / Fluchen / Beleidigung und Ubervortheilung deß Nechsten / und für allen andren dergleichen Seel-befleckenden Lastern mehr: gegentheils sollte er sich / in der Gottesfurcht / [885] üben /armen und dörfftigen Leuten / von seinem Vermögen /eine erkleckliche Beysteur thun / auch / zweymal in der Wochen / sich selbsten / durch fasten / kasteyen /und so wol das offentliche / als tägliche Gebet ja nicht unterlassen; sondern Alles / dasjenige / was eines Christen Menschen Pflicht erforderte / mit unfehlbarem Fleiß / beobachten und verrichten: Denn so er sich / zu solchem Allen / mit ausdrucklicher Zusage würde verbinden / würde er die verlangte Dame /ohne sonderliche Müh / und Schwerigkeit / zur Braut / und ehelichen Liebsten bekommen. Nachdem sie ihm solchen Vortrag gethan / und einen gewissen Tag gesetzt / gegen welchem sie hierauff seiner antwortlichen Erklährung gewärtig seyn wollte / ging sie behände zur Thür wieder hinaus.

Maillot ließ sich / wegen eines so treflichen Anerbietens beduncken / im Himmel zu seyn: sein Hertz hub an / vor Freuden / zu wallen: seine Hoffnung befand sich gleichsam in einem Paradis der Liebe; seine Gedancken und Einbildungen flatterten schon / wie ein Sommer-vöglein / auff lauter Rosenblumen /herum; bevorab / weil er vernahm / daß seine Vergnügung / auf so ehrliche und christliche Conditionen /erfolgen sollte.

In dem / sonst treflich-wolgebildetem Bilder-Hause deß Herrn M. Jacob Daniel Ernstes / wird dieser Verlauff / zwar aus demselben Remigio, aber zum Theil mit etwas veränderten Umständen / erzehlt: Nemlich /der Jüngling habe versprochen / dem Allen nachzukommen / und die Jungfrau ihm einen gewissen Tag benennet / an dem er wieder Nachricht von ihr haben sollte / [886] von dem / was sie immittelst ausgerichtet: Und wie sich die Freude eines Menschens / mit dem Quecksilber / vergleicht / welches sich schwerlich in einem Gefäß behalten lasse / wann es erwarmet; also habe der Maillot seine vermeynte Glückseligkeit auch nicht verschweigen können / sondern / Einem seiner vertrauten Freunde eröffnet: welcher die Sache ihm nicht wollen gefallen lassen; sondern Jenem / mit vielen Worten / erwiesen / daß der Satan / welcher sich in einen Engel deß Lichts verstellen könnte / einen Betrug vorhätte / und also süß zu pfeiffen pflegte /ehe er die Albernen berückte: durch welche vernünfftige Reden er so viel zu wegen gebracht / daß Jener seinen gefährlichen Vorsatz habe fallen lassen / und dadurch einem grossen Unglück entgangen sey.

Aber besagter Teutscher Author / hat vielleicht /auff ein andres Buch / welches sich auff den Remigium mag beruffen haben / sich verlassen. Denn Remigius schreibt nicht / daß der junge Mensch gleich alsofort das Versprechen gethan / dem allen nachzukommen; sondern / wie oben schon gedacht ist / daß die falsche Jungfrau ihm einen Tag ernannt habe / an welchem sie hierauff von ihm eine Antwort vernehmen wollte. Er sagt auch nicht / daß der Jüngling solche seine Freude nicht verschweigen können / und dieselbe einem seiner vertrauten Freunde eröffnet habe: sondern die Umstände gehen / beym Remigio, also. Als die Jungfrau / dem Jünglinge / berichteter Massen / eine gewisse Bedenck-Zeit / bestimmt / und damit von ihm geschieden; hat der Maillot / weil er gesehn / daß sie ihm / mit so heiligen und erbaren [887] Bedingungen / eine so grosse Wolthat versprochen /dafür gehalten / man müsste nicht lange säumen / solche treffliche Anerbietung / mit Danck und Beliebung anzunehmen. Jedoch begunnte er / der Sachen je länger je mehr nach zu dencken / und / mit scrupulirenden Gedancken zwischen Furcht und Hoffnung / zu schweben: biß endlich ein / mit ihm in einem Hause sich auffhaltender / Priester / aus seinem Gesichte /gemerckt / er müsste ein heimlich-schweres Anligen auff seinem Hertzen haben / solchem nach ihn freundlich angeredet / und durch bewegliches Zusprechen /von ihm die Ursache seiner so Kümmer-zeugenden Blicke / erforschet / auch zuletzt überredet hat / daß er hinfüro sich / mit dem Teufel / durchaus in keine Unterredung mehr einlassen sollte.

Also ist der Teutsche / in seiner Hoffnung / betrogen / und / bald hernach / laut seines / mit dem bösen Feinde eingegangenen / Vergleichs / demselben verfällig worden: indem er / auff ebner und offentlicher Strassen reitend / plötzlich vom Pferde herab-auff den Kopff gestürtzt / und gleich im Augenblick / so wol dem zeitlichen / als ewigem Tode / in den Rachen gefallen. 4

Eben dieser Author / Remigius, meldet / daß der Teufel / gegen einem besessenen Weibs-Bilde / zuLaon, in Franckreich / sich / im Anfange gleichfalls gar heilig gestellet; als er / wie ein schwartzer Mann /auffgezogen kommen; und von nichts anders zu ihr geredt / als von heilig- und unsträflichem Wandel /von Zucht / Keuschheit / Andacht / [888] Gottesfurcht / und fleissiger Besuchung deß Gottesdienstes: dazu er sie /vor allen Dingen / ermahnte. 5

Solche Weise führen eben so wol manche Dienerinnen deß Satans / nemlich Druten und Zauberinnen. Wie dann mehrgedachter Remigius bezeugt / es habe /bey seiner Zeit / eine Frau sich / vor allen andren / äusserlich / als einen Ausbund der Frömmigkeit / erwiesen / allemal zum GOttesdienst sich fleissig eingestellt / sey in der Kirchen stets die letzte gewest / und ungern heraus gegangen. Das Gebet unterließ sie so gar auff der Gassen nicht / zeichnete sich auch zum offtern dabey mit dem heil. Kreutze. Es gieng kein Tag vorbey / an dem sie nicht / vor einem Altar / gekniet hette. Das Pater Noster / oder den Rosenkrantz /trug sie allezeit / an der Hand; fastete auch / an gewöhnlichen Tagen / gar strenge; redete / mit Jedermann / gantz freundlich und demütig: also / daß ihr gantzes Wesen anderst nichts / als ein demütiges /gottseliges / und zur Andacht gar sehr geneigtes /Hertz bezeugte. Dannenhero auch ein gewisser ehrlicher Zunfftmeister / an dem man sonst nichts zu tadeln wusste / mit dem Magistrat / eben scharff darum expostulirte / daß er diese Frau / welche / in seiner Einbildung / gleichsam ein heiliger Engel / und rechter Spiegel der Gottesfurcht war / hette in Verhafft nehmen lassen.

Nichts destoweniger ward / nach geschehener Untersuchung / dieses / von so vielen Heiligkeiten (oder vielmehr Scheinheiligkeiten) berühmte / Weib eine Ertz-Zauberinn erfunden / und vieler [889] Ubelthaten überführt / auch dafür / mit dem Brande / abgestrafft. 6 Solche Larven der Gottesfurcht lernen die Teufels-Kinder von ihrem Vater: der / in dieser Kunst / Meister ist.

Athanasius gedenckt / im Leben S. Antonii / dieser habe seine Jünger / für der betrieglichen Verstellung der bösen Geister / gewarnet. Darunter dieser Bericht enthalten. Es pflegen auch bißweilen die Teufel mit einem lieblichen Gesinge / erschienen / und zu psalliren. Sie sprechen / mit ihrem unreinem Munde / auch wol die Sprüche heiliger Schrifft gar andächtig daher. Denn es geschicht offt / daß / wenn wir lesen / sie / wie ein Echo oder Widerschall / die letzten Worte uns nachsprechen. Sie wecken auch die Schlaffenden auff / zum beten /damit sie ihnen den Schlaff brechen / und eine unruhige Nacht machen mögen. Viel Münche werden auch / von ihnen / bestrafft / denen sie / in Gestalt der berühmtesten München / erscheinen /und ihre vormalige Sünden / darum sie Wissen schafft haben / vorrupffen.

Allein man muß ihre Bestraffungen / ihre Ermahnungen zum fasten / ihren betrieglichen Raht / daß man Vigilien halten müsse / verachten. Denn darum / nehmen sie solche / uns bekandte und gewöhnte / Bildnissen und Gestalten an sich /damit sie / unter einem Schein der Tugenden /uns schaden / und desto leichter ihren Gifft drein[890] mischen / und unschuldige Hertzen / durch eine Larve der Erbarkeit / verführen können etc. Derhalben der HErr / als er auff Erden kommen war / und die unsaubren Geister die Warheit von Ihm redeten / (Denn sie sagten: Du bist Christus / der Sohn deß lebendigen GOttes!) verschloß Er / der die gebundene Zungen der Menschen auffschloß /diesen also schreyenden Geistern die Mäuler; auff daß sie nicht / mit der Predigt und Lehr der Warheit / den Gifft der Boßheit mögten vermischen; auch wir gleichfals / zu Folge seinem Exempel /wenn sie gleich uns / zu nützlichen Sachen / riethen / ihnen in keinem Stuck unsre Einwilligung und Gehör geben sollten. Denn es schickt sich ja nicht / daß nachdem uns / von dem HErrn / die Freyheit erworben / und die Unterweisungen zum Leben aus Heil. Schrifft vorgestellt worden / wir den Unterricht und das Muster zu leben nehmen sollten vom Teufel / der seinen Orden (sein Fürstenthum) verlassen / und das heilige Reich Christi freventlich angegriffen. Darum hieß der HErr ihn auch schweigen / da er aus der Schrifft redete. Denn / zum Gottlosen spricht GOTT: Warum verkündigst du meine Rechte / und nimst meinen Bund in deinen Mund? etc. etc. Christus hat / als der HErr / dem Teufel / still zu schweigen / geboten: auff daß wir dem Teufel nichts gläuben / sondern ihn überwinden sollen. [891] NB. Treiben sie uns an / zum beten / oder rahten uns zum fasten; so lasse uns dasselbe / nicht auff ihre Vermahnungen / sondern nach unserer Gewonheit / thun etc. 7

Sie pflegen / (spricht dieser GOtt-ergebene Mann etwas weiter hernach) bey Nachte / herbey zu kommen / und sich / für Engel GOttes / aus zugeben /unsren Eyfer zu loben / sich unserer Beharrlichkeit zu verwundern / und künfftige Belohnungen zu versprechen. Wann ihr nun dergleichen Engel sehet / so bewaffnet so wol euch / als eure Häuser /mit dem Zeichen deß Kreutzes; alsdann werden sie gleich verschwinden: denn sie scheuen Selbiges Siegszeichen / an welchem der Seligmacher hat ausgezogen die Gewaltigen der Finsterniß /und sie schau-getragen offendlich etc.

Gleich hierauff giebt er einige Merckzeichen / und Belehrung / wie man die gute und böse Geister möge unterscheiden / und redet davon also:

Es fällt die Unterscheidung guter und böser Geister nicht schwer: sondern wird / durch Gottes Gnad-Verleihung / also entdeckt. Der heiligen Engel Anblick ist lieblich / ruhig / und holdselig. Denn sie streiten nicht / schreyen nicht / machen nicht viel Geplerrs / und wird man ihre Stimme nicht hören: sondern sie eilen stillschweigends und leicht herzu / begiessen das Gemüt / mit Freude / Fröligkeit / und Zuversicht:[892] Denn der HErr / als der Brunn und Ursprung wahrer Freuden / ist mit ihnen.

Alsdann befindt sich auch unser Gemüt nicht unruhig; sondern sanfft / still / und ruhig / als welches von dem friedsamen Liecht der Engel leuchtet. Alsdann brennet die Seele / vor Verlangen nach den himmlischen Belohnungen; mögte / wann sie könnte / (oder ihrs frey stünde) stracks die Hütten ihres Leibs auffbrechen / der sterblichen Gliedmassen sich entladen /mit diesen (Engeln) welche sie sihet / davon scheiden / und gen Himmel eylen.

Es seynd auch diese liebe und heilige Geister so gütig / daß wann Einer / nach der Weise und Bewandniß menschlicher Gebrechlichkeit / für ihrem wunderbaren Glantz / erschrickt / sie alle Furcht ihm alsofort aus dem Hertzen wegnehmen. Als Gabriel / mit dem Zacharia / im Tempel redete / und die Engel den Hirten die Göttliche Geburt der Jungfrauen verkündigten; ermahnten sie die Leute / sich nicht zu entsetzen /noch zu fürchten: gleich wie auch die heilige Wächter im Grabe deß HERRN thaten: und also wurden sie / ohne weiteren Schrecken / behertzt angeschaut. Denn die Furcht entsteht nicht allein nur / aus der Erschrockenheit deß Muts; sondern offtmals auch aus Erblickung grosser Dinge.

[893] Der bösen Geister Gesichter aber und Blicke seynd grausam / ihr Gethön (Schall / und Geräusch) düsterlich und entsetzlich / ihre Gedancken (oder Eingebung ihrer Gedancken) unsauber und garstig / ihre Reg-und Bewegungen (oder Geberden) wie der ungezogenen Knaben / oder Rauber: daraus alsobald der Seelen eine Furcht / und den Sinnen eine Bestürtzung / zutritt / und ein Haß der Christen / eine Traurigkeit und Schwermut bey den einsam-Lebenden / eine Uberdrüssigkeit der Seinigen (oder seiner guten Freunde) eine (gählinge) Befahrung und Furcht deß Todes /eine Begierde der Büberey / die Ermüdung und Verdruß der Tugend / und die Unvernunfft deß Hertzens.

Derhalben so / nach der Furcht / und empfangenem Schrecken / eine Freude / Zuversicht und hertzliches Vertrauen zu GOTT / und unaussprechliche Liebs-Bewegung / erfolgt; sollen wir dabey mercken / es sey uns Hülffe (von oben) gekommen: weil das Vertrauen der Seelen eine Anzeigung der Gegenwart Göttlicher Majestet ist. 8

Fußnoten

1 Lib. 2. de Tribunal. c. 15.

2 Vid. Didacum in Vita Ludovici Granatensis.

3 Boissard. Div. p. 83.

4 Nicol. Remigius lib. 1. Dæmonolatriæ pag. m. 64.seqq.

5 Idem pag. 66.

6 Idem pag. 59.

7 Divus Athanasius in Vita S. Antonii p.m. 453. seq.

8 Idem ibid.

82. Der gestraffte Flucher

[894] LXXXII.

Der gestraffte Flucher.

Je heiliger und würdiger das Christenthum / und der christliche Nam / ist / je sünd- und sträfflicher befleckt sich derjenige / der unter demselben unwürdig und ärgerlich wandelt. Absonderlich gereicht demselben zu Unehren und Lästerung / bey Heiden / Jüden /und Türcken / das verfluchte Fluchen und Schweren /so mancher / der ein Christ heisst / wider seine Christen-Pflicht / heraus stürtzt / ohne Betrachtung / daß GOtt denen Aergerniß-gebendem viel eine schwerere und tieffere Versenckung bestimmet hat / als ob sie /mit einem angehencktem Mühlstein / ins Meer geworffen würden / wo es am tieffsten ist.

Einen Jüden wird man nicht bald hören fluchen; er habe sich dann / unter bösen Christen / daran gewöhnt: Einen Türcken noch viel weniger. Darum auch / wenn man bißweilen / mit solchen Ungläubigen /vom wahren christlichen Glauben / zu reden kommt /sie gemeinlich den Christen / unter andren groben Lastern / insonderheit das Fluchen vorwerffen.

Bey den Heiden / war das Fluchen und Ubels-wünschen nicht ungebräuchlich; doch nicht in solchem Schwange und täglichem Gange / wie leider! bey uns Christen. Dazu fluchten sie so erschrecklich nicht /wie unsre Maul-Christen. Goliath fluchte dem David; aber bey seinem Abgott; und der Fluch traff ihn selbsten. Bileam [895] ward / vom Moabiter Könige / beruffen /Israel zu verfluchen: solches war nur / zu zeitlichem Verderben und Untergange deß Israelitischen Volcks /angesehn: was aber der böse Christ flucht / das trifft offt Leib und Seel an: Denn / er wünscht / daß seinen Nechsten der T. holen möge. So gottlos und teufflisch hat jemals kein heidnischer Fluch gelautet.

Wann die Lacedæmonier im Zorn / Jemanden verfluchten / so wünschten sie / daß er immerzu mit dem Bauwesen bemüht seyn / und Alles von einem Tage zum andren verschieben / und ein Pferd unterhalten /und sein Weib ihn mit Hirsch-Federn krönen / das ist / sich an einen Ehbrecher hencken / mögte: Wie Suidas (in voce ὀικοδομὴ) beglaubt. Sonst pflagen auch die Römer / einem Reisenden / von dem sie sich hoch beleidigt achteten / diesen schlimmen Reise-Wunsch mit auf den Weg zu geben / daß er diese Reise ewiglich fortsetzen / und nimmermehr endigen mögte. Dieses Ubel-Wunsches gebraucht sich auch der ernst-und tugend haffte Cicero, wider seinen Tod-Feind /den lasterhafften Pisonem, da er spricht: Tibi proficiscenti evenit, ut omnes execrarentur, malè precarentur, unam tibi illam viam, & perpetuam esse vellent. Dir widerfuhr es / als du fortzogst / daß alle dich verfluchten / und dir sehr übel nachwünsch ten / du mögtest diesen einigen Weg / immerdar ohn Ende fortreisen 1 (und nimmermehr wiederkommen.)

[896] Andrer härterer Flüche enthielten sich vernünfftige Heiden: gemeine liederliche Leute aber wünschten einander Seuche und Tod an den Hals; wie heutigs Tags unsre schöne Christen sich / mit der Pestilentz /und Freyschlein oder der schweren Kranckheit / sein bewünschen / und zwar / manches Mal / um eines Dinges willen / das keiner Bonen werth. Daher lässt derselbige Cicero, ein andres Mal sich also vernehmen: So ich ja jemals euch was Ubels wünschete /welches ich offt zwar gethan / darinn auch mein Gebet / von den unsterblichen Göttern / ist erhört worden; wollte ich darum euch keine Kranckheit / noch den Tod / noch einige Marter und Quaal wünschen. Denn das ist ein Thye steischer Fluch bey jenem Poeten (Ennio) wozu sich kein verständiges / sondern liederliches Lumpen-Gemüt / und gemeiner Pöfel-Sinn bewegen (oder aufbringen)lässt 2 als wann es also lautet:


Ut tu naufragio expulsus, uspiam saxis fixus asperis,
Evisceratus latere penderes (ut ait ille) saxa spargens tabo,
Sanie, sanguine atro. 3

Welchen heillosen Fluch dieser heidnische Poet gleichwol nicht selber thut / sondern nur die schändliche Weise / boshaffter / gähzörniger / und [897] ungehaltener Tollköpffe damit vorstellig macht. Ist / auff Teutsch / so viel gewünscht:


Daß dich das Meer werff' aus / an rauhgeschärffte Klippen!
Die müssen / Böswigt / dir zerstossen deine Rippen /
Und spiessen dir den Leib / wie ein gespitzter Pfahl /
Daß Darm / Blut / Eiter / kleb' am Stein / zu deiner Quaal!

Unter uns Christen aber / findt man solcher Ottern die Menge / die ihren Gifft / in und durch die Zähne heraus fliessen lassen / mit diesen / und noch ärgern Fluch-Wünschen: Daß dich das Rad zerstosse! Daß dich der Tod würge! der T. breche dir den Hals! und reisse dich auff Stücken! Daß dich hundert tausend /und getretene Tonnen voll T. müssen holen! etc. Von dergleichen grausamen und ertz-verfluchten Flüchen /man / bey keinem Heiden / viel gehört: Denn sie verstunden die Tiefe solcher Boßheit nicht / weil ihnen das Reich der Hellen / und deß Teufels / unbekannt war: und / ob ihrer Viele gleich eine Quaal der gottlosen Seelen / nach diesem Leben / etlicher Massen glaubten; nahmen sie es doch insgemein nur so an /als wahrscheinliche Meynungen und Gedancken ihrer klügsten Philosophen; bildeten ihnen gleichwol sothane Seelen-Quaal bey weitem so erschrecklich nicht ein / als wie sie den Christen / aus heiliger Schrifft /zur Warnung / entdeckt worden. Sie haben zwar [898] auch / wenn Einer grosse Ubelthaten und Laster begangen /oder ein schweres Unglück gestifftet / bißweilen denselben die Höllen-Götter auff den Hals gewünschet; aber / was solche für böse Geister / und grausame Peiniger wären / nicht gewust; ob sie schon dieselbe für zörnig / grimmig / und rachgierig / gehalten:

Als Crassus ihm / von dem Römischen Zunfft-Herrn / oder Volck-Vertreter (Tribuno Plebis) Atteio, seinen Feldzug wider die Parther nicht wehren lassen wollte / ließ Jener ihn / durch einen Stadt-Knecht ein wenig anhalten. Ob auch gleich die andre Zunfft-Herren sich ihrem Collegen / dem Atteio, hierinn widersetzten: ließ dennoch der Stadt-Knecht Crassum so bald nicht fahren; bevor Atteius voraus geloffen war /nach dem Stadt-Thor zu / und allda / auf einem Heerd ein Feuer anmachen ließ. Wie nun Crassus endlich daselbst war angelangt; warff Attejus einiges Räuchwerck / was sonst / zu einem solchen Opffer / gewidmet war / auff die Glut; wünschte dabey dem Crasso, mit harter erschrecklicher Verfluchung seiner Person /alles Ubel auff den Hals; rieff auch zugleich die grausame und abscheuliche Höllen-Götter an / daß sie solchen seinen Fluch und Wunsch / am Crasso, wollten erfüllen. Die Römer hielten dafür / diese geheime und uralte Vermaledeyungen hetten eine solche Krafft /daß derjenige / wider welchen sie geschehen wären /denselben nicht entgehen / auch dem Verfasser sothaner Flüche selbsten es nicht wol bekommen könnte. 4

[899] Was für eine grausame Niderlage hernach Crassus, von den Parthern / erlitten / und wie er selber / durch seinen Tod / dieselbe nobilitiren müssen / braucht keines Erzehlens: weil es denen / die in den Römischen Geschichten / nur mittelmässig belesen seynd /so schon bewust ist.

Im Jahr 1668 / hat ein Nußkärner / zu Altenburg /darum daß er / wegen überhäuffter Zufuhr / aus seiner Waar / dasjenige nicht ein Mal wieder lösen können /was sie ihm selbsten gekostet / aus verzweifelter Ungedult einen und andren bösen Fluch gethan / (vielleicht dieses saubren Inhalts / daß ihn der T. mögte holen / und durch alle Lüfft hinweg führen! wie solche ungehaltene Leute gemeinlich zu intoniren pflegen / wenn es ihnen widersinnisch geht / und in ihrem Thun mißlingt.) Dieses geschahe eben kurtz vor dem H. Christ-Fest; dagegen er sich billig mit einer viel andren Andacht / hette bereiten sollen. Er wollte gleich nachmals / als solches hochheilige Weihnacht-Fest hart vor der Thür war / die Weise begehn / und sich in die Früh-Predigt begeben; und hatte besorglich sein boßhafftes Fluchen dem lieben GOtt nicht ernstlich abgebeten: wie dann manche Ruchlosen / darum /weil sie nicht gleich Augenblicks die böse Würckung ihres heillosen und toll-kühnen Fluchens vor ihren Augen sehen / noch deßwegen einiger Gefahr sich sonders viel besorgen / sondern einen / im Zorn ihnen entwischten / Fluch / so viel als einen Wind vom Leibe / und sich eben deßwegen / weil der Fluch in gähem Zorn heraus gefahren / zu keiner Busse verpflichtet / achten: Da man doch vielmehr bedencken und gläuben sollte / daß der [900] Segen an dem nicht hafften könne / von dessen ungehaltenem Maul / in der Bosheit / der Fluch so fertig und hurtig heraus geht; und daß GOtt unsre unerkannte Sünde vor sich ins Liecht stelle; ob wir gleich die Decke der Vergessenheit / oder der Entschuldigung mit der gereitzten Ungedult / darüber ziehen. Denn er hat eine Schatzkammer / darein er die Zorn-Schätze hinterlegt und versiegelt: welche uns / so wir nicht durch threnende Reu /solches Siegel aufflösen / und unsre Missethaten / von dem Register solcher seiner Zorn-Schätze ausleschen /in die zeitliche und ewige Armut stossen können.

Indem nun dieser Nußkärner / mit unbereitetem und ungereinigtem Hertzen / zu gedachter Früh-Predigt /gehen will / der Einbildung / seine Missethat sey schon vergeben / oder vielmehr / er habe keine Missethat gethan / und sich über einen Fluch / der ihm so viel / als eine wurmstichige Nuß / gegolten / keine Gedancken zu machen; wird er unterwegs / von einem Bock / angepackt / der ihn / mit den Hörnern / auffasst / und über eine starcke Meilwegs / durch die Lufft / nach Altkirchen führt: woselbst man ihn / auf dem Kirchhofe / bey einem Grabe ligend / und im Angesicht sehr zerkratzt / angetroffen.

Er hat sich aber allda endlich kaum auffgerichtet /als ihn der Bock von neuem ergriffen / und biß vor die Stadt / auch über etliche Oerter / herum geführt: gestaltsam ihn auch etliche Leute / bey solchem herum-schweben / erblickt haben. Jedoch ist er daselbst bald seines verfluchten Horn-Rosses [901] wieder loß worden /und eilends wieder ins Städtlein gangen. 5

Glückselig ist der / welcher sich / an dergleichenCorrection eines Andren / spiegelt / und mit David zu einer solchen Entschliessung greifft / Ich habe mir fürgesetzt ich will mich hüten / daß ich nicht sündige / mit meiner Zungen; 6 eingedenck lebend der Worte deß Haußlehrers. Wenn Einer wieder flucht /was hilfft dem sein beten?

Im Hornung 1675sten Jahrs / hat sich / besage damaliger Franckfurter Relation / Folgendes / in der Keyserlichen freyen Reichsstadt / Lübeck / bey einem entstandenem hefftigem Sturmwinde / begeben. Es waren / im Wirtshause / zum guldenem Engel / einige gute Freunde zu gast. Als nun der Hausknecht selbigen um 2 Uhr / mit der Latern heim geleuchtet hatte /und im Rückwege mit abscheulichem fluchen / über den S. Marien Kirch-Hoff nach Hause gehen wollte: ward er / auff jetzt-besagtem Kirchhoff / von dem bösen Geist weggerafft / und bey zwo Stunden in der Lufft herum geführet / endlich aber / mit der Latern /an dem Arm vor dem Wirtshause wieder nieder gesetzt.

Da er nun wieder zu sich selbst kommen war / hat er zitternd und bebend angeklopffet / und sich zu Bette bringen lassen: Allwo er / ohne Essen und Trincken / auch mit wenigem Reden still gelegen. An seinem Leibe / war zwar nichtes zu sehen: in allen [902] Gliedern aber fühlte er grosse Schmertzen. Insonderheit bekannte er vor seinem Beicht-Vater / daß er nicht wüste / wohin er in gedachten 2 Stunden vom bösen Feind sey geführet worden. 7

Eben in selbigem Jahr / erschallte / aus Emden /eine Zeitung / daß der böse Geist einem ruchlosen /und fluchenden Spieler erschienen / denselben sehr übel getractirt / endlich in die Lufft geführt / und nachgehends wieder herunter gestürtzt. 8

Uber eylff Jahre hernach / nemlich im Brachmonat 1686 / las man / in den wochentlichen Zeitungen / der böse Feind hette / zu Franckenberg / einen ruchlosen Flucher / seiner eigenen Bekenntniß nach / in die Lufft / und der Stadt-Thurn-Spitzen gleich / geführt /doch hernach unverletzt wiederum herunter auff die Erde gebracht.

Aus diesen dreyen Geschichten / erscheinet die sonderbare Hut und Langmut GOttes: welche den Zügel doch nicht gar / aus der Hand / hat wollen fahren /sondern denen drey verwigten Fluchern nur einen Schrecken / zur Bekehrung / geben lassen; wiewol /so sie / für so gnädige Züchtigung / keine Besserung /zur Danckbarkeit / erwiesen haben / zu ihrer desto schwerern Verdammniß.

Fußnoten

1 Cicero in Pisonem c. 14.

2 Idem in Pisonem c. 18.

3 Ennius apud Ciceronem lib. 1. Tusculan. Quæst. c. 44.

4 Plutarchus in Crasso, & v. Pausanias in Achaicis, pag. 395.

5 Johannes Quirsfeld / im dritten Hundert seines historischen Rosen-Gebüsches am 1028sten Bl.

6 Psalm 39.

7 Franckf. Relat. 1675. Bl. 8.

8 Franckf. Herbst. Relat. am 83 Bl.

83. Das Schreck-Bild

[903] LXXXIII.

Das Schreck-Bild.

Wie ein frommer und getreuer Vater seinen Söhnen /sonderlich denen / die ihm allzufrisch vorkommen /und die Zucht schier verschmähen wollen / nebenst andren wolgemeynten Erinnerungen / bißweilen den /ungefähr vorübergehenden / Scharffrichter / und desselben / an der Seiten führendes breites Richt-Schwert weiset / zur Warnung für einem schmählichen Tode: also stellet GOTT manchen Leuten / die sich nicht gern / in den Schrancken seiner Gebote / halten / noch durch seiner Boten Lehre wollen ziehen lassen / zulässiger Weise jemaln wol den höllischen Würger ins Gesicht: der sie / durch seine Erscheinung / erschreckt / und ihnen einen solchen Anblick gibt / dafür sie erzittern müssen. Welche ihnen nun solches zum Nachdencken dienen lassen / daß GOtt auch einen Scharffrichter habe / dem Er sie übergeben könne; und deßwegen sich bekehren: die handeln klüglich: Welche aber dieses in den Wind und der Vergessenheit heimschlagen / denen wächst die Straffe ihrer Halsstarrigkeit desto höher.

Mir ist / von einer glaubhafften Person / versichert worden / daß einem fürnehmen Jünglinge / welchen auch ich wol gekannt / aber den Namen / samt dem Ort / aus gewisser Bewegniß / ungemeldt lasse / diese Abentheuer widerfahren. Besagter Jüngling ließ sich mehr / von seiner Eigenwilligkeit / [904] weder von guter Ermahnung / regieren / und gehorchte fast Niemanden / als ihm selbsten / und seiner Wildheit. Wie dann diejenige / welche / von den Ihrigen / gar zu furcht-los / und ohne Zaum / erzogen werden / eben so selten zur Sittsamkeit / Erbarkeit / und Tugend / gedeyen /als wie ein ungepflügter Bodem / zu einer Fruchtbarkeit.

Da nun dieser junger Mutwill / von den Seinigen /vernommen / daß er / über etliche Tage / mit ihnen /zur Beicht und heiligem Abendmal gehen / und derhalben sich dazu schicken müsste: hörte er folgends /nachdem er / zu Mitternacht vom Schlaffe erwacht war / draussen vor seiner Kammer / und an den Fenstern / einen plötzlichen Sturm-Wind / und ein sonderbares ungewöhnliches rasseln. Endlich geht die Kammerthür auf / und ein abscheulich-schwartzer Kerl herein / mit einer hohen Hauben / feurig-blickenden Augen / hochaufgeworffenen und geschwollenen Wurst-Lippen. Die Ohren waren den Pferds-Ohren nicht ungleich / und die Füsse gleichfalls / wie Pferds-Füsse / anzusehen. Der helle Mond-Schein machte ohne das zwar alles sichtbar; diesen schändlichen Moren aber dennoch überdas ein besonderer ihn umringender heller Schein um so viel erschrecklicher /als kenntlicher: zumal weil auch der / in dem Zimmer hangender / grosser Spiegel / den roten Feuer-Glantz /so dem Schreck-Bilde aus den glühenden Augen schoß / auffing / und wieder zurückwarff. Diß grausame Bild tratt immer näher / auf das Bette zu / und drauete dem erschrockenen Sarkon (also wollen wir ihn allhie nennen) mit zweyen [905] aufgehobenen Fingern. Als er aber / vor Furcht und Bangigkeit / unter die Deck-Bette sich verbarg / ward über der Decken ein solches Geräusch / als ob viel Ratzen und Mäuse drauf herumlieffen.

Uber ziemlich-lange Weile kommt er wieder hervor / in Hoffnung / der wühste Anblick werde schon verschwunden seyn: Aber das Ungeheuer stehet noch da /winckt / wie zuvor / mit den zween vordersten Fingern / und drauet. Er wollte seinem Diener / der / in dem nechsten Zimmer schlieff / ruffen; kunnte aber /vor Entsetzung und Furcht / weder reden / noch beten.

Zuletzt / nachdem er eine ziemliche Zeit in solcher Angst / gelegen / begunnte er zu seufftzen / und sich eines kurtzen Gebetleins / welches ein Geistlicher insgemein / auf der Kantzel / zu sprechen pflag / zu erinnern. Als er selbiges / bey sich selbsten / betete; wich das Gespenst allgemach hinter sich / und verschwand.

Hierauf rieff und weckte er seinen Diener / und hieß denselben bey ihm wachen / mit Vermeldung / es müsste / in der Kammer / nicht richtig seyn. Dieser suchte / ihms zwar auszureden: aber er ließ ihms nicht ausbilden; sondern brachte / die übrige Nacht / in grosser Furcht / zu; erzehlte auch / am Morgen / etlichen Personen / was er für eine saubre Gestalt gesehen: Die sich dann dieser Gelegenheit bedienten / ihn / zu besserer Furcht GOttes / zu ermahnen; damit er sich / für dem Grauen deß Nachts / nicht fürchten dörffte / noch / an stat christlicher Warnungen / die Dräuungen deß Satans leiden.

[906] Ich setze noch ein Andres hinzu / so mir / von einem Andren / der völlige Gewißheit davon hat / berichtet worden. Ein edler Student / welcher nunmehr verheirathet lebt / lag / nebst Andren / am Tische / in einem Hause / da sich bißweilen einige Unfreyheit vom Gespenst / vor dem zwar / nunmehr aber in etlichen Jahren nichts / hatte spühren lassen. Er war der stillest- und eingezognesten Keiner; sondern ein frischer Bruder / der wacker mitmachen / und in alle Thurnier-Sättel sich bequemen kunnte. Bey welcher Lebens-Art / man den Himmel / mit Gebet / und Gottesdienste / selten übereilt / hingegen die gemahlten Betbücher offt lieset / und so wenig für der Klingen /als / für den starcken Gesundheiten / sich verzagt antreffen lässt.

Indem nun Pilador / der gar nicht furchtsam war /auch sich wenig drum bekümmert / oder befragt hatte / ob jemals vorhin / in selbigem Hause / ein wahres /oder falsches Gespenst erblickt / oder etwas davon geredt worden / einsmals droben in einem Zimmer allein ist / und sich aufs Faul-Bette wirfft; geht die Thür auf / und tritt Jemand herein. Welchen er / von Fernem /anfangs nicht anschauet / vermutend / es sey Jemand von seiner Tisch-Pursch: Deren Etliche drunten beysammen / etliche aber annoch nicht heimgekommen waren. Weil aber der hereingetretene sich etwas nähert / und zwar in Gestalt einer menschlichen Person: blickt er endlich hin / und wartet / was der Kerl Gutes bringen werde; als welchen er noch / für einen rechten / doch unbekandten / Menschen / [907] ansahe. Jener bleibt hierauf eine Weil stehen / und sihet ihn wiederum gar scharff an / ohne Sprechung einiges Worts. Weßwegen Pilador fragt: Was will man? Worauf Jener spricht: Ich will dir den Hals brechen.

Da merckt Pilador / was er für einen Gesellen für sich sehe: und weil er / ein so schlechtes Anerbieten anzunehmen / gar nicht gesonnen; springt er gähling auf / nimt / durch eine andre nähere Thür / Reiß aus /und eilt die Stegen hinab / zu seinen Kameraden; bittend / sie wollten doch eilends mit ihm hinauf gehen; denn es sey ein Kerl zu ihm hinein gekommen / der habe gedrauet / ihn zu erwürgen. Wie sie aber zusammen hinauf kommen; ist Keiner mehr vorhanden. Daß es der Mord-Geist gewesen / kann man also leicht erachten. Welcher ihm besorglich / wann er nicht Fersengeld spendirt hette / einen Tuck erwiesen haben dörffte.

84. Der Wasser-Teufel

[908] LXXXIV.

Der Wasser-Teufel.

Es haben manche böse Geister am Wasser / im Wasser / unterm Wasser / und auf dem Wasser / ihren Aufenthalt. Zu selbigen gehören die Gespenster / welche man Wasser-Männlein / und Wasser-Fräulein / zu Latein aber Nixas und Nymphas nennet. Wodurch ich aber nicht die Meer-Männer und See-Frauen verstehe: denn das seynd natürliche Meer-Wunder / deren Ober-Leib dem menschlichen ähnlich; der untere aber den Fischen gleich gebildet. Diese Nixen aber oder Wasser-Männ- und Weiblein gehören unter die verdammte Geister. Denn Menschen können es nicht seyn: sintemal GOtt diesen den Erdbodem zu bewohnen gegeben; wie dem Geflügel die Lufft / und den Fischen das Wasser. Zu den guten Engeln kann man sie auch nicht rechnen. Denn dieselbe thun dem Menschen kein Leid / und begehren ihm keinen Schrecken zu machen. Für Meerwunder hat man sie gleichfalls nicht zu halten: sintemal es denselben / am Verstande und Wissenschafft Wahres und Falsches zu unterscheiden / mangelt. Also bleibt übrig / daß es Teufel seyen. Angemerckt / die bösen Geister / in der Lufft /im Wasser / im Feuer / und auf Erden / in Feldern /Wäldern / Gebirgen / theils auch unter der Erden /ihren unruhigen Aufenthalt haben / und überall dem Menschen nachschleichen; um entweder seiner [909] Seelen oder seinem Leibe / Schaden zuzufügen / oder aufs wenigste ihn / mit Furcht und Schrecken / zu ängstigen.

Jedoch darff man nicht gedencken / als wäre einer sonderbaren Gattung der Teufel das Wasser / zur Behausung / zugeeignet / als wie zur Gefängniß: Denn sie beziehen das Wasser / ohne Zwang / aus freyem Mutwillen / so wol als den Wald- oder das Gebirge; damit sie / auf unterschiedliche Wege / und mancherley Weise / ihre Tücke / und Netze / anbringen mögen; nachdem ihnen (vermutlich ihr oberster Fürst / der Lucifer / Ordre stellet / sich in gewisse Gegenden auszutheilen. Denn der Satan / und seine Engel /ziehen umher / nicht nur zu Lande / sondern auch zu Wasser / und suchen allda auch Gelegenheit / Unglück zu stifften / oder eine Seele zu erhaschen: wie ein geitziger Wucherer seinem Gewinn / zu Schiffe und zu Wagen / zu Pferde und zu Fuß / nacheilet.

Daß solche Wasser-Gespenster die Leute in Lebens-Gefahr zu bringen / oder ihnen sonst Furcht und Schrecken einzujagen / trachten / hat man / aus vielen Exempeln: davon wir nur etliche beybringen.

Ungefähr vor achtzig Jahren / hat / in dem Meisnischen Städtlein Delitz / bey Nacht / ein Gespenst eine Kindbetterinn / mit der Stimme ihres Manns / heraus geruffen und geschrien / das Haus brennete. So bald sie hervor gegangen / ist sie Augenblicks aufgehaben / durch die Lufft geführt / und an dem nechsten Fluß nidergesetzt worden: [910] Darinn sie / ohne Zweifel / auch ersäufft wäre / wenn sie nicht gebetet und GOtt um Hülffe angeruffen hette. 1

So soll sich auch / wie Stieflerus erzehlt / in der Stadt Meissen selbst / bey Manns-Gedencken / begeben haben / daß etliche Becken-Knechte / am andren Tage deß heiligen Pfingst-Festes / unter der Mittags-Predigt / oberhalb der Ziegel-Scheuren / gleich dem Baumgarten über / in der Elbe gebadet / und Einer unter ihnen / der sich / auf seine Fertigkeit im Schwimmen / verlassen / zu seinen Kameraden gesagt / daferrn sie ihm einen Thaler aufsetzten / wollte er /dreymal nacheinander / unausgeruht / den Fluß hin und wieder beschwimmen.

Den andren Beyden hat solches gefallen: derhalben sie drein gewilligt. Nachdem es also der verwigte Mensch zweymal geendet / und nunmehr / zum dritten Mal / nach dem Siebeneichener Schloß zu / hinüber schwimmen wollen / auch nicht anders gemeynt /denn er hette es schon gäntzlich gewonnen / und einen braven Sauff-Pfenning verdient: sihe! da springt ein grosser Fisch / wie ein Lachs / oder Rape / vor ihm in die Höhe / und schlägt ihn mit sich / ins Wasser /hinab / also / daß er jämmerlich zu Grunde gehn / und ertrincken müssen.

Worauf die Obrigkeit / gleich selbigen Tages / den Fischern anbefohlen / ihn / noch vor Abends / zu suchen. Und als diese ihn endlich / [911] oberhalb der Brücken / gefunden; hat man / an seinem gantzen Leibe /Knippe (oder gezwickte Mäler) gesehn / so mit Blut unterloffen waren; und gar eigendlich die Narben erkennen können / welche ihm der Nix / oder Wasser-Geist / gegeben. 2

In Crain finden sich / nicht übrig weit von dem berühmten Cirknitzer See / und von dem Schloß Steegberg / bey dem Dorff Botschitsche, drey Löcher /welche tieff in die Erde gehen / und von lauter Felsen / und einer gähen Stegen ähnlich sind. Durch dieselbe kommt man hinab / zu einem rinnendem Gewässer: dessen sich die / nechst umher ligende Dörffer / aus Mangel eines andren / zu täglicher Nothdurfft / bedienen / weil sie sonst gar weit dieselbe anderswo suchen müssten. Unten an selbigem Wasser / soll der böse Geist manchen Leuten erscheinen / und mit betrieglichen Verheissungen dieselbe / zur Zauberey / verführen: immassen nicht wenige derselben deßwegen auf den Scheiterhauffen schon gekommen. 3

Da man 1678 schrieb / begab sich / zu Dantzig /am 7 Junii N. Cal. Morgens früh / bey einer Fast-Beckerinn am Alt-stätischem Graben / etwas Wunderliches: daß / als derselben Magd / nach der vorbeyfliessenden Radaune ging / ihr eine Weibsperson von mittelmässigem Alter auf dem Wasser entgegen schwamm / und zwar mit ausgestreckter Hand.

[912] Indem nun die Magd zugreiffen / und selbige zu retten sie erfassen wollte / wicke die Hand zuruck. Darauf gedachte Magd geruffen / ob ihr müglich zu helffen wäre? Der die Person geantwortet / Nein. Welches obgedachte Frau selbst mit angehöret. Worauf von den Nachbarn das Wasser fleissig durchsucht / aber nichts gefunden worden. Nach mehr besagter Magd Aussage / soll diese Weibsperson gegen den Strom getrieben worden seyn. 4

Ist entweder ein Gespenst gewest / oder auch wol vielleicht eine Hexe / welche der Teufel / weil etwan ihre Zeit um war / eine Weile auf dem Fluß herum geführt / und zuletzt ersäufft hat.

Fußnoten

1 Christoph. Hundhagen in Disput. de Potestate Dæmon. cap. ult. §. 5.

2 Stieflerus am 460 Bl. seines Historien-Schatzes.

3 S. die Beschreibung deß Hertzogthums Crain Herrn Baron Valvasors / im Buch von den Natur-Rariteten selbiges Landes.

4 Aus der Franckf. Relation selbigen Jahrs p. 74.

85. Der Schiffbruch-Spötter

LXXXV.

Der Schiffbruch-Spötter.

Bernhardus, der gottselige alte Kirchenlehrer /spricht: Diabolus, in pœnam suam, locum in aëre medium inter cœlum & terram, de cœlo cadens, sortitus est, ut videat & invideat, ipsâque invidiâ torqueatur; scripturâ dicente: Peccator videbit & irascetur, dentibus suis fremet, & tabescet. 1 Der Teufel hat / nachdem er vom Himmel gefallen / zu seiner Straffe seine Stäte / mitten in der Lufft / zwischen Himmel und Erden / [913] bekommen: daß er sehe und neide / und durch den Neid gequält werde / etc.

Hiemit hat er Zweifels-frey darauf gezielt / daß die heilige Schrifft die Teufel nennet böse Geister unter dem Himmel / und den Fürsten / der in der Lufft herrschet. 2 Solches begreifft unterschiedlichen Verstand; und kann die Lufft daselbst so wol geistlich /als recht eigendlich genommen werden. Geistlich / für die Eitelkeit / Hochsucht / und dergleichen; eigend-und leiblich aber / für das rechte natürliche Element der Lufft: als darinn der Satan / auf GOttes Zulassung / offt Sturm und Ungewitter erregt. Daß ihm aber / in diesem Element / eine Stäte und Aufenthalt zugeschrieben wird / geschicht nicht deß Sinnes / als ob er nicht eben so wol auf Erden / und auf- oder in dem Wasser / herum terminirte: sondern / meines Erachtens / darum / weil ihm kein höherer Sitz erlaubt ist /als in der Lufft / und er / ans Firmament / gleichsam nicht riechen darff: wie auch deßwegen / daß die fürnehmste böse Geister / und Fürsten der Teufel / mit einer grössern Menge / sich vermutlich in der Lufft /als unter der Erden / oder unter dem Wasser / auf halten: sintemal sie / in der Lufft / so wol denen Menschen / die auf Erden / als andren / die auf dem Wasser sich befinden / am bequemlichsten zusetzen / und ihren Wandel beobachten können: Oder / weil die Teufel / als hochmütige und stoltze Geister / lieber und häuffiger in der Höhe / als in der Niederung / herumflattern / und daselbst vielleicht ihre Rahtschläge öffterer / als auf- oder unter der Erden / [914] oder im Wasser / halten. Oder auch darum / weil vielleicht GOtt der HErr ihnen / als gefangenen Ubelthätern / unterschiedliche Gegenden und Elementen / zu Kerckern gesetzt / und die grösseste Menge also in die Lufft /als in einen weitläufftigen Kercker / gebannet hat: auf daß sie / durch den Schall und Klang der Göttlichen Lehre / womit die Menschen begnadet seynd / vermittelst ihres hefftigen Neids / gequält werden; wie es /obgesetzter Massen / S. Bernhard erklährt.

Dieses ist ein Mal gewiß / daß der Teufel uns Menschen kein Glück / weder zeitliches (es sey denn auf Betrug angesehn) noch ewiges gönne / sondern alles Unglück: gestaltsam er den Tod / und allen Jammer /darum in die Welt eingeführt / daß wir allhie / an stat deß Paradises / ein Jammerthal bewohnen / und nach unzehlich-vieler Mühseligkeit deß Todes sterben mögten. Wie derhalben unser Wolergehn ihm ein Stachel in den Augen; also ist unser Ubel-gehn seinem Anblick eine Rose / und jauchtzender Triumph. Darum frolockt er nie so sehr / als wann er viel Menschen zugleich in Noth und Tod kommen siht; kann sich auch offtmals nicht enthalten / solche seine Schaden-Freude / und schöne Gunst / durch gespenstische Erscheinungen / so wol zu Wasser / als zu Lande / zu entdecken / und uns damit zu trutzen.

Im Jahr 1558 / wollten fünff reichbeladene Schiffe von Cochin nach Portugall segeln: welche aber alle verunglückt / biß auf ein einiges / welches zu Lyssabona endlich anlangte. Wie es den andren vieren ergangen / davon hat besorglich die [915] See alle Nachricht /samt ihnen selbsten / verschlungen. Nur / von Zerscheiterung gemeldten Schiffs / S. Benedicts / hat man etwas in Erfahrung bekommen / durch den Mesquitam Perestrellium: welcher seine Haut davon gebracht / und das grosse Elend / so er / samt denen wenigen / Gefährten / die dem Tode damals entschwommen seynd / ausgestanden / selbst hernach beschrieben.

Nachdem besagtes Admiral-Schiff / S. Benedict /von den Sturmwinden angegriffen und hefftig bestritten worden; hat es sich zwar eine Zeitlang / mit schwitzender Arbeit / gewehrt / zuletzt aber doch /bey dem Vorgebirge der guten Hoffnung / alle seine Rettungs-Hoffnung eingebüsst: sintemal der Strand daselbst ihm gleichsam den letzten Hertzens-Stoß /und die Zerscheiterung gegeben hat. Unter wärendem Sturm / begegneten diesen Leuten mancherley Schreck-Gesichter / und Abentheuren / von den Gespenstern. Als aber der letzte Sturm / welcher ihm den Rest ertheilte / obhanden war; liessen sich / in der Lufft / viel Teufel / und böse Geister sehen; welche einen Jubel-Reigen hielten / und dadurch ihre Ergetzung an der Todes-Angst dieser Mühseligen vernehmlich gnug machten.

Als nun das Schiff endlich brach / und einen Jedweden zum Schwimmen nöthigte; ertruncken über zwey hundert Menschen. Die übrige kamen zwar an Land; doch sehr kranck und fast tödtlich schwach. Gleichwol erholten sie sich noch wieder in etwas /und gingen / oder krochen / zu Lande / fort / so gut sie kunnten.

[916] Indem sie sich aber auf den Weg begaben; hörten sie / zu Nachts / die / allda herumschweiffende / Geister schreyen und pfeiffen / nach solcher Art und Weise / wie auf den Schiffen geschicht: Und seynd dieser dem Meer entflohenen Leute / deren drey hundert waren / auf dem Lande / durch mancherley Unfälle / zwey hundert und sieben und siebentzig umgekommen / also / daß nur drey und zwantzig am Leben geblieben: die hernach / von den Portugisischen Handelsleuten ausgelöset worden. 3

Bißweilen stellen die bösen Geister das obhandene Unglück / ohn solch äusserliches Frohlocken / vor / in einer traurigen Gestalt. Aber solches geschicht dennoch nicht aus Mitleiden; sondern eben so wol nur aus Spott und Belustigung an dem bevorstehendem Verderben / Untergange / oder Elende der Seefahrenden.

Als im Jahr 1660 vier Holländische Schiffe / vonBatavia; ablieffen / um nach Bengala zu segeln; stieg unterwegs der Botsleuten Einer auf dem Jagt-SchiffeTer Schelling / so mit fünff und achtzig Menschen /und acht und zwantzig Kriegs-Stücken / besetzt war /in das so genannte Kabel-Loch / um daraus etliche nöthige Seilen zu holen: und ward allda eines Gespenstes ansichtig / welches / in Gestalt eines gantz ausgehungerten Menschen / mitten unter etlichen Todten / im Meer zu schwimmen schien. Solches kunnte zwar Niemand sehen / denn er allein: doch merckte man leicht / daß er was Ungewöhnliches müsste [917] gesehn haben: sintemal er sich / nach der Zeit / gantz veränderte / und diese Abentheuer sehr tieff zu Hertzen zoch. Er ward gantz wehmütig / still / und traurig; da er doch zuvor ein lustiger Gesell war. Ja! es verdroß ihn / wann die Schiffleute nur ein leichtfertiges Wort redeten; bestraffte sie darüber / mit Vermahnung / sie sollten an GOtt gedencken / und denselben demütig bitten / damit das / was ihnen bevorstünde /mögte abgewendet werden. Uberdas wünschte er /daß einem Jeden mögte gezeigt werden / was er gesehn; auf daß man sich beyzeiten mögte bessern. Denn es waren ihrer Viele / welche mehr damit spotteten / als daß sie sich sollten geförchtet haben. Allein die Zeit hat sie gnugsam unterrichtet / wie unsinnig ihr Gelächter gewesen: sintemal ihnen bald hernach ein Schiffbruch viel Leute verschlungen / und die übrige in abscheuliche Hungers-Noth gesetzt / darinn ihrer Viele verschmachtet / die Andren aber / in grossem Elende / und Lebens-Gefahr / unter den Heiden /herum geterminirt; biß sie endlich / mit äusserster Mühe und Noth / wiederum heimgelangt zu den Ihrigen. Wovon die Umstände in der ausführlichen Beschreibung dieses Schiffs Ter Schelling / so dem Reisebuch deß Schultzens beygedruckt ist / mit Mehrerm zu lesen.

Fußnoten

1 Bernhardus Sermon. 54. sup. Cantis.

2 Ephes. 2. v. 2.

3 Petrus Maffejus lib. 16. p.m. 317. S. auch den Ost-Indischen Lustgarten / am 1385 Blat.

86. Der verführische Wasser-Geist

[918] LXXXVI.

Der verführische Wasser-Geist.

Ein listiger Feind legt sich gern / an solche Oerter /die ihm zum Vortheil dienen / seinem Gegner einen Streich zu versetzen. Unser geschworner Ertzfeind /der Satan / practicirt dergleichen: indem er / an den Wassern / und bey den Brucken lagert / und allda auf die Leute lauret: weil sie daselbst / durch einen und andren Mißtritt / oder Irr-Schritt / leichtlich in äusserste Lebens-Gefahr / ja offtmals gar um das Leben kommen können. Wozu er sie dann gar leicht kann verführen / wann sie ausser ihrem Beruff wandeln /oder / mit gewissen Lastern beladen / an solche Oerter gelangen / als mit Trunckenheit / Unzucht / Spielsucht / Habsucht / Fluchen / sacriren / und andren Exercitien der Atheisterey oder Ruchlosigkeit. Denn gleichwie solche Laster / an sich selbsten / ihm zu Stricken und Netzen gereichen: also zeucht er auch solche Leute / die also verstrickt einher gehen / desto leichter ins Verderben / wann sie / von ihm / an so gefährlichen Oertern / angetroffen werden / die ihm / zur Beforderung ihres Untergangs / am gelegnesten seynd.

Der Herr Baron Valvasor erzehlt / in seiner historisch-topographischen Beschreibung / deß Hertzogthums Crain unterschiedliche Geschichte / die solches bestetigen können. Ich will derselben nur zwo anjetzo daraus vorlegen.

[919] In dem Fluß Laybach / bey der / gleich also benamsten / Hauptstadt / Laybach / wohnet ein Gespenst /welches man daselbst den Wassermann nennet. Dasselbe zeiget sich offt zu Nachts / und hat sich so bekandt oder ruchbar gemacht / daß ein jeglicher Schiffer / und Fischer / so diesen Strom befährt / gnug davon zu erzehlen weiß.

Hochehrenermeldter Herr vermeynt zwar / man füge solchen häuffigen Abentheuren auch wol manche Zugabe / und ertichteten Anhang bey; versichert aber /und bestetiget unterdessen gleichwol die Gewißheit /daß ein solches Gespenst allda sich befinde / und vielmals annoch bey Nacht erscheine / vorzeiten aber auch offentlich / bey hellem Tage / gemeiner Sage nach / aus dem Wasser hervor gestiegen / und sich in menschlicher Gestalt lassen blicken.

Insonderheit hat sich / mit diesem Wasser-Teufel /im Jahr 1547 bey einem Reigen / in der Stadt Laybach / ein denckwürdiger Fall zugetragen. Es hat damals die gantze Nachbarschafft sich zu erlustigen pflegen / mit einer Zusammenkunfft bey einer schönen Linden / und nach gehaltenem Lust-Mal einen Tantz angestellet. Indem man nun / am ersten Sonntage deß Heumonats / sich gleichfalls / mit einem solchen Tantze / in Ehren ergetzet hat; ist ein schöner wolgekleidter Jüngling endlich dazu gekommen: der die gantze Versammlung gantz höflich gegrüsst / auch allen Anwesenden freundlich die Hand geboten; welche gantz weich und kalt gewest / und Allen / von denen sie [920] berührt worden / eine ungewöhnliche Empfindung erregt hat.

Hernach ist eine zwar wolgestalte / aber frische und freche Jungfrau / von ihm / aufgezogen worden zum Tantze / Namens Ursula Schäfferinn / welche sich /nach seiner Weise / meisterlich zu bequemen / und in alle lustige Possen zu schicken gewusst. Allein diese Beyde haben sich allgemach / von dem gewöhnlichem Tantzplatze / entfernet; biß sie / an den Fluß Laybach / gekommen: allda sie beyde in den Strom gesprungen / in Gegenwart vieler Schiffleute / und den Zusehern Augenblicks aus den Augen verschwunden / auch niemals hernach mehr gesehn worden. Wie solches / im XV. Buch ruhmersagten Herrn Authoris, umständlicher erzehlt wird. 1

Allda berichtet eben dieser hochwolgeborner Herr; daß das Gespenst nunmehr bessere Ruhe gebe; welches man der öffteren Weihung und Segnung deß Flusses zurechne. Jedoch fügt Er hinzu / Er habe gleichwol / als Er zu Laybach / ungefähr vor vier und dreyssig Jahren / der Studien abgewartet / selber gesehen / daß / als einsmals ein Bürger / mit Namen Schmaidler / bey hellklarer Nacht / von einer Hochzeit / heimgehen wollen / und gantz allein die / so genannte / Brotkammer vorbey gegangen / ein Mann in einem schwartzen langen Rock von dem Wasser herauf gestiegen / sich zu diesem Mann genahet / denselben zum Wasser geführt / und hinein gestossen. Da er dann ohne Zweifel hette / weil das Wasser eben [921] gar groß gewest / ersauffen müssen; wann er sich nicht hette an die Schupffen / allwo man die Becken / so das Brot zu klein backen / ins Wasser schupfft / so lange gehalten / biß die Wacht zugeeilet / und ihn aus dem Wasser gezogen. Worauf das Gespenst sich geschwinde hingegen ins Wasser gestürtzt; vermutlich aus Unmut / daß man ihm den / damals ziemlich bezechten / Schmeidler wieder entrissen.

In der Grafschafft Dassel findet sich ein grundloser See / welchen man den Bessoischen Meer-Pfuhl heisst / und insgemein für eine Teufels-Wohnung achtet. Unferrn von diesem Pfuhl / hat einstens / wie man in der Dasselischen Chronic Joh. Lezners lieset / ein Bauer / am Samstage / nach dem Vesper-läuten / über die gewöhnliche Zeit / mit pflügen noch länger angehalten / auch so wol den Jungen / als die Pferde / mit greulichem Fluchen / und unbarmhertzigen Schlägen /an- und fortgetrieben / in Meynung / noch viel ein Mehres zu verrichten. Wobey er so lange dem Teufel geruffen / biß endlich ein grosser schwartzer und starcker Gaul / aus dem Meer-Pfuhl / ans Land gestiegen. Welchen der unerschrockene und verruchte Bauer /mit wiederholtem grausamen Fluchen / ins Teufels Namen / seinen Pferden vorgespannt; in Hoffnung /den Acker noch vollends durchzupflügen / ehe denn er Feyerabend machte. Nachdem er also dem Jungen /welcher bitterlich geweint / ins T. Namen fortzutreiben / befohlen / soll der schwartze Gaul die arme ausgemergelte Pferde / nebst dem Jungen / Pfluge / und Bauren / in das Bodemlose Loch gezogen [922] haben / und niemals wieder etwas davon gesehn worden seyn. 2

Es gedenckt gleichfalls hochgedachter Herr / im XI. Buch seines ansehnlichen Wercks / bey Beschreibung deß Schlosses Pleterhof / daß bey einem Teich deß Orts vormals eine Mühle gestanden / nach deren Aufrichtung / wie die gemeine Sage lautet / ein Teufels-Gespenst das mahlen verhindern wollen / und deßwegen / wann der Müller das Wasser gesperrt /selbiges bey Nacht geöffnet / hingegen / wann jener es auf die Mühlräder geleitet / und dieselbe in den Gang gebracht / dieser / bey einbrechender Nacht / solches gehemmet habe. So sollen auch unterschiedliche Personen / diesen Teufel / der sich allemal / nachdem er seine Bosheit ausgelassen / sichtbarlich wieder in den Teich gestürtzt / gesehn haben. Jedoch will der HerrAuthor hievon keine Gewißheit machen; sondern erzehlt es nur / aus dem gemeinem Ruff. Welcher aber /in solchen Sachen / selten gantz ertichtet zu seyn pflegt; ob er gleich offt einen grossen Zusatz mit austheilet.

Fußnoten

1 Am 461. Bl. deß XV. Buchs.

2 Joh. Lezner in der Dasselischen Chronic / 5. Buch 1. Th. c. 13. und im 8. Buch c. 9. Imgleichen M. Jacobus Daniel Ernst / im dritten Theil deß historischen Bilder-Häuses / am 691. Blat.

87. Der betriegliche Schatz-Zeiger

[923] LXXXVII.

Der betriegliche Schatz-Zeiger.

War güldne Worte seynd es / womit der alte Lehrer /Petrus Chrysologus / die Gold- und Geld-Liebe abmahlt: Auri furor ardentiùs humano fervet in pectore, quàm caminus totus ignescit incendiis; & acriùs homines dissolvit in terra, quàm solvitur in calore flammarum. Crudelitatis dominus, sævus hostis, amando lædit, nudat vitando, ipsum etiam captivat aspectum, fidem frangit, violat affectum, vulnerat charitatem, turbat quietem, adimit innocentiam, suadet fraudes, imperat latrocinium. etc. 1 Die unsinnige Geld-Liebe glühet / im menschlichem Hertzen / hefftiger / als ein gantzer Camin / und Schlot / der in vollem Feuerstehet: und schmeltzt (oder trennet) die menschliche Gemüter auf Erden / viel kräfftiger / weder das Gold selbst durch die Hitze der Flammen geschmeltzet wird. Sie ist eine Herrscherinn in allerley Grausamkeit / und eine grimmige Feindinn / welche durch lieben verletzt / durch (gäntzliches) meiden entblösset; auch so gar den Anblick gefangen nimt / Treu und Glauben bricht / die Gunst versehrt (oder die Begierden schändet) die christliche [924] Liebe verwundet / die Ruhe zerstört / die Unschuld und Unsträfflichkeit wegreisst / zu allerley Betrug den Menschen beredet / ihn rauben / stehlen / und morden heisst.

Er hette billig hinzusetzen mögen: Die das Hertz abtrünnig von GOtt macht / und zum abgesagten Feinde GOttes / und aller Menschen / nemlich zum Satan / neigt / ja demselben gar vor die Füsse wirfft. Doch kann es füglich / unter dem / daß sie Treu und Glauben bricht / mit verstanden werden. Denn wie viel unbesonnene Geld-geyer / brechen den Bund mit GOtt / und verbinden sich / mit dem Teufel / daß er ihnen Schätze zeigen solle! welcher sie doch gemeinlich sehr kahl abfertigt / und betriegt; auch nicht allein um ihren unschätzbarsten Schatz /nemlich um GOttes Gnade / und ewige Seligkeit /sondern auch manches Mal damit in einen schmähligen Tod bringt.

Wir wollen den exemplarischen Beweis aus derPractica Rerum Criminalium, deß WeltberühmtenJurisconsulti, Hn. D. Benedict Carpzovs hernehmen. Ein gewisser Mann / welchen die von denen Scabinis eingeholte Belehrung mit den Anfangs-BuchstabenH.K. bezeichnet / hat bekannt / daß er etlichen Leuten / zugesagt / verlohrne Dinge wieder zu verschaffen /und daß er / vor ungesähr drey Jahren / einen Geist /mit Namen Sibylle / auff einem Freytags-Abend drey mal nach einander geladen: Welcher auch jedes mal /als ein kleines Kind / in menschlicher Gestalt / in weiß-grauen langen Kleidern / mit einem seltsamen wunderbarlichem Angesicht / und krummen [925] langen Nasen / auff dem Haupt lange dornerne Sträuche / in Gestalt einer Kron / habend / erschienen: Weil aberH.K. in denen ersten zweyen Malen / nichts erfragen können; habe er ihn / zum dritten Mal / geladen / und bey dem Gehorsam / womit er dem Obersten der Teufel / Beelzebub / verwant / beschworen: Worauff er erschienen / und / als er ihn willkommen heissen /auch nochmals / in vorangezeigtem Namen / beschworen / daß er ihm anzeigen sollte / an welchem Ort im Hause / der verborgene Schatz vorhanden /und womit er denselben bekommen könnte: Darauff hette ihm der erschienene Geist / Sibylle / mit kleiner subtiler Stimme / vermeldet; Er sollte nehmen geweihet Wax / dasselbe mit Myrrhen und Weihrauch vermischen / ein Licht daraus machen / solches anzünden / und einer kleinen unbefleckten Dirnen 2 (oder Mägdlein) in die Hand geben / daß sie damit im Hause herum ginge; an welchem Ort dasselbe Liecht ausleschen würde / daselbst wäre das Geld / und der verborgene Schatz / vorhanden: Wie er solches / von dem Geist / Sibyllen / gehört / hette er ihn gebeten /daß er in dem Friede / darinn er gekommen / wieder von ihm scheiden sollte: Wie dann geschehn / und er darauff die Kunst gebraucht / und einen Thaler werth dafür empfangen: Mehr hette er nicht gethan: Er hette aber ein Glas zu Amsterdam / [926] das hiesse das Violen-Glas; wann er das hette / wollte er darein wol alle Böse (Geister) laden. etc. 3

Ist der Mühe auch wol werth gewest / um eines einigen Thalers willen / so viel Zeremonien zu machen? Der Teufel hat vermutlich anderswo / von seinen Kreaturen / einen Thaler genommen / und daher gelegt: damit er nicht gar mit Schanden bestünde / noch der Lügen überzeugt würde / in dem / daß er gesagt /daselbst wäre das Geld / und der verborgene Schatz vorhanden. Hat also eine kleine Warheit /mit einer grossen Lügen / zusammen geknüpfft; indem er den einigen Thaler das Geld / und auch zugleich einen Schatz / getitulirt. Woferrn aber das /Thalers werthe / geringe Geld vorhin schon da gelegen; hat er solches betrieglich verschwiegen / daß es nicht mehr wäre: weil sonst der Beschwerer sichs nicht so sauer werden lassen / noch schier eben so viel Unkosten drauff gewendet hette.

Aber das Beste / und der fürnehmste Schatz / welchen ihm der Teufel aufgehebt / und endlich zugeschantzt / ist dieser / daß er ihm / durch die Beschwerungen / eine rote Korallen-Schnur von Blut um den Hals zuwegen gebracht / als den rechten Werth solcher Künste: Denn das gerichtlich ergangene Urtheil hat ihn / solcher Beschwerungen wegen / zum Schwert verdammt.

Fußnoten

1 Petr. Chrysol. Sermon. 19. fol. 48.

2 Durch eine Dirne wird in Sachsen / und Nider-Teutschland / gemeinlich eine ehrliche Jungfrau; in den Oberländern aber / hingegen eine liederliche und leichtfertige verstanden.

3 Benedict. Carpzovius Part. 1. Practicæ rerum criminal. Quæst. 50. fol. m. 330.

88. Der übel gelungene Vorwitz

[927] LXXXVIII.

Der übel gelungene Vorwitz.

Das Wort Curiosität wird / heutigs Tags / mehrentheils / in gutem Verstande / genommen / zumal von ehrlichen Weltleuten / für einen Fleiß viel rare und wunderbare Sachen zu erkündigen / oder zu entdecken / und solche entweder ins Gesicht / oder sonst in Erfahrung zu bringen; als / zum Exempel / die Raritäten / so in den Schatz- und Schau-Zimmern grosser Herren befindlich. Und alsdann mag solche Curiosität füglich eine Wiß- oder Erfahr-Lust etc. benamst werden: Welche / an politen und gelehrten Leuten /als eine Auszierung ihres Verstandes und der Conversation / mehr zu loben / als zu schelten: so lange sie derselben nicht allzu sehr nachhengen noch dermassen ergeben seynd / daß sie darüber eitles Sinnes /und Verabsäumer andrer nöthigerer Sachen werden: angemerckt / Zweytens / auch deßwegen eine übermässige Förschlungs-Gierde / und Erkündigungs-Sucht /dadurch verstanden wird: durch welche man der Sachen zuviel thut / und indem man die Wissenschafft gar zu hoch auffführen will / das Gemüt ungebaut lässt; alle andre Sachen zu lernen und zu erkennen /bemüht ist / ihm selbsten aber unbekandt bleibt; vor unzehlich-vielerley Gedancken / so der Forschgierde frohnen / und in allerley ungemeinen Dingen herum flattern / weder an GOtt / noch an sich selbsten [928] recht gedenckt. Diese unmässige Curiosität meynet S. Augustinus / wann er schreibt: Laudabilior est animus, cui nota est vel infirmitas sua, quàm, qui, eâ non respectâ, rerum terrestrium cœlestiumque tenet scientiam, vias syderum etiam cogniturus, aut qui jam cognitas tenet; ignorans ipse, quâ viâ ingrediatur ad salutem ac firmitatem suam. Ein solcher Sinn / dem auch nur seine Schwachheit kund / ist löblicher /als derjenige / welcher ohne Betrachtung derselben / die Wissenschafft (oder den Lauff) deß Himmels versteht / und den Gang deß Gestirns entweder erst erkundigen will / oder schon gelernet hat; unterdessen aber nicht weiß / auff welchem Wege er zur Seligkeit geht / und wie er (im Glauben oder Erkenntniß deß Heils) möge erstarcken. 1

Hierzu mag auch gerechnet werden die Neulust /welche alles wissen will / was in der Welt vorgeht /oder was in diesem oder jenem Hause geschicht / und dergleichen.

Vierdtens hat es auch / eben so wol bey den alten Kirchvätern / die Bedeutung einer sündlichen Grübeley in Göttlichen Geheimnissen. Und darauff geht der Spruch Chrysostomi: Curiosus & nimius rerum divinarum perscrutator nihil proficit, nihil invenit, præter ultimum supplicium. Ein forschsichtiger und allzugrosser Grübler der Göttlichen Dinge / gewinnt damit nichts / und findet nichts / als [929] die ewige Straffe. 2 Diese Forschsucht bezielet auchBernhardus, indem er spricht: Curiositas damnosa peritia est, ad hæresin provocat, in fabulas sacrilegas præcipitat mentem, in causis obscuris reddit audaces, in rebus ignaris facit homines præcipites. 3 Die Curiosität ist eine schädliche Erfahrenheit (oder Wissenschafft) Sie fordert zur Ketzerey /stürtzt den Verstand etc.

Endlich / so ist (Fünfftens) auch dieses eine Curiosität / und zwar die allerverdammlichste / daß man /unnatürlicher Weise / entweder zukünfftige / oder abwesende Sachen / erkündigt / und vom Teufel entdeckt wissen will. Diese letzte und allerärgste Curiosität nennet man billiger einen Vorwitz. Dieselbe kann eben so wol / mit den Bernhardischen Worten /damnosa peritia genannt werden: sintemal denen / so sich auff diese / und dergleichen abergläubische und verfluchte Erkündigungen legen / nicht allein an der Seelen / sondern auch wol am Leibe und Leben / Ehre und Glück / Schaden draus zu erwachsen pflegt.

Ohn ists nicht / daß bißweilen die Göttliche Rache ihnen von Ferrnem folget: aber bißweilen tritt sie ihnen auch wol alsbald auf die Fersen. Wann es gnädig abgeht; so werden diejenige Vorwitzlinge / die sich / mit dem Satan / eben nicht ausdrücklich verbinden / sondern nur / aus Vorwitz / eine oder andre seiner aberglaubischen Künste / oder Zeremonien dieses schwartzen Zeremonien-Meisters / probiren / und erfahren wollen / ob es wahr / [930] daß man dadurch verlangter Sachen wissend werden könne / mit gefährlichem Schrecken / und Bestürtzung / gestrafft; Viele aber auch wol darüber im Haupt verruckt und zerstreut. Widerfährt ihnen aber schon nichts dergleichen: so ist doch solche Erkündigung an sich selbsten eine Kette / die ihnen der Satan anwirfft / um sie damit in seine Gefangenschafft / und tieffere Sclaverey / zu ziehen.

Herr Johannes Rist / aus dem ich vorhin schon eine denckwürdige Geschicht vorgetragen / schreibt / er habe / in seiner Jugend / einen fürnehmen Doctorem Juris gekannt / der auch ein Fürstlicher Raht / und dabey ein hoch-verständiger / überaus-gelehrter Mann gewest: Zu demselben sey bißweilen ein wolgearteter Student gekommen / welchen der Doctor gar gern um sich leiden mögen; weil er einen stattlichen Kopff an ihm verspührte.

Dieser Student begehrte solchen Zutritt / zu solchem lebendigem Schatz-Kasten allerhand guter Künsten und Wissenschafften / sich wol zu Nutz zu machen; und nicht allein gewöhnliche Merckwürdigkeiten / sondern auch was Seltenes / Ungemeines / und Wenigen Bekandtes / bey ihm zu ergreiffen; nach Art solcher feurigen und neu-lüsternen Sinnen / die / mit einem sonderbarem Vorwitz / auff was Besonders und Geheimes erhitzt seynd.

Besagter Doctor hatte aus Italien / darinn er / etliche Jahre aneinander / seine Augen wacker herum fliegen lassen / allerhand wunderbare / und / wie mans zu nennen pflegt / curiose / Sachen mitgebracht: [931] darunter aber auch einige gar zu curiose (rechter zu sagen furiose / oder furialische) Sachen vermengt waren / nemlich unterschiedliche Beschwerungen /mit ihren Characteren / Zeichen / und Merckmalen. Der Student / gleich wie er sonst Alles / vom Doctor kunte erhalten; also erbat er auch die Erlaubniß / daß er auch diese Sachen noch mit sich heim nehmen /und abschreiben mögte. Welches Jener unbedachtsamlich verwilligte. Worauf der junge Mensch solche abergläubische Schrifften daheim / in sein Geheimniß-Büchlein / verzeichnet / und nachmals dem Doctor das Seinige wieder zustellete.

Der Satan lässt seine Händel ungern feyren: wer sich damit behengt / oder sie / wie einen Schatz auffhebt / in dem trachtet er geschäfftig zu seyn / und reitzet ihn / dieselbe zu practiciren. Seine Kunst-Verzeichnissen seynd Kohl-Säcke: wer sie berührt / bleibt schwerlich unberusst. Ja es seynd Kolen / die zwar todt scheinen; doch mit der Zeit in dem Gemüt dessen / der sie aus Curiosität / in seiner Verwahrung behält /anheben zu glimmen / und seinen Begierden einen Brand vorwitziger Probir-Lust zu erwecken. Also gewann auch dieser neugierige und vorwitzige Student /mit der Zeit / Lust / mit seinen neuen Künsten einen Versuch zu thun / und solche auff die Probe zu setzen; langte demnach sein Geheim-Buch hervor / und fand /bey dem Umblättern / unter andren / darinn den Unterricht / wie man könnte erfahren den Zustand seines / in der Frembde lebenden / Freundes.

Es ist kein Zweifel / der Satan habe dieses / vor andren Händeln / dem Studioso, darum mit [932] Fleiß / ins Gesicht gebracht / und seine Begier damit körnen wollen: weil er vermutlich gewusst / daß derselbe einen rechten Hertzens-Freund hette / welcher damals / auff der hohen Schul / zu Marburg / studirte / und nun / eine geraume Zeit hero / ihm nicht geschrieben hatte: Darüber er sich nicht wenig bekümmerte /indem er so lang nichts von ihm erfahren können. Derhalben gedachte er jetzo / durch würcklichen Gebrauch dieser seiner Kunst / von dessen Zustande Kundschafft ein zuziehen.

Anfangs versahe er sich / mit einem grossem Trinckglase drein mehr / als eine grosse Maß Weins oder Wassers ging; füllete dasselbe / mit Wasser /und schüttete ein wenig Vitriols drein. Hinter dem Glase stellete er ein Crucifix: bey dem Glase aber /legte er zwey blosse Schwerter / kreutzweise übereinander: Und was sonst der Alfantzereyen mehr waren /welche dem Herrn Risten zwar häuffig genug erzehlet / aber durch die lange Zeit seiner Gedächtniß wieder entzogen worden.

Nachdem er also / mit seiner Rüstung fertig war; nahm er sein Buch / und las aus demselben seine Beschwerungen daher. Worauf er anfangs nichts anders sahe / als daß sich das Wasser im Glase / ein wenig bewegte. Aber nicht lange hernach schaute er seinen alten Cameraden / und getreusten Freund / in gantz natürlicher Gestalt / nach der Proportion und Grösse deß Geschirrs / unten aus dem Glase herauff steigen /gantz frisch und wol gemut / hüpffend / tantzend / und springend / in der rechten Hand ein solches Wein-Krüglein / haltend / von solcher Art und Form / wie man sie [933] zu Marpurg gebraucht; in der lincken aber /eine Lauten / die er um den Kopff herum schwang.

Er stund hierauf ein wenig still / und sahe seinen Freund gar lieblich an. Aber dieser angenehmer Anblick verwandelte sich bald darauf in einen entsetzlichen. Denn er machte ihm unlang hernach ein gräß-und abscheuliches Gesicht / und drauete ihm auch /als ob er ihm den Krug wollte vor den Kopff werffen. Darüber gerieth der armselige Beschwerer in grosse Bestürtzung / und höchste Noth; wollte zur Stuben hinaus fliehen; kunnte aber vor grosser Angst / die Thür seiner eigenen Studier-Stuben nicht finden; sprang derwegen über den Tisch / auff welchem der Plunder seines Beschwerung-Zeugs stund / zum Fenster hinaus / eine grosse Höhe hinab / und kam auf ein steinernes Pflaster zu ligen; lag auch allda / eine gute Zeit / ohne Besinnung / Verstand und Sprache. Biß endlich der Schreiber / welcher alle Mal / aus Vorwitz / auf sein Thun und Lassen fleissig zu mercken pflag /auch schon ein paar Tage her verspührt hatte / daß er was Sonderliches practiciren würde / ihn / in so elendem Zustande findend / mit Hülffe deß Jägers in seine Kammer trug / und auf sein Bette legte. Daselbst blieb er / biß in den andren Tag / ligen / und wuste gar nicht / was ihm wäre widerfahren / biß er endlich wiederum zu Verstande kam.

Da bekannte er / daß ihn / Zeit seines Lebens /keine solche Angst und Noth betroffen; fing auch an /die Beschwerungen / und alle dergleichen Teufels-Possen / zu verfluchen; warf auch alsofort alles dasjenige / was er von dergleichen Materi [934] hatte / ins Feuer / und verbrannte es zu Asche. Er that auch ein Gelübde / dergleichen verführische und Seelen-verderbliche Schrifften / Characteren / Zeichen / und was nach Aberglauben nur riechen mögte / hinführo keines Ansehns / vielweniger Lesens / oder Brauchens / mehr zu würdigen.

Als der Doctor erfahren / was dem Studenten wäre begegnet / ist er sehr ungedultig worden / und hat ihn übel verdrossen / daß der Studiosus / sich unterstanden / dasjenige zu practiciren / was er demselben / nur für die lange Weile / abzuschreiben erlaubt hette; gleich wie er selber diese Sachen / nur aus Vorwitz /in Italien / hatte abgeschrieben: Weßwegen er dieseinige auch ebenmässig verbrennet hat. Wiewol Etliche gemeynt / es wäre solches nur zum Schein geschehen. Es sollte aber dieser Doctor, je gelehrter und verständiger er gewest / desto mehr seinen Verstand hierinn angewendet / und solche Sachen weder selbst jemals angerührt / oder abgeschrieben / vielweniger einem jungen curiosem Menschen / zum Abschreiben / geliehen haben. Derhalben er mehr befugt gewest / mit sich selbsten / rechtschaffen zu zürnen / und seine hochverweislich Unvorsichtigkeit zu erkennen / die gewißlich eines schlechten Christenthums Anzeigung gegeben. Denn was hat ein Christ / mit teuflischen Characteren zu thun / und mit aberglaubischen Schrifften / welche so gevecht seynd / daß keine Hand noch Auge sie / ohne Anklebung eines sündlichen Vorwitzes / leichtlich berührt? Die Künste deß Geistes der Finsterniß soll man lieber unterdrucken / ersticken / mit Füssen treten / oder ins Feuer werffen /als verwahrlich auffheben / wie [935] Rariteten / und Fremde so etwan drüber kommen möchten / damit in Gefahr setzen.

Als aber hernach die beyde Hertz-vertraute Freunde wieder zusammen gekommen / hat Jener / der um seines lieben Bruders Zustand so gern Wissenschafft /haben wollen / dem Andren angezeigt / wie übel es ihm / mit dem Glase / ergangen; wie er ihn / mit seinem Wein-Kruge und Lauten im grossen Wasserglase gesehn. Worauff der Andre nach der Zeit / und / dem Tage / so genau gefragt / daß sie endlich recht dahinter gekommen. Da sich dann der / von Marpurg angelangte / Studiosus erinnert / und versichert hat / er hette / desselbigen Tags / solche Hertzens-Angst und grosse Traurigkeit empfunden / daß er nirgends zu bleiben gewusst; wäre derwegen zu guter Gesellschafft gangen / um seine Schwermut / durch ein freundliches Gespräch / und guten Trunck zu vertreiben: welches aber Alles nicht helffen wollen; sondern seine Schwermütigkeit sey immer noch schwerer worden: worüber er / mit einem andren / welcher ihn / mit Gewalt zur Fröligkeit / und starckem Trunck / nöthigen und zwingen wollen / in Streit gerathen / auch von demselben endlich gefährlich verwundet worden /und einen Stich in die Seiten bekommen. 4

Eine gar glaubwürdige Person / welche nunmehr in der Ruhe / erzehlte / bey vorfallendem Discurs von dergleichen Materi / daß / als sie / auff der Universität zu N. bey einem berühmten Professorn / der gar gelehrte Schrifften heraus gegeben / [936] wiewol schon auch unter den Ruhenden begriffen ist / am Tische gelegen / seiner Tisch-Gesellen Einer ungefähr sich vernehmen lassen / er hette nun / in langer Zeit / von seinem / zu Stockholm in Schweden sich auffhaltendem Bruder / nichts erfahren; mögte wünschen / zu vernehmen / ob derselbe noch am Leben. Worauff der Professor /aus purlautrem Schertz / gesagt / das könnte er leichtlich wissen; sollte nur / um Mitternacht / zum Fenster hinaus / seinem Bruder bey seinem Namen ruffen /und fragen / ob er noch am Leben sey? so würde schon Antwort und Bericht drauff erfolgen. Ob nun Alle / die mit zu Tische sassen / solches für Schertz auffgenommen / wol versichert / daß der Professor nichts weniger / als ernstlicher Meynung es geredet: habe gleichwol den Studenten der Vorwitz geritten /daß er / bey Mitternacht / den Kopff durchs Fenster gesteckt / und gesprochen: Bruder N.N. bist du noch am Leben / oder gestorben? Worauff augenblicks eine laute und deutliche Antwort / gleich der Stimme seines Bruders / geantwortet: Ja / lieber Bruder / Ich lebe noch. Allein der Student habe sich darüber dermassen entsetzt / daß er im Kopff gantz zerstreuet worden. Also kann Vorwitz sich in Aberwitz verwandeln.

Noch übler ist es / jenem Tischgenossen Henr. Cornelii Agrippæ bekommen / daß er dieses Schwartzkünstlers Beschwerungs-Buch eins Mals / da der Agrippa nicht daheim gewest zur Hand genommen / und aus lautrem Vorwitz / daraus den Teufel zu beschweren sich unterstanden: sintemal er / von demselben / gleich überfallen / und auff der Stelle erwürgt worden.

Fußnoten

1 Augustin. lib. 4. de Trinitate in Proœmio, Tom. 3.col. 259. A.

2 Chrysost. Hom. 23. in cap. 3. Joh. Tom. 3. fol. 829. B.

3 Bernhard. Serm. 54. De modo benè vivendi.

4 J. Ristius / in der alleredelsten Zeit-Verkürtzung der gantzen Welt. pag. 292. seqq.

89. Der Kielkropff - oder Wechselbalg

[937] LXXXIX.

Der Kielkropff / oder Wechselbalg.

Am Mancherley / ist der Satan dem heiligen Ehestande feind: Erstlich weil GOtt denselben eingesetzt: Zum Andren; weil die Geburt deß Messiœ dadurch befordert worden / und desselben hochgelobte Mutter / die Jungfrau Maria / hiedurch aus dem Stamm Davids / entsprossen: Drittens; weil der eheliche Heiraht-Stand ein Vorbewahrungs-Mittel / wider Unzucht / und Hurerey. Denn ob schon die ledige Keuschheit eine noch edlere / und desto höhere / als seltenere /Gabe ist / weder die eheliche: so dienet diese doch gleichwol denen / welche mit jener nicht begabt sind /zur Artzeney / wider die Unkeuschheit / wie auch zur Beyhülffe / und Uberwindung vieler Mühen. Vierdtens; weil das menschliche Geschlecht / durch diesen Stand / vermehrt / und fortgepflantzt wird: da hingegen der Teufel / als der Urheber deß Todes / und abgesagter Menschen-Feind / sehr ungern sihet / daß eine vernünfftige Kreatur ins Leben / und auf die Welt / kommt / zumal in der Christenheit. Fünfftens; weil GOtt / aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge / ein Lob zugerichtet / zu verderben den Feind /und den Rachgierigen / und weil die lallende Gebetlein der / aus einem gesegneten Ehebette entspriessenden / Oel-Pflantzen / der jungen Kinder / meyne ich /in einem gottsfürchtigen Hause / [938] ja! in der gantzen Christenheit / dem Satan / zu lauter Donnerschlägen gerathen; als / durch welche / seine böse Tücke und Anschläge / am meisten zerschlagen werden.

Die Feindschafft lässt er derhalben / gleichwie / auf vielerley andre Weise / also insonderheit wider die Kindbetterinnen / mehrmalen würcklich blicken / und schiesst / noch auf diesen Tag / auf solche Art / dieser Drach / nach dem Weibe / einen Strom der Anfechtung / um / wo möglich / ein neugebornes Knäb- oder Mägdlein / zu verschlingen. Er strebt / den Säuglingen Schaden zu thun / bevor sie erstarcken; besorgend / es dörfften etliche darunter seyn / die heut oder morgen seinem Reich grossen Abbruch thun mögten. Diesem nach fichtet er die Sechswöcherinnen nicht allein offtmals / mit Schwermut / und Schrecken / an; sondern raubt ihnen auch manches Mal das neugeborne Kindlein von der Seiten hinweg; und legt ihnen ein andres an die Stelle: welches man insgemein einenWechselbalg / anderswo aber einen Kielkropff nennet; weil es / in ihrem Kropffe stets kielet. Und solchen Raub begeht er gemeinlich / durch seine Sclaven / die Zauberer / oder Zauberinnen: welche er unsichtbar macht; damit sie ungesehn / durch die Gemächer /hinein kommen. Wiewol sie bißweilen auch wol den Kindbetterinnen ins Gesicht kommen / ihnen allerley Plage und Quaal anthun: zumal denen / die nicht recht / durch ein gläubiges Gebet / unter dem Schirm und Schatten deß Allmächtigen / sich wohnhafft machen. Es seynd auch wol die Gottsfürchtige Matronen / von seinen Anfechtungen / [939] nicht frey; widerstehen ihm aber fest / im Glauben / und zwingen ihn / daß er endlich muß von ihnen fliehen / und nur den Spott zur Beute haben.

Daher dann solche Mütter hochbenöthigt werden /bey ihrer Kindbetts-Zeit / von wachen und beten eine feurige Maur um sich her aufzurichten / und wider den Ansatz deß Widersachers / mit dem Lager der heiligen Engel / sich zu umringen: auf daß sie / bey solcher Gefährung und Anfechtung / überwinden /und den Sieg erhalten.

Sigismundus Scherertzius meldet / in seinem Tractätlein von Gespenstern / es sey einer Sechswöcherinn diese Abentheuer begegnet: In der Stuben / da sie ihr Kindbette hielt / schlieff eine gar alte Frau / welche auch / kurtz hernach / ihres Alters / durch den Tod /entladen worden: Dieselbe ward / so wol mit innerlichen / im Gewissen / als mit äusserlichen Versuchungen / von den Gespenstern / jämmerlich geängstigt /also / daß dieser Scherertzius täglich sie / mit tröstlichem Zusprechen / aufrichten musste. Wann nun diese Witwe bißweilen / beydes an ihrem Leibe / und dem Gemüt / einen Anfall ausgestanden; pflag sie die ser / ihr beschwägerten Kindbetterinn / als ihrer Hauswirthinn / eine Warnung zu geben / sie sollte /um Mitternacht / ja nicht schlaffen / sondern fleissig wachen; weil Etwas kommen / und ihr Kind wegraffen würde.

Nach etlichen Tagen / ist ein Gespenst / auf diese Kindsmutter / wie eine schwere Last / gefallen / hat sich / hin und wieder / über ihr gewältzt; [940] hette auch das Kind weggerissen / wenn es die Mutter nicht / mit beyden Armen / umfasst / und fest gehalten. Hierauf hat sie sich nachmals sehr übel befunden / und an dem Ober-Leibe eine schwere Kranckheit erlitten: die gleichwol GOtt endlich gelindert.

Ob schon aber der Satan viel Händel ihnen macht /und hinterlistig nachstellt / hält dennoch GOTT seine Hand über ihnen / und stellet ihnen hingegen / wann sie Ihn ernstlich anruffen / seine Engel zu Hütern. Massen dann / wie derselbige Scherertzius beygefügt / etliche Kindhaberinnen ausgesagt / daß ihnen / bey währender Sechs-Wöchnerey / alle Nächte / etwas erschienen / in Gestalt bald eines holdseligen Knabens /bald eines leutseligen Altens / welches sich ohn einigen Schrecken anschauen liessen.

Mehrbesagter Scherertzius spricht / es seyen ihm selbsten dergleichen gewisse Exempel bekandt: daraus er / um vieler Ursachen willen / schliesse / daß es vielleicht gute Engel seyn müssen / so den Kinds- Müttern Schutz halten.

Unterdessen hat man doch auch Exempel / daß bißweilen der böse Geist seinen Tuck / auf GOttes Verhengniß / würcklich ausgeführt / (weil nemlich die Mütter sich / mit dem Gebet / nicht gnugsam geharnischt) und alsdann ein falsches Kind / der Mutter /an stat ihres weggeraubten Säuglings / an die Stelle gelegt worden. Daß solches sich nicht selten zutrage /bezeugt die Erfahrung: und habe ich / allererst vorm Jahr / dessen ein gewisses Exempel vernommen /nemlich daß einer [941] Soldaten-Frauen ihr Kind hinweg-hingegen ein andres / welches unersättlich gesogen /und immerzu geschrien / an deß vorigen Stat gekommen.

Ausser dem / ist auch kaum eine Frau zu finden /die nicht zu erzehlen wisse / wie sehr der Satan manchen Sechswöchnerinnen zusetze. Denn dieser ist der Dieb / der die arme Kindlein / so etwan / von ihren Müttern / nicht fleissig eingesegnet / noch mit einem christlichem Schutz-Gebet / vor dem nächtlichen Einschlaff / verwahrt worden / hinweg stielt / und zwar mehrmalen / durch die Unholden; hingegen der Mutter ein andres Kind in den Platz legt / welches man einen Wechselbalg / oder Freßbutte (angemerckt / solcher Wechselbalg unerhört zu fressen pflegt) oder einenKielkropff nennet; weil es / mit seinem Rachen / kirret und röchelt.

Da wüsste nun Mancher wol gern / ob solche Kielkröpffe für rechte Menschen / oder für verlarvte Teufel / anzusehen; und ob sie ein rechter Körper / oder nur eine blosse Larve und Gespenst / wären? Imfall sie aber ein wahrer Körper / woraus derselbe wol mögte erzeugt seyn?

Es ist kaum zu zweifeln / daß wo nicht eben allemal (denn man weiß / daß ein solches Wechsel-Kind bißweilen auch wol verschwunden sey) doch gleichwol gemeinlich der Kielkropff einen recht-körperlichen Leib habe: angemerckt / Manche derselben allgemählich erkranckt / ausgedorrt / und gestorben sind: dazu man / deß Exempels halben / sich nicht weit umsehen / noch in die Ferne gehn [942] dörffte. Dannenhero nicht zu leugnen / daß sie insgemein eine materialische Substantz haben. Woher aber? das bleibt doch noch die unbeantwortete Frage.

Es vermuten etliche behutsame und nachsinnigeTheologi, der Satan verstelle die gestohlene Kinder nur mit einer häßlichen Gestalt (gestaltsam sie insgemein von Leibe hager und kurtz / aber einen grossen dicken Kopff haben) und gebe ihnen ihr recht-natürliches Kind wieder; aber darum so verstellt / daß sie es hassen sollen / und bewegt werden / ins Wasser zu werffen / oder zu verbrennen; und also / an ihrem eignem Fleisch / einen Mord zu begehen.

Nun dörffte es vielleicht bißweilen / aber gewißlich wunderselten / also damit ergehen. Denn das Widrige / nemlich / daß es ihr recht-natürliches Kind nicht sey / steht leicht dabey abzuehmen: Weil er / auf ein eyfriges Gebet / offt gedrungen wird / das rechte Kind wieder herbey zu schaffen / nachdem man ihm das falsche / auf die Misten hinaus / geworffen / oder von ihm selbsten hingegen wiederum weggeholet worden. Allermassen ein gewisser geistlicher Scribent deßwegen / weil er solche Kielkröpffe für Teufels-Bruten / oder vielmehr für verstellete Teufel gehalten / sich vernehmen lässt / er habe / als (wo mir recht) zu Dessau ein solcher Wechselbalg der Kindbetterinn hingelegt worden / gerahten / man sollte denselben in die Elbe werffen / und ersäuffen; aber der Churfürst / und seine Rähte nicht drein gewilligt. Daraus ich schliesse / es müssen etwan Etliche / unter den ChurfürstlichenConscientz-Rähten oder [943] Theologis, auch im Zweifel gestanden seyn / ob der Teufel nicht etwan die Aeltern nur also verblende / daß sie ihr leibliches Kind / für ein unnatürliches / ansähen? Welche Sorgfalt denn nicht allerdings zu verwerffen. Unterdessen fällt doch vermutlich / der Wechselbalg sey selten ein natürlichs Kind. Wiewol ich doch auch nicht kecklich darff sagen / er sey ein blosses Gespenst / oder nichts anders / als der Teufel; sondern lieber es / für einen solchen Leib / halte / den der Satan zuwegen gebracht /und daselbst hinein gefahren.

Aber woraus sollte er denselben wol zusammen richten? Darüber fallen mir unterschiedliche Gedancken ein. Der Satan / sprechen Etliche / kann gar leicht dasjenige / was etwan ein gottloser Mensch /ein Weichling nemlich / aus verdammter und sodomitischer Geylheit und Lust-Seuche / ausserhalb fleischlicher Vermischung / oder ehelicher Beywohnung /von sich gelassen / nach Einer von seinen leichtfertigen Vetteln / behände / und aufs allerschnellste /übertragen / und zu dem Ort der Empfängniß hinein parthiren; davon nachmals vielleicht / auf GOttes Verhengniß / ein solcher Wechselbalg geboren werde; Welcher doch darum mit nichten ein Mensch; sondern woferrn er etwan in ihm selbsten ein rechtes Leben habe / nichts anders / als ein Thier / oder etwas / so demselben ähnlich / sey. Andre sprechen / es werde bloß allein / aus dem weiblichen S. und Monats-Geblüt / etwas Solches geboren / welches der Satan / an stat einer Seelen / belebe / bewege / und dadurch rede. Ich will nicht dafür geloben / daß solches nicht bißweilen geschähe; [944] doch gleichwol eben so wenig dafür / daß nicht offtmals der Teufel einen solchen Körper nur / aus einem Aas / oder Schind-Leichen / künstlich zusammen füge / und drein fahre. Denn am allerseltesten wird es das rechte natürliche / aber nur vom Teufel unkenntlich-gemachte / Kind seyn. Hievon soll unten ein Mehrers gedacht werden.

Jedoch begehre ich nicht zu leugnen / daß bißweilen eine solche blosse Verblendung / vom bösen Geist / gespielet werde: und mag seyn / daß man dasjenige Mensch / welches man / unweit von diesem Ort / gehabt / biß es im viertzigsten Jahr seines Alters / allererst gestorben / unrecht für einen Wechselbalg geachtet: zumal weil die Eltern es übel aufgenommen / so man sich solcher Meynung hat drüber vernehmen lassen: ohnangesehn / manche Zeichen / oder Vermutungen eines Wechsel-Kindes / an ihm / hervor geblickt. Etliche setzen dieses / zum gewissen Zeichen eines Wechselbalgs / wann es einen unförmlich-grossen und dicken Kopff hat: und schliessen / daß es die Eltern alsdenn verlassen sollen; wie jämmerlich auch der Teufel sich stelle / härme und kerme / weine und schreye: Unterdessen solle man beten / GOtt wolle die Macht deß Satans brechen / und ihm gebieten / die rechte Geburt wieder herbey zu liefern (Massen solches auch vielmals geschicht.) Woferrn aber die Mutter das Wechsel-Kind einmal angerührt / müsse sie es behalten. Aber wer versichert / daß der unförmlich-dicke Kopff ein unfehlbares Zeichen eines Wechselbalges sey? Es kann die Mutter sich leicht woran versehn / und damit ihrem leiblichem [945] Kinde einen dicken unförmlichen Kopff / oder andre abentheurliche Gestalt / angepflantzt / und angemählert haben.

Dagegen steht einzuwenden: man rede hier nicht durchgehends / von neu-gebornen Kindern; deren freylich manche wol etwas mißgestaltet zur Welt kommen; sondern / von solchen / die / nachdem das geborne hinweg gekommen / hernach an deß weggenommenen Stäte / sich einfinden. Aber wer kann wissen / daß der Satan solches weggeraubte hernach nicht wunderlich verabentheuren / verderben / und verlarven könne? Allein ich bekenne nochmals / wie vorhin / daß solches nur selten vielleicht geschehe / und sich schwerlich der Unterscheid / in die Länge / gäntzlich verhalten oder bergen solte. Denn die Wechselbälge haben nicht allein übel-proportionirte Köpffe / und fressen überaus gierig; welches auch wol sonst eine Mißgeburt thun könnte: sondern bleiben gemeinlich auch stumm; greinen stets / und werden niemals / oder allein / wann Schade geschicht / lachen. Wann nun diß letzte sich / mit der Zeit / eräugnet / hafftet schier kein Zweifel mehr / daß es ein Wechselbald sey.

Man hat mir erzehlt / daß etliche solcher Wechsel-Kinder / nachdem sie zu mundbaren Jahren gelangt /doch nicht reden wollen; biß man ihnen das Fressen vorenthalten: da sie denn unversehen / den Löffel gefordert; sonst aber hernach weiter nichts geredt. Bey solcher Beschaffenheit / erstarcket die Vermutung eines Teufels-Balgs gar seht. Ich sage eine Vermutung / und doch noch keine Unfehlbarkeit. Denn man findet in den Geschichten / [946] daß manche Leute / die sonst ihre Lebtage vor dem nie geredt / bey einem gähen Nothfall / zu reden angefangen. Das allerunbetrieglichste Zeichen einer Wechsel-Brut ist dieses: wann der Teufel wieder abholt / was er hingelegt.

Und giebt es bißweilen solche Wechselbälge / die man nicht wol anders / als für wahre Teufels-Bruten /für rechte Teufel / meyne ich / schätzen kann: er mögen nun gleich solche Teufel / aus einem Aas /einen Körper erkünstlen / und drein fahren / oder sonst den Leuten die Augen verblenden / daß sie einen Leib zu sehen / sich einbilden / da nichts anders / als ein Teuflischer Augen-Betrug vielleicht ist.

Ein solcher verstellter Teufel muß der Knabe gewest seyn / welchen / wie Del-rio erzehlt / zu seiner Zeit / ein Bettler / in Spannien / durch Galerien / und Asturien / mit höchstem Beschwer / und ermüdung /auff den Schultern herum getragen. Als einsmals ein Ordens-Mann / diesen wunderschweren Buben unterwegs an einem seichten Fluß angetroffen / und aus Mitleiden hinter sich auff sein Pferd genommen; hat das / ob gleich sehr starcke / Boß denselben / mit äusserster Mühe und Krafft / zum durch das Fließ-Wasser / hinüber tragen könten / ans jenseitige Ufer. Bald hernach hat man den Bettler ergriffen / und derselbe bekannt / diese wäre kein rechter Knabe / sondern der Teufel gewest: welcher ihm versprochen hette / er wollte alle Leute bewegen / ihm Almosen zu geben /so lange er ihn also / in Gestalt eines krancken Knabens / heren tragen würde. 1

[947] Unterdessen lässt sich hierinn kein gewisser Schluß so leicht machen / ob die Eltern ein solches Kind /welches / an Stat ihres verlornen / ihnen hingelegt worden / und dem geraubten nicht gleich siehet / zu behalten verpflichtet seyen / oder nicht. Die blosse Anrührung der Mutter dunckt mich zu wenig / daß sie die Mutter / zur Behaltung deß Wechsel-Balgs / soll verbinden / oder auch die Nicht-Anrührung davon entbinden. Es ist bekandt / daß Etliche den Wechselbalg gleich auff den Misthauffen geworffen / und bald hernach ihr rechtes Kind wieder bekommen. Ob aber einer jedweden Mutter solches von der Obrigkeit /würde gut gesprochen werden / steht dahin: weil die Umstände dabey offt sehr veränderlich fallen. Darum das Sicherste ist / bey solchem Vorfall / verständigeTheologos, nechst Göttlicher Anruffung / um Raht zu begrüssen.

Lerchheimerus erstattet hierüber / beym Dedekinno folgendes Bedencken:

Nimmer mögen aus solchem geist- und leiblichem Beyschlaffe / Kinder erzeugt werden: ob wol Etliche meynen / es werden Wechsel-Bälge daraus. Wann die Hexen von sich ausgeben / daß sie solche Kinder geboren haben; so glaube mans nicht: Sie haben sie Andren gestohlen: oder / es seynd nicht rechte Kinder; sondern verschwinden endlich.

Denn daß Etliche meynen / und schreiben / der Satan erwische etwas von dem vergossenen S. (oder männlichen Tinctur / wie ichs zu geben pflege) so er / in einem Augenblick / dem Weibe beybringe / und sie [948] schwängere; das kan nicht seyn: es müssen beyde männ- und weibliche (Tinctur) zur Stunde / ohne Mittel zusammen kommen: sonst verschwindt daraus der lebendige Athem; der drinnen ist / und werden die Tincturen untauglich zur Empfängniß und Geburt. Daß ich geschweige / es möge kein Ding / vom bösen Geist / in einem Augenblick also herzu gebracht werden / daß es nicht verderbe und zu scheitern gehe / in der Lufft / wanns gleich Eisen wäre. Denn ob gleich der Geist selbst für sich / in einem Augenblick / von einem Ort zum andren fähret: muß er doch Weile dazu haben / wann er etwas führet.

Es beziehet sich dieser Lerchheimerus ferner / auf etliche hochverständige Männer / welche in ihren Schrifften / solche Teufels-Buhlschafften / für lauter Träume / und Gespenster / oder auch für diejenige Kranckheit / halten / so man in Lateinisch Incubum, (zu Teutsch / die Nacht-Mar) nennet / und deßwegen die Römisch-catholische Hexen-brenner für betrogen halten. Er scheinet auch solchen Männern zum Beyfall geneigt / und fügt diesen Raht bey an / man solle solche Weiber / die dergleichen Buhlschafft bekennen / und zuvor keines Manns schuldig worden sind /durch die Heb-Ammen besehen lassen: so werde sichs befinden / woferrn der Geist keinen Körper hette angenommen / daß sie noch ihre unversehrte Keuschheit haben: auff daß man erfahre / was / in diesem Handel / wahr und recht / falsch und unrecht sey / und [949] desto weniger unschüldiger Leute getödtet werden. 2

Nun hat man zwar Exempel / daß bißweilen nicht nur Römisch-catholische / sondern auch eben so wol Evangelische Richter / durch die Aussage der Unholden / verleitet worden / andre unschuldige Personen anzugreiffen: allein das giebt noch nicht satten Beweiß / daß darum diejenige Truden / welche eine Vermischung mit dem Satan bekennen / und dennoch / an ihrem Geschlechts-Zeichen unversehrt befunden werden / unschüldig / und unsträfflich / seyn solten. Sie seynd so wol solches Greuels schuldig / als diejenige /welchen das Schloß jungfräulicher Keuschheit würcklich auffgesprengt worden: weil ihre Bewilligung und gäntzliche Einbildung sich solcher verdammten Buhlschafft unterworffen / und damit nicht anders belustiget hat / als ob ihnen der Satan / durch einen angenommenen Körper / den Leib besudelt hette. Die Keuschheit bestehet mehr im Gemüt und Hertzen /weder am Leibe: und kan Manche / am Leibe / Jungfrau seyn / die von Gemüt eine Ertz-Hur. Weswegen die welche hierinn den Urtheilen manches Parlements in Franckreich nachgehen / die Alles / was die Hexen / von dergleichen Sachen / gerichtlich aussagen und bekennen / für pur lautere Einbildung / und dergleichen verhafftete Personen für unschüldig erkennen / ja schier gar keine Zauberey glauben wollen / sich / der Gerechtigkeit / und gemeiner Sicherheit / zu grossem Nachtheil / in grossen Irrthum verleiten lassen.

[950] Hiemit aber wird annoch gleichwol nicht zugelassen / daß der Satan sollte etwas gebären können: ob gleich Manche solches / durch unterschiedliche Einwürffe / zu behaupten / sich unterstehen. Denn es lehren Etliche ein solches Geschlecht von Geistern / daß einer Mittel-Natur sey / zwischen den himmlischen und irdischen Körpern; daher solche / vom Beyden /einen Antheil haben / und denselben Einem oder Andrem gemein machen / oder mittheilen können. Allein /wann sie vorher die Gewißheit dessen anders woher /als aus ihrem eigenem Gehirn / dargereicht; so wollen wir hernach weiter davon reden. Denn auff einen blossen Gedancken kann man nichts gründen.

Von Andren wird das Exempel der Kinder GOttes /so die Töchter der Menschen beschlaffen / eingeführt / woraus hernach die Riesen / und gewaltige Leute /geboren worden. Und daß / durch solche Kinder Gottes / keine Menschen / sondern böse Geister verstanden werden müssen / vermeynen sie / durch ein vermeyntes Fragment (oder hinterbliebenes Stück) der Bücher Enoch / zu beglauben: darinn solche Beschlaffung der Menschinnen / oder menschlichen Töchter /den bösen Engeln zugeeignet wird.

Ob / vor der Sündflut / Bücher geschrieben worden; wird / zuforderst unter den Gelehrten / gestritten. Hieran darff man gewißlich nicht zweifeln / daß die Menschen der ersten Welt haben lesen und schreiben können: sintemal solches nicht allein die Vernunfft giebt / sondern auch das einstimmige Geseugniß fast aller Griechischen / Lateinischen / Hebræischen /Chaldæischen / Arabischen / Samaritanischen / [951] Aethiopischen / und Aegyptischen Scribenten bewehret. Suidas macht den Adam selbsten / zum Ersten Erfinder der Buchstaben: welches auch alle Rabbinen thun: denen die Schrifften der Syrer und Araber nicht widersprechen. Massen der gelehrte Jesuit Kircherus / in seinem Obelisco Pamphilio, deßfalls viel Authores anzeucht. Solche Wissenschafft ist / nach und nach von einem Ertz-Vater auff den andren / versetzt / biß auff den frommen Enoch: und hat sich / von Jahren zu Jahren / immer vergrössert.

Viel ein grösserer Zweifel aber fällt / über die Bücher Enoch / vor. Daß Enoch Bücher geschrieben /bemühet man sich / an einer Seiten / zu bescheinigen /aus der Epistel S. Judæ; darinn gemeldet wird /Enoch / der Siebende von Adam / habe geweissagt /der HErr komme / mit viel tausend Heiligen / Gericht zu halten über Alle etc. So gestehet auch Augustinus / 3 gleichfalls solches gar deutlich. Origenes und Tertullianus ziehen gantze Bläter daraus an. Was aber selbige Bücher in sich begriffen / weiß man nicht eigentlich. Einige 4 wollen / es sey darinn enthalten gewesen eine Prophecey / von dem zwiefachen Untergange der Welt; der ersten / im Wasser; der andren /im Feuer. Origenes 5 und Tertullianus / gedencken / es seyen nicht allein Weissagungen darinn gestanden; sondern auch ein Bericht von [952] der Zahl / und von den Namen der Sternen / und derselben geheimen Kräfften; Imgleichen eine Beschreibung / wie die Kinder GOttes / zu den Kindern der Menschen / herunter gekommen; wie / aus der Buhlschafft mit den Engeln /die Riesen erzeuget worden; und wie GOtt / über die Gottlosen / am jüngsten Tage / werde Gericht halten.

Scaliger zeucht 6 ein gewisses Stück / aus dem Buch Enoch / an / welches gleichfalls in der Griechischen Bibliotheck eines Klosters zu Messa / und sonst einiger andrer Orten / gezeiget wird. P. Kircherus hat selbiges Fragment / im Jahr 1637 in erwehntem Kloster gesehen / und aus dem Griechischen zu Latein versetzet: weil / vor ihm / wie er sich vernehmen lässt / keiner solches gedolmetschet. Ich will es allhie / in unserer Teutschen Sprache / erzehlen.

Das Stück aus dem Buch Enoch / von den Egregoræis oder bösen Engeln.

Als die Menschen-Kinder sich gemehret / und ihnen schöne wolgebildete Töchter geboren wurden; begab sichs / daß die Egregori, oder böse Engel / zu ihnen Lust gewannen. Einer verführte den Andren / und sprachen untereinander: Lasst uns Weibs-Bilder erwählen / aus den Töchtern /der Menschen auff Erden. Und Semixas, ihr Fürst / sagte zu ihnen: Ich besorge / ihr werdet diesen Handel nicht wagen wollen / sondern mich stecken lassen: da alsdenn die grosse Sünden-Schuld /auff mich allein / [953] kommen würde. Sie antworteten ihm aber alle sämtlich: Wir wollen Alle schweren / und uns eydlich untereinander verbinden / daß keiner vom Andren setzen noch lassen wolle / biß wir unseren Willen gäntzlich vollenbracht. Hierauff haben sie Alle einander geschworen. Ihrer waren aber zwantzig / die in den Tagen Jared /gestiegen auff die Höhe deß Berges Hermonim /welchen sie / von diesem verbindlichem Eyd-Schwur also genannt. Daselbst haben sie sich mit einander eydlich verknüpfft. Die Namen aber der Fürnehmsten sind folgende:

1. Semixas, ihr Fürst / oder Oberster. 2. Atarkuph. 3. Arakiel. 4. Chababiel. 5. Orammame. 6. Rhamiel. 7. Sapsich. 8. Zakiel. 9. Balkiel. 10. Azalzel. 11. Pharmaros. 12. Amariel. 13. Anagemas. 14.Thansael. 15. Samiel. 16. Sarinas. 17. Eumiel. 18.Tyriel. 19. Jamiel. 20. Sariel.

Also haben gleichfalls alle die Ubrigen / im 1170sten Jahr der Welt / ihnen selbsten Weiber genommen / und sich mit denselben / befleckt /biß an die Sündflut / und dreyerley Menschen mit ihnen gezeuget. Das erste Geschlecht bestund in grossen Riesen. Von Riesen aber wurden wiederum erzeuget die Naphilim; von den Naphilim, seynd geboren die Eliud. Und sie vermehrten sich / nach ihrer Grösse. Diese unterrichteten auch (ihre Kinder) und Weiber in der Zauberey / Beschwerungen / und schwartz-künstlichen Verblendungs-Kunst. [954] Exael der Zehende unter den Fürsten / war der Erste / so da lehrete / Schwerter / Brust-Harnische und Pantzer machen / auch sonst allerhand Kriegs-Waffen; imgleichen die Kunst in Metall zu arbeiten; den Gebrauch Goldes und Silbers; wie nemlich beydes / zu macherley überflüssigem Pracht / könnte gebraucht werden. Massen sie den Weibern allerhand Zierrat und Schmuck gezeiget / nebenst der Kunst deß zierlichen Anstrichs; wie man nemlich das Spießglas / zur Wangen-Schmincke / auff mancherley Weise / könnte zurichten; über das ihnen köstli ches Edelgestein-Werck wiesen. Die Kinder der Menschen machten hernach dergleichen / für sich / für ihre Weiber / und Töchter. Wodurch sie auch die Heiligen selbsten sündigen und irren machten: also / daß der Gottlosigkeit / auf Erden /viel / und aller Menschen Weg verdebt ward.

Weiter hat der Oberster unter besagten englischen Fürsten gewiesen 7 - - - - - - - - - - - wie auch die Wurtzeln der Erden. Aber der Eylffte mit Namen Pharmarus, hat gelehrt die Hexen- und Verzauberungs-Künste / samt den geheimen teufflischen Hexen-Opffern. Der Neundte offenbarte die Kunst / wie man die Sterne möchte vom Himmel herab ziehen; der Vierdte die Weissagung aus dem Gestirn; der Achte die Kunst / aus der Lufft / zu weissagen: Der Dritte die Zeichen der Erden: [955] der Siebende die Zeichen deß Monds. Diese Alle siengen an / ihren Weibern / und derselben Töchtern / besagte Geheimnissen zu eröffnen.

Nach diesem begunnten die Riesen / Menschen-Fleisch zu fressen; und befanden / daß / durch solche gottlose Mörderey / die Menschen / auf Erden / sehr abnahmen. Die übrige (Menschen)aber schrien / über solche verfluchte Bosheit der Riesen / gen Himmel / und baren / man wollte doch ihrer (in Gnaden) gedencken / (und sich Ihrer annehmen.) Als solches vier von den grössesten Ertz-Engeln hörten; nemlich / Michael / Raphael / Gabriel / und Uriel: schauten sie / vom obersten Himmel herab / auf die Erden: und da sie sahen /daß so viel Bluts / auf Erden / vergossen war /und was für gottloser Frevel daselbst im Schwange ging; traten sie herfür / und redeten untereinander: Sihe! / Die Geister und Seelen der Menschen seufftzen und schreyen zu uns / wegen ihrer Plage und Unterdrückung / daß wir ihr Flehen und Verderben mögen / für den Thron deß Allerhöchsten / bringen. Solchem nach traten diese vier Ertz-Engel herfür / und sprachen zu dem HErrn:

O Du GOtt aller Götter! und HErr aller Herren! König aller Könige! GOtt aller Menschen! Der Thron deiner Herrlichkeit bleibt immer und ewiglich / und dein heiliger gebenedeyter Nam /in alle Ewigkeit! Denn Du hast alles erschaffen /hast [956] Gewalt über Alles. Vor deinem Angesicht /ist Alles bloß und entdeckt: Du sihest alle Dinge /und ist Niemand / der sich / vor Dir / könne verbergen. Also sihest Du auch wol / was Ubels der Exaël thue / was für Sünden und Ubertretungen er einführe und lehre / auf Erden: und wie / auf dem Erdbodem / lauter Betrug herrsche. Denn er hat der Untern Welt gezeiget und geoffenbaret die Geheimnisse / so im Himmel sind: und nun trachten sie / auf allerley Weise und Wege / seine Anstifftungen und Heimlichkeiten zu erfahren. Die Kinder der Menschen haben dem Semixæ Macht gegeben über sich; und allen Denen / welche mit ihm waren. 8 Und sie gingen zu den Töchtern der Menschen / beschlieffen sie / und verunreinigten sich / an den jungen Mägdlein; lehreten sie alle Sünden / und zeigeten ihnen die Werck-Mittel der Hurerey. Und sihe! nun gebären die Töchter der Menschen Riesen / so sie von ihnen erzielet haben. Dieses ehebrecherische Huren-Geschlecht von Menschen hat sich über den gantzen Erdbodem ausgebreitet / und denselben überall mit Sünden angefüllet.

[957] Und nun sihe! die Seelen-Geister der verstorbenen Menschen ruffen; ihr Seufftzen steiget herauf gen Himmel: kann aber nicht durchdringen /noch herbey gelangen / um der übermachten Sünden willen / so auf Erden fürgehn. Du weissest /HERR / daß solches von ihnen geschehe: Du sihest sie / lässest es ihnen zu / und leidest es / und sagst nicht / was man dabey thun / oder wie man solchem Ubel abhelffen solle.

Da sprach der Allerhöchste / und der heilig-grosse (GOtt) fing an zu reden; und sandte den Uriel zu dem Sohn Lamech / mit diesem Befehl: Gehe hin / zum Noah / und sprich zu ihm / von Meinet wegen / also: Verbirge dich! Zeige ihm an / daß das Ende aller Dinge vorhanden sey / und der gantze Erdbodem verderbt werden solle. Und sollt ihm sagen / es werde eine Sündflut kommen /zu verderben Alles / was auf dem Angesichte der Erden anzutreffen. Unterweise den Gerechten /was der Sohn Lamech thun müsse. Denn seine Seele soll beym Leben erhalten werden / und er wird dem Tode ewiglich (dem ewigen Tode) entrinnen: und / aus ihm / soll gepflantzet werden eine Pflantze / welche stehen wird / in alle Ewigkeit.

Und / zum Raphael / sprach Er: Gehe hin / Raphael! Binde dem Exaël Hände und Füsse / und wirff ihn hinaus / in die Finsterniß. Du sollt aufthun die Wüste / in der Wüsten Dodoël, und ihn dahin werffen / [958] ihm spitzig-scharffe Steine unterlegen / und mit der Finsterniß ihn bedecken: und da soll er wohnen in Ewigkeit. Und du sollt ihm einen Deckel / über sein Angesicht / legen; auf daß ihm das Liecht nimmermehr scheine. Und am Tage deß Gerichts / da man ihn wird für Gericht ziehen / soll er zum Feuer verurtheilet werden. Die Erde aber / welche / durch die Egregoros, (oder böse Engel) verderbet / geschwächt / und zu Fall gebracht / soll geheilt werden. Darum verkündige (oder weise) Du der Eden das Artzney- Mittel / wodurch sie / von ihrer Wunde oder Kranckheit / genesen könne: damit nicht alle Menschen-Kinder verderben / von den Geheimnissen (der Bosheit) welches die Egregori entdeckt / und den Menschen-Kindern gewiesen haben; wodurch der gantze Erdbodem verwüstet ist; nemlich durch böse Wercke / so Exaël die Menschen gelehrt / und damit alle Sünden ausgebrütet hat.

Zum Gabriel aber / sprach Er: Gehe hin / Gabriel / zu den Riesen / zu den ehebrecherischen und falschen Kindern / aus der Hurerey: und vertilge die Söhne der bösen Engel / vor den Kindern der Menschen. Mache sie miteinander uneins: daß sie einander bekriegen / biß zu ihrem gäntzlichem Untergange und Ausrottung. Die Länge ihrer Tage müsse mit nichten reichen an die Zeit ihrer Väter: wiewol sie ein immerwährendes Leben gehofft / und ein Jedweder / [959] unter ihnen /acht tausend Jahre ihm eingebildet. 9

Und / zum Michael / sagte er: Mache dich auf /Michael! bind an den Semixan, und alle seine Gesellen / so viel Ihrer sich / mit den Töchtern der Menschen / vermischet / und dieselbe / mit ihrer Unreinigkeit / beflecket haben. Und / nachdem zuforderst ihre Söhne erwürgt worden / und sie den Untergang ihrer Geliebten gesehen / sollt du sie anbinden / biß in siebentzig Geschlechter / in die verborgene Oerter der Erden / biß auf den Tag / der ihnen verordnet ist / daß sie vor Gericht gestellet werden / auf [960] den Tag nemlich deß Endes aller Dinge; an welchem das Urtheil und Gericht muß vollendet werden / dessen Vollenziehung /von Ewigkeit zu Ewigkeit / wird ausgeführt. 10 Alsdenn soll er gestürtzt werden / in den feurigen Pfuhl / 11 in die ewige Qual und Gefängniß: und wenn sie / (ihre Gesellen nemlich) von nun an / verdammt worden / soll man sie / samt ihnen / zugleich hinaus werffen / biß ans Ende ihres Geschlechts. Die Riesen aber / welche / vom Geist und Fleisch / geboren sind / sollen / auf Erden /böse Geister genannt werden. (NB. Hie folgen etliche Worte / daraus kein rechter Verstand zu fassen.)Böse Geister werden seyn die Geister / so von ihrem Leibe und Fleische heraus gangen / und zum Theil von den Menschen / zum Theil / von den Egregoris, oder bösen Engeln / geboren worden. Der Anfang ihrer Erschaffung (oder Zeugung) und der Anfang (oder Ursprung) ihres Fundaments / werden böse Geister seyn / auf Erden. Die Geister der Riesen aber / welche sich also haben ausgebreitet / und Alles / durch Ungerechtigkeit /ruiniren / überfallen / sich selbst einander bestreiten / auf der Erden schiessen / rennen und lauf fen: und doch nicht essen; sondern sich der Speise enthalten / und mit mancherley Gespenstereyen /oder gespenstischen Einbildungen [961] die Leuten vexiren ........ Und die Geister sollen auferstehen /mit den Söhnen der Menschen / und Weiber / so von ihnen hergekommen.

Von dem Tage aber an / der Erwürgung / Verderbung / und Todes der Riesen / werden die starcke und gewaltige Naphilim, (oder vielmehr Nephilim) die grosse und berühmte Geister / so von ihrer Seelen ausgegangen / als wie vom Fleische /auf der Erden seyn / und ihr verderbliches Wesen treiben / biß an das grosse Gericht: Mit welchem die grosse Welt-Zeit zugleich ihr Ziel haben wird. 12

Um den Berg aber / auf welchem sie sich zusammen verschworen / und eydlich verkuppelt /sollen nimmermehr aufhören Frost / Schnee /Reiff / und Thau! und soll nicht anders auf denselben herab fahren / ohn zum Fluch / biß an den Tag deß grossen Gerichts: An demselbigen Tage /soll er verbrannt / und der Erden gleich geschleifft werden / soll verschwinden und schmeltzen / wie Wachs vor dem Feuer: also soll er ein Ende nehmen / und vernichtet werden / samt allen ihren Wercken.

Ihr Menschen-Kinder aber sollt wissen / daß ich sehr / über euch / und eure Kinder / ergrimmt bin. Eure Geliebten sollen [962] verderbt werden; und eure Wehrteste sollen deß Todes sterben / und umkommen von dem Angesichte deß gantzen Erdbodems. Alle Tage ihres Lebens sollen / von nun an / hinfüro nicht / über 120. Jahre / kommen: und dencket nur nicht / daß ihr länger leben werder. Nun aber werden sie keinen Weg finden /zu entrinnen dem Zorn / womit der König aller Zeiten / wider euch / entbrannt ist. Bildet euch nicht ein / daß ihr diesem allen werdet entfliehen.

So weit das Fragment / oder Stück / aus dem Buch Enoch: Welches ich zwar / aus dem Oedipo Kircheri, genommen; sonst aber / am ersten / vom Scaliger /ans Licht gebracht ist. Herr P. Kircherus stellet zwar in eines Jeden Willkühr / dasselbe / für ein rechtmässiges / oder ertichtetes Fragment / anzunehmen / oder zu verwerffen: aber doch suchet er hernach / demselben einen glaubwürdigen Schein beyzubringen; wenn er erstlich unterschiedliche Authores anführt / um damit zu belegen / daß durch die Egregoros, deren in dem Fragment gedacht wird / die Englische Wächter / und zwar die verworffene / gemeynt werden; hernach Georgium Syncellum, einen alten Scribenten; der / in seiner Histori / das Buch Henoch anziehe / und dabey der Ergregororum gleichfalls gedencke / sprechend /man solle die Schrifften / welche man apocryphas, das ist / die verborgene / oder unbekandte / nennet /fahren lassen: weil derselben verborgener Ursprung nicht bekandt gewesen denen Vätern / von welchen das Ansehn und die Gülte der wahren ungezweiffelten Schrifft- [963] Bücher / gantz gewiß / und vermittelst bekandter Succession / auf uns gelanget ist.

Weiter ziehet Herr Kircherus die Worte Augustini also an. Dasselbe (spricht er) erzehlt Augustinus, fast mit eben so vielen Worten: Etsi enim (inquit) aliqua in hujusmodi apocryphis inveniatur veritas: propter multa tamen subreptitia ejus non esse canonicam authoritatem. Scripsisse autem quædam divinum illum Henoch negari non posse, cùm hoc in epistola Judas Apostolus dicat: Credi tamen et utplurimum posse, præsertim quæ de descensu Egregororum & Gigantum impietate, utpote S. Scripturæ consentientia, & à Mose approbata, recitantur. Das ist: Obschon / in dergleichen apocryphis, oder ungewissen Büchern der Schrifft / etwas Wahres gefunden wird: gilt es doch nicht / für eine Richtschnur; wegen der vielen eingeschobenen Sachen / so darinn enthalten. Daß aber selbiger göttlicher Henoch Etwas geschrieben / mag nicht geleugnet werden: weil der Apostel Judas solches / in seiner Epistel / sagt. Dennoch könne man (spricht nemlich Augustinus) dasjenige mehrentheils gläuben /fürnemlich was von der Egregororum, oder Engli schen Wächter Niderfahrt / und von der Riesen Gottlosigkeit / erzehlet wird: als welches mit der Heil. Schrifft überein / stimmt / und von Mose bestetiget wird.

Den Ort / da Augustinus solche Worte des letzten Anhangs / nemlich man könne dasjenige mehrentheils gläuben / fürnemlich was von [964] der Engel Niderfahrt etc. erzehlet wird; weil es der heiligen Schrifft gleichstimmig laute / setzet; wollte ich gern benennen / wenn er mir bekandt wäre. Denjenigen /welchen Herr Kircherus, im vorhergehendem § benennt / nemlich das 15. Buch von der Stadt GOttes (cap. 23.) weiß ich wol: aber daselbst ist kein Buchstab solches Zusatzes anzutreffen; so wenig als in der 3. Quæstion in Genesin. Massen hernach die völlige Worte Augustini solches werden zu erkennen geben.

Zum Dritten / zeucht P. Kircherus einen alten /aber ungenannten / Scribenten an / dessen Griechische Worte / auf Teutsch / also lauten: Die Kinder Seth /Enoch / und Enos / werden / durch die Kinder GOttes / verstanden / welche / durch ungehaltene Venerische Brunst / überwunden sind / und sich zu den Töchtern Cains gesellet: aus welcher unreinen Vermischung / und unzüchtigen Freyerey /Riesen entsprossen: die zwar / um deß Gerechten willen (das ist / um deß Stamms der Kinder GOttes willen) starck und großmächtig; um deß unge rechten aber und unheiligen (Stamms) willen /boshafft und gottlos waren.

Was dieses Allegat / zum Behelff deß Fragments /diene / kann ich nicht ersehen. Vielmehr wird die Wahrscheinlichkeit desselbigen dadurch ausgeleschet. Dennoch setzt Herr P. Kircherus folgendes hinzu:Aus diesen allen erscheint offenbarlich / daß dieses Fragment / oder Stück / ob es gleich unter den apocryphis ist / gleichwol [965] nicht so gar demselben /was entweder die heilige Schrifft / oder die heiligen Väter / erzehlen / zuwidern laute / als Einige etwan dörfften gedencken. Denn ob gleich deß Enochs Selbst-Schrifft (autographum) durch das Alter der Zeiten umgekommen: so ist doch glaub-und wahrscheinlich / eine so wunderliche Geschicht der Menschen-Kinder / vor der Sündflut /sey / durch eine stetige Tradition / fortgepflantzt /und in Schrifften / von den Alten / dem Mann Gottes übergeben / biß auf deß HErrn Christi Zeiten / und von denselben biß auf uns gelangt. Denn es ist / auch allerdings aus den historischen Schrifften der Ungläubigen bekandt / daß die Buchstaben / und Lehr-Künste mit dem Adam angefangen. So bezeuget auch der Griechische Scribent / Georgius Syncellus, daß die Chaldœer die Stern-Wissenschafft / Buchstaben und Bücher / allbereit drey tausend / sechs hundert / vier und dreyssig Jahre / vor der Monarchia (oder dem höchstem Welt-Reiche) deß grossen Alexanders /gehabt. Gleicher Gestalt meldet Epigies, man habe / sieben hundert Jahrt / und länger / vor dem Nino, und Phoronæo, zu Babylon / gebrannte Steine gefunden / darauf die Anmerckungen deß Gestirns verzeichnet gewesen. Welches Alles / mit dem Mose / übereinstimmet / etc. Daß aber diese apocryphische Histori sagt / es haben sich die Geister / oder Engel (Dæmones) mit den Menschen vermischet / und von [966] denselben Kinder gezeuget; ist nichts Seltsames / noch Neues: sintemal Wir / noch auf den heutigen Tag / sehen / daß solches von den Incubis & Succubis (Teuffeln und Teuffelinnen / beschlaffenden und beschlaffenen Geistern) zu Werck gerichtet werde. 13

Diesem füget er hernach bey die Zeugnissen einiger Rabbinen / und deß Arabischen Chronisten Abulhassen. Welche ich aber / zu Abschneidung der Weitläufftigkeit / weglasse: weil sie ohne das von schlechter Gülte sind.

Ob nun gleich / von den Schrifften deß Enoch / unterschiedliche berühmte / und gelehrte / Leute geschrieben / und auch besagtes Fragment / 14 in Abyssinischer Sprache / dessen Prophecey annoch vorhanden seyn soll: entsteht dennoch darum nicht gleich hieraus ein sicherer Beweis / daß solches Fragment warhafftig und unertichtet sey.

Was den / dißfalls angezogenen / heiligen Augustinum betrifft; muß der gelehrte P. Kircherus denselben hiebey nicht recht selber nachgesehn / sondern vielleicht einem oder andrem Studioso, den er aufschlagen hat lassen / zuviel getrauet haben. Denn /wie ich vorhin gemeldt / es findt sich / in dem benannten Capittel / kein Wort / das für die Meynung /als ob / durch die Kinder GOttes / welche / mit den Töchtern der Menschen / grosse Riesen erzeugt hetten / die Teufel verstanden würden [967] / zum Zeugniß könnte angezogen werden; sondern vielmehr gantz das Widrige / und eine ausdrückliche Widerlegung solches Fürgebens. Massen solches diese / deß seligen Augustini eigene / Worte gnugsam an Tag geben:

Scripsisse quidem nonnulla divina Enoch illum septimum ab Adam, negare non possumus: cùm hoc in Epistola canonica Judas Apostolus dicat. Sed non frustra non sunt in eo canone scripta, qui servabatur in templo Hebræi populi succedentium diligentiâ Sacerdotum. Cur autem hoc? nisi quia ob antiquitatem suspectæ fidei judicata sunt, nec utrum hæc essent, quæ ille scripsisset, poterant inveniri, non talibus proferentibus, qui ea per seriem successionis reperirentur ritè servâssè. Unde illa, (NB.) quæ sub ejus nomine proferuntur, & continent istas de gigantibus fabulas, quòd non habuerint homines Patres, rectè à Prudentibus judicantur, non ipsius esse credenda, sicut multa sub nominibus & aliorum Prophetarum, & recentiora sub nominibus Apostolorum, ab hæreticis proferuntur, quæ omnia sub nomine Apocryphorum autoritate canoncâ diligenti examinatione remota sunt. Ist / auf Teusch / so viel geredt: Wir können nicht in Abrede seyn / Enoch /der Siebende von Adam an / habe etliche Göttliche Sachen geschrieben: weil solches der Apostel Judas / in der Canonischen Epistel / sagt. Es ist aber nicht umsonst / daß sie nicht demjenigen Canoni, (oder der Zahl Regel-gültiger Schrifft-Bücher)eingezeichnet seyen / so in [968] dem Tempel deß Hebrœischen Volcks / von denen nacheinander folgenden Priestern / fleissig verwahrt ward. Warum ist aber das anders geschehen / (daß man sie nemlich ausgelassen) als weil sie / um deß hohen Alters willen / verdächtig geachtet worden / und man nicht eine Grund-Gewißheit finden können /indem sie nicht von solchen Leuten vorgelegt wurden / an welchen sichs befünde / daß sie /Einer nach dem Andren / dieselbe gebührlich hetten in Verwahrung gehabt. Daher dann die Sachen / so unter seinem Namen hervor gebracht werden / und solche Fabeln von den Riesen / daß nemlich dieselbe keine menschliche Väter gehabt / von Verständigen für unglaubwürdig erklährt werden: Gleichwie sonst viel andre Schrifften / so theils unter dem Namen der andren Propheten; theils / und zwar die neuere / unter der Apostel Namen / von den Ketzern hervor gebracht werden: Welche alle mit dem Namen der Apocryphorum (oder solcher Bücher / derer Verfasser verborgen seynd) nach fleissiger Prüfung / von der Canonischen Authoritet / oder Regel-gültigen Bücher-Zahl / ausgeschlossen seynd. 15

Hieraus ersehn wir Zweyerley: Erstlich / daß es ferrn von dem lieben Augustino gewesen / eine Riesen-Erzeugung von den Geistern und das vermeynte oder ertichtete Fragment deß Buchs Enoch / darinn derselben gedacht wird / für glaubwürdig [969] zu erkennen. Massen er dann vorher solches auch mit einer ausdrück- und ausführlichen Widerlegung / übern Hauffen stosst. Zweytens: Daß / ob gleich vorberührter Scaliger diß Fragment am ersten / in einer Bibliothec / wiedergefunden; solches doch schon ein altes Geticht / und allbereit zu deß heiligen Augustini Zeiten / unter den Leuten herum- doch aber verständigen Lehrern nicht eingegangen.

Theodoretus hat so gar nichts drauf gehalten / daß er die Urheber dieses Wahns / nemlich von der englischen oder teuflischen / Riesen-Erzielung nimis stupidos & stolidos titulirt; welche gemeynt / sie würden damit eine Beschönung ihrer Unzucht erhalten / wann sie die Engel für gleicher Mißhandlung schüldig hielten. Massen er dann / mit vielen Zeugnissen heiliger Schrifft / dieselbe widerlegt / welche vorgaben / es wären keine Menschen / sondern Engel gewest / die von der Weiber Schönheit gereitzt / mit ihnen gebuhlt. 16 Philastrius will gar eine Ketzerey daraus machen / wenn man sagen will / daß sich die Engel / mit den Weibsbildern / vor der Sündflut / vermischt hetten / und daraus Riesen geboren wären. 17

Unterdessen leugnen die ansehnlichste unter den Vätern nicht / daß Enoch einige gottselige Bücher geschrieben: aber dasjenige / so man für deß Enochs Werck / ausgab / achteten sie keines Weges dafür: ob gleich Tertullianus, mit etlichen / wiewol unnachdrücklichen / Schein-Gründen / [970] denen / die solches Buch Enoch für falsch ausgaben / begegnet. 18

Wer Lust und Weile hat / in mehr Scribenten sich deßwegen umzuschauen / der schlage auf Sixtum Senensem, 19 Pererii Commentarios in Genesin, 20 Genebrardum, 21 Bellarminum. 22

Origenes ziehet dieses Buch gleichfalls an / 23 und spricht / Enoch habe einige schrifftliche Weissagungen hinterlassen / daraus der Apostel Judas das Zeugniß vom Jüngsten Gericht angeführt habe. Und anderswo beziehet er sich abermal auf die Schrifft Enochs / von den Engeln / so vom Himmel gefallen /etc. 24 Daniel Heinsius pflichtet der Meynung gleich falls bey / daß Enoch warhafftig ein Buch geschrieben; welches / ob es gleich / von den Jüdischen Rabbinen / nach der Hand / durch Einflickung falscher Sachen / verderbt worden / und mans derhalben billig unter die apocryphos gerechnet / dennoch gleichwol der Apostel Judas angezogen habe; nemlich das Gesunde / so annoch darinn hinterblieben. Er beglaubt solches auch / mit dem Exempel etlicher andrer [971] Apostel / welche gleichfalls aus den apocryphis, und so gar aus heidnischen Schrifften / dessen / was sie erbaulich darinn gefunden / sich bedient hetten.

S. Hieronymus berichtet / man habe deßwegen die Epistel Judœ nicht für canonisch halten wollen / weil darinn das Buch Enoch zu Zeugen geruffen worden. 25 Sonst haben auch / von dieser Prophecey deß Enoch geschrieben Thomas Bangius, 26 Lambecius 27 und Pfeifferus, in einer zu Wittenberg gehaltenen 28 Disputation.

Ob aber gleich dieses Zeugniß aus dem Buch Enoch verworffen wird / als ein Geticht; stehen denen / welche der Meynung seynd / daß die böse Geister /mit ihren schändlichen Buhlerinnen / würcklich was erzeugten / dennoch ein und andre Exempel in Bereitschafft. Wir wollen jetzt nicht die alte Fabel von der Melusinen / und dergleichen / hervor suchen; noch uns / mit dem Geticht / so zu Jornandis Zeit / von Vielen / für eine Warheit / geglaubt worden / behelffen / nemlich daß / nachdem Filimer / der Gothen König / unter seinen Völckern / etliche Unholdinnen gefunden / er dieselbe / von der Armee / ferne hette weggejagt / und in die Wüsten treiben lassen; Da nun die / in der Wildniß herumgehende böse Geister derselben ansichtig worden / hetten sie sich / mit denselben / [972] schändlich vermischt / und ein Geschlecht der Halb-Teufel hervor gebracht; nemlich die barbarische Hunnen. 29 Wir wollen auch auslassen den Englischen Cantzler / Merlin / welchen / weil er ein gewaltiger Hexenmeister gewest / man gleichfalls / für eine Teufels-Brut / ausgegeben: und unterschiedlich andre mehr. Man weiß andre und besser bescheinigte Begebenheiten. Der Author deß Schau-Platzes jämmerlicher Mord-Geschichte / erzehlt / aus der Feder deß Spannischen Scribentens / Chieze, daß / in Peru / der Satan / welchen man daselbst ehedessen Corocote zu nennen pflegen / mit den Weibern selbiges Orts / sich würcklich vermischt / und daß die / von solchem Beyschlaff geborne / Kinder kleine Hörner auf dem Haupt getragen. So will man auch sagen / daß / bey den Türcken / die Nefesoliner den bösen Geist zum Vater haben. 30 Welche Rede aber / meines Vermutens / nur davon entstanden / daß sie ins gemein Schwartzkünstler abgeben.

Von einem Bayerischen Edelmann / findt man / in unterschiedlichen Büchern / daß ihm / nachdem er /um seine verstorbene Eh-Liebste / gar zu untröstlich getraurt / dieselbe einsmals / zu Nachts / wiedergekommen / ihm einbildend / sie wäre wieder auf gelebt; Welche ihm auch beygewohnt / und etliche Kinder mit ihm erzeugt; aber ihn auch gewarnet / wann er sich deß Fluchens nicht enthielte / so würde sie alsofort ihm wiederum entrissen werden: Welches auch geschehen: sintemal [973] sie / wie er endlich seine üble Weise zu fluchen und lästern wieder angefangen / im Augenblick / vor seinen Augen / verschwunden / und ihre Kleider dahinden gelassen.

Und dergleichen abentheuerliche Händel könnte man noch mehr beytragen.

Aber man wird / durch solche / und andre diesen ähnliche / Exempel / doch noch nicht verstrickt / zur Bekenntniß und Gestehung / daß die Teufel können /mit den Menschen / Kinder erzielen. Denn was die gehörnte Kinder in Peru betrifft / seynd dieselbe / ohne Zweifel / aus wahrem männlichem Saamen / erzeugt: und kann der Satan rechte Mannsbilder / nemlich seine Zaubrer / zu solchen Peruanerinnen geführt /aber selbige den Weibern / durch eine Augen-Verblendung / in gehörnter Teufels-Gestalt / vorgestellet haben. Deren Gestalt die Weiber nachmals sich so fest eingebildet / daß sie den Kindern darüber die kleine Hörner ersehn: wie sie sonst / durch eingenommene Furcht / oder Schrecken / ihnen leicht ein Anmal verursachen können.

Gedachtem Edelmann hat gleichfalls der Satan Brillen verkaufft / und nachdem er selber / in Gestalt der verstorbenen Frauen / sich mit ihm vermischet /gestohlene oder abgewechselte Kinder ihm unvermerckt zugepartirt. Denn aus dem so unchristlichen und heidnischen trauren ist dem Teufel Gelegenheit und Macht erwachsen / diesem Edelmann eine Mummerey / oder Masquerade / zu spielen.

[974] Paulus Frisius Nagoldanus gedenckt eines wunderlichen Falls. 31 Zu Heßloch bey Odernheim in Genf / hatte ein Hofmann / mit seiner Köchinn / heimliche Hochzeit gehalten / und hernach auch mit ihr einen Sohn bekommen. Welchen aber der Teufel hinweg geruckt / und alsofort ein andres Kind hingegen an die Stelle geschafft: das den Eltern / bey Tage und Nacht / die Ohren voll geschrien / und gefressen / wie ein hungriger Wolff / doch gleichwol im geringsten nicht grösser worden. Worüber sie sich sehr bekümmert haben / und nicht gewusst / wie sie ihm helffen mögten. Biß endlich die Mutter auf die Meynung gefallen / daß das Kind / welches sie noch / für ihr eigenes und leibliches / achtete / wiederum zu voriger Gesundheit kommen würde / wann sie es nur nach Neuhaus brächte / und daselbst / in der so genannten / Cyriacs-Wiegen wiegete / auch den Cyriacs-Brunnen ihm zu trincken gäbe. Ihr Ehherr ließ sich solches auch nicht mißfallen / sondern trieb sie selber dazu an / daß sie solche Reise sollte beschleunigen. Also säumte sie desto weniger / und setzte die Reise bald fort.

Aber was begiebt sich? Indem sie / mit dem unartigem Kinde / fortwandert; kommt ihr ein / auf einem Wagen fahrender / Engel / in Gestalt eines Schülers /entgegen / und fragt / was sie da für ein Monstrum und Ungeheur trage? Die armselige antwortet / es sey ihr liebes Söhnlein / und sie gewillet / dasselbe in die Wiegen zu Neuhaus zu legen. Aber Jener versetzt:Das ist [975] dein Kind nicht / sondern ein verlavter Teufel. Nim den Ertzbuben / und wirff ihn ins Wasser. Da sie aber solches nicht thun wollte / als die gäntzlich gläubte / es wäre ihre rechte leibliche Geburt / und das häßliche Kind inbrünstig küssete; hub der englische Jüngling abermal an: Dein Söhnlein ligt daheim / in der neuen Wiegen / und zwar in der Kammer / die nechst bey der Stuben ist. Dieses ist nicht deines Leibes Frucht / die du trägst / sondern eine Teufels-Brut. Darum fort /fort / mit diesem Schelm! wirff ihn angesichts ungesäumt von dir!

Als sie nun endlich solches / wiewol nicht ohne Threnen und Seufftzen / that; erhub sich / im Wasser /ein erschreckliches heulen / und brummen / gleichwie von Wölffen und Bären.

Nachdem sie aber wieder zurück nach Hause gekehrt war; fand sie es Alles / wie ihr der Engel hatte gesagt.

Henricus Salmuth schreibt / daß einer gewissen Gräfinn die Kindeswehen angekommen / Gegenwarts einer Hertzoginn / und etlicher andrer fürnehmer Matronen. Da nun die Geburts-Arbeit herzu genahet /haben sich alle gewöhnliche Zeichen einer obhandenen Gebärung / bey derselben / ereignet / und so wol alle Umstehende / als die Amme / oder Wehmutter ihr treulich beygestanden / und Ihrer keine etwas an ihr verabsäumt.

Indem sie aber allesämtlich augenblicks ihrer glücklichen Entbindung gewärtig waren; massen [976] dann die Amme sich vernehmen ließ / daß sie bereits den Kopff deß Kindes / mit ihren Fingern berührt und ergriffen hette: sihe! da hörten / bey der Kreyssenden /alsofort die Wehen auf / und liesse die Geburts-Schmertzen gäntzlich nach. Die Kreyssende ward schläffrig / und verlangte / man sollte ihr einen Schlaff vergönnen. Welches ihr auch zugelassen worden. Aber / nachdem zwo Stunden vorüber / wird sie wieder geweckt: und wie sie aufgewacht / hebt sie alsofort an / zu schreyen: Ach lieber GOtt! wie ist meinem Leibe geschehen!

Die Hertzoginn / und Andre / erschrecken / lauffen zu / betasten ihr den Leib mit ihren Händen / und verspühren / nach fleissiger Bemerckung / so viel / daß sich der Geschwulst desselben gäntzlich verloren; ja sie finden auch / mit tieff-entsetzter Verwunderung /daß kein Kind mehr vorhanden: da dennoch gleichwol dasjenige / was / nach der Entbindung / von den Gebärerinnen wegzugehn pflegt / behöriger Massen hinweg floß / auch die Brüste von Milch gantz ausgewelbt / und allerley andre Beschaffenheit / oder Zufälle / so den Kindhaberinnen groß Beschwer zu machen pflegen / richtig erfolgten.

Deßwegen fiel ein Verdacht auf die Wehmutter (oder Hebamme) als wann dieselbe / durch Hexerey /und Teufels-Possen / das Kind hette weggepartirt. 32

Pater Martinus Bautscherus, ein gelehrtes Mitglied der Societät JEsu / meldet / in seinen [977] Annalibus, daß / in einer adlichen Famili / in derjenigen Crainerischen Landschafft / welche man den Karst heisset /alle Kinder / wenn sie von Mutterleibe kommen / ein Schlangen-Gesicht / oder Schlangen-Gestalt / bekommen. So bald aber solches Kind / zum ersten Mal /gewaschen wird / vergeht die Schlangen-Gestalt / und entdeckt sich die menschliche / welche vorhin / mit einer Schlangen-Gestalt / verlarvt war. Und solches scheinet (wie Er nicht übel urtheilet) nach einem Muster deß ersten erbsündlichen Fleckens / zu riechen. 33

Solches bestetiget der hochwolgeborne Herr / Herr Johann Weichard Valvasor etc. in seinem hochansehnlichem Ehren-Werck / darinn Er das Hertzogthum Crain beschreibt; indem Er diese Nachricht deßwegen ertheilt. In einem gewissen Boden / oder District / auf dem Karst / nemlich im Innern Crain / hat sichs bißweilen zugetragen / daß / wann es / mit einem schwangern Weibe / biß an die Geburt gekommen / an stat eines Kindes eine Schlange von ihr gegangen. Solche Schlange wird alsdenn / mit einer gewissen Ruten / gestrichen / und in ein Schaf (oder Butten) voll Wasser getrieben / (welche / zu dem Ende / mitten in die Stuben hingesetzt ist) und hält man so lange / mit Rutenstreichen / an / biß dieselbe in das Wasser geht. Alsdenn soll man allerley Handwercker / und andre Leute / oder vielmehr Aemter der Leute / und mancherley Stände / [978] nacheinander daher nennen / nebenst Befragung / welchen Stand / Amt /oder Handwerck / dermaleins das Kind werde bedienen? Als zum Exempel: Wirst du ein Schneider werden? Wirst du ein Schuster / etc. Kürsner /etc. Barbierer / Rechtsgelehrter / Schreiber / etc. werden? Bey jedwedem Amts- oder Handwercks-Namen / wird der Schlangen / mit der Ruten / ein Streich gegeben / biß so lange / daß sie sich in ein Kind verwandelt. Welches hernach auch dermaleins zu sothanem Handwerck / Amt / oder Würde / und Stande / gelangt / bey dessen Nennung und Namen /die Schlange sich zum Knäblein verbildet hat.

Offt geschichts auch wol / daß die Schlange verschwindt / und sich alsdenn auch kein Kind mehr da finden lässt.

Er fügt diesem einen wunderlichen Fall noch bey /welcher sich / mit demjenigen / den ich kurtz zuvor /aus dem Salmuth / beschrieb / ziemlich überein kommt / und von ihm / für gewiß / geachtet wird. Eine ehrliche Bäurinn / in dem Dorff Nußdorff / so auf obbenannten Karst liget / hat (Anno 1679) nachdem sie sich / durch die eheliche Beywohnung /schwanger befunden / bey guter Zeit sich / wie gebräuchlich / nach Gevattersleuten ungesehn / auch ein saubres Kindbett für sich zugerüstet; auch / als hierauf der Schlaff sie übernommen / sich in solches aufgemachte Bette nidergelegt / und zum Schlaff bequemt.

Nachdem sie / über eine kleine Weile / wiederum aufgewacht; schaut sie sich um / und spührt / [979] daß ihr Leib der weiblichen Bürden entledigt sey; springt deßwegen / voller Bestürtzung / auf / und rufft ihre Nachbaren zusammen. Welche / nachdem sie ihnen den Handel zu vernehmen gegeben / das Bette besichtigt / und sonst nichts / als allein ein Mal oder Spuhr /gefunden / welches ihnen zu mercken gegeben / daß etwas müsste von ihr geschlichen seyn. Woraus man gleich geschlossen / sie müsste / mit einer solchen alten Schlangen-Geburt / nidergekommen / und versäumt worden seyn / daß die Schlange verschwunden / und also kein Kind draus werden können.

Das Weib war damals / als hochgemeldter Herr Baron dieses aufgesetzt / annoch im Leben; hat auch hernach rechte / natürlich-gebildte / Kinder zur Welt gebracht. Ich mache mir aber hierüber dergleichen Gedancken / als wie Jene von der Frucht-Verschwindung obgedachter Gräfinn; nemlich / daß vielleicht dieser Bäurinn / durch eine zaubrische Vettel / das Kind / im Schlaffe / entzogen / und anderswohin vertragen sey.

Fußnoten

1 Del-rio lib. 2. Disquisit. Magic. Quæst. 15. p. 110.

2 Lerchheimerus / in seinem Bedencken von deß Satans Beyschlaff / apud Dedekinnum Vol. II. p. 441.seq.

3 Lib. 15. de Civitate Dei, apud Kircherum.

4 Ut Annius in Comment. super Berosum Apocryphum.

5 apud Sixtum Senensem in 28. Hom. lib. Num.

6 In Annotation. in Euseb.

7 Hie mangeln / im Griechischen / einige Worte.

8 Im Griechischen kommt dieses zwar etwas anders /nemlich also: Οἱ ὺοὶ τῶν ἀνϑρώπων τῷ Σεμιξᾶ τὴν έξοίαν ἔδωκεν ἔχειν τῶν σὺν ἀυτῷ ᾰμα οντων. Das ist: Die Menschen-Kinder haben dem Semixæ Macht gegeben über diejenige / so mit ihm waren. Weil aber dieser Verstand gantz ungeschickt ist / und vermutlich allhie einige Worte mangeln; hab ichs gegeben / wie oben steht.

9 Pater Athanasius Kircherus hat es / im Lateinischen / gar anders gegeben: Et longitudo dierum nequaquam attingat dies patrum ipsorum, qui sperabant vivere vitam sempiternam, & quod unusquisque eorum non ampliùs, quàm centum annis, victurus sit. Aber der Griechische Text führt eine andre Jahr-Zahl / in diesen Worten: ὅτι ιλπίζοσι ζῆσαι ζαὺν αἰώνιον, καὶ ὅτι ζήσεται ἕκαςος άντῶν ἔτκ ή. Wiewol diese Zahl / im Griechischen / auch nicht richtig: weil der Accent über dem η steht: Welches aber nur ein Druckfehler. Denn weil die Griechische Zahlen selten heutigs Tages vorkommen im Druck: hat der Drucksetzer / als er den Accent unter dem η gefunden / ohne Zweifel vermeynt / es wäre verdruckt / oder verschrieben / und müsste über dem η stehen; darum er es auch über diese Zahl-Litter gesetzt. Aber es muß der Accent unten / und nicht oben stehen. Denn wann er unten steht; bedeutets acht tausend: steht er aber oben; so bedeuts nur acht. Daß aber gedachter P. Kircherus hundert Jahre gesetzt; dazu muß er / durch einen Druckfehler seiner gehabten Edition / verleitet worden seyn; darinn vielleicht ein gestanden: wodurch der Griech hundert bemerckt.

10 κείμα τοϋ αἰῶνος τῶν αἰώναν.

11 είς τὸ χάος τοϋ πυρὸς.

12 Ich hette wünschen mögen / diese Worte etwas klärer zu geben: aber sie fallen / im Griechischen und Lateinischen / noch viel tunckler.

13 P. Kircher. Tom. 2. Oedipi Ægyptiaci, Classe 2.

14 Gassendus in vita Peirescii lib. 5. p. 314.

15 August. lib. 15. de Civ. D.e. 23. p. 235.

16 Theodoretus Qu. 47. in Genesin.

17 Philastrius lib. de Hæres. c. 108.

18 Vid. Tertull. lib. de Idolatria c. 4. & 15. Et lib. de Habitu muliebri c. 3.

19 Vid. Sixtus Senensis lib. 2. Biblioth. v. Enoch pag. 68. seq.

20 Perer. lib. 6. Commentar. in Genesin, Disput. de Translatione & Scriptis Henoch.

21 Genebrard. ad Annum Mundi 687.

22 Bellarmin. lib. de Verbo Dei c. 18.

23 Origenes Homíl 28. in Numer.

24 Orig. lib. 5. contra Celsum.

25 Vid. Hieronymus lib. de Scriptoribus eccles.

26 Thomas Bangius, in Cœlo oriente, p. 25.

27 Lambecius in Prodromo, p. 8.

28 Anno 1670.

29 Jornandes de Rebus Gothorum lit. B. iij.

30 S. den II. Theil gemeldten Schau-Platzes / am 137. Bl.

31 Apud Voigtium in Delitiis Physicis c. 8.

32 Henric. Salmuth Cent. 2. Obs. 55.

33 P. Martinus Bautscherus in Annal. Noricis apud Illustrissimum Dominum Baronem de Valvasor, lib. 6. Historico-Topographicæ Descriptionis Carnioliæ fol. 315.

90. Die Flucht der Lebendigen - für dem Todten

[980] XC.

Die Flucht der Lebendigen / für dem Todten.

Nach dem Recht der Völcker / gebührt denen Gestorbenen die Begräbniß. Deßwegen wird solche Gebühr /vom Seneca, unter diejenigen Rechte gerechnet / so zwar nicht beschrieben / doch aber gewisser / als alle beschriebene / seynd. 1 Und Papinius nennet die Begrabungen der Leichen Terrarum Leges & mundi fœdera, die Satzungen der Länder (oder deß Erdbodems) und Bündnissen der Welt.

Hievon macht gleichwol das peinliche Halsgericht /bey den Maleficanten oder offentlichen Ubelthätern /vielmals einen Absatz / indem es ihnen / durch Absprechung der Begräbniß / die Straffe / nach Verdienst / erhöhet: damit die Vorüberreisende / oder Wandlende / an den hangenden / oder auf einem Rade ligenden / Körpern / einen Spiegel haben sollen deß bösen Ausgangs so böser Thaten.

Wann aber solche Malefizpersonen ihr Recht ausgestanden / und das Gericht den abgethanen Leichnam nicht / um gemein-nützlicher Ursachen willen /zur Anatomir- oder Zergliederung / verwilligt; sondern eine Privat-Person / aus blosser Curiositet /etwan dieses oder jenes Glied / sonderlich den Kopff /durch den Scharffrichter / davon [981] von entwendet: so geschicht dem Gerichteten damit zuviel: weil es dem gerichtlichen Urtheil nicht gemäß. Denn es werden solche arme Sünder allezeit lieber hören / daß ihr Leichnam gantz aneinander bleibe / als daß man ihn /nach der Hinrichtung / wolle zerstücken und trennen. Dannenhero auch jener Baur / als er sein Urtheil empfangen / sich zwar mit Gedult drein ergeben / doch gleichwol / weil er vernommen / daß der berühmte Doctor Rollfinck manchen Justificirten anatomirte /sehr gebeten / man sollte ihn doch nur nicht lassen rollfincken / so wollte er gerne sterben.

Unterdessen kann die anatomische Zerlegung dem menschlichen Geschlecht / zu nicht geringem Nutzen /gedeyen / und diese Wissenschafft / zur Untersuchung der Ursachen / die den Patienten ins Bette geworffen /ein grosses Liecht ertheilen: gleichwie hingegen die Unwissenschafft grosse Fehler zu gebären pflegt.

Solches wird Niemand widersprechen / als derjenige / den seine Unerfahrenheit bewegt / dienige Artzney-Doctores, so sich / in dieser Kunst / fleissig üben / mit Theons-Zähnen zu nagen / und solche ihre Ubung zu straffen. Unter denen / ist der / sonst berühmte / Helmontius Einer von den Fürnehmsten. Dieser will / die Anatomia (oder Glieder-Zerlegungs-Kunst / welche sonst schon über zweytausend Jahre alt ist) habe man / um dieser Ursach willen / angefangen so fleissig zu treiben / daß man die Feuchtigkeiten im menschlichen Leibe / wie es die Wege geben /wegziehen / und von dem einem Ort auf den andren ableiten möge. Solches nennet er eine lächerliche Weise / [982] und tadelt / daß die Schulen denjenigen erst für einen rechtschaffenen Artzt halten / der seine Finger in dem Kot der todten Körper am meisten besudelt / und dasjenige / was / von den Vorfahren / in diesem Stück / mit grossem und überflüssigem Fleiß /heraus gegeben worden / durch sein eigenes Messer erfahren will. Er schilt es folgends / für einen Irrthum grossen und überflüssigen Vorwitzes / und für eine hochtrabende tolle Lehr / welche / von dem Schwindelgeist / der aller Verfinsterung Ursprung ist / eingeführt worden: Es wäre / seinem Urtheil nach / schon genug / wenn man / durch die Anatomie / die Gelegenheit / die Zusammenknüpffung / und den Nutzen der Glieder / kennen lernete: Und brauchte es gar nicht / daß man sein gantzes Leben / um die Gänge etwan einer gar kleinen Ader zu finden / mit einer solchen Zermetzelung der todten Leiber / zubrächte: weil solches nur / zu einem eitlem und stinckendem Ruhm / ausschlage / und die allerköstlichste Zeit unsers Lebens / gantz ohne Frucht und Nutzen / darinn zugebracht werde. 2

Aber man will sagen / Helmontius habe in der Glieder-Zerlegung / weder Wissenschafft / noch Ubung oder Erfahrung gehabt; und deßwegen sey er derselben so aufsetzig. Wiewol er sie nun gleich nicht gäntzlich verwerffen will: fehlet er doch gewaltig darinn / daß er vermeynt / die Alten hetten in dieser Kunst allbereit einen überflüssigen Fleiß erwiesen /und den heutigen nichts übrig gelassen / darinn weiter zu erkündigen. Die [983] Ubung erfindet gemeinlich noch mehr / und perfectionirt sich / in einer Kunst / je länger je besser. Man lernet morgen noch etwas / so man heut noch nicht weiß.

Herophilus, der für den ersten Zergliederer (oderAnatomicum) gehalten wird / hat / von dem TyrannenPhalaride sehr viel Menschen erlangt / und sieben hundert derselben mit dem anatomischen Messer lebendig zerschnitten. Wie diese Worte Tertulliani beglauben: Herophilus ille Medicus, aut Lanio potiùs, qui septingentos exsecuit, ut naturam scrutaretur, qui homines occidit, ut nôsset. 3 Durch solche Metzelung und blutige Erkündigung / hat er sich zwar in solchen Ruff und Ruhm anatomischer Erfahrenheit gebracht / daß Fallopius, von ihm zu sagen pflegendarauf kann geantwortet: Contradicere Herophilo, est contradicere Evangelio. Dem Herophilo widersprechen ist so viel / als dem Evangelio widersprechen. Weßwegen man ihn auch der Anatomicorum Evangelisten nennet. Gleichwol hat dieser Herophilus noch nicht Alles gefunden / was die nachmalige Ubung andrer Anatomicorum hat entdeckt.

Ob auch gleich Ihrer Etliche vielleicht gar zu viel Zeit dieser Ubung verschencken: kann man dennoch daraus nicht schliessen / es sey unvonnöthen / daß man sich weiter darinn übe: sintemal eine solche Wissenschafft / durch selbst eigne Erfahrung und Ubung /am allerbesten und gewissesten zu begreiffen steht.

[984] Warum sollte sich Einer / in einer solchen Handlung / nicht offt üben / die nicht allein dem Glied-Zerleger selbsten / sondern auch den Zusehern / eine tieffe Verwunderung über GOttes Allmacht / und Weisheit / hernach die Verwunderung auch eine Dancksagung erregen / und sie bewegen kann / mit David anzustimmen: Ich dancke dir darüber / daß ich wunderbarlich gemacht bin! Wunderbarlich seynd deine Wercke: und das erkennet meine Seele wol. Sie kann ja auch den Menschen in die Betrachtung führen / wie leicht es um ihn könne geschehn seyn /nachdemmal alle seine Glieder so mancherley Schwachheiten und Gebrechen unterworffen seyn /und so leichtlich einen Anstoß bekommen möge. Sie dienet auch / zur Erinnerung / wie nothwendig es sey /daß der Leib in seiner gebührlichen Ordnung gehalten / und ihm nicht mehr aufgebürdet werde / als sein Vermögen mag ertragen. Weil man auch / aus einer solchen Section / oder gliedlichen Zerlegung eines Körpers / die Stellen und Oerter ersihet / dahin sich diese oder jene Kranckheiten setzen; so lernet man auch dabey / welcher Gestalt jedwedem Gliede am füglichsten sey zu helffen.

Wer aber / in der Zergliederungs-Kunst / ungeübt ist / und die Fügungen der Glieder / die Adern und Nerven / und Mäuslein / samt ihrem Lager oder Sitze / nicht recht kennet / der mag leicht / bey der Kuhr /die Pferde hinter den Wagen spannen / und den Patienten mehr drücken / als erquicken; mehr verderben /als bessern; mehr stürtzen / als aufrichten.

[985] Solchem nach führet die grosse Nutzbarkeit und Nothwendigkeit solches anatomischen Verstandes den unverweigerlichen Schluß mit sich / daß auch die Ubung derselben / an einem / von der Obrigkeit dazu verwilligtem / Körper / nicht tadelsondern lob-würdig sey.

Es dörffte aber Manchem dieses dennoch einen Scrupel oder Zweifel geben / ob solche gliedliche Zerschneidung eines menschlichen Körpers GOtt nicht etwan mißfällig sey / weil an solchen Oertern / da man ein Sceleton, oder anatomirten Menschens Gebein aufziehet / oder da man dasselbe in Verwahrung hinstellet / das Gespenst sich gern zu rühren pflegt? Wie ich dann / in der Geschicht von Erscheinung der Malefiz-Personen / ein und andres Exempel beygebracht.

Aber darauf kann geantwortet werden / daß solches keinen Beweis eines Göttlichen Mißfallens gebe: weil die Gespenster um solche Todten-Gerippe / oder bey Herüberziehung der zerstossenen Hirnschalen / darum sich nicht hören / oder sehen lassen / als ob die Zerschneidung der Todten-Körper unchristlich wäre: sondern / meines Vermutens / aus zweyerley Ursachen. Erstlich / weil so wol die todten Körper selbst / als die anatomische Handlung / das ist / die würckliche Zerlegung derselben / an sich selbsten / zum Schrecken einige Bequemlichkeit machen / zumal denen /welche sich jemaln allein dabey / und ohne Gesellschafft / befinden. Hernach auch darum / weil der Satan einen solchen justificirten Körper zum Werckzeuge einer angestiffteten Ubelthat gebraucht: weßwegen er / als der Urheber deß Todes / bey den todten[986] Leichnamen / oder Todten-Gerippen / gern geschäfftig ist. Wie er dann / aus eben solchen beyden Ursachen /auch wol bey den Gräbern / zu Nachts-Zeit / ein grauerisches Gepolter jemaln machet / um den Lebendigen einen Schrecken einzujagen.

Doch wird es noch leichter und öffter geschehen /an solchen Oertern / da die abgethanene Missethäter entweder auf dem Rade ligen / oder am Galgen hangen. Massen er auch die Nacht lieber / als den Tag /zu seiner Erscheinung / und Gepolter / darum erwählt / weil die Nacht viel furchtsamer als der Tag / die Finsterniß als das Licht / und also / zur Erschreckung eines Menschens / dem schalckhafften Geist einigen Vortheil schaffen kann.

Diß bestetiget die manchfältige Erfahrung. Als / zu Lüneburg / in Preussen / etliche starck bezechte Edelleute das Hochgericht vorbey ritten / spottete Einer unter ihnen der dreyen am Galgen hangenden Dieben /und sagte / sie sollten / auf den Donnerstag / zu ihm kommen / und seine Gäste seyn. Welches sie auch gethan / und ihn / nach geendigter Mahlzeit / hingegen eingeladen zu ihnen / an das Rabenholtz / dran er /über vier Wochen / geknüpffet werden sollte. Welches ihm auch also ist widerfahren. 4

Ein fürnehmer Professor und Doctor Theologiæ, auf einer berühmten Teutschen hohen Schul / nahm eine Reise zu Pferde vor / nach Eger [987] in Böhmen / von dannen er bürtig war. Da er nun etwan noch eine kurtze Meile biß nach bemeldter Stadt hinter sich zu legen hatte / indem sich der Tag zu neigen begunnte; erblickte er einen Gehenckten; ritte auch gantz nahe hinzu / und schaute solches erbärmliche Spectacul an / mit jammernden Augen. Indem er aber die klägliche Gestalt deß armen Sünders so mitleidig betrachtete; fing derselbe überlaut an zu reden / und sagte: Der Herr hat Zeit / wann er noch hinein will: doch kommt er noch wol dahin: denn er hat noch eine Stunde nur zu reiten. Der Doctor, welcher gantz allein war / entsetzte sich nicht wenig / und ritte alsobald seines Weges fort.

Also sihet man / daß der Satan solche Oerter / und Körper gerichteter Malefiz-Personen / vor andren /gern auslese / die Reisende / oder Wandlende zu erschrecken. Denn ob er gleich ohne Zweifel / allbereit lange zuvor / auf diesen gelehrten Reuter / Acht gehabt / und vielleicht stets bey ihm hergeschlichen: hat er doch die Gerichtstäte / und den hangenden Diebs-Körper / am bequemsten geachtet / ihm / durch seine Rede / eine Furcht und Schrecken zu machen.

Mit gleicher Abzielung spielt er bißweilen auch sein gaucklerisches Schreckwesen / bey Anatomirung eines wenschlichen Leichnams / und allbereit anatomirten Sceletons / oder menschlichen Rippen-Gebäues: nemlich daß er / bey solchem / ohne das unleutseligem / Anblick / die Beschreckung eines Menschens /mit desto stärckerem Nachdruck / vollbringen möge. Wiewol er auch sonst [988] noch wol andre Schalckheit mehr darunter verbergen kann / und ihm dazu alsdenn noch mehr Raums ertheilet wird / wenn man die Todten-Köpffe / oder Leiber justificirter Personen / weder zur Erbauung deß Gemüts / noch deß Verstandes /noch zur Beforderung der Artzeney-Kunst / sondern allein aus blosser Curiositet / aufhebt / und der Grab-Erden beraubt.

Der hochwolgeborne Herr Haupt-Author deß grossen Wercks von dem Hertzogthum Crain hat mir /nachdem selbiges schon ausgedruckt / noch allererst unterschiedliche merckwürdige Begebenheiten / dieser Art / zugeschrieben: Darunter auch diese: Vor zwey und zwantzig Jahren ungefähr / da jetzt hoch-Ehren-gemeldter Herr Baron sich / zu Lyon in Franckreich /befunden; hat Er / bey einem Advocaten deß Parlaments daselbst / Monsieur Henry Garbusat, einem gar curiösen Herrn / bey welchem Er zur Herberge und am Tische gelegen / und sehr höflich tractirt worden / einen gantzen Todten-Kopff gesehn / den man leicht voneinander / in unterschiedliche Theile / zerlegen / und wiederum zusammen thun kunnte: weil alle Musculn (oder Mäuslein) und natürliche Zusammenfügungen durch die geschickte Hand eines Wundartztes zu Lyon, in dem Spittal à la Charite, mit mühsamer Arbeit / und grosser Gedult / vermittelst eines subtilen eisernen Instruments / aufgelöset worden.

Zu diesem schönem tunckelbraunem Kopff / welcher von einer Mannsperson war / hette gedachter Herr Garbusat gern auch einen weiblichen gehabt /[989] und beyde gleichsam zusammen gepaart; kunnte aber Niemanden antreffen / der solche langweilige Mühe auf sich nehmen mögte / daß er gleichfalls alle Musculen solches Kopffs / ohne Abbrechung derselben /abgeledigt hette. Derhalben besann er sich / auf ein andres Mittel; nemlich / daß man einen frischen Menschen-Kopff sieden sollte. Also strebte er darnach /daß er einen mögte bekommen. Solches werckstellig zu machen / gab sich auch hernach Gelegenheit an die Hand; indem man ein Weib / Todes-würdiger Missethat halben / enthauptete. Wovon er das Haupt an sich handelte; nachdem ihm Monsieur Lucas, ein Chymicus zu Lyon, von Geburt ein Italiäner / vor dem ThorSt. Jean damals wohnhafft / versprochen / dasselbe auszusieden.

Indem nun der Kopff angefangen zu sieden; seynd hin und wieder Menschen-Köpffe erschienen. Welcher Anblick sie / mit solchem Schrecken / schlug /daß sie Beyde davon strichen / zum Laboratorio hinaus lieffen / und den Kopff also stehn liessen: biß letztlich der Chymist sich ermannete / und wiederum ins Laboratorium zuruck kehrte / den eisernen Hafen oder Topff / samt dem / darinn ligendem / Kopff /nahm / und alles miteinander in den Fluß la Saone warff.

Also hat der Todten-Kopff zween lebendige Köpffe in die Flucht getrieben.

Vor-hochermeldter Herr vermeynt / es könne zwar wol seyn / daß der böse Geist sie gevexirt; doch könne auch wol ein guter Geist / oder Engel sie / mit diesem Gesicht / von solcher Handlung haben abschrecken / [990] und ihnen dadurch zu erkennen geben wollen / daß man die Todten sollte ruhen lassen. Es will Ihm aber schier vermutlicher scheinen / der Spiritus vitalis, oder Lebens-Geist / habe es gethan: Wie wol Er damit seiner Religions-Verwandten / nemlich der Römisch-Catholischen Lehre von Erscheinung guter und böser Geister / nicht zu verwerffen / noch diese seine / mit vielen berühmten Artzney-Doctorn /und Chymicis, übereintreffende Vermutung / über alle und jede Erscheinungen der Verstorbenen / auszubreiten / begehrt; sondern nur von etlichen erscheinenden Gestalten der Todten / und insonderheit von dem Gepolter / so bey Herüberzieh- und Calcinirung der Todten-Köpffe / gemeinlich entsteht / solches vermutet.

Ich vermeyne aber / wann je diese Meynung mancher Chymicorum sollte zugegeben werden; darinn ich meine Schwachgläubigkeit doch bekennen muß; so würde dennoch nur ein Kopff / und nicht unterschiedliche / hin und wieder erscheinende / Köpffe /bey dem siedenden Todten-Kopff / erschienen seyn.

Hochgedachter Herr bekräfftigt seine Gedancken /mit dem / was Ihm ein fürnehmer Medicus und Chymicus erzehlet hat: daß nemlich / bey Calcinirung menschlicher Hirnschalen / in dem Laboratorio desto grösseres Getöß und Tumult entstehe / je frischer dieselbe seynd; und solches Gepolters weniger gehört werde / wann sie nicht gar frisch mehr. Solches hat derselbige Medicus, aus eigener Erfahrung / und dieses für den Grund deß Unterscheids geachtet / daß /weil der Spiritus [991] vitalis, von einer alten Hirnschalen /mehrentheils schon ausgezogen und sich abgesondert / solche alle Hirnschale auch desto weniger Getösses errege: imgleichen / daß / je frischer die Hirnschale calcinirt wird / desto kräfftigere Würckung sie auch in der Medicin thun würde: Welches letzte auch ich /und zwar viel sicherer / als das vorige / gläuben kann.

Er stärcket endlich auch die Gewißheit deß / bey sothaner Kopff-Calcinirung sich erhebenden / Rumors / Gekrachs / und Getösses / mit der Erfahrung deß Herrn Joh. Georg Tosches / Einer hochlöbl. Landschafft in Crain Apothekers / eines gebornen Schottländers; welcher noch jetzo sich / zu Laybach / befindet / und / unter währender solcher Calcinirung / eben dergleichen abentheurlichen Tumult vernommen.

Ich sorge aber / es sey / alle Mal / ein solcher Lebens-Geist / dergleichen sich in deß annoch / dem Ruhm nach / unsterblichen Anatomisten / Doctoris Rolfinckii Anatomi-Kammer / bey den aufgereiheten Gebeinen / mit einem starcken Geräuscht / zum öfftern hat hören lassen / und nicht selten auch noch Manchen / der / bey Nacht / die in den Beinhäusern ligende Köpffe und Gebeine vieler / vor vielen Jahren schon gestorbenen / Leute allein / und ohne Gesellschafft vorüber gehet / mit einem räuschendem Getöß / oder grauerischem Schreck-Gesicht / in forchtsamen Lauff treibt.

Daß ein frischer Todten-Kopff / unter der Calcinirung / vielmehr Getösses / weder ein gar alter / er weckt / kommt mir gar nicht unglaublich [992] vor: aber darüber wüsste ich andre Ursachen zu geben; wenn mir die Zeit / und eilende Presse / einen weitläusstigen Discurs zuliessen: angemerckt / solches aus mehr / als einerley / Ursachen / geschehn kann.

Noch eins hette ich schier vergessen. Eben dieser Herr begegnet hernach auch einem Einwurff / welchen Jemand thun mögte; Als / warum dann / bey einem Kalbes-Kopffe / wenn derselbe gesotten wird / weder einige Phantasmata oder Gesichter erscheinen / noch einiges Getöß / Tumult / oder Gepolter / vernommen wird: und giebt darauf diese Ursach: Weil eines Menschen Spiritus vitalis, oder Lebens-Geist / viel edler /und subtiler / als andrer Thiere. Doch will Er nicht widersprechen / daß es dennoch auch / bey vieler Thiere Calcinirung / zu Zeiten / wol geschehe; bevorab / der Schlangen / und andrer dergleichen.

Ich mögte aber wünschen / daß der gelehrte und erfahrne Medicus, welcher hocherwehntem Herrn Baron versichern wollen / es seyen solche Erscheinungen und Gepolter / bey denen calcinirten Köpffen / eine Würckung deß Spiritûs vitalis (oder Lebens-Geists) hette diese Fragen mir beantwortet: Erstlich / Ob der Lebens-Geist / nachdem das Gericht-Schwert den Menschen geköpftet / im Kopffe / oder im Hertzen /seinen längsten / Sitz / und letzten Aufenthalt / behalte? Wenn er mir nun antwortete / das Hertz sterbe ja am letzten: so würde meine Gegenantwort seyn / daß er dann / im Hertzen / auch ohn allen Zweifel / am geringsten bleiben müsse. Ist er dann im Hertzen am letzten: wie kann er dann / durch die Calcinirung / [993] allererst vom Haupt heraus getrieben / und darüber ungedultig werden?

Sollte mir aber ein Chymicus hierauf zur Antwort geben: Der Lebens-Geist könne / nachdem er schon gäntzlich / von dem Körper / auch so gar aus dem Hertzen / abgeschieden / dennoch bißweilen wiederkehren / und seinen Verdruß / über solche üble Handthierung seines Kopffs / durch solches klopffen /werffen / krachen / oder erscheinen / zu verstehn geben: so würde ich fragen / Ob ein solcher / schon gantz ausgefahrner / Lebens-Geist dann menschliche Sinnen / Vernunfft / Gedächtniß / und Wissenschafft habe / wie es seinem gewestem Wohnhause / dem Leibe / oder einem Gliedmaß desselben ergehe? Ob er begliedert sey / daß er ein solches werffen und poltern könne stifften? Ich würde auch abermal fragen / wann dieses aus der Natur / und eine natürlich-magische Würckung deß Lebens-Geistes ist / warum derselbe dann nicht auf einerley / sondern vielerley Art und Weise / sich anzeiget? Warum er bald / durch Erscheinung / und zwar gemeinlich in Kleidern / bald durch ein Gepolter / sich vernehmen lasse? Und ob ein solcher Spiritus vitalis wisse / Hut / Hosen und Wammes / Strümpffe und Schuhe / nach dem Meister-Recht / vorzustellen?

Gesetzt / der Lebens-Geist vermögte solches Alles auszuwircken: so würde ich / fürs Dritte / bitten /mich zu belehren; warum der Spiritus vitalis solches dann nur bißweilen / vielmals aber / bey Calcinirung seines / ob gleich noch gantz frischen / Kopffs / gar nicht thut / nemlich / daß er ein Getöß anrichtet? Ich habe unterschiedlichen [994] Anatomirungen / in meiner Jugend / zugeschaut; aber so wenig / als der übrige Umstand / das geringste Gepolter / oder etwas dergleichen vernommen. Mich berichten berühmte Medici, daß es / bey Herüberziehung frischer Hirnschalen /zwar wol / aber nur gar selten / geschehe. Daraus muß / meines Bedunckens / dieses fliessen / daß kein Lebens-Geist / sondern ein Gespenst / solche Händel anrichte. Denn was in der Natur gegründet / das geschicht allezeit / und dazu allemal auf gleiche Weise. Andrer Sachen / so dawider streiten / zu geschweigen.

Fußnoten

1 Seneca lib. 1. Controvers.

2 Helmontius Tract. 42. p.m. 824.

3 Tertullianus lib. de Anima.

4 S. Casparis Hennebergeri Preussische Chronic am 54. Bl. da diese Geschicht umständlich zu lesen ist.

91. Die Sterbens-Verkündigung

XCI.

Die Sterbens-Verkündigung.

So wenig einem Menschen verborgen ist / daß es / am Ende deß Tages / Abend wird; so wenig kann er auch zweifeln / daß die zwiefache Sonne seiner Stirne endlich auch ertuncklen müsse / ja daß / wie ihn die wochent- wo nicht tägliche Begebenheiten lehren / noch wol / vor Abend / vor dem Grab-reiffem Alter / sage ich / ihm die Lebens-Sonne untergehn könne. Das Jahr aber / und den Tag seines Todes / weiß er nicht: sintemal der HERR und Fürst unsers Lebens uns denselben darum verschwiegen / daß wir / alle Tage / uns bereiten mögen / vor seinem Richterstuhl zu erscheinen. DEUS diem mortis incertum [995] salubriter constituit: (seynd deß heiligen Augustini Worte) ut diem ultimum suum quisque salubriter cogitet. Misericordia DEI est, quia nescit homo, quando moriatur. Latet ultimus dies, ut observentur omnes dies. GOtt hat / mit heilsamen Absehn / uns keinen gewissen Tag deß Todes benannt: damit ein Jedweder / an seinen letzten Tag / heilsamlich gedencken möge. Es rührt aus GOttes Barmhertzigkeit her / daß der Mensch nicht weiß / wann er müsse sterben. Der letzte Tag ist verborgen / auf daß man alle Tage beobachte. 1

Dieses muß aber / von der allgemeinen Verborgenheit unsers Lebens-Ziels / überhaupt verstanden werden. Denn sonst wird bißweilen Jemanden sein nahes Ende / durch ein gewisses Zeichen / vorgebildet / und ihm ein Winck dadurch gegeben / daß er sich / zum seligen Ende / solle gefasst halten. Welches aber nicht ein Jedweder zu erwarten hat: weil GOtt sich Niemanden / zu einer absonderlichen Vorwarnung / hat verbunden. Er sagte dem Aaron und Moses an / daß sie sich schicken sollten / zum Sterben: Will aber darum nicht einem Jedweden / was Besonders machen. Dem Könige Hiskia ward nur / zum ersten Mal / angekündigt / daß er sein Haus beschicken sollte / und sterben müsste: aber daß es hernach / über funffzehen Jahre /abermal geschehen / lieset man nicht. Gnug / daß ein Jeder weiß / es sey ihm gesetzt ein Mal zu sterben /und hernach [996] das Gericht. Weßwegen Niemand seine Sterbens-Bereitung dem grauen Alter zuschieben muß / noch dieselbe verspahren / biß auf ein Vorzeichen deß Sterbens: ob gleich manches Mal sich gewisse Vorzeichen / auch wol gar Erscheinungen bißweilen /vorher spühren lassen: weil GOTT mit solcher mißlichen Erwartung nur versucht würde / und der Satan leicht Raum gewinnen dörffte / durch falsche Gesichte / Träume / oder andre Vorbedeutungen / einen solchen Vorzeichen-Fordrer zu betriegen / und darüber sicher zu machen: indem der / mit einem falschen Vorzeichen geäffte / Mensch endlich nur darüber Eines mit dem Andren in den Wind schlagen würde; weil Ein oder Andres / das er für ein Vorzeichen anfänglich angesehn / nicht eingetroffen. Wann aber GOtt Selbst allen Menschen einen Vorwinck gäbe; so würden /unter Allen / Ihrer noch viel wenigere / als jetzt /christlich und fürsichtig wandeln; sondern die Meisten sich / auf solche Vorwissenschafft ihres Ziels /verlassen / und damit Ursach geben / zu einer solchen Verstockung / die sie / am Ende / aus gerechtem Gericht GOttes / zur rechtschaffenen Busse / unerweichlich und unbequem machte.

Es seynd aber manche Anzeigungen und Vorverkündigungen deß Sterbens so beschaffen / daß wir nicht ungezweifelt können erkennen / ob sie von GOtt / oder vom Teufel / von einem Engel / oder bösen Geist / herrühren.

Was / von diesem nachgesetztem / zu halten sey /stelle ich dem christ-vernünfftigem Leser / zur Beurtheilung / heim.

[997] Der / bey voriger Erzehlung / angezogene / hochpreisliche Herr / Herr Johann Weichard / Freyherr von Valvasor / Herr zu Wagensberg / und Liechtenberg /etc. mein gnädiger Patron / hat mir / nach Erfahrung /daß ich etwas von Gespenstern schriebe / aus angeborner Leutseligkeit, unterschiedliche merckwürdige Sachen zugeschrieben / über deren etliche Er zwar seine sonderbare Gedancken / welche / von den gewöhnlichen Meynungen / ein wenig abweichen / eröffnet / aber doch nichts destoweniger mancher verwunderlichen und seltsamen Fälle dabey gedenckt. Wovon ich dem Leser anjetzo wiederum einen mittheile.

In dem Hertzogthum Crain / ligt / eine gute Meilwegs von der Hauptstadt Laybach / ein Schloß / Habach genannt. In demselben lag / vor dritthalb Jahren / deß Herrn Frantz Erassem / Freyherrns von Moskan / Gemahlinn / eine Geborne von Pernburg / kranck zu Bette. Bey solcher ihrer Bettlägrigkeit / erschien ihrem Ehherrn / zu Nachts / ein Gespenst / in Gestalt eines Weibsbildes / redete Ihn an / und sprach: Hör! du sollt deiner Frauen sagen / daß Sie sich zum Tode bereite: denn Sie wird / dieser Tagen / sterben.

Der gute Herr hub an hierauf zu weinen / und sagte: Was werde ich armer Mann allein alsdann anfangen? Das Gespenst antwortete ihm aber: Weil du ungehorsam bist / und willst es deinem Weibe nicht sagen / so musst du / an ihrer Stat / sterben. Hiemit ist das Gespenst verschwunden.

[998] Deß andren Tags / erzehlt der Herr von Moskan /was Ihm begegnet sey / und das Gespenst mit Ihm geredt habe. Man hats aber / wie ein Mährlein / angehört / oder für eine falsche und starcke Einbildung gehalten. Derhalben Er endlich selber auch die Meynung ergriffen / es würde der Ausgang nicht bestetigen /was das Gespenst Ihm gesagt.

Nichts destoweniger hat es der Erfolg bezeugt / daß die Erscheinung ihn nicht getäuschet. Denn über wenig Tage hernach / ist er / von einer Kranckheit /angegriffen / und lagerhafft / auch alsobald darauf /durch den Tod / aus dem Leben weggeruckt worden; hingegen seine Frau / zu voriger Gesundheit / gelangt.

Merh-hochersagter Herr Baron meldet dabey / es dörffte mancher Medicus dafür halten / dieses Gespenst sey der Spiritus vitalis gewest; ein Theologus aber dasselbe entweder für einen guten Geist und Engel / oder auch wol für einen bösen Geist / achten. Daß manche Medici dem Spiritui vitali, oder Lebens-Geist / dergleichen aufbürden wollen / ist gewiß genug / und mir selbsten ein fürnehmer hochgelehrterMedicinæ Doctor bekandt / der festiglich glaubt / daß die Gespenster / welche / in Gestalt eines Verstorbenen / erscheinen / deß Menschen Lebens-Geist seyen. Aber gesetzt / es könnte der Lebens-Geist also / in menschlicher Bildung / herum gehen / und sich darinn sichtbar machen; so würde doch nicht vermutlich fallen / daß der Lebens-Geist das Leben ihm selbsten sollte absagen. Was aber die zweyte Meynung betrifft; [999] zweifle ich nicht / es sey freylich entweder ein guter Engel / oder böser Geist / gewest.

Wann es ein böser gewest / so hat derselbige dem Freyherrn nur einbilden wollen / als müsste er darum /an stat seiner Gemahlinn / sterben / daß Er dieselbe /mit der Ansagung deß Todes / nicht erschrecken wollen: denn er hat / zweisels-frey / schon die natürliche Ursachen seines obhandenen Todes gesehen / und doch den Schein gesucht / als ob der Herr / um deß Ungehorsams willen / so bald würde deß Todes seyn. Jedoch lässt sich hievon keine rechte Gewißheit machen: sintemal man gar viel Exempel weiß / daß auch die gute Engel Manchen / zur Sterbens-Bereitung / ermahnet haben / durch Gesichte / entweder im Traum /oder bey wachenden Augen.

Fußnoten

1 August. lib. 50. Homiliarum, Homil. 13. Tom. 10. col. 441. B.

92. Der heulende Hund

XCII.

Der heulende Hund.

Wie der Teufel andre Kreaturen mißbrauchet / also bedient er sich auch offtermalen der Hunde / die Menschen / durch derselben häßliches Geheul / zu erschrecken.

Olaus Borrichius, ein weiland sehr gelehrter Medicus in Dennemarck / den seine hinterlassene Schrifften noch wol lange Zeit / bey der gelehrten Welt / in gutem Nachruhm und Andencken / erhalten werden /berichtet / in einer gewissen besondern [1000] Observation / 1 als er noch / zu Rixen / gewohnt / habe er offt ein Kästen-braunes Hündlein gesehn / so einem Burger /Namens Georg Harboe, gehört / und in der gantzen siebenjährigen Zeit / in welcher dieser Doctor allda gelebt / niemals gefehlt / wann er / durch sein nächtliches Gebell / den Tod der Patienten zuvor verkündigte: massen solches dieser Medicus, als ein sehr curiöser Mann / mit allem Fleiß / erfragt hat. Denn so offt dieser kleiner Hund / vor dem Fenster der Krancken /gesessen / und etliche Mal geheult / es mögte seyn / in welcher Gassen der Stadt es auch wollte; ist / innerhalb acht Tagen / in selbigem Hause / ein Todes-Fall darauf erfolgt: ob gleich / wann der Hund / zum ersten Mal / deß Nachts kam / und bellete / es noch gantz keine Noth / mit dem Patienten / zu haben / sondern derselbe nur ein wenig unpäßlich zu seyn / schien.

Daß dieses sollte / durch ein Gespenst / seyn verursacht worden / will Borrichius nicht eingehn: weil wir / wie er schreibt / nirgends gelehrt werden / daß die böse Geister solcher Gestalt die Gassen durchstreinen; und weil auch bekandt / daß böse Leute / von ihrem Herrn / und Meister / dem Satan / nicht erlernen können / was er selber nicht weiß. Diesem nach will er viel lieber gläuben / die scharffe Spührsamkeit der Hunde / welche man insonderheit / an den Jagt-Hunden / verwundern muß / empfinde von solchen Patienten einen Sterb- oder Leichen-Geruch / dadurch sie alsdann / [1001] so zu heulen und gleichsam zu wehklagen /bewogen werden.

Er zeucht hiebey an / aus den Centuriis Borelli, die Begebenheit / daß ein Mensch / so von einem wütigem Hunde gebissen / nachmals die guten Freunde habe von Fernem riechen können / wann sie ihm gleich annoch nicht unters Gesicht gekommen.

Dahin will er gleichfalls auch ziehen den scharffen Geruch derer Leute / die jährlich von Smyrna / oder von Alepo / nach Babylon / durch einen mühseligen sandigten Weg / reisen: Welche gewohnt seynd / biß auf dreyssig Meilwegs (ich halte aber man müsste hiedurch Welsche Meilen verstehn) und auch allerdings bey Nacht / am Geruch zu erkennen / in welcher Gegend sie sich befinden / auch wie weit sie noch /biß zu der verlangten Stadt / haben. Denn sie werffen sich nider an die Erden / raffen / mit der Hand / ein wenig Sandes auf / und wissen daraus eine gewisse Rechnung zu machen / wie nahe oder ferrn sie noch /von diesem oder jenem Ort / seyen. Er vermeynt aber /es müssen einige Kräuter / oder riechende Wurtzeln /solchem Sande vermengt seyn / und ihnen also Nachricht geben können von der Gegend / darinn sie wandeln.

An dem Geruch eines / ob gleich annoch nicht gesehenen / Patienten / der gleichwol allernechst ist / getrauen sich auch manche Medici offt den Zustand desselben zu erkennen: Und hat sonderlich dieser Doctor Borrichius kein gut Hertz zu einem Lagerhafftem gehabt / wann in dem Gemach desselben [1002] ihm ein fauler Leichen-Geruch in die Nase gestiegen; sondern er hat solches pflegen für eine Anzeigung zu nehmen / daß das Leben drauf gehn würde: welches ihn auch nie schier betrogen. Die Ursach steht leicht zu begreiffen. Denn es gehen / von einem Patienten / dessen Kranckheit zum Tode ist / viel faule Dünste und Ausfliessungen / (effluvia) weil das Eingeweide desselben allbereit / von der Fäulung / anfällig worden; ob gleich annoch so sehr nicht / als wie ein verschiedener Leich nam.

Aber ich halte nicht dafür / daß hiemit sich beweisen lasse / das Geheul deß Hundes / am Fenster eines Patientens / sey natürlich. Denn ob schon der Hund den Geruch deß tödtlich-Krancken empfindet: bewegt ihn darum solches nicht zum Geheul. Denn er vermutet / von dem Fleisch deß Patienten / nichts; wie zwar die Raben einen Sterb-Krancken bißweilen / nach verspührtem Geruch desselben / anschreyen sollen. Der Rab giebt alsdann sein Verlangen nach dem Fleisch /zu vernehmen / dessen üblen Geruch er / wie gleichsam ein Wildbrett / von weitem reucht / und mehr /als den blossen Geruch / davon zu geniessen / begehrt: Aber der Hund hofft und begehrt nichts / von dem Leibe eines noch lebenden Menschens: woferrn er nicht / von übergrossem Hunger / erwildert / ergrimmt / und schier rasend worden ist. Wann aber sonst der Hund hungrig / vor seines Herrn Tische /steht / pflegt er zwar (wiewol es bey weitem doch auch nicht alle Hunde thun) durch ein Gebell / etwas zu fordern; keines Wegs aber / durch ein so düsterliches Geheul Sollte ihn [1003] dann die Widrigkeit solches Geruchs / zum heulen / antreiben; würden andre Hunde / in der Nachbarschafft / auch wol heulen: da doch selten der Haus-Hund alsdann heulet: welcher ja / vor allen andren / als der dem Gestanck am nechsten ist / auch am ersten heulen sollte.

Ja! wann die Widrigkeit deß Geruchs den Hund /zu heulen / bewegt: warum heult er dann nicht viel mehr noch / nachdem der Patient schon verschieden ist? Denn alsdann geht / von dem todten Körper / viel ein üblerer Geruch / weder von dem noch lebendem. Und warum heulet der Hund nicht auch / wann er ein abgemetzeltes Vieh / ja gar ein Aas riecht / welches je viel übler / als eines todt-schwachen Menschens Leib / stincket.

Wann es der Hund / und zwar der Haus-Hund /etwan aus Mitleiden / thäte; so wäre es gläublicher. Denn man hat Exempel / daß bißweilen die Hunde /(welche Herrn-treu ins gemein sind) nach ihres Herrn Tode / in langer Zeit nichts fressen wollen / etliche auch wol gar endlich / vor Trauren / verreckt seynd. Mein / in GOTT ruhender / Vater hat einen schönen sehr grossen Tiger-Hund / schier in Grösse eines Englischen Doggens / gehabt: welcher / als meine liebe selige Mutter / samt der Kinds-Warterinn / zwo Mägden / und meinem ältesten seligen Brudern / an der Pest / danider gelegen / (wie sie dann auch alle daran gestorben) und deßwegen / auf der Mutter inständigste Bitte / der Vater mit uns übrigen vieren / noch unerwachsenen / Kindern / ein andres Losament in der Nachbarschafft bezoch; durchaus [1004] sich nicht hat wollen lassen aus dem Hause treiben; ob man ihn gleich /mit Hunger / und hernach angebotener Speise / von aussen zu / dazu angelockt. Denn er hat die selige Mutter / welche diesen Dux oder Hertzog / (also hieß der Hund) seiner ausbündigen Schönheit und Grösse halben / wol leiden mögen / sehr lieb gehabt / auch nicht aus dem Gemach / darinn sie sich bettlägrig befand / gewollt; sondern ist / bald vor ihrem Bett-Schemel / bald / wenn man ihn von dannen weggescholten / bey dem Ofen / gelegen / hat die Patientinn offt gleichsam kläglich angesehn und geheult / auch / vor Traurigkeit / offt nichts fressen wollen. Wenn man ihn dann zur Stuben hinaus treiben wollen; hat die Mutter selbst dafür gebeten / man sollte ihn nicht schmeissen; weil seine Treu um sie traurte. Weil er aber deß heulens und winselns endlich zu viel gemacht; hat sie es geschehn lassen / daß man ihn zur Stuben hinaus /in die Tennen / gejagt. Und nachdem er allda gleichfalls / durch seine unangenehme Hunds-Music / oder Geheul / die Patientinn zuviel verunruhigt; ist er zuletzt gar zur Hausthür hinaus getrieben worden: der Hoffnung / er sollte dem andren Hause zulauffen /darinn sich der Vater befand. Aber er begehrte / alles bedrauens ungeachtet / von dem angesteckten Hause durchaus nicht weg: sondern hat sich draussen / unter die Stuben-Fenster / quartirt / allwo die Patientinn in der Stuben zu Bette lag / und allda sein erbärmliches Winseln vielmals Tags und Nachts / wiederholt: biß sie / nach etlichen Tagen / selig verschieden. Da er dann / als man die Leiche [1005] ausgetragen / gleich nachgeloffen / und nicht bey seinem / von weitem folgen dem / Herrn / sondern bey den Trägern / immerzu geblieben; biß sie / in der Kirchen / begraben war.

Aber bey solchem Trauren / und gleichsam Mitleiden eines Hundes gegen dem / welchem er täglich aufwartet / kann ein solches Hunds-Geheul / wovon jetzt die Frage ist / nicht verglichen werden. Denn jenes geschahe von dem Hunde / der ins Haus gehörte: dieses aber geschicht gemeinlich / von einem fremden Hunde. Jener hat gar offt und vielmals nacheinander /dazu alle Tage / geheult und lamentirt: dieses hört man nicht leichtlich über zwey Mal. Denn das erste Mal fängt der Hund zwey oder drey Mal an / düsterlich zu heulen; hernach schweigt er still. Uber etliche Tage / oder Wochen / kommt er / oder auch wol ein andrer Gassen-Hund / wieder vor das Haus / darinn der todtschwache Mensch ligt / und lässt von Neuem ein zwey- oder dreymaliges Geheul hören; nachmals nicht mehr.

Daß solches kein Todten-Geruch der todtkrancken Person verursache / wie D. Borrichius will; sondern eine unnatürliche Ursache; steht daher zu schliessen /weil ein solches Hunds-Geheul offt / zum ersten Mal /schon etliche Wochen vorhero gehört wird / ehe die Person noch die geringste Unpäßlichkeit empfindet.

Solches kann ich / mit meinem eigenem Gehör / begläuben. Vier Wochen zuvor / ehe dann mein Hauswirth mit Tode abging / ließ sich / ein paar Stunden vor Tage / ein / dem Laut nach / [1006] grosser Hund / mit einem dreymal gleich wiederholtem abscheulichem Geheul / recht unten am Fenster seiner Schlaffkammer / furchtsamlich hören. Um selbige Zeit / fehlte dem Mann noch nichts: er war wol auf / und das geringste Zeichen einer bevorstehenden Kranckheit an ihm nicht zu spühren. Ungefähr aber dritthalb Wochen hernach / warff ihn ein hitzigs Fieber zu Bette; und /nach zwölff Tagen / starb er. Eben in derselbigen Nacht nun / da er in letzten Zügen lag / und die Seinigen / samt dem Geistlichen / vor seinem Bette / überlaut beteten; kam derselbige fremde / und in derselben Gassen unbekandte / Hund wieder / und heulte wiederum etliche Mal / unten an demselbigen Fenster /gar düsterlich / wie vorhin / eben in derselbigen Stunde / darinn man ihn / vor vier Wochen / gehört hatte.

Wie hat nun dieser Hund / vor vier Wochen / als der Mann annoch frisch und gesund war / einen üblen Geruch auffangen können / von dem / der sich noch damals gantz wol befand; aber etliche Wochen hernach allererst / durch allzuvieles Trincken eines vermeynten Heil-Brunnens / der vielen Leuten einen starcken Stuhl verursachte / einen hefftigen Durchbruch bekam; wozu / weil solcher starcker Durchbruch ihm /bey warmer Zeit / keinen Schlaff vergönnte / endlich ein boshafftes Fieber schlug / und ihn gar bald aufräumte?

Etliche Jahre zuvor / stellte sich ein ziemlichgrosser schwartzer Hund / gegen einem Wirtshause über /Mittags / zwischen Zwölff und Eins / machte ein düsterlichs Geheul / und richtete die Schnauzen / gerad gegen der grossen Thür deß Wirtshauses / [1007] zu: Uber zwey oder drey Tage hernach / erkranckte selbiger Wirth / und starb geschwinde. Deß Tages aber / als er verschieden / ist derselbige schwartze und fremde Hund wieder / an den vorigen Ort / geloffen kommen /und hat aber Mal / mitten in der Mittags-Stunden /gegen bemeldtes Wirtshaus an / geheult / biß etliche Gassen-Buben / mit Steinen / nach ihm geworffen /und ihn damit / in seinem Geheul / verstört / daß er davon geloffen.

Ein alter Römischer Geschicht-Schreiber / NamensÆlius Cordus, gedenckt / beym Julio Capitolino, daß / kurtz zuvor / ehe denn die Soldaten den tyrannischen Keyser Maximinum, samt seinem Sohn / im Bette /unter dem Gezelte / erstochen / über zwölff Hunde /deß Nachts / um selbiges Gezelt / abscheulich geheult / und gleichsam weinend ihr Leben daselbst aufgegeben: gestaltsam man sie / mit aufgehender Morgenröte / alle daselbst verreckt gefunden. 2

Wie wird man doch / in diesem Exempel / die geringste natürliche Ursach erweisen? Es war weder der ältere / noch jüngere / Maximinus, unpäßlich / geschweige dann kranck; sondern / zum Streit / und Marsch / gerüstet: Kann also kein scharffer Geruch die Hunde / zum heulen / gereitzt haben: sondern das Gespenst hat die Hunde dazu angetrieben.

Der Herr Baron Valvasor / ein sehr belesener / und curioser Herr / geht dem Roberto Fludd [1008] de Fluctibus nach; vermutet / diese / und andre dergleichen wunderliche Sachen / verzichte der Spiritus vitalis, oder Lebens-Geist. Darauf habe ich / in einer Anmerckung deß XI. Buchs von dem Hertzogthum Crain / am 265 Bl. Frag-weise etwas geantwortet / und bey dieser Materi / von den heulenden Hunden / ein Mehrers damals verheissen: allein / weil mir anjetzo die Zeit zerrinnet; werde ich / in dem Werck von den letzten Ehrendiensten / hievon weiter zu reden hoffendlich Anlaß und Zeit gewinnen / auch allda unterschiedliche merckwürdige Fügnissen / so hochbesagter Herr Baron mir seithero / in einem gnädigen Schreiben / erzehlet hat / dem geneigten Leser mittheilen.

Anjetzo will ich nur kürtzlich so viel anzeigen /daß der Lebens-Geist / wann er zugleich in dem Menschen wohnen / und auch ausser deß Menschen Leib /der da sterben will / sich heraus ziehen könnte / als ein subtiler Nebel; wie zwar mehr-hochgemeldter Herr / mit dem Roberto Fludd, meynet; derselbige dennoch darum auch nicht fort heulen könnte: er müsste dann / durch einen sonderbaren Verstand /dem Hunde die Zunge darnach zu regieren wissen /daß sie ein Geheul machte. Aber daß der Spiritus vitalis, oder Lebens-Geist / eine Vernunfft haben sollte / laufft / meines Ermessens / aller Vernunfft zuwidern: weil die Vernunfft eine unabsonderliche Eigenschafft und Vermögenheit der Seelen / und dem Lebens-Geist unmöglich mitgetheilt oder zugeeignet werden kann; wo man nicht zwo Seelen dem Menschen zuschreiben will. Zudem heulet der Hund offt wol [1009] drey oder vier Wochen zuvor / vor der Thür eines Hauses / darinn Jemand sterben wird / ehe der Sterbende noch ein Mal ist erkrancket: Also müsste der Spiritus vitalis deß Menschen eine weissagende Vorwissenheit haben /und mehr wissen / als die vernünfftige Seele selbst: da er dann je ohne Zweifel solcher Person / die in Kurtzem soll bettrüstig / und eine Leiche werden / solches lieber selbsten offenbaren würde / als nur andren Leuten / durch deß Hundes Geheul / ein Zeichen deßwegen geben. Denn es hören diejenige / so / nach einem erschollenem Hunds-Geheul / bald sterben / mehrmals solches Geheul selbst nicht; sondern nur andre Leute.

Will man sagen / es sey kein rechter Hund / sondern der Lebens-Geist erwecke ein solches Geheul /für sich allein / ohne Bedienung eines Hundes: so kann ich das Widrige unfehlbarlich versichern: sintemal ich selber rechte Hunde gesehn / die also vorher geheult / und sie auch gekennt / so wol / als ihren Herrn.

Sagt man / der Lebens-Geist deß Hundes heule /und nicht der Lebens-Geist deß Menschen; weil mancher Thiere Spiritus vitalis, mit dē menschlichen Lebens-Geist / eine Sympathiam habe; daher er den Hund / also zu heulen / bewege: so stehet mehr / als einerley / solcher Meynung im Wege / und zwar /unter andren / dieses / daß alsdann wol mehr / als nur ein Hund / welcher manches Mal auch ein gantz unbekandter ist / der nur vorüber-auch gleich wieder davon laufft / heulen würde / und auch öffters / als nur etliche Mal. Er würde desto öffter sein düsterliches Geheul wieder anstimmen / [1010] je mehr die Leibesschwachheit zunimt: da er doch nur etwan etliche Wochen zuvor / an einem Tage / ein paar Mal nacheinander /und bißweilen / in der Sterbens-Stunde deß Menschens / wiederum noch eins heulet. Und eben darum / weil / wie vor gedacht / solches Geheul offt wol drey oder vier Wochen zuvor schon vernommen wird / ehe der Person noch das Geringste fehlt / müsste gleichfalls der Lebens-Geist deß Hundes weissagen können / oder eine Sympathiam schon empfinden / bevor die Ursach der Sympathiæ noch ein Mal vorhanden.

Diesem nach will das Vermutlichste / ja das Unzweifelbarste scheinen / daß die Hunde so wol / als andre unvernünfftige Thiere / die Gegenwart der unreinen bösen Geister mercken / und hiedurch in Furcht und Schrecken gesetzt werden. Welches ich aber nicht eben also verstehe / als ob die Hunde den unsichtbaren Geist sehen / oder seine Gegenwart / unvermittelter Weise / spühren könnten: sondern dieser Meynung / daß das Gespenst die Hunde ängstige / und ihnen eine abscheulich-furchtsame Gestalt vorstelle / dadurch sie erschrecken / und in Angst gerahten / aus solcher Angst und Bangigkeit auch / zu heulen / bewegt werden. Ja das Gespenst kann auch wol die Zunge und Schnauzen deß Hundes selber zwingen und also regieren / daß der Hund viel ein düsterlichers Geheul alsdann giebt / weder er sonst gewöhnlich zu heulen pflegt. Denn so der Teufel die Zunge eines besessenen Menschen beherrschen / und bequemen kann / zu reden / was er will; ob es gleich der Besessene nicht verstehet / was der böse Geist / mit seiner [1011] Zungen / spricht: warum sollte denn nicht auch die Hunds-Schnautze / von dem Gespenste / zu einem unnatürlichem und furchtsamen Geheul / bewegt und bezwungen werden können.

Solches steht auch hieraus wol abzunehmen / daß die Hunde / bey annahenden Todes-Fällen / selten über zwey oder drey Mal / heulen. Welches nicht geschehen würde / so der Hund / von Natur / die obhandene Scheidung eines Menschen mercken könnte; oder auch / so ihn der empfundene Geruch eines schwachen Patientens heulen machte: Denn alsdann würde er wol öffter / und alle Tage / ja auch nach der Scheidung / noch mehr heulen. Zudem kann der Hund / wann ihm der widrige Geruch dazu treiben sollte /die Kranckheit andrer Patienten / die ob sie gleich / an einer gefährlichen Kranckheit / fast tödtlich danider ligen / dennoch endlich gesund wieder aufstehen /eben so wol / durch seinen scharffen Geruch / empfinden / wird doch aber dadurch / zu keinem Geheul /verursacht.

Der Exempel findet man hievon / bey dem Fincelio, und Andren / nicht wenige.

So muß Einer auch nicht gedencken / als beheule der Hund nur den herbeyruckenden Tod böser Leute: denn es wird / kurtz vor dem Absterben frommer Personen / eben so wol geschehen / und nicht nur bey weltlichen / sondern auch geistlichen Sterb-Fällen. 3 Als Albertus, Bischof zu [1012] Bremen / sterben wollen; haben die Hunde / in der Kirchen / um den Altar herum / so inständig geheult / daß man sie / mit Gewalt / zur Kirchen hinaus jagen müssen: wie Krantzius beglaubt. 4

So hat mir ein Lehrer / evangelischer Religion / erzehlt / daß / als Er / Unpäßlichkeit halben / etliche Tage zu Bette gelegen / ein Hund zu Nachts vor seine Wohnung gekommen / und überaus jämmerlich geheult. Darüber Er seine / neben ihm wachende / Ehgenossinn gefragt / ob sie solches hörete? Die ihn aber gebeten / Er mögte doch nur still seyn / sie höre es nur gar zu wol. Darauf Er gesagt / sie sollte ihr / Seinetwegen / keine Gedancken darüber machen: Es stünde Leben und Tod in der Hand deß HErrn / und in keinem Hunds-Geheul / noch bey einigem Gespenst: Man müsste solches nicht achten; sondern GOtt vertrauen / und allezeit in guter Bereitschafft stehen. Er ist aber bald wieder aufgestanden: hingegen hat sie sich gelegt / und der Natur die Schuld entrichtet.

So seynd mir sonst auch unterschiedliche Personen bekandt gewesen / die in sehr bußfertiger Andacht /und mit hertzlichem Verlangen eines seligen Abscheidens / verschieden: ohngeachtet nicht allein ein wühstes und sehr abscheuliches Hunds-Geheul / sondern auch andre Schreck-Zeichen eines Sterb-Falls / vorher vernommen worden.

[1013] Ist demnach das jämmerliche Hunds-Geheul / für kein Zeichen eines verdammten Endes / zu halten: wie manche alberne Leute urtheilen: und geschicht eben so wol bißweilen vor der Thür einer geistlichen / als einer weltlichen Person.

Der Satan stifftet solches an / zu dem Ende / damit entweder der todtschwache Patient / daferrn er es selber mit anhöret / sich darob entsetzen / und in seiner Andacht / so wol / als die Umstehende / möge irre gemacht werden; oder / wann es einige Wochen vorher geschicht / daß die Leute darüber hefftig erschrecken /und das Vertrauen auf die Göttliche Vorsehung / oder Rettung fallen lassen sollen. Denn die Menschen erschrecken / und forchtsam machen / ist deß Satans beliebige Kurtzweil.

Es rührt zwar solches Geheul insgemein / von rechten natürlichen Hunden / her; aber doch gleichwol nicht eben alle Mal. Denn bißweilen lässt sich / sonderlich zu Sterb-Zeiten / die so genannte Klagmutter hören: welche jemals wie ein wehklagender Mensch /jemals aber auch wol / als ein Hund / wiewol noch etwas düster- und graulicher / heulet: und doch / in keines Hundes Gestalt / sondern wie ein Kalb / oder grosser Aff / unterweilen auch wol nur wie ein weisses Bild / oder Schatten / vor der Hausthür / da solches Gespenst schreyet / erblickt wird. Wiewol jemaln auch wol schalckhafft Buben nur ein solches Klag-Geschrey / und Jammer-Geheul / aus lauter Büberey und Mutwillen / zu Nachts / vor dieser oder jener Thür / machen; um die Leute / im Hause / zu erschrecken. [1014] Massen solches / vor wenig Jahren / allhie einem Doctori Medicinæ begegnet: Vor dessen Hausthür sich ein mutwilliger Gassenbube / auf den Stein daselbst / ein paar Stunden vor anbrechendem Tage /etliche Mal nacheinander gesetzt / und / mit einem Klag-Geschrey / der Klagmutter meisterlichst nachgeafft; also / daß die Ehliebste erwehnten Herrn Doctoris, welche sich damals eben hochschwanger befunden / darüber in grossen Schrecken und Furcht gerahten. Allein ihr Herr / der Doctor, dem der Handel endlich verdächtig vorgekommen / hat bald ein sonderbares Recept / oder vielmehr schon præparirtes Medicament / um diese Klagmutter zu stillen / ersonnen; indem er die Nachtscherben ergriffen / und über die falsche Klagmutter solches / als ein sehr wol appropriirtes Cephalicum, in gnugsamer dosi, auf ein Mal einzunehmen / ausgeschüttet. Worauf der frevelnde junge Bösewigt / weil er einen ziemlichen Guß bekommen / (angemerckt / man / mit Fleiß / eine gute Quantität auf ihn zugerichtet hatte) mit fluchen / hageln und donnern / davon geloffen / auch hernach nicht wiederkehrt / dergleichen Ständlein / oder Sterb-Music / noch eins zu præsentiren.

Ausser solcher heulenden Klagmutter / pflegt der Satan auch manches Mal / ohne Vorstellung einiger sichtbaren Gestalt / der blossen Stimme eines Hundes nachzuaffen. Als wie Albinus, in der Meisnischen Berg-Chronic / gedenckt / daß / zu Pochna / in Polen / vielmals / in denen / etliche hundert Klaffter tieffen /Saltz-Bergwercken / unterschiedlicher Thiere Stimmen / als krähender [1015] der Hanen / und bellender Hunde / gehört werden: darauf gemeinlich ein grosses Unglück erfolge. 5

Durch solches Alles / sucht der Teufel nicht allein /wie oben gemeldet / wie oben gemeldet / bey den Leuten / die es hören / einen Schrecken zu erregen; sondern thut es hauptursachlich auch deßwegen / daß er beydes seine Vorwissenheit / und seine Freude über der Leute Unglück / und Leidwesen / spöttisch möge zu erkennen geben.

Fußnoten

1 Quæ est XLVIII. Voluminis V. Actorum Medicorum Th. Bartholini p. 135.

2 Julius Capitolin. in Maximino Juniore Num. 2.p.m. 504.

3 Præter Fincelium, vid. Cornmannus de Miraculis Mortuorum, & Hildebrandi Magia naturalis libro 1. p. 14.

4 lib. 5. c. 10. Metropolit.

5 Petrus Albinus in der Meisnischen Berg-Chronic.

93. Die verlierende Gegenwehr

XCIII.

Die verlierende Gegenwehr.

Wie starck / und grimmig gleich der Leu ist / hat doch mancher küner Held einen Leuen erlegt. Als dem Grossen Alexander einsmals ein Leu entgegen kam; wollte der Generaln Alexandri Einer sich / für dem Könige / an denselben wagen / und warff der reissenden Bestien einen Spieß vor: aber der großmütige Alexander stieß solchen Vorfechter auf die Seiten / und machte sich selbst über das grausame Thier: dem Er auch einen tapffren Fang / und den Rest gab. Lysimachus, seiner Fürsten und Feldmarschalls Einer / ward / vom Alexandro, darum / daß er dem Philosopho Callistheni, welchen Alexander [1016] hatte gefangen gelegt / weil er ihm nicht / gleich wie Andre / heucheln wollen / im Gefängniß einen Trunck Weins zugebracht hatte / einem Leuen vorgeworffen; aber dieser Fürst der grausamen Thiere / von Lysimacho, überwunden. Denn dieser unverzagte und mehr als Leuenmütige Griechische Cavallier / hat behände seinen Rock um die Faust gewickelt / dieselbe der Bestien tieff in den Rachen gestossen / ihr die Zunge heraus gerissen /und das erschreckliche Thier ums Leben gebracht. Worüber Alexander zu tieffer Verwunderung / und diesen Helden hernach desto werther zu halten / bewogen worden.

Und was that der heroische Hirten-Knabe / David? Erschlug er doch / mit seinem Schäfer-Stabe / beydes den Leuen / und den Bären; nachdem er jenen / bey seinem Bart / ergriffen hatte.

Das seynd sonderbare / und nicht alltägliche Ritter-Stücklein / dazu eine jegliche Faust nicht geschickt ist. Denn wer einen Leuen will angehn / und sieghafft wieder von ihm gehen; der muß einen Leuen im Hertzen führen. Man findet nur selten einen Simson / der ihn zerreisse / wie ein Böcklein.

Ob nun gleich einen leiblichen Leuen Einer oder Andrer / durch einen tapffren Ritter-Streich / gefället: hat doch den / viel grausamern / geistlichen Leuen /den Satan / noch nie einiger Mensch / mit leiblichem Gewehr / bezwungen / oder von der Haut getrieben. Wer dem gedenckt obzusiegen / der muß / mit deß Simsons Beystande / auf ihn [1017] loß gehen: denn dieser hette den jungen Leuen so leicht nicht zerrissen /wann nicht der Geist deß HErrn wäre über ihn gerahten. Durch denselbigen Geist deß HErrn / wird ein Christ auch / wiewol auf andre Weise / nemlich durch Glauben / und Gebet / wider solchen höllischen Leuen / gestärckt und unüberwindlich gemacht. Und solches ist einig allein das rechte Schwert / welches diesem erschrecklichem Leviathan / durch seine Schuppen / die wie feste Schilde stehn / glücklich dringt.

Ausser solchem geistlichem Schwert / tritt man /aus diesem Streit / mit Spott / und Schaden / und greifft / mit blossen Händen / ein grosses Africanisches Stachel-Schwein an / dessen ausgeschossene Federn / auch den mutigsten Leuen / wie scharffe Pfeile / tödten können.

Die vielfältige Erfahrung kann solches gnugsam bezeugen: und wollen wir etliche Beyspiele einer solchen thörichten Gegenwehr allhie besehen.

Auf einer berühmten Teutschen Universität / ist ein gewisses Zimmer / oder Studenten-Stube / vor welcher / zu gewisser Zeit deß Tages / Etwas an die Thür klopfft; Nichts aber dabey sich sehen lässt. Wie dann auch Niemanden was Leides widerfährt. Und so man nur stillschweigt / hört es gleich auf zu klopffen. Woferrn man aber spricht: Herein! Herein! wird es immer wieder anklopffen. Darum die Studenten /denen solches schon bekandt ist / es nicht achten /sondern nur dazu stillschweigen: worauf es alsofort still wird.

[1018] Vor einigen Jahren aber hat ein Student / der hievon noch keine Wissenschafft gehabt / und doch selbige Stube bewohnt / als er solches Klopffen gehört /etliche Mal nacheinander gesprochen: Herein! Herein! Das Gespenst aber desto mehr / mit Klopffen /angehalten. Worüber er endlich ungedültig worden /und fluchend geruffen: Ey so gehe herein ins T. Namen! Diß gesagt / ist er auch aufgestanden / und mit blossem Degen zur Stuben-Thür hinaus getreten /willens / denjenigen / der ihn also narren wollte / über die Ohren zu hauen. Indem er aber kaum zur Thür hinaus getreten / bekommt er eine harte Maulschelle. Worüber er sich entrüstet / und mit der Fuchtel um sich hauet; aber gleich darauf noch eine nicht geringere empfäht. Diese letzte lehrte ihn hinter sich weichen / und eilends wiederum in die Stuben zu gehen.

Nachmals haben ihm andre die rechte Beschaffenheit solches Klopffens angezeigt: Weßwegen er hiernechst dasselbe / mit stillschweigen / vorbey gehen lassen / auch alsdann weiter dadurch nicht verunruhigt worden.

Beym Remigio, wird gedacht / daß ein Mann / Namens Claude Chote, als er von einer Bauren-Kirchweihe / gegen Nacht / heimgehen wollen / sechs verlarvte Weiber angetroffen / in einer Hölen / allda sie /um einen Tisch voll güldener und silbernen Geschirre / herum getantzt / etc. aber nachmals hinter ihm her gekommen: Vor ihnen / sey ein / von Angesicht schwartzer / Mann her getreten / der so krumme Hände gehabt / wie ein Schiff-Haken / und ihm damit unters Gesicht [1019] fahren wollen: wie er aber seinen Degen ausgezogen / und damit um sich gehauet / habe der schwartze Kerl nachgelassen / nicht anders / als ob er sich dafür fürchtete; und sey verschwunden. (Wiewol hernach eine Hexe / so dabey gewest / vor Gericht ausgesagt / der böse Geist hette diesen Chotæum deßwegen / mit seinen krummen Klauen / angefahren / weil er einen güldnen Becher vom Tische stehlen wollen.) Es hat aber hernach eben dieserClaude gleichwol solcher Aussage beygefügt / daß /als er näher zu dem Tische hingetreten / und dem bösen Geist / welcher ihm / mit seinen Klauen / nach dem Gesichte getrachtet / seinen geblössten Degen vorgeworffen / ihn alsofort ein starcker Wind aufgehaben / und an die Klippen deß Berges Combri geführt. Daraus ist zu sehen / daß der Teufel / als er /dem äusserlichem Ansehn nach / sich zuvor so gestellet / gleich förchtete er sich für seinem Schwert / seiner nur gespottet.

Und wie ist es / vor etlichen Jahren / der guten Edelfrauen von Gehofen gelungen / daß sie sich bereden hat lassen / auf das / ihr sehr beschwerliche / Gespenst / eine Pistol zu lösen? Hat sie auch anders was damit ausgerichtet / als daß es Ihr hernach desto schmertzlicher den Arm gedrehet und peinlich gezwickt / mit diesem hönischem Vorwurff: Schieß noch eins! Ich will dich lehren / auf einen Geist Feuer geben!

Cassiodorus giebt eine bessere Gegenwehr / wider diesen unsern geistlichen Erbfeind / an die Hand / in diesem seinem Spruch: Cum diabolo non incendio gladioque certandum est, sed [1020] illis virtutibus, quibus Christus ipse pugnavit: ut Superbiam Humilitate vincamus, etc. Wider den Teufel / muß man nicht streiten / mit Feuer und Schwert; sondern mit solchen Tugenden / womit Christus Selbst ihn befochten: daß wir nemlich die Hoffahrt durch Demut / überwinden / etc. 1

Wodurch aber keine blosse äusserliche / sondern zugleich eine inner- und hertzliche Demut / so einen wahren lebendigen Glauben zum Grunde hat / und /das Wort GOttes / als das rechte Schwert / so dem Satan den kräfftigsten Widerstand thut / gemeynet wird. Denn es richtet Mancher / auch allerdings / mit dem Gebet / gegen einem Gespenst / darum nichts aus; weil sein Hertz kein Sitz der Demut / sondern grosser Einbildungen ist. Einem blossen Mund- oder Wort-Glauben / dem die Wercke nicht ähnlich seynd /noch der Lebens-Wandel beypflichtet / wird ein boshafftes Gespenst nicht so leicht weichen.

Fußnoten

1 Cassiodorus in Ps. 59. V. 14. Serm. 2.

94. Die Tafel-haltende Geister der Vorfahren

XCIV.

Die Tafel-haltende Geister der Vorfahren.

Wie die alten Leute gemeinlich / an Kräfften / fast erschöpfft seynd; also nehmen auch die Geschichte / so ein hohes Alter auf sich haben / ins gemein seyr ab am Credit / [1021] und finden / bey Manchen / einen schwachen Glauben; bevorab / wann sie sich / auf keines bewehrten / und viel-bekandten Scribentens Zeugniß /steuren können. Also dörffte es vielleicht auch dieser nachgesetzten ergehn / daferrn sie keinen glaubwilligen Leser antrifft. Wiewol sie dennoch / von demSpeidelio, aus denen so getitulirten Documentis redivivis der Würtenbergischen Klöster / erzehlet wird: allda sie / mit folgenden Umständen / am 127 Blat /beschrieben stehn soll.

Albrecht / Freyherr von Zimbern / pflag zum öfftern / seinem Landsherrn / Friedrich / Hertzogen in Schwaben / mit einer Besuchung aufzuwarten: als bey dem er in sonderbaren Gnaden / und Ihm allezeit angenehm war; weil er bey Ihm auferzogen. Als er nun auch einsmals sich / bey demselben / einfand; stellete dieser Fürst einen Spatzier-Ritt an / in Begleitung seiner Grafen und Baronen / derer gemeinlich eine ziemlich-grosse Zahl sich / an seinem Hofe / aufzuhalten pflag: und galt dieser Lust-Ritt hinaus zum Grafen Erchinger von Mogenheim / auf dessen Wohn-Schloß / Mogenheim / zu / so im Zabergau lag: Zu welchem Er schon vorhin mehrmals hinüber geritten war; weil selbiger Graf ein Mann fröliges Gemüts / ein Liebhaber der Jagt / und sonst auch andren ehrlichen Ubungen ergeben war. Dieser hatte Mariam / eine Gräfinn von Tübingen / zur Gemahlinn; und zwo Fräulein /aber keinen Sohn / von Ihr erzielt: also / daß dieser Gräfliche Stamm / mit keinem männlichem Zweige /mehr versehn war.

[1022] Nun lieff / in dem grossen und lustigem Walde /Stromberg genannt / so von jetzt-besagtem Schloß nicht weit lag / schon eine ziemlich Zeit her / ein ansehnlich-grosser Hirsch / den weder die Jäger / noch die Hof-Bediente / jemals hatten fahen können. Derselbige ließ sich / bey dieser Anwesenheit deß Hertzogs / nun wiederum sehen / zu ihrer Aller grossen Freude / sonderlich deß Grafen Erchingers: Darum begaben sie sich Alle miteinander dahin / samt dem gewöhnlichen Jäger-Zeuge.

Unter dem Jagen / kam erst-gemeldter Baron von Zimbern von der Gesellschafft / und ritte in einer absonderlichen Gegend selbiges Waldes herum / biß er eines grossen und schönen Hirschens ansichtig ward /dessen gleichen ihm Keiner jemals in die Augen gekommen war. Demselbigen setzte er / durch den Wald / weit nach / biß er ihm gar aus dem Gesichte sich verlor / also / daß er nicht wusste / wo der Hirsch geblieben wäre.

Da begegnete ihm ein Mann schrecklicher Gestalt /für welchem der Baron Albrecht / ob er gleich sonst ein behertzter und großmütiger Cavallier war / sich hefftig entsetzte / und mit dem Zeichen deß Kreutzes wider ihn verwahrte. Jener aber sagte zu ihm / er sollte sich nicht fürchten: denn er wäre von GOtt gesandt / ihm etwas zu offenbaren; Er sollte ihm nur nachfolgen; alsdann wollte er Ihm wunderliche Sachen weisen / dergleichen ihm noch niemals vor Augen gekommen: und dabey hette Er sich keiner Gefahr zu besorgen. Baron Albrecht (den Speidelius bißweilen auch einen Grafen titulirt) willigte drein / und ging[1023] seinem vorangehenden schrecklichem Führer immer nach / biß sie miteinander zum Walde hinaus kamen.

Allda bedunckte den Herrn Albrecht / als sähe er trefflich-schöne Wiesen / und eine überaus lustige Gegend / imgleichen ein Schloß / welches / mit vielen Thürnen / und andren Zierrahten / so herrlich prangte / daß seine Augen dergleichen niemals geschaut. Indem sie / zu diesem Schloß / sich naheten / kamen ihnen viel Leute / als gleichsam Hof-Diener / entgegen: die redeten Alle kein Wort; sondern nahmen nur / von Ihm / sein Pferd. Der / so Ihn daher geführt /sagte / Er sollte sich solches ihr Stillschweigen nicht lassen befremden / und auch nicht mit ihnen / sondern nur mit ihm allein reden / und thun / was er Ihn heissen würde.

Also traten sie zum Schloß hinein / und führete Ihn sein Vorgänger / in einen grossen schönen Saal /allwo ein Fürst / mit den Seinigen / an der Tafel saß. Sie stunden / für dem Herrn Albrecht / Alle auf / bewillkommten Ihn gleichsam / mit ehrerbietiger Neigung ihrer Häupter / und setzten sich hernach wiederum nider; gleich als ob sie miteinander speiseten /ässen und trüncken. Herr Albrecht blieb stehen / hielt sein Schwert in der Hand / und wollte dasselbe durchaus nicht von sich legen / noch aus der Hand lassen; betrachtete aber unterdessen / mit Verwundrung / das wunderkünstliche silberne Tafel-Geschirr / darinn die Speisen auf- und hernach wieder weggetragen wurden / samt allem andren Tafel-Silber; wiewol solches Alles / mit Stillschweigen / geschahe. [1024] Der Herr / und seine Hofleute / assen Jedweder für sich selbsten /und bekümmerten sich um ihn nichts. Nachdem er also Alles lange genug angeschaut; erinnerte ihn der /welcher ihn hatte dahin geführt / er sollte dem Herrn /und dessen Ministern / eine Reverentz machen / und sich vor ihnen bücken: denn er wolle ihn nun wieder hinaus führen. Wie er solches that / stunden der Herr /und dessen Hof-Bediente / wiederum höflich auf / und neigten gleichfalls ihre Häupter ihm zu. Hernach ward er wieder von dannen / zu der Schloß-Pforten hinaus /geführt. Da stelleten ihm / diejenige / welche bißhero sein Pferd gehalten / dasselbe wieder zu; legten ihm aber dabey ein Stillschweigen auf / und kehrten wieder in das Schloß zurück. Da gürtete er sein Schwert wieder an / und ward / von seinem Gefährten / durch den vorigen Weg / wieder / nach dem Stromberger Walde hin / begleitet.

Er fragt hierauf denselben / was das doch für ein Schloß / und wer dessen Einwohner wären / die daselbst an der Tafel gesessen? Der Geist gab zur Antwort: Der Herr / welchen du gesehn / ist deines Vatern Bruder gewest / ein gottsfürchtiger Mann / welcher vielmals / wider die Ungläubige / gefochten. Ich aber / und die Andren / welche du sahest / waren / bey Leibes Leben / seine Bediente /und müssen nun unaussprechlich harte Pein leiden. Er hat / in seinem Leben / seine Unterthanen / mit unbilligen Auflagen / sehr gedruckt / und solches Geld / zum Kriege wider die Ungläubigen / angewendet. Wir Andren alle [1025] aber haben Ihm dazu Raht und Anschläge gegeben; und werden jetzo / um solcher Ungerechtigkeit willen / hart gestrafft / so lange es GOtt wird gefallen. Dieses ist dir / deiner guten Meriten wegen / geoffenbart: damit du / für solchen / und dergleichen Dingen /dich hüten / und dein Leben bessern mögest. Sihe! da ist der Weg / welcher dich wiederum / durch den Wald / an deinen vorigen Ort / bringt. Doch kannst du zuvor noch eins wieder zurück kehren: auf daß du sehest / in was für Elend und Jammer sich daselbst die vorige Glückseligkeit verkehrt habe. Diß gesagt / ist der Geist verschwunden.

Hierauf kehrte Graf (oder Baron) Albrecht wieder noch ein Mal zurück / nach dem Schloß / da ihn der Geist hinein geführt hatte. Sihe! da war Alles miteinander zu Feuer / Pech / und Schwefel / worden /davon ihm der Gestanck gar starck in die Nase ging. Daneben hörte er ein jämmerliches Geschrey / Wehklagen / und Lamentiren. Darüber entsetzte er sich dermassen / daß ihm die Haare aufstiegen. Derhalben drehete er sich kurtz / wandte sich eilends um / und ritte darauf deß vorigen Weges hin / der ihn / zum Hertzog Friedrich / und dem Grafen Erhinger / wieder hinführte. Denen er verändert und verstellt vorkam /daß sie ihn so bald nicht kunnten erkennen. Denn ob er gleich noch jung von Jahren / hatte ihm doch der grosse Schreck und Bestürtzung die Gestalt eines eysgrauen alten Manns [1026] angebildet: angesehn so wol sein Haar / als der Bart / einen Schnee gewonnen hatten.

Sie verwunderten sich darüber höchlich; und noch viel höher / als er ihnen Alles / was ihm wäre begegnet / erzehlete / nemlich die Erblickung deß grossen Hirsches / die Erscheinung deß Geistes / und Schlosses. Dessen erschracken sie allemiteinander / und kehrten traurig wieder um / nach Mogenheim.

Hiernechst ersuchte Herr Albrecht den Grafen Erhinger mit hoher Bitte / daß Er Ihm mögte erlauben /in seinem Gebiet / an dem Ort / da solches geschehen / eine Kirche zu bauen. Welches dann der Erhinger /so wol / als auch dessen Gemahlinn / gantz gern zugegeben / auch hierinn Ihm mit Raht und Beysteuer behülfflich zu erscheinen / sich erboten: damit / an selbigem Ort / ein Frauen-Kloster aufgerichtet / und GOtt stets gedient werde. Nicht weniger hat Hertzog Friedrich Hülffe und Subsidien dazu verheissen /damit je ehe / je lieber solcher Bau seinen Fortgang mögte gewinnen. Welches Er auch treulich erfüllete /un so wol gewisse Zehenden / als andre Gefälle dazu verordnete.

Man sagt, (schreibt Speidelius) diese Geschicht soll sich / unter der Regierung Keysers Lotharii, deß Zweyten / in obgemeldtem Jahr Christi 1134 / begeben haben. Der Ritter Conrad von Mospach / Großhofmeister deß Landgrafen Wilhelms / und Andre haben sie / in einem alten Buch / gelesen. Berchtold / Graf von Erberstein / [1027] welcher / bey dem Hertzog in Schwaben / auferzogen worden /ist damals / zu Mogenheim / auch gegenwärtig gewest / wie dem Herrn Albrecht solches widerfahren. Weßwegen derselbe gleichfalls ein Frauen- Kloster gestifftet / Frauen Alb (Dominarum Alba) genannt: gleichwie auch das Kloster Herrn Alb (Dominarum Alba) von diesem Grafen Berchtoldo von Erberstein seinen Anfang genommen. 1

Ich lasse zwar den ersten Urheber oder Verfasser dieses Gesichts / für die Gewißheit desselben / stehen / und im Fall es eine warhafftige Geschicht seyn sollte / dem verständigen Leser die Beurtheilung anheim gestellt / was alsdann / aus solchem Gesicht / zu schliessen / und wofür es anzusehn sey; erinnere mich aber dabey / daß solcherley Art Gesichter noch mehr / bey den alten Scribenten / anzutreffen / als das Gesicht Keysers Caroli Calvi, in dem Speculo Historiali Vincentii Belluacensis; welches auch / in der Reisebeschreibung Hertzogs Bogislai in Pommern / erzehlet wird: und andre mehr: die allesämtlich / auf einen Zweck / ob schon durch unterschiedliche Wege / hinaus lauffen.

Hr. M. Daniel Ernst hat dem III. Theil seines historischen Bilderhauses diese Geschicht / wiewol mit wenigern Umständen / als sie Speidelius vorträgt /gleichfalls einverleibt / und / mit dieser guten Erinnerung an die Regenten / finalisirt / daß [1028] der unvorsichtige Rehabeam / samt seinen unerfahrnen hitzigen Rähten / diese Geschicht wol überlegen mögten: damit sie nicht Scorpionen über den Rücken ihrer Unterthanen /am meisten aber über ihre eigene / binden mögten. Welcher Meynung ich mit unterschreibe.

Fußnoten

1 Speidelius in Speculo Variarum Observat. sub voce Geist. Num. 46. p. 439. seq.

95. Das Selbst-Geläut

XCV.

Das Selbst-Geläut.

Unter mancherley Vorzeichen eines Todesfalls / wird für der mercklichsten eines ins gemein geachtet /wann eine Glocke / ohne menschliche Hand / von sich selbsten anhebt zu gehen. Welches Mancher doch nicht gläuben will / der es nicht selber gehört: da es doch gewiß offtmals geschicht / und mit unzehlich-vieler Erfahrung belaubt werden kann.

Viel Leute argwohnen offt / es sey eine falsche Einbildung: sintemal solches Geläut / zumal / der kleineren Haus-Glöcklein / leichtlich / durch eine auf die Glocken springende / Katze / oder Ratze / oder auch durch einen Vogel / geschehen kann. Ich leugne nicht / daß bißweilen solche Thiere wol zu Glockenläutern werden: massen / in meiner Wohnung / solches / vor nicht vielen Jahren / geschehen: Da sich / indem ich /mit meinen Leuten / über dem Essen saß / draussen die Tennen-Glocke hören ließ; und doch / als man die Dienerinn hinaus schickte / die Person / welche / unserer Meynung nach / [1029] hette angeläutet / einzulassen /Niemand vor der Thür sich sehen ließ. Kaum war das Mensch wiederum in die Stube herein gekommen; so fing es wiederum an / zu läuten. Derhalben sie wieder hinaus ging / und die Thür öffnete; aber eben so wol nur den Ulyssem, oder Niemanden / antraff. Weil aber das Geläut / zum dritten Mal / wiederum erschallete / und den gewöhnlichen Klang gab: wollte solches die Vermutung eines Gespenstes / bey uns Allen / erwecken; um so viel destomehr / weil / vor nicht langer Zeit / die untere Haus-Glocke geläutet / und damals / bald darauf / ein Todesfall erfolget war. Darum scheuete sich die Dienerinn / wieder hinzugehen / und die Thür aufzuthun.

Ich stund derhalben selber endlich auf / indem das Anläuten / zum vierdten Mal / geschahe; ging hinaus /und blickte hinauf / nach dem Drat / womit der Zug geschehen musste. Da ich dann / nicht ohne Verwunderung eines kohlschwartzen Ratzenfängers ansichtig ward / der sich erkühnte / einen Mesner / oder Glockenläuter zu spielen; nemlich meinen schönen schwartzen und gar grossen Kater: welcher bey dem Drat saß / und eben indem ich zuschaute / abermal anhub recht meisterlich denselben zu ziehen / und mit der Glocken seinen Spaß zu treiben. Da veränderte sich der falsche Verdacht / in ein Gelächter.

Aber es entstehet darum gleichwol nicht / über alles Geläute / ein Gelächter; und seynd nicht alle Glockenläuter Katzen / oder Ratzen / oder Vögel. Denn man hat Versicherung genug / daß offt die Glocken / durch eine unsichtbare Gewalt / [1030] gerührt /und geschlagen werden. Darüber kann ich gar viel Zeugen führen / und selber einen Zeugen mit abgeben.

Leonardus Vairus, ein schon älterlicher Scribent /berichtet / in dem Städtlein Villila, so in Celtiberia (in Arragonien) ligt / sey eine Glocke / die / von den Einwohnern / die Miraculn-Glocke (oder Wunder-Glocke) genannt werde: dieselbe habe / ein paar Monaten zuvor / ehe dann / in der Christenheit / ein grosser Unfall geschahe / ohn menschliche Anschlagung /sich selbst zu läuten pflegen: Worüber er / der Vairus, selber / ein / durch offentliche Notarien beglaubtes / Zeugniß gelesen: so hetten auch die Stathalter selbiges Königreichs / durch ihre Schreiben / solches vergewissert. 1

Mariana gedenckt dieser Glocken auch / und sagt /daß besagtes Städtlein Villila so wol zu der Vorfahren / als zu seiner Zeit / durch nichts so berühmt gewesen / als wegen dieser Glocken: welche den Leuten so wol Glück / als Unglück / zuvorbedeuten solle. Er wolle zwar nicht darüber disputiren / ob es wahr oder falsch sey; gleichwol beruffe man sich / auf solche Zeugen /welche es selbst gesehen / wie sich nemlich selbige Glock / von sich selbsten / geschwungen und geläutet / und daß sie / Tags vorher / ehe dann die Könige gefangen worden / sich selbst angeschlagen; hernach abermal / am [1031] 30 Octobris / und am 5 Jenner folgenden Jahres / zum dritten Mal / geläutet: Zu welcher Zeit / nach dem zu Meyland getroffenem Frieden / der Arragonische König wieder in seine Freyheit gestellt worden. 2 Obgemeldter Nierembergius aber sagt / es sey die Sache gewisser / und urkündiger / als daß man deßwegen viel Scribenten anziehen dörffe; weil sie überhäuffig bezeugt und kundbar / auch er selber /bey seiner Zeit / diese Glocke vier oder fünffmal habe also läuten hören: wovon offentliche Urkunden vorhanden / samt vielen Zeugen; solches auch den Königen dieses Reichs angezeigt worden / und eine wigtige Begebenheit drauf erfolgt sey.

Boterejus nennet es tintinnabulum, ein Glöcklein /so entweder das Absterben eines Arragonischen Königes / oder grosse Verändrungen im Königreich / bedeute / und den Einwohnern / an Stat eines Kometens / oder einer Weissagung sey. 3

Man findet / bey den Spannischen Historicis, daß diese Glocke / bey tödlichem Hintritt Keysers Caroli V. aus freyer Bewegung geläutet / und auch damals /als König Sebastian von Portugall / mit einer Kriegs-Flotte / nach Afrika aufgebrochen / allda er unglücklich gestritten / und / samt dem Kriegs-Heer / sein Leben eingebüsst.

Weil auch alle curiöse Peregrinanten / die in Spannien gereiset / die Gewißheit deß Selbst-Geläuts [1032] dieser Arragonischen Glocken bestetigen: hat man / ferner dran zu zweifeln / keine Ursach.

Vor-angezogener Nierembergius berichtet / es sey /in Japonien / eine dergleichen Glocke / welche / durch ihr übernatürliches Selbst-Geläut / eine bevorstehende Unruh anzeige.

In einem Dominicaner-Kloster / zu Cordua, ist /wie derselbige Author, aus den Schrifften deß Bischoffs Johannis Lupi, erzehlt / ein Glöcklein gewest / welches von sich selbsten zu läuten angefangen / so offt entweder ein Bruder desselbigen Klosters / oder sonst ein ansehnlicher Mann selbiges Ordens / hat Todes verfahren sollen. Und daß dergleichen auch / in noch andren / so wol Münch- als Nonnen-Klöstern /bey annahenden Sterb-Fällen / sich begebe / lieset man / bey mehr als einem Scribenten.

Daß aber der gelehrte Jesuit / Del-rio, vermeynt /die Ketzer / wodurch er die Protestirende versteht /werden das Selbst-Geläut erstgedachter Glocken zuVilela nicht gläuben / ist eine blosse und leere Vermutung: sintemal dergleichen selbstläutende Glocken in allen Ländern und Städten der Protestirenden / sonderlich der Evangelischen / sich hören lassen; wann schon nicht in allen und jeden Häusern. Hat es doch allerdings / in dem Königreiche Japan / wo das Heidenthum / wider den Namen Christi / aufs allerfeindseligste verbittert ist / eine dergleichen Glocke / welche / wie obbenannter Nierembergius gedenckt / 4 durch [1033] ihr Selbst-läuten eine vorschwebende Unruhe und Kriegs-Empörung vorher anzeigt / und gleichsam eine Sturm-Glocke giebt / wann der Lärmen bald will angehen.

In den Städten und Ländern der Protestirenden /trägt man kein Verlangen / solche Selbst-Geläute zu hören: weil es gemeinlich eine Leiche bedeutet.

Als der Schwedische König / Gustavus Adolphus /in dem Haupt-Treffen vor Lützen / in Sachsen / geblieben; hat man / in der Nacht / zu Stockholm / über dem Schloß / in der Lufft / eine Jungfrau gesehn / die / in der einen Hand / ein brennendes Liecht / oder Fackel / in der andren aber ein Schnupptuch / gehabt /welches sie umher geschwungen: Darnach haben sich alle Thüren auf dem Schloß / wie fest sie auch verschlossen und verriegelt gewest / dreymal nacheinander / von sich selber / auf- und zugethan. So ist auch ein starcker Wasserstrom / einen gantzen Tag / biß auf den Abend / still gestanden / also / daß man /trucknes Fusses / dadurch gehen können. Endlich haben auch / in Schmalland / alle Glocken von sich selbsten geläutet. 5

Als der Königlich-Schwedische junge Printz /Friedrich / im Jahr 1685 / mit grosser Betrübniß selbiges Königreichs / in seiner zarten Jugend-Blum verblühet war; und nicht lange vorher auch die zween vorige Printzen gleichfalls frühzeitig verblichen; schrieb man hernach / aus der Königlich-Schwedischen Haupt- und Residentz-Stadt / [1034] Stockholm / nach Teutschland / unter den offendlichen Zeitungen / und zwar auch im Franckfurter Blätlein; daß / da man /wegen derer / zu erst verstorbenen / Printzen / die Glocken zu läuten / im Werck gewesen / etliche Glocken / von sich selbsten / drey Mal zu läuten / angefangen.

In einer fürnehmen und berühmten Reichs-Stadt hat / im Jahr 1686 / am 27 Martii / die / so genannte /Marckt-Glocke / von sich selbsten drey Schläge gethan: worauf / bald hernach ein Herr deß Rahts / welcher zugleich auch Marcktherr war / mit Tode abging.

Es geschicht aber nicht allein in offentlichen / sondern auch in manchen Wohnhäusern so wol fürnehmer / als mittelmässiger Leute: deren etliche mir selbsten bekandt seynd. Unter denselben ist eines / darinn solches Selbst-Geläute vormals nie gehört worden /wann gleich Jemand darinn gestorben. Aber sechs oder sieben Wochen vor dem Tode deß Hausherrns /dem das Haus gehörte / hat eine überaus helle Glocke angefangen zu läuten / und zwar zu zweyen unterschiedlichen Malen. Der Herr deß Hauses ist damals noch frisch und gesund / seine Ehfrau aber bettlägrig gewest: weßwegen er dem Gesinde verboten / seiner Frauen etwas davon zu sagen; besorgend / sie mögte erschrecken / und von schwermütiger Einbildung noch kräncker werden / ja endlich wol gar drauf gehen. Aber diese gegebene (wiewol vor dem ungewohnte) Anzeigung hat ihn selbsten gemeynt: der am ersten verhausen / und zu Grabe wandren müssen; da hingegen seine Frau wieder zu Kräfften gelangt / [1035] und noch heut / in gutem Leibs- und Glücks-Zustande /lebt.

Uber siebenzehen Wochen hernach / da sie ihres seligen Ehliebsten Kleider und Mäntel / mit einer Kehrbörsten / saubert; fängt / vor ihren Augen und Ohren / die Tennen-Glocke an / sich zu schwingen /und ihren gewöhnlichen Klang zu geben. Acht Tage hernach / erkranckt ihr ältester Sohn / und stirbt / in wenig Tagen.

Weil nun keine natürliche Ursache solches Geläutes zu ersinnen gewest; und benannte zwo Personen darauf Todes verblichen: hat mans billig / für ein Wunder-läuten / und übernatürliche Ansage ihres Todes / ausgedeutet. Nachdem nun die Wittfrau sich wieder verheiratet / und / mit ihrem zweyten Ehgatten / etliche Kinder gezeugt; seynd dieselbe / einige Wochen nach der Geburt / gleich den Mertzenblumen /verwelckt / und begraben. Da dann jedes Mal eben dieselbige Glocke / drey Mal nacheinander / starck angezogen worden; ohnangesehn das Zimmer / darinn sie gehangen / versperrt gewesen / und also kein Mensch den Drat erreichen können.

Damals bewohnte einen Theil dieses / mit vielen Zimmern versehenen / Hauses Einer / der mein guter Freund; welchen ich allhie will Theophilum benamsen. Dieses seine Studirstube hatte / mit dem Gemach / darinn die Glocke hing / eine gemeine Wand: Deßwegen er / indem er früh morgens in solche seine Stube kam / gar laut nicht allein die anschlagende Glocke / sondern auch das rasseln und rauschen deß gezogenen Drats hörete. [1036] Uber eine halbe Stunde hernach / klingte dieselbige Glock zum andren Mal. Uber fünff Tage hernach / und zwar eine Stunde nach der Mittagsmahlzeit / hebt sie abermal an / ziemlich starck zu läuten / indem er / in gedachter Stuben sitzt / und einen Brieff schreibt. Nachdem er solches seinen Leuten angezeigt; folgt ihm eine gewisse Person nach / in dieselbige Stube / und bemühet sich / ihn zu überreden / es sey nur die Tennen-Glocke gewest / die er gehört. Er hingegen steht fest darauf / die Glocke / so hinter der Wand seiner Stuben hange / sey es / und keine andre. Die Person spricht endlich / so es diese Glocke gewest / welche schon etliche Mal zwar von selbsten geklungen / werde sie noch wol eins wieder läuten: denn sie pflege das Geläut hernach noch eins zu wiederholen. Kaum hat sie solches gesagt / da wird sie zum andren Mal gezogen / und zwar mit solcher Gewalt / daß es schien / als würde die Glock gar herab gerissen werden. Worüber die Person / vor Entsetzung / im Angesichte gantz erblasste; doch bald sich wieder erholete / und hinunter lieff / die Hauswirthin zu ersuchen / ihr eine von ihren Mägden mit zu geben / samt dem Schlüssel: damit man sehen mögte /ob vielleicht Jemand darinn wäre / der aus Schalckheit die Glocke hette gezogen. Man hat gleichwol Niemanden / nachdem man aufgesperrt / angetroffen /die Glocke aber noch in der Bewegung gefunden / so wol als den Drat.

Zehen Tage hernach / ist Theophilus gar sehr erkranckt / und / nach Bericht deß Medici, in Gefahr gestanden / daß ein boshafftes Fieber dazu [1037] stossen mögte. Dem aber die Erfahrenheit deß Medici noch vorgebauet. Doch hat der Patient vier biß in fünff Wochen sich gedulten müssen / ehe denn er wiederum zu völligen Kräfften gelangt. Ein Todes-Fall aber ist /das Mal / nicht darauf erfolgt.

Weil nun hierauf / um diese Glocke zu beschwigtigen / der Klöppel fest angebunden worden: ist / etliche Jahre hernach / der Drat wol vier oder fünff Mal starck angezogen. Darüber der / im Studiren begriffene / Theophilus endlich ungedültig wird / und einen Schlag an die Thür thut / durch welche man aus seiner Stuben / in das Zimmer gehen kunnte / darinn der Drat also rauschete: wiewol solche Thür fest verschlossen war. Er rieff zugleich: Höre ein Mal auf! Man hat der Gauckeley genug. Nichts destoweniger fing es noch stärcker an / den Drat zu reissen. Der gute Theophilus setzt endlich seinen Kopff auch auf /will / seiner Meynung nach / auch wol ein Mal recht zörnig werden / und rufft wiederum: Ist es von GOtt / und was Gutes / so sey GOtt gelobt: bist du aber ein böser Geist / so sey dir Trutz geboten! Man giebt auf deine Posserey nichts. Gleich damit schlägt er / mit der Faust / noch eins an die Thür. Das Gespenst aber macht dennoch von Neuem ein starckes Gerassel mit dem Drat / und zwar / wenn sein Gehör recht geurtheilt / nicht mehr an der gewöhnlichen Stelle / wo der Drat eigendlich hing / sondern nunmehr recht an der Thür / gegen ihm über. Weßwegen er ohn weiteres schlagen an die Thür / in Betrachtung / daß er / in der Stuben / sich gantz [1038] allein befinde / ein wenig zurück tritt / mit diesen Worten: Ey hör eins auf / in GOttes Namen! Und damit ist es endlich still geworden.

Einige vermeynen / solches läuten geschehe / von bösen Geistern; Andre / daß es die guten Engel thun. Wiederum sagen Andre / es thue der Schutz-Engel: welcher hiemit den Menschen warnen / und erinnern wolle / sich / wegen seines herzueilenden Endes / in guter Bereitschafft zu halten. P. Schottus schreibt /als ein Römisch-Catholischer / in seiner Magia Phonotectonica, es sey glaublich / daß es durch die Engel geschehe / um die Verdienste eines Heiligen dadurch zu erklären / welcher von GOtt erlangt habe / daß solches / bey gewisser Gelegenheit / mögte geschehen: Bißweilen könne es auch wol / von einem bösen Geist / geschehen; ausgenommen / wann es / in den Klöstern / gehört werde; allda es vermutlich ein heiliger Engel thue. 6 Was aber andre Religionen / zu solcher Auslegung / sagen werden / ist bebekandt / und einer Erklährung unbenöthigt. Dem gemäß / spricht er / in seiner Physica Curiosa, (meines Erinnerns) daß die guten Engel den Frommen / die böse den Bösen ein solches Vorgeläut machen.

Meine geringe Gedancken seynd darüber diese: daß es zwar eben so wol bißweilen auch gute / als sonst /ein andres Mal / böse Engel thun mögen: und vielleicht von den guten eben so wol unterweisen / vor dem Absterben eines bösen Menschens / [1039] verrichtet werde: damit diejenige / so es hören / dadurch bewogen werden / denselben zur Bekehrung / und Vorbereitung / zu ermahnen. Gleich wie hingegen auch wol / vor der Scheidung einer frommen und gottseligen Seelen / der böse Feind die Glocken läuten kann: um die Leute im Hause zu erschrecken / und damit zu bewegen / daß sie / auf solches Geläut / eine Unfehlbarkeit setzen / von GOTT aber / mit ihrem Vertrauen /abgeleitet werden sollen. Und weil etc. / diese Geläut vielmals / von der Bett- und Sterblägrigen Person selbsten / nicht gehört wird; sondern nur von Andren /und diese solches dem Patienten nicht gern anzeigen; auch / auf solches Selbst-Geläut / nicht alle Mal ein Sterbfall geschicht: so bilde ich mir ein / daß gemeinlich nur die böse Schreck-Geister solches thun: ob ich schon damit nicht sagen will / daß es bißweilen auch nicht / durch einen guten Engel / geschehen könnte; so wol / als das Klopffen / und unnatürliche Fallen /oder Krachen. Wovon / in folgendem Capittel / etwas geredet werden soll.

Fußnoten

1 Leonard. Vairus lib. 2. de Fascino c. 14. P. Joannes Nierembergius lib. 1. de Miraculosis Naturis in Europa cap. 8. P. Martinus Del-rio lib. 4. Disquisit. Mag. cap. 3. Quæst. 2.

2 Mariana lib. 21. de Reb. Hispan. c. 10.

3 Boterejus in Histori-Politographia lib. 8. p. 252.

4 loco s. cit.

5 Meterranus parte 4. lib. 54. p. 501.

6 Vid. Magia Phonotectonica P. Casparis Schotti, art. 2. Magiæ naturalis, lib. 3. Prodigio 4. p. 172.seqq.

96. Die Sterbens-Erscheinungen

XCVI.

Die Sterbens-Erscheinungen.

Weil die unnatürliche Vorzeichen einer Leiche gemeinlich / von den Gespenstern / harühren: soll es /bey vorerzehltem Selbst-Geläute / nicht verbleiben; sondern dem geneigter [1040] Leser noch ein Mehres / von den Sterbens-Bedeunungen / vorgetragen werden.

Man lieset / beym Zonara, daß / nachdem Drusus, zu Rom / Burgermeister worden / und / nach Betriegung etlicher Völcker / die Römische Waffen / samt dem Ruhm seiner Streitbarkeit / noch weiter fortsetzen wollen / ihm ein Weib übermenschlicher Leibs-Länge begegnet sey / und zu ihm gesagt habe: Wohin eilest du so sehr noch / du unersättlicher Druse? Das Göttliche Geschick giebt nicht zu / daß du alle die Länder sehest. Derhalben weiche zurück: denn das Ende deines Lebens und Thuns / ist vor der Thür. Hierauf ist er / gleich noch seiner Wiederkehr / in eine Kranckheit gefallen / und auch nicht wieder aufgekommen. 1

Cardanus schreibt / es habe / bey seiner Zeit / das edle Geschlecht des Tortelles, zu Parma in Italien /ein Schloß gehabt / darinn ein grosser Saal gewest /allwo / unter einem Rauchfang der Kamin / sich bißweilen ein altes Weib habe ihn lassen / so von hundert Jahren her damals von erschienen / und zwar in Gestalt einer längst erstorbenen und verweseten / vormals aber reinen Frauen / welche / von ihrem Enckeln / um ihre Geldes willen / umgebracht / in Stücken zerstückt / und die Trümmer ihres Leibes / in ein heimliches Gemach geworffen worden. Wann nun dieses alten Weibes Gestalt erschien; nahm mans auf / für eine Bedeutung / daß Jemand / aus selbigem Geschlecht / mit Tode abgehn würde.

[1041] Er fügt hinbey / ihm habe eine ansehnliche Frau /Namens Barbiana, erzehlt / daß / wie sie einsmals zuBelloyeuse, mit Andren / zu Nachts gessen / weil eine Jungfrau jetzt-gedachtes Geschlechts kranck gelegen /besagtes alte Weib erschienen sey: weßwegen Jedermann gemeynt / die Jungfrau würde drauf gehen / und ehestens das Grab zur Schlaffkammer bekommen. Aber die Mutmassung fehlte / und fiel der Ausgang gantz anders: denn die bettrüstige Jungfrau richtete sich wieder auf / und genaß: hingegen starb ein Andrer aus dieser Famili / bey gesundem Leibe / urplötzlich. 2 Daraus dann zu mercken ist / daß das erscheinende alte Weib kein guter Engel sey: weil die Erscheinung eine falsche Mutmassung / und bey dem /welcher hernach gestorben / besorglich nur eine Sicherheit erwecket hat.

Derselbige Cardanus gedenckt auch eines Venetianischen Edelmanns / welcher / samt seiner Ehliebstinn / im Bette gelegen / indem ein Wachsliecht in der Kammer / gebrannt / und auch in derselbigen Kammer zwo Seugammen / in einem nidrigem Bette /neben einem kleinem Kinde geschlaffen. Dieser Edelmann sihet / daß man allgemach die Kammerthür aufthut / und ein unbekandter Mensch den Kopff zur Thür hinein steckt. Deßwegen springt er vom Bette auf / und greifft zu seiner Wehr; lässt hernach zwey grosse Wachsliechter anzünden / und geht / samt denen beyden Seugammen / auf den Saal; findet aber Alles verschlossen. Darüber er sich verwundert / und wieder nach seiner Kammer begiebt. Aber / des [1042] andren Tags / ist das Kind / ehe denn es noch ein Jahr alt worden / gestorben. 3

Vor 49 Jahren / befand ich mich / nebst einem Verwandten / bey einem andren / mir mit Blut nahe-befreundtem / Vettern / etliche Wochen lang / auf einem Schloß / allda dieser / an stat seines Fürstens / als ein fürnehmer Beamter / residirte. In demselben Schloß regierte das Gespenst gar sehr / und hatte sonderlich /zu Nachts / gleichsam seinen Tummelplatz daselbst. Als nun einsmals etliche Bediente gedachten meines Vetterns mit demjenigen nahen Verwandten / mit welchem ich dahin gereiset war / davon redeten; erzehlten sie / unter andren / daß sie / vor vierzehen Tagen / bey Mitternacht / gesehn / wie man / vom Schloß eine Leiche / in einem kleinem Sarg / über die Brucken /hinaus trüge / und mit brennenden Liechtern begleitete. Ungefähr drey oder vier Tage hernach / verwahrlosete die Kindsmagd meines Vettern jüngstes und einiges Töchterlein / ein Engel-schönes und holdseliges Kind von zweyen Jahren / indem sie dasselbe / in der Küchen / auf eine Anrichtbanck / liederlich hinsetzt /aber / um mit dem andren Gesinde zu plaudern /davon gebet / und deß Kindes vergisst. Welches bald hiernechst herunter fällt auf das steinerne Küchenpflader / und einen so harten Fall thut / daß es Tag und Nacht geschrien / und über vierzehen Tage dernach /als wir allbereit hinweg gereiset waren / erschieden ist. Welches die nächtliche Erscheinung der vom Schloß hinaus getragenen Leiche / allem Vermuten nach / bedeutet hat.

[1043] In der Beschreibung der Reise deß Römisch-Keyserlichen Orators an die Ottomannische Pforte / Herrn Baron David Ungnads / wird gemeldet / daß / bey damaligen Zeiten / zu Schwatz in Tirol / sich / bey Sterbens-Zeiten / habe ein Gespenst sehen lassen / welches sich / bald klein / bald groß und Haus-hoch gemacht: und zu welchem Fenster es hinein geschaut /da wären die Leute aus demselben Hause gestorben: Und wollte man sogen / daß / zu Insbruck / dergleichen Gespenst würde gesehn. 4

Vor ungefähr 30 und etlichen Jahren / hat / in eines Professors Hause / auf der Hohen Schul zu Helmstädt der Famulus, im Gesichte / gesehen einen Sarg / darein man einen jungen / ihm unbekandten / Herrn legte. Solches zeiget er / deß andren Tages / dem Professorn / und Andren im Hause / an: Welche ihn aber damit aus lachen; in Meynung / es habe ihn entweder ein Traum / oder eine falsche Einbildung / mit solchem vermeyntem Gesicht / bethöret. Wiewol er dennoch /bey seinem Vorgeben / steiff und fest beharret hat.

Uber acht Tage hernach kommt ein junger Herr von Reussen-Plauen / zu Helmstädt / an / und legt sich an deß Professors Tisch. Wie der Famulus desselben ansichtig wird; zeigt er dem Professor an / diesem jungen Herrn habe derselbige gantz gleich gesehn / den man in den Sarg gelegt. Der Professor bindet ihm hart ein / er soll solches sonst Niemanden sagen. Allein bemeldten jungen [1044] Herrn hat / über wenig Tage hernach / eine Kranckheit ins Bette geworffen / und so gar überwältigt / daß er / in kurtzer Zeit / auch dem Sarg und Grabe unterwürffig worden.

Fußnoten

1 Zonaras Tom. 3. Annal. fol. m. 68. 2.

2 Cardan. lib. 16. de Diversit. rer. c. 93.

3 Idem ibid.

4 S. die Gerlachische Reisbeschreibung am 301. Bl.

97. Die unterschiedliche Vorbedeutungen deß Todes

XCVII.

Die unterschiedliche Vorbedeutungen deß Todes.

Von den Erscheinungen / so / vor manchen Sterbfällen / erblickt werden / ist / in diesem Werck / schon mehr / als an einem Ort / etwas geredet worden. Nun wollen wir auch / den solchen Vorbedeutungen / die auf andre Weise zu geschehn pflegen / etliche hervor ziehen: weil dieselbe vermutlich mehrentheils eben so wol / von der Krafft oder Mitwürckung eines Geistes /herrühren.

Wann ein fürnehmer Herr Todes verfahren muß; pflegt / unter andren Vorzeichen / bißweilen um sein bestes Pferd / oder sonst ein andres Thier / ihm lieb /umzufallen / und zu sterben. Deß Wüterichs / Attilæ /schönstes Leibpferd / darauf er sich / Feldschlachten /am meisten verließ / ist / wenig möge vor seines Herrn Untergange / an dessen Geburts-Tage / ohne Anzeigung einiger Kranckheit / oder Schadens / an der Krippen plötzlich niderfallen / und verreckt.

[1045] Dem unglückseligem Ungarischen Könige / Ludwig / ist gleichfalls / kurtz zuvor / ehe dann er / in der Schlacht bey Mohatz / umgekommen / sein bestes Pferd entlebt.

An dem Tage / da Keyser Valentinianus am Schlage gestorben; hat sein Pferd / da er aufsitzen wollen /sich / wider die Gewonheit / aufgebäumt / ihm hefftig widerstrebt / und den Aufsuß nicht zulassen wollen.

Zu verwundern ist es auch / was Suetonius, von deß Julli Cæsaris Pferden / meldet: nemlich daß dieselbe / nicht anders / als ob sie ihres Herrn Tod zuvor merckten / und sich darum bekümmerten / gleich um die Zeit seiner Ermordung / nicht allein kein Futter anrühren wollen / sondern auch mildiglich Zehren vergossen. So wir den Robertum Flud, um die Ursach solcher seltsamen Leid-Empfindung dieser Keyserlichen Rossen / fragten; würde er antworten / der Spiritus vitalis oder Lebens-Geist der Pferde habe eineSympathiam oder Mitgefühl gehabt / mit dem Spiritu vitali deß Keysers / und derwegen solche Zehren den Pferden ausgetrieben. Allein man muß zuvorderst genugsame Versicherung haben / ob es auch wahr / daß die Pferde geweinet: denn auf deß einigen Suetonii Feder könnte man nicht fest genug bauen. Und solche Versicherung scheinet man / beym Plinio, anzutreffen / welcher ausdrücklich schreibt / daß die Pferde Leid tragen um ihren verlornen Herrn / und / aus trauriger Sehnung nach denselben / bißweilen Threnen vergiessen. 1 [1046] So lieset man auch / beym Homero, daß deß Griechischen Heldens Achillis Wagen Pferde milde Zehren haben fliessen lassen. Von deß Pallantis Pferden bezeugen diese Virgilianische Verse dergleichen:


Post bellator equus, positis insignibus Æthon
It lacrymans, guttisq; humectat grandibus ora.

Den Pferden rinnen bißweilen die Augen / bevorab wenn ihnen nicht allerdings wol: Das mögen die Pferdwarter und Reitknechte etwan Threnen genannt haben. Gesetzt nun es sey geschehen / aus Traurigkeit / daß die Pferde kein Futter fressen wollen; so halte ich dafür / der Teufel / welcher / auf vielerley Weise /die Heiden genarret / habe denselbigen Pferden eine so jämmerliche Gestalt vorgestellet / dadurch sie also geschreckt / oder gekränckt worden / daß ihnen die Lust zum fressen vergangen / und sie das Futter nicht angreiffen wollen.

Cromerus, der Polnische Bischoff und Geschicht-Verfasser / zeucht es an / für eine Vorbedeutung nicht zwar deß Todes / sondern schimpflichen Friedens /daß dem Könige Uladislao sein Pferd / eben in dem Moment / da die Schlacht mit den Kreutzherren angehn sollen / plötzlich nidergefallen und gestorben: Worüber der König so erschrocken / daß er sich zum Gefecht nicht einlassen wollen. 2

Uladislai, Königs in Ungarn Leibroß scheinet gleichsam auch ein Vorgemerck deß Untergang [1047] seines hohen Reuters und Herrns bezeugt zu haben: indem es ihm / als Er gegen Varna an / zur Schlacht / die seine Schlachtbanck werden sollte / zu marschiren Willens war / zum aufsitzen sich durchaus nicht bequemen /noch still stehen wollen; gleich als ob es nicht begehrte dazu einige Beforderung zu thun / daß man seinen Herrn zum Tode führete. 3

Dergleichen Exempel hat man noch mehr. Ein gewisser Theologus schreibt / er habe einen fürnehmen Hauptmann gekannt / der mit seiner Frauen ins Carls-Bad fahren wollen / die Pferde aber hetten / als man aufgesessen / zum Schloß hinaus nicht fort gewollt: also / daß er absteigen / und sie mit Gewalt forttreiben lassen müssen: Hernach sey er aufgesessen / und also davon gefahren; aber / in dem warmen Bade /schändlich ums Leben gekommen: sintemal ihn ein Meuchelmörder / in der Schlaffkammer / erstochen. 4

In der Topographisch-historischen Beschreibung deß Hertzogthums Crain gedenckt der Herr Haupt-Author / der Herr Baron Valvasor / daß / als der theure Held / Herr Herbard von Aursberg / weiland Landshauptmann in Crain / ein überaus tapffrer und ritterlicher Soldat / nach vielen glücklichen Treffen /endlich zu seiner Niderlage / ins Feld gegangen / sein Leibpferd / indem Er aufsitzen wollen / ungewöhnlich gestutzt und sich gescheuet / ineinander geschossen /und gezittert / [1048] gleich als ob es sich dafür entsetzte /und Leid trüge / daß es nunmehr seinen Herrn zum letzten Mal tragen / und mit Ihm sterben müsste: Uber welchem Zittern deß Rosses / sein Sohn / Herr Wolff Engelbrecht von Aursberg / erschrocken / und fast kleinmütig worden: weil Ihm solches / als ein Vorzeichen eines unglückseligen Ritts / vorgekommen. Welche seine traurige Mutmassung der klägliche Ausgang auch bestetigt hat. 5

Eine sonderbare Denckwürdigkeit findet man auch von solchem Vorgespühr der Pferde / in dem Informatorio deß D. Mengerings: darinn dieser Author meldet / er wisse sich zu erinnern / daß / als / in seiner Kindheit / Jacob Spor / der Jubelider von Franckfurt /in seinem (deß Authoris) Vaterlande / zu Halle in Sachsen / allda er bey seinem Vater zur Herberge gelegen / ermordet worden / sein Pferd die Nacht durch /als der Mord geschehn / über alle Masse im Stall gewüset und getobt / zum Stallfenster / das bey der Thür war / den Kopff heraus gesteckt und geschäunet / und immer hervor nach der Hausthür geschaut / als wann es hinaus wollte. Welches dann den sämtlichen Hausgenossen einen grossen Schrecken und Nachdencken gemacht: also / daß man dafür gehalten / wann dem Pferde Thür und Thor geöffnet wäre / es wol gar vor deß Mörders Thür hette lauffen dörffen. Also (schreibt er) hat das arme Thier / nach seinem Herrn /so zu reden / ewittert oder gewiehert. 6

[1049] Zu unsren Zeiten / und zwar allererst vor wenig Jahren / ist eines fürnehmen Reichsfürstens bestes Pferd / im Stall / umgefallen / Tags zuvor / ehe dann der bettlägrige Fürst Selbst sein Leben beschlossen.

Wie dieses / aus natürlichen Ursachen / erfolgen könne / wird schwerlich Jemand begreiffen. Aristoteles sagt: 7 Futurorum nullam dari scientiam: Ein Mensch könne zukünfftige Dinge nicht wissen. Eine menschliche Kreatur kann nichts erkennen / oder vernehmen / was nicht würcklich vorhanden ist / oder dessen vorhergehende Ursachen man nicht weiß. Kann nun solches ein Mensch nicht wissen; wie viel weniger ein unvernünfftiges Thier / als das Pferd. Diesem nach dörfften diejenige / welche so wol jedwedem Thier-Geschlechte / als jedwedem Menschen /einen besondern Schutz-Engel zueignen / dafür halten / es rühre das Weinen der Pferde vor dem gewaltsamen Tode ihres Herrn / von einem solchen Schutz-Engel her.

Meine einfältige Meynung geht dahin: daß die Erzitterung eines Pferdes / und dessen Stutzung / endlich wol von einem guten Engel herrühren könnte; wann ein König / oder Fürst / oder andrer fürnehmer Herr / an dem andren Leuten viel gelegen / eine unglückselige Reise vornimt / darauf sein Verderben und Untergang stehet. Und liesse sich vielleicht solches / etlicher Massen / bescheinigen / mit dem Esel Bileams: welchem ein Engel im Wege gestanden /daß er fortzugehen / [1050] sich gescheuet. Wiewol ich / aus solchen Gedancken / keine Gewißheit mache.

Wann aber die Pferde / kurtz / vor- oder eben an dem Tage / da ihr Herr Todes verbleicht / plötzlich umfallen / und verrecken / ohne vorher verspührte Ursach / ohne Schaden oder Kranckheit / meyne ich: so zweifle ich nicht / zu sagen / der Satan bringe sie um: gleichwie er auch / zu Ofen / die Leuen im Graben /so bey tödtlichem Hintritt Königs Matthiæ Corvini, gestorben / erwürget hat. Das Pferd zu Hall in Sachsen hat er vermutlich geschreckt und geängstet / daß es so hefftig getobt / und / aus Furcht für selbigem Gespenste / den Kopff zum Fenster hinaus gesteckt. Denn wo Mordthaten vorgehen / da regiert das Gespenst / und erweckt / bey den Thieren / eine grosse Furcht. Als / vor vielen Jahren / zwischen Nürnberg und Forchheim / ein Welscher erschlagen / und der Leichnam / von dem eilendem Mörder / der ein Reiffträger war / in ein dickes Gepüsche / nicht weit von der Landstrassen, geworffen: hat ein / von einem Metzger vorbey geführter / Ochs / wie man den Ort ihn vorüber geleitet / angefangen hefftig zu wüten: da sonst die Ochsen / ob man sie gleich hundert geräderte Ubelthäter vorbey triebe / sich gar nicht scheuen /noch wüten. Weil aber auch / auf der Heimreise deß Metzgers / dessen Hund in den Pusch geloffen / und ungewöhnlich zu bellen angefangen; ist sein Herr ihm nachgehangen / und deß Erschlagenen ansichtig / der Thäter auch / bald hernach entdeckt / und mit dem Rade belohnt worden. Solches Rindvieh hat vermutlich ein / an dem Ort / wo der Ermordete [1051] gelegen / regierendes Gespenst erschreckt und wütig gemacht. Denn der Mord-Geist hat Lust da / wo das Land /oder eine gewisse Stäte / durch einige Ubelthat / verunreinigt worden / sich aufzuhalten / und allda den vorüber wandlenden einen Schrecken einzujagen.

Daß er aber / durch die Pferde / solche Vorbedeutungen eines Todesfalls macht / geschicht vermutlich zu dem Ende / daß er möge den Leuten diesen Wahn eindrucken / als ob solche Thiere mit einer Vorverkündigung und Weissagung begabt wären: gleichwie er vormals viel alte Heiden dessen überredet hat. Denn es ist / aus dem Tacito, bekandt / daß die alte Teutschen / an den Pferden / den Ausgang ihres Vorhabens zu erkündigen sich bemühet haben. Und dergleichen schreibt auch J. Cæsar, von den Galliern; wiewol diese und jene solche Roßwahrsagerey nicht /auf gleiche Art / getrieben. Nicht weniger haben die Heiden zu- und bey Stettin in Pommern / ein schwartzes wolgefüttertes Pferd / darauf Keiner reiten müssen / für heilig / und in hohen Ehren / gehalten / von dem sie ihr Glück und Unglück / durch ihren Pfaffen / erforschen wollen. 8 Andrer Völcker zu geschweigen /die mit gleichem Aberglauben besessen gewest.

Er kann solche Pferde auch wol / durch seine Hexen / todt zaubern lassen; und zwar am liebsten /zu solcher Zeit / da ihre Herren sterben wollen: damit man / auf keine Druten / einen Verdacht werffen /[1052] sondern es allein für eine gewöhnliche Vorbedeutung deß Todesfalls / achten möge. Und endlich treibt ihn auch dazu seine Begier / Schaden; zu thun / wie auch das Verlangen / welches er in allen dergleichen Händeln der Vorbedeutungen trägt / daß er seine Vorwissenheit möge zu erkennen geben / als ein Geist / der immerzu die Verwunderung über seiner Klugheit und Scharffsinnigkeit trachtet zu erhöhen.

Es begeben sich auch / vor hohen Todes-Fällen /noch allerhand andre Unglücks-Fälle bißweilen: daran er Zweifels ohn auch mitwürcket; als / an grossen Feuersbrünsten / grausam-tobenden Windstürmen /und dergleichen.

Wie deß Schwedischen Königs / Gustavi Adolphi /Gemählinn / Maria Eleonora / ihren Herrn / den König / der in Teutschland damals / wider die Römisch-Keyserliche Majestät / Ferdinand den Andren /Krieg führte / zu besuchen verlangte: rüstete man /nebst vielen andren / zu solcher Reise erforderten /Sachen / auch ein gar grosses Schiff zu / mit einer grossen Quantitet Kupffers / vielem Geschütze / und aller andren Zubehör. Dieses Schiff führte das Wapen / und auch den Namen WASA, welche beyde es / mit der Gustavianischen Familie / gemein hatte: angemerckt / dieser Stamm solchen Namen / von uralten Zeiten her / geführt. Es war aber das Schiff / kaum eine halbe Meile / von dem Hafen abgesegelt / als gantz unvermutlich / das Wasser ich spaltete / oder aufthat / also daß das Schiff gar verschlungen und bedeckt ward; sonder Erscheinung einiger rechten Ursach: angesehn / es weder [1053] an die Klippen gerahten /noch von einem Sturmwinde / noch von erzörnten und hohen Wellen / angefochten war.

Unlang hernach / ging die berühmte Hauptschlacht bey Lützen vor: darinn König Gustavus Adolphus den Sieg / durch seinen Tod / blutig erkauffte. Hieraus hat man geurtheilt / der Untergang besagten Schiffs habe den Todes-Fall deß höchsten Haupts der / gleich also genannten / Famili / Wasæ vorbedeutet.

Als der Schwedische Reichs-Cantzler / Erych Ochsenstirn / sich in Preussen befand / und / bey dem Curfürsten von Brandenburg / von wegen seines Königs / Caroli Gustavi / einige Wigtigkeiten behandelte: wurden dahin etliche Schiffe abgefertigt / mit allerhand nöthigen Sachen. Unter selbigen war eines /welches deß Reichs-Cantzlers seine Equippage, oder Reise-Nothdurfften / als Pferde / Gutschen / und viel andre dergleichert Dinge / geladen hatte. Alle die andren lieffen gar glücklich ein zum Hafen: aber dieses einige ging allein / genau vor dem Hafen / zu Grunde; und bald darauf der Reichs-Cantzler / von der Erden unter die Erde; nachdem Ihm ein hitziges Fieber dazu gedrungen. 9

Dieses ist aber noch wunderlicher / was der berühmte Genealogist / Bucelinus, in seinem Germania Sacra, bey Beschreibung deß Klosters Corvey / welches in dem berühmten Abtey-Stifft Corvey / an der Weser / in Westphalen / ligt / erzehlt; [1054] nemlich es habe selbiges Kloster / von GOtt / unter andren / diese sonderbare Gnade gehabt / daß / so offt / als Einer aus den Brüdern sterben sollen / er / drey Tage zuvor / ehe dann er verschieden / eine Vorwarnung bekommen /vermittelst einer Lilien an einem ehrnem Krantze / der im Chor hing. Denn dieselbe Lilie kam allezeit wunderbarlich herab / und erschien in dem Stuhl deßjenigen Bruders / dessen Lebens-Ende vorhanden war; also / daß derselbe dabey unfehlbar merckte und versichert war / er würde in dreyen Tagen von der Welt scheiden. Dieses Wunder soll etliche hundert Jahre gewährt haben: biß ein junger Ordens-Bruder / nachdem derselbe dadurch gleichfalls seines herandringenden Sterbstündleins erinnert worden / solche Erinnerung verachtet / und die Lilie / in eines alten Religiosen Stuhl versetzt hat; (der Meynung / es würde das Sterben dem alten besser anstehen / als dem jungen.) Wie der gute alte Bruder die Lilie hat erblickt / ist er darüber / als über einen Geruch deß Todes / so hart erschrocken / daß er in eine Kranckheit / doch gleich wol nicht ins Grab gefallen / sondern bald wieder gesund / hingegen der junge Warnungs-Verächter / am dritten Tage / durch einen gählingen Tod / dahin gerissen worden. 10

Ob dieses nun Mancher für ein Geticht mögte ansehn; so gläube ich es doch gar gern: in Betrachtung /daß es auch andrer Orten / in den Stifftern / und Thümereyen / Anzeigungen gegeben / [1055] (und auch noch /auf den heutigen Tag / giebt) wann eines Thumherrns oder Ordensmanns Sterbens-Tag in der Nähe. Der Author, welcher sich S.G.S. nennet / berichtet / daß / von langer Zeit her / in der Stiffts-Kirchen zu Merseburg in Sachsen / drey Wochen vor dem Absterben eines jeglichen Thumherrns / bey der Nacht / ein grosser Tumult in der Kirchen gehört worden / und auf den Stuhl deßjenigen Thumherrn / welcher sterben sollen /ein solcher Schlag geschehen / als ob ein starcker Mann / aus allen Kräfften / mit geschlossener Faust einen gewaltigen Streich thäte. So bald solches die Wächter / deren etliche so wol bey Tage / als bey Nacht / aneinander gewacht / und wegen stattlicher Kleinodien / so darinn vorhanden waren / die Ronde gegangen / vernommen / haben sie es / gleich deß andren Tages hernach / dem Capittel angezeigt. Und solches ist demselben Thumherrn / dessen Stuhl der Schlag getroffen / eine persönliche Vertagung gewest / daß er / in dreyen Wochen / an den blassen Reigen müsste. Wiewol ich nicht begreiffe / wie die Wächter solches so genau haben wissen können / was es für ein Stuhl gewest / der geschlagen worden. Denn / in den gewelbten Kirchen / wird das Gehör / durch den gleich überall fliegenden und widerprellenden Schall /gar leicht irr gemacht und verführt / also / daß es nicht gewiß urtheilen oder ungefehlt mercken können / welcher Stuhl den Streich hette empfangen. Weßwegen ich vermute / es sey nur insgemein allen Thumherren daselbst / wann ein solcher Streich gekracht /die Anzeigung hiedurch gegeben / daß / [1056] über drey Wochen / Einer unter ihnen deß Todes seyn würde. Ob daselbst / noch heutiges Tages / dergleichen Schlag / bey annahendem Sterb-Fall / vernommen werde / ist mir unbewusst / und als ich / durch Merseburg / gereiset / solches eben nicht eingefallen: sonst ich mich dessen würde erkündigt haben.

Noch merckwürdiger aber ist dieses / was in der herrlich-langen Thumkirchen der Keyserlichen freyen Reichs-Stadt Lübeck / geschehen / auch noch geschicht; und nicht allein aus unterschiedlicher Scribenten gedrucktem Zeugniß / sondern auch / aus eigener Erfahrung / mir bekandt ist. Es gedenckt dessen nicht allein Martinus Zeilerus, sondern auch Doctor Ph. H. Friedlieb / in seiner Medulla Theologica; und dieser Letzter zwar / mit folgenden Zeilen:

Apud Lubecenses in cathedrali Templo quod sequitur, antiquitus obtigisse ferunt. Cujus ex Canonicis pulpito Rosa de nocte superimposita, in Choro, & manè inventa, illius mortem instare, indubio concluserunt. Actidisse proinde addunt, cùm quidam ex numero Canonicorum, nomine Rabundus, talem Rosam, mortis suæ horam præsagientem offenderet suo pulpito, impositam, removisse ab inde, & alterius Collegæ pulpito imposuisse; nihilominus tamen Rabundum non longè poit naturæ debitum solvisse. Dicitur ibidem, huno Rabundum motus in Choro adhuc ciere pulsando, tumultuando, quoties mortis terminus licujus Canonici, vel Regularis, appropin quat. [1057] Estq; ibi proverbium: Rabundus se movit: Ergo quidam Canonicorum morietur. 11

Das ist: Bey den Lübeckern / soll sich / in der Thumkirchen / vormals zugetragen haben / was folget. Wenn auf eines Canonici Pult / im Chor /deß Nachts / eine Rose gelegt / und früh Morgens gefunden worden; so hat man / ohn einigen Zweifel / daraus geschlossen / daß solchem Thumherrn der Tod bald obhanden wäre. Man fügt hinzu: Es habe sich begeben / daß / als Einer unter selbigen Canonicis, Namens Rabundus, eine solche Rose /welche ihm seine Sterbstunde anzeigte / auf seinem Pult angetroffen / er dieselbe davon weggeräumt / und auf eines Andren / seines Collegen /Chor-Pult gelegt; nichts destoweniger aber den noch / unlang hernach / der Natur die Schuld bezahlt habe. Man sagt auch daselbst / dieser Rabundus errege auch noch heut / im Chor / mit Klopffen einen Tumult / so offt das letzte Lebens-Ziel eines Thumherrns herbey nahet. Und sagt man / deß Orts / im Sprichwort: Rabundus hat sich gerührt: darum wird ein Thumherr sterben.

Vor-hoch Ehrengedachter Herr Author Notitiæ Imperii Procerum hat / nachdem Er vernommen / daß ich diese Materi unter der Feder hette / mich / seiner angebornen Leutseligkeit nach / mit einem noch jüngerem Bericht / so Ihm / vor [1058] fünff viertheil Jahren /von einem fürnehmen Correspondenten aus Holstein /unter andren (am 6 Januar. 1687) brieflich ertheilet worden / begünstigt. Wovon ich dem geehrten Leser die / mir großgünstig verliehene / eigene Worte hiemit darbiete.

Was ich / von dem Lübeckischen Thum-Capittel / durch dortigen sicheren Freund / erhalten /solches gehet / zu geziemender Nachricht angeschlossen hiebey. Welchem dieses noch beyzufügen / Gelegenheit nehme: Daß alle Mal / wann Einer von den Thumherren sterben soll / es in der Thumkirchen klopffe / so gar / daß mans / in rundherumstehenden Häusern / auch die am Kirch- und Marcktplatz stehende Soldaten-Wacht gantz vernehmlich alle Mal hören könne / auch so dann gewiß inner Jahrs-Zeit Einer von den Thumherren sterben müsse: gleich es dann diesen Herbst (1686) wieder geklopfft; so man dort heisset: Rabundus hat sich wieder hören lassen. Es scheinet zwar fabuleux: aber doch ists so wahr / als wir beyde leben: und wissens die Kinder dort auf der Gassen / was von obigem Klopffen erzehlt habe / und da / von 200. Nahren hero / geschehn pflege. Wobey erzehlet wird / daß / bey Catholischer Zeit / sich alle Mal / im Chor / auf der Stelle deß Thumherrn / so in dem Jahr sterben sollen /eine weisse Rose gefunden: Und wie Herr Rabundus einst auch in den Chor kommend / solche Rose / auf seiner Stelle gefunden / hette [1059] er sie geschwinde und behändiglich weggenommen / und auf eines seiner Cameraden Stelle geworffen. Wie dieser nachgehendes auch in den Chor kommt /und die Rose auf seiner Stelle gewahr wird; entsetzt er sich dermassen / daß er sterb-kranck wird; dennoch geneset / und binnen Jahrs Herr Rabundus dennoch daran müssen: da er dann /auf dem Todbette / obige vergebliche List erzehlet / und verheissen / daß / an stat der Rosen / er danechst alle Mal klopffen wollte. Welches seithero /und bey 200. Jahren / warhafftig geschehen: Wie unglaublich es auch / und Jenes von der Rosen läppisch / und aus alten Legenden errichtet / scheine / etc.

Bißhero aus obermeldtem Schreiben. Nachdem ich also / durch so ansehnlicher Männer Gezeugniß / dieser abentheuerlichen Sache Glaubwürdigkeit fest gestellet habe: will ich / was mir selbsten / theils aus glaubhafftem Bericht / theils aus eigener Erfahrung /hiervon bekandt hiernechst beytragen.

Ich bin / diesem Handel nachzufragen / in meiner Jugend / desto curioser oder lüsterner gewest / weil meine selige Mutter / als meine Eltern / in selbiger berühmten Reichs-Stadt / wegen Kriegs-Gefahr sich eine Zeitlang aufgehalten / mich daselbst geboren /auch dritthalb Jahre hernach / in selbiger Thumkirchen begraben worden; gleichwie man auch / nach vielen Jahren / meinen sel. Vater / weil er stets gewünscht / bey derjenigen / die Er so inbrünstig geliebt / in einem Grabe zu ruhen / nachdem er Todes verblichen / von [1060] Hamburg todt dahin geführt / und zu Ihr eingesencket hat.

Denselben meinen sel. Vater / welchen gewisse Angelegenheiten bißweilen / nach dieser Stadt zu reisen / bemüssigten / ist nicht allein / von dem Mesner /oder / wie man ihn dort nennet / Küster selbiger Kirchen / einem feinem / verständigem und reichem Mann / der zugleich ein Keyserlicher immatriculirterNotarius war / sondern auch von theils fürnehmen Thumherren / ja von damaligen Thumpropst selbsten / der sein gar guter Freund gewest / der Anfang und Grund solches gespenstischen Klopffens / mit diesen Umständen / erzehlt worden.

Nachdem schon von langer Zeit hero besagte Rose / in dem Stuhl / und unter dem Stuhlküssen deßjenigen Thumherrns / welcher bald sterben sollen / erschienen / (ob es in dem Chor / oder bey der Session deß versammleten Capittels / geschehen / ist mir entfallen) so erblickt ein Mal auch der Thumherr Rebundus (denn so soll er eigendlich geheissen haben) solche weisse Sterb-Rose unter seinem Stuhlküssen. Und weil dieselbe seinen Augen mehr ein schmertzlicher Dornstachel / weder eine Rose / war: nahm er sie behände hinweg / und versteckte sie unter das Stuhlküssen seines nechsten Beysitzers: ohnangesehn derselbe sein Küssen schon aufgehebt / und nichts darunter gesehn hatte: Wie dann gewöhnlich ein Jedweder so bald er nur angelangt / alsofort das Küssen pflag umzuwenden / um zu schauen / ob auch diese Grabes-Bötinn / die weisse Rose / darunter läge.

[1061] Weil nun dieser sich hernach nicht weiter darum bekümmert / indem ihm der erste Anblick nichts dergleichen gewiesen; spricht Rebundus zu ihm: Ob er sein Küssen nicht umkehren wolle? Er antwortet / es sey schon geschehen. Jener versetzt: Er werde nicht recht zugeschauet haben; solle recht darnach sehen: denn ihn beduncke / es hette was Weisses darunter geschimmert / als er dahin geblickt.

Der Collega wendet das Küssen hierauf um / und findet die Rose darunter; protestirt aber gleich dawider / und spricht / das seynd Possen / und Betrug; Er habe / gleich anfangs / fleissig genug zugeschaut /und / unter dem seinigen / keine erblickt; glaube derhalben / sie sey ihm von Rebundo untergelegt / rafft sie also zörnig auf / schiebt und stösst sie dem Rebundo wieder hin unter sein Küssen: Rebundus will sie nicht wieder annehmen / sondern zurück geben; der Ander aber sie sich auch nicht wieder auf dringen lassen: daß also / indem sie Einer dem Andren wieder zuwirfft / (so schlecht willkommen war diese Grab-Blume!) ein hefftiges Gezänck / und Streit / darüber entsteht. Wie sich nun hernach das Capittel ins Mittel schlägt / und sie entscheiden; Rebundus aber durchaus nicht gestehen will / daß er die Rose am ersten gehabt / sondern auf seinem unwarhafftem Vorgeben steiff beharret / hebt endlich der Andre / aus verbitterter Ungedult / an / zu wünschen / GOtt solle geben /daß / welcher unter ihnen Unrecht habe / derselbe / an stat der Rosen / zum Zeichen werden / und in seinem Grabe / wann ein Thumherr sterben solle / klopffen möge / biß an [1062] den jüngsten Tag. Rebundus, der solchen Wunsch so viel / als einen leeren Wind / achtete / spricht frevendlich dazu Amen! Es sey also!

Da nun Rebundus, nicht lange hernach / gestorben / (daß der Andre / vor Schrecken / erkranckt sey /davon habe ich nichts gehört; halte es / für eine Confundir- oder Verwirrung / mit der Lilien der Stiffts-Kirchen zu Corvey / davon oben geredt worden) hat es / von dem an / unter seinem Grabstein / so offt ein Thumherr sterben sollen / entsetzlich geklopfft / oder vielmehr grausamhart angeschlagen. Denn es ist eigendlich kein blosses Klopffen nur: sondern es geschehen drey erschreckliche Schläge / unter seinem /im Chor befindlichem / sehr grossem / langem / und breitem / Grabstein / die nicht viel gelinder krachen /als ob das Wetter einschlüge / oder dreymal ein Kartaunen-Schuß geschähe. Und wann der dritte Streich geschicht; laufft oder fleugt der Knall über dem Gewelbe / die gantze Kirche nach der Länge durch / mit so starckem Krachen / daß man gedencken sollte / das Gewelbe wurde ein- und die Kirche übern Hauffen fallen. Wiewol es ein Mal stärcker kracht / als das andre.

Man hört es / wie obangezogenes Correspondentz-Schreiben gar recht berichtet / nicht nur in der Kirchen / sondern auch ausserhalb derselben; und wird die / auf dem Platz vor dem Zeughause (nicht am Marcktplatze / denn darinn muß der Brieff-Verfasser unrecht berichtet seyn) welches durch die Breite deß Kirchhofs biß schier an die Thum-Thürne reicht / stehende Wacht / so allda ihr Corpsdegarde hat / biß weilen dadurch ins [1063] Gewehr gebracht / wann sie noch nicht weiß / woher solches grausame Krachen entstehe.

Ungefähr vor sechs- oder sieben und viertzig Jahren / da ich / in selbiger Reichs-Stadt / als ein Reisender / gewisser Geschäffte wegen / mich etliche Tage auf hielt / spatzierte meiner Reisegefährten Einer ein Mal / mit mir / vor dem Mühlen-Thor / durch einen lustigen / mit Bäumen nach zierlicher Ordnung besetzten Lust-Gang / zwischen dem Wall / und einem Teich / welchen man / meines Erinnerns / den Mühlen-Teich nennet / und der noch wol um ein Gutes breiter / als zu Nürnberg der Platz lang ist / den man die Schied heisset. Jenseit solches Teichs / steht nicht weit davon die Thumkirche: Indem wir nun allda / die Langweil zu kürtzen / miteinander lustwandelten; ließ sich / jenseit bemeldten Teichs / ein gewaltiges Krachen hören / also / daß wir anderst nicht meynten /denn es wäre etwan ein Gebäu daselbst eingefallen. Folgenden Tags / erfuhren wir / daß der ehrlicht HerrRebundus es gethan / und seine gewöhnliche Losung damit gegeben.

Uber acht Jahre hernach ging meine Reise abermal dahin: und lag ich etliche Tage daselbst still. Da fiel /über dem Essen / einsmals / im Wirthshause / unter andren / auch von dem Rebundo ein Discurs vor /indem etliche Fremde den Wirth darnach fragten. Worauf dieser / der ein feiner verständiger Mann war / erzehlte / daß / vor dreyzehen oder vierzehen Wochen ungefähr / der Rebundus, am Sonntage / zwischen neun und zehen Uhr / mitten unter der Predigt /angeschlagen / und zwar so gewaltig / daß unterschiedliche [1064] Handwercks-Gesellen / welche eben auf seinem Grabstein gestanden / und die Predigt angehört / theils durch starcke Erbebung deß Steins / theils durch den bestürtzenden Schrecken / von dem Grabe nicht anders herab geprellet worden / als ob sie der Donner davon weggeschlagen hette. Weil auch / beym dritten Schlage / langst dem Kirchen-Gewelbe / ein so grausames Getös / Gepolter / und krachender Knall hingefahren / wie der Wettergleiche Schlag einer gelöseten Kartaun zu donnern pflege / habe Jedermann zur Kirchen hinaus fliehen wollen / in Meynung / sie würde einfallen; der Prediger aber / welcher bald gemerckt / daß es deß Rebundi Streiche wären / sich geschwinde wieder ermuntert / und der Gemeine zugeruffen / sie sollte sich nicht fürchten / noch lauffen; denn es wäre nur ein Teufels-Gespenst / welches den Gottesdienst gern verstören wollte: darum müsste mans verachten / und ihm im Glauben Trutz bieten. Nach etlichen Wochen / ist deß Dechants (wo mir recht) Sohn verblichen. Denn der Rebundus tobt nicht nur so / mit seinen Schlägen / vor dem Absterben eines Thumherrn selbsten; sondern auch wann eines Thumherrns Sohn / Vater / Mutter / Bruder / oder Schwester / bald zu Grabe kommen wird.

Ich habe dieses so ausführlich beschreiben wollen /damit daraus desto klärer erscheine / was es für ein saubrer Geist seyn müsse / der solches Getös / und unmenschliches Krachen anrichtet; nemlich der leidige Satan. Denn wäre es ein guter Engel / würde er einen so grausamen Tumult nicht erregen / vielweniger / mitten unter währendem Gottesdienste / [1065] solches thun. Weil auch die weisse Rose / so vorhin / unter den Stuhlküssen erschienen / ohne Zweifel mehr Anlaß zur Sicherheit und Aufschube ernstlicher Busse / weder zur Bekehrung / gegeben; indem ein Jedweder vermutlich sich darauf verlassen hat / daß er keines Todes sich zu besorgen hette / bevor die Rose ihm /unter seinem Küssen / läge: habe ich / zu selbiger Rosen / eben so ein schlechtes Hertz / als wie zu dem Anschlagen deß Rebundi. Es stirbt darum nicht ein Jedweder / der seine Busse gespahret hat / bußfertig; wann er gleich / kurtz vor seinem Ende / vernimt /daß sein Ende ihm nahe sey. Mancher bleibt alsdenn /aus gerechtem Gericht GOttes / auch wol verstockt /oder verzweifelt.

Sonst pflegt Manchem / kurtz vor seinem Lebens-Schluß / ein Glas / ohne Berührung / zerspringen. Wovon der Jesuit / P. Engelgrav / ein Exempel erzehlt / das im Elsas geschehn; allhie in hiesiger löblichen Stadt aber / meines Wissens / vor zwo Leichen dergleichen sich begeben hat. Und ist Einem / unter seinen auf dem Tisch stehenden zwölff Monat-Gläsern /dasjenige mit Wein gefüllte Monat-Glas / umgefallen / darauf eben der Monat stund / in welchem er / etliche Wochen hernach / gestorben.

In einem gewissen Hause / lässt sich / so offt etwan ein Sarck / oder sonst eine merckliche Verändrung entweder unter den Hausgenossen / oder in der Freundschafft / herbey rückt / allezeit / hinter einem Spiegel / etwas hören / welches gleich der Unruh in der Uhr.

[1066] In sehr vielen Häusern aber / und fast ins gemein /wird entweder an die Thür / oder Banck / oder Tisch /geklopfft / und geht bißweilen auch wol die Thür von sich selbsten auf / wann Einer tödtlich danider ligt /und nicht wieder aufkommen soll. Man hört auch gemeinlich entweder etliche Tage vorher / oder in der Todes-Stunde / einen schweren Fall. Das wollen Etliche dem Schutz-Engel / oder sonst einem guten Engel / Andre aber einem Teufels-Gespenst / zuschreiben. Ich vermute / es thue bißweilen ein guter / bißweilen ein böser Engel. Daß es alsdenn ein böser Engel thue / wann es / mit erschrecklichem Krachen / geschicht /daran zweifle ich schier gar nicht. Denn der bösen Geister Art ist / daß sie gern die Leute erschrecken.

Wann ein schwartzer Hund erscheint / oder wenn man einen Ring auf den Tisch gelegt findet / oder wenn / in dem Zimmer / die Stühle dermassen / von ihrer Stelle / verruckt / und so fest aneinander gefügt werden / daß man sie kaum wieder voneinander reissen kann / hält vorangezogener Doctor Friedlieb solches billig / für deß Teufels Possen / und Gauckeley /so man für keine unbetriegliche Vorbedeutung solle aufnehmen: Und setzt diese Ursach dazu: GOtt wolle nicht / daß wir das Ziel unsers Lebens wissen sollen.

Allein dieses Letzte hat seinen gewissen Verstand /und manchen Absatz; lässt sich darum nicht / auf alle Vorzeichen / ziehen. GOtt will nicht / daß der Mensch sein Ende / auf solche Weise / wie mit der Rosen geschehen / oder wie durch solche gespenstische Anzeigungen / als durch Fallen / Läuten / [1067] und dergleichen /geschicht / solcher Gestalt / und so gewiß wissen soll / daß er sich darauf sicherlich verlassen / und dergleichen Vorzeichen / für eine gewisse Regul / halten könnte: sintemal Er / in seinem Wort / nicht befohlen / daß man dergleichen soll erwarten / noch versprochen / uns die Zeit unsers Endes zu offenbaren; sondern vielmehr / mit seiner Warnung / daß man bereit seyn soll / weil man nicht wisse / wenn deß Menschen Sohn kommen werde / auch dahin zugleich gesehn /daß wir auch alle Tage zum Sterben bereit seyn müssen / weil wir auch nicht wissen / wenn Er kommen /und unsre Seele von uns nehmen werde. Daher ist unsers Lebens Ende / oder letztes Ziel / und Sterbens-Stunde insgemein verborgen. Denn ob gleich bißweilen ein Engel einiges Vorzeichen giebt: ist doch solches dem Menschen nicht verheissen: weßwegen sich Niemand dessen getrösten / noch versichern kann: sondern das geschicht alsdenn / aus freyem Willen deß Höchsten / und nicht einem Jedweden / auch nicht mit so unzweifelbarer Gewißheit / als wie dasjenige /was GOtt in seinem Wort uns geoffenbart. Denn ob gleich mancher Traum / oder Gesicht / für göttlich geachtet wird: seynd uns doch solche Anzeigungen zu keiner Regel darum gesetzt: und kann bißweilen Einer sich / mit falscher Einbildung / oder Phantasey / betriegen / indem er meynt / diese oder jene Fürstellung sey ihm / von GOtt / oder einem Engel / widerfahren /indem doch nur seine verderbte Phantasey der Mahler ist / der ihm dieses oder jenes vorbildet. Gleichwie hingegen auch nicht alle Vorzeichen / die / von bösen Geistern / auf [1068] Göttliche Zulassung / herrühren / richtig eintreffen / sondern bißweilen fehlen; Und ob sie gleich selten fehlen / sondern zum öfftern würcklich eintreffen / dennoch hetten fehlen können / weil GOtt sie nicht gegeben. Zu geschweigen / daß mehrmals nicht der Patient selber / sondern Andre / die im ihn seynd / die Anzeigungen / so das Gespenst giebt / erfahren; und überdas der Vorzeichen vielerley seynd /auch dieselbe nicht alle Mal / noch in allen Häusern /zu gleicher Zeit / geschehen / sondern an einem später / als am andren. Weßwegen kein Patient darauf ihm eine Rechnung seiner Zeit machen kann.

Unterdessen hindert doch solche allgemeine Unwissenheit und Verborgenheit unsers Ziels den allgütigen GOtt gar nicht / daß Er nicht dennoch / seines Beliebens und Gefallens / Etlichen bißweilen gleichsam einen Winck geben sollte / durch eine merckwürdige Fürstellung / Gesicht / oder Traum. Denn gleichwie Er sich dazu nirgends hat verbunden; also hat Er auch nirgends / durch eine Verredung / sich verbunden /solches keinem einigen Menschen zu thun / das ist /Keinem die Herbeynahung seines Endes zu entdecken: Sintemal viel Exempel ein Andres weisen.

Denn manche fromme Leute wissen richtig den Tag / ja allerdings bißweilen die Stunde ihrer Scheidung /deß Tages zuvor. Dem frommen Keyser / Ferdinand /dem Ersten / ist / im Schlaffe / gegen Morgen vorgekommen / wie daß Er / im Tage Jacobi die Welt gesegnen sollte. Welchen Traum Er / für eine Göttliche Offenbarung / aufgenommen / und / nach dem S. Jacobs Tage / [1069] sich hertzlich gesehnt: an welchem Er auch / in GOtt / entschlaffen ist.

Dem Herrn Dietrich von Werthern ist / da er frisch und gesund sich befunden / gegen Morgen / im Schlaffe / ein heller Glantz vorgekommen / dabey sich auch eine Stimme hören lassen: Sey wachsam und geschickt / dein Seelen-Bräutigam / Christus /wird bald kommen / und dich abholen. Worauf bald hernach sein Ende herbey gekommen.

Wer will sagen / daß solche Entdeckungen nicht von oben seyen? Daß auch das gelinde Anklopffen vor der Thür / nicht alle Mal von einem bösen Gespenst / sondern bißweilen auch wol durch einen Engel / geschehn könne / wenn Jemand soll sterben /lässt sich / meines Bedunckens / aus diesem Exempel / welches allererst vor dreyen Jahren sich begeben /etlicher Massen abnehmen. Einer noch gar jungen /doch tugendhafften / und hochbemittelten Ehfrauen /die ihres Vaters einiges Kind war / kam / indem sie zu Nachts ihrem Ehliebsten an der Seiten ruhete / fünff oder sechs Wochen vor ihrer unglücklichen Niderkunfft im Traum ein Gesicht vor / wie sie / in dem Ober Zimmer auf einem Bette (so eben dasselbe gewest / darauf sie nachmals gestorben) sässe / und Jemand vor der Thür selbiges Gemachs anklopffte / darauf sie gesagt: Herein! Nachdem das Klopffen zum andren Mal geschehn / und sie abermal spricht / man solle herein kommen; geht die Thür auf / und tritt ein hochansehnlicher Mann / vortrefflicher Gestalt und Annehmlichkeit / auf ihr freundliches Nöthigen / herein. Welcher / weil sie sich [1070] darob entsetzt / zu ihr spricht / Sie solle nicht erschrecken / noch sich fürchten; Er sey von GOtt gesandt / ihr anzudeuten / daß Sie sich bußfertig bereiten sollte; damit wenn GOtt Sie wollte abfordern / Sie bereit wäre. Worauf Sie nidergekniet / und ihre Sünden hertzlich beweint. Darüber der ansehnliche Mann ein sonderbares Wolgefallen bezeugt und ein gutes Vergnügen spühren lassen; auch gesagt / Er wolle solches seinem Herrn / dem HErrn Christo / hinterbringen; und Sie würde bald /bey selbigem ihrem Heilande / in der Herrlichkeit erscheinen. Womit Er gleich verschwunden.

Von dem an / hat sie sich keine andre Gedancken gemacht / als daß sie / in Kindsnöthen / drauf gehen würde: wiewol sie den Traum nur zweyen Personen vertrauet / aber dabey hart verboten hat / ihrem Vater / und Ehliebsten denselben zu erzehlen; damit sie nicht / vor der Zeit / sich allzusehr mögten bekümmern.

Uberdas ist ihr bald hernach vorgebildet / im Schlaffe / als ob sie von zweyen Barbierern auf einen Berg getragen / daselbst aber / von ihnen / verlassen würde / und allein geblieben: biß zween ihres Vatern Diener sie wieder hinab trügen. Solches ist Alles also ergangen: Sintemal ein Barbier / auf deß Doctors Raht / das / schon todte / Kind / durch seine Instrumenten / nicht ohn ihren grossen Schmertzen / von ihr bringen müssen / und nachdem sie dennoch / nicht lange hernach / Todes verblichen / eben diejenige zween Diener / welche sie im Traum gesehn hatte /ihren Leichnam [1071] aus dem obern Gemach hinab / in die Tennen / getragen.

Weil nun der herrlich-schöne Mann / welcher Ihr /im Traum / die Busse und Sterbens-Bereitung / vorher angedeutet / und recommendirt hat / zuvor zwey Mal angeklopffet / ehe dann er hinein getreten: lässt sich /meines Ermessens / damit ziemlich bescheinigen / daß das Anklopffen nicht als Mal / von den bösen Geistern / sondern jemals auch wol (zumal das sanffte und bescheidene Klopffen) von einem Engel geschehe: angemerckt / sonst dieselbe / im Traum erschienene / herrliche Person das Anklopffen nicht würde gebraucht haben / ihr das Gesicht desto bequemer beyzubringen / und ein weiteres Nachdencken damit zu erwecken.

Unterdessen vermute ich / daß eben so wol ein Teufels-Gespenst bißweilen also / vor der Thür eines auf den Tod danider ligenden Menschen / anklopffe /und daß solche schwere Fälle / worüber die Anhörende gar hart erschrecken / gemeinlich eines spöttlenden Poltergeistes Werck seynd. Hiezu bewegt mich zweyerley: Erstlich dieses / daß so wol das Vorzeichen deß Geläuts / als der schieren Fälle / bißweilen ohne Erfüllung bleibt. Daraus die Vermutung erfolgt / es habe solche Anzeigung kein guter / sondern böser Engel alsdenn gegeben / der in seiner Mutmassung gefehlt: Welches die heiligen Engel nicht thun: sintemal die selbe / ausser GOttes Befehl / mit dem Menschen nichts handeln / noch etwas bey ihm verrichten; und derhalben / in ihren Anzeigungen / nicht fehlen können; weil der unfehlbar ist / welcher ihnen dieselbe anbefohlen.

[1072] Daß aber die Poltergeister / und Tod-verkündigende Gespenster bißweilen / mit ihren Anzeigungen fehlen / davon hat man unterschiedliche erfahrungen. Daß dem Theophilo, nachdem die Glocke etliche Mal geläutet / eine gefährliche Kranckheit zugestossen /und er doch wieder aufgekommen sey / ist / in vorigem / erzehlt worden. Solche seine Genesung hat er /nechst GOtt / der Verwechslung deß Medici zugeschrieben. Denn sein gewöhnlicher Medicus, ob er gleich ein trefflich-gelehrter Mann war / brauchte doch / in dergleichen Zuständen / seine besondre Kur-Art: vorüber aber der Hauswirth Theophili das Leben eingebüsst. Hette Er nun dieselbige auch / bey demTheophilo, wiederholt / wie er vermutlich würde gethan haben: so wäre dieser Patient schwerlich auch mit der Haut / davon gekommen. Aber derselbe Medicus war damals / zu allem Glück deß Theophili, aufs Land verreiset; weßwegen man nach einem andremDoctor schicken musste: welcher / auf eine gantz andre Manier / ihn glücklich curirte. Solche Abwechslung muß das läutende Gespenst nicht vermutet haben: darüber es / in seiner Vorbedeutung / gefehlt.

Welcher Gestalt eben derselbe Theophilus, etliche Jahre hernach / einen grausamen Fall / wovon das Haus gebebt hat / über seinem Kopff / gehört / und er drauf abermal einen gefährlichen Zustand bekommen / doch gleichwol / nachdem er / auf ein ernstliches Gebet / im Traum / eine Schrifft gesehn / welche ihm die Errettung versprochen / dennoch beym Leben wunderbarlich erhalten worden / [1073] mag ich jetzo nicht hinzu thun: weil ich mich / ohne dem / in dieser Materi / etlichen guten Freunden zu Gefallen / schon ziemlich lange aufgehalten. Vielleicht dörffte ich / in dem Tractat / welcher von den Leichbegängnissen handeln wird / solches umständlich / dem christlichen Leser zur Erbauung / erzehlen.

Es ist mir auch bekandt / daß man / vor gewissen Häusern / einen Sarg geschaut: worauf doch bißweilen der / ob gleich tödtlich-schwache / und von denMedicis selbsten sehr besorgte / ja schier am Leben verzweifelte Patient / endlich dennoch wieder zu Kräfften gelangt / die zweifelhaffte Vorwissenschafft deß Schreckgeistes beschämet / und der Fehlbarkeit überwiesen hat.

Das Andre / so mich veranlasst zu vermuten / daß das Anklopffen mehrmals von einem Poltergeist geschehe / ist dieses: Weil solches Klopffen (und auch das Anläuten) nicht nur bey frommen / sondern auch ruchlosen Patienten / geschihet. Ja! ich vermute / es werde solches Geklopff auch wol / bey dem Absterben der Heiden und Türcken / offt gehört: denen doch kein Engel solches thun wird.

Manche Heiden haben auch die Herbeynahung ihres Todes / im Traum / gesehen. Xenophon, und /aus ihm / Zonaras, berichten / als der Groß-König /Cyrus, zum siebenden Mal / wieder in Persien angelangt / habe Er einen Traum bekommen / als ob Ihm ein Mann erschiene / der von grösserer / als menschlicher / Condition war / und zu Ihm sagte: Bereite dich / Cyre! denn [1074] jetzo fordern die Götter dich zu sich. Daraus Er geschlossen / sein Lebens-Ziel wäre vorhanden.

Man erkennet den Vogel / am Gesange. Wäre das ein guter Engel gewest / würde er nicht gesagt haben /von vielen Göttern. Aber Herodotus, welcher diesem Monarchen ein blutiges Ende zuschreibt / und / wie auch Justinus, Valerius Maximus, nebst Andren /meldet / die Scythische Königinn Thamiris (oder Tomiris) habe ihn geschlagen / enthauptet / und den Kopff in einen Sack voll Blut gesteckt / damit er deß Menschen-Bluts einmal recht ersättigt werden mögte: sagt / von erst-gemeldtem Traum Cyri nichts; sondern von diesem. Als Cyrus den schnellen Strom Araxes passirt war / um dieser Königinn der Massageten ins Land zu gehen / sahe Er / im Schlaffe / ein Gesicht; nemlich wie deß Hystaspis ältester Sohn / Darius, aus seinen beyden Achseln Flügel Hette / deren einer Asien / der andre Europa / überschattete. Welches Traum-Gesicht Er also gedeutet / daß der Sohn Hystaspis ihm nach Reich und Scepter stünde. Aber Herodotus meynet / der Geist (welchen er δαίμονα nennet) habe Ihm damit diese Vorbedeutung geben wollen / daß er umkommen würde. 12

Es mag nun gleich Xenophon, oder Herodotus, recht haben: so ist doch so wenig jenes / als dieses Traum-Gesicht / oder Todes-Weissagung / von einem heiligen Engel dem Cyro vorbestellt.

[1075] Doch bin ich darum nicht in Abrede / daß bißweilen ein guter Engel auch wol einem üblen Christen ein Vorzeichen deß nahenden Endes geben könnte; wenn nemlich Hoffnung vorhanden / daß er sich noch werde bekehren. Bey einem Verstocktem aber und Unbekehrlichem / hat ein heiliger Engel so wenig etwas zu schaffen / als wenig der Heilige Geist Selber einem solchen End-verhärtetem Ruchlosem beywohnet.

Fußnoten

1 Plin. lib. 8. Hist. Natural. c. 42.

2 Cromerus de Reb. Polon. lib. 17.

3 Cuspinianus.

4 Strigenitius apud Titium im Exempelbuch Artic. 34. c. 4. n. 10. p. 1477.

5 S. das 490 Blat seqq. deß XV Buchs: da dieser denckwürdige Geschicht ausführlich beschrieben ist.

6 D. Mengering Informator. Consc. p. 550.

7 lib. 2. περὶ ἑρμκν. s. de Interpretatione.

8 S. hievon M. Danielis Crameri Pommerische Kirchen-Chronic lib. 1. p. 40. 58.

9 D.J. Scheferus in Memorabil. Suecieis cap. 3. p. 20. seq.

10 Bucelinus Tom. 2. German. Sacræ fol. 163. Nec on generos. & nobiliss. Dn. Author Notitiæ S. Rom. Germanici Imperii Procerum, lib. 3. c. 19. p. 334.

11 D. Ph. H. Friedlieb Medull. Theolog. Loc. de Provid. divin. Cas. Consc. 6. p. 315.

12 Herodotus lib. 1. cap. 209. seq.

98. Der schwartze Werckmeister

XCVIII.

Der schwartze Werckmeister.

Die Arbeit der bösen Geister besteht darinn / daß sie dem Menschen ein Unglück zimmeren / und dasjenige / was nicht allein der Heilige Geist / sondern auch die Natur / an uns / hat gebauet / nach äusserstem Vermögen abbrechen und ruiniren / die Tugenden in Laster /die Leibesgesundheit in Kranckheit / das Leben in den Tod verkehren. Hierum bemühen sie sich / auf unzehlich-vielerley Art und Weise / und gebrauchen sich täglich neuer Erfindungen.

Wer / von diesen schädlichen Baumeister / keine Zerstörung seines Seelen- oder Leib-Gebäues / leiden will; der muß ihnen täglich / mit dem gläubigen Gebet / und christlichem Wandel / entgegen arbeiten / und GOtt / um den Schutz seiner heiligen Engel / fleissig anruffen; auf daß er / weder für dem Grauen deß Nachts / noch deß einsamen [1076] Tages / an furchtsamen Oertern / dörffe erschrecken.

Insonderheit hat man sich / bey antretenden Reisen / dem Höchsten fleissig zu empfehlen: sintemal Einer / wann er auszeucht / nicht wissen kann / wie er wieder heimkomme; bevorab Einer / der allein reiset. Der höllische Mordgeist hat alle Wege und Stege deß Menschen mit Stricken belegt / und mit tückischer Hinterlist besetzt: Wie solches im Jahr 1526 / ein Sicilianischer Handelsmann / um ein gar theures Lehrgeld / nemlich mit Einbuß seines Lebens / erlernen müssen.

Derselbe ist / von Catana gen Messina, gezogen /und / am 21 Mertzen / zu Terminio eingekehrt / allda er / die Nacht über / verblieben. Folgenden Tags setzt er sich / in aller Frühe / wiederum zu Pferde / und hatte die Stadt noch nicht weit hinter sich gebracht /als ihm zehen Männer begegneten / die er für Maurer ansahe; weil sie / mit dergleichem Werckzeug beladen waren. Er fragte / Wohinaus? Sie antworteten genMontgibello. Nachdem er ein wenig weiter geritten /traff er wiederum zehen andre an / und empfing auf gleiche Frage / von ihnen gleiche Antwort; mit diesem Anhange / daß ihr Meister sie ausgeschickt hette /wegen eines vorhabenden Gebäues zu Montgibel. Der Kauffmann fragt: Was für ein Meister? Darauf antwortet ihrer Einer: Ihr werdet ihn bald sehen.

Bald darauf begegnet ihm / eben auf derselbigen Landstrassen / ein Riese / mit einem sehr langen / und Raben-schwartzem Bart. Welcher ihn / ohn einigen Gruß / und andre Vorworte / [1077] fragt / Ob er nicht unterwegs seine Werck- oder Arbeits-Leute angetroffen? Er berichtet / daß ihm etliche Maurer begegnet / welche vorgegeben / daß sie auf Montgibel gehen sollten / um allda etwas aufzubauen / weiß nicht auf wessen Befehl. Wann ihr derselbe seyd / (that er hinzu) der solches Gebäu vornimt; so mögte ich wol gerne wissen / wie ihr / auf solchem Berge / zu bauen vermeynt / der doch immerzu mit Schnee bedeckt ligt / und zwar so tieff / daß der beste und stärckste Fußgänger / der gefunden werden mag / seine Füsse tapffer brauchen muß / und gnug zu thun hat / wann er daraus kommen will. Der schwartze Baumeister antwortet / er wisse schon Kunst und Mittel genug / nicht allein dieses / sondern noch wol viel schwerere und grössere Dinge zu vollziehen / wanns ihn gelüste / und er selbst / der Kauffmann / ob er gleich / auf diese seine Rede nicht viel zu halten schiene / dennoch solches selber gar bald / mit seinen eigenen Augen / erfahren würde. Nach dieser Rede /ist er alsofort / in der Lufft / verschwunden.

Der Kauffmann erschrack darüber so hefftig / daß er nicht allein im Angesicht gantz erblasste / sondern auch einen Schwindel bekam / und auf dem Pferde sich kaum erhalten kunnte / ja schier in eine Ohnmacht gefallen wäre. Dieses zwang ihn / wieder umzukehren / nach der Stadt Torminio. Allda er glaubwürdigen Leuten erzehlte / was ihm zu Gesicht gekommen; auch / wegen schwacher Leibs-Befindung /alsofort seinen letzten Willen kürtzlich aufsetzen ließ / und / nach Versorgung [1078] seines Gewissens / noch selbigen Abends den Geist aufgab. 1

Bey angehender Nacht deß folgenden Tages / als den 23 Martii / erhub sich ein grausames Erdbeben /und von der Spitzen deß Berges Gibel / schlug mit erschrecklichem Brausen ungewöhnlich-viel Feuers heraus / welches / an derselben Seiten / mit hefftigem Ungestüm herum fuhr. Weßwegen die bestürtzte Einwohner zu Catana zusammen lieffen / und GOtt um Gnade anfleheten / auch / mit ihrem Gebete / so lange anhielten / biß das Feuer abzunehmen / und zu erleschen / begunnte.

Fußnoten

1 Gilbert. Cousin. lib. 8. Collection. & Narration. apud Authorem Gallicum S.G.S.

99. Der spitzbübische Geist

XCIX.

Der spitzbübische Geist.

Was für ein abgesagter Feind deß menschlichen Geschlechts der leidige Satan sey / das erhellet zwar genug / aus der grausamen Kriegs-Flamme / welche er jetzo / durch seine Kreaturen / in Europa hat angezündet: sintemal nichts gewissers / als / daß seine höllische Eingebung der menschlichen Ehr- und Herrschsucht diese Land- und Leut-Verheerung hat eingeblasen: Weil aber dennoch wir Menschen nicht recht betrachten / woher solcher Jammer entstehe / nemlich /daß / um unserer tieff-eingerissener Ruchlosigkeit willen / [1079] der gerechte Richter aller Welt dem Satan /solche blutige und verderbliche Kriege anzurichten /verhenge; sondern nur auf die Steine sehen / welche auf uns daher fliegen / und nicht nach der erzörnten Hand / daraus sie geflogen kommen: so lässt GOtt zu / daß gemeinlich / bey solchen blutigen Kriegsläufften / der böse Geist / hie und da / seinen Mutwillen / und frevlende Bosheit / auch in gemeinen Wohnhäusern /spühren lasse / und in sichtbarer Gestalt sich zu erkennen gebe: damit wir mercken mögen / daß / um unsers sündigen Wesens willen / dieser Scharffrichter deß Höchstens einen längern Zügel gewonnen / die Leute / mit Schrecken / Furcht / und auch wol würcklicher Verletzung an Leib und Leben zu peinigen und zu plagen / oder / durch boshaffte Verleumdung ihres guten Leumuts / zu kräncken.

Man könnte solches / mit vielen Beyspielen / entzweifeln; wenn man nicht schier in allen wochentlichen Zeitungen / ohne dem hievon einen entsetzlichen Fall läse.

Ich zweifle aber doch / ob / in langer Zeit / dieser Ertzbösewigt / und verfluchte Abentheurer einen seltsamern Frevel verübt / oder ein Haus so verunruhigt habe / als wie unlängst / im verwichenem 1689 Jahr /zu Döttingen / einem Ort / so deß Hochgebornen Grafen und Herrn / Herrn Heinrich Friedrichs / Grafens von Hohenloh und Gleichen / etc. etc. Meines gnädigen Grafen und Herrns / oberherrlichem Gebiet und Herrschafft unterworffen ist / geschehn: Als woselbst der verdammte Geist / bey einem Hausmann / nicht allein / mit vielfältiger Verwandlung / mancherley[1080] Gauckel-Possen getrieben; sondern auch allerley Frevel begangen / und benebenst dabey sich einen Mord-gierigen Verleumder erwiesen: indem er die Leute im Hause / durch seine Erscheinungen in offt-veränderter Gestalt / zum offtern geschreckt / die Kinder angefochten und geplagt / bald diesen bald jenen Hausraht (um zu weisen / daß er so wol ein Dieb sey / als ein Lügner) entwendet und anderswohin vertragen; auch zuletzt / ein gewisses (aller bißheriger Vermutung nach unschüldiges) Weib / mit grober Bezüchtigung der Hexerey / durch Annehmung ihrer Gestalt / und würckliche Lästerung / in Schmach / Schande und Tod / zu stürtzen / gesucht.

Damit aber der geneigte Leser vielleicht nicht vermeyne / das Gerücht habe diesen gespenstischen Abentheuren / seiner sonst nicht ungewöhnlichen Gewonheit nach / einen Zusatz gegeben: will ich demselben den gantzen Verlauff / in solcher Form / wie ihn der Hochgräfliche Herr Amtmann / zu Döttingen / bey der / in Gegenwart deß Pfarrerns / Herrn Georg Friedrich Drechslerns / und deß Hausmanns (oder Baurens) Andreas Welzen / geschehenen Amts-Verhör / hatprotocolliren lassen / und folgends / an die Hochgräfliche Hohenloh-Langenburgische Cancelley / eingeschickt / nachmals aber / von selbiger hochlöbl. Cancelley / mir in Abschrifft mitgetheilt worden / vortragen / und glaubfest stellen.

Es lautet demnach Ehren-besagten Herrn Amtmanns erster Bericht hievon / wie folget.


[1081] Actum Döttingen den 6 Septembris Anno 1689.


Es hat sich in die vier Wochen herein ein wunderbarer und allhier zu Döttingen noch nie erhörter Casus in Andreas Welzen Behausung zugetragen / welcher sich nachfolgender Gestalt verhält:

Ohngefähr um das Apostel-Fest Jacobi / haben Andreæ Welzen Kinder allhier / in dem Kehricht / welches Heinrich Steppers Gesind aus- und in den Bach geschüttet haben sollen / etliche / in 36 Kr. bestehende Stücker Müntz / gefunden / und solche ihrer Mutter gebracht. Welches Geld sie in ein Büchslein verwahrt und in die Truhen verschlossen / nach der Hand und etlich Tage hernach aber / nichts mehr ausser dem Büchslein in der Truhen gefunden: gleich darauf / hatte sein /Welzen / Weib / einen grossen Abgang an ihren Eyern verspühret / und darvor halten müssen /daß es etwan durch ein Wieselein / welches Junge habe / geschehen seyn müsse / derowegen man nachgesucht / und ausser dem Hause viel leere Schalen gefunden / wodurch dann ihre Meynung /und daß dem also seye / um desto mehr verstärckt worden. Nachdem aber dieses Weib ihre Eyer / in bessere und verschlossene Verwahrung /genommen / sind solche biß auf etlich Wenige /gleichsam aus der Truhen verschwunden. Welche aber / auf nachsuchen / hinter dem Hause gantz[1082] zerstreuet / jedoch ohnversehret wieder gefunden worden.

Wie nun dieser Eyer-Dieb sein Spiel nicht / wie vorhin / mit den Eyern treiben können / hat er den Handel auf ein andre Weis und dergestalt an gefangen: nemlich / daß zu viel Malen die inner und ausser der Stuben befindliche geringe Mobilien und Geschirr / benanntlich allerley Kleidung / weiß Gezeug / als Schurtztuch / Halshemder /Hüllen / Hauben / Hackmesser / Näber / Wetzstein, Dängelstock / Garn / Schlüssel / und andere geringe Sachen mehr / bey hellem liechtem Tag /aus der Stuben und von dem Tische verschwunden. Welches alles aber / ausser etwas an Garn und Zwirn / sich wieder / auf fleissiges nachsuchen / in deß so genannten Rotachsbaurn / Heinrich Steppers / Garten gefunden.

Worbey dann Georg Berndtich gantz klar gesehen / wie die Welzinn einen gantzen Kreben mit allerley Eisenwerck / vor ihrer Hausthür / gehabt / und solche ihm / und andren Leuten mehr / gewiesen. Da seyn einige Stück aus dem Kreben verschwunden / und hernach / in obangeregtem Garten / wieder gefunden worden; und also seye es / mit denen verlohrnen Hackmessern / auch ergangen.

Ferner referi rt Hanns Wolff Preiminger / Beck allhie / daß / angesichts seiner und andrer Leut mehr / ein Dängelstock / bey zugeschlossener Thür und Fenster / auf [1083] dem Tisch gelegen; der sich aber / in einem Augenblick / unsichtbar gemacht / gleich darauf aber an der Stubenthür sich wieder sehen lassen. Weil dann dieser Bauer auch verschiedene Kinder hat / als solle auch geschehen seyn / daß dieser listige Gast ein- und andrem Mägdlein / den Vorschurtz und Gürtel /am Leib / ledig und unsichtbar gemacht habe /liesse sich nicht hören oder sehen / gleichwol habe man / bey hellem Tage / der Bäurinn auf dem obern Boden stehende verschlossene Truhen etliche Mal hören auf- und zumachen / auch seye Keinem niemalen nichts ins Gesicht kommen /ausser daß eins Tags / bey offnem Fenster / ein ziemlich-grosser Vogel / grauer Farbe / Abens um 8 Uhr / in die Stuben geflogen / sich auf die Weber-Studel gesetzt / und in puncto wieder zum Fenster hinaus gemacht; der Bauer habe nur bloß den Schatten / die Bäurinn aber den Vogel gar eigendlich gesehen. Und dergleichen Verlust / an ein- und andren geringen Sachen / habe sich / biß zu End deß jüngst verstrichenen Monats Augusti / offt begeben; jedoch seye mehrentheils wieder gefunden worden.

Obiger Welz berichtet dato weiter / neben seiner Hausfrau / wieder aufs neue / daß den 29 Augusti jüngsthin dieser unsichtbare Geist / gegen Abend um vier Uhr / zween Schaarnägel / einen Stoßnagel / und einen Ochsenstriegel / entführet habe: welches sich hernach / noch selbigen Abends / auf [1084] der Gassen wieder gefunden: Ferner / am 30. dito seye das Ochsen-Joch nach Mittag in dem Ochsenstall von dem Nagel kommen; und nachdem man solches gewahr worden / hätte man solches wieder dahin gehenckt; wäre aber gleich darauf wiederum hinweg kommen / und nach der Hand in dem Ochsen-Trog wieder gefunden worden.

Eben diesen Tag / und als bemeldtes Joch sich wieder gefunden / und der Baur und Bäurinn auf dem Felde gewesen / und gegen Abend wieder anheim kommen / haben sie die Hauen und Mistgabel vor der Thür / das Beil aber unter dem Schweinstall / gefunden.

Tags hernach / als Samstags den 31 dito, seyen zween Schlüssel verlohren / welche sich wieder /in Hanns David Fischers Garten / gefunden. Diese beyde Schlüssel hat der Welz in seine Stuben an einen Nagel gehenckt: wovon der eine wieder unsichtbar / und durch sein Töchterlein / unter deß Dorffs Bronnen-Trog / wieder gefunden worden.

Am Sonntage hernach hat er / Welz / morgens gegen drey Uhr / vor seiner Kammer-Thür ein grosses Getös und Gepfürr zweymal gehört. Eben diesen Tag hat der Sohn Michel das / am Freytage zuvor verdiente / 20 Kr. Miet-Geld / ohnwissend verlohren / und ein paar Stunden hernach gleich an dem Hause / abwärts deß Bachs / [1085] Stückweise wieder gefunden. Weiters seyen / verschienenen Montags / als 2 Septembris / fünff Schüsselein / samt denen Deckeln / verlohren /und / auf nachsuchen / wieder unter dem Schweinstall gefunden worden.

Ferners berichtet dato sein / Welzen / Töchterlein / Namens Maria / ihres Alters neun Jahre /heut frühe am Tage / da sie noch im Bette gelegen / und eben vom Schlaff erwacht / seye ein schwartzes Gespenst / ohne Haar / auf ihrem Bette gesessen / welches einen Hundskopff / und ein weisses Kreutz auf der Stirn gehabt; worüber sie sehr erschrocken / und wie es wieder von dem Bette und auf den Boden gesprungen / hat sie gesehen / daß es aufrichtig gegangen / und an beyden Füssen zween Menschen-Zehen gehabt; wäre darauf zum Fenster-Laden hinaus gesprungen: und eben dieses Gespenst habe sie / dieser Tagen /öffters in der Kammer / und hinter dem Hause im Garten / auch unter ihres Vaters Bettstäte / gesehen. Und dieses bestätiget obiger Maria Schwester / Ursula Salome / ihres Alters eilff Jahr / daß sie solches etliche Mal in voriger Gestalt / jedoch mit diesem Unterschied / im Schweinstall auf der Schwellen gesehen / daß es manch Mal auf vier /auch bißweilen auf zweyen Geißfüssen / gangen / allezeit in der Grösse eines Hunds oder Katzen; der Kopff habe gar lang-bißweilen schwartz- oder auch [1086] wol grau / ausgesehen / jedoch ohne Haar /und mit grossen feurigen Augen: Hanns Hanselmanns Söhnlein Georg Lienhard / seines Alters neun Jahre / sagt / daß er dato frühe / unter der Küchen / dieses Thier in deß Welzen Wagenhütten / ohne Kopff / gesehen: der Leib seye schwartz / die Beine aber weiß gewesen; seye aufrichtig gangen / und habe Zehen / wie die Menschen / gehabt.

Wormit obige ihre Aussage beschlossen / und ihnen darbey befohlen worden / wann sich dergleichen Spectra wieder sehen lassen würden / solches / von Tag zu Tage / bey dem Amt anzuzeigen. Datum ut supra.

Wie hiernechst dieser hellische Spitzbube seine Büberey fortgesetzt / und wie er auch so wol / mit angemasster Gestalt / als Reden / sich für eine gewisse Frau ausgegeben / mit Begehren / daß man dieselbe /als / seiner Sage nach / eine Hexe / verbrennen sollte /ist / aus nachgehendem / an vorgedachte Hochgräfliche Cancelley ergangenem weiteren Amts-Bericht /umständlich zu ersehen.


Actum Döttingen / den 20. Septembr. Anno 1689.


Erscheinet Andreas Welz / Inwohner allhier zu Döttingen / mit seinen zweyen jüngsten Töchtern / Namens Salome und Maria / und sagten aus /wie daß der bekandte Geist / seit den 6 diß Nachts / und [1087] zwar vor etwan acht Tagen / seine Figur gantz verändert / und eines Weibs Gestalt / mit einem grünen Mieder und kurtzem schwartzem Rock bekleidet / angenommen / habe bißweilen Weiber-Schuhe an; das Gesicht sey zu Zeiten bedeckt / bißweilen aber sichtbar und häßlich / alt und runtzlicht: verschienen Diensttag Nachmittag um zwey Uhr / seye diese Weibsperson / zu der jüngsten Tochter Maria in ihre Kammer kommen / und habe zu ihr gesagt / sie wollte ihr zween Gülden samt einem Doten- oder Patenschurtz / bringen: wie sie nun um drey Uhr hernach wiederkommen / habe sie gesagt / sie habe beydes verloren: Eben selbigen Tag / um zwölff Uhr / seye es zu der Tochter Salome kommen /und habe einen Teller in den Küchenladen hinein gereicht / und sey wieder verschwunden: Selbigen Abend aber / um sieben Uhr / sey sie wieder in der Stuben bey dem Lotter-Bett gewesen / und habe zu ihr / Salome / gesagt / sie wollte selbige Nacht ihren jüngern Bruder erstechen: Um vier Uhr Nachmittage / und wie deß Welzen Frau Hanff in Backofen stecken wollen / habe der Geist aus dem Backofen zu ihr / Salome / gesagt / wann der Hanff eingesteckt werde / wolle sie ihn gleich anbrennen: Gestern Abends um fünff Uhr seye es abermal an dieser Töchter Kammer-Laden erschienen / und wieder daselbst hinaus gesprungen.

[1088] Dato, sagt die Salome / Vormittags um acht Uhr / sey es wieder erschienen / und / in der einen Hand ein Messer habend / wieder zum Kammer-Laden hinaus gesprungen: gleich nach acht Uhr /habe die Tochter / Maria / sie wieder in ihrem Bette gesehen; zu welcher der Geist etliche Mal gesagt: sie sollte zum Amt gehen / und sagen /man soll sie versengen und verbrennen / und wo das nicht geschehe / wolle sie alles im Haus zusammen schlagen: Gestern Abends sey dieser Geist der Tochter Salome / bey dem gemeinen Brunnen erschienen / habe seine Händ gewaschen / und daß man solches / bey dem Amt / anzeigen soll / gesagt.

Der Welz sagt / er hätte vor guter Zeit eine Krämers-Waage verlohren / dieser Tagen aber sey es wieder herbey kommen: es stehen aber noch allerley weissen Gezeug und Zwirn aus: Vergangene Wochen habe der ältere Sohn seinen Hut an die Studel gehenckt / die Hutschnur sey mitten entzwey geschnitten / und hernach im s.v. Schweinstall wieder gefunden worden: Im Stall laß es sich auch sehen / thue aber dem Vieh nichts / als daß es solches manchsmal über den Rücken streiche.

Diese beyde Mägdlein förchten diesen Geist gar nicht / sondern die jüngere hette vergangenen Sonntag frühe morgends / als er sich zu ihr in das Bett geleget / mit einer Schnitthippen ihme einen Riß in das Gesicht gegeben; worauf er aufgestanden / und [1089] sich mit etwas geschmiert / und wieder zum Laden hinaus gesprungen. Datum ut supra.

Laut ferneren Aussage deß Andreas Welzens vor dem Amt / hat / folgender Zeit / der Satan / mit seinem Mutwillen / und manchfältigen Erscheinungen /angehalten / und diesen / in beygefügtem mehrerm Bericht beschriebenen / Frevel getrieben.


Actum den 23. Septembris Anno 1689.


Referi rt obvermeldter Andreas Welz weiter: daß am 20 passati, und eben den Tag / da die letztere Verhör geschehen / dieser Geist den andren Tag vor der Stuben erschienen seye / und dem kleinen Kind ein Messer an die Kählen gesetzet habe; die jüngste Tochter hätte aber das hinweg gerissen: der Geist aber habe eine Katzen ertappt / und ihr den Kopff abschneiden wollen / welches dieses Mägdlein auch verwehrt: Dieser Geist sehe gantz eigentlich deß N.N. seiner Frauen gleich / und gibt selbsten vor / daß sie es sey / mit fernerm Vermelden / man soll es bey dem Amt anzeigen /daß sie eine Hexe seye / und daß man sie verbrennen solle: Gestern Sonntags sey diese Figur dem jungen Mägdlein auf der Gassen erschienen / und zu ihr gesprochen / man soll ihre Action en bey dem Amt anzeigen / sie seye deß N.N. Weib: Am Freytage zuvor / [1090] sey sie mit einem Brand an das Haus gangen / solches anzustecken: Sonntag / als gestern Nachts / sey diß Gespenst in der Kinder Kammer kommen / habe die kleine Tochter bey den Zehen ergriffen / und ihr dieselben abschneiden wollen; heut Montags frühe / als der Schafhirt ausgefahren / habe sich ein langer schwartzer Mann in der Kammer præsentirt / dem das Haar biß an die Hüffte gehangen / hätte dem Mägdlein nach den Zöpffen griffen / aber nichts geredet.

Was für Bosheiten der Bösewigt / in vorbedeutetem Hause / noch mehres verübt habe; giebt dieser vermehrter Bericht zu vernehmen.

Den 26. Septembris hat der Teufel sein Spiel /wie vorhin / und zwar dergestalt / gegen obgemeldten zweyen Mägdlein ausgeüber / daß einstens Nachts derselbe / in Gestalt mehr-besagter Frauen / erschienen / ein Wachsliecht in der Hand haltend / und samt dem Liecht unter das Deckbett zu den Kindern geschloffen; bald hernach und zwar Abends sey sie wieder / in voriger Gestalt / kommen / das eine Mägdlein aber hätte dem Vater geruffen / und begehrt / daß er nach ihr greiffen sollte. Welches zwar geschehen / er habe aber nichts sehen / weniger greiffen können: Folgenden Tag sey einstens / bey dem hellen Tage / ein Mann und Weib / in grünen Kleidern / ohnversehens in die Stuben kommen / und miteinander [1091] auf- und abspatziert; solche hätten aber beyde Mägdlein allein / Vater noch Mutter aber nichts / sehen können. Ohnlängst hernach habe sich dieser Geist / in mehr-besagter Frauen Gestalt / auf dem Först deß Hauses mit einer Waschlagen præsentirt / und sich herunter gestürtzt /sey in der Lufft aber verschwunden: und solches hätten die Kinder auf der Gassen gesehen.

Als einstens das junge Mägdlein aus einer Maßkannen trincken wollen / hat das Gespenst /in Gestalt einer jungen Katzen / gegen ihr heraus gesehen / auch sich einstens / von seiner Grösse /biß zu der Grösse eines Hüner-Eyes / verkleinert /und zum Kammer-Laden hinaus gefahren: die eine Tochter hab ihm nach- und es in der Lufft gesehen / und darbey beobachtet / daß es in der Nachbarschafft wieder zu einem Laden hinein ge fahren. Insonderheit aber als das junge Mägdlein / auf ihrem Acker / Feldbirn auflesen wollen / sey dieser Gast / in Gestalt eines ungeheuren Wolffs /unter dem Baum gelegen: da sie dann unverrichter Sach wieder davon gegangen.

Nach solchen Geschichten / sind beyde Mägdlein erkranckt / und hat der böse Geist ihnen ein-als andern Weg keine Ruhe gelassen / sondern sich öffters zu ihnen in das Bette gelegt / und die jüngere Schwester gepfetzt. Darauf die ältere den 13 Octobris / die andere aber acht Tage hernach /Tods verfahren / welche etliche blaue Mähler [1092] auf dem Leib gehabt haben soll. Nach deren Abtritt soll sich bißweilen wie noch ein Gepölter in dem Stall hören lassen.

Hiezwischen wurde deß N.N. Frau vor ein offentliche Zauberinn ausgeschrien; Andreas Welz / als beyder abgeleibter Töchter Vater aber /langte bey dem Amt an / man sollte sie einziehen /und die Justi tz über sie ergehen lassen: dieser wurde aber mit diesem Bescheid abgewiesen /man könnte diesem Weib noch zur Zeit nicht beykommen / der Teufel sey ein Tausendkünstler /und ihme ohnschwer / dem allerfrömmsten Menschen eine Kletten anzuhengen / sollte warten /die Sache werde sich endlich schon selbsten ergeben.

Als nun im gantzen Amt und Dorff / auch in der Nachbarschafft / von obgedachter Frauen /daß sie gewiß eine Hexe seye / ohngescheut ausgebreitet worden; hat sie solches erfahren / und sich Tag und Nacht dergestalt gequält / daß sie endlich bey dem Amt diese Frage angelegt: Ob dann auch eine ein Hex / ohnwissend der Person / seyn könnte: Man hat sie dahin gewiesen / wann sie ein gut Gewissen / sollte sie sich nichts daran kehren; der Teufel sey ein Tausendkünstler; sollte fleissig beten / die Schmach gedultig tragen / und die Rache GOtt befehlen. Gleichwol hat sie sich nicht zufrieden geben wollen / und sich dergestalt abgekümmert / daß sie in eine Kranckheit gefallen /und / nach wenig Tagen / sich zum sterben [1093] gantz christlich bereitet / und / dem Vernehm nach /seelig abgeschieden. Der hinterbliebene Mann aber N.N. solle gesinnt seyn / Andreas Welzen hiernechst mit Recht vorzunehmen.

Sonst wird / in einem absonderlichen Schreiben Ehren-besagten Herrn Amtmanns / auch gemeldet /daß auch angedeuteten Andreas Welzens Vieh einsmals / die halbe Nacht durch / dermassen verunruhigt worden / daß der Mann endlich dem Nacht-Wächter zuruffen / und denselben um Hülffe bitten müssen.

Nachdem nun die beyden Töchter gestorben / hat sich zwar das Gespenst nicht mehr sehen lassen /doch gleichwol noch immerzu gerührt / und ein Gepolter erregt.

Der Teufel hat / seit dem er / aus einem Engel /zum Teufel worden / und von dem GOtt der Warheit abgefallen / sich gantz unwürdig gemacht / für einen warhafften Angeber / oder Zeugen angehört zu werden: dahero er auch allhie billig anderst nicht / als der allerperfecteste Lügner / in dem keine gründliche Warheit ist / betrachtet / und nicht ein Mal so viel gewürdigt worden / daß man / auf seine Aussage / das /von ihm bezüchtigte / Weib nur hette zu Rede gesetzt. Deß Feindes Mund redet selten die Warheit / noch viel seltener der vermaledeyte Mund deß Ertzfeindes aller Menschen. Diabolus (schreibt Augustinus) est spiritus nocendi cupidissimus, à justitia penitùs alienus, superbiâ tumidus, invidentiâ lividus, fallaciâ callidus. Der Teufel ist ein Geist / der gantz [1094] begierig / zu schaden / der Gerechtigkeit gantz abhold /von Hoffart gantz geschwülstig / von Neid gantz erbost / in Betrug ertzlistig und verschlagen. 1

Einem solchen Verleumder Glauben zuzustellen /würde mancher Unschuld viel zu nachtheilig fallen. Er hat schon mehrmaln den Richtern solches Irrliechtlein vorgestellt / und durch Erscheinung in gewisser Personen Gestalt / sie / zu Verurtheilung unschuldiger Leute / verleiten wollen. Wie man / bey den Casuisten / und Andren solcher seiner Practicken / nicht wenige findet.

Beym Dedekinno lieset man / daß einem Edelmann / als er / mit langweiliger Ohnmacht und Schwachheit / behafftet gewesen / ein Landfahrer eingebildet / er wäre bezaubert / und dabey sich erboten / ihm das Weib vor die Augen zubringen / das es ihm angethan hette. Als es nun der Edelmann bewilligte; sagte der leichtfertige Vogel: Welches Weib morgen in eure Behausung wird kommen / und sich auf den Heerd zum Feuer stellen / auch den Kesselhaken mit der Hand angreiffen / und halten / die ist es.

Folgenden Tags / kam eine / dem Ansehn nach /von seinen Nachbarinnen / und Unterthanen / ein ehrlich-frommes Weib / und stellete sich dahin / auf solche Maß und Weise / wie der Landfahrer gesagt. Dessen verwunderte sich der Edelmann zum höchsten: weil er von dieser Frauen / die er für fromm und redlich achtete / auch deßwegen [1095] ihr nicht übel wollte /niemals dergleichen sich eingebildet hatte: darum er auch anfing zu zweifeln / obs recht zuginge. Er gab derhalben heimlich seinem Diener Befehl / hin zu lauffen / und zu sehen / ob diese Nachbarinn daheim sey / oder nicht. Der Ausgeschickte findet dieselbe sitzen über ihrer Arbeit / und Flachs hecheln; sagt / sie solle alsobald zum Junckern kommen; und will auch nicht gestatten / daß sie sich zuvorderst recht anlege. Sie spricht / es werde sich je nicht schicken / daß sie so staubig und unaufgeputzt / vor den Junckern trete. Jener antwortet / das gebe nichts zu bedeuten / sie solle eilends mit ihm gehen. So bald sie nur zur Thür hinein tritt / verschwindt die erste / aus dem Saal.

Da merckte der Edelmann / daß ihn der Teufel betrogen; und bekennet / er würde die Frau haben lassen verbrennen / wenn GOtt ihm nicht in den Sinn gegeben hette / den Diener hinzuschicken. 2

Daß der Satan / in lebendiger Personen Gestalt /zum Nachtheil ihres guten Leumuts / bißweilen erscheine / beglaubet nicht allein der Doctor Mengering / sondern bestetiget es auch Doctor Frommannùs mit diesem gar denckwürdigem Exempel. Zur Regierungs-Zeit Hertzogs Johannis Casimiri, wohnte dessen Stallmeister / G.P.V.Z. zu Coburg erstlich in der Spittel-Gassen daselbst; hernach in demjenigen Hause / welches nach ihm [1096] besagter Doctor Frommannus bezogen; demnechst / in dem grossen Hause / bey der Vorstadt / die Rosenau genannt; nachmals im Schloß / darüber Er Schloß-Hauptmann war. Zu so vielmaligem Wohnungs-Wechsel bemüssigt Ihn ein Gespenst. Welches seiner Ehliebstin so vollkömmlich gleich sahe / daß / wenn es ins Losament hinein kam / indem er am Tische saß / bißweilen ihm darüber ein Zweifel entstund / welches seine rechte Ehfrau wäre. Denn es folgte / wann er gleich auszoch / ihr doch allenthalben nach. Und als diese Edelfrau ihrem Herrn das Haus /darinn hernach gedachter Doctor gewohnt / zur Wohnung vorschlug / um also dem Gespenste auszuweichen; hub dasselbe an / lauter Stimme zu reden / sagend: Du ziehest gleich hin / wo du willt; so ziehe ich dir nach; wenn du auch die gantze Welt durch zögest.

Solches seynd auch keine blosse Drau-Worte gewest: sondern es hat sein Versprechen gehalten. Denn nachdem ihr Ehherr / der Stallmeister / eingezogen; hat / folgenden Tags / nach geschehenem Auszuge /die Thür deß Hinterhauses ein solches Krachen gegeben / als ob sie würde mit Gewalt zugeschlagen; und das Gespenst / von dem an / in solchem verlassenem Hause / sich niemals mehr sehn lassen / sondern in dem neu-bezogenem wieder erschienen ist.

Wie die Edelfrau gekleidt ging / in solcher Kleidung zoch auch das Gespenst auf; Sie mogte gleich ein Feyer- oder Leid-Kleid / ein zierliches / oder alltägliches / anlegen. Massen sie deßwegen niemals allein / in ihren Haus-Geschäfften / sondern [1097] allstets /von Jemanden begleitet / ging. Es erschien aber gemeinlich / in der Mittags-Zeit / zwischen 11 und 12.

Einsmals liessen sie ihren Beichtvatter / Herrn Johann Pfrüscher / gegen selbige Zeit / zum Essen bitten: Welcher auch kam. Aber damals ließ sich der höllische Aff nicht sehen. Folgenden Tages / stellete sich derselbige Beichtvater / auf geschehene Einladung / abermal zur Mittags-Mahlzeit ein. Allein es wollte auch weder dieses mal / noch hernach jemals /das Gespenst / in seiner Gegenwart / erscheinen. Allein als der Edelmann mit seiner Ehliebstinn / und seiner Jungfrauen Schwester / ihn / da er wieder heim gehen wollte / an die Stiegen begleitete; stieg es / von unten die Stegen hinauf / und erwischte durch ein /nahe an der Stegen befindliches / höltzernes Gitter /der Jungfrauen / welche den Geist allein gesehn hatte / ihren Schurtz-Flecken / (oder Vortüchlein) wiewol es alsofort / als sie anhub zu schreyen / verschwand.

Einsmals ist es / auf der Küchen-Thür-Schwellen /mit den Armen gelegen: und / als die Köchinn gefragt / Was willt du: hat es geantwortet: Deine Frau will ich. Sonst soll es der Edelfrauen keinen Schaden zugefügt haben. Gedachter Jungfern / nemlich deß Stallmeisters seiner Schwester / ist es sehr gefähr gewest /und hat ihr einst eine solche Ohrfeige gegeben / daß ihr / auf dem Backen / Blasen davon entstanden: weßwegen auch die Jungfrau wieder heim / in ihres Vaters Haus / kehren müssen.

[1098] Der Author, Herr Doctor Frommannus, gedenckt /sein Haus sey darüber sehr verschreyet worden; doch habe sich allgemach solches Geschrey verlohren / und gefunden / daß es / von Gespenstern / sonst rein wäre: Denn / in der zwantzigjährigen Zeit / darinn Er dasselbe bewohnt hat / habe / seit dem / weder Er / noch seiner Leute Jemand / einiges Gespenst darinn gesehn; ausbenommen / daß / sechs Wochen vor dem Tode seines lieben Töchterleins / Mariæ Barbaræ /(welche im Jahr 1674 / am 10 Februarii / verschieden) seine Magd / zu Nachts / zwischen eylff und zwölff / als sie etwas / bey dem Hausbrunnen / zu thun gehabt / ein Kind gesehn / welches / im weissen Hemde / auf dem Brunnen gesessen / und den Kopff gantz traurig gesenckt / doch alsobald verschwunden. Welches sie aber eher nicht angezeigt / als biß die kleine Tochter verschieden. 3

An einem berühmten Ort in Teutschlande / ist diese wunderwürdige Geschicht vorgegangen. Ein fürnehmer Fürst hatte zween Religiosen / die / ihrer Erudition und Tugend halben / ein grosses Lob hatten / zur Tafel beruffen lassen; und / über der Mahlzeit / sagte Er / zu dem Einem: Mein lieber Herr Pater! Meynet Derselbe nicht / es sey billig und recht / daß wir bißhero solche Leute gefänglich einziehen / auf welche zehen oder zwölff Hexen bekennet / daß dieselbe /bey ihrem Hexen-Reigen / erschienen? Ich besorge nicht wenig / der Tausendkünstler betriege seine Sclaven / und [1099] der Weg / welchen wir / durch solche Aussagungen / suchen / sey nicht sicher genug: zumal weil theils ansehnliche und hochgelehrte Männer anheben / starck dawider zu reden / und unsrem Gewissen einen Scrupel zu machen. Derhalben sage er mir doch seine Meynung.

Der Pater antwortete: Ey! was wollen wir uns darüber viel ein Gewissen machen / oder deßwegen noch länger scrupuliren / nachdem wir so viel Zeugnissen schon vor uns haben? Vielmehr soll uns dieses ein Scrupel seyn / und wir uns ein Gewissen hierüber machen / daß wir meynen / GOtt der HERR werde jemals eine solche Angeb- oder Verleumdung unschüldiger Personen zu geben. Der Richter hat keine Ursache / bey einer solchen Anzahl der Aussagungen / anzustehen / noch zu zweifeln / ob er auch sicher verfahre.

Wie nun gleichwol der Fürst wiederum etliche Einwürffe vorbrachte / und aus beyden Seiten viel Dinges zur Betrachtung gestellet ward / der Religiosus aber nichts destoweniger / seine Meynung zu behaupten /sich inständigst befließ; machte endlich der Fürst / an der Disputation / einen Schluß / mit diesen Worten:Aber / mein lieber Pater! es ist mir Eurenthalben leid / daß Ihr Euch / in einer Sache / die Leib und Leben betrifft / mit eurer eignen Rede / so tödtlich verwundet. Ihr habt nun keine Ausflucht / noch Fug / zu widersprechen / wenn Ich euch gleichfalls lasse gefangen setzen: sintemal nicht weniger / als funffzehen / ausgesagt / sie hetten euch auch /bey [1100] ihren Versammlungen gesehn. Und damit ihr nicht etwan meynet / ich vexire mich nur / so kann ich gleich alsofort die Act en holen lassen; auf daß ihr euch darinn lesen möget / und sehen /wie ihr mit so vielen Zeugen / als ihr selber nicht ein Mal fordertet / überwiesen seyd.

Darob erstaunte der gute ehrliche Mann / schlug die Augen vor sich nider / und wusste nicht / wie er /wegen seiner Ubereilung / sich so geschwinde sollte entschüldigen. Der Fürst hielt ihn darum im geringsten Verdacht nicht / wol wissend / daß er redlich /und ein Ertzfeind der Zauberey wäre: es gefiel ihm aber sehr wol / daß er ihn so artlich in seiner Rede gefangen / und damit ein Muster oder Beyspiel vorgestellt hette / wie mißlich es wäre / wenn man die blosse und betriegliche Erscheinung dieser oder jener Person / für einen unbetrieglichen Beweis annehmen wollte. 4

Wann auch gleich der Satan / entweder durch rechte Zauberer / oder durch besessene Leute / solche Personen / die vorhin allbereit in einigem Verdacht stehen / angiebt; besinnt sich doch ein fürsichtiger Richter noch eben wol darüber / ehe er darauf so gleich zuplatzt und angreifft: weil in peinlichen Hals-Sachen vollkommene Beweisthümer / oder die Augenscheinlichkeit deß Verbrechens / oder auch selbsteigene und freywillige Bekenntniß / erfordert werden. Das Gerücht kann falsch seyn. Daher auch das peinliche Halsgericht / mit dem blossen Gerücht / sich nicht gnugsam [1101] versichert hält / Jemanden deßwegen anzutasten / oder einzuziehen: angemerckt / unterschiedliche Beschaffenheiten (deren der gelehrte Jurist / Cothmannus 5 zehen benennet) bey einem üblen Gerücht und Geschrey / vorher erkündigt werden müssen.

Cesius giebt / in Beschreibung der Stadt Amsterdam / ein paar Exempel verdächtiger Personen / deren eine der Teufel / aus besessenen Kindern / für eine Drute gescholten; die andre aber / durch aberglaubische Händel / herbey getrieben worden; aber doch darum kein gutes / sondern schlimme Worte von sich gegeben. Beydes wird / von ihm / mit folgenden Zeilen / beschrieben.

Um diese Zeit (nemlich Anno 1555) besaß der böse Geist die arme Wäisen / zu Amsterdam /und plagte sie dergestalt / mit allerhand Anfechtungen / daß ihnen die Grillen darvon / ob er schon nachmals von ihnen gewichen / so lange sie lebten / noch in ihrem Gehirn spielten.

Weil sie nun in solcher ihrer Besessenheit / vor etlicher Weiber Thüren / erschrecklich zu rasen pflegten / sonderlich aber auf eine / Namens Bametie, welche sie einhälliglich beschüldigten / sie bezaubert zu haben / alle ihre Bosheit ausgossen: so wurden diese Frauen allezeit verdächtig gehalten / und vor Zauberinnen ausgeschrien. Dieser Verdacht aber / fiel am allermeisten auf Bametie; weil man ihr ohne diß Schuld [1102] gab / daß sie vielmals bey der Nacht ausgewesen / ihr Gauckel-oder Zauber-Spiel zu üben. Zudem ward sie auch manches Mal in der Heiligestärs-Kapelle / als todt und entzuckt / mit weit voneinander geschlagenen Händen und Füssen / auf dem Bodem ausgestreckt / vor dem Altar gefunden. Aus welcher Entzückung sie endlich / nach etlichen Stunden /mit tieff-geholten Seufftzen / wieder zu ihr selbst kam.

Von dieser Bametie pflegten gemeldte Wäisen /wann sie als Katzen / wie man erzehlet / bey dem Thurn der alten Kirche aufgeklettert / und mit ihren Fingern auf den Spielglocken spielten / mit heller Stimme zu singen: Wir wollen von hinnen nicht weggehen / es sey dann / daß wir zuvor Bametie im Feuer sitzen sehen. Zuweilen wiesen sie auch mit Fingern von sich / als wollten sie den: Umstehenden / die aber nichts sahen / diese Bametie zeigen. Welche / wie sie vorgaben / jetzund / ihnen einiges Leid zuzufügen / ankäme.

Auch waren sie / nicht wusste man warum / auf den Schultzen überaus ergrimmet: welchen sie sehr übel schmäheten und schalten / ihn einen Deventer-Kuchen nenneten / weil er ihnen / mit dergleichen Kinder-Kost / das Schelten zu stopffen / den Mund aufbrechen lassen. Ihre Gesichter / wann sie zörnig zu werden begunnten / verstelleten sie dermassen häßlich und greulich / daß Einem / der sie ansahe / die Haare zu Berge [1103] stunden. Sie redeten vielerhand ausländische Sprachen; welche sie doch niemals gelernet: und wussten / darüber man sich am allermeisten verwunderte / zu erzehlen / was man / im selbigen Augenblick / auf dem Rahthause handelte. Ja sie entdeckten selbst die Gedancken der Menschen. Offt lieffen sie nach dem Wasser zu / als wollten sie sich ersäuffen: aber so bald sie darbey kamen / blieben sie stockstille stehen / und sagten: Der grosse Mann (so pflegten sie GOtt zu nennen) will es nicht zulassen. Ja / wann sie etwas Böses thun wollten / aber nicht konnten / sagten sie allezeit /daß es der grosse Mann verböte.

Von einer andren Frauen / die man / durch einen /zum Feuer gesetzten / Hafen / aufgetrieben / hefftet er Nachgehendes dabey an.

Wir lassen hierüber (seynd abermals seine eigene Worte) wie auch / von einer fast dergleichen Begebniß / die sich nur für etlichen Jahren / in der so genannten Sinterklaß-Gasse allhier / mit zwey Kindern / derer fromme Eltern noch itzund bey Leben / zugetragen / andere urtheilen. Diese Kinder waren eine geraume Zeit / an allen ihren Gliedern / erlahmt / und litten dabey unaussprechli che Schmertzen. Weil nun etliche dafür hielten /daß sie bezaubert wären / so ward den Eltern endlich der Raht gegeben / daß sie eychene Spähne mit Wasser / welches sie von einer Kreutz-Brücke geschöpffet / in einem neuen Topffe so lange [1104] solten sieden lassen / biß die Teufels-Künstlerinn sich offenbahrte / und die Kinder von der Plage / wo sie nicht schon allzuweit eingerissen /gesund machte.

Die Eltern / wiewol sie zu erst nicht glaubten /daß / unter den Menschen / einige Zauberey zu finden / oder dieses (vermeynte) Kunst-Stück /dieselbe vertreiben oder offenbahren könte; stellten gleichwol / durch den Jammer / den sie an ihren elenden Kindern sahen / bewogen / solchen Raht bey verschlossener Thür / ohne jemands Wissen / zu Werck. Worauf stracks beym ersten aufsieden (oder aufwallen) ihre nechste Nachbarinn / darauf sie das wenigste vermutet / auf den Hinter-Platz geloffen kam / und zu schreyen begunnte: Ihr Teufels-Banner / ihr Teufels-Banner! Ja dieses Geschrey trieb sie / mit hin und wieder lauffen in ihrem Hause / so lange / als der Topff über dem Feuer stund; verklagte auch deßwegen / wiewol sie selbsten / noch jemands fremdes / dieses Wasser-sieden nicht gesehen / die Eltern bey den Predigern. Denen dieser Handel sehr fremd vorkam. Aber endlich / da sie von den Nachbarn gehöret / daß gemeldte Frau ein böses Gerücht hette / ermahnten sie die Eltern (derer Kinder nunmehr / durch den Tod / von ihrer Plage erlöset waren) sich still zu halten / und die Sache GOtt zu befehlen. 6

[1105] Ich zweifle zwar sehr / ob der Author, Cesius, sattsamen und richtigen Bericht hievon eingenommen /und nicht nur etwan / mit einer / aus dem Flügel deß blossen Gerüchts gerupfften / Feder / diesen letzten Handel beschrieben; in Betrachtung / was er für ein unbedachtsame Antwort auf die Frage / warum vormals mehr Gespenster / als heutigs Tages / gesehn worden / gleich dabey anknüpfft. Gestellt aber / dem sey also / daß das Weib gegen dem Hause / darinn der Hexen-Topff am Feuer gestanden / geruffen: Ihr Teufels-Banner! ohnangesehn / sie den Hafen nicht gesehen; sollte darum das Beweises genug seyn / sie anzugreiffen? Auf solchen Teufels-Possen deß siedenden Hafens / wird kein verständiger Richtet fussen /noch etwas anfangen. Denn / wie wann der Satan / in deß Weibes Gestalt / aufgetreten wäre / und also geruffen hette? Ich vermute aber / Cesius habe diese Umstände verkehrt / und das Weib allererst hernach /wie sie erfahren / daß / nachdem vielleicht der T. in ihrer Gestalt erschienen / man von ihr schlimm geredet / hingegangen sey / und sich darüber so unnütz gemacht habe: Sintemal nicht wol zu glauben / daß sie sonst sich unterstanden hette / die Leute / bey dem Prediger / zu verklagen. Welcher / wann er ein christlicher und gewissenhaffter Mann gewest / denen Eltern / die er zur Gedult vermahnet hat / vorher ohne Zweifel eine gute Lection gelesen / und ernstlich verwiesen haben wird / daß sie zu zaubrischen Mitteln gegriffen / und mit dem siedendem Hafen zu erkündigen sich erkühnt / welche diejenige wäre / so ihnen ihre Kinder so plagte.

[1106] Es will sich auch nicht gar zu wol miteinander reimen / daß die Eltern vorhin auf das Weib gar keinen dergleichen Gedancken geworffen / ehe denn sie gekommen / und sie für Teufels-Banner gescholten; und dennoch gleichwol den Prediger berichtet haben / das Weib hette ein übles Gerücht.

Gelassen aber / es habe ohne dem nicht zum besten von ihr vorhin gelautet: so würde sich doch schwerlich ein behutsamer Richter / durch ein blosses Gerücht / und durch solche Erscheinung auf das abergläubische Topff-sieden / haben bewegen lassen / das Weib zu verhafften. Woferrn aber die Anzeigung aus keiner abergläubischen Handlung herrührete; alsdan würde ein kluger Richter nicht zu verdencken seyn /daß er die verdächtige Person / im fall sie eines liederlichen Wandels / und schlechten Gerüchts / vorfordern liesse / und ernstlich zu Rede setzte: Denn ich er innere mich / daß eine Hexe / als der Richter (weil es nur ein gemeines Weib / und wegen einer begangenen Ubelthat / durch diese / bey sich allein gemurmelte /Worte / die dennoch eine Magd ungefähr gehört / Es soll dir übel bekommen! sich verdächtig gemacht hatte) sie holen ließ / und mit grossem Ernst sie anfuhr / mit der Frage / warum sie dem guten Herrn solches Hexen-Stück erwiesen hette? alsofort angefangen / zu zittern / auch gleich alsofort darauf gestanden /daß sie dem Herrn das Ubel angethan. Wiewol der Richter dennoch zuvor eine ziemliche Weile angestanden / ehe er sich / auf deß fürnehmen Klägers inständiges Ansuchen / entschlossen / das Weib holen zu lassen: [1107] alldieweil Kläger keinen andren Grund seines Argwohns hatte / als obgemeldte ihre Dräuworte /welche sie / im weggehen / geredt / und nicht gemerckt hatte / daß eine / hinter der Thür stehende /Magd solche vernähme. Imfall aber das Weib nicht gutwillig die That / auf so schreckhafftes Zureden deß Richters / bekannt hette; würde er sie / wie er nachmals gedachte / wieder von sich gelassen haben / ohne schärffere Anstrengung.

So man nun aber / mit sothanem Beweis / der aus so abergläubischem Topff-sieden / oder aus einer gespenstischen Erscheinung gezogen / auch nicht ein Mal einer Solchen / die mit einem schlechtem Gerücht den Leuten in den Mäulern herum geht / ohne mehrere und stärckere Anzeigung / füglich oder rechtmässig annoch kann beykommen: wie vielweniger dann einer Solchen / welche niemals den geringsten bösen Verdacht auf sich geladen!

Fußnoten

1 Augustin. lib. 8. de Civitate Dei, c. 22. Tom. 5.

2 S. das Bedencken Lerchheimeri vom Bocks- und Gabelfahren der Hexen / beym Dedekinno Volum. 2.folio 436. seq.

3 D. Frommannus de Fascinatione magica libro 3.Parte 6. c. 7. p. 789.

4 Idem ibid. ex authore cautionum criminalium.

5 Ern. Cothmann. Volum. 1. Respons. 12. Numero 167. seq.

6 Phil. Cesius, in Beschreibung der Stadt Amsterdam / pag. 131. seq.

100. Das vertriebene Haus-Gespenst

C.

Das vertriebene Haus-Gespenst.

Wie dem Liecht der Schatten; so muß der Geist der Finsterniß dem Liecht deß Christenthums weichen. Darum vertragen sich auch ein Christ / und der Teufel / nicht / in einem [1108] Hause: sondern Einer treibt den Andren heraus; bevorab / an heidnischen Oertern. Denn daselbst pflegt GOtt gar offt / durch Verjagung und Bezwingung der Gespenster / den Heiden blicken zu lassen / daß Er allein der allmächtige GOtt sey /und der böse Geist für denen / die Ihm vertrauen /fliehen müsse. Solches soll / durch eine Sinische Geschicht / dargethan werden.

P. Matthæus Riccius, ein gelehrter Jesuit / brannte von einem sonderbarem und rühmlichem Eyfer / sein /ihm von GOtt und der Natur gegebenes / gutes Pfund nicht müssig feyren zu lassen / noch zu vergraben; sondern / unter den heidnischen Sinesern / viel Seelen damit zu erwuchern. Wie sich nun der Geist deß Unglaubens allezeit der menschlichen Bekehrung möglichst widersetzt: also warff er auch dem löblichem Vorhaben dieses Ordensmanns mancherley Hindernissen vor. Welcher nichts destoweniger / bey einem so guten Vorsatze / Göttlichen Beystandes und Segens sich getröstend / durch eine unermüdete Gedult / und unverdrossene Bemühung / eine Schwerigkeit nach der andren überstrebte / und / unter andren / durch seine gute Vernunfft-Schlüsse die Sinesische Gelehrten dermassen eintrieb / daß sie / mit aller ihrer Spitzfindigkeit / für ihm mussten verstummen / und schaamrot stehen.

Die Sineser seynd / bekandter Massen / scharffsinniges Gehirns / und lehrgeitziges Sinnes: darum / ob ihnen gleich der heidnische Unglaube / und mancherley Irrsal vor dem Licht stehet / daß sie den Glantz der Warheit nicht sehen; liebt doch die [1109] fürnehmste Sect / unter ihnen / nemlich die gelehrte / einen verständigen Beweis. Als derwegen besagter P. Riccius, in der grossen Stadt Nanquin, angelangt war / und /nachdem ihn etliche gelehrte Sineser zur Mahlzeit geladen / bey einer / von denselben angefangenen / Meynungs-Strittigkeit / seinen Gegnern obgesiegt hatte: kam solches unterschiedlichen fürnehmen Mandarinen zu Ohren / und er darüber / bey ihnen / in solches Ansehn / daß der Stathalter selbst / samt vielen andren Gelehrten / zu ihm / in seine Herberge / sich verfügten / ihm / wegen solches Vernunfft-Sieges / Glück zu wünschen.

Unter selbigen fand sich ein hochangesehener Mandarin / welcher / auf deß Königs Kosten / für sich /ein Amts-Haus unlängst zwar bauen lassen / solches aber nicht bewohnen können: weil es / von teuflischen Gespenstern / als welche in den Kindern deß Unglaubens sehr mächtig seynd / bezogen und eingenommen war. Denn diese boshaffte Belials-Geister rumorten nicht allein und polterten darinn: sondern schreckten auch die Leute / sonderlich bey Nacht / durch Erscheinung in mancherley grausamen Gestalt / dermassen /daß / für ihrer Anfechtung / Niemand darinn bleiben /und das / sonst schöne / Gebäu unbewohnt stehen musste.

Derwegen fand es auch keinen Käuffer: ob es gleich an einem fürnehmen Ort der Stadt stund / und mans um einen geringen Preis entweder verkauffen /oder um sehr wolfeilen Zins hinlassen wollte. Damals trachtete bemeldter Pater [1110] Riccius, darnach / wie er /zu Nankin, ein Haus feyl bekommen mögte: und indem er überall darnach umhörte / fragten ihn etliche Sineser / in Schertz / Ob er ein Haus voller Teufel kauffen wollte? Er sagte Ja / und solches wäre ihm kein Schertz / sondern sein rechter gäntzlicher Ernst: Er schlüge es / der Gespenster halben / gar nicht aus: als welcher einem solchen GOtt dienete / für dem die bösen Geister sich fürchten und erzittern müssten: sein Vertrauen zu diesem allmächtigen GOtt wäre so groß / fest / und ungezweifelt / daß nicht Er die Teufel / sondern die Teufel ihn scheuen würden.

Als nun diesem Mandarin solche behertzte Rede deß Ordensmanns / wie auch die Victori / so der P. Riccius wider oberwehnte Gelehrte erhalten hette /hinterbracht worden; hat derselbe / nebenst andren fürnehmen Regiments-Personen / ihn besucht / und /nach freundlicher Ansprache / gefragt: Ob er auch gesinnt wäre / zu Nanquin einen bleiblichen Wohnsitz zu beziehen? Er antwortete / daß er solches wol wünschte / wenn er nur dessen könnte Vergünstigung erlangen. Ich habe (erwiederte Jener) nicht längst /zu meinem Aufenthalt / ein sehr bequemes Gebäu aufgeführt / aber / für tobenden und poltrenden Gespenstern / selbiges weder bewohnen / noch andren verlassen / oder um einigen Werth verkauffen können. So euch nun diese Ungelegenheit nicht abschreckt / steht selbige Wohnung zu euren Diensten.

[1111] Riccius nahm dieses auf / für eine wunder- und sonderbare Schickung GOttes / die / bey solchem Werck der Finsterniß die Erkenntniß seiner Allmacht anführen wollte; begegnete derwegen dem Mandarin /mit dieser Rede: Ich diene dem Schöpffer Himmels und der Erden / welchem so wol die verdammte Geister / als alle andere Geschöpffe unterworffen seynd: und vertraue gäntzlich / mir werde / in Krafft seiner Güte / kein Ungemach einiges Ungeheuers überlästig seyn dörffen. Uberdas so habe ich das Bildniß Christi / meines Erlösers; zu dessen anschauen / alle Teufel alsofort die Flucht geben müssen.

Hierauf musste P. Riccius mit ihm hingehen / das Haus zu besehen: und weil es dem Pater wolgefiel /ihm auch / erwehnten Mangels halben / um gar guten Preis geboten ward: schloß man beyderseits den Kauff / mit zweyen Worten. Darüber auch der / sehr erfreute / Mandarin / Brief und Siegel ertheilte / daß die Patres dasselbe immerdar mögten besitzen. Welche Gnade sie noch an keinem Ort / in Sina / bey einem andren Mandarin / bißanhero hatten erhalten können.

Also seynd sie ungesäumt eingezogen / haben das Haus gesegnet / und / durch GOttes Bewahrung /nichts Ubels / ja nicht das geringste Anzeigen einiger Unruhe / darinn verspührt: Ob zwar männiglich / mit sehnlichem Verlangen / wartete / was es für einen Ausgang setzen / und wie das Gespenst die neuen Einkömmlinge bewillkommen würde. Da nun die Sineser erfuhren / daß ihnen [1112] kein Leid / noch die geringste Anfechtung widerführe: verwunderten sie sich höchlich darob / und sagten / der GOtt / welcher in diesem Hause wohnen wollen / müsste gewißlich groß und mächtig seyn / und den Teufeln befohlen haben / die Beziehung dieses Hauses andren Leuten zu verwehren / aber / bey seiner Ankunfft / daraus zu weichen. 1

Fußnoten

1 P. Didacus de Pantoya am 16 und 17 Blat seines historischen Sendbriefs: und P. Cornel. Hazart, S.J. im Vierdten Theil Sinischer Kirchen-Geschichten /cap. 3. folio 320.

Von etlichen Götzen-Gespenstern in Sina

Zugabe
Von etlichen Götzen-Gespenstern in Sina.

Pater Cornelius Hazart, ein Mitglied der Societät JEsu / spricht / ein jedes Alter / bey der Sinischen Christenheit / habe zwar seine sonderbare Tugend-Thaten; jedoch nehme das erste und zartere fast allen andren den Vorzug. Zum Exempel dessen / führet er an ein kleines Knäblein: welches / eben in demselbigen Jahr / zur Welt / als das Reich Sina unter Tartarische Herrschafft gekommen / und / von dem / in den Sinischen Beschreibungen gar sehr berühmten / P. Adamo Schall getauffet worden. Indem es aber mit der Geburt hart zugegangen; hat besagter Pater der kreissenden Mutter / nach Römisch-Catholischer Weise / derselben ein Heiligthum beygebracht / [1113] und /weil sie / nach einer fünfftägigen schmertzhafften Arbeit in Kindsnöthen / bald darauf entbunden worden /ihr zu verstehen gegeben / das Heiligthum hette / zu ihrer Entbürdung / Beförderung gethan / und ihr geholffen.

Das Kind hat hernach / wie ihm solches erzehlet worden / sich gegen dem Pater sehr günstig und ehrerbietig erwiesen / und alles / was ihm / zur Anzeigung einer Danckbarkeit / möglich gewest / angewendet; sprechend / daß es / gegen dem / nicht undanckbar mögte leben / ohne dem es diß Leben nicht hätte erhalten.

Nachdem seine Mutter ihm nachmals / durch den Tod / entzogen worden / und ein Sinischer Wahrsager seinem Vater geweissagt / dieses Kind würde von der Art der edlen Sineser aussetzen / und von der Hoheit Keyserlichen Herkommens mächtig-weit sich entferrnen: hat der abergläubische Vater besorgt / es dörffte etwan seinem Stamm / durch dieses Kind / ein grosses Nachtheil widerfahren; solchem nach es von Hofe wegnehmen lassen / und fremden Leuten / zur Auferziehung / anvertraut.

Im sechsten Jahr seines jungen Alters / ward es /von einer gefährlichen Kranckheit / angefallen. Indem man nun / um allerley Mittel / sich bewarb / diesem zarten Knaben das Leben zu erhalten; gab Pater Schall dem Vater das Versprechen / das Kind mit dem Leben davon zu bringen / daferrn mans ihm / zu seiner Beliebung / übergeben würde. Wie solches der Vater bewilligte; ertheilte er demselben die heilige Tauffe. Worauf der Knabe / so den Namen Johann / in der [1114] Tauffe empfing / nach einer Viertheil Stunden sich bey völlig-frischer Gesundheit befand / und allen anwesenden Heiden damit eine tieffe Bestürtzung verursachte.

Nach seiner Aufrichtung eilte der Knabe / zu sei nem Gutthäter / dem Pater Schall / und that die anmutige Bitte / daß derselbe ins künfftige nicht weniger seine Seele wollte seiner Fürsorge empfohlen seyn lassen / als wie er bißhero seinem Leibe geholffen hette. Ihm ward / vom Pater Schall / zur Antwort gegeben / für diese Gutthat wäre man dem grossen GOtt zu dancken schuldig: darum müsste man sich in die Kirche verfügen / und allda / nebenst gebührender Dancksagung für so vortreffliche Gnade / zugleich die christliche Glaubens-Bekenntniß ablegen.

Der kleine Knabe fordert hierauf alsofort seine beste Kleidung / legt eine Betschnur um den Hals /und fällt seinem Herrn Vatern zu Fuß / mit demütiger Bitte / er wolle ihm doch erlauben / vor dem grossen GOtt der Christen zu erscheinen / und demselben / für die erhaltene Wolthat / schuldigen Danck zu leisten. Wiewol nun der Vater / als ein bitterer Heide / so dem Christenthum gantz feind war / an solchem Begehren seines Söhnleins / schlechten Gefallen hatte: wollte er doch dasselbe / mit gäntzlichem Abschlage / nicht gleich betrüben; sondern speisete es ab / mit guten Worten / und gemachter Hoffnung; zoch aber die Sache auf / und ließ immittelst ein andres Opffer bereiten / für den Götzen Quonyun; als welchem er / für die Erhaltung seines Kindes Lebens / eines gelobt hatte.

[1115] Also ging das kleine Johannchen / von dem Angesicht seines verblendten Vaters / aller traurig hinweg /in den nechstgelegenen Saal; jedoch mit dieser Entschliessung / daß Es sich deß teuflischen Götzenopffers und abgöttischen Dienstes gar nicht wollte theilhafft machen: da sonst / bey den Sinesern / die Kinder ihren Eltern sehr gehorsam seynd.

Da man nun / mit dem heidnischem Opffer / den Anfang machte; erhub sich urplötzlich ein ungeheures Getümmel / gleich als ob eine grosse Menge Volcks /mit grosser ungestümer Gewalt / zum Fenster hinein drünge. Bald hernach erschien ein erschreckliches Gespenst / in Gestalt deß Götzenbildes Quon yun, welchem der heidnische Vater damals opfferte; nemlich in Grösse eines ungeheuren Riesen / mit feurigen Augen / und flammendem Angesicht. Diesen gespenstischen Riesen-Götzen umgaben noch andre kleinere kohlschwartze Götzen. Und diese sämtliche schwartze Rotte näherte sich allgemach / zu dem Knaben. Welcher hiedurch / von Schrecken und Angst / so hart angegriffen ward / daß er anfing / überlaut zu heulen und zeterzuschreyen / auch sich eher nicht wollte stillen lassen / als / biß man ihn / seiner vorigen Bitte gemäß / von dem verfluchtem Ort / hinweg- in die Christen-Kirche hinüber geführt / und bey dem Pater Adamo Schallen / in die Kost gethan / auch dessen ferneren Unterweisung anvertrauet hatte. 1

Einsmals reiseten ein Christ und Heide miteinander / und nachdem sie einen Theil deß Wegs [1116] hinter sich gelegt / kehreten sie zu einer Herberge ein / um daselbst ihre Speise zu bereiten. Weil es aber an Holtz mangelte / holten sie / von einem nechstligendem zerstörtem Götzen-Hause / etliche Balcken-Trümmer und Späne / und machten damit ein Feuer an. Deß andren Morgens war der Heide früh wieder auf / und eher reisfertig / als der Christ; ließ also seinen Reisgefährten ligen / und wanderte allein davon.

Kaum aber hatte er ein Feldwegs gewonnen / als ihm eine unsichtbare Faust in die Haare fiel / und mit harten Streichen ihn so hart und inständig schlug /daß der arme Tropff / vor grossem und schmertzhafftem Wehmut anhub zu klagen / und endlich / aus zörnender Ungedult / fragte / Wer der Mörder wäre / der solchen Gewalt und Frevel gegen ihm übte? Da gab das Gespenst / in unbekandter Stimme / zur Antwort /der Schutzherr deß Tempels / welchen er beraubt hette / suchte an ihm Rache: Daferrn er nun / von weiterer Plage / wollte befreyet seyn / sollte er den Werth deß entfremdeten Holtzes so hoch vermehren / daß das eingefallene Götzenhaus wiederum davon auf- und in vorigen Stand gerichtet werden könnte.

Der Heide ließ sich / in Gegenantwort / vernehmen / die Schuld hafftete an ihm allein nicht; man sollte seinen Gefährten und Theilhaber solches Kirchen-Raubes auch hernehmen / und ihm gleiche Geld-Buß auflegen; auf daß derjenige / welcher sich der Schuld theilhafft gemacht / auch einen Theil der Straffe und Gnugthuung tragen hülffe. Aber das Gespenst wollte davon nichts hören; sondern versetze / Jener wäre ein Christ / [1117] derhalben er demselben / weil er ausser seiner Gewalt / keine Straffe / noch Ungemach / zufügen könnte.

Weil dann der arme Mensch hieran merckte / was für einem Tyrannen er bißhero gedient / und daß derselbe / über die Christen / keine Macht hette: kündigte er ihm den Dienst auf / und nahm den christlichen Glauben an. 2

Diß dienet allen Christen zum Spiegel ihrer hohen und unabsterblichen Danck-Verbindlichkeit / für die Erlösung aus deß Satans Gewalt / und für das sanffte Joch Christi / welches uns wahre Freyheit / und eine Herrlichkeit wircket / die da weiß von keiner Vergänglichkeit / noch


ENDE.

Fußnoten

1 P. Hazartus im siebendes Theil Sinischer Kirchen-Geschichte / c. 10. p. 427.

2 P. Cornel. Hazart. parte. 7. Historiæ ecclesiast. Sinicæ fol. 427.

Blat-Zeiger deß fürnehmsten Inhalts

[1118] Blat-Zeiger deß fürnehmsten Inhalts.
A.

Abraham Pollier / ein Soldat / wird vom Teufel geholt. 553. seqq.
Sein jämmerliches Geschrey / so etlicher Orten gehört worden. 558
Was von solcher späten Anflehung Göttlicher Gnaden zu hoffen. 559. seqq.

Adrianus Patritius / Griechisch-Keyserlicher Admiral / erfährt / vermittelst der Gespenster / daß Saracosain Sicilien sey erobert worden. 495. seq.

Alahis / ein Langobardischer Tyrann / verräht seinen mördlichen Anschlag / durch eine unfürsichtige Rede gegen einem Kinde. 519. seq.

Aldo erlangt das Hertzogthum Friaul. 515

Kommt nebenst seinem Bruder Grauson / beym Langobardischen Könige / Kunibert / in Verdacht. ibid.

Wird / durch ein Gespenst / in Gestalt eines lahmen Menschens / gewarnet / für dem Rahtschluß deß Königs wider sein Leben. 522

Alp / oder Nachtmär S. Nachtmär.
Alraun wird in die Cancelley getragen. 487
Hernach unterm Galgen begraben. ibid.
Anhengzettel fürs Fieber verursacht einem Baurenbuben die Blindheit. 455
Anzeigungen deß Zustandes der Seelen nach dem Tode. 14. 17. seqq.
Artzeney vom Teufel ist schädlich. 455

Macht einen Jungen blind. ibid.

Aertztinnen teuflische was sie für eine Grabschrifft verdienen. 451. seq.

Asmund lässt sich / bey seines Freundes Assuit Leichnam / lebendig / in der Grab-Höle / versperren. 270

Wird von deß Assuits gespenstischem Geist geplagt / und ihm das Ohr abgebissen. 272
Durchstosst deß Assuits Leib mit einem Pfahl. 272
Aubigne wird / unterm Beten der sechsten Bitte / unsichtbarlich geschlagen. 6. seq.

B.

Bäder / prächtige der alten Römer. 564

Bad-Teufel wird / durch ein ernstliches Gebet / an seiner Mörderey / verhindert. 566. seqq.

Balger wird / von einem Gespenst / vorher geschreckt. S. Duellant.

Balgerey-Vergunst wird / am Könige / von Frankreich / Heinrich dem Zweyten / gestrafft. 2

Banquet der Gespenster / und dessen Verlassenschafft. 424

Bauer will mit einer Truden / die ihn auf einem Bock holen lassen / die angemutete Unzucht nicht vollbringen. 193

Baum reisst / ohn Gewalt eines Sturms / sich selbst voneinander. 244

Bergmann / welcher sich gegen einem Bergteufel zur Wehr stellet / wird übel zugerichtet. 378. seq.

Bergmännlein / wofür dieselbe Petrus Tyræus gehalten. 581

Theophrasti abentheuerliche Meynung davon.
581. seqq.
Bergmännlein: wie geschäfftig sie sich / in den Ertzgängen / erweisen. 569. seq. 572
Verdrehet einem fluchendem Berg-Arbeiter den Kopff. 571
In den Böhmischen Bergwercken. 575. seqq.
In der Berg-Gruben zu Kuttenberg. 577
In den Norwegischen Berg-Gruben. 578
In den Guineischen Gold-Bergwercken jagen offt die Arbeiter heraus. 580
Erscheinen daselbst / bißweilen in Gestalt eines güldnen Hundes. ibid.
Bergteufel fliegen bißweilen von den Gruben heraus / durch die Lufft. 577

Treibt einen Bergmann in die Flucht / der sich vergeblich zur Wehr setzet. 578

Besessene werden leichter durch einen gottseligen / als weltlich-gesinnten Geistlichen befreyet. 316

Reden bißweilen fremde Sprachen. 332

Besessener Soldat wird / durch einen gottseligen Geistlichen / vom Teufel befreyet. 318. seq.
Besessene Kinder / in einem Dorff / nahe bey dem Städtlein Delitsche. 315. seq.
Werden / durch Gebet / und Artzeney / curirt. 319. seq.
Verschreyen etliche Weiber zu Amsterdam / für Hexen. 1102. seq.
Besessene Jungfrau wird / vom Vicelino, deß bösen Geistes befreyet. 203. seq.
Zu Leuenberg in Schlesien / wie sie vom bösen Geist geplagt worden. 334. seq.
Besessener zu Montbelgard wird / vom bösen Geist / erstickt. 329
Wird / mit dem Bast vom Lindenbaum / gebändigt. 333
Betender Officierer bekommt / bey der sechsten Bitte / zweymal nacheinander drey Streiche. 7
Was solches bedeutet habe. 8
Bock will einen Kriegs-Officierer holen: der sich aber widersetzt. 183. seqq
Holet einen Handwercksmann weg / von seiner Braut / aus dem Bette. 190. seq.
Setzt denselben hernach / auf das Haus-Dach nider. 191
Bringt einen verreiseten Saltzknecht wieder zurück / zu seinem zaubrischen Weibe. 192
Führt einen Bauren hinweg / zu einer Hexen. 193
Führt einen fluchenden Nuß-Kärner / eine Meilwegs weit / durch die Lufft. 900. seq.
Böser Juncker / ein gewisses Gespenst bey Eger. 422

Bringt eine Jungfrau ums Leben. ibid.

Bräutigams Gestalt erscheint etlichen Mannsüchtigen Dirnen vorher. S. Vorschau deß Bräutigams.

Buhler wird / durch einen mercklichen Traum / von seinem leichtfertigem Vorhaben abgeschreckt. 170. seq.

Buhler werden durch ein rumorendes Gespenst / in ihrer Löffeley / irr gemacht. 145. seqq.

Buhlschafften mit dem Teufel. 340. 837. seqq.

C.

Cardinal von Lothringen erscheint / in seinen letzten Zügen / der Königinn in Franckreich / Catharinæ von Medices. 9. seq.

Cassius Severus sihet ein Morenschwartzes Gespenst. 389. seq.

Wird / bald hernach / auf deß Augusti Befehl / um gebracht. 390

C. Cassius lacht Brutum aus / daß er Gespenster glaubt. 481
Wird selber / in der Schlacht bey Philippis / durch ein Gespenst / in die Flucht geschreckt. 482
Characterisirter-Zettel fürs Fieber / beraubt einen Bauren-Jungen deß Gesichts. 455
Circæische Verwandlungen der Menschen / in Thier- Gestalten. 364. seqq.
Comedie: Bey einem Comedien-Spiel / entstehet eine strenge Pestilentz. 418
Crassus bekommt vom Atteio einen bösen Fluch- Wunsch auf die Reise. 899
Crucifix redet einem zaghafften Soldaten zu. 304

Ein Cölnisches wird vom Teufel / mit Blut vieler / durch ihn erwürgter / Hunde angefüllt. 375.seq.

Crucifix zu Goa / welches häuffig geblutet / und die Augen im Kopffe verdrehet hat. 376. seq.

Cudberecht vertreibt mit seinem gottseligem Wandel / die Gespenster / aus der Insel Lindis. 501. seq.

D.

Dominico Corré deß Zingalesischen Königs / Don Johann, Feldherr / wird / von den Portugisen / umgebracht. 244

Vorbedeutung seines Unglücks. ibid.

Duellant bekommt / durch ein Gespenst / vorher ein Zeichen seines unglücklichen Gefechts. 3

E.

Einsamkeit wird offt / von Gespenstern / angefochten. 866.
Etliche Beyspiele davon. ibid. seqq.
Engel drauet dem Türckischen Suldan / Mahomet dem Zweyten / den Tod. 391
Seynd / von einigen Kirchvättern / für subtil-beleibt geachtet worden. 598. seq.
Wie auch vom Sonero. ibid.
Was für Leiber aber selbige Väter damit gemeynt. 600
Wie sie GOttes Angesicht schauen. 628
Die gewissen Fürsten und Nationen vorstehen. 689. seqq.
Epicurer wird / durch einen gespenstischen Reuter / am Haupt berührt. 404
Muß davon sterben. 405
Epitaphium für eine Zauber-Aertztinn. 451. seq.
Erscheinende Frau fordert / von ihrem gewesenem Mann / den verschenckten Schmuck wieder. 23.seq.
Erscheinungen: verabredete nach dem Tode zweener jungen Geistlichen. 11. seqq.
Marsilli Ficini, und Michaëlis Mercati. 14. seqq.
Eines ermordeten Ehmanns / der seinen Meuchelmörder bedrauet. 30. seqq.
Der weissen Frauen S. Weisse Frau.
Der Gespenster / vor fürnehmen Todesfällen. 397. seqq.

Erschreckung vor einem Gespenst / nimt einer Frauen das Leben. 408. seq.

Imgleichen einer Jungfrauen / bey Eger. 422

Tödtliche Erschreckung etlicher Officierer / über den Anblick einer gespenstisch-erscheinenden Höllen. 438. seq.

F.

Feurmörser-Stuck- und Musquet-Kugeln / so aus der Lufft herab gefallen / und sich in Blutstropffen verwandelt haben. 219. seq.

Flüche / so bey den heydnischen Römern bräuchlich gewest. 895. seqq.

Fluchende Spieler werden / vom bösen Geist / angefochten. 305. seqq.

Ein solcher wird / zu Emden / vom Teufel / in die Lufft geführt. 903

Flucher: warum sie nur selten / vom Teufel / erschrecket werden. 313
Wird / von einem Gespenst / umgebracht. 461.seq.
Flucher wird von einem gespenstischem Bock angepackt / und weit durch die Lufft geführt. 900. seq.
Wird zu Lübeck / zwo Stunden lang / vom bösen Geist / in der Lufft / herum geführt. 902
Wird zu Franckenberg hoch in die Lufft erhaben / und wieder herunter zur Erden gesetzt. 903
Formosa / die Insel / wie liederlich sie verwarloset worden. 237
Ferdinands / Königs zu Neapolis und Sicilien / Tyrannische Regierung / und Eigennutz. 699 seq.
Seines Sohns Nachartung. 700. seqq.
Frotho, König in Dennemarck / wird / von einer Kuh-gestalteten Zauberinn / todt gestossen. 371

G.

Geburts-Engel der Heiden. 386. seq. 619. seq.
Geist: Weisser Geist / welcher das kleine Herrlein hat getitulirt seyn wollen. 686
Weckt drey Edelleute auf / als man den König von Schottland ermorden will. 713. seq.
Begehrt / in Gestalt eines Krüppels / mit dem Ungarischen Könige / Ludwig / zu reden. 715
Lässt Alphonso, dem Könige von Neapolis und Sicilien / etwas anzeigen. 702
Ein schalck- und schadhaffter / am Rhein. 613.seq.
Verhetzt die gantze Nachbarschafft / wider einen unschuldigen Mann. 613. seq.

Geist: Der sich stets zu einem Menschen gehalten / S. Hofmeistrender Geist.

Geist: Böser Berg-Geist bemühet sich / einen Venetianischen Kauffmann / am Gold- und Edelgestein- graben zu verhindern. 575

Geister in Gestalt der Kinder / oder Zwergen. 608.seq.

Geist / eines längst-verstorbenen Diebs / erscheint einer Magd. 37. seq.

Was er mit derselben geredt / und an sie begehrt hat. 38. seqq.
Begehrt / man solle ihm drey Vater Unser um ein Kopffstuck beten. 140. seqq.
Theophrasti Meynung und Urtheil von den Rumpelgeistern. 211. seqq.
Geister: Derselben setzet Psellus sechserley Arten. 574. seq.
Verstehen alle Sprachen; reden sie aber nicht alle aus den Besessenen. 331
Ohne Kopff erscheinende / bezeichnen die Person / welche bald sterben wird. 399
Seynd unbegreifflich-schnell. 496
Boshaffte in den Bergwercken zu Annæberg und Schneeberg. 573

Genii wofür sie / von den Heiden / gehalten worden. 386. seq. 619. seqq.

Böser Genius oder vermeynter böser Natur-Geist erscheint dem Cassio Severo, vor seiner Entleibung. 389

Genius publicus erscheint dem abtrünnigen KeyserJuliano. 697

Warnet den Römischen Hauptmann Cæditium, für dem Uberfall der Gallier. ibid.

Genius Socratis wie er beschaffen gewest. 631. seq.

Gespenst in Gestalt eines Münchens S. München- Gespenst.

Gespenst-Affen lauffen bißweilen übel an. S. die Vorrede.

Gespenst / welches / nach der Person Absterben / wegen gebrochenen Versprechens / den Tod gedrauet. 23. seq.

Erscheint dem Cassio Severo. 385.

Gespenst eines längst verstorbenen Diebs. S. Geist.
Der so genannten Weissen Frauen. S. Weisse Frau.
Mach den Gregorium offt irr im Beten. 123
Begehrt / man solle ihm dreymal das Vater Unser beten. 128. seqq.

Gespenst warnet einen Duell-Fordrer / Nachts zuvor / durch einen Streich in die Seiten. 8. seq.

In Gestalt eines sehr schweren Hundes. 43. seqq.

Das Gespenst zu Perenstein. S. Jungfrau zu Perenstein.

Der Alp oder die Nachtmär S. Nachtmär.

Das herbey gehexte Hexen-Gespenst. S. Hexen- Gespenst.

Fordert drey Vater Unser / von einer Magd. 128.seqq. S. auch Geist.

Giebt einem Lehr-Jungen täglich ein Kopffstück / daß er alle Mal dafür ein Vater Unser bete. 140. seqq.

S. Mittags-Gespenster / und Mördrisches Gespenst.

Gespenster / welche vor dem Absterben mancher Leute erschienen. S. Sterbens-Gespenster.

Wie Kriegsleute gewaffnet / so den Reisenden entsetzlich gefallen. 220
In den Bergwercken. S. Bergmännlein.
Gespenster auf dem Wasser. S. Wasser-Gespenster.
Gespenster nach geschehenem Haupt-Treffen. 250
Nach der Schlacht bey Marathon. 251
S. Schlacht-Gespenster.
So aus dem Grabe hervorgegangen / und die Leute beschädigt. 258. seqq.
Gespenster ohne Kopff bedeuten den Tod. 399
Einer Magd die Verlierung deß Kopffs vor dem Richtschwert. 400
Gespenster ob sie nur in betrogener Einbildung bestehen. S. die Vorrede.
Was sie eigendlich seynd. ibid.
Werden / von Manchem / mit behertztem Mut / verachtet. 483. seqq. 489. seq.
Gespenstische Irrlichter. 173
Umringen / und schrecken einen reisenden Mann. 176
Verführen ein ruchloses Weib ins Wasser / darinn sie ertrinckt. 180. S. auch Irrlicht.
Auf den Bergen in Languedoc. 217
Gespenstisches Kriegs-Getümmel in der Lufft über der Stadt Lübeck. 221. seq.
S. Kriegs-Getümmel.
Zu Aestens-Fähr in Jütland. 223
Bey Schwerin im Hertzogthum Mechelburg. 223
Theophrasti Urtheil davon. 211. S. Theophrastus Paracelsus.
Gespenstisches Kriegsheer in der Lufft. 213
Feldherr der Gespenster verführt die Polen. 214
Wird von Schwartzkünstlern vorgestellet. 214.seqq.
S. Gespenstisches Lufft-Treffen / und Kriegsheer in der Lufft.

Gespenst ermahnt den Persischen König / Xerxes / zum Kriege / wider Griechenland. 197

Bedrauet den Fürsten Artabanum, deß Xerxis. Vaters Brudern / daß er ablassen solle / den Krieg zu widerrahten. 197

Reisst einem Feld-Trompeter Julii Cæsaris die Trompet aus der Hand / und bläset den Marsch. 199

Rührt einen Epicurer. 402. seqq.

Lässt sich zu Bodem stechen / und hinterlässt eines gehenckten Diebs Körper. 458. seq.

Gespenstisches Kriegsheer und Gefecht / in Schweden / vor dem Anzuge der Schweden / wider die Cron Polen. 228

In Dennemarck / auf dem Felde. 234. seq.
Zu Mernen / in den Spannischen Niderlanden. 235. seq.
Vor dem Hussitischem Kriege. 465
Darüber ein allzu vermessener Zuschauer ums Leben gekommen. 466
Gespenstischer Tumult zu Riga / in Lieffland / bey Nacht. 217. seq.
Zu Eryhurd / kurtz vor selbiger Stadt Einnehmung. 226
Gespenst / so in einem Bade / grimmig gewütet. 566
Kann einem frommen Diacono nichts thun. 568
In Gestalt eines Kindleins erscheint einem Edelmann. 608. seq.
In Gestalt einer Zwerginn / im Gehöltze bey Chemnitz. 610
Erscheint dem Portugallischen Feldherrn / vor der Niderlage. 693

Gespenstisches Lufft-Treffen / zu Coupes, in der Frantzösischen Landschafft Touraine. 218

Zu- und um Berlin / in der Marck Brandenburg. 219. S. Lufft-Treffen; Item Kriegsheer in der Lufft; Item Gespenstisches Kriegs-Getümmel.

Gespenstische Leichnams / auf dem Meer / vor einer obhandenen Schlacht. 246

In Gestalt eines Jägers / erschreckt einen Knaben. 545. seqq.

Gespenstische Lufft-Pauke. 246. seq.

Gespenst-Verächter muß seine Vermessenheit / mit einem tapffren Angst-Schweiß / büssen. 425. S. auch Martinus Schoockius.

Wird / von einem Gespenst / erdruckt. 460. seq.

Gespenst-Leugner wird / durch Erfahrung / überwiesen 484. S. Martinus Schoockius.
Gespenster / welche / bey Sterb-Fällen / anklopffen.
S. Klopffende Gespenster; Item Vorzeichen / etc.

Gespenster / so sich / in solcher Personen Gestalt / die noch leben / haben sehn lassen. 485

Warum sie wühste Oerter lieben. S. Wüsteneyen.

Verkündigen die Eroberung der Stadt Saracosa in Sicilien. 496

Seynd überaus schnelle Geister / wie die Gedancken. 496

Ruffen dem Aegyptischen Schiffer Thamno, bey seinem Namen. 498

Und befehlen ihm / er solle am Mæotischem Pfuhl ausschreyen / der grosse Pan sey gestorben. ibid.

Worauf ein grosses Seufftzen und Wehklagen gehört wird. 498

Vermutungen / warum diese Gespenster solches gethan / und was sie / durch den grossen Pan / verstanden. 499. seq.

In der Tartarischen Wüsten Lop. 500. seq.

Werden / aus der Insel Lindis / vertrieben. 501.seq.

Müssen die Lorensische Einöde verlassen / wegen der gottsfürchtigen Männer / Lupicini und Romani. 506

Gespenster gehen / vor einem Spannischen Edelmann her. 717. seqq.
Glocke in Arragonien / so von sich selbst anheben zu läuten. 1029. seqq.
S. Selbs-Geläut.

Glorificirte Leiber können alle Mauren durchdringen. 604

Ob derselben viele sich miteinander zugleich / in einem Punct / oder auf einer Stelle / enthalten können? 604. seqq.

Gottlästerungen etlicher Frantzosen. 312. 313. seq.
Grab öffnet sich / vor dem Dennemärckischem Kriege. 234

Vor der Ermordung Heinrichs deß Vierdten / Königs von Franckreich. 394

Grabstäte / dafür eine fürnehme Person / in ihrem Leben / Eckel gehabt / und davon man Sie / nach ihrer Begräbniß / wieder wegnehmen müssen. 123. seq.

Grabklopffende Gespenster. 257

S. Rebundus.

Graf von Witt duellirt unnöthig / und wird erschossen. 4. seq.

Großsprecherey eines Edelknabens wird / von dem Gespenst / mit harten Maulschellen / blutig gezüchtigt. 480

H.

Harn-Seide eines Edelmanns. 615. seq.

Hausgeisterlein in einer gewissen Stadt / in sehr schöner Kinder-Gestalt warten den Leuten der Pferde / und deß Viehes. 686

Werden / vom P. Balbino, für Teufels-Gespenster erkannt. 687

Haus-Gespenst wird vom P. Riccio vertrieben. 1108. seqq.
Heilung vom Satan / ziehet einen Mord nach sich. 445. seq.
Hertz-fressende Zauberinnen / in Persien / und zuCombru. 280. seqq.
Hexe wird / in verwandelter Gestalt / erstochen / vom Könige der Schweden. 459
Hexen machen / daß sich ein Mann verliert. 432
Welcher doch endlich wiederkommt / und / wie es ihm ergangen / berichtet. ibid.

Hexen-Gespenst wird herbey gebext. 108. seq.

Darüber die Frau / derer Gestalt erschienen / angeklagt / gefoltert / und verbrannt wird. 111.seqq.

Eine Frau zu Amsterdam / die man gleichfalls / durch Siedung eines Hafens / aufgetrieben / macht sich darüber unnütz. 1104. seq.

Hofmeistrender Geist einer gewissen Person. 657.seqq.

Warum derselbe sehr verdächtig sey. 666. seqq.
Holländer werden grausam / wann sie über die Linie kommen. 241
Hölle wird etlichen schlämmenden und schwelgenden Kriegs-Officierern vorgestellet. 437. seqq.
Darüber sie alle / innerhalb Jahres-Frist / vor Schrecken sterben. 439
Höllen-Gesicht eines Religiosen. 440
Darinn er drey seiner Ordens-Genossen erblickt. ibid.
Eines armen Manns / in der Peligner Landschafft. 442. seqq.

Hostie wird / von einem Weibe / aus der Kirchen / gestolen / in Hoffnung / dadurch reich zu werden. 47. seqq.

Darüber ein Gespenst anhebt zu toben. 51
Von dem Weibe in einen Brunnen geworffen. 52
Verurtheilung der Hostien-Diebinn zum Feuer. 53
Schreckliches Ungewitter / vor der Hinrichtung deß Weibes. ibid.
Hostie / der Brunn / darein sie geworffen / wird zum Heilbrunnen. 54. seq.
Welches Anlaß giebt / zu einem Kloster- Gebäu. 56. seq.
Hudgin ein Hildesheimisches Teuflein / hat offt / für Schaden / gewarnet. 526
Hugenotten / woher sie diesen Namen haben. 532.seqq.

I.

Jacob Böhmens Wahn vom Lebens-Geist. 124.seqq.

Jacobo, dem Wund-Artzt Königs Alphonsi, zu Neapolis und Sicilien / wird / von einem Geist / etwas befohlen / seinem Könige anzudeuten. 702

Jäger ertheilt Anheng-Zettel zur Fieber-Kuhr. 455

Darüber ein Baurenbube gäntzlich erblindet. 456

Jagt-gantz ergebene drucken ihre Unterthanen. 529

Jagt-Hunde besorgte ein gewisser Edelmann mehr / in der Sterbens-Stunde / als seine Seele. 529

Jagende Gespenster. 530. seq. 538. seq. 548. seqq.

Jagt-Gespenst / in Gestalt eines wilden Schweins / erschreckt den Keyser Isaacium Comnenum, auf der Jagt. 540. seq.

Einen Marchgrafen von Brandenburg. 541. seqq.
Erscheint einem neunjährigem Knaben. 545. seq.
Welcher darüber in eine schwere Kranckheit fällt. 547
Jagt-Teufel hat den Heiden / unter dem Namen etlicher Abgötter / das Wild gefället. 549. seq.
In Bayern. 550

Irrlichter: woher sie natürlich entstehen. 173

Derselben Menge / in Morenlande. 173

Auf dem so genanntem Perlen-Fluß / in Sina.ibid.

Der Satan treibt bißweilen sein Spiel damit. 174.seq.

Fechten einen reisenden Mann hefftig an. 176

Ihr kirren und spratzeln ist natürlich. 177

Verleiten ein besoffenes Weib / von der Gesellschafft / in einen Strom / zu ihrem Untergange. 180. seq.

Isländische Schatten-Geister sollen / in Gestalt eines Thiers / vor den Einwohnern hertreten. 636. seq.

Seynd nichts anders / als Teufels-Gespenster. 638

Jungfrau zu Perenstein: Ein Gespenst auf dem Schloß Perenstein. 92. seq.

Lässt sich dem Jesuiten / Pater Drachau / sehen. 93. seqq.

Adliche Jungfrau in Dennemarck sihet / im Gesicht / alle Mal vorher / wann aus ihrem Geschlecht Jemand sterben soll. 397. seq.

Erdruckt einen frevelnden vollen Soldaten / der sie umfängt. 461. seq.

K.

Kampff mit den Gespenstern. 458. 459
Kampff eines Bergmanns mit einem Berg-Teufel mißlingt. 578. seq.
Kapell-Gespenster steigen aus der Erden hervor. 718
Begleiten einen Spannischen Edelmann / biß an sein Haus. 719
Erscheinen in seiner Schlaffkammer / und werffen ihm die Augen voll Staub. 720

Kind: Kleines Kind entdeckt den Anschlag deß Königs auf seines Vaters Leben. 519. seq.

Kirchen-Gebet schafft eine / vom Satan hinweggeruckte Tochter wieder herbey. 432. seq.

Kirchen-Gepolter nach dem Tode einer Person / die in derselben Kirchen nicht hat wollen begraben seyn. 122. seqq.

Klopffendes Gespenst in der Stifft-Kirchen zu Merseburg in Sachsen. 1056

In der Thumkirchen zu Lübeck / bey obhandenem Todes-Fall eines Thumherrns. S. Rebundus.

Gelindes Anklopffen vor der Thür / wenn Jemand sterben will / scheinet bißweilen von einem guten Engel zu geschehen. 1070. seqq.

Warum solches Anklopffen offtmals von einem bösen Geist vermutlich herkomme. 1072. seqq.

Kobalt oder Kobel was es für Gespenster seynd. 788. seqq.

Der Kobalt Hutgin (oder Hudgen) wie er sich zu Hildelsheim verhalten. 793. seqq.
Erwürgt den Kochjungen / welcher ihn / mit unsaubren Wasser / beschüttet hat. 795
Wird / von dem Bischofe / mit den Kirchenbeschwerungen / aus dem Bisthum vertrieben. 798

König in Schottland wird / durch einen Engel / gewarnt / und ermahnt / von seinem Vorhaben abzustehen. 710. seq.

Bleibt / samt dem besten Adel / im Treffen. 712.seq.

Kopff eines enthaupteten Weibes wird / zu Lyon, gesotten. 990
Biß mehr Köpffe dabey erscheinen. ibid.
Welches / von einem Herrn / für eine Würckung deß Lebens-Geists wird geachtet. 991. seq.

Korn-Pyramiden werden / von Berg-Gespenstern / dem Bergschreiber in Norwegen aufgerichtet. 802. seqq.

Was solches für eine Vorbedeutung gewest. 804

Wie die Berggeister solches haben / sechs Jahr zuvor wissen können / daß der Bergschreiber sollte General-Proviand-Meister werden. 805.seqq.

Kreyssende Gräfinn kommt ums Kind / indem sie ein wenig ruhet. 976. seq.
Krieg hat dreyerley Haupt-Quellen. 194. seq.
Wird / durch den Teufel / gestifftet. 195. seqq.
Wird dem Könige Xerxes / von einem schwartzen Gespenst / ernstlich angefordert. 197
Wird vom Teufel in Dennemarck aufgeblasen. 204. seq.
Kiegs-Gespenster S. Gespenstisches Kriegs-Getümmel und Schlacht-Gespenster.
Kriegs-Getümmel der Gespenster. 20. 210. seqq.

Bey einem Upländischen Dorff in Schweden / am Tage / da König Gustavus Adolphus / im Treffen vor Lützen / geblieben. 216. seq.

S. Feur-Mörsel / und Gespenstischen Kriegs- Getümmel; Item Gespenstisches Lufft-Treffen.

Vor Einnehmung der Stadt Erphurd. 226.

Auf der Insel Formosa / ehe denn sie von den Sinesern erobert worden. 236. seqq.

In der Lufft bey Mümpelgard. 247

Wird / von einem Könige / wie Kartaun-Kugeln / gehört. 488

Kriegsheer in der Lufft / in Frauckreich. 213

S. Gespenstisches Kriegs-Heer.
In der Frantzösischen Landschafft Languedoc. 217 / und in Touraine. 218
S. Lufft-Treffen / Item Kriegs-Getümmel etc. und Gespenstisches Lufft-Treffen.
Zu Bahüs / im Königreiche Schweden. 232
In- und ausser der Stadt Posen in Polen. 234
Kriegs-Gespenster nach gehaltener Schlacht. 249.seqq.
Krüppel-Gespenst verlangt / mit dem Ungarischem Könige / Ludwich / zu reden. 715
Lässt dem Könige andeuten / Er werde in kurtzem umkommen. 716
Krystall-Guckerey wegen künfftigen Bräutigams. 823. seqq.
Mit was für Ceremonien dieselbe verrichtet worden / von einer alten Vettel. 827. seq.
Gebiert den Einblickenden grossen Schrecken. 829
Gelingt der Braut / welche es angestellt / sehr übel. 831. seqq.

L.

Lebens-Geist / was für seltene Händel er / nach Jacob Behmens Wahn / anrichten könne. 125.seq.

Soll / wie etliche wollen / bey Calcinirung der Hirnschalen gerichteter Malesitz-Personen / ein Gepolter anrichten / auch wol bißweilen erscheinen. 722. biß 778

Theophrasti Discurs von dem Lebens-Geist. 726.seqq.

Womit ein gewisser Medicus zu behaupten vermeynt / solches Gepolter thue der Lebens- Geist. 993. seq.

S. Spiritus vitalis.

Leichen-Gespenster. 397. seqq.

Leichen werden / von einer Dennemärckischen Edel- Jungfrauen / vorher erblickt. 397

Lilie so vormals im Kloster Corvey / in dem Stuhl deß jenigen Bruders erschienen / welcher bald hat sterben sollen. 1055

Lindenbaums Kinde stillet die ungestüme Bewegung eins Besessenen. 333

Löffeley wird / durch einen Poltergeist / verstört. 145. seqq.

Lufft-Gesicht / zu Rothwell / in Engeland. 221

Zur Zeit / da der Schmalkaldische Bund aufgerichtet worden. 232

Lufft-Treffen von Gespenstern / in Schonen. 220
Zweyer Schiffheere / in Schweden. 229. seq.
Eines Schiffheers / in den Wolcken / bey Dantzig. 230. seq.
Lügengeist ist der Satan / und niemals glaubwürdig. 321. seq.

M.

Mahomet / dem Andren dieses Namens / wird von einem Engel / mit blossem Schwert / der Tod gedranet. 391

Malefitz-Personen Gespenster / so nach ihrer Hinrichtung erschienen. 721. seqq.

Gehenckte Malefitz-Person redet einem Doctor zu. 990

Marchgraf von Rambouillet erscheint seinem guten Freunde / nach dem Tode. 19. Verkündigt demselben / daß er / beym ersten Treffen / werde umkommen. ibid. Welches auch geschicht. 22

Marsilius Ficinus verspricht sich / mit Mercato, zu einer Erscheinung nach dem Tode. 14. seqq.

Martinus Schoockius / ein vermessener Gespenst- Leugner / wird / von einem Gespenste / unters Bette gesteckt. S. im dritten Bogen der Vorrede das 2. Blatt.

Maximinus / und sein Sohn / werden vor ihrer Erstechung / abscheulich von den Hunden beheult. 1008

Meerlichtlein werden bißweilen / vom Satan / gemißbraucht / die See-fahrende Leute destomehr zu erschrecken. 174

Meerwasser / an einem Norwegischem See-Gebirge / scheint blutig / wann eine Schlacht geschehen soll. 246

Meuchelmörder wird / von dem Ermordetem / bedrauet. 30. seq.

Fristet sein angedrauetes Lebens-Ziel / durch ernstliche Busse. 34. seq.
Lacedæmonischer wird / von einem Gespenst / bedrauet. 36

Michael / der Ertzengel / soll der Kron Franckreich Schutz-Engel seyn / nach der Frantzosen Vorgeben. 705. Limnæi Urtheil davon. ibid. seq.

Mittags-Gespenster werden / für die aller boshaffteste / gehalten. 423. 551

Mord-Kuhr deß Teufels. 445. seq.

Mördrisches Gespenst: In Reussen / so die Schnitter hat erwürgt. 423

Greifft einer Jungfrauen in den Busen / wovon sie sterben müssen. 422

Moskan: Herrn von Moskan wird / von einem Geist / der Tod angekündigt. 998. Welcher auch erfolget. 999

Ob solches der Spiritus vitalis gethan? ibid. seq.

Mucke: Eine grosse / am Fenster kriechende / Mücke / entdeckt den geheimen Rahtschlag deß Langobardischen Königs. 522. seq.

Münch-Gespenst wirfft einen Edelknaben zu Bodem. 478

Schlägt einem andren groß-sprechendem Edelknaben das Maul blutig. 479. seq.
Lässt sich / gegen einem grossen Herrn / vernehmen / es schreibe seine Sünden auf. 489. seq.

Mutter fordert / nach dem Tode / den verschenckten Rock ihrer Tochter wieder / mit Bedrohung deß Todes. 23. seq.

N.

Nachtmär ist ein natürliches Beschwer deß Geblüts. 96. seq.
Ist bißweilen ein Druck von einem Teufels-Gespenst. 98. seq.
Exempel einer zaubrischen Nachtmär. 99. seq.
Muß zu einem / von ihr gedrucktem / kommen. 101
Und ihren lang aufgehaltenen Harn / auf ein Mal offentlich von sich lassen. ibid.
Neulich Exempel zweyer Jungfern / so von solchem Alp-Gespenst hefftig geplagt worden. 103.seqq.

National-Engel. 689. seqq.

Der Kron Franckreich / nach der Frantzosen rühmen. 705. seq.

Ob zu vermuten / daß jedwedes Land / Reich / König / Fürst / oder Stadt / ihren eigenen Schutz-Engel haben. 707. seq.

Warnet den König von Schottland / für Unglück. 711. seq.

Natur-Engel der Heiden / S. Genii.

Nixen oder Nymphen / so Wasser-Gespenster seynd / in männ- und weiblicher Gestalt. S. Wasser-Gespenster.

Nonne wird von Gespenstern erschreckt. 875. seq. Deßwegen sie ein Mägdlein zu sich nimt. ibid. Welcher ihr aber Pater Alvarez für übel nimt: in Meynung / es müsse sich kein Christ für Gespenster fürchten. ibid.

Wird getäuschet von einem Gespenste / welches ihr / in Gestalt deß Dorn-gekrönten HErrn Christi / erscheint. 881.

O.

Oden / ein Götz / und Gespenst / in Norwegen. 208
Ohnköpffigtes Gespenst bedeutet einer Kindsmörderinn die Enthauptung. 399. seq.
Omina der obhandenen Leichen. 396. seq.
Ominirung der Todes-Fälle. 9. 60. seqq.
Der Schlacht vor Lützen / darinn König Gustavus Adolphus geblieben. 216. seq.
Der Schlacht Churfürstens Mauritii / mit dem Alberto-Marchgrafen zu Brandenburg. 226
Der Einnehmung der Stadt Erphurd. 226
Der Zerstörung der Stadt Magdeburg. 227
Deß Feldzugs Königs Caroli Gustavi / wider die Kron Polen. 228
Eines Königes in Dennemarck. 234. seq.
Der Eroberung der Insel Formosa. 237. seqq.
Deß Dominico Corré Untergangs. 244
Ost-Indianische Compagnie reitzet und erbittert die vertriebene Sineser zur Rache. 240 seq.

P.

Pan / der Bockgefüsste / ist der boshafften Gespenster eines gewest. 551

Partarithus / der exulirende Langobardische König / erfährt / durch eine ruffende Stimme / daß sein Widersacher gestorben. 517

Paukenschlag in der Lufft / bey Mümpelgard. 247.seq.

Perensteinische Jungfrau / ein Gespenst. S. Jungfrau zu Perenstein.

Peruanische Weiber zeugen / mit dem Teufel / gehörnete Kinder. 973

Pest kann / bey Pestilentz-Zeiten / auch durch blossen Schrecken / Einer bekommen. 293

Grausame Pestilentz / kurtz vor dem Tode Keysers Justiniani. 413. seq.
Grausame entsteht / bey einem Schauspiel. 418
Pest-Gespenst schlägt so vielmal an die Thüren / so viel als Personen sterben sollen. 412
Zeigt / zu Lübeck / im Prediger-Kloster / an / wie viel an der Pest sterben müssen. 416. seq.
In den Peruanischen Saltzgruben. 418
Vergifftet den Morgenländern / viel Leute / mit Pfeilen. 419
So sich in Tyrol sehen lässt / wann ein Sterb obhanden. 419

Pferd / deß Wüterichs Attilæ / fällt um vor seinem Untergange. 1045. Deßgleichen deß Königs Ludwich in Ungarn seines. 1046

Pferde J. Cæsaris weinen / um die Zeit seiner Ermordung. 1046

Deß Polnischen Königs seine wollen ihn nicht aufsitzen lassen etc. 1048. Ein andres gleiches Exempel. ibid.

Leib-Pferd / deß Herrn von Auersberg / zittert und stutzt / gegen dem tödtlichen Marsch seines Herrns / wider die Türcken. 1048. seq.

Pferd tobt und wütet / indem man seinen Herrn umbringet. 1049

Woher solche Vorspührung der Pferde rühre? 1050. seq.
Pierre Bourgott, wie er mit dem Satan accordirt / und einen Wehrwolf abgeben hat. 378. seqq.
Erwürgt unterschiedliche Personen / in Gestalt eines Wolfs. 383
Poltergeist verstöhrt ein paar Löffler. 145. seqq.

Wirfft einen verwegenen Metzger aus dem Bette. 786. seq.

Poltergeister fehlen bißweilen / mit ihren Vorzeichen der Todes-Fälle. 1073

Pygmæer seynd / nach Theophrasti Wahn / die Bergmännlein. 581

Pyramiden übernatürlich von Korn aufgethürnet. 799

Pythagoras / ob er die Seel-Verhausungeln (Transmigrationem animarum) würcklich gelehrt habe. 347. seq.

R.

Rebundus, ein Thumherr zu Lübeck / legt die Sterb- Rose auf seines Collegens Stelle. 1058. seq.
Muß dafür klopffen / biß an den jüngsten Tag / so offt ein Thumherr sterben soll. ibid. seqq.
Beschreibung solches grausamen Klopffens und Anschlagens. 1063. seq.
Regen-Tropffen mit Feuer-Tropffen vermengt / auf dem Schwedischen See Landsiœ. 231
Regner / ein König in Schweden / kämpffet wider die Gespenster. 459

Ersticht darüber seine eigene Stieffmutter. ibid.

Reichs-Schutzgeist. Vermeynter Schutzgeist deß Römischen Reichs erscheinet Juliano dem Mamelucken. 697

Lässt Alphonso, dem Könige von Neapolis und Sicilien / etwas andeuten. 702. seq.
Der Kron Franckreich vermeynter Reichs-Engel. S.National-Engel.
Warnet den Schottläudischen König / Jacob den Vterdten / für seinem Untergange. 710. seqq.

P. Riccius, ein Jesuit / nimt / in Sina / ein Haus in Bestand / darinn die Poltergeister toben. 1108.seq.

Welche darauf nachlassen / zu rumoren. 1112

Riesen-Gespenst / in den Americanischen Saltzgruben / vor einreissender Pestilentz. 418. seq.

Erscheint / vor dem Untergange deß Portugallischen Königs Sebastian / dem FeldhauptmannTaboras, im schwartzen Traur-Kleide. 693

Rose ist vormals erschienen an der Stelle deß Thumherrns zu Lübeck / der da hat bald sterben sollen. 1057

Rosenbergische Familie verheirahtet sich in hohe Häuser. 68. seq.

S.

Schatz wird gefunden / in der Wand / von welcher die Weisse Frau heraus gegangen. 83.

Schatz-sucher wird vom Teufel betrogen. 925.seqq.

Scheinheilige Hexe führt sich sehr demütig und andächtig auf. 889. seq.

Scheinheilige Gespenster / welche in deß HErrn Christi Gestalt erschienen / oder die Leute zur Gottesfurcht betrieglich ermahnt haben. 881. seqq.

Schiffe / deren Untergang ihrer Herren Tod bedeutet haben. 1053. seq.

Schiffbruch-spottende Gespenster. 916. seq.

Stellen einem Schiff-Botsmann die klägliche Vorbildung eines obhandenen Schiffbruchs zu Augen. 917. seq.

Schiffherr wird von Gespenstern vorgebildet / samt einer Seeschlacht. 229. 230. seq.
Schlacht-Gespenster nach dem Treffen der Römer / mit dem Macedonischem Könige / Philippo. 250

Auf der Wahlstat der Schlacht / so bey Marathon vorgegangen. 251

Nach dem Haupt-Treffen Keysers Rudolphi / mit dem Könige Odacker. 152

Nach der Feldschlacht bey Nördlingen. 152

Gespenstischer Tumult in den Sächsischen Feldern / vor der Schlacht Curfürstens Mauritii mit Marchgrafen Albrecht von Brandenburg. 226

See-Schlacht wird von Gespenstern / in Schweden / vorgestellt. 229

Schlachtordnung und Treffen der Gespenster in Schweden / vor dem Schwedisch-Polnischem Kriege. 228. seqq.

Schlag nach einem Gespenste bekommt einem Freyherrn gar übel. 467. seq.

Schlange verursacht ein grosses Blutbad / zwischen den Frantzosen und Engländern. 201

Schlangen werden / in einer Crainerischen Landschafft / von manchen Weibern / an stat deß Kindes / geboren. 978

Schmätzender Todter. 253. seqq.

S. auch Todten / etc.

Schmuck wird / von der verstorbenen Mutter / wieder gefordert / für ihre Tochter. 23. seqq.
Schreckbild gespenstisches / so einem fürnehmen Jünglinge erschienen. 904. seq.
Schutz-Engel: Ausfürlicher Discurs von den Schutz- Engeln. 620. seqq.
Erscheinet einer schwermütigen Frauen zum öfftern. 640. seqq.
Falscher unn scheinheiliger Schutz-Engel. 657.seqq.
S. Reichs-Engel und National-Engel.
Schwangere Bäurinn wird / im Schlaffe / ihrer Leibesfrucht verlustig. 979. seq.
Schwartzkünstler stellen gespenstische Kriegshauffen ins Feld. 215
Ihrer zween plündern / durch Hülffe der Gespenster / ein Dorff aus. 216
Seelen-Zustand nach dem Tode geloben Zween einander anzuzeigen. 11. 14. seq. 17. seqq.
Platonis Meynung vom Zustande abgeleibter Seelen. 633. seq.
Seide wird / von einem verhexten Edelmann geharnet. 615. seqq.
Selbstgeläut der Glocken / durch Gespenster. 1029. seqq.
Der Glocken zu Villila in Arragonien. 1031.seqq.
In einem Dominicaner-Kloster / zu Cordua. 1033
Bey den Japanischen Heiden / ibid.
Bey dem Todesfall Königs Gustavi Adolphi von Schweden. 1034
Vor dem Absterben eines Königlich-Schwedischen Printzens. 1034
Selbstgeläute der Glocken: Vor dem Todes-Fall eines Herrn deß Rahts. 1035
Wird / in vielen Privat-Häusern / eben so wol / vor obhandenen Todes-Fällen / gehört. 1035
Sonderbar- und neues Exempel solches Selb-Geläuts. 1035. seqq.
Ob es / von guten / oder bösen Engeln / herrühre. 1039. seq.
Sinesische Götzen-Gespenster. 1113. seqq.
Sinesischen Knabens Standhafftigkeit in der christlichen Religion. 1114. seqq.
Spieler wird / seines Fluchens halben / vom Teufel angefochten / auf der Schildwacht. 309. seqq.

Hebt an / seines Verlusts wegen / GOtt erschrecklich zu lästern. 312. seq.

Spiritus familiaris, oder Geheim-Geist. 331. seq.

Spiritus vitalis, ob er das Hunds-Geheul / vor dem Absterben der Leute / erwecke? 1009. seqq.

Spitzbübischer Geist / so zu Döttingen / in der Grafschafft Hohenloh / neulich allerley Possen getrieben / und eine Frau der Hexerey bezüchtiget hat. 1080. seqq.

Sprachen können nicht alle Geister / aus einem Besessenem / reden. 321. seq.

Sterbenden soll man das Versprechen halten. 23.seq. 123. seqq.

Sterbender Leute Anzahl wird / durch ein Gespenst / vorher angezeigt. 416. seq.

Sterbens-Gespenster. Cardinals von Lothringen Gestalt erscheint / in seinen Letzten / der Königinn von Franckreich. 9. seq.

Die so genannte Weisse Frau S. Weisse Frau.

Gespenst zeigt dem Druso sein vorhandenes Lebens-Zielan. 1041

Altes Weib hat sich vormals sehen lassen / vor Absterbung einer Person aus der Familie des Tortelles. 1041

Vor dem tödtlichen Fall eines Kindes. 1043

Vor Erbleichung eines jungen Herren von Reussen- Plauen. 1044

Stimme schreyet vom Ufer dem Schiffe zu / darinn König Partarithus fährt. 517
Stuck aus dem Buch Enoch. 963. seqq.
Student rufft / bey Nacht / ob sein Bruder noch lebe / und wird von einer Stimme beantwortet. 937

Entleihet / aus Curiosität / von seinem Doctor / etliche Schrifften voll Characteren / und Zeichen. 932

Kommt darüber in grosse Bestürtzung und Lebens- Gefahr. 934. seq.

Student schreyet einem Jagt-Gespenste zu / es solle ihm ein Wildprett mitbringen / und trinckt auf dessen Gesundheit. 551. seq.

Bekommt ein Viertheil vom verrecktem Pferde. 552
Wird darauf im Haupt verwirrt. ibid.
Süsser Brey / eine von der weissen Frauen gestifftete Mahlzeit. 84. seq.

T.

Tafel-haltende Geister der Vorfahren. 1021. seqq.

Werden dem Freyherrn Albrecht von Zimbern / durch ein Gespenst / gezeigt. 1022. seqq.

Testament: Epicurisches Testament eines Kriegs- Obersten / darinn er seinen Officierern eine tägliche Schlämmerey vermachet. 436. seq.

Teufel stielt Eyer / und Geld / nebst allerley Hausgeräht / und Werckzeug / und verträgt sie anders wohin. 1082

Bezüchtigt ein Baurenweib der Hexerey. 1092.seq.

Legt sich zu etlichen Bauren-Mägdlein ins Bette. ibid.

Stellet sich ein / als eine Zauberinn / in Gestalt eines gantz unschuldigen Weibes. 1095. seq.

Nimt einer / noch lebenden / fürnehmen Frauen Gestalt an. 1096. seqq.

Beschuldigt / aus etlichen besessenen Kindern / unterschiedliche Weiber der Hexerey. 1102. seqq.

Erscheinet bey dem Götzen-Opffer eines Sinesers / in erschrecklicher Gestalt. 1116

Fällt einem heydnischen Sineser in die Haare / darum / daß derselbe einiges Holtz von einem wühsten Götzen-Hause verbrannt hat. 1117

Bekennet / daß die Christen ausser seiner Gewalt seyen. 1118

Teufel begegnet einem Handelsmann / in Gestalt eines Baumeisters und etlicher Zimmerleute. 1077. seqq.

Hat die heidnische Weiber in Peru gebuhlt / und gehörnte Kinder mit ihnen erzeugt. 973
Bringt hingegen andre um / wann er Jemanden heilet. 447. seqq.
In wie mancherley Kleidung und Gestalt er den Hexen erschienen. 856. seqq.
Bedingt / um ein tägliches Kopffstück / ein tägliches Vater Unser. 142. seq.

Teufel lässt den Zettel eines mit Blut geschriebenen Tauff-Namens auf den Altar fallen. 145

Will einen Officier / auf dem Bock / zu einer geylen Oberstinn / holen; kann ihn aber nicht fortbringen. 184

S. Bock.

Bringt / durch eine aufgetriebene Schlange / die Engländische und Frantzösische Armee / aneinander / zu einem blutigen Treffen. 201. seq.

Rühmet sich / daß er in Dennemarck einen Krieg anschüren. wolle. 204. seq.

Lässt ihm ein Pferd beschlagen / bey einem Huefschmied / in Norwegen. 207

Was er den Unholden für Tractamenten vorsetze. 278. seq.

Ermahnt einen zaghafften Menschen / zu Lima in West-Indien / zur Verzweiffelung. 302. seq.

Thut einen Anspruch / auf einen Spieler / der sich ihm verwünschet. 310. seq.

Was er / aus einem Besessenen / zu Montbelgard geredet. 324. seqq.

Bekennet / daß er ein Lügner / doch nicht alle Mal sey. 327

Exempel / wie er denen so genannten Wehrwölffen offt im Schlaffe nur einbildet / daß sie das selber thun / was er an ihrer Stat thut. 354. 357. seq.

Bekennet / daß er ein Crucifix zu Cöln / mit Hunds-Blut angefüllt habe. 375. seq.

Erscheint einem Viehhirten in Gestalt eines Reuters / und beredet ihn zu seinem Dienste. 378. seq.

Teufel erwecken / bey einer regierenden Pestilentz / einen Trompeten-Schall / und Soldaten- Marsch. 415

Zeiget an / bey einer Comedien / die Stadt solle bald leer genug werden / (nemlich durch die Pest.) 417. seq.

Holet einen Soldaten / der sich ihm hat ergeben. 553. seq.

Kommt zu einem Studenten / und erbeut sich / ihm den Hals zu brechen. 907

Teufelsbanner richtet nichts aus / mit seinen Beschwerungen. 618
Teufels-Gespenster vergifften / im Orient / die Leute / mit Pestilentz-Pfeilen. 419
Teufel muß eine weggeruckte Tochter / auf der Kirchen Gebet / wieder von sich geben. 432. seq.

Warum er die Ausgänge menschlichen Vorhabens nicht unfehlbar wissen kann. 508. seqq.

Ob er die menschliche Gedancken wissen kann. 510. seq.

Behorchet / in Gestalt einer Mucken / die Rahtschläge deß Langobardischen Königs Cuniberti. 514. seq.

Wirbet bey einem Wirth zu Rotenburg / um dessen Tocher. 851. seq.

Woher sie viel Sachen vorher können wissen. 511. 800. seq.

Buhlt und betriegt eine adeliche Jungfrau / in angenommener Gestalt eines gewissen Cavalliers. 842. seqq.

Teufelinn buhlet mit etlichen Ost-Indischen Einsiedlern. 847. seqq.
Teufelinn buhlet mit einem Freyherrn. 853. seq.
Mit einem Edelknaben. 854
Schläfft bey einem Bayerischen Edelmann in Gestalt seiner verstorbenen Frauen. 973
Theophrastus Paracelsus: Was er / von den Rumpel-Geistern / und Kriegs-Gespenstern gehalten. 211

Sein Discurs von dem Spiritu vitali oder Lebens- Geist. 724. seqq.

Tod ist auch manchen Heiden vorher verkündigt. 1074. seq.

Todten-Baar auf einem ausgefallenem Zahn deß Keyserlichen Generalen / Grafens von Gallas. 643

Todten-Gespenster so bey Nacht / aus den Gräbern hervor gegangen / und Leute umgebracht. 257.seqq.

Fressen / in den Begräbnissen / ihre Sterbklei der. 269

Obs natürlich / und einer Synpathiæ zu zuschreiben / daß die Todten schmatzen / oder fressen. 275. seqq.

Das Kleider-fressen derselben wird / für Bedeutung eines obhandenen starcken Sterbs / auf genommen. 290

Todten-Kopff fällt auf König Heinrich von Franckreich / und macht ihn zu Bodem fallen. 393
Traum der Königinn von Franckreich / vor der Erstechung ihres Gemahls. 395

Der Königlich-Arragonischen Princessinn / Elisabeth / darinn Ihr ihres künfftigen Ehgemals Gestalt vorgestellet worden. 668

Traum Keysers Caroli deß Vierdten / vom Königlichen Dauphin in Franckreich. 668. seqq.

Marchgrafens Georg Friedrich zu Brandenburg / von seinem ohhandenem Ende. 670. seq.
Einer Jungfrauen / vom Anfall grosser Hunde. 671
Traum / welcher mich selbsten / für Gefahr erschossen zu werden / gewarnet. 672. seqq.
Eines Crainerischen Cavalliers / von seinem Pferde. 677. seq.
Einer schwangeren Frauen / von einem anklopffenden und hineintretendem Engel. 1070
Traum-Gesicht deß Persischen Monarchens / Eyri / vor seinem Ende. 1074. seq.
Trude / so einen Doctor gedruckt / wird herbey gehext. 99. seq.

V.

Vater Unser muß ein Mägdlein einem erscheinendem Gespenst drey Mal beten. 128. seq.
Verlorne Leute durch Hexerey / finden sich / durch ein eyfriges Gebet / wieder herbey. 431. seq.
Vermessenheit und Frevel gegen den Gespenstern / so bestrafft worden. 460
Eines Reuters / welcher / an den Böhmischen Grentzen / den Hals darüber verlohren. 465seq.
Eines Metzgers. 786. seq.
Eines Studentens / gegen einem anklopffendem Gespenste. 1018. seq.
Verwandlung deß Menschen in einen Wehrwolff. S. Wehrwölffe.
In einem Esel / der wiederum zu voriger Gestalt gekommen. 366. seq.
Deß Simonis Magi, in einen Widder. 368
Junger Engländer wird / in Cypern / zu einem Esel / verwandelt. 368. seq.
Einer Hexen in eine Kuhe / die einen König in Dennemarck todt gestossen haben soll. 371
Crainerische Edelfrau verwandelt ihren Knecht in ein Pferd / und reitet darauf zum Hexen- Tantz. 372
Wird / von dem Knecht / listiglich hinwieder zum Roß verwandelt. ibid. seq.
Verzweiflung wird / vom Teufel / einem ruchlosen Menschen gerahten. 301. seqq.
Vicelinus treibt den Teuffel / von einer besessenen Jungfrauen / aus. 203. seq.
Was der böse Geist zu ihm geredet. 264
Umgehender Geist wird gebannet / in einen Wolff. 782
Welcher viel Leute beisst / und Kinder zereisst. ibid.
Endlich in einem Brunnen von den Bauren erschlagen wird. 783
Und an einen Baum gehenckt. 784
Unerschrockene Personen für den Gespenstern. 485. 489. seq.
Unglücks-Verhüter wird / von Gespenstern angefochten. 647. seqq.
Vorboten eines tödtlichen Unglücks / durch Gespenster. 386. seqq.
Vorbedeutungen deß Todes / unterschiedlicher Art: Umfallung der Leibpferde. 1045. seqq.
Die Lilie im Kloster deß Stiffts Corvey. S. Lilie.
Anschlagung deß Thumherrns Rebundi, in der Lübeckischen Thumkirchen. 1057. S. Rebundus / und Rose.
Unterschiedliche andre Vorbedeutungen. 1066.seqq.
Vorschau deß künfftigen Bräütigams. 808. seqq.
Possirlicher Fall / so sich / bey einer solchen Vor- Schau / in Crain begeben hat. 820. seq.
Vorwitz abergläubische Häudel zu probiren / bekommt etlichen Personen gar übel. 932. seqq. 937
Vorzeichen der Eroberung der Insel Formosa. 236.seqq.
Der obhandenen Sterb-Seuchen. 257. seq. 412.seq. Zu Keysers Justiniani Zeiten. 413
Eines tödtlichen Unglücks. S. Vorboten.
Grosser Niderlagen / durch Erscheinung gewisser Männer. 693. 697

Vorzeichen unterschiedlicher Todes-Fälle.

Erscheinung eines sterbenden Cardinals. 9. seq.

Der Weissen Frauen S. Weisse Frau.

Warum sie / von den bösen Geistern / geben werden. 60. 255. seq.

Der Ermordung König Heinrichs in Polen und Franckreich. 393. seq.

Deß Todes Suldan Mahomets deß Andren. S.Mahomet.

Der meuchlerischen Ermordung König Heinrichs / deß Vierdten. 394.

Der obhandenen Leichen. 396. seqq.

Das Geheul der Hunden / ob es / von dem scharffen Geruch der Hunde / oder durch den Zwang eines Gespenstes / geschicht. 1000. seqq.

Etliche Exempel davon. ibid.

W.

Wald-Geister in Gestalt Bocksüssiger Menschen. 551
Wald-Gespenst / so auf der Pfeiffen gespielt. 420
Erscheint einem Metzger. 421
Verschwindt / wie es die sieben Worte deß HErrn am Kreutze hört nennen. ibid.

Wandlung eines jungen Menschens / in einen Esel. 366. S. Verwandlung.

Wandlung der Menschen in vermeynte Wehr-Wölffe / auf wie vielerley Weiss sie geschehen könne. 349. seqq.

Wandlung / ob sie in andre Thiere geschehn könne. 359

Augustini Urtheil hievon. 359. seq.

Wäscherinn erblickt vorher diejenige ohne Kopff / welche bald sterben werden. 399

Wasser-Gespenster / als wie todter Körper auf dem Meer bey Norwegen. 246

Wasser-Männ- und Wasser-Fräulein / so man Nixen / oder Nymphen / bey den Alten / genennet. 909.seqq.

Bringen offt die Leute in Lebens-Gefahr. 910.

Wasser-Geist ersäufft einen / am H. Pfingst-Fest schwimmenden Beckenknecht. 911.
Wasser-Geist verführet viel Leute zur Zauberey. 912.

Entführt / zu Laybach in Crain / eine Jungfer aus dem Tantze / und stürtzt sich / samt ihr / in den Fluß. 920. seq.

Stosst einen Mann ins Wasser / den man mit grosser Mühe kann erretten können. 921. seq.

Lässt sich / von einem fluchendem Bauren / für ein Pferd gebrauchen / zeucht aber denselben / samt dem Pfluge / in einen tieffen Seeschlund hinab. 922

Verhindert eine Mühle am mahlen. 923

Wasser-Probe der Hexen ist betrieglich und abergläubisch. 614
Wechselbalg oder Kielkropff / was es eigentlich sey. 942. seqq.
Ausführlicher Discurs von Wechselbälgen. 947.seqq.
Wird / von einem Bettler / herum getragen / in Gestalt eines krancken Knabens. 947
Wird / auf Ermahnung eines Engels / von einer Mutter / ins Wasser geworffen. 975. seq.
Wehrwolf. Mordender Wehrwolf. 464. seqq.
Wehrwölfe, Preussischer Baur erzehlt / wie er sich / bey solcher Wandlung / befunden. 356
Wie sie / in Schweden / durch einen lahmen Knaben / zusammen geruffen werden. 361. seq.
Wehrwolf hauet im Traum / durch den Teufel / ein Pferd mitten voneinander. 354
Wehrwölfe seynd kein blosses Geticht. 336. seq.
Unterschiedliche Erzehlungen und Exempel derselben. 340. seqq.
Vielfältige Mordthaten derselben. 340
Grosse Menge Wehrwölfe / in den Nordländern / am H. Christ-Abend. 341. 361
Auf wie vielfältige Weise dieser Augen-Betrug geschehn könne. 349. seqq.
Aussage eines gefangenen Wehrwolfs. 353. seq.

Weisse Frau / ein berüchtigtes Gespenst in hohen Häusern. 59. seqq.

In was für Gestalt und Kleidung sie erscheint. 63. 65

Etlicher Römisch-Catholischen unterschiedliche Meynung von ihrem Zustande. 64. seq. 70

Ihre Manier und Geberden. 65. seq.

Erscheinet zu Beireit / in dem Leibstuhl deß trefflichen Marchgrafens / Erdmann Philipp / vor dessen Todes-Fall. 66. seq.

Will ihrem Gestifft für die Armen nichts entziehen lassen. 70. seq.

Tractirt die Schwedische Schildwachten und Officierer gar übel / wegen der unterlassenen Armen- Mahlzeit. 71

Ermahnt den Pater Rector deß Jesuiter-Collegii, nach einem todtschwachen Patienten zu eilen. 72

Weisse Frau: Derselben Ursprung und Herkommen. 74. seqq.

Soll Ulrichs von Rosenberg Tochter / Perchia / gewesen seyn. 76
Ihr Bild / in dem alten Neuhausischem Schloß. 79. seq.
Kommt offt / zu dem / noch unmündigem / Peter Wock. 81
Schändet eine Magd hefftig aus. 82
Ermahnt die Ammt deß jungen Peter Wocks / dieses Kindes fleissig zu warten. 83
In der Wand / da sie pflag heraus zu kommen / findet Peter Wock einen Schatz. 83
Ihre / für die Armen / gestifftete jährliche Mahlzeit. S. Süsser Brey.
Erschreckt etliche Jungfrauen und Mägde / welche ihr Bild verspotten. 91
Windsbraut / vor Eroberung der Stadt Magdeburg. 227
Wüste: Grausamkeit der Tartarischen Wüste Lop. 500. seq.
Wie die Gespenster dem Antonio, in der Wüsten / zugesetzt. 873. seqq.
Wüsteneyen / darinn das Gespenst regiert. 491.seqq.

Warum sich die Gespenster gern darinn auf halten. 493. seq. 504. seqq.

Wüsteneyen: wie / in der Tartarischen Wüsten / die Reisenden / durch falsche Stimmen / betrogen / und verführt werden / ins Verderben. 500. seq.

Wütende Heer / was es eigendlich sey. 527

Zu Tours in Franckreich. 531
Ob die Hugonotten davon ihren Namen haben. 531. seq.
Hebt an zu jagen / bey Gegenwart Heinrichs deß Vierdten / Königs in Franckreich. 537. seq.
Treibt einem verirrten Marchgrafen von Brandenburg milden Schweiß aus. 541. seqq.
Demselben schreyet ein Student zu / es solle ihm von der Jagt etwas mit bringen. S. Student.
Aengstigt eine im Walde verspätete Gesellschafft. 552

X.

Xaverius geht zu Nachts / allein / ohne Scheu / durch die Wüsten. 876

Z.

Zauberinn vergestaltet sich / in eine Kuhe / und stosst den König von Dennemarck zu Bodem. 371

Zauber-Ruhr ist tödtlich. 445. seqq.

Zauberinnen / so den Leuten das Hertz im Leibe fressen 282. seqq.

Zauberinnen / Ob ihnen möglich / in den Gräbern / ohne Versehrung der Gräber / ein Getöß zu machen. 277. seqq.

Vermischen sich unzüchtig / mit dem Satan. 856.seqq.

Bekennen / auf einen unschüldigen Römisch-Catholischen Geistlichen / der am meisten drauf gedrungen / daß man sie mit dem Feuer sollte abstraffen. 1099

Zerlegungs-Kunst (oder Anatomia) führt grossen Nutzen bey sich. 982. seqq.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Francisci, Erasmus. Werk. Der Höllische Proteus, oder Tausendkünstige Versteller. Der Höllische Proteus, oder Tausendkünstige Versteller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-B215-1