Neu Lid in der Marterwochen

Aus dem. 53. Cap: Jesaiä gezogen.

1.
Was ärgert dich, vngläubig schar,
das Gots Son hie veracht würd gar
vnd hat so klain ansähen?
Vnd sein gestalt vngstalter ist
als ander Leut, vnd meh sicht wüst,
kanst nichts, das dir gfall, sehen?
Dieweil er der Vnwärdest ist,
mit schmerz vnd krankhait ganz verwüst,
ja also ist verachtet
Das man das gsicht for jm verbirgt,
vnd rufet ›den hinweg, gewürgt
vnd jn verspeut, verlachet!‹
2.
Last euch solches nicht ärgern mehr,
glaubt der Propheten gpredigt lehr,
welche euch klar anzaigen
Den arm des Herrn, den Gotes Son,
das es mit jm werd also gohn,
sein Reich durch demut steigen:
Dan Er schist auf for Got ganz werd,
gleich wie ain Zweig aus dörrer Erd,
aus Jesse dörrem stammen,
Da er nun schir verplichen war
vnn bestund inn Maria gar
on Königlichen Namen.
3.
Wie sehr Er euch auch scheint veracht,
noch schist Er auf inn voller macht
mit seim Leben vnd lehre,
Auch wunterlich inn dörrem Land,
wie sehr man jm auch widerstant,
durch list vnd macht jm wehre:
Dan Er durch seine Knechtsgestalt
würd noch erhöcht zu höchster Gwalt,
wan Er würd rain besprängen
Vil Haiden, den Er nie war kund,
also, das König jren Mund
werden gen jm einzwängen.
4.
Last euch nicht ärgern sein schwachait,
dan zwar Er trug vnser krankhait,
lud auf sich vnser schmerzen;
Er hat verdinet nicht solch plag
das jn GOT marter vnd zerschlag,
sonder aus Lib von herzen
Ist Er vmm vnser sünd verwund,
vmm vnser fäl Er straich empfund,
die straf ist auf jn gleget,
Damit vns der Frid werd zu thail,
wir durch sein Wunden wurden hail
vnd durch sein plut rain gfeget.
5.
Drumm, du allgmain Kirch vberal,
sprich nun mit Jesaia zumal
'wir haben all geirret,
Wir all haben geirrt wie Schaf,
kainer die rechte ban nicht traf,
vnd warn je meh verwirret,
Bis das vns Got den Hirten sand,
der vns verirrte Schäflin fand
vnd leget auf sein rucken,
Dan auf den Hirten warf der Herr
all vnser Sünd vnmäsig schwer,
die vns mochten vertrücken.
[828] 6.
Ja das wir arm verirrte Schaf
nicht fülen inn die ewig straf,
ward selbs zum Lamm der Hirte,
Welchs für vnser vngehorsam
ging zur Schlachtbank ganz gehorsam,
wa man es nur hinführte.
Er that auch nicht auf seinen Mund,
wie ain Schaf for seim Schärer stund,
erstummet, on alls schmehen,
Gescholten Er nicht wider schalt,
belaidigt tröut Er nicht mit gwalt,
sprach ›Gots wil mus geschehen.‹
7.
Daher mit Niderträchtigkait
ist Er erhebt zur Mächtigkait,
zu Gots gerechten lebig:
Wer kan aussprechen nun sein Gschlecht?
wer ist der sein Leben ausrecht?
sein Reich ist wie Er ewig.
Er ward gerissē von der Erd,
auf das sein Reich on end dort wärt,
der gstorben werd vntödlich:
Des gschlecht man ganz wolt rotten aus
hat nun ain ewig gschlecht vnd haus,
das tötlich wird nun Götlich.
8.
Wiwol Er nie kain vnrecht that,
inn seim Mund kain betrug nie hat,
noch ward sein Tod jm gsetzet
Gleich der Gotlosen argen rott,
nam wie ain Reuber seinen tod,
ward vnter Mörder gschätzet,
Vnd solchs vmm vnser missethat,
dan es Got so gefallen hat
jn mit krankhait zuschlagen,
Auf das, so Er sein Söl hingeb
zu aim Schultopfer, er lang leb
vnd mög vil Samen tragen
9.
Derselbig Sam ist Christj Gmain,
gewäschen durch sein Plut ganz rain
vnn durch sein Wort befeuchtet;
Daran sicht er sein ainig fräud,
sättigt sich, wann es wachset weit
vnd alle Land erleuchtet,
Wann sie glauben stanthaftiglich,
das Er ausfür vollkomenlich
des Herren will vnd gfallen,
Welcher hirinn allain bestoht,
das Leben sej inn Christi Tod
den Wargläubigen allen.
10.
Wann sie glauben ganz vnverzagt
dis welchs Got selbs von Christo sagt
›mein Grechter Knecht würd machen
Durch sein Erkantniis vil Gerecht,
die jn im Glauben kennen recht
vnd sein war Amt betrachten,
Das Er all jr sünd auf sich lad,
er trag all jre Missetat,
er richte auf die schwachen,
Vnd führ zum Raub die starken all,
Tod, Teufel, Höll vnn all vnfall
die vns machten verschmachten
11.
Durch sein Ghorsam vnd gros Demut
hab Er erworben das höchst Gut,
das Ewig selig lebē,
Darumm, das Er sein Söl zur gnod
gutwillig hat ausgschütt inn tod,
sein Leben dahin geben,
Ist vbeltätern gleich gerecht:
ja, drum das mein Gerechter Knecht
hat viler Sünd getragen,
Vnd für die vbeltäter auch
gebetten, nach ains Mitlers prauch,
derhalb soll niman zagen.‹
12.
Weil vnser Hoher Prister doch
vnd vnser Mitler lebet noch
zu seins Vaters Gerechten,
Allda durch seines Leidens kraft
vns mit dem Vater frid verschaft,
wer wil dan mit vns fechten?
Christus inn seines Vaters schos
rechtfärtigt vns vnd spricht vns los,
wer will vns dan verdammen?
Niman! O liber Jesu Christ,
dan du deim Vater Lib ja bist,
vnd wir inn deinem Namen!

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TextGrid Repository (2012). Fischart, Johann. Gedichte. Geistliche Lieder. Neu Lid in der Marterwochen. Neu Lid in der Marterwochen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A7BB-6