[398] Sonnete

An Ehr vnd billicheit liebende Leser.


Etlich Sonnet.


Huldrich Wisart.

1.

In dem Hauß, spricht man, stehts nicht wol
Vnd muß gewiß was böß gemanen,
Wann die Henn kräht vber den Hanen,
Da sie doch darfür gachssen soll,
Zu leuchtern jren Eyerstoll.
Also wie viel mehr muß es hön
In einem Regiment dann stehn,
Welchs grösser ist vnd sorgen voll:
Wann die Henn wil die Hanen führen,
Da muß sie die gewiß verführen,
Dann es ist wider die Natur,
Daß das schwächer das stärcker führt,
Das vnzierlichst das zierlichst ziert,
Welch vngleicheit dient zur auffrur.

2.

Dann jedes rechtes Regiment
Soll gleichsam gstimmt sein wie die Seyten,
Die sich all in einander leyten.
Wann aber auff dem Instrument
Die gröbst Seyt sich von andern trennt,
Vnd wolt nicht mit jhn stimmen ein,
Sonder derselben exlex sein,
Da ist die Music schon geschändt.
[399]
Also wann auch in Königreichen
Das weisser soll dem albern weichen,
Vnd das nicht herschen soll, wil gebieten,
Da nemmen solche Regiment
Oder ein enderung oder end,
Dann vneins Hirten nicht wol hüten.

3.

Wie jhr dann solchs in Franckreich secht,
Da nur ein Florentinisch Henn,
Ein alt seyt vnd faule senn,
Die Gallos vnd das Hanengschlecht
Wil zu Capaunen machen schlecht
Vnd auß den Galliern Galliner,
Auß freien Francken Frauendiner,
Auß Musicseyten sennengflecht,
Darumb weil sich die rein Quintseyten
Nicht nach dem alten Trummscheit leyten,
Vnd der Han sich seins Kamß ermant,
Vnd nicht die Henn zum Meyster leyd,
So sicht man heut ein solchen streit,
Die Henn zu treiben in jrn standt.

4.

Dann welches schreit auß seinem standt,
Dasselb zerreist das Menschlich Band,
Schafft vnwill vnd groß mißuerstandt,
Vnd verunrühigt Statt vnd Landt,
Weil hochmut findet widerstandt.
Darumb Gott alles recht erschuff,
Ein jdes Geschlecht in seim beruff,
Den Mann dapffer mit Rath vnd Hand,
Das Weib blöd, still zu der Haußhaltung;
Vnd je stiller ist jhr verwaltung,
Je besser ist dieselb bestellt,
[400]
Dann ins Hauß ghört kein Rechten, fechten,
Es wirdt sonst böses Garn sich flechten,
Sonder auffs Rahthauß vnd ins Feldt.

5.

Vnd wie es eim Mann vbel steht,
Wann er sich Weiber gschäfft annimpt,
So vbel es sich auch gezimpt,
Wann ein Weib Mannsgeschäfft hie thet,
Der Mann ein Gret, das Weib als nöt,
Wann Sardanapalus will spinnen,
Semiramis die Landt gewinnen,
Welchs Tyranney ist all zu schnöd,
So die Leut machet widersinnig;
Drumb list man vom Egypten König,
Der, das er sein Volck Weibisch schafft,
Liß Männer thun der Weiber gschäfft,
Weiber anmassen Männerkräfft,
Damit keins bhielt sein eygenschafft.

6.

Solchs that er, weil er sich befahrt,
Sein Volck möcht jhn vmb Tyranney
Bekriegen, sich zumachen frey.
Vbt aber nicht auch solche arth
Die Königin, wie man erfahrt,
Die, das man nicht jrm mutwill stewr,
Außrotten will die Manschafft thewr?
O da wehrt all, so trägt ein Bart.
Gleichwol sag ich nicht, das nicht auch
Ein Weib mög herrschen nach Landsbrauch,
Fürnemlich wann sie in jrm stat
Pflegt der Männer Rath vnd that,
Dann solches man noch lieber hat
Als Herrn, die Weiber han zu Rath.

[401] 7.

Sonder die frechlich vnderstahn,
Sich wider gsatz vnd ohn all wal
Zustecken in geschäfft vberal,
Den, sag ich, soll man widerstahn,
Weil jhn der gewalt nicht zu wil stahn.
Darumb nur, jr Frantzosen, dran,
Erweist, das Hanen muth jr han,
So wirdt euch alles glück zugahn.
Erweist, das jhr von Teutschen kommen,
Von Francken frey, den alten, frommen.
Dann so kein frembden Han jhr duldet,
Der euch hersch, wann er euch nicht huldet,
Wie solt jhr nicht die Henn verdammen,
So frembd die Hanen hetzt zusammen,
Daß sie einander selbs erlamen
Vnd gar außrotten jhren Stammen?
Derhalben dran ins Herren Namen,
Secht, ob man ein wild Henn mag zamen
Vnd jhren grimmigen Eyersamen.

License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Fischart, Johann. Sonnete. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-A745-C